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Die Novelle Die Versuchung des Columba (1951) ist Paula von Preradović‘ letztes zu Lebzeiten veröffentlichtes Werk. Dieser kurze Text entstand gleich nach dem Zweiten Weltkrieg, noch vor der Königslegende, wurde jedoch erst nach ihr herausgegeben. Er erzählt die Geschichte des Missionars Columba des Älteren, eines irischen Mönchs, der im 6. Jahrhundert auf Iona (Schottland) ein Kloster gründete und später zu einem der drei Patrone Irlands erklärt wurde. Eines Tages wird der in der Abgeschiedenheit der Hebriden lebende Abt von einer Frau namens Maurinn aufgesucht, die ihn – trotz seines hohen geistlichen Amtes – heiraten will. Es stellt sich heraus, dass ihre und Columbas Eltern kurz nach Maurinns Geburt die Heirat ihrer Kinder vereinbarten und dass Maurinn von Columba nun die Erfüllung jenes Versprechens fordert. Columbas Versuche, die Frau von seiner heiligen Bindung zu überzeugen, scheitern. Er selbst beginnt an der Berufung zum Mönchsleben zu zweifeln, glaubt dem Missionierungswerk nicht genügen zu können, empfi ndet starkes Heimweh und sehnt sich nach der Wärme des Familienlebens, die ihm auf Iona nie zuteilwerden kann. Als der Abt sich bereits am Rande der Verzweifl ung befi ndet, löst sich der Bann der Versuchung. Columba bleibt bei seinen Klosterbrüdern, Maurinn begibt sich auf eine kleine Felseninsel, um durch einsames Gebet Sühne zu leisten. Ein mehrtägiger Seesturm hindert die Mönche daran, die Frau mit Wasser und Nahrung zu versorgen. Als sie es schließlich auf die Insel schaffen, ist Maurinn bereits tot.

Es ist heute nicht mehr möglich zu sagen, wie Paula von Preradović zu dem Columba-Stoff627 kam. Ernst Moldens biographischer Text Skizzen zu einem Porträt enthält

627 Columba(n) von Hy (Iona) / Columba der Ältere (521/22–9. Juni 597) stammte aus dem irischen Herrschergeschlecht Ui Neill. Sein ursprünglicher Name lautete Crimthan, der Name Columba (Taube) war sein Mönchsname. Dessen irische Form Colum Cille bedeutet »Taube der Kirche« (vgl. Próinséas Ní Chatáin:

»Columba«, in: Gerhard KRAUSE / Gerhard MÜLLER (Hrsg.): Theologische Realenzyklopädie, Band 8, Berlin/

New York 1981, S. 157). Er erhielt eine gute Ausbildung, wurde Kleriker und gründete die irischen Klöster Derry (Ulster) und Durrow. 563 ging er nach Schottland und ließ sich auf Iona, einer Insel der Inneren Heb-riden nieder. Columba stand in enger Verbindung mit dem Königshaus Dál Riad. Das ermöglichte ihm von seinem Kloster auf Iona aus die missionarische Tätigkeit unter den Pikten zu leiten (vgl. Karl Suso FRANK:

»Columba(n) v. Hy«, in: Walter KASPER (Hrsg.): Lexikon für Theologie und Kirche, 2. Band, Freiburg im Breisgau/Wien [u.a.] 1994, S. 1267). In vierunddreißigjähriger Wirksamkeit gründete er in Schottland Kir-chen und Klöster, unter denen jedoch das Kloster auf Iona als Ausstrahlungszentrum des von ihm geprägten

hierzu keine Informationen. Auch Kurt Eigls Recherche vor der Herausgabe von Preradović’ Gesammelten Werken konnte diese Frage nicht klären. Allerdings weiß man von mehreren Aufenthalten der Dichterin in Großbritannien, bei denen sie mit dem Stoff in Berührung gekommen sein könnte. In der Hausbibliothek der Dichterin fand man zwei Schriften, die vom irischen Heiligen und der Insel Iona handeln – die illustrierte Broschüre Iona von Elizabeth A. McHardy (Edinburgh 1891) und eine englische Übersetzung der Adamnani Vita S. Columbae (London 1985). Beide sollen Geschenke der bereits erwähnten Freundin der Dichterin, Elisabeth Friederike Coudenhove-Kalergi, gewesen sein. Möglicherweise wurde Preradović von ihr auf den Stoff hingewiesen. Da keine der beiden Schriften Hinweise auf eine Verlobung Columbas enthält und keine Quellen ausfi ndig gemacht werden konnten, die dieses biographische Detail enthalten, liegt die Vermutung nahe, dass es von der Dichterin frei erfunden wurde.

Bei der Entstehung der Novelle mögen Preradović’ Neulandgesinnung628 und ihre Faszination für das Urchristentum eine gewisse Rolle gespielt haben. Womöglich interessierte sich die Dichterin auch für die Iroschottische Kirche629, die viel vom ursprünglichen Christentum bewahrte.

Mönchtums die größte Bedeutung erlangte (vgl. Próinséas Ní Chatáin: »Columba«, a.a.O., S. 157). Die von ihm gegründeten Klöster bildeten mit den irischen einen Klosterverband, welcher das irische und frühe engli-sche Mönchtum entengli-scheidend beeinfl usste. Columbas Pionierarbeit in Schottland kommt eine entengli-scheidende Bedeutung zu. Er erzielte große Erfolge gegenüber dem piktischen Heidentum. Davon zeugen die rasche Zunahme des Christentums und die Ausbreitung des columbaschen Mönchtums in Britannien während des 7. Jahrhunderts. (vgl. ebd., S. 158) Columbas Bildungsstreben und seine literarische Begabung prägten nach-haltig das irische Mönchtum und die irische Kirche (vgl. ebd.). Das altirische Gedicht Amra Coluim Cille (Lobpreis Columbas) erwähnt seine Vorliebe für die Evangelien, Psalmen und die Weisheitsliteratur. (vgl. ebd.) Dank seiner Zugehörigkeit zur Adelsschicht, seiner Kenntnis der politischen Verhältnisse und administrativen Befähigung, seiner Redlichkeit und seinem Charisma ist es ihm gelungen das Christentum der irischen und schottischen Gesellschaftsordnung einzugliedern (vgl. ebd.). Unter den Werken, die Columba zugeschrieben werden, befi nden sich der Abecedarius Altus Prosator (eine frühmittelalterliche christliche Kosmogonie, die den damaligen naturkundlichen Wissensstand zusammenfasst) und der Psalter Cathach (im Besitz der Royal Irish Academy, er galt lange Zeit als Columbareliquie) (vgl. ebd.).

628 In der Novelle ist von einem dynamischen Christentum, der Missionierung heidnischer Gebiete, der bedingungslosen Ergebenheit in Gott, dem Glaubens- und Arbeitsalltag einer jungen Mönchsgemeinde sowie der Natur- und Heimatliebe die Rede. Diese Themen und Motive kongruieren mit den Idealen des »Bundes Neuland«, mit dem die Dichterin lange sympathisierte. »Neuland« war eine Protestbewegung gegen den Libe-ralkatholizismus, dem vorgeworfen wurde »abgestanden« und »halbschlächtig« zu sein. Diesem Katholizismus fehle es an innerem Antrieb, denn er sei nicht mehr berührt vom Geiste des Christentums. Der Bund verstand sich als eine »radikale jungkatholische Erneuerungsbewegung«, die mit einem »entseelten Christentum«, das zu einem »Scheinchristentum« herabgesunken sei, Schluss machen wollte. Nicht nur der Kampf gegen die

»übliche religiöse Lauheit des Mittelstandes«, sondern auch das Eintreten für die soziale Gerechtigkeit, die Naturverbundenheit, die Liebe zum »Volkstum« und die Selbsterziehung gehörten zu den Idealen des »Bundes Neuland«. Die Organisation entwickelte für die Jugend einen Lebensstil, der von Einfachheit, romantischer Hingabe an die Natur, einer tiefen Beziehung zum »Volkstum«, Selbstverantwortung und religiösem Ernst geprägt war. (vgl. Ludwig REINHOLD: Die christlich inspirierten Jugendorganisationen in Österreich, in: Isa-bella ACKERL / Rudolf NECK (Hrsg.): Geistiges Leben im Österreich der Ersten Republik. Auswahl der bei den Symposien in Wien vom 11. bis 13. November 1980 und am 27. und 28. Oktober 1982 gehaltenen Referate, Wien 1986, S. 313–330).

629 Die Iroschottische Kirche (4.–12. Jahrhundert) war eine christliche Kirche, die in Irland, Schottland und auf der Isle of Man existierte. Es war eine von Rom unabhängige Mönchskirche. In ihrer

Organisations-Die Versuchung des Columba weist Merkmale auf, die für neuromantische Texte typisch sind.630 Dazu gehören die religiöse Thematik, die magischen Elemente, die im Mittelalter liegende Handlungszeit, der exotische Handlungsort, der hagiographische Hintergrund, die klar erkennbaren symbolistischen Einfl üsse sowie die Tatsache, dass in der Novelle ein persönliches Einzelschicksal gestaltet wird und die Figuren von historischen Ereignissen geprägt sind. Dem historischen Geschehen verdankt die Novelle zwar ihre Atmosphäre, doch es bildet nur die Kulisse für die Handlung.

4.2 Literarische Form, Stil und Sprache

Ob es sich bei diesem Text um eine Erzählung oder eine Novelle handelt, ist umstritten.

Die Autorin selbst bezeichnete ihn als Novelle. Diese Gattungszuordnung wird in der vorliegenden Arbeit beibehalten.

Indem sich die Schriftstellerin für eine Form der Kurzprosa entschied, folgte sie einem Trend, der sich in der deutschsprachigen Literatur seit der frühen Nachkriegszeit bis heute gehalten hat. Die Germanistin Joan Kristin Bleicher schrieb Anfang der 90er Jahre, dass im Bereich der religiösen Literatur der Gegenwart Formen der Kurz-prosa eine zentrale Stellung einnehmen. Die Gründe dafür seien in der Vielfalt der Möglichkeiten dieser Gattungsform zu suchen.631 So scheint die Wahl einer kurzen Prosagattung auch in diesem Fall begründet zu sein, denn „[…] in der Kürze der Form – es ist keine geschlossene Weltdarstellung wie im Roman beabsichtigt – kann sich der Autor auf die Entwicklung isolierter Darstellungseinheiten – etwa eines Bildes, eines Handlungsstranges oder eines Charakters, auf die Darstellung eines Ortes oder der Ereignisse eines Zeitpunktes – konzentrieren“.632 Die Versuchung des Columba handelt von einem relativ kurzen und isolierten Lebensabschnitt des irischen Mönchs.

Die Knappheit des Textes erleichtert es dem Rezipienten seine volle Aufmerksamkeit dem Textinhalt zu schenken, welcher sich in einem einmaligen Leseprozess erschließt.

struktur spielten die Klöster und deren Äbte eine Schlüsselrolle, es gab keine Patriarchen und Metropoliten.

Kurz nach ihrer Gründung erlebte sie in ihrem Ordensleben eine Blütezeit (vgl. Josef Anton AMANN: Der heilige Kolumban, Höchst 1955). Es entstanden zahlreiche Abteien und mehrere Klosterschulen, in denen man großen Wert auf das Bibelstudium legte. Die irischen Gelehrten erlangten im mittelalterlichen Europa große Berühmtheit. Besonders charakteristisch für die Iroschottische Kirche war, dass sie zahlreiche keltische Traditionen bewahrte und viele Merkmale des vornizäanischen Christentums aufwies. Sie entfaltete eine rege Missionstätigkeit in Britannien sowie auf dem europäischen Festland. Die keltischen Kirchen entwickelten sich aus der Kirche des spätrömischen Britanniens nach dem Rückzug der römischen Herrschaft. In der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts begannen sie jedoch ihre Unabhängigkeit zu verlieren und übernahmen schließlich die Liturgie und Hierarchie der lateinischen Kirche. Zu ihrem dauerhaften Vermächtnis gehört die Verehrung keltischer Lokalheiliger in Irland, Cornwall und in der Bretagne (vgl. Richard SHARPE: »Keltische Kirchen«, in: Gerhard KRAUSE u. Gerhard MÜLLER (Hrsg.): Theologische Realenzyklopädie, Band 18, Berlin/

New York 1981, S. 86–91).

630 Auch die Literaturwissenschaftlerin Zorka Orlandić vertritt die Meinung, dass die Novelle zu Preradović‘

neuromantischen Texten gehört (vgl. Zorka ORLANDIĆ, a.a.O , S. 219).

631 Vgl. Joan K. BLEICHER, a.a.O, S. 137.

632 Ebd.

Die Schriftstellerin entschied sich womöglich deshalb für eine Kurzform der Prosa, weil diese die rezipientenorientierte Vermittlung religiöser Inhalte fördert bzw. diese Inhalte verdeutlicht.

Der Literaturwissenschaftler Reginald Vospernik stellte die These auf, dass für Preradović‘ späte Prosa ein »Legendenstil« typisch ist.633 Dieser Stil, der durch eine

»barocke«, bildhafte Ausdrucksweise gekennzeichnet sei634, käme zwar in der Königs-legende deutlich zum Ausdruck, doch man könne ihn in der Novelle über den »Apostel Irlands« noch besser erkennen. Die Versuchung des Columba stelle eine Steigerung und Intensivierung dieses »Legendenstils« dar, obwohl sie älter als die Königslegende ist.635 Es handle sich dabei um einen „auf die Handlung konzentrierten“636 bzw. dem Handlungsaufbau dienenden Stil.

Bezeichnend für Die Versuchung des Columba ist eine plastische, gehobene, manchmal übertrieben pathetische und vor allem archaisierende Sprache. Es seien hier ein paar maßgebende Beispiele genannt. Anstatt »Jahrhundert« verwendet die Autorin das Wort „Säkulum“.637 Columba sehnt sich nach seiner Heimat so sehr, dass der „heilige Entschluß“638 sich auf die Reise nach Schottland zu machen „einer Wolke gleich auf seiner Stirn zu lagern pfl egte“.639 Maurinn beobachtet, wie „die Hochfahrenden [es handelt sich hier um eine „vornehme Gesandtschaft gewappneter Herren“, die sich gerade auf Iona aufhalten – Anm.: M.S.] dem Abt mit demütiger Stimme anlagen“.640 Diese stilisierte Ausdrucksweise wird besonders gut von dem ersten Dialog zwischen den Protagonisten veranschaulicht. Columba wendet sich an Maurinn mit den Worten:

„Mit dir sei Christus, Jungfrau! Willst du mir nicht sagen, […] warum du nun schon drei Tage lang in eines Pilgers Gewand an meiner Schwelle sitzest?“.641 Maurinn entgegnet ein wenig später: „Es ist […] hohe Zeit, Crimthan, daß du heimkommst, um bei meinem Bruder um mich zu werben, denn ich zähle schon fünf Jahre über zwanzig, und mein Bruder nennt es eine Schande, daß ich noch nicht vermählt bin“.642 Kennzeichnend für die Sprache der Novelle ist die Erklärung und Steigerung von Zuständen, Merkmalen und Fähigkeiten durch zwei oder drei aufeinanderfolgende Ausdrücke, die eine ähnliche Bedeutung besitzen.643 Dafür einige Beispiele: „Wäre seine [Columbas – Anm.: M.S.] Zuversicht in Gottes Weisheit und Barmherzigkeit nicht so unerschütterlich fest gewesen, so hätte er wohl von Zagen und Bangnis ergriffen werden können, da all sein Beten und Schreien zu Gott […] nichts gefruchtet

633 Vgl. Reginald VOSPERNIK: Paula von Preradović, a.a.O., S. 170.

634 Vgl. ebd., S. 173.

635 Vgl. ebd., S. 170.

636 Ebd., S. 173.

637 Paula von PRERADOVIĆ: Die Versuchung des Columba, in: Gesammelte Werke. Herausgegeben, einge-leitet sowie mit Vor- und Nachwort versehen von Kurt Eigl, Wien 1967, S. 855.

638 Ebd.

639 Ebd.

640 Ebd.

641 Ebd., S. 858.

642 Ebd., S. 859.

643 Vgl. Reginald VOSPERNIK, a. a. O., S. 172.

hatte […]“.644 Columba kasteite sich mit „Fasten und härtestem Lager, mit Kälte und Mühsal“.645 Er fragt Maurinn, ob Gott sie zu seiner „Prüfung und Heimsuchung“646 gesandt habe. Schließlich wird er von „Entmutigung und Verzweifl ung“647 ergriffen.

Eines Tages beobachtet der Abt seine Klostergemeinschaft bei der Arbeit – er sieht die Brüder „ackern und pfl ügen, das Vieh weiden und melken, Milchkübel tragen und Karren schieben“.648 Die Mönche vollbringen ihr „emsiges und strenges Tagwerk“.649 Maurinns Amme schärfte ihr bereits in ihrer Kindheit ein, dass ein „Verlöbnis fester binde als alle Weihen und Eide der christlichen Priester“.650 Die junge Frau lehnt eine Trauung mit Dungal ab, denn sie wünsche sich kein Leben „in Schmach und Unzucht“.651 Während ihres Aufenthalts auf der Insel begegnen ihr die Mönche „einsam und bleich vor Herzensangst und Betrübnis“.652

Manchmal, jedoch viel seltener begegnet der Leser der Alliteration, welche eine stark archaisierende Wirkung entfaltet. Es folgen einige Beispiele für diese literarische Stilfi gur: Der Abt möchte von Maurinn wissen, ob sie „Knechte und Krieger“653 auf Mull zurückließ. Er beabsichtigt einige Mönche mit „Briefen und Botschaften“654 nach Kildare zu schicken. Als die Frau ihre Kapuze zurückwirft, fährt der Wind durch ihre

„schweren, schwarzen Haare“.655

Besonders auffällig ist die häufi ge Wiederholung der Zahl Drei sowie die Dreiteilung der Sprache. Im mittelalterlichen Christentum symbolisierte diese Zahl Gott, was auf die Heilige Dreifaltigkeit zurückzuführen ist.656 Reginald Vospernik weist darauf hin, dass die Drei oft in der Volksdichtung vorkommt und nicht selten mit einer urtümlichen, volksnahen Sprachgestaltung einhergeht.657 Im Folgenden werden Beispiele für die Dreiteilung, Verdreifachung oder das Vorkommen der Zahl Drei genannt: Columba

„wallte es [das Haar – Anm.: M.S.] schwarz, lang und dicht hinab“.658 Er besitzt die Gabe „die verschwiegenen Absichten, Gedanken und Sünden der Menschen“659 zu erkennen. Drei »Gebetsstürme« sollen das sich anbahnende Problem lösen.660 Drei

644 Paula von PRERADOVIĆ: Die Versuchung des Columba, a.a.O., S. 871 [Die Unterstreichungen wurden zur Verdeutlichung vom Verfasser hinzugefügt].

645 Ebd., S. 855.

646 Ebd., S. 860.

647 Ebd., S. 873.

648 Ebd.

649 Ebd., S. 882.

650 Ebd., S. 859.

651 Ebd., S. 860.

652 Ebd., S. 862.

653 Ebd., S. 858.

654 Ebd., S. 880.

655 Ebd., S. 860.

656 Die Zahl Drei spielt im Neuen Testament eine wichtige Rolle. Ein Beispiel dafür fi ndet man in der Weihnachtsgeschichte des Evangeliums nach Matthäus, in der drei Weise aus dem Morgenland erwähnt werden.

Ein anderes wäre Christi Auferstehung am dritten Tag nach seinem Tod.

657 Vgl. Reginald VOSPERNIK: Paula von Preradović. Leben und Werk, a.a.O., S. 172.

658 Paula von PRERADOVIĆ: Die Versuchung des Columba, a.a.O, S. 856.

659 Ebd.

660 Vgl. ebd., S. 871.

Tage wartet Maurinn vor Columbas Tür, bis sie schließlich angesprochen wird661, und drei Tage dauert der Sturm, der es den Mönchen unmöglich macht die Frau auf der einsamen Insel zu versorgen.662 Nach Maurinns Tod feiert Columba drei Messen für die Verstorbene, welche an drei aufeinanderfolgenden Tagen stattfi nden.663

4.3 Parallelen zur Hagiographie

664

und Legendendichtung

Obwohl an manchen Stellen die Novelle an eine hagiographische Darstellung erinnert, unterscheidet sie sich von Texten dieser Gruppe erheblich. Der Stoff der Novelle stammt aus einer hagiographischen Quelle und man erkennt einige Ähnlichkeiten zu hagiographischen Texten, doch die Abweichungen vom klassischen Schema einer Hagiographie sind deutlich sichtbar. Preradović’ Novelle enthält z.B. weder eine Einleitung durch die erzählende Instanz noch einen Epilog. Von der Kindheit und Jugend Columbas ist zwar an mehreren Stellen die Rede, doch es handelt sich um keine systematische Darstellung. Über das Leben Crimthans in der Zeit vor der

»Verbannung« nach Iona erfährt der Leser viel Negatives, was die Figur des irischen Königssohns durchaus realistisch erscheinen lässt.665 Im Gegensatz dazu wird die zweite

661 Vgl. ebd., S. 857.

662 Vgl. ebd., S. 882.

663 Vgl. ebd.

664 Als Hagiographie bezeichnet man die Darstellung des Lebens eines Heiligen. Hagiographische Be-schreibungen sind Biographien, die Heilige nicht nur als makellose und vorbildhafte Menschen, sondern auch als Erwählte Gottes zeigen, die der kultischen Verehrung würdig sind. Es handelt sich dabei meistens um enkomiastische Texte, deren Autoren auf eine quellenkritische Vorgehensweise verzichteten. Sie sind in erster Linie erbaulich stilisiert und förderten die unkritische Legendenbildung (vgl. »Hagiografi e«, in: Brockhaus Enzyklopädie in 30 Bänden, Band 11, Leipzig/Mannheim 2006, S. 698). Den zentralen Gedanken der Hagio-graphie stellt die Vermittlung der Botschaft vom göttlichen Heilswirken dar, welches sich in der Person des Heiligen offenbart. Der Heilige spielt die Rolle eines Werkzeugs in den Händen Gottes. Dieser greift mittels des Heiligen in die biographischen und historischen Abläufe ein. Bei Hagiographien handelt es sich zumeist um kurze Texte, die in Sammelbänden zusammengestellt und chronologisch nach den Gedenktagen der Hei-ligen angeordnet sind. Zu den wichtigsten hagiographischen Quellen zählen »passio«, »vita« und »miracula«.

In der Geschichte der Hagiographie spielen die ersten fünf christlichen Jahrhunderte eine besondere Rolle, denn alle Typen von Texten, von den authentischen bis zu den rein fi ktiven, tauchen in dieser Zeit zum ersten Mal auf. Die mittelalterlichen Gattungen sind mit den frühen Beispielen identisch oder von ihnen abgeleitet.

(vgl. David Hugh FARMER: »Hagiographie I«, in: Gerhard KRAUSE / Gerhard MÜLLER (Hrsg.): Theologische Realenzyklopädie, Band 14, Berlin/New York 1985, S. 364).

665 Folgende Textstelle gibt Auskunft über das Leben Crimthans vor der Verbannung nach Iona: „Als Jüngling hatte Columba Blutschuld auf sich geladen, indem er sich in die Händel der Könige verstrickt hatte und mitschuldig geworden war an einem blutigen Krieg zwischen den nördlichen und südlichen Stämmen […]“

(Paula von PRERADOVIĆ: Die Versuchung des Columba, a.a.O., S. 864). Zur Sühne soll der irische Königssohn von einem Eremiten verpfl ichtet worden Irland zu verlassen – auch das altirische Recht sah die Verbannung als Strafe für schwere Vergehen vor. Columba begab sich auf die Hebrideninsel Iona, wo er ein Kloster gründete.

Die Historiker sind sich jedoch darüber uneinig, wie es in Wirklichkeit gewesen ist. Es gibt keine genauen, historisch belegten Informationen über die Umstände, die Columba dazu bewegten, seine Heimat zu verlas-sen. Aus manchen Quellen geht hervor, dass der unmittelbare Anlass die Distanz zur Politik seiner Familie

Lebensphase des Protagonisten beschrieben. Der Leser lernt Columba als kirchlichen Amtsträger, Asketen und Charismatiker kennen, der Klöster gründet, Heiden bekehrt, Sünder zur Buße bewegt, hinreißende Predigten hält und göttliche Visionen empfängt.666 Diese Zweiteilung der Biographie des Heiligen ist für viele hagiographische Schriften charakteristisch. Sie rückt die Novelle der Hagiographie wieder ein Stück näher. Ein Unterschied ist aber besonders auffällig. Auf den ersten Seiten der Novelle wird die Figur Columbas gemäß den hagiographischen Konventionen beschrieben, was aus folgender Passage ersichtlich ist:

[…] Gott hatte seinen Diener Columba mit so vielen und großen Gaben begnadet, daß es beinahe unfaßbar scheinen wollte, wie ein einzelner Mensch eine so reiche Bürde tragen konnte. Nicht nur war er einem von Erins uralten Königsgeschlechtern entsprossen und hatte die natürlichen Gaben der Könige, Hoheit, Tapferkeit, Klugheit und Gerechtigkeit, in die Wiege gelegt bekommen. Er war zudem ein liedergewaltiger Barde, wie nur je einer in Erin […] gewaltet hatte […]. Das Herrlichste der Geschenke aber […] war die Gnade des christlichen Priestertums, die ihn fähig gemacht hatte […] die Herzen der Menschen zu kennen und zu lenken, Ungläubige und Sünder zu bekehren. Und damit nichts ihm mangle […] hatte Gott ihm außer der Gewalt über die Seelen auch die Gewalt über die Natur gegeben, wie sie den heidnischen Druiden zu eigen war. Durch die Kraft seines Gebetes war er mächtig Stürme zu bannen, das Meer zu besänftigen und wilde Tiere zu bändigen, ja er hatte dereinst in Erin durch sein Beten und Fasten den Ausgang einer

[…] Gott hatte seinen Diener Columba mit so vielen und großen Gaben begnadet, daß es beinahe unfaßbar scheinen wollte, wie ein einzelner Mensch eine so reiche Bürde tragen konnte. Nicht nur war er einem von Erins uralten Königsgeschlechtern entsprossen und hatte die natürlichen Gaben der Könige, Hoheit, Tapferkeit, Klugheit und Gerechtigkeit, in die Wiege gelegt bekommen. Er war zudem ein liedergewaltiger Barde, wie nur je einer in Erin […] gewaltet hatte […]. Das Herrlichste der Geschenke aber […] war die Gnade des christlichen Priestertums, die ihn fähig gemacht hatte […] die Herzen der Menschen zu kennen und zu lenken, Ungläubige und Sünder zu bekehren. Und damit nichts ihm mangle […] hatte Gott ihm außer der Gewalt über die Seelen auch die Gewalt über die Natur gegeben, wie sie den heidnischen Druiden zu eigen war. Durch die Kraft seines Gebetes war er mächtig Stürme zu bannen, das Meer zu besänftigen und wilde Tiere zu bändigen, ja er hatte dereinst in Erin durch sein Beten und Fasten den Ausgang einer