• Nie Znaleziono Wyników

Ansatz einer Lehnwörter-Klassifikation am Beispiel der deutschen Entlehnungen im Kaschubischen und Polnischen

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2021

Share "Ansatz einer Lehnwörter-Klassifikation am Beispiel der deutschen Entlehnungen im Kaschubischen und Polnischen"

Copied!
12
0
0

Pełen tekst

(1)

ISSN 2083-5485

© Copyright by Institute of Modern Languages of the Pomeranian University in Słupsk

Original research paper Received: Accepted:

09.10.2015 25.05.2016

ANSATZ EINER LEHNWÖRTER-KLASSIFIKATION

AM BEISPIEL DER DEUTSCHEN ENTLEHNUNGEN

IM KASCHUBISCHEN UND POLNISCHEN

Piotr Bartelik

Uniwersytet Zielonogórski Zielona Góra, Polska

piotr.bartelik@op.pl

Schlüsselwörter: Sprachkontakt, Entlehnungen, Lehnwort-Klassifikationen, Assimilation,

Lexikon-Veränderung

Problemstellung und Zielsetzung

Entlehnungen sind das markanteste Mittel der Wortschatzveränderung und –erwei-terung, das das jeweilige einheimische Lexikon-Substrat um viele Adstrat-Elemente vergrößert. Onomasiologisch gesehen stellen Lehnwörter auch in der Tat den „natür-lichsten“ Weg der durch Sprachkontakt ausgelösten, bedingten und direkt im

Ziel-system1 gesteuerten Nomination dar, die den relativ konstanten Lexem-Bestand

va-riablen kognitiven Bedürfnissen von Sprachträgern anzupassen versucht.

Im Vergleich mit systeminternen und coverten Bildungs- und Neuerungstenden-zen, die sekundär auf der Sprachkontakt-Wirkung aufbauen, wie Bildung von Neo-logismen, Neosemantismen bzw. Lehnübersetzungen (-übertragungen), machen die

overten Entlehnungen den größten Teil übernommener Sprachsubstanz aus2.

Die Diachronie und Synchronie der Entlehnungen benötigt – samt möglichst ge-nauerer Beschreibung ihrer Quellen, Wegen und Assimilationsprozesse – einer

aus-———————

1 Hier und im Weiteren werden die Begriffe Zielsystem und -sprache, so wie Ausgangssystem und -sprache gebraucht, die Terminuswahl geht auf den Autor des Textes zurück.

2 Vgl. Betz 1949, der die Einteilung in inneres und äußeres Lehngut vornimmt. Das äußere Gut um-fasst Lehnwörter, Fremdwörter, Hybriden und Scheinentlehnungen während das innere Lehnbedeu-tungen und –bildungen zusammenstellt. Somit basiert das innere Lehngut auf Wortbildungsmitteln und Gesetzmäßigkeiten des einheimischen Systems (deswegen hier als covert), wobei der größte Teil des äußeren auf Lehn- und Fremdwörtern aufbaut (hier als overt verstanden).

(2)

führlichen und nach Möglichkeit einer universalistisch orientierten Typologie, die den Erkenntnissen der neuen Sprachkontakt- und Sprachwandelforschung gerecht wäre. Solch eine Klassifikation soll – unserer Meinung nach – folgende Aspekte de-skriptiv umfassen:

– Verlauf der Assimilation in allen Subsystemen der Sprache: die gängigen Klas-sifikationen [für das Deutsche von Betz 1949; für das Polnische von Mar-kowski 2002] geben zwar differente Typen von Entlehnungen an, aber dessen ungeachtet werden die Fragen der phonetischen, semantischen und morpholo-gischen Assimilation zu Gunsten anderer Aspekte in den Hintergrund gerückt [Schippan 1984];

– (Ko)Relationen der Eingliederungsprozesse auf phonetischer, morphologischer, semantischer und syntaktischer Ebene: die Lehngut-Klassifikationen (genauer gesagt: Lehnwort-Typen) bringen unseres Erachtens die verschiedenartigen Be-ziehungen, die ihrerseits in diversen sprachlichen Zusammenhängen sichtbar werden, schlechthin zum Ausdruck. In vielen Fällen ist der jeweilige Lehnwort-Typ mit vielen (Assimilations- und Wandel-)Prozessen verbunden, die nur auf Grund einer tief greifenden und komplexen Analyse identifiziert werden können und keineswegs a priori dem einen oder anderen Lehntyp eigen sind;

– Wechselbeziehungen der sprachlichen und außersprachlichen Faktoren: die Frage der Auswirkungen von Übernahme-Wegen oder Entlehnungszeit wird in der einschlägigen Literatur breit diskutiert [Markowski 2002; Czarnecki 1993a, b], trotzdem bleiben Probleme der die sprachliche Assimilation determinieren-den auβersprachlichen Faktoren an vielen Stellen offen;

– Aufdeckung der Sprachwandelprozesse: in dieser Hinsicht sind in erster Linie nicht etwa solche Prozesse wie Bedeutungswandel entlehnter Lexeme gemeint, vielmehr handelt es sich um semasiologisch nachweisbare Wandelprozesse in der Geber- und Nehmersprache, die ihre direkte Widerspiegelung in

sprachli-cher Form übernommener Formative3 finden.

Die Klassifikationen von Betz und Markowski geben bekanntlich differenzierte Typen von Entlehnungen an, die ihrem Wesen nach – auch wenn nicht explizit – be-stimmte Prozesse der phonetischen, morphologischen, semantischen und syntakti-schen Assimilation wiedergeben. Nichtsdestoweniger könnte ein Versuch unter-nommen werden, eine ganzheitliche, auf Betz und Markowski natürlich auch partiell zurückgehende, Klassifikation des deutschen Lehngutes im Kaschubischen zu erstel-len, die den oben angeführten Postulaten eine linguistische Rechnung tragen würde. Die unabdingbare theoretische Basis von Betz und Markowski und Resultate unserer empirischen Untersuchungen zum deutschen Lehngut in der kaschubischen Lexik [Bartelik 2010, 2011a, 2012] erlauben, im Folgenden den Ansatz einer komplexen Klassifikation zu skizzieren. An bestimmten Stellen finden sich auch Exkurse zu deutschen Entlehnungen im Polnischen [Czarnecki 1992, 1993a, b; Kątny 2012; Kästner 1939], die recht interessante Belege zu den aufgestellten Thesen liefern.

———————

3 Hier wird der Terminus in Anlehnung an Schippan [1984: 68] verstanden, die ihn folgenderma-ßen definiert: „das Formativ ist der gesellschaftlich invariante Zeichenkörper, der nach phonemi-schen und graphemiphonemi-schen Regeln in der Kommunikation materialisiert, objektiviert, wird“.

(3)

1. Grundprinzipien und Kriterien der Gliederung

Die hier vorgeschlagene Klassifikation gliedert die Entlehnungen nach

bestimm-ten Kriterien, auf denen einzelne Typen der Lehnwörter aufbauen4.

Zunächst werden dementsprechend die Kriterien grob in die sprachlichen und auβersprachlichen aufgeteilt. So eine Vorgehensweise wird damit begründet, dass die Diachronie der Entlehnungen, die hier als Grundlage der außersprachlichen Kriterien angesehen wird, einen unübersehbaren und schon längst gut erforschten Einfluss auf Wege ihrer sprachlichen Assimilation, auf Gestaltung ihrer phonetischen/morphologi-schen/semantischen/syntaktischen Form im Zielsystem und letztendlich auf ihre syn-chronische Funktion und Existenz im Zielsystem ausübt. Zugleich ist die diachroni-sche Differenzierung einzelner Sprachgeschichte-Perioden in der Geber- und Neh-mersprache für sprachliche Form entlehnter Lexeme ausschlaggebend. Beispiele, die solch eine Unterscheidung bekräftigen, findet man reichlich in Arbeiten zu Entlehnun-gen auf einzelnen Perioden der deutsch-polnischen [Czarnecki 1992, 1993a, b] oder deutsch-kaschubischen Sprachkontakte [Hinze 1965; Bartelik 2010, 2011a, b, 2012]. Die auβersprachlichen Kriterien schlieβen in sich auch die Vermittlung anderer Sprachen (Dialekte, Soziolekte u.a.) und ihre Rolle bei der sprachlichen Gestaltung entlehnten Lexikons ein. Der Weg, auf dem das jeweilige Lexem in die Zielsprache gelangt, bleibt ja doch nicht ohne overten Einfluss auf seine phonetische, morpholo-gische, semantische und syntaktische Form bzw. auf seine diachronische oder syn-chronische Funktion, was die Belege deutscher Entlehnungen mit tschechischer Vermittlung im Altpolnischen [Czarnecki 1992] oder durch das Polnische ins Ka-schubische gekommene Wörter [Bartelik 2011a] recht gut illustrieren.

Die in unserem Ansatz als sprachlich aufgefassten Kriterien sind als Gesamtheit aller sprachgebundenen und durch Sprachsystem der Geber- und Nehmersprache eben bedingten Faktoren anzusehen, die auf Grund phonetischer, morphologischer, semantischer und syntaktischer Analyse aufgedeckt und beschrieben werden kön-nen. Die sprachlichen Kriterien werden im Weiteren in strukturelle und diatopische differenziert. Die strukturellen umfassen in ihrem Wesen phonetische Assimilations- und Substitutionsprozesse aller Art, Wandel oder Beibehaltung morphematischer Struktur der jeweiligen Entlehnung (einschlieβlich der Eingliederung in das Para-digma- und Wortbildungssystem) und semantische Wandelprozesse, denen das Le-xem vor, im Laufe und nach der Übernahme unterlag. Im Rahmen der strukturellen Kriterien, die grundsätzlich auf Änderungen in bestimmten Subsystemen der Spra-che basieren, wird auch die Gruppe der Adaptationskriterien unterschieden, die als eine abstrakte Resultante aller strukturellen Prozessen angesehen werden darf und die in ihren Grundzügen dem Assimilationsgrad bei Markowski [Markowski 2002: 1773-1775] entspricht. Somit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass die Wir-kung der breit gemeinten Assimilation in allen Teilsystemen einer Sprache in der Regel eine vollständige oder partielle Eingliederung des jeweiligen Lexems in das Zielsys-tem mit sich bringt. Die Differenzierung in vollständig, partiell oder nichtinkorporierte

———————

4 Das Problem der Sprachkontakt-Wirkung bei Bildung von verschiedenen syntaktischen Kon-struktionen im Polnischen und Kaschubischen wird hier wegen der Problemstellung nicht disku-tiert, vgl. dazu Bartelik 2011b; Kątny 2011; Piskorz,Abraham,Leiss2013.

(4)

Lehnwörter bringt demzufolge Assimilationsprozesse unterschiedlichen Typs und diverser Motivation auf einen gemeinsamen Nenner.

Das Ganze der sprachlichen Kriterien ergänzen in der hier postulierten Klassifikation die diatopischen Kriterien. Ihre Zuordnung der sprachlichen Gruppe – im Kontrast zu der hier als auβersprachlich verstandenen Diachronie – wird im Weiteren thematisiert.

2. Ansatz einer Lehnwort-Klassifikation im Kaschubischen

Den oben angeführten Kriterien nach werden im Folgenden die unten stehenden Lehnwörter-Typen differenziert:

a) den phonetischen Kriterien nach unterscheiden wir:

a1) phonetische Nachbildungen – ihr Wesen besteht darin, dass die phonetische (Ziel-) Struktur die phonetische (Ausgangs-)Gestalt mit artikulationsgleichen (bzw. weit gehend ähnlichen) Lauten wiedergibt. Dieser Gruppe gehören in unserer

Klassifi-kation kaschubische Belege szlips, fachman, rukzak5, zajl und viele andere. Diese

Beispiele weisen im Kaschubischen identische Struktur auf, wie ihre deutschen

Ausgangslexeme, wie: [ʃlips]6 > [šlips], [faxman] > [faxman], [rυkzak] > [rukzak],

[zael] > [zajl]. Ähnliches gilt für polnische plac, sztapel (kasch. sztôpel), dynks (kasch. dinks), sznaps (kasch. sznaps) und andere [vgl. Czarnecki 1992, 1993a, b]; a2) assimilierte Entlehnungen – sind Lehnwörter, derer phonetische (Ziel-)Struktur

bestimmte Abweichungen von dem phonetischen (Ausgangs-)Aufbau aufweist. Dies ist in erster Linie auf das Fehlen der artikulationsgleichen Lauten in der Nehmersprache zurückführbar. Ferner ist es aber auch auf verschiedene auto-nome Entwicklungstendenzen der Nehmersprache im Bereich ihrer Phonologie zurückführbar (wie bei kaschubischen Prozessen [ĭ], [ŭ], [ẏ] > [ë] [Popowska-Taborska 1961], Verengung von [o] > [ó] [Breza, Treder 1981: 36], Diphthon-gierung von [o] > [ò] und [u] > [ù] in bestimmten Positionen (a.a.O.). Transpa-rente Belege dieser Gruppe sind kaschubische Lexeme bigel (<Bügel, mit Ent-rundung [y:] > [i]), aferfloczi (<Haferflocken, mit Schwund des anlautenden [h] und kaschubischer Entwicklung [k] > [č]), cziskùla (<Kieskuhle, mit einem Übergangsstadium in kiskùla und kaschubischem Wandel [k] > [č]), wôga (<Waage, mit Vermittlung des polnischen waga und Beibehaltung der Länge von [a], vgl. Kästner 1939: 24), hajmat (<Heimat, mit Substitution von [ae] > [a] + [j]). Ähnliches kann für das Polnische angenommen werden, was Belege wie Pflanze > flanca (mit [pf] > [f]), ahd. sila, silo > szla (mit [i] > [ø]), Tüte > tuta (mit [y:] > [u]), mhd. lîtkouf > litkup (mit [ou] > [u]) illustrieren [vgl. Czarnecki 1992, 1993a, b; Kästner 1939: 37-40, 94-95];

b) den morphologischen Kriterien nach werden unten stehende Typen der Ent-lehnungen differenziert:

———————

5 Die Form rukzak kommt in der kaschubischen Lexikographie neben der gleichbedeutenden rub-zak vor, die allem Anschein nach auf dieselbe Quelle zurückgeht und als Resultat einer kaschubi-schen Entwicklung angesehen werden kann [Gołąbek 2005].

6 Transkripition deutscher Belege wird nach der Beschreibungsart von Morciniec, Prędota 2005 an-gegeben, die kaschubischen Lexeme werden in der üblichen slawistischen Transkription angegeben.

(5)

b1) morphologische Nachbildungen – sind Entlehnungen, derer morphematische (Ausgangs)Struktur in dem Morphem-System der Nehmersprache genau wi-dergespiegelt wird. Dieser Gruppe gehören kaschubische Lexeme wie brenszé-re (<Bbrenszé-rennschebrenszé-re), bbrenszé-recher (<Bbrenszé-recher), flaszencuch (<Flaschenzug), ópa (<Opa), fóksszwanc (<Fuchsschwanz), trëker (<Trecker) und polnische Belege wie: mhd. stapel > sztapel, mhd. tigel > tygiel, Schrubber > szruber, Falz > falc, Stoff > sztof, Winkel > winkiel, Stich > sztych, Fuhrmann > furman und viele andere [vgl. Czarnecki 1992, 1993a, b; Kästner 1939: 88-91, 93]. Die morphologischen Nachbildungen bilden auch Grundelemente weiterer nomina-ler oder verbanomina-ler Derivate (wie bei kùla in torfkùla, cziskùla, beim

niederdeut-schen Bagger > kasch. bager > bagrowac oder Karren > kara > karowac7);

b2) assimilierte Lehnwörter – sind Entlehnungen, derer morphologische Struktur in Wandelprozessen verschiedener Art modifiziert worden ist. Dieser Gruppe ord-nen wir kaschubische Belege verbaler Präfigierung zu, wie bei zrëchtowac (<rëchtowac//poln. rychtować < richten), wëflastrowac (<flastrowac < flastern), przefreszowac sã (<sich erfrischen), nasztelowac (<sztelowac < stellen) und Suf-figierung (-owac, -ąc und -ac, wie bei bummeln > bómlowac, achten > achtnąc). Ferner sind Belege nominaler Suffigierung (-a wie bei: Binde > kasch./poln. binda, Büchse > biksa, Gardine > gardina, Pappel > papla, Radieschen > radiska; -k wie in: Lamm > lómk, Topf > tôpk; -e in: Brille > brële, Nudeln > nudle, Bündel > pińdle; -ë in: Johannisbeere > johanë, Klamotten > klamòtë, Treppe > trapë) zu nennen [vgl. Bartelik 2012; Czarnecki 1993a, b];

b3) Hybriden – bilden einen äußerst interessanten Teil morphologisch assimilierter Ent-lehnungen und sind Zusammensetzungen, in denen ein einheimisches Lexem mit einem übernommenen Teil kombiniert wird. Belege solcher hybriden Bildungen bietet in Vielzahl das moderne kaschubische Lexikon (vgl. galopkasta ‚Getriebe’, chwalëbùksa ‚Prahlhans’, kòpikùlka ‚Totengräber’, Bartelik 2011a, 2012; Gołąbek 2005), bestimmte Belege sind aber auch im Polnischen vorzufinden (autohandel, szwarccharakter). Ihr Wesen und eigenartige Bildungsarten warten immer noch auf tief reichende Komplexstudien und breite empirische Untersuchungen;

b4) Kontaminationen – umfassen in der hier aufgestellten Klassifikation Zusammen-setzungen von zwei entlehnten Lexemen (cziskùla aus Kies > kis > czis + kuhle > kùla, bretsztãga aus Brett > bret + Stange > sztãga, drejbreszer aus dreschen + Brecher, fùclãpa aus dialektalem Funzel + Lampe), die sowohl in der Geber- als auch in der Nehmersprache gebildet werden konnten. Die genaue Motivati-on für ein solches Wortbildungsverfahren ist unserer Meinung nach in dem

Default-Fall eine ad hoc-Bildung8, die auf Grund lexikographischer Analyse

———————

7 Hier wird die Bildung der verbalen Derivate von entlehnten nominalen Formativen angenommen. Autonome verbale Übernahmen, wie in preuß. buggern ‚lärmen’ > bùgrowac, klettern > klëtro-wac, preuß. maddern ‚manipulieren’ > madroklëtro-wac, richten > rëchtoklëtro-wac, stützen > sztëcowac sind in den hier genannten Fällen m.E. sehr fraglich. Primär im Zielsystem etablierte Substantive, wie fùter ‚Futter’, brutka ‚Braut’, céch ‚Zeichen’, haka ‚Hacke’, hébel ‚Hobel’, kalk ‚Kalk’, szëfla ‚Schaufel’ und andere haben zur sekundären Ausbildung entsprechender Verben wie fùtrowac, brutkòwac, céchòwac, hakòwac, héblowac, kalkòwac, szëflowac geführt, die eine quasi-kognitive Lücke im Sprachsystem gedeckt haben.

(6)

des Wortmaterials in der Geber- und Nehmersprache aufgedeckt werden kann. Die hier aufgeführten Formative ließen sich auf dem deutschen Sprachterrito-rium nicht belegen, sind demzufolge als eine kreative Eigentümlichkeit der ka-schubischen Wortbildung anzusehen [Bartelik 2012].

c) den semantischen Kriterien nach werden folgende Typen unterschieden: c1) semantische Nachbildungen – sind Entlehnungen, bei denen die ganze primäre

Sem-Struktur und andere semasiologische Aspekte (wie die Verwendungswei-sen, denotative und konnotative Bedeutung u.a.) im semantischen System der Nehmersprache beibehalten werden. Belege dieser Gruppe sind breit im Ka-schubischen (ancuch ‚Anzug’ < Anzug, banóf ‚Bahnhof’ < Bahnhof, bok ‚männliches Tier, hölzernes Gestell < Bock, cedel ‚ein Stück Papier’ < Zettel, dinks gebraucht, wenn man sich an den Namen einer Sache nicht erinnert’ < Dings) oder im Polnischen (vgl. bagier/kasch. bager ‚Bagger’ < Bagger, far-tuch/kasch. fartuch ‚Schurz’ < mhd. vortuoch, folwark/kasch. fòlwark ‚Vor-werk’ < mhd. vorwërc, jarmark/kasch. jarmark, jôrmark ‚Jahrmarkt’ < mhd. jârmarket, litkup/kasch. lëtkùp ‚Getränk oder Essen, das nach dem Vertragsab-schluss vom Käufer gespendet wird’ < mhd. lîtkouf, łata/kasch. łata ‚Latte’ < mhd. late, latte, stodoła/kasch. stodoła < ahd. stadal) notiert;

c2) semantisch assimilierte Entlehnungen – sind Lehnwörter, derer primäre Sem-Struktur bzw. Wortverwendungsprinzipien in Folge diverser Wandelprozesse mo-difiziert worden sind. M.a.W.: bestimmte Seme werden getilgt, andere dagegen hervorgehoben. Im Laufe synchroner Entwicklung der Nehmersprache fangen die in den Vordergrund gerückten Inhalte an, als Hauptbedeutungen zu fungieren. Transparente Belege dieser Gruppe sind kaschubische Lexeme ban ‚Zug, Bahn’ < Bahn, binda ‚Krawatte’ < Binde, bisząg ‚Straßengraben’ < Böschung, cug ‚Zug, z.B. der Luft’ < Zug, fùter ‚Futter’ < Futter, heltka ‚unreife Frucht’ < preuß. eltke, kruk ‚Krug’ < nd. kruke, mhd. kruoc, pachta ‚Stehlen der Früchte’ < mnd. pacht und andere. Ähnliche Prozesse können für polnische Lexeme angenommen wer-den, vgl.: farfocel/kasch. farfòcle ‚schwimmender Fetzen’ < Fotzel, Fötzel, hand-lagier/kasch. handlager ‚unqualifizierter Helfer’ < Handlanger, landara/kasch. landara ‚etwas Großes, Unförmiges’ < Landauer, morga, morg/kasch. mórg ‚ein Flächenmaß’ < mhd. morgen, frnhd. morge, szajba/kasch. szajba ‚eine Scheibe an der Achse, Unterlegscheibe, rundes Metallplättchen’ < Scheibe.

d) nach den Adaptationskriterien werden unten stehende Gruppen von Lehnwör-tern differenziert:

d1) vollständig inkorporierte Entlehnungen – sind übernommene Lexeme, derer sprachliche (Ausgangs)Struktur dem System der Nehmersprache in phoneti-scher, morphologischer semantischer und syntaktischer Hinsicht eingegliedert worden ist. Ganzheitliche Assimilation in einzelnen Sub-Systemen der Sprache schließt aber auf gar keinen Fall die Zuordnung zu dieser Gruppe bestimmter Belege von phonetischen oder morphologischen Nachbildungen aus. Die pho-netische oder morphologische Eingliederung macht Lexeme dieser Gruppe zu festen Bestandteilen des Lexikons [Schippan 1984]. Die Bezeichnung „voll-ständig inkorporierte Lehnwörter“ ist in diesem Kontext ein terminus technicus für Entlehnungen, die von Sprachträgern nicht als „fremd“ empfunden werden;

(7)

d2) partiell inkorporierte Lehnwörter – sind Lehnwörter, derer primäre sprachliche Struktur im (Ziel)System teilweise beibehalten worden ist. Die in Entlehnun-gen dieser Gruppe verzeichneten Wandelprozesse gehen auf sprachliche Ge-setzmäßigkeiten zurück, die – unserer Meinung nach – in vielen Fällen als „Systemzwang“ bezeichnet werden könnten.

d3) nicht-inkorporierte Entlehnungen – sind Entlehnungen, derer primäre sprachliche Struktur dem (Ziel)System vorwiegend in Bezug auf ihre phonetische und mor-phologische Form nicht eingegliedert worden ist. Belege dieser Gruppe bietet reichlich die moderne kaschubische Lexik, wie: abszit ‚Abschied’, apliger ‚Able-ger’, beszét ‚Bescheid’, ditkenfiker ‚Geizkragen’, fersztopung ‚Verstopfung’, fùs-bal ‚Fußfùs-ball’ [Gołąbek 2005]. Dieser Gruppe wurden auch bestimmte deutsche Lehnwörter im Polnischen zugeordnet, besonders solche, die als Fachwörter in einzelne Lebensbereiche übernommen worden sind [vgl. Kątny 2012: 345-355]. e) Den – in der hier postulierten Typologie die sprachlichen Kriterien ergänzenden –

diatopischen Faktoren nach werden keine „festen“ Klassen von Entlehnungen er-stellt. Der anfangs schon angedeutete Einfluss der Diatopie auf den Verlauf und auf das sprachliche Resultat lexikalischen Sprachkontakts stellt ein durchaus kom-pliziertes Bild dar. Die diatopischen Kriterien bei Übernahmen aus der jeweiligen Gebersprache in die jeweilige Zielsprache sind jeweils verschieden und in erster Linie durch geographische Lage bedingt. Der Sprachkontakt erfolgt in der Regel zwischen benachbarten Sprachen/Dialekten, die entweder ihre eigene Sprachsub-stanz oder schon in ihren Sprachsystemen existierende Lexeme fremder Herkunft vermitteln. Die diatopische Verschiedenheit, seitens der Geber- und Nehmerspra-che, ist in erster Linie in lautlicher Gestaltung der Lehnwörter nachweisbar, ferner aber auch kommt sie in der lexikographischen Differenzierung des übernommenen Wortschatzes vor. Zu der ersten These: bestimmte Lehnwörter des Polnischen ent-stammen den ostmitteldeutschen Dialekten (funt ‚Pfunt’, szuflada ‚Schublade’ mit [pf] > [f], vgl. Kästner 1939: 91), andere dagegen sind aus anderen Quellen über-nommen worden (pytel aus einer dialektalen Form der ahd. bûtil mit Wandel [b] > [p], poln. szrubsztak//kasch. szróbsztok ‚Schraubstock’ mit Wandel [a] >[o], vgl. Czarnecki 1993a, b: 223). Eine deutlich breitere Vielfalt der Quellen ist im Ka-schubischen zu beobachten, wo eine Menge der Entlehnungen auf niederdeutsche (vgl. szruwa ‚Schraube’, fùder ‚Futter’, sztriknąc ‚streichen’, szlipsztin ‚Schleif-stein’, vgl. Hinze 1965: 86), ostmitteldeutsche (vgl. knobloch ‚Knoblauch’ mit Wandel [ao] > [o], szuflôda, flaster ‚Pflaster’ mit [pf] > [f], vgl. Hinze 1965: 86; Kästner 1939: 42, 91) oder hochdeutsche (z.B. szëfla, hébel, sztrychulec) Dialekte zurückgeht. Die diatopische Differenzierung der Übernahmequellen schlägt sich in Lautoppositionen nieder, was kaschubische Formen mit [p]//[f] (cofac//copac, szëfla//szëpla), [b]//[v]//[f] (rejbach//rejwach, gabla//gafla, vgl. Breza, Treder 1981: 75), [t]//[d] (fùtrowac//fùdrowac, mozdrëch//mùsztrëch, ùnterlaga//ùnderlaga, fardich//fertich vgl. Breza, Treder 1981: 78) oder [g]//[x] (flaszencug//flaszencuch, gebùrtstag//gebùrtstach, vgl. Hinze 1965: 92) und die Gegenüberstellung polni-scher und kaschubipolni-scher Wortformen (pol. stebnować//kasch. sztepòwac ‚steppen’, poln. śruba//kasch. szruwa ‚Schraube’) illustrieren. Die lexikographische Vertei-lung des entlehnten Wortgutes spiegelt sich im Kaschubischen gut wider. Die

(8)

nördlichen Dialekte haben niederdeutsche Lexeme übernommen, die auf dem rest-lichen kaschubischen Sprachterritorium kaum belegt sind und die – wohl wegen

ihrer semasiologischen Eigentümlichkeiten9 – als „spezifisch nordkaschubische

Lehnwörter“ bezeichnet werden. Die „zentralen“ Dialekte, die in engeren Kontak-ten mit hochdeutschen DialekKontak-ten standen, präsentieren dagegen in ihrem Wort-schatz recht viele Entlehnungen oder ihre Formen, die auf hochdeutsche Quellen zurückgehen, während die niederdeutschen Quellen für eine deutlich geringere Zahl der Entlehnungen in diesen Dialekten annehmbar sind.

f) Die in dem hier skizzierten Ansatz als „außersprachlich“ zusammengefassten Kri-terien der Lehnwort-Klassifikation stellen einen – per definitionem unabdingbaren – Hintergrund der sprachlichen Faktoren dar. Es muss aber zugleich angemerkt werden, dass der Zusammenhang zwischen den sprachlichen und außersprachli-chen Kriterien – die ihrem Wesen nach in sich die diachrone Entwicklung der Nehmer- und Gebersprache sowie den Entlehnungsweg schließen – einen bilatera-len und determinierenden Charakter hat. Die diachrone Entfaltung einer Sprache und die distinktiven Neuerungsprozesse im Sprachsystem, abgesehen davon ob es die Geber- oder Nehmersprache ist, haben einen coverten Einfluss auf den Über-nahmeprozess und auf sein sprachliches Resultat. Demzufolge unterschieden sich die aus alt-, mittel- oder frühneuhochdeutschen Dialekten ins Polnische entlehnten Lexeme nicht nur in ihrer sprachlichen Form, sondern auch im semasiologischen Sinne von später entlehnten Wörtern. Ähnliches gilt für die Gebersprache, in dem hier erörterten Falle das Polnische und Kaschubische, derer diachrone Entfaltung die Form der Entlehnungen und ihre Existenz im Sprachsystem bestimmt. So wer-den die deutschen Lehnwörter im Polnischen in die Entlehnungen der althochdeut-schen, mittelhochdeutschen und frühneuhochdeutschen Zeit gruppiert [vgl.

Czarnecki 1992, 1993a, b], vergleichbare Voraussetzungen10 liegen der

Klassifika-tionen der deutschen Entlehnungen im Kaschubischen zu Grunde [vgl. Hinze 1965; Zabrocki 1956]. Die Lehnwörter der einzelnen Schichten unterscheiden sich demzufolge nicht nur bezüglich ihrer lautlichen Form, sondern auch hinsichtlich ihrer semasiologischen Differenzierung [vgl. Hinze 1965: 7-12]. Der Weg, auf dem die Lehnwörter in die jeweilige Sprache kommen, ist einerseits durch die di-atopischen Kriterien determiniert (geographisch), andererseits bestimmt er aber selbst das sprachliche Resultat der Entlehnung. Brillante Belege dafür liefern

pol-———————

9 Damit wird an dieser Stelle der Tatsache Rechnung getragen, dass diese Lehnwörter vor allem Lebensbereiche erfassen, die u.a. mit Fischerei, Schiffsbau und Schifffahrt oder Fischgattungen verbunden sind und die auf dem restlichen kaschubischen Sprachterritorium kaum oder über-haupt nicht belegt sind. Ähnliches betrifft die Lehnwörtern aus den preußischen Dialekten, die in einer Vielzahl mit der preußischen Staatsverwaltung zusammenhängen [vgl. Popowska- -Taborska, Boryś 1996: 44].

10 Die Klassifikationen von Hinze 1965 und Zabrocki 1956 haben eher einen „gemischten” dia-chronisch-diatopischen Charakter, da sie einerseits typisch diatopische Kriterien mit diachroni-schen im Rahmen einer Typologie zusammenstellen (Zabrocki 1956: 155, der die niederdeut-sche, mittelhochdeutsche und frühneuhochdeutsche Quelle unterscheidet), andererseits wird die Vermittlung anderer Sprachen an die Klassifikation herangezogen (vgl. Hinze 1965: 7, der urslawische, westslawische Schicht, Entlehnungen mit polnischer Vermittlung und kaschubische autonome Lehnwörter differenziert).

(9)

nische Entlehnungen mit tschechischer [vgl. Czarnecki 1992] oder kaschubische Lehnwörter mit polnischer Vermittlung [vgl. Bartelik 2011a]. Daher können im Kaschubischen Lehnwörter unterschieden werden, die im (Standard)Polnischen belegt sind (z.B. fartuch, łata, szkòda, fachman, cegła, chwila, lura, fajrant und viele andere) oder aber in polnischen Dialekten notiert werden (z.B. krëkwia, kùch, fùslapa, szlips und weitere). Eine besondere Klasse bilden in diesem Kontext auto-nom kaschubische Entlehnungen, wie ùnikéfer ,Junikäfer’, kùfùz ,Kuhfuß’, lenksztãga ,Lenkstange’, biksa ,Büchse’, dërch ,durch’, hëft ,Heft’, sztumel ,Stummel’, zycher ,sicher’, frëjlow ,Freilauf’, radiska ,Radieschen’, sznobel ,Schnabel’, platizer ‚Plätteisen’ und viele andere.

3. Zusammenfassung, Rückblick und Ausblick

Die Sprachkontakt- und Sprachwandelforschung gehören zweifelsohne zu den inte-ressantesten Disziplinen der modernen Linguistik. Den Entlehnungen und Erforschung ihrer Motivation, Adaptationsarten und weiterer Wandelprozesse kommt in den beiden Teilgebieten ein spezieller Platz zu. Die Lehnwort-Forschung hängt einerseits ontolo-gisch mit dem Sprachkontakt zusammen, andererseits ist sie unabdingbar mit komplexen Mechanismen der Lexikon-Umwandlung verbunden. Traditionell werden daher die Ent-lehnungen semasiologisch (lexikographisch) und onomasiologisch (kontaktbedingte Nomination) bearbeitet. In der breiten Vielfalt der Abhandlungen soll aber auch anderen, durchaus legitimen Fragen nachgegangen werden, u.a.: i) den nach kognitiven Bezie-hungen zwischen dem Ausgangs- (hier: dem genetisch einheimischen Lexikon) und dem Endzustand (Lexikon mit entlehnten Adstratelementen), die ein recht plausibles Para-digma aufstellen kann; ii) den nach universellen auf der einen Seite und sprachspezifi-schen auf der anderen Seite Gesetzmäßigkeiten, die die Existenz und Adaptation über-nommener Lexeme im Zielsystem determinieren.

Das hier vorgeschlagene Konzept stützt sich – wie oben erwähnt – auf Arbeiten zu deutschen Lehnwörtern im Polnischen und Kaschubischen und soll, so weit wie möglich, die in der Einführung zu diesem Beitrag gestellten Aufgaben thematisieren. Die betreffen zwei bedeutende Aspekte, nämlich die der Assimilation und Korrelati-onen der Eingliederungsprozesse auf verschiedenen Ebenen des Sprachsystems oder aber die der adäquaten Aufdeckung von Wechselbeziehungen zwischen den sprach-internen und sprachexternen Faktoren.

Die vorgenommene Einteilung in die sprachlichen und außersprachlichen Krite-rien weist auf den Zusammenhang der Diachronie oder des Entlehnungsweges und der phonetischen/morphologischen Form bzw. der Semantik hin. Die weiteren Be-ziehungen werden mit den Zusammenwirkungen der diatopisch differenten Wort-form und des Übernahmeweges widergespiegelt.

Auf den Einwand hin, dass die Diachronie und Diatopie nicht im Rahmen einer Kriterien-Gruppe erfasst werden, lässt sich Folgendes festhalten:

a) die diatopische Differenzierung sowohl deutscher (Ausgangsdiatopie) als auch ka-schubischer Dialekte (Zieldiatopie) findet ihren genuinen und direkten Nieder-schlag in der sprachlichen Form entlehnter Lexeme (vgl. Opposition [p]//[f] in

(10)

szëpla//szëfla, die auf Übernahmen aus nieder- und hochdeutschen Quellen zu-rückgeht, Opposition [b]//[v]//[f] wie bei gabla//gafla, die vergleichbare dialektale Relationen widerspiegelt; für das Polnische vgl. breiter bei Czarnecki 1992, 1993a, b). Lehnwörter einer Periode der Sprachkontakte können diatopisch deter-minierte sprachliche Formen annehmen (pol. [i], [y], [u] > kasch [ë]);

b) die Diatopie, auch wenn von der diachronen Entwicklung einer Sprache de-terminiert, steht dem Übernahmeprozess und seinem sprachlichen Resultat „näher“ als Diachronie. Mit anderen Worten: auch die „traditionellen“ Eintei-lungen der Lehnwörter (vgl. für das Kaschubische Hinze 1965; für das Polni-sche bei Czarnecki 1992, 1993a, b) gehen in der Tat auf diatopiPolni-sche Faktoren zurück (wie z.B. alt-, mittelhochdeutsche ggf. alt- und mittelniederdeutsche Dialekte), wobei die Diachronie meistens zwecks einer groben Einteilung als der entscheidende Faktor herangezogen wird. Es muss in diesem Kontext be-tont werden, dass ein so konzipiertes Vorgehen die diachronen Schichten nicht auβer Acht lässt. Vielmehr sei hier angedeutet, dass die Diachronie und Di-atopie in einen determinativen Zusammenhang gebracht werden, wo die dia-chrone Entwicklung einer Sprache und die damit verbundenen sprachlichen Wandelprozesse die diatopische Vielfalt prägen;

c) die diachrone Formativ-Differenzierung, die die einzelnen Lehnwörter der alt- oder der mittelhochdeutschen, ggf. der frühneuhochdeutschen und neuhoch-deutschen Zeit subsumieren lässt, ist ihrerseits untrennbar mit diatopischen Kriterien verbunden, vgl. monophthongische Formen der kaschubischen Le-xeme anscheinend niederdeutscher Provenienz die entsprechenden polnischen dipthongierten Formen hochdeutscher Herkunft gegenübergestellt werden können: méster ‚Meister’//poln. majster (<Meister), kasch. réza, rézowac ‚Reise, reisen’//poln. rajza, rajsa (<Reise);

d) sowohl Diachronie als auch Diatopie haben Übernahmen aus bestimmten Quellen determiniert. M.a.W.: die Intensität und der Charakter der Sprachkon-takte variieren je nach der Periode (für das Kaschubische wären die KonSprachkon-takte mit mittelhochdeutschen Dialekten in dieser Hinsicht ein transparentes Bei-spiel) und nach den geographischen Bedingungen (schon besagte Berührungen der nordkaschubischen mit den niederdeutschen Dialekten).

Zu den weiteren hier skizzierten Ansätzen:

– sprachliche Kriterien berücksichtigen in ihrem Wesen alle Subsysteme der Sprache und bringen die phonetischen, morphologischen und semantischen Adaptations- und Wandelprozesse zum Ausdruck. Die differenzierten Typen geben Auskunft über semasiologische Vielfalt entlehnter Lexeme, über Arten, Motivation und Verlauf der Substitution oder Beibehaltung primärer Wortstruk-tur und letztendlich über synchrone Entwicklungstendenzen des einheimischen Lexikons. Eine abstrakte Resultante aller sprachlichen Faktoren bildet in diesem Kontext ein Assimilationskriterium, das breit gemeinte Klassen der inkorporier-ten, partiell inkorporierten und nicht-inkorporierten Lehnwörter unterscheidet; – die außersprachlichen Kriterien, Lehn-Formative verschiedener diachronischen

Schichten und der Entlehnungsweg, werden in diesem Ansatz in einen bilatera-len Zusammenhang mit den sprachlichen Faktoren gebracht, der die

(11)

Wechsel-beziehungen zwischen den beiden Gruppen verdeutlichen soll. Der historische Hintergrund des Übernahmeprozesses hat in vielen Fällen den Sprachkontakt selbst, seine Intensität und seine sprachlichen Resultate in einem unübersehba-ren Ausmaß bestimmt. Das Kaschubische stand demgemäß lange Zeit in Sprachkontakten mit niederdeutschen und preußischen Dialekten, die eine Vielzahl von Entlehnungen hinterlassen haben. Das Polnische hat bekanntlich zahlreiche Formative den alt- und mittelhochdeutschen Dialekten entnommen. Die Wahl einzelner Übernahmequellen ist von historischen Gegebenheiten ab-hängig und die Intensität dieser Kontakte war nicht konstant und variierte in den jeweiligen Perioden. Die hier als sprachextern verstandenen Faktoren ha-ben also die sprachinternen Aspekte in vielfältiger Weise determiniert und das sprachliche Resultat der Sprachkontakte beeinflusst.

Alle in diesem Beitrag aufgestellten Thesen sind als ein Versuch eines komple-xen Blickes auf die Lehnwort-Problematik im Kaschubischen anzusehen, die im Rahmen der neuen Sprachkontakt-Forschung eine recht bedeutende Rolle spielt. Das hier skizzierte Konzept wird hiermit zur weiteren Diskussion gestellt, die hoffentlich neue Impulse der hier vorgenommenen Untersuchung geben wird.

Bibliographie

Bartelik P., 2010, Zu einigen interessanten Fällen neuester deutscher lexikalischer

Ent-lehnungen im Kaschubischen, [in:] M. Smolińska, B. Widawska (hrsg.), Wschód– Zachód. Dialog kultur. Studien zur Sprache und Literatur, Słupsk, S. 11-18.

Bartelik P., 2011a, Zum Archetyp deutsch-polnisch-kaschubischer Sprachkontakte, [in:] M. Smolińska (hrsg.), Wort-Bedeutung, Sinn und Wirkung. Festschrift für

Prof. Dr. habil. Oleksij Prokopczuk zum 70. Geburtstag, Słupsk, S. 21-29.

Bartelik P., 2011b, Die kaschubischen sein (bëc-) und haben (miec)-Konstruktionen aus

der Sicht des Sprachwandels und im Sprachkontrast, [in:] M.L. Kotin, E. Kotorova, Geschichte und Typologie der Sprachsysteme, Heidelberg, S. 189-197.

Bartelik P., 2012, Das slawische Substrat und das deutsche Superstrat im Kaschubischen, [in:] Kątny A. (hrsg.), Sprachkontakte in Zentraleuropa, Frankfurt am Main, S. 145-157. Betz W., 1949, Deutsch und Lateinisch. Die Lehnbildungen der Althochdeutschen

Bene-diktinerregel, Bonn.

Breza E., Treder J., 1981, Gramatyka kaszubska. Zarys popularny, Gdańsk.

Czarnecki T., 1992, Zur Chronologie der deutschen Lehnwörter im Altpolnischen. I.

Ent-lehnungen aus dem Althochdeutschen, „Studia Niemcoznawcze“, 6, S. 153-174.

Czarnecki T., 1993a, Zur Chronologie der deutschen Lehnwörter im Altpolnischen. II.

Entlehnungen aus dem Mittelhochdeutschen (1050-1250), „Studia Niemcoznawcze“,

7, S. 125-146.

Czarnecki T., 1993b, Zur Chronologie der deutschen Lehnwörter im Altpolnischen. III.

Entlehnungen aus dem Spätmittelhochdeutschen (1250-1350) und aus dem Frühneu-hochdeutschen (1350-1500), „Studia Niemcoznawcze“, 8, S. 207-249.

Gołąbek E., 2005, Kaszëbsczi słowôrz normatiwny, Gdańsk.

Hinze F., 1965, Wörterbuch und Lautlehre der deutschen Lehnwörter im Kaschubischen

(12)

Kątny A., 2011, Zum possessiven Resultativ in ausgewählten slawischen Sprachen, [in:] M.L. Kotin, E. Kotorova, Geschichte und Typologie der Sprachsysteme, Heidelberg, S. 181-189.

Kątny A., 2012, Zu den deutschen Entlehnungen in ausgewählten Fach- und Berufssprachen

(Metallurgie und Holzverarbeitung) des Polnischen, [in:] M. Olpińska-Szkiełko,

S. Grucza, Z. Berdychowska, J. Żmudzki, Der Mensch und seine Sprachen. Festschrift

für Professor Franciszek Grucza, Warszawa, S. 345-355.

Kästner W., 1939, Die deutschen Lehnwörter im Polnischen. I. Teil: Einleitung und

Laut-lehre, Leipzig.

Markowski A., 2002, Nowy słownik poprawnej polszczyzny, Warszawa. Morciniec N., Prędota S., 2005, Podręcznik wymowy niemieckiej, Warszawa.

Piskorz J., Abraham W., Leiss E., 2013, Doppelter Grammatikalisierungzyklus und

funkti-onale Universalgrammatik. Am Beispiel des analytischen Perfekts und des Präteritums in der Sprachgeschichte im Polnischen, „Die Welt der Slaven“ LVIII, S. 276-307.

Popowska-Taborska H., 1961, Centralne zagadnienie wokalizmu kaszubskiego

(kaszub-ska zmiana ę > i oraz ĭ, y, ŭ >ë, Wrocław.

Popowska-Taborska H., Boryś W., 1996, Leksyka kaszubska na tle słowiańskim, Warszawa. Shippan T., 1984, Lexikologie der deutschen Gegenwartssprache, Leipzig.

Zabrocki L., 1956, Związki językowe niemiecko-pomorskie, [in:] Z. Stieber (hrsg.), Prace

Językoznawcze. Konferencja Pomorska (1954), S. 149-174.

Summary

An approach towards loanword classification on example of German borrowings in Polish and Kashubian

This article is an attempt to create the classification of German borrowings in contem-porary Kashubian, taking as much language criteria as possible into account. The merger of assimilation processes across all language subsystems, description of the relationships between them and identification of the role of linguistic and non-linguistic criteria allow to establish fundamental development processes and groups of borrowings. According to the criteria of phonetic assimilation the phonetic calques and assimilated loans were distin-guished, the structure of the last ones was adapted to the requirements of the Kashubian or Polish phonological system. Morphologic criteria allow to differentiated morphological calques and assimilated borrowings, furthermore hybrid formations and various contami-nations. Based on the semantically criteria an open class of non adapted loans and words assimilated were described. A sort of sum of all these facts are adaptive criteria by which it can be differentiated between the completely assimilated loans, partly adapted and unas-similated borrowings. All proposed thesis are an attempt to outline the criteria of the com-plex problems of classification of German borrowings in Kashubian.

Key words: language contacts, borrowings, loanwords classifications, Kashubian lexicon,

Cytaty

Powiązane dokumenty

Although it becomes evident that upper motor neuron diseases related movement disorders are the result of a complex, environment- and task dependent interplay ( Mirbagheri et al.,

Hiertoe worden wiskundige modellen gemaakt van de huidige AGV en enkele aangepaste AGV'S.. Met deze modellen kan het dynamisch gedrag onderzocht worden en een indruk worden

Możliwość dostosowania czasu pracy do obowiązków rodzinnych i  spraw oso- bistych była jedną z najważniejszych zalet pracy tymczasowej tylko dla jednej piątej

Te ostatnie były dobrze zachowa­ ne i zawierały liczne zabytki metalowe jak okucia żelazne, noże, fibule, klucze, zawieszki brązow e, rzadziej natomiast

Miały one na celu uzyskanie orientacji w stra ty ­ grafii wyspy 1 ewentualne uchwycenie śladów w cześniejszego jej użyt­ kowania.. Wykop sondażowy zlokalizowano w

Oratorstwo wpisane w dzieło literackie zawsze oddziaływało na wiele sfer ludzkiej percepcji i ludzkiego poznania. Za każdym razem ów proces łączył się z

The political crisis 2013 had been transformed into deep economic crisis, that is still in „development” and has revealed all weaknesses of the national banking

Henryk Paner,Krzysztof Godon Gdańsk,