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Kulturstandards für die interkulturelle Kompetenz

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Academic year: 2021

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Ahmed Rafik Trad

Kulturstandards für die

interkulturelle Kompetenz

Acta Neophilologica 5, 195-202

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ISSN 1509-1619

Ahmed Rafik Trad

Katedra Filologii Germańskiej UWM w Olsztynie

KULTURSTANDARDS

FÜR DIE INTERKULTURELLE KOMPETENZ

1. Zur in te r k u ltu r e lle n k o m m u n ik a tiv e n K om p eten z

im F a ch D aF

Die interkulturelle Kommunikative Kompetenz gilt spätestens seit den 80er Jahren als ein etablierter, unbestrittener Grundsatz, der die Dimensio­ nen des modernen Fremdsprachenunterrichts von der Lemzielbestimmung über Unterrichtsinhalte, Unterrichtsinteraktion und Unterrichtsmaterialien bis auf die Unterrichtsmethodik determiniert. Interkulturelle kommunika­ tive Kompetenz wird hier als umfassender Begriff der „kommunikativen Kompetenz” verstanden, wobei die Elemente des sprachlichen Codes auf den Ebenen der Pragmatik und des Diskurses besonders relevant sind, denn auf diesen Ebenen sind die sprachlichen Elemente in der Kultur der Sprachge­ meinschaft eingebettet und begründen somit die gegenseitige Bedingtheit von Sprache, Denken und Kultur (vgl. 3).

Als Lernziel wird in Zusammenhang mit der Förderung vom Fremdver­ stehen kultureller Gegebenheiten und der Verständigung in bi- und multi­ kulturellen Kontexten die Bewusstwerdung der eigenen Kultur sowie die Völkerverständigung und Friedenserziehung angestrebt. Erreicht werden kann dieses Ziel durch die Befähigung der Lerner zum adäquaten sprachli­ chen Handeln rezeptiv und produktiv im gegebenen soziokulturellen Kon­ text. Die Unterrichtsinhalte sind diesem Ziel unterzuordnen insofern, als Aspekte (inter-)kultureller Kommunikation zum Unterrichtsgegenstand the­ matisiert werden. Die enge Verbindung von Sprach- und Kulturvermittlung wird im Fremdsprachenunterricht durch die Ausbildung der kommunikativen Fertigkeiten gefördert. Dabei werden sowohl sem antische als auch pragmatische Aspekte der Sprachverwendung kulturkontrastiv behandelt. Erfahrungen, Einstellungen und Haltungen bezüglich der fremden Kultur

knüpfen die Lerner an Wissensbestände aus der eigenen Kultur, um den

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Interkulturelle Kommunikation ist in der fremdsprachlichen Unterrichts­ interaktion besonders dann gegeben, wenn die Lehrkraft die Fremdsprache als M uttersprache spricht. Auch wenn die Lerner aus verschiedenen Kulturräumen stammen, wird die interkulturelle Kommunikation hinsicht­ lich des Erfahrungsaustausches und der diversen Perspektivik der Lerner bedeutend gefördert. Noch ist der Fall von größerer Bedeutung, wenn die Lehrkraft weder die Muttersprache der Lerner noch die Fremdsprache als M uttersprache spricht (z.B. polnische Schüler/Studenten und indischer, schwedischer oder tunesischer Deutschlehrer/DaF-Dozent), selbstverständlich vorausgesetzt, dass die Fremdsprache als Unterrichtssprache verwendet wird und in der alles, was den Unterricht tangiert, verhandelt wird. Letzterer Fall ist fast ideal für den Erwerb der interkulturellen kommunikativen Kompetenz, da hierbei die Voraussetzung für den Dialog zwischen den Kul­ turen und die Perspektiventriangulation gegeben sind.

Die Berücksichtigung des Interkulturalitätsgrundsatzes begründet die Regionalisierung der Lehrwerke. Hierbei ist ein Paradigmenwecksei voll­ zogen, indem die Lehrwerkautoren bei der Thematisierung und Darstel­ lung der Zielkultur von den kulturellen Perspektiven der Lerngruppen ausgehen. Auch die Unterrichtsmethodik ist davon nicht ausgespart geblie­ ben. Wenn von der eigenen Kultur der Lerner ausgegangen wird, dann müssen Vermittlungsmethoden ihren Lerngewohnheiten angepasst wer­ den, die in der Regel kulturspezifisch sind und daher von denjenigen der Zielkultur differieren (vgl. 5: 1-7).

2. K o m m u n ik a tiv e H a n d lu n g sk o m p ete n z u n d K u ltu r­

sta n d a r d s

Der Erwerb von Sprachwissen - dieses beinhaltet neben der Beherr­ schung von Aussprache, Wortschatz, Wortbildungsregeln, Satzgrammatik, Orthographie usw. die Diskurskompetenz sowie die strategische Kompetenz der Gesprächspartner, um beim Gespräch zu bleiben - reicht allein für die Bewältigung interkultureller Kontaktsituationen nicht aus. Es ist ein Wis­ sen, das in bestimmten und für konkrete Situationen erworben wurde. Die Situationsgebundenheit des Sprachwissens macht seinen Transfer auf ähnli­ che Situationen nicht automatisch. Erst das Wissen um Kulturstandards gibt dem kommunikativen Handeln in ständig neuen und variierenden interkulturellen Sittuationen eine angemessene Bedeutung, die die Auf­ rechterhaltung der Interaktionssituation gewährleistet.

Nach Thomas (6,7,8) wird Kultur als vertrautes Orientierngssystem für alle Mitglieder einer Gesellschaft, dessen zentrale Merkmale als Kulturstan­ dards bezeichnet werden, definiert: „Dieses Orientierungssystem wird aus spezifischen Symbolen gebildet und in der jeweiligen Gesellschaft usw. tra ­ diert. Es beeinflusst das Wahrnehmen, Denken, Werten und Handeln aller ihrer Mitglieder und definiert somit deren Zugehörigkeit zur Gesellschaft. Kultur als Orientierungssystem strukturiert ein für die sich in der Gesell­ schaft zugehörig fühlenden Individuen spezifisches Handlungsfeld und

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schafft damit die Voraussetzung zur Entwicklung eigenständiger Formen der Umweltbewältigung [...].

Zentrale Merkmale des kulturspezifischen Orientierungssytems lassen sich als sogenannte 'Kulturstandards' definieren. Unter Kulturstandards werden alle Arten des Wahrnehmens, Denkens, Wertens und Handelns ver­ standen, die von der Mehrzahl der Mitglieder einer bestimmten Kultur für sich persönlich und andere als normal, selbstverständlich, typisch und ver­ bindlich angesehen werden. Eigenes und fremdes Verhalten wird auf der Grundlage dieser Kulturstandards beurteilt und reguliert [...].

Zentrale Kulturstandards einer Kultur können in einer anderen Kultur völlig fehlen oder nur von peripherer Bedeutung sein. Verschiedene Kultu­ ren können ähnliche Kulturstandards aufweisen, die aber von unterschied­ licher Bedeutung sind und unterschiedlich weite Toleranzbereiche aufwe­ isen. Kulturstandards und ihre handlungsregulierende Funktion werden nach erfolgreicher Sozialisation vom Individuum innerhalb der eigenen Kul­ tu r nicht mehr bewusst erfahren [...]” (6: 380f.).

Nach dieser ausführlichen Definition stellt sich die Frage für die Fach­ didaktik nach der Vermittlung des Wissens um Kulturstandards im Fremd­ sprachenunterricht. Da dieses Wissen aus der Natur seiner Situationsgebun­ denheit nicht als additiv zum Sprachwissen behandelt werden kann, kann man es nicht als Liste von „Verhaltensrezepten” für bestimmte interkultu­ relle Kontaktsituationen vorstellen, die dem Lerner beigebracht wird, damit er daraus bei Bedarf das eine oder das andere Rezept abrufen und sich in der gegebenen Situation entsprechend verhalten kann. Es geht hier nicht um das Internalisieren bestimmter Verhaltensmuster sondern um das Ver­ stehen und Interpretieren derselben in der gegebenen aktuellen Interak­ tionssituation. Verstehen und interpretieren will gelernt sein. Dafür ist im Fremdsprachenunterricht der Einsatz und die Diversifikation der authenti­ schen Situationen und kulturellen Kontexte, die die relevante und mehr oder weniger problemhafte Komplexität des Zielsprachenlandes wider­ spiegeln, unerlässlich. Die Lerner werden dabei zum Analysieren der kriti­ schen Interaktionssituastionen motiviert und Schritt für Schritt die Unter­ schiede in den Orientierungssystemen entdecken und erschließen.

3. A n le itu n g zum V e r ste h e n sp r o z e ss im in te r k u ltu r e lle n

L ern en

Die in den 70er Jahren initiierte fremdsprachendidaktische Diskussion über die Lernerorientierung hat mittlerweile alle Dimensionen des Fremd­ sprachenunterrichts erfasst. Vorerfahrungen, Einstellungen, Interessen und Bedürfnisse des Lerners rücken in den Vordergrund und ihre Berücksichti­ gung bildet eine conditio sine qua non für die Lerneffizienz. Dies gilt im besonderen Fall für den Erwerb der interkulturellen kommunikativen Kom­ petenz. Bei der Unterstützung vom Wissenserwerb um Kulturstandards im­ pliziert das Postulat der Lernerorientierung die Abkehr von den

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tischen Methoden der Kulturkunde mit der objektivistisch berlehrenden Sicht, wie sie uns von der traditionellen Landeskunde im Fremdsprachen­ unterricht her bekannt sind. Die Fokussierung auf den Lerner macht den Sichtwechsel notwendig, indem der Lerner im Erwerbsprozess als denken­ des Subjekt wahr- und ernst genommen wird. In der Entfaltung der Verste­ hensprozesse bei den diversen Unterrichtsinhalten und -aktivitäten hat die Fremdsprachendidaktik die Lerner mit Materialien, Strategien, Techniken und Methoden auszurüsten. Der Verstehensprozess gerade bei dem Versuch der Erschließung der fremden Kultur muss nach den konstruktivistischen Ansätzen angebahnt werden.

Der fremde Blick ist ein böser Blick und flößt Angst ein. Man fühlt sich durchschaut, gar im Extremfall bloßgestellt. Dies ist ein Zeichen, dass wir den von uns sowie von dem Anderen aus fremden Wahrnehmungen nicht gewohnt sind. Die Angst wird unser Verhalten bei Begegnungen mit dem Fremden in der Interaktion, intra- und interkulturell, stören. Von einer normalen Kommunikation kann nicht mehr die Rede sein.

Wenn sich der Lerner als betrachtendes Subjekt wahmimmt, das auf den Anderen von einer bestimmten Perspektive und mit einem gewissen Blick schaut, dann wird er zweierlei feststellen: einerseits, dass er dem Anderen so erscheint, wie er sich selbst darstellt, d.h. sein Verhalten beeinflusst den Blick des Anderen, und andererseits, dasss sich der Andere ihm gegenüber ebenso verhält, indem er von seinem Blick nicht unberührt bleibt. Beide Partner müssen in der Kontaktsituation mit der Berücksichtigung ihrer Verhalten einander gegenüber rechnen, damit die Kommunikation in geregelten Bahnen ermöglicht wird. Hierbei soll der Denkprozess beim Lerner ansetzen, die Reflexion über das eigene Verhalten anderen Menschen gegenüber im eigenen und fremden Kulturraum. Dies wäre der erste Schritt in Richtung Fremdverstehen, wobei die Perspektivik der Betrachtungsweise von der Eigenkultur aus in die von der Fremdkultur aus wechseln kann uns soll (vgl. 1: 2-4).

Die Zielkultur wird als Fremdkultur betrachtet, empfunden und be­ zeichnet, weil sie nicht in den gewohnten und vertrauten kulturellen Kon­ text- und Bezugsrahmen des Lerners bzw. des Betrachters einzuordnen ist. Mit der bewussten und klaren Abgrenzung nach der Dichotomie ‘vertraut/ fremd' bilden und verstärken wir das Gefühl der Gesellschaftszugehörig­ keit in unserer Kultur. Das Festhalten an den kulturspezifischen Denkmus­ tern und Sichtweisen stellt für Stereotypenbildung sowie ethnozentrisches Interaktionsverhalten den Nährboden dar, was die Distanz zwischen der eigenen und der fremden Kultur nur noch vergrößert. Bei dem Versuch die Zielkultur zu verstehen reicht allein die kritische Betrachtung durch die in der eigenen Kultur geltenden Wertmaßstäbe und Beurteilungskriterien nicht, wenn wir nicht die Gefahr laufen wollen, das Verständnis der Zielkul­ tur in unseren kulrturspezifischen Sichtweisen einzuschränken. Borniert­ heit kann der Endeffekt sein und statt Annäherung erreichen wir Entfrem­ dung, bei der der Dialog zwischen den Kulturen und die interkulturelle kommunikative Interaktion zum Scheitern vorprogrammiert sind. Daher kann Verstehen der Zielkultur von der Lernerperspektive aus nicht als eine

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'Einbahnstraße' konzipiert werden, die von der Eigenkultur in die Fremd­ kultur führt. Verstehen beinhaltet die Fähigkeit des Sichtwechsels: der Inte­ raktionspartner wird sich bemühen von der Position des Betrachters der Fremdkultur in die Position des Betrachteten Fremden hineinzuversetzen, um sein Interaktionsverhalten annährend situationsadäquat interpretieren zu können. Diese Fähigkeit des Sichtwechsels ist nicht von der Natur aus gegeben, wenn wir bedenken, dass eigenes und fremdes Verhalten auf der Grundlage der Kulturstandards beurteilt und reguliert wird, wobei diese K u ltu rstan d ard s m it ihren Toleranzbereichen von einer K ultur im Verhältnis zu einer anderen ähnlich oder auch sehr unterschiedlich sein können. Der Verstehensprozess in wechselseitigen Richtungen kann daher nicht automatisch bei der Begegnung mit der fremden Kultur ausgelöst werden. Er will gelernt sein. Die Fremdsprachendidaktik hat ihn in den Fremdsprachenerwerbsprozess zu integrieren, um die Lerner auf die inter­ kulturellen Begegnungen und Interaktionen vorzubereiten.

4. S u b je k tiv e T h eo r ie n zum K u ltu r v e r ste h e n

Der Zweck der Initiierung der Verstehensprozesse ist in erster Linie das Bewusstwerden über die Kulturstandards in der eigenen Kultur, die wir nach unserer Sozialisation internalisiert haben und die unser Handeln im Hintergrund unbewusst steuern und regulieren. Also ist die Reflexion über sich selbst, über eigene Vorverständnisse und selbstverständliche Haltungen und Einstellungen angesagt. Die Fremdsprachendidaktik hat zu diesem Zweck ein Verfahren zu finden, um das durch die Sozialisation und die Erfahrungen im eigenen Kulturraum erworbene subjektive Wissen über die Kulturstandards zur Sprache zu bringen. Die Auseinandersetzung mit ihm impliziert die Beschäftigung mit den subjektiven Theorien.

Subjektive Theorien lassen sich vom subjektiven Wissen ableiten, das jedem Kulturträger auf Grund seines Alltagswissens aus persönlich erfah­

renem und tradiertem Wissen eigen ist. Sie bilden kein fertiges Konstrukt, das bei Bedarf abrufbar ist, sondern sie entstehen erst in der Versprachli- chung eigener Erfahrungen, Meinungen und Sichtweisen. Hierbei ist die Subjektivität maßgebend insofern, als persönliche Erfahrungen für die Her­ stellung der Zusammenhänge, Begründung und Argumentation die Grund­ lage sind. Subjektivität ist jedoch im interkulturellen Kontext nicht willkürlich sondern historisch und ideologisch bedingt. Das von einer Gene­ ration zur nächsten tradierte Wissen als Teil des Alltagswissens beinhaltet die Historie und die Ideologie der Kultur und gesellschaft, die den Menschen durch den Diskurs konstituieren. Im Diskurs bekommen die Wörter einen Sinn, der nicht zuletzt historisch und ideologisch bedingt ist. Der Sprecher nimmt im Diskurs einen interlokutionären Platz ein, der mit der Historie und Ideologie seines Landes zusammenhängt. „Der Mensch wird vom Diskurs konstituiert und er selbst konstituiert andere Menschen jedesmal dann, wenn er den Diskurs in Bewegung setzt. Dieses Verfahren ermöglicht die

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rang des ideologischen und historischen Sinn eines Diskurses. Ideologie und Historie konstituieren durch den Diskurs einen Menschen, der von einem interlokutionären Platz aus spricht. Was einen Menschen definiert, ist also der Platz, den er im Netz seiner Begegnungen besetzt. Dieser Platz wird ihm durch Attribute zugewiesen, die ihm durch seine Muttersprache gegeben werden und mit der Historie seines Landes Zusammenhängen” (10: 74).

Die subjektiven Theorien bauen auf der unmittelbaren Betroffenheit der Person, die aus den Erfahrungen in einem bestimmten Lebensbereich Zu­ sammenhänge herstellt, um Phänomene des Alltagslebens zu erklären. Sie erheben im Gegensatz zu wissenschaftlichen Theorien keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit und sind in der Argumentation emotional beladen, zu­ mal die affektiven Bewertungen auf persönliche Einstellungen basieren und sich auf ausgesuchte Erlebnisse, Ereignisse bzw. Gegebenheiten und Perso­ nen beziehen. Sie unterliegen nicht der Richtigkeitsüberprüfung im wissen­ schaftlichen Sinne von Falsifikation, man tendiert eher sie zu bestätigen und so können sie wiederum neue generieren. Im Alltag erfüllen sie ihre Funktion zum Erklären, Verstehen und Vorhersagen von Handlungen. Das subjektive Wissen wird in der Retrospektive abstrahiert von den Handlungs­ bezügen strukturiert und bewertet und in Zusammenhänge argumentativ und ohne großen Bedarf an Beweisen zur Sprache gebracht. Erst bei diesem Prozess der Versprachlichung wird dem Sprecher das subjektive Wissen bewusst und bekommt Schärfe und Kontouren. „Subjektive Theorien wer­ den in einem Gespräch expliziert. Sie stehen in dem Moment nicht mehr als gebrauchsfertiges Wissen im Handlungsbezug, sondern werden in der Kom­ munikation entfaltet. Sie sind unter diesen Bedingungen etwas Werdendes. Durch die Explizierung, d.h. die Darstellung für ein Gegenüber, entstehen Anforderungen in Bezug auf Kohärenz, Konsistenz, Desambiguierung und Kontextualisierung, die man an sich selbst nicht zu stellen braucht. Die bloße Präsenz eines anderen Menschen - ganz zu schweigen von Nachfra­ gen, K ritik und Gegenpositionen - erhöht die N otw endigkeit von Begründungen, möglicherweise auch Rechtfertigungen” (4: 5).

5. Zur D id a k tisie r u n g d er su b je k tiv e n T h eo r ie n im

F r e m d sp r a c h e n u n te r r ic h t

Die Handlungs- und Lemerorientierangsgrandsätze des Fremdsprachen­ unterrichts zwingen zu didaktischen Maßnahmen und Verfahren, die zum Zweck haben, den Lerner mit seinem subjektiven Wissen, seinen Erfahrun­ gen, Vorverständnissen, Stereotypen, Haltungen und Einstellungen als Dreh- und Angelpunkt aller U nterrichtsaktivitätten zu behandeln. Die Förderung seiner Produktivität steigert das Selbstvertrauen und die Lernef­ fizienz, was letztendlich die Motivation für den Lernzuwachs erhöht.

Im Gespräch bleiben heißt die Devise für die Ausbildung der Sprechfer­ tigkeit im Fremdsprachenunterricht. Fügt man die Devise der Selbstrefle­ xion hinzu, um eigenes Verhalten anderen Mernschen gegenüber im ver­ trauten und fremden Kulturraum zu ergründen, so wird man zweifelsohne

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einsehen, dass durch die Bildung von subjektiven Theorien in den Klassen­ diskussionen das kritische Verständnis von sich selbst und vom Interaktions­ partner nicht simuliert sondern tatsächlich über die Fremdsprache explizit gefördert und erlebt wird.

Bei der Selbstreflexion werden die Lerner ihre Erlebniserinnerungen in der eigenen K ultur Revue passieren lassen, ebenso wie jene aus der Primärerfahrung mit der fremden Kultur, um sich damit auseinanderzuset­ zen und Erkenntnisgewinn daraus zu ziehen. Sie werden die Zusam­ menhänge für ihr Wahrnehmen, Denken, Werten und Handeln erfassen, die die Kultur Standards definieren und zugleich bewusst machen. Ihre Stereoty­ pe werden dabei bewusst reflektiert. Und in der Diskussion müssen sie bei der Formulierung und Entwicklung ihrer subjektiven Theorien mit dem Kommunikationspartner rechnen, für den diese Theorien nachvollziehbar sein sollen. Dies impliziert, dass sie über ihr subjektives Wissen gründlich nachdenken, ihre Gedanken ordnen, die für sie persönlich relevanten Erfah­ rungen strukturieren und bewerten und adäquat versprachlichen müssen, sodass ebenso für sich selbst wie für den Kommunikationspartner die Kohärenz der Zusammenhänge deutlich erscheint und die Orientierung für eventuelles künftiges Verhalten zeigt.

Nicht nur aus der Primärerfahrung wird das subjektive Wissen geschöpft, sondern auch aus dem Kenntniserwerb aus der Sekundärerfahrung und nicht nur über Medien (vgl. 9). Die Auswertung der Primär- und Sekundärerfah­ rung ermöglicht die kognitiv-analytische und affektiv-emotionale Zugangswei­ sen zu Kulturstandards, wenn auch bei spontanen emotionalen Reaktionen die Sichtweisen in der Eigenkultur überwiegen (vgl. 2: 32fi). Wichtig jedoch beim Gespräch über Kulturstandards und beim Versuch der Entwicklung der subjektiven Theorien sind die begründeten Fragen an die Erlebnissituationen und Verhaltensweisen aus der Primär- und Sekundärerfahrung, die die Sicht des Interaktionspartners miteinbeziehen und mögliche Interpretationen zu­ lassen. Eine vollkommen zutreffende Aussage über die Wirklichkeit kann und darf man nicht erwarten. Daher lauert immer die Gefahr der Stereotypisie­ rung, wenn man aus mehreren nur eine einzige Interpretation für möglich und zulässig hält. Denn erst das künftige Handeln in der realen interkulturel­ len kommunikativen Situation wird zeigen, welche von den Interpretationen und den konstruierten subjektiven Theorien Stand hält. Bei der Diskussion über Kulturstandards kann man also a priori in Kauf nehmen, dass die Auseinandersetzung mit manchen kritischen Interaktionssituationen in der Aporie endet. Man lernt die Grenzen eigener subjektiven Theorien kennen.

6. Zur R o lle d e s L eh rers

Wie bei jedem Didaktisierungskonzept erforderlich ist, soll man die Rol­ le des Lehrers bei der Entwicklung der subjektiven Theorien in der Lern­ gruppe definieren. In den Lerngruppen, wo die interkulturelle Kommuni­ kation in der fremdsprachlichen Unterrichtsintercktion gegeben ist, hat der

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Lehrer in erster Linie die Aufgabe, den Lemem ein einfaches Kategorien­ system vorzugeben, womit sie dann operieren und ihre Gedanken und Aussa­ gen strukturieren und einordnen können. Der Lehrer kann und darf nicht die Rolle des Experten übernehmen, der die Interpretationen und Schüler­ aussagen bewertet und zensiert, er ist vielmehr der Diskussionsleiter, der alle Interpretationen zulässt und sammelt sowie die Einnahme verschiede-ner Per­ spektiven fördert. Er darf sich auch an der Diskussion beteiligen und sie mit seiner persönlichen Primär- und Sekundärerfahrung bereichern. Sein Redean­ teil sollte dabei auf das Minimun gehalten werden, damit die Lemer intensiv zur Sprache kommen können. Sein subtiles Verhalten bei der Diskussionslei­ tung hilft den Lemem durch die Entwicklung ihrer subjektiven Theorien über Kulturstandards ihren interlokutionären Platz zu bestimmen und zu besetzen. Auf die Gefahr der 'Demagogisierung' und der einseitigen Darstellung der Historie sei hier hingewiesen. Mit der Bereitstellung von historischen und ideologischen Daten und Fakten, die in sich die Gefahr der Meinungsmanipula­ tion der Lemer verbergen, kann ein Lehrer auf die Etablierung und Verände­ rung des interlokutionären Platzes seiner Lemer Einfluss nehmen. Solange dieser ihm bewusst ist, kann er ihn nach bestem Wissen und Gewissen dosieren, um die freie Entfaltung der Schüler zu gewährleisten.

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