ARCHIEF
Lab. v Scheepsbouwkunde
Sonderdruck aus der Zeitschrift ,,Schiffbautechnik" H. 7/1962, S.
ehnische Hogeschool
DeUt
Ergebnisse der Erprobung eines Wellenerzeugers
Aus dem Institut für Theorie des Schiffes an der Universität Rostock, Direktor: Prof. Dipl.-Ing.
K. Th. Braun
Von Dipl.-Ing.K. \Vagner und Ing. A. Hoffmann, Rostock
Auf die am Institut für Theorie de8 Schi//es (ITS) vorhandene Anlage zur Erzeugung künstlichen regulären Seegangs ist bereits in [1f und [2] hingewiesen worden. Nach Abschluß der Erprobungen
können nunmehr nähere Angaben über die Leistungsfähigkeit dieser Anlage gemacht werden.
1. Beschreibung der Wellenerzeugeranlage 1.1. Der Wellenorzeuger
Der Wellenerzeuger des ITS besteht aus einem drei-eckigen Tauchkörper, der sich über die gesamte Tank-breite (5 m) erstreckt und ein maximales Vordrän-gungsvolumen von 1,1 ni3 besitzt. Der Tauchkörper wird über einen Kurbeltrieb and ein
Untersetzungs-getriebe (i = 25) von einem
Gleichstromnebenschluß-motor (Nennleistung 5 kW) angetrieben und gleitet
seitlich in senkrechten Führungen. Die Antriebsorgano
sind auf einer Rohrfachwerktraverse montiert, die das
Trimmtankende des Schleppkanals überbrückt (Bild 1).
Der Hub des Tauchkörpers kann durch Änderung des Kurbeiradius RK mittels einer Schraubonspindel
in den Grenzen O bis 40 cm variiert werden. Eine ver-lustarme Drehzahlregelung des Antriebsmotors
(erfor-derlicher Bereich: Motor = 600 bis 2000 min) wird
durch die Leonardschaltung gewährleistet. Die
Anker-spannung UA (bzw. KontroliAnker-spannung U*) kann am
Steuerpult der Drahtschleppanlage eingestellt werden. 1.2. Glättungsroste
Um die Oberwelligkeit des künstlichen Seegangs herabzusetzen, wurdén verschiedene Versuche mit
schwimmenden Glättungsrosten durchgeführt. Die
Glättungsroste bestehen aus Holzleiston, die in
be-stimmtem Abstand voneinander durch Gummistreifen
bzw. Schnüre gelenkig miteinander verbunden sind.
Die Roste wurden kurz vor dem Tauchkörper so
befestigt, daß sie sich mit don Wellen vertikal frei
bewegen, aber nicht abtreiben konnten. Folgendeall-gemeine Ergebnisse wurden erzielt:
Die letzten Latten langor Roste führen in kurzen
Wellen starke Schlagbewegungen aus und erzeugen neue Oberwellen.
Je kürzer die Wellen sind, um so feiner müssen
wirksame Roste sein.Die Wellenhöhe vor allein der steilen Wellen wird
durch die Glättungsroste stark reduziert.
Die ersten entstehenden Wellen sind auch ohne
künstliche Glättungsmaßnahmen nahezuoberwel-lenfrei. Ein feiner Rost filtert die restlichen
Stö-rungen heraus.1.3. Der Strand Der Strand besteht rost. Er entspricht im ist jedoch konstruktiv
aus einem dreiteiligen Latten-Prinzip der Ausführung in [3], so gestaltet, daß jeder
Latten-rost getrennt verstellbar ist.
Der Neigungswinkel kann
für Lattenrost I von 2 bis
19°, für Lattenrost II von3 bis 16° und für
Latten-rost III von 7 bis 24° vari-iert werden. Außerdem istder gesamte Strand
verti-kal um ± 120 mmverstell-bar. Seine Gesamtbroite
entspricht der Breite des
Versuchskanals, währendseine Gesamttiefe 2 ni
be-trägt (Bild 2).
Bei den bisher
durch-geführten Versuchen wurdedie Stellung des Strandes
nicht variiert. Bei denNei-gungswinkeln 6°, 8° und 15°
der Lattenroste I, II und III
wurden
bei kleinen und
mittleren Wellenlängen dio
Wellen gut absorbiert
Bild 2. Verstellbarer Strand
(Bild 3). Weitere Versuche zur Ermittlung der gun.
stigeten Strandstellung für die Absorption verschiedener Wellen sind vorgesehen.
2. Systematische Versuche
Nach Abschluß der Voruntersuchungen wurde eine
systematische Versuchsreihe mit der Zielsetzung
durch-geführt, ein Diagramm zu erarbeiten, das dié zu einer
gewünschten Wellenhöhe und -länge gehörigen Werte
von Kurbeiradius und Motorspannung vorzuwählen gestattet.
2.1. Aufbau des Versuchsprogramms
Für systematisch variierte Kurbeiradien (RK
=
20bis 200 mm) und bei bestimmten Drehzahien, die den
ebenfalls variierten Werten der Ankerspannung (U* =
20 bis 60 V) bei konstanter Erregung (Uerr= 220 V)
entsprachen, wurden die sich bildenden Wellen
hin-sichtlich ihrer Länge A, threr Höhe 2r0 und ihres Aus-sehens beurteilt (Bild 4a bis f).
2.2. Messung der Versuchsparameter
Die Wellenhöhe 2r0 wurde an einem im Wasser
be-findlichen Maßstab direkt abgelesen. Die Genauigkeit
dieser einfachen Methode reichte für den vorliegenden Zweck aus (statistische Genauigkeit der Einzelmessung
h
= 3,5 mm). An der Entwicklung einer nach dem
Widerstandsprinzip arbeitenden elektrischen
Tauch-sonde zum oszillographischen Aufzeichnen der
Wellen-kontur wird am Institut noch gearbeitet.
Die Wellenlänge A wurde durch die gleichzeitige
Beobachtung zweier Wellenberge vor einer Wellenauf-meßtafel (Bild 4) durch zwei Versuchsausführende fest-gestellt. Die mit dieser
Methode erreichbare durch-schnittliche Genauigkeit
liegt in den Grenzen von
2 bis 5% der Wellenlänge.Der Kurbeiradius RK wur-de an einem an wur-der
Schwungscheibe angebrachten Maß -stab gemessen.
Die vom Steuergenerator
des Leonardsatzes an don
Wellenerzeugermotor abge-gebene Ankerspannung U4 wird durch einen im Draht-schieppult eingebauten Reg.
1er entsprechend der An-zeige eines ebenfalls dort
angebrachten Kontrollin-struments eingestellt. Bei
der Bestimmung der
wirk-lichen Ankerspannung U1
Bild3
Auflaufen der Wellen aufden Strand
2
aus der Kontrolispannung U' ist ein Eichfaktor zu
berücksichtigenU4 [V] = 2,6 U* [V].
2.2. Auftragung der Ergebnisse
Die Originalmeßpunkte wurden in zwei Dtagrammen
zusammengestellt, und zwar in einem Meßpunktdia-gramm für die Wellenhöhe (Bild 5, 2r0
= f
(Rj) für
verschiedene U' = konst.) und einem
Meßpunktdia-gramm für die Wellenlänge (Bild 6, A
= f
(RK) fürver-schiedene U" = konst.). Die geglätteten Kurven dieser
Diagramme wurden mit Hilfe hier nicht mitgeteilter
,,Querkurven"-Diagramme (2r0
= f
(Us) und A= /
(U*)für R = konst.) kontrolliert und berichtigt.
Aus den Einzeldiagraminen wurde das Auswahischau-bild für regulären Seegang (Bild 7) entwickelt. Es
ent-hält in einem Koordinatenfeld (U*, RK) Kurven für
2r0
=
konst. und A = konst. Es gestattet, die für eine bestimmte Welle notwendige Einstellung des Kurbel-radius und der Kontrollspannung abzulesen. Es ent-hält weiterhin zwei sich aus der Wellenbeobachtung ergebende Grenzkurven, die das Gebiet brauchbarerWellen abgrenzen. Links der Gronzkurve I ist die
Wel-lenkontur verzerrt, rechts der Grenzkurve II beginnen
die Wellen infolge zu großer Steilheit zu brechen. 2.3. Auswertung der systematischen Versuche
Die quantitativen Ergebnisse sind vollständig
inBild 7 enthalten. Es seien noch einige Bemerkungen
zum Charakter der Kurven angeschlossen:
1. Wellenhöhe 2r0 = konst.: Diese Kurven haben den
Charakter allgemeiner Hyperbeln von der Form
(RK - c) U*b =konst.
In dieser Gleichung ist c eine
Verschiebungskon-stanteundbeinExponentinden Grenzen 2 b 3,5. Es zeigt sich also, daß die Wellenhöhe nicht wie
er-wartet allein dem Tauchkörperhub proportional ist, sondern sowohl vom Hub als auch von der
Tauch-körperfrequenz (Drehzahl) in einer der obigen
Glei-chung ähnlichen Form abhängt, da zwischen Dreh-zahl und Anker. bzw. Kontrolispannung ungefähre
BlM 4. Wellenbilder R = 160 mm, U' 30V, 2 = 4,0 m, 2 r, = 23,0cm RK 70 mm, U' = 30v, 2 = 3,4m.2r, 11,0cm e) Rx = loo mm, U' 36V, 2 = 2,3 m, 2 r, = 18,7 cm i 40 mm, U' = 49 V, 2 = 1,27 ni, '2', 10,0cm RK 190mm, U' = 27,5V, 2 = 475m, 2r, = 23,0 cm verzerrte Kontur BK = 160mm, U' = 88V,
10
m
9
3
2
Wossertieiv ¡in Kanal
: 4UU
05 1 15 2 s ;s
11/e/lenperiode a Zell für einen vol/st. Hub r
mid s. Vergleich zwischen Trocholdengesetz und tatsächlichen Wellen
Bild 9. Typische Verzerrungsformen
4 14 15 18cm 21)
aUaUU.ZOV l.14m
iPìEiÈ.
55V vgl. Bild 4 e 50 .55 V s Konlrol/spannvng U'Bild7. Auswahldiagramm für regulären künstlichen Seegang I Grenzkurve für verzerrte Wellenkontur
II Grenzkurve für beginnendes Brechen der Wellen
Der Grund dieser Verzerrung wird im
Kanal-bodeneinfluß, der mit wachsender Wellenlängezu-nimmt, zu suchen sein. Diese Aussage steht in ilber-einstimmung mit der Bemerkung im vorigen Absatz.
4. Grenzkurve II: Das Brechen der Wellen (Bild 4f) erfolgt bei bestimmten Werten der Wellensteilheit.
Ausgedrückt als Verhältnis A/2r0, Ist dieser kritischr Wert aus Bild 10 zu ersehen. Er bewegt sich je nach der absoluten Länge der Welle zwischen 12 und 8,6.
Das zwischen beiden Grenzkurven befindliche Gebiet brauchbarer Wellen umfaßt mehr als don
erforderlichen Bereich für die in Frage kommenden Modello von 2 bis 3 in Länge.
I,iaiI
__
ii"
ÈiiI11!I
'iiiwi
80N
225 26 40 30 35 40 45 4 8 10 12 /l'urbefradiij R5Bild 3. Meßpunktdiagramm fur die Wellenhöhe
2. Wellenlänge 2 = konst.: Nach dem
Trochoidon-gesetz ist die Wellenlänge dem Quadrat der Wellen-periode proportional:¿ = - r2
=
1,561t
Die Wellenperiode t ist wiederum umgekehrt
pro-portional der Tauchkörperfrequenz / und damit der
Drehzahl n des Wellenerzeugermotors. Die Kurven
konstanter Wellenlänge müßten also in einem von
Tauchkörperhub und Motordrehzahl gebildeten
Ko-ordinatensystem die Gestalt von Geraden
anneh-men, die parallel zur Hubachse liegen. Das Auswahl-schaubild (Bild 7) zeigt jedoch, daß die Kurven kon-stanter Wellenlänge keine senkrechten Geraden sind.
Das liegt daran, daß einmal bei gleicher
Kontroll-spannung U* die Drehzahl n mit wachsendem
Kur-belradius RK (wachsende Belastung) sinkt. Diese Tatsache tritt besonders bei kurzen Wellen augen-scheinlich hervor. Zum anderen treten bei langen Wellen (2 > 4 m) infolge des zunehmenden Ein-flusses der endlichen Wassertiefe (hw = 3 m) Ab.
weichemgen vom Trochoidongesetz auf, wie aus Bild 8
klar hervorgeht.
3. Grenzkurve I: Das durch diese Kurve abgegrenzt.e Gebiet verzerrter Wellenkontur (z. B. Bild 4e) um-faßt die Wollen großer Länge (A > 4 bis 8 m). Das trochoidale Wellenprofil entartet zu Doppel- oder
Dreifachweflen (Bild 9).
4 6 5 V 72 75 18cm 20
Kurbe/radias R5
BUd 6. Meßpuuktdiagraimn für die Wellenlänge
/656555 65 4 32 cm 25 24 20 : 12 o m -e 200 inn 160 160 740 120 - 100 60 40 20 o
3. Zusammenfassung
Die Wellenerzeugoranlage des Instituts für Theorie des Schiffes an der Universitat Rostock (ITS) wird
beschrieben. Meßmethoden und Ergebnisse einer
syste-matischen Versuchsreihe zur Erprobung des
Wellen-orzeugers werden mitgeteilt. Ein Auswahidiagramm für künstlichen regulären Seegang läßt die Leistungsfähig-keit der Anlage erkennen.
Literatur
Li] Boasow, G.: Bisherige und zukünftige Modeflunt.erouchuugen am Institut für Theorie des Schiffes.
Schiffbautechnik 10 (1960) E.], S. 6 bis 15.
BikIlO 12
Kritislie
Weflensteilhcit tic
2 2, 3 rn (5
[2] Galzer, if.: Dic schïffbauliche Schleppversuchsanlage am Institut für Theorie des Schiffes der Schiffbautechnischen Fakultät, Universität
Rostock.
Schiffbautechnik ¡2 (1962) E. 1, S. 33 bis 35.
[3J Vo8per, A. J.: A Review of Facilities and Ship-Model Instrumentation at the Admiralty Experiment Works, flasiar.
Bericht Nr. 3 auf dem Symposium in Zagreb, September 1959. SbA 4031