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Die theoretische Grundlage für den Phonetikunterricht im Germanistikstudium an polnischen Hochschulen

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Academic year: 2021

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A C T A U N I V E R S I T A T I S L O D Z I E N S I S

FOLIA GERM ANICA 5, 2009

M a łg o rza ta Ż y t y ń s k a *

DIE THEORETISCHE GRUNDLAGE FÜR

DEN PHONETIKUNTERRICHT IM GERMANISTIKSTUDIUM

AN POLNISCHEN HOCHSCHULEN

1. EINFÜHRUNG

Angesichts einer recht günstigen A rtikulationsbasis, 1 über welche die

D eutsch lernenden Polen verfügen (gemeint sind hier nam entlich die polni-schen G erm anistikstudenten2) scheint es durchaus berechtigt zu sein, die Aussprachevervollkom m nung im Phonetikunterricht an polnischen H och-schulen zu erstreben, zumal dies ohnehin im Bereich des M öglichen steht. In dem Sem inar „Phonetik“ , das in die Reihe der Lehrveranstaltungen zur E ntfaltung der praktischen Deutschkenntnisse gehört, wird in erster Linie selbstverständlich a u f die Behebung der Interferenzfehler abgezielt, welche den meisten Studenten unterlaufen, welche ohnehin auf Divergenzen respek-tive Ähnlichkeiten zwischen dem deutschen und dem polnischen phonetischen System zurückzuführen sind.

Bei der Ausspracheschulung an den polnischen Universitäten wird offen-sichtlich danach getrachtet und auch von den Studenten verlangt, die

* Małgorzata Żytyńska, M. A., Lehrstuhl für deutsche und angewandte Sprachwissenschaft, Universität Łódź.

1 Der Begriff Artikulationsbasis mutet immer noch recht verschwommen an. Im Allgemeinen handelt es sich dabei um „die Sprechbereitschaft der Artikulationsorgane, d.h. die Grundein-stellung und Bewegungsart der aktiven Teile des Sprechapparates [...], die für die geasamte Lautbildung einer Sprache charakteristisch ist“ (Krech u.a. 1964, S. 14), ergo um die Ausgangs-position der Sprechorgane bei der Artikulation von Sprachlauten (vgl. Bussmann, 1990, S. 100). Ansonsten wird der Terminus ebenfalls in puncto „Menge der artikulatorischen Eigenschaften, die für alle Sprecher einer Sprachgemeinschaft charakteristisch sind“ angewendet. „Jede Sprache hat [nämlich] in ihrer Artikulationsbasis gewisse Besonderheiten, die sich auf Artikulations- spannung, Lippentätigkeit, öffnungsweite, Zungenlage, Gaumensegelfunktion und Kehlkopf-bestand beziehen“ (Krech u.a. 1982, S. 17).

2 Germanistikstudenten - neben der Phonetikiehrer die intendierten Adressaten des vor-liegenden Beitrags.

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deutschen Laute, W örter, W ortgruppen und Sätze einwandfrei ergo akzentfrei vorzubringen, dam it ihnen keinesfalls gravierende phonetische Fehler unter-laufen, dam it sie des W eiteren von den deutschen M uttersprachlern an ihrem Akzent kaum als Ausländer erkannt und dergleichen eingestuft werden. Sonst wird es in den betreffenden Seminaren d a ra u f angelegt, dass der A ussprache der Lernenden im G roßen und Ganzen ein recht deutscher K lang verliehen w ird. 3

Unwiderleglich spielt hierbei außer praktischen Ü bungen auch der theo-retische H intergrund - die theotheo-retische G rundlage eine gewichtige Rolle und dies bildet den H auptinhalt des vorliegenden Beitrags, welcher als eine A rt terminologisches G lossar bestehen will, wobei allerdings explizite angemerkt werden m uss, dass einige Aspekte wie beispielsweise Regeln zur W ortakzen-tuierung und Satzakzenortakzen-tuierung wegen Platzmangels ausgespart bleiben (diese kom m en nämlich durchaus in der Praxis angelegt vor, folgerichtig sollten im W eiteren m it vielerlei Beispielen belegt werden).

Bei dem Erlernen der richtigen Aussprache gilt ersichtlich eine stringente Gesetzmäßigkeit: Je bewusster m an sich der Prozesse ist, die sich während der A rtikulation im A nsatzrohr vollziehen (Luftstrom prozess, Phonation, M undN asenprozess oder ZungeLippenprozess, das Vokalen und das K o n -sonantensystem ), umso effektiver kann m an gegen die Interferenzfehler wirken, bis m an sie endlich mal abgeschafft hat.

In dem vorliegenden Beitrag wird es nun d arauf abgesehen, die grundsätz-lichen theoretischen Fragen aus dem Bereich der Lautlehre (und zwar der funktionalen, akustischen, auditiven, vorzugsweise imm erhin der artikulato- rischen Phonetik) aufzurollen, welche den Studenten zum Vorteil gereichen dürften, expressis verbis zur wirkungsvollen und bewussten A rbeit an eigener A ussprache verhelfen könnten und somit auch den Phonetiklehrern beim Prozess der Ausspracheschulung zustatten kom m en würden.

2. PHONETIK VERSUS PHONOLOGIE

Die Relevanz der richtigen Aussprache bestätigt durchaus die distinktive F unktion von einzelnen Lauten ergo den Untersuchungsgegenstand der Phonologie. Vom Belang m utet desgleichen die A usbreitung des Nexus zwischen den beiden Betrachtungsweisen an, und E ntfaltung der von ihnen zu untersuchenden ohnehin voneinander divergierender, Aspekte der kleinsten Einheiten der gesprochenen Sprache. „Die K luft zwischen den beiden

Per-3 Dies will nun bei der universitären Ausspracheschulung im Phonetikseminar im Gegensatz zum Fremdsprachenunterricht doch kaum als ein zu hoch gcstccktes Ziel bestehen (Cauneau 1992, S. 18Г.), sondern eher als ein schlechtweg zu erstrebendes.

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spektiven ist allerdings nicht so tief, wie m an das in der sprachwissen-schaftlichen Forschung lange Zeit gesehen hat. G anz sicher handelt es sich nicht um zwei Welten, sondern um zwei a u f vielfältige Weise m it-einander verbundene und aufit-einander angewiesene Forschungszweige, die in ständiger W echselbeziehung stehen.“ (Volmert 1997, S. 58) Nichtsdes-toweniger werden in sehr vielen linguistischen A rbeiten die beiden Bereiche ergo Phonologie und Phonetik eher in dichotom ischer Weise abgehandelt und separat ausgelegt.

2.1. Phonetik

Phonetik untersucht die physiologischen und physikalischen Eigenschaften der Laute respektive Lautverbindungen, die bei der K om m unikation vom Sprecher produziert, und vom H örer rezipiert werden, und zwar unabhängig davon, was für eine F unktion sie in der Sprache haben. In A nbetracht dessen kom m t die A nnahm e schlechthin begründet vor, dass im Rahmen der Phonetik die lautliche Seite - die „Substanz“ des K om m unikationsvor-gangs erforscht wird, wobei offensichtlich Teilprozesse abgesondert Vorkom-m en, welche Parallelen zu den drei Fragestellungen des K oVorkom-m Vorkom-m unikations-prozesses aufweisen, denen dann dahin gehend die jeweiligen Zweige der Phonetiklehre zukomm en. Folgende G esichtspunkte bestehen nun also als H auptfragen der Phonetik:

1) artikulatorisch-genetische L autproduktion - diesen Aspekt untersucht ersichtlich die artikulatorische Phonetik, die allerlei physiologischen Prozesse beschreibt, welche sich bei der Bildung von Sprachlauten im A nsatzrohr vollziehen. Die Aufgabe der artikulatorischen Phonetik ist alsdann die A usdeutung, welche Sprechorgane des Sprechapparates in welcher Weise bei der A rtikulation der einzelnen Laute Zusammenwirken, sie beschäftigt sich nun also m it den Bewegungsabläufen der Sprechwerkzeuge zwecks Sprach- produktion;

2) physikalische S truktur des Sprach P r o d u k te s - d e r akustischen Abläufe

von Sprachlauten (akustische Phonetik - Teilbereich der allgemeinen Phone-tik, der a u f physikalischer Basis die akustische S truktur von Sprachlauten nach Frequenz (Tonhöhe), Q uantität (Dauer) und Intensität untersucht. Dieser Phonetikbereich erm ittelt nun also die physikalischen Eigenschaften von Lautereignissen. Hierbei wird beispielsweise festgestellt, welches Frequenz-gemisch ein Vokal aufweist oder wie sich die Schallenergie bei der Öffnung eines Plosivs in der Zeit verändert);

3) neurologisch-psychologische Vorgänge des W ahrnehmungsprozesses, denn „L aute m üssen nicht nur artikuliert werden, sondern sie müssen auch gehört werden“ (Drosdowski 1995, S. 32), dam it die K om m unikationskette

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Sprecher - L autprodukt - H örer beibehalten wird. Um dessentwillen muss also der H örer die vom Sprecher produzierte akustische Reizquelle, die er m it seinem Ohr aufnim m t, im G ehirn verarbeitet haben. Diesen Aspekt des K om m unikationsvorgangs durchforscht die auditive Phonetik - Teil-disziplin der Phonetik, die die anatom ischen und neurophysiologischen Vorgänge bei der W ahrnehm ung und D ekodierung lautsprachlicher Zeichen ausbreitet. N eben der Empfangs- und Differenzierungsfähigkeit des Gehörs gehören zum Untersuchungsgegenstand der auditiven Phonetik situationeile, psychologische4 und andere K om ponenten. Einfacher gefasst ist die

Be-schreibung von Lauten nach dem G ehörseindruck und ihre Verarbeitung durch die H örorgane und G ehirn Gegenstand der U ntersuchungen der auditiven Phonetik.

Als Resümee wird ein Zitat vorgeführt: „D er G egenstand der Phonetik ist das Schallereignis der sprachlichen K om m unikation in allen seinen Aspek-ten, d.h. die Produktion, die Transm ission und die Rezeption von Sprachs- chall einschließlich der psychologischen und soziologischen Voraussetzungen in der K om m unikationssituation zwischen Sprecher und H örer, wobei sowohl symbol- als auch messphonetische Betrachtungsweisen dieses O bjekt prägen“ (K ohler 1995, S. 22).

2.2. Phonologie

Phonologie (auch funktionale/funktionelle Phonetik genannt) als Teil-disziplin der Sprachwissenschaft, die sich m it bedeutungsunterscheidenden Sprachlauten (Phonem en) , 5 ihren relevanten Eigenschaften, Relationen und

Systemen unter synchronischen und diachronischen A spekten beschäftigt - untersucht also den Zeichenaspekt der Laute und deren F unktion im sprachlichen System.

G egenstand der Phonologie ist somit die im engeren Sinne linguistische Beschreibung der Sprachlaute. Im Gegensatz zur Phonetik, bei welcher der m ateriellen Seite der Sprachlaute Rechnung getragen wird, beschreibt die

4 Mit den psychologischen Aspekten des Aufnahmeprozesses befassen sich eher Sprach- rezeptionsforscher und Wahrnehmungspsychologen als Phonetiker, allerdings muss angedeutet werden, dass die Grenzen zwischen den Aufgabenbereichen dieser Wissenschaftler nicht im Geringsten konstant bleiben.

5 „Das Phonem seinerseits kann, wie ein Akkord in der Musik, in kleinere, gleichzeitig vorhandene Komponenten aufgespalten werden: deshalb habe ich im Jahre 1932 [...] vorge-schlagen, das Phonem als eine Anzahl (oder wie Bloomfield es formuliert, ein Bündel) von DISTINKTIVEN Z ÜG EN zu definieren. [...] Alle Phonemunterschiede können in jeder Sprache in einfache und unzerlegbare binäre Oppositionen unterscheidender Züge aufgelöst werden. Daher können alle Phoneme jeder Sprache vollkommen in weitere unteilbare distinktive Züge zerlegt werden“ (Jakobson 1974, S. 143).

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Phonologie die Laute als Bestandteile eines kontinuierlichen Sprachsignals nicht in extenso samt allerlei Blickpunkten, sondern nur hinsichtlich ihrer sprachlichen F unktion.

Die funktionalen Eigenschaften der Laute werden m it Hilfe der Begriffe: O pposition6 und K o n tra st7 erfasst. Diese Begriffe erlauben es, von den

vielen Eigenschaften der Laute einige - namentlich distinktive und kontrastive als funktional auszuzeichnen. Sollte m an nun die beiden Termini einander gegenüberstellen, erweist sich, dass der K o ntrast die syntagm atische U nter-scheidbarkeit einzelner Elemente - derer D istribution betrifft, wohingegen die O pposition auf den paradigm atischen Beziehungen - distinktiven M erk-m alen innerhalb eines Paradigerk-m as beruht (Busserk-man 1990, S. 419).

Ein Verfahren, das eben zur Ergründung dieser distinktiven M erkm ale verhilft und im Allgemeinen als M ethode zur Erm ittlung der Phonem e einer Sprache, ihrer Eigenschaften, Relationen und K om binationsregeln im R ah-m en einer bestiah-mah-m ten Sprachtheorie gilt, heißt Phoneah-manalyse.

Sollten die Laute nur unter Berücksichtigung ihrer funktionalen Eigen-schaften beschrieben werden, so ist es von Phonem en die Rede. Phonetisch vollständig beschriebene Laute nennt m an dagegen Phone. Phonem e sind hierbei von den Phonen aus dem G runde abzugrenzen, dass ihnen weniger Eigenschaften zugeschrieben werden.

Phon (auch Segment oder Sprachlaut genannt) ist nämlich in der P

hono-logie kleinste durch Segmentierung gewonenne lautliche Einheit, die noch nicht als R epräsentant eines bestimmten Phonems klassifiziert ist. Phone werden in eckigen K lam m ern notiert. (Die phonetische T ranskription ganzer W örter und Texte erfolgt in dergleichen K lam m ern, z.B. [fo:n]).

Phonem kom m t wiederum als Bezeichnung für die kleinste

bedeutungs-unterscheidende Einheit der gesprochenen Sprache vor ergo die kleinste aus dem Schallstrom der Rede abstrahierte lautliche Segmente m it potentiell bedeutungsunterscheidender (distinktiver) Funktion. Die Phonem e einer be-stimmten Sprache sind durch ihre Gegensatzmerkmale m iteinander m it einem streng geordneten System verquickt, was bekannterm aßen bei den Lauten nicht der Fall ist. „D a die Phonologie eine Wissenschaft ist, die a u f einer funktionalistischen Betrachtungsweise beruht, können Phonem e nicht a priori (d.h. allgemein, für alle Sprachen gültig) bestimmt werden! Ohne R

ück-6 Zwei Laute stehen zueinander in Opposition, wenn sie sich voneinander durch mindestens ein distinktives Merkmal unterscheiden, demgemäß auch zur Bildung von Minimalpaaren dienen. „Man erkennt Distinktivitäten, indem man Paare von Wörtern nebeneinander stellt, die sich genau in einem Laut in derselben Position unterscheiden. Solche Paare heißen Minimalpaare“ (Drosdowski 1995, S. 33).

7 Aufgrund bestimmter Lauteigenschaften werden allgemeingültige Regeln für die Abfolge von Lauten ausgearbeitet. D ie bezüglichen Eigenschaften bezeichnet man nun als kontrastive Merkmale (vgl. Drosdowski 1995, S. 33).

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sichtnahm e auf ein bestimmtes System lassen sich eben nur Sprachlaute erkennen oder bestimmen oder einteilen, niemals aber Phonem e“ (Hintze 1948, S. 246).8 Die N otation der Phoneme erfolgt zwischen Schrägstrichen z.B. /а/. D er Phonem bestand einer Sprache wird erm ittelt durch:

1) Bildung von M inim alpaaren, d.h. durch Gegenüberstellung zweier W örter m it verschiedener Bedeutung, die sich nur durch ein minimales lautliches Elem ent unterscheiden - eben durch ein Phonem , z.B. /g/ vs. /к/ in Gasse: Kasse', /t/ vs. /к / in Tanne: Kanne etc. Phonem e lassen sich folgerichtig als ein Bündel distinktiver (phonologisch relevanter) M erkmale darstellen z.B. /р / ist ein Verschlusslaut, billabialer Laut, stimmloser Laut und plosiver Laut. G erade diese M erkm ale ermöglichen alsdann die E rgrün-dung von O ppositionen bei den einzelnen W ortpaaren;

2) A nw endung des K om m m utationstestes (Austausch), m ittels dessen sprachrelevante Invariante a u f der Inhalts- und A usdrucksebene ermittelt werden können - z.B. g und к kom m utieren m iteinander selbstverständlich a u f der Ausdrucksebene, dieser Differenz entspricht ferner zugleich auch ein Unterschied a u f der Inhaltsebene: Gasse vs. Kasse. Es handelt sich folglich bei /g/ und /к / um Invarianten des Deutschen alias Phoneme. Andere Gesetzm äßigkeiten lassen sich bei der Gegenüberstellung von dem Zungen- spitzen-r, dem Reiben-r (Rachen-r) und dem Zäpfchen -r verzeichnen, weil dieser phonetisch-artikulatorischen Differenz a u f der Ausdrucksebene (Aus-sprache) kein Bedeutungsunterschied auf der Inhaltsebene entspricht - hierbei handelt es sich um die Invarianten eines Phonems ( = Allophone), die m iteinander in einem Verhältnis der Substitution stehen (sie sind gegeneinan-der austauschbar - substituierbar);

3) Wie schon angedeutet entspricht jedem Phonem eine Klasse von Lautvarianten, den A llophonen, die in der betreffenden Sprache nicht in bedeutungsunterscheidender Opposition stehen können. Diese Allophone können als freie - von ihrer phonetischen Um gebung unabhängige Varianten den C harakter individueller oder zufälliger Realisierungen haben, z.B. im D eutschen die Allophone: Zungenspitzen-r, Reibes-r und Zäpfchen-r, die dem Phonem /г/ zugeordnet werden.

4) Falls die A llophone in bezug a u f die phonotaktische Umgebung kom plem entär verteilt sind, handelt es sich um kombinatorische Varianten. Solche phonetischen Varianten sind nicht wie A llophone des Phonems /г/ frei füreinander ersetzbar, sondern treten die beiden stellungsbedingten V arianten in verschiedener (sich ausschließender) U m gebung auf: beispiels-weise das G raphem < ch > erscheint nach vorderen Vokalen als ein

Ich-8 In von Essen (1972, S. 246) wird auch die Auflistung der Oppositionsarien vorgeführt, derer Kenntnis als die Voraussetzung für die Auffindung des Phonemsystems bestehen soll.

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Laut, nach hinteren Lauten hinwieder als ein A ch-Laut, sie sind daher als kom binatorische (nicht freie) Allophone eines Phonem s /х/ zu klassifizieren.

Die Phonem definitionen sind in der Forschung keineswegs übereinstim-m end. A bhängig von unterschiedlichen sprachtheoretischen Ausrichtungen werden z.B. in der funktionalen Analyse der Prager Schule die bedeutungs-unterscheidende F unktion, im amerikanischen Strukturalism us dagegen stär-ker die distributioneilen Bedingungen und operationalen V erfahren zur Phonem gew innung betont.

Zusam m enfassend kann festgestellt werden, dass in der Phonologie im G roßen und Ganzen die R eduktion der gemeinhin unendlichen Zahl der lautlichen V arianten auf eine durchaus begrenzte Zahl von lautlichen K ate-gorien angesteuert wird, und zwar von solchen, die in den jeweiligen Spra-chen Bedeutungsdifferenzen bewirken. Gem eint sind hier offensichtlich Pho-neme und Phonem inventare ergo Gegenstand der Phonologie.

Von den Sprachforschern wird nun also Phonologie „nicht einfach [als] ein linguistisches Schreibtischkonstrukt“ gesehen, allerdings auch „im Prinzip nichts weiter als der Versuch, [...] Regularitäten der Sprach Wahrnehmung [...] bewusst zu m achen, zu systematisieren und m ittels sprachwissenschaft-licher M ethoden zu beschreiben“ (H engartner, N iederhauser 1993, S. 44).

3. ARTIKULATIONSPROZESS

D er M ensch spricht, indem er die Luft nach innen in den ganzen K örper einzieht, den größten Teil des Q uantum s in die hohlen Teile seines Körpers. Diese Luft bringt, wenn sie nach aussen gestossen wird, da sie in einen leeren Raum eintritt, ein G eräusch hervor. Denn der K opf gibt eine Resonanz. Die G liederung dieses Geräusches erfolgt durch die Zunge, dadurch, dass sie einen D ruck ausübt: sie sperrt den Luftstrom in der Kehle ab, drückt ihn gegen den G aum en und die Zähne und bewirkt so das klare und deutliche Sprechen. Sollte die Zunge nicht in jedem Fall den Gegendruck ausüben und also auch nicht artikulieren, so würde der Mensch kaum deutlich sprechen, sondern nu r die Laute hervorbringen, die ihrer N atu r nach einen T on darstellen [...] (H ippokrates 1935, S. 18).

Sprachproduktion ergo A rtikulation von Lauten und L autketten besteht bekannterm aßen als eine körperliche Leistung, welche ausschließlich durch das M itw irken verschiedener K örperfunktionen sohin auch m ehrerer Organe des m enschlichen K örpers zustande kom m t, die wiederum nam entlich im Bereich des N ahrungs- und A tm ungstraktes liegen.

Die Sprechwerkzeuge des menschlichen Sprechapparats sind in der Lage, die m annigfachsten sprachlichen Laute und Geräusche zu produzieren. Ohne

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Zweifel tauchen indessen nicht alle Laute in jeder Sprache auf. Aus der theoretisch nahezu unbegrenzten Zahl möglicher Laute erscheinen in den jeweiligen Sprachen n ur einige als für derer Lautsystem belangvoll.

Die einzelnen Sprechwerkzeuge unterscheiden sich voneinander in Bezug a u f ihre V erform barkeit und Beweglichkeit. Neben fast unbeweglichen O r-gane, wie die obere Zahnreihe, gibt es andere, die äußerst beweglich sind. Gelegentlich werden sie deshalb in aktiv bewegliche, passiv bewegliche und unbewegliche Sprechorgane eingeteilt (Hengartner, N iederhauser 1993, S. 20).

Als aktive Teile des Sprechapparates bestehen im G roßen und Ganzen diejenigen, welche die F unktion des artikulierenden Organs ausüben (nach denen werden auch die jeweiligen Laute genannt) - dies sind: Lippen (labial); Zäpfchen (uvular); Stim m lippen im K ehlkopf (glottal) und die Zunge: Zungenspitze (apikal), Zungenrücken (dorsal) - [dieser Zungenteil wird jedenfalls weiterhin untergliedert: in den vorderen Teil (prädorsal), den m ittleren (m ediodorsal) und den hinteren (postdorsal)], Zungenkranz/ -saum/ -krone (der R and um die Zunge) (koronal) und zuletzt Zungenblatt (laminal). Die übrigen Teile des A nsatzrohres, meist passive fungieren hingegen als A rtikulationsstellen bei der L autproduktion - hierzu gehören: die Zähne (dental), der Z ahndam m (alveolar), der harte G aum en (palatal), der weiche G aum en (velar).

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Als die G rundvoraussetzung für jegliche Lauterzeugung gilt erwiesener-m aßen die Verlagerung des Luftstroerwiesener-m s ierwiesener-m A teerwiesener-m apparat. Die Ateerwiesener-mluft, erwiesener-mal eingesogen mal ausgestossen, figuriert als „das für die L autproduktion relevante Trägerm edium “ (Volmert 1997, S. 62), welches am Ausbreiten der jeweiligen Schallwellen beteiligt ist. In der deutschen Sprache werden die Laute generell beim Ausatem vorgebracht, wobei offensichtlich exspiratorische Lautbildung zu erkennen ist. Inspiratorische Lautbildung (beim Einatem) liegt de facto arg selten vor und wird von einer speziellen kom m unikativen Absicht m otiviert.

Artikulation (lat. articulare - deutlich sprechen) ist dem nach nichts

anderes als Bildung von Sprachlauten, wobei das intentional koordinierte und gesteuerte Zusamm enwirken der Sprechorgane vonstatten geht. A r-tikulation gilt diesbezüglich als perm anenter intendierter Bewegungsablauf der Sprechwerkzeuge (A tem apparat, Rachenraum m it K ehlkopf, Nasenhöhle, M undhöhle) zwecks Erzeugung von Lauten, L autketten u.a. U nter den angesprochenen Bewegungen der jeweiligen Sprechorgane lassen sich m ar-kante physiologische Prozesse aussondern, die innerhalb des A nsatzrohres vor sich gehen:

1) Luftstrom prozess - Prozess, in dem die pulm onale Luft, die wir zum Sprechen brauchen, bei dem Ausatem von den Lungen kom m t. Bei diesem Prozess wird ersichtlich, ob eine exspiratorische oder inspiratorischc L auter-zeugung vorgeht.

2) Phonation - Prozess, bei dem der Luftstrom auf seinem Weg von der Lunge die erste lautbeeinflussende Stelle - den K ehlkopf erreicht und die durch die Stim m bänder gebildete Stimmritze passiert (siehe Bau des K ehl-kopfes unten). Die G röße der Stimmritze (also entsprechende Stellung der Stimmlippen) bestim m t auf dieser Ebene der L autproduktion, ob ein

stimm-loser L aut vorgebracht wird (falls die große Stimmritze bei weit abstehenden

Stim m bändern von der Luft ungestört passiert wird, ohne dass die Stim-m bänder dabei in Schwingung versetzt werden) oder aber ein stiStim-mStim-mhafter L aut (falls sich die Stim m bänder einander nähern und bei der Passierung der diesmal kleinen Stimmritze in Schwingung geraten). Hierbei muss im-m erhin eingehender in Betracht gezogen werden, welche Stellung die Stiim-mim-m- Stimm-lippen eigentlich bei der jeweiligen L autproduktion einnehm en, ob es ta t-sächlich zur Phonation (Stimmbildung) kom m t oder aber andere weit dif-ferenziertere zugleich allerdings recht schwer w ahrnehm bare phonetische Erscheinungen auftreten. Je nach dem, ob die Stim m bänder weit auseinander liegen, zu einem Spalt verengt sind oder sich ganz schließen, werden folgende Laute artikuliert: (1) Falls die Glottis vollkommen geschlossen ist und dann

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durch den unterhalb der G lottis entstehenden L uftdruck plötzlich gesprengt wird, entweicht die gestaute Luft explosionsartig. D adurch entsteht ein K nacklaut (alias glottaler Verschlusslaut oder Glottisschlag), der im D eut-schen einen gespressten Vokaleinsatz bewirkt. (2) Falls die G lottis zunächst vollauf geöffnet ist, dann sich aber langsam schließt, entsteht ein leichter H auchlaut. D er bezügliche H auch kom m t allerdings kaum als ein Einzellaut vor, sondern begleitet im Deutschen in bestimmten Stellungen die A r-tikulation der K onsonanten (diesbezüglich kom m t der besagte L aut in der graphischen N otation nicht vor und die begleiteten K onsonanten [ph], [th] und [kh] werden aspirierte bzw. behauchte K onsonanten genannt) res-pektive der Vokale (hierbei wird der H auchlaut durchaus m it einem G rap-hem < h > m arkiert) - G lottalisierung (3) Falls dann die zu einem winzigen Spalt geöffnete G lottis von dem Luftstrom erreicht wird und die Stimm-bänder in Schwingungen9 versetzt werden, wird der wichtigste Effekt dieses

Teilprozesses eingeholt, und zwar die Stimmbildung alias Phonation. 10

Stimm-haftigkeit und Stimmlosigkeit sind ohne weiteres überprüfbare Eigenschaften der Laute, die m an dann selber durchs Betasten und Befühlen der H aut am K ehlkopf erm itteln kann. Entweder stellt m an deutliche Schwingungen der Stimmlippen (bei stim mhaften Lauten) fest, oder derer fehlende Vib-ration (bei stimmlosen Lauten).

. K eh ld e ck el - S ch ild k n o rp e l ,,-S te llk k n o r p c l - S tim m lip p e n " S tim m ritze R ingknorpel S e ite n a n s ic h t F ro n ta ls c h n itt

Abb. 2. Bau des Kelilkopfes

9 Volmerl (1997, S. 63f.) vervollständigt nun die bezüglichen Angaben zur Phona-tion, indem er die Stimmgebung gewissenhaft auslegt: „Genau genommen sind Schwingun-gen nichts weiter als periodisch auftretende VerschlusslösunSchwingun-gen, die „in einer eine gewisse Mindestzeit andauernden Folge als Slimmklang wahrgenommen werden“ (Pétursson/Neppert

1991, S. 72).

10 Bei vielen Phonetikern werden indessen doch allerlei Modifikationen des Luftstroms im Larynx als Phonation aufgefasst.

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Abb. 3. Schematische Darstellung unterschiedlicher laryngaler Konfigurationen (Draufsicht; unten ist vorne, oben ist hinten): Produktion stimmloser Laute (links), Phonation (mitte) und

Flüstern (rechts). (Mayer 2006, 14)

3) M und-N asen-Prozess - Prozess der Öffnung bzw. Schließung der N asenhöhle (Nasenraumes), so dass die Phonationsluft durch die Nase oder durch den M und ausström t. G esteuert wird dieser Prozess (somit auch der Weg des Luftstrom s) durch die Bewegungen des weichen G au-m ens. Beiau-m angehobenen Gauau-m ensegel wird der N asenrauau-m versperrt, so entgeht die L uft durch den M und und es wird ein oraler L aut erzeugt. Beim gesenkten Gaumensegel tritt dagegen die meiste Luft durch die N ase11 aus, so dass in dem Fall ein nasaler (nasalierter) Laut

pro-duziert wird.

4) Zunge-Lippen-Prozess - Prozess des Zusam m enwirkens der im M und-raum befindlichen Sprechorgane - Zunge und Lippen tragen wegen ihrer physiologischen Beschaffenheit (expressis verbis wegen der hierfür gewichtigen Eigenschaft ungeheurer Beweglichkeit und eingreifender Verform barkeit) am effektivsten zur akustisch oder auditiv w ahrnehm baren Veränderung des L uftstrom s bei, indem sie den Luftstrom in m ehr oder weniger größerem A usm aß hemmen. D aher wird auch selbst dieser Prozeß als Artikulation bezeichnet, zumal hierbei signifikante und bewusste Bewegungen der mensch-lichen Sprechwerkzeuge vonstatten gehen. M ehr über diesen Prozess enthalten Punkte: 4.1 (K onsonantensystem des Deutschen) und 4.2 (das deutsche Vokalensystem).

11 Hierbei muss man sich allerdings darüber im klaren sein, dass es nicht der einzige Weg des Luflstroms ist. Bei den nasalen Lauten wird nämlich auch ein Verschluss gebildet, dessen Überwindung nun die übrige hinter dem Verschluss gestaute Luft herbeiführt..

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4. DIVERGENZEN BEIM ARTIKULATIONSPROZESS (ZUNGE-LIPPEN-PROZESS) DER EINZELNEN LAUTE:

DAS KONSONANTEN- UND DAS VOKALENSYSTEM DES DEUTSCHEN

D am it nun die Beschreibung von den kleinsten Einheiten der gespro-chenen Sprache also den Lauten schlechterdings nachvollziehbar erscheint, muss eine grobe K lassifikation vorgenommen werden, in der die prägnan-testen Eigenschaften der einzelnen Laute expliziert werden. Laute können nämlich im G roßen und Ganzen nach zwei K riterien eingeteilt werden:

1) physiologisch - genetisches Kriterium : Vokale - Selbstlaute (abgeson-dert realisiert werden immer als die einzigen Laute artikuliert - ohne einen zusätzlichen M itlaut); Konsonanten - M itlaute (diese werden beim separaten Aussprechen immer m it einem Vokal realisiert);

2) akustisches K riterium : Klanglautc - Sonore (Sonoranten - stimmhafte K onsonanten, bei deren A rtikulation fast kein G eräusch entsteht [m], [n], W . M. M und alle Vokale; Gcräuschlautc - stimmlose K onsonanten;

Klang-Geräuschlaute - stim m hafte K onsonanten außer Sonoren, bei derer A

r-tikulation entsprechende Geräusche entstehen.

Wie bereits angedeutet, kom m t der Term inus Laut als die Bezeichnung für die kleinste auditiv, akustisch oder artikulatorisch unterscheidbare Ele-m ente der gesprochenen Sprache vor. Allerdings ist diese angebliche U nter-scheidbarkeit eine Fiktion, da A rtikulationsvorgänge keine in Einzelelemente isolierbare K etten von Lauten sind, sondern kontinuierliche Prozesse (siehe K oartikulation).

4.1. Konsonantensystem

Das konstruktive Bildungsprinzip besagt, dass bei der A rtikulation von K onsonanten ein lautbildendes Hindernis gebildet werden muss. Demzufolge ist ein Sprachlaut ein K onsonant, wenn er m it einer Friktionsenge oder einem Verschluss gebildet wird (im Unterschied zu A pproxim anten - sog. Ö ffnungslauten, bei deren A rtikulation kein solches H indernis vorkomm t; A pproxim anten sind z.B. alle Vokale). Z ur artikulatorischen Beschreibung eines K onsonanten gehören Angaben über folgende Eigenschaften, die heut-zutage quasi als K riterien bestehen:

1) Artikulationsstelle (Artikulationsort) - die Stelle, an der das bezügliche H indernis gebildet wird; für jeden K onsonanten gibt es näm lich genau einen O rt der größten Enge- oder der größten Verschlussbildung. Als Artikulations-stellen können folgende Teile des Sprechapparates fungieren: die Oberlippe, die Zähne, der Zahndamm, harter Gaumen, weicher Gaumen. D anach werden des W eiteren auch einzelne Laute benannt (labiale Laute);

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2) Artikulierendes O rgan - (bewegliche A rtikulatoren) - ein O rgan bzw. Organteil, das an der Artikulationsstelle oder m it ihr das lautbildende Hindernis erzeugt. Als artikulierende Organe gelten die aktiven (beweglichen) Teile des Sprechapparates: die Unterlippe, die Zunge, das Zäpfchen und die Stimmbänder im K ehlkopf

3) A rtikulationsart (A rtikulationsm odus) - kennzeichnet die A rt des lautbildenden Hindernisses (was für eine A rt Hem mnis entstehen m uß, dam it ein bestim m ter K onsonant artikuliert werden kann: ein Verschluss oder eine Enge). D er A rtikulationsm odus kennzeichnet also, wie die A r-tikulationsstelle und das artikulierende Organ zusam m engewirkt haben (ob sie aneinander drücken oder ob sie sich einander nur genähert haben). Nach diesem K riterium werden offensichtlich Verschlusslaute und Engelaute ause-inander gehalten.

4) Ü berw indungsm odus - bezeichnet a u f welche A rt und Weise der Phonationsstrom das lautbildende Hindernis überwindet. Falls das artikulie-rende O rgan an die Artikulationsstelle presst ergo einen Verschluss m it ihr bildet, staut sich die Luft hinter diesem Verschluss, bis es endlich mal zur Sprengung kom m t - da entstehen plosive Laute (Sprengelaute). Falls sich wiederum die O rgane lediglich einander nähern, reibt sich die Luft durch die Enge - hierbei werden frikative Laute (Reibelaute) produziert. Bei den Sonderfällen der Verschlussbildung kann die Luft auch durch die Nase entweichen - hier hat m an es m it nasalen Lauten zu tun. Bei dem L-Laut werden hinwieder neben des Verschlusses an beiden Seiten der Zunge, zwei Engen gebildet, welche dann die Luft fließend passiert - den nennt m an also liguider L aut (Fließlaut), allerdings aufgrund dieser Seitenengebildung kom m t auch die Bezeichnung lateral. Zu den Sonderlauten können selbst-verständlich ebenfalls das Zungenspitzen-r und das Zöpfchen-R eingeordnet werden, bei welchen durch das Vibrieren der Zunge bzw. des Zäpfchens wechselweise ein Verschluss und eine Enge gebildet werden. Diese werden nun als Vibranten bezeichnet.

5) Stim mton - D er Stim mton entsteht dadurch, dass sich die Stimmritze unter dem D ruck der nach außen ström enden Luft periodisch öffnet und schließt. Im H inblick a u f den Stim mton unterscheidet m an also zwischen stimmhaften (bei derer A rtikulation sich das gerade genannte periodische Schwingen der Stim m bänder vollzieht) und stimmlosen K onsonanten (bei derer A rtikulation kein Schwingen der Stimmlippen zu verzeichnen ist). Im Deutschen sind alle Vokale stimmhaft.

D er unten vorgeführten Tabelle 1 ist abzulesen, dass die einzelnen K o n -sonanten jeweils je nach dem K riterium m ehreren G ruppen zugeordnet werden können, was wiederum im Gefolge haben will, dass der jeweilige K onsonant m ehrere distinktive M erkm ale aufweist.

(14)

Tabelle 1. Zusammenstellung aller Konsonanteneigenschaften des Deutschen oo Kł i DAS DEUTSCHE

KONSONANTENA r tik u la -tio n sste lle

O berlippe Zähne Z ahn-dam m

H arter G aum en w eicher G aum en

Z äpf-chen

K ehl-K o p f

1 SYSTEM (labium) (denies) (alveolen) (palatum) (velum) (uvula) (larynx)

A r tik u la - U nterlippe Zunge

3 tio n so r g a n Z.spitze Z .kranz Z.rücken

(apex) (corona) (dor sum)

i A r tik u la - B e z e ic h n u n g La b i a l e Al v e o l a r e Pa l a t a l e Ve l a r e Uv u l a r e La r y n g a l e

1 tio n sw e ise d er K o n so n a n te n bilabiale labio-dentale apico-alveolare corono-p alatale dorso-palatale dorso-velare ] E n g e - 1 b ild u n g Ш Ш F r t k a t i v e stimmt. (fortis) f S r ę X h

i

stimmh. (lenis) V z * 3 j К I VERSCHLUSS- b ild u n g !Щ PLOSIVE stimmh. (lenis) p t к / : * mit folgender | oraler Öffnung

Щ

Ц i n stimmh. (lenis) b d g * mit Öffnung und folgender Engebildung AfTRiKATEN stimm). Pf ts (k x ) * mit gesenktem Gaumensegel Sj N a s a l e stim m h. m n Ч * m it seitlich er E ngebildung

1 я

La t e -r a l e 1 * m it in term ittie-rendem V erschluss

I:

Vi b r a n -t e n . R

1

* Dieser Laut wird ansonsten in der Literatur als postalveolar bzw. palato-alveolar bezeichnet. ** Dieser Laut wird in der phonetischen Literatur ebenfalls als ein Approximant bezeichnet. Quelle: vgl. Bussmann, 1990, S. 838. M a łg o rz a ta Ż y ty ń sk a

(15)

Im H inblick auf den A rtikulationsm odus und den Überwindungsm odus erscheinen nun also in der L iteratur zur Phonetik deutscher Sprache fol-gende Termini:

Verschlusslaute - Laute, bei deren A rtikulation ein Verschluss gebildet

wird. Die Phonationsluft staut sich hinter dem gebildetem Verschluss, der im folgenden durch eine Explosion (explosiv) zu überw inden ist. Deswegen werden auch die Verschlusslaute Explosive bzw. Plosive (oder Sprengelaute, denn es kom m t zur Sprengung des Verschlusses) genannt. Zu dieser G ruppe der K onsonanten gehören: [p, b, t, d, k, g].

Engelaute - Laute, bei deren A rtikulation eine Enge gebildet wird, die

dann der Luftstrom - sich reibend - passiert. D a es hier also zu einer Reibung kom m t werden die Engelaute — Reibelaute oder Frikative genannt. Zu dieser G ruppe der K onsonanten gehören: [f, v, s, z, j, 3, j] auch [г/ r / k 1]

- Engelaute aber keine Frikative.

Plosive, Frikative und Afľrikaten fasst m an unter der globaleren Bezeich-nung Obstruentcn zusammen. O bstruenten sind Laute, bei denen der Luft-strom ein starkes H indernis überwinden muss, so dass bei ihrer A rtikulation ein G eräusch entsteht.

Die stim m haften K onsonanten, die keine O bstruenten sind also: [m, n, q, 1, r] nennt m an Sonorlauten od. Sonoren. Sonoren, wie bereits angedeutet, sind allerdings allgemein alle K langlaute d.h. außer den genannten sonoren K onsonante gehören hierher auch sonore Vokale.

Affrikaten - folgt ein Frikativ a u f einen Plosiv m it demselben A

rtikula-tionsort, so können die beiden Laute artikulatorisch eine enge Verbindung eingehen. Sie verschmelzen sich zu einem D oppellaut und heißen dann Affrikaten. F ü r das Deutsche sind es: [pf], [ts], [tj].

Nasallaute - Laute, bei deren A rtikulation dank den Bewegungen des

Zäpfchens (nam entlich dank der Senkung des Gaumensegels die Nasenhöhle eröffnet wird, so dass die Luft durch die Nase bzw. durch den M und und Nase entweicht. Zu dieser G ruppe von K onsonanten gehören: [m, n, q].

Liguidc - (auch Fließlaute genannt) sind sonore K onsonanten [1] und [r], bei deren A rtikulation die durch Sprechorgane gebildete Enge von dem Luftstrom fließend überw unden wird.

Als ein unwiderlegliches Ausnahm efall, weil es der einzige L aterallaut im D eutschen ist, gilt offenkundig der Seitenengelaut [1]. D as ist ein Laut, bei dessen A rtikulation der M undraum in der M itte verschlossen ist und die

Luft an beiden Seiten der Enge ausström t.

Ebenso besonders scheint der V ibrationslaut [r] zu sein. Das ist ein V ibrant (gerollter L aut, Schwinglaut, od. Z itterlaut genannt), also dem Ü berw indungsm odus nach ein Laut, der durch Vibrieren der Zungenspitze [r], des Zungenrückens [к] oder des Zäpfchens [r] gegen den Z ahndam m [r]

oder den harten G aum en [к] entsteht. A ußer den 1-Lauten und r-Vibranten sind im D eutschen alle K onsonanten Sagittallaute (da die Ü berw indung auf der Sagittallinie der M undhöhle erfolgt).

(16)

Approximanten - (auch Öffnungslaute) sind Laute, welche m it pulmonaler

bzw. pharyngaler Luft erzeugt werden, wobei in der M undhöhle kein lautbil-dendes Hindernis entsteht ergo weder ein Verschluss noch eine Friktionsenge. U nter den deutschen K onsonanten wird [j] als ein A pproxim ant aufgefasst, desgleichen allerdings [1] - m an nennt diesen L aut lateral-approxim ant.

Aspiranten - aspirierte K onsonanten (A spirata) - M odifikation der

Ver-schlusslaute durch einen a u f den Verschluß folgenden vernehm baren H auch-laut. Die A spiration ist nur bei den stimmlosen fortisierten Verschlusslauten zu vernehmen, dies indessen nicht in allen Positionen. Z ur A spiration kom mt es, wenn „im Augenblick der Verschlusslösung die Stim m bänder noch nicht in die Stimmsteilung gegangen sind, so dass vorerst noch, gleichsam als G leitlaut, der je nach dem folgenden Vokal gefärbte H auch folgt“ (Dieth

1968, S. 57).

A spirierte K onsonanten haben z.B. im Chinesischen einen Phonem wert. Im Deutschen sind behauchte Verschlusslaute positioneile oder stilistische Varianten.

Lenis, lenis - zu dieser G ruppe von K onsonanten gehören stimmhafte

K onsonanten (die jedoch unter bestimmten koartikulatorischen Bedingungen stimmlos ausgesprochen werden können - siehe Assimilation). Dies sind: [b, d, g, v, z, 3]. Bei der A rtikulation dieser K onsonanten werden die Muskel

schwächer gespannt, wobei ferner der A tem druck weniger intensiv ist.

Fortis, fortis - zu dieser G ruppe von K onsonanten gehören stimmlose

K onsonanten, dies sind: [p, t, k, f, s, J, ę, х]. Bei der A rtikulation von solchen K onsonanten werden die M uskel stärker gespannt, der Atem druck wird som it auch stärker.

Dem gerade V orgeführten ist ohne Weiteres zu entnehm en, dass alle K onsonanten je nach dem K riterium m it verschiedenen distinktiven M erk-m alen beschrieben werden können:

[p] - bilabial, V erschlusslaut, P losiv, stl.

[b] - bilabial, V erschlusslaut, P losiv, sth.

[t] - apico-alveolar, Verschlusslaut, P losiv, stl.

[d] - apico-alveolar, V erschlusslaut, P losiv, sth.

[k] - dorso-velar, V erschlusslaut, P losiv, stl.

[g] - dorso-velar, V erschlusslaut, P losiv, sth.

[rj] - dorso-velar, Verschlusslaut, N a sa l, sth.

[m] - bilabial, V erschlusslaut, N asal, sth.

[n] - apico-alveolar, V erschlusslaut, N a sa l, sth.

[f] - labio-dcntal, E ngelaut, F rik a tiv, stl.

[v] - labio-dental, E n gelaut, F rik a tiv, sth.

[s] - apico-alveolar, E n gelaut, F rikativ, stl.

(17)

[j] - corono-palatal, E ngelaut, F rikativ, stl.

corono-postalveolar/ palato-alveolar

[3] - corono-palatal, E n gelaut, F rik a tiv, sth.

corono-postalveolar/ palato-alveolar

[ę] - dorso-palatal, E ngelaut, F rikativ, stl.

[j] - dorso-palatal, E ngelaut, F rikativ, sth. auch: A p p ro x im a tiv

[x] - dorso-velar, E ngelaut, F rikativ, stl.

[к] - dorso-velar, E n gelaut, F rikativ, sth.

[1] - apiko-alveolar, V erschlusslaut ( S eiten en gelau t) L ig u id -L a tera l, sth . L ateral- A p p ro x im a tiv

[r] - apico-alveolar, Verschlusslaut, L igu id-V ih ran t, sth.

[r] - uvular, V erschlusslaut, V ibrant, sth.

[h] - glottal (laryngal) E ngelaut, F rik a tiv (H a u ch la u t - stim m lo s)

[9] _ glottal (laryngal) Verschlusslaut, P lo siv (K n a c k la u t)

Abb. 4. Sagittate Schemazeichnung der Sprechorgane bei der Artikulation der deutschen Konsonanten (vgl.

(18)

Die Einbeziehung all der gerade genannten Prozesse bei der A rtikulation ganzer W örter oder Sätze also die Verflochtenheit des Lautkettenerzeugungs- vorgangs wird wiederum oft als K oartikulation aufgefasst.

Koartikulation ist dem nach eine flüssig ablaufende Dauerbewegung, bei

welcher A tm ung, Stimmgebung und A rtikulation komplex Vorkommen. Dieser kontinuierliche Bewegungsablauf der Sprechwerkzeuge (ergo die K o ar-tikulation anders auch Synkinese genannt), zumal er durch solche F aktoren wie: Sprechtempo, D ynam ik, Sprechspannung und Rhythmisierung beeinflusst wird, hat jedenfalls zur Folge, dass die um gebenden N achbarlaute auf den Einzellaut m ehr oder m inder stark einwirken, weil bei der A rtikulation von Lautgruppen, ganzen W örtern etc. die Bewegungen der beteiligten Sprechor-gane flüssig ineinander übergehen oder wechselweise aufeinander einwirken. Diese Angleichungen der benachbarten Laute, die die Ausspracheveränderun-gen herbeiführen heißen Assimilationen.

Assimilation (lat. assimilatio - Ausgleichumg) ist im Hinblick d arau f

Vorgang und Ergebnis der artikulatorischen A npassung eines Sprachlautes an den benachbarten Laut in Bezug auf ein oder m ehrere M erkmale.

Die Assimilationen bzw. R eduktionen sollen nun dem Sprecher gewisse Freiheiten in der A usprägung seiner A rtikulation - seiner Sprechweise gewährleisten, zumal sie von vielerlei F aktoren beeinflusst werden, fernerhin auch in ihren einzelnen Elementen ununterbrochen der Sprechsituation gerecht werden müssen. „Ihre A rt und Häufigkeit ist im Bereich der Stan- dartaussprache allerdings durch zwei Bestimmungen eingeschränkt: Sie dürfen weder die W ortverständlichkeit gefährden noch als Ganzes die Abgrenzung gegenüber den M undarten und m undartengeprägten U m gangssprachen über-treten“ (Großes Wörterbuch der deutschen Aussprache, 1982, S. 70).

M an unterscheidet drei A rten von Assimilation: Angleichungen in der Artikulationsstelle, in der A rtikulationsart und in der Stimmlippenbeteiligung. Zu den häufigsten kann m an den Stim mtonverlust und die Endung m it Schwa zählen.

Auslautvcrhärtung - Vorgang und Ergebnis des Stim m m tonverlusts, d.h.

die stim m haften Verschluß- und Engelaute [b, d, g, v, z], die im A uslaut (im finalen Bereich) der graphischen Silbe stehen, werden als stimmlose Fortis [p, t, k, f, s] realisiert. M it den wissenschaftlichen Term ini pure ist die A. - die Fortisierung von Lenisphonemen.

4.2. Vokalensystem

Die Vokale - sind Laute, bei derer A rtikulation kein H indernis gebildet wird, bei denen keinerlei Behinderung des Luftstrom s stattfindet. Die A r-tikulation der Vokale erfolgt logischerweise ohne jegliche Enge- oder Ver-schlussbildung (Duden 1998, S. 63), wie es bei K onsonanten der Fall ist, es

(19)

wird sogar dabei im Sprechtrakt kein Geräusch w ahrgenom m en, weil alle Vokale stimmhaft, sind. „U nter Vocalen verstehen wir im Allgemeinen eine G ruppe von Sonorlauten, welche m it offenem M unde und dorsaler A r-ticulation der Zunge gebildet werden“ (Sievers 1901, S. 79) . 12

Die an den Stim m bändern in Schwingungen versetzte Luft bringt die im R achen und M undraum befindliche Luft zum M itschwingen, was wiederum als Resonanz bezeichnet wird. D urch die Bewegungen der Zunge und der Lippen werden nun also im Sprechtrakt verschiedene R esonanzräum e gebil-det, so dass ohne weiteres festgestellt werden kann, die G estaltung der R esonanzräum e findet im oralen Teil des A nsatzrohres statt. Die dadurch entstandenen Laute weisen durchaus unterschiedliche Vokalklänge und Vo-kalqualitäten auf.

K urzum werden die Vokale oft M undöffnungslaute genannt, welche durch die K langfarbengestaltung schlechthin gekennzeichnet werden. D er K lang eines Vokals hängt vom m it den Lippen und der Zunge geformten Resonanz-raum ab, welchen offensichtlich auch der G rad der M undöffnung und Bewegungen des ganzen Unterkiefers vervollständigen.

U nter den Vokalen unterscheidet m an zwischen Monophtongcn (einfachen Vokalen) und Diphtongcn (Verbindung von zwei Vokalen, die voneinander nicht getrennt werden können).

Monophtonee Diphtonge [ o : \ - j 0 [ u : \ - y u I e: к [ a e ] - ei, ai I o ] / I и ) / [ e ] _ I В 1 СУ’ аУ ( ąp j - au I *3 I I э й I - cu, äu I Pi 1 a ; l - j a I 0= ] -7 ö I y: | —j ü a I / I oe I / I y | /

Zu den konstitutiven M erkm alen eines Vokals (zu den bestimmenden, kennzeichnenden M erkm ale), nach denen die Vokale charakterisiert werden gehören:

1) G rad der Zungenbewegung (die Zungenstellung bzw. die vertikale Zungenlage) - wie weit sich bei der A rtikulation der jeweiligen Vokale die Zunge nach oben bzw. nach unten bewegt (vertikale Bewegungen der Zunge). Im H inblick a u f dieses M erkm al unterscheidet man:

11 Sievers weist mit den Worten dorsale Artikulation auf die ausgesprochen gewichtige Rolle des Zungenrückens bei der Bildung von Vokalen hin.

(20)

hohe Vokale - i, u, ii,

m ittlere Vokale - e, o, ö, [в], [э],

flache Vokale - а (niedrige, tiefe Vokale);

2) die Richtung der Zungenbewegung (die Artikulationsstelle bzw. die horizontale Zungenlage) - wie weit sich bei der A rtikulation der jeweiligen Vokale die Zunge nach hinten bzw. nach vorne bewegt (horizontale Bewe-gungen der Zunge). Hier unterscheidet m an:

V orderzungenvokale (prädorsal) - e, i, a, ö, ü (helle Vokale), M ittlerzungenvokale (mediodorsal) - [в], [э],

H interzungenvokale (postdorsal) - u, о (dunkle Vokale).

Zwischen den vier Extremlagen der Zunge (oben - unten, vorne - hinten) wird das sogenannte Vokalvicrcck aufgespannt (Abbildungen 6 und 9).

Abb. 5. Sagittale Schemazeichnung der Zun- Abb. 6. Sagittalschnitt des Ansatzrohrcs und genlage für die Extremvokale [a:], [u:] und [i:] die Darstellung der Extremzungenlagen in

3) die Lippentätigkeit (die Lippenformung bzw. Lippenstellung) - ein M erkm al, das aufweist, auf welche A rt und Weise bei der A rtikulation der jeweiligen Vokale die Lippen gestaltet werden (ob sie gerundet oder un-

gerundet werden). Es gibt nach diesem M erkm al: gerundete Vokale (labial) - a, o, u, ö, ü, ungerundete Vokale (illabial) - i, e, [в], [э];

4) der G rad der M undöffnung - ein M erkm al, das die Q ualität (Klang-farbe) eines Vokals bestimmt. M it diesem M erkm al ist auch ein anderes verbunden und zwar die Q uantität (D auer, Länge).

Quantität - ein M erkm al, das die D auer (die Länge) der A rtikulation

eines Vokals aufweist. Im Hinblick d arau f unterscheidet m an:

lange Vokale (ein langer Vokal ist immer geschlossen und gespannt), kurze Vokale (ein kurzer Vokal ist offen und ungespannt),

(ein kurzer Vokal kann allerdings auch geschlossen und gespannt sein - dies im Falle, wenn der Vokal in einer betonten offenen Silbe steht), halblange Vokale (kommen meist am Ende der W örter vor).

(21)

Qualität - ein M erkm al, das bezeichnet, ob die M uskel bei der A

r-tikulation eines Vokals gespannt (der Vokal ist dann geschlossen) oder ungespannt sind (der Vokal ist offen). Es gibt also:

geschlossene Vokale (Muskeln sind gespannt, der M undÖffnungsgrad ist gering),

offene Vokale (M uskeln sind ungespannt, der M undöffnungsgrad ist größer).

M О

О

: | d ľ ) . Q

[y:i

lo:i C D [0=1 M

Abb. 7. Lippenform und Grad der Mundöffnung bei der Produktion der gespannten deutschen Vokale (Rausch 1993, S. 17)

All die gerade vorgeführten M erkm ale der Vokale können zwecks bes-serer Übersicht durchaus prägnant in einer tabellarischen D arlegung ent-halten werden. Verbal grafisch - S t e l l u n g Zungen-- h ö h e v o r n m i t t e l h i n t e n í У u h o c h i Y U e 0 о m i t t e l с CB d 5 t i e f а a

Abb. 8. Verbale und graphische Darstellung des Grades und der Richtung der Zungenbewegung

A n den Eckpunkten des Vokalvierecks liegen die Vokale: [i:], [a], [a:] und [u:]. Jeder Vokal hat entsprechend seiner Zungenstellung einen Platz im Viereck.

(22)

4 --- Artikulationsort Lippenstellung \ W \ hoch м hell dunkel ■4--- Klangfarbe --- ►

Abb. 9. Das Vokalviereck (Microsoft ® Encarta ® Enzyklopädie 2003. © 1993-2002 Microsoft Corporation (vgl. auch Bussmann 1990, S. 838)

Vokalcinsatz - ein hörbarer Effekt in der ersten Artikulationsphase

eines anlautenden Vokals, der sich aus einer bestim m ten Stellung der Stim m bänder ergibt, die sie in dieser A rtikulationsphase einnehmen. M an unterscheidet drei A rten von Vokalensätzen: den gehauchten, den festen und den weichen Vokaleinsatz. Im Deutschen kommen nur zwei erste Vokaleinsatzarten vor:

1) der gehauchte Vokaleinsatz entsteht dann, wenn die Stim mbänder in der ersten A rtikulationsphase eines anlautenden Vokals die sog. Hauchein- stellung einnehmen. Bevor sich die Stimmlippen einander so angenähert haben, dass ihr Schwingungsprozess begonnen werden kann, erzeugt die an ihnen vorbeiström ende Phonationsluft das fürs Hauchen typische Geräusch - den H auchlaut [h] z.B. Herz, glaubhaft, Alkohol;

2) der feste Vokaleinsatz - kom m t dann vor, wenn die Stim m bänder in der ersten A rtikulationsphase eines anlautenden Vokals einen Verschluss bilden. Die subglottisch angestaute Phonationsluft muss diesen Verschluss zuerst sprengen, dam it die Stimmlippen in den Schwingungsprozeß versetzt werden können. Dabei vernimmt m an ein Sprenggeräusch. Deswegen wird auch der feste Vokaleinsatz anders: Glottisschlag, K nacklaut oder Kehlkopf-verschlusslaut genannt, z.B. am Abend, im Augenblick, beobachten, ausar-beiten, T heater etc.

vorn zentral hinten

ungerundet | gerundet

[i:] lieben [y:] Mühle [u:] Mut \ [I] Lippe [Y ] Müller [U] Mutter

\ [ e : ] leben [0:]Ö de [o:] Moos [ э ] kurbeln

littel \

\ [e] lecken [oe] Böller [o] Motte \ [t:] lähmen

Ы Schnur

tie^ \ [a ] Matte [a:] Maat

geschlossen

mittel pi

I

offen

(23)

5. „ÜBER DEN EINZELLAUT HINAUS“ - SUPRASEGMENTALE EIGENSCHAFTEN

Prosodie - G esam theit sprachlicher Eigenschaften wie Akzent, Intonation,

M elodie, R hythm us, D auer, Tem po, Pausen. Sie bezieht sich im allgemeinen a u f Einheiten, die größer sind als ein einzelnes Phonem .

Wortakzent - phonetische H ervorhebung einer Silbe eines zwei oder

mehrsilbigen W ortes im Verhältnis zu seinen übrigen Silben. Bei der bezüg-lichen Silbenakzentuierung gilt jeweils bekanntlich der Silbenträger ergo ein Vokal respektive ein D iphthong als Bezugspunkt der Betonung. Die H er-vorhebung erfolgt durch die Intensivierung der M uskelaktivitäten bei der A rtikulation, Steigerung der Intensität oder L autstärke, Veränderung der T onhöhe (Intonation), Veränderung der Q uantität (D ehnung von Lauten) etc. Je nachdem , was für ein stimmliches M ittel zwecks H ervorhebung angewendet wurde, lassen sich hierbei drei A kzentarten absondern, welche

immerhin üblicherweise miteinander verwickelt Vorkommen:

1) der melodische Akzent - Betonung einer bestim m ten Silbe m it Hilfe der Tonerhöhung, d.h. die akzentuierte Silbe wird den benachbarten Silben gegenüber m it deutlich höherem T on realisiert;

2) der dynamische Akzent - H ervorhebung der jeweiligen Silbe mittels der intensivierten Stim mstärke, d.h. die akzentuierte Silbe wird im Vergleich m it anderen unbetonten Silben lauter ausgesprochen also m it größerer, gesteigerter Stim mstärke;

3) der tem porale A kzent13 - Akzentuierung der jeweiligen Silbe durch

die zeitliche D ehnung des betreffenden Vokals, d.h. die akzentuierte Silbe (vorzugsweise derer K ern - Vokal) wird auffällig länger artikuliert als es bei benachbarten - nicht betonten Silben der Fall ist.

Die vollkom mene A bsonderung der drei genannten A kzentarten m utet kaum m öglich an, wobei die Anteiligkeiten durchaus different sein können, beispielsweise wird durch Intensivierung der Lautheit meist auch die T oner-höhung erreicht.

Im D eutschen liegt der W ortakzent generell (d.h. in einfachen W örtern) a u f dem W ortstam m , jedenfalls gibt es sonst noch viele komplexere - m ehr-gliedrige deutsche W örter und auch Frem dw örter, bei denen der Akzent nicht auf dem W ortstam m liegt, sondern von anderen K om ponenten über-nom m en wird. Die Regeln dazu bilden ein abgesondertes Them a in der deutschen Phonetik, daher kommen hier nicht aufgerollt vor.

13 Der temporale Akzent erscheint logischerweise lediglich bei langen Vokalen, da bei kurzen Vokalen derer Verlängerung überhaupt nicht in Frage kommt. Sollte man immerhin den temporalen Akzent im Falle eines kurzen Vokals als Silbenkem doch anwenden, sei es auch lediglich in der emphatischen Sprechweise möglich, dürfte man zusätzlich die in den Umgebung stehenden Konsonanten in die Länge ziehen z.B.: [n:i:ę:t] oder [es‘Jm:e:kt] (vgl. Rausch, Rausch 1993, S. 123).

(24)

Satzakzent - durch den Satzakzent wird der wichtigste (für den Sprecher)

Teil der Aussage hervorgehoben. „D en Satzakzent bilden nun also einzelne Silben des Ausspruchs, die den Akzent schon tragen. D abei erhält nicht jede W ortakzentsilbe zugleich den Ausspruchsakzent, sondern nur diejenigen, die für die Aussage von Bedeutung sind, wobei zwischen sachlich-neutraler Rede und kontrastiver unterschieden werden m uss“ (Rausch, Rausch 1993, S. 125). In einer Aussage ist nämlich nicht jedes W ort von gleicher W ichtig-keit, m an w artet immer a u f das für den Sinn relevanteste W ort, dieses soll auch vom Sprecher betont werden, und als M ittel hierfür ergo für die jeweilige Akzentuierung gelten, wie bereits aufgerollt, komplexerweise

Sprech-tempo, Sprechmelodie und Dynamik. Eine betonte Silbe liegt meist melodisch höher, ist dynam isch stärker und wird m it langsamerem Sprechtem po

her-vorgebracht. Weniger wichtige oder gar unbedeutende Silben werden dement-gegen kaum m elodisch hervorgehoben, d afür aber schneller und leiser gesprochen.

„U m eine betonte Silbe, d.h. um eine Silbe m it starkem Neben- oder H auptakzent, gruppieren sich beim Sprechen stets m ehrere schwach betonte oder akzentlose Silben. M ehrere W örter verbinden sich zu einer Einheit, die m an wie ein W ort spricht. Diese Einheit nennt m an A kzentgruppe“ (Schramm, Schmidt 1980, S. 23). Zwischen den angedeuteten Akzentgruppen liegen offensichtlich kurze Pausen, hierbei werden auch meist die letzten Silben der jeweiligen G ruppen langsamer artikuliert. D as allgemeine Sprech-tem po bedingt logischerweise die Anzahl und G röße der A kzentgruppen im Satz, d.h. je langsam er m an spricht, desto m ehr Pausen setzt m an und bringt immer kleinere rhythmische Einheiten hervor, dagegen kom m t beim schnellen Sprechen nicht derm aßen untergliederter A usspruch vor, sondern die Einheiten werden zu immer größeren verbunden. M it der betreffenden häufigeren oder selteneren Pausierung wird bekannterm aßen auch ein be-stim m ter R hythm us gezeitigt, welcher als unentbehrliche K om ponente - als integrierender Teil der Prosodie besteht.

Um es zu fassen, sind also rhythmische Gruppen Q uanten von Silben oder W örtern, welche als zeitliche Einheiten beim Sprechen hervorgebracht werden, dem entsprechend voneinander m it kürzeren oder längeren Pausen abgegrenzt und m it jeweils zumindest einer Akzentstelle versehen.

Intonation ist Gesamtheit der prosodischen Eigenschaften von sprachlichen

Ä ußerungen, die nicht an einen Einzellaut gebunden sind (Prosodie). Bei der Beschreibung von Intonation-Phänom enen werden drei Aspekte in Bet-racht gezogen:

- A kzent (Betonung) durch Druckanstieg a u f einer Silbe; - M elodie (Tonhöhenverlauf);

- R hythm us (Pausengliederung), die jedoch kaum unabhängig von dem A kzent und T onhöhenverlauf beschrieben werden kann.

(25)

D a intonatorische M erkm ale die segmentierbaren Einzellaute überlagern, nennt m an sie auch suprasegmentale Merkmale. Die Ebene der Intonation ist dem nach die suprasegmentale Ebene; bezogen ist nämlich Intonation auf eine Silbe, ein W ort, ein Satzglied (eine Phrase) oder einen Satz, kaum aber a u f einzelne L aute im Unterschied zu der segmentalen Ebene, die die Lautebene bildet. Bei Rausch erscheint die Intonation „im wesentlichen [als] die melodische G estaltung eines Ausspruchs auf der Basis der Akzentuierung-silbe oder -Akzentuierung-silben unter einem bestimmten kom m unikativen Aspekt: z.B. Aussage, A ufforderung, F rage“ (Rausch, Rausch 1993, S. 130).

Die K om binationen der gerade angeführten G esichtspunkte ergo des M elodieverlaufs m it Lautheits- und D auerveränderungen bilden bestimmte Intonationsform en, welchen dann auch die Bezeichnung Intonationsm uster (Intonem e oder Prosodeme) verliehen wird (vgl. Stock 1996, S. 34).

D en Intonationsm ustern wird hinwieder eine gewichtige F unktion beige-messen. M it denen werden offensichtlich bezüglich der rhythmischen G ruppen beim H ören bestimmte Gesetzmäßigkeiten vollzogen, m arkante Effekte ge-zeitigt. D ank den besagten Intonem en können rhythm ische G ruppen als abgeschlossene bzw. nicht abgeschlossene Äußerungen aufgenom men werden, als Aussagen, A ufforderungen oder Fragen oder letztendlich als entschiedene respektive unentschlossene, freundlich-kontaktinteressierte oder sachlich-dis- tanzbetonende K undgaben (Stock 1996, S. 35).

Bei den Intonationsm ustern wollen nun also die A kzentuierung, R hyth-m isierung und M elodieführung durchaus verflochten zuhyth-m Vorschein kohyth-mhyth-men. Die M elodieführung14 - Melodie einer satzförmigen Äußerung kann m an als

zweigeteilt betrachten, und zwar eingegliedert in den A nlauf und E ndlauf der Melodie. M it dem A nlauf wird die C harakterisierung aller möglichen Satzak-zentstellen vor dem letzten Satzakzent gemeint, der E ndlauf wiederum - die Endphasenintonation setzt unmittelbar vor der letzten Akzentsilbe ein und läuft bis zum Ende der rhythmischen G ruppe der Äußerung (vgl. Stock, Hirschfeld

1996, S. 15ff.; Stock 1996, S. 34ff.; Schramm, Schmidt 1980, S. 26-30). Der E ndlauf der Sprechmelodie kann eine der drei G rundform en - In-tonationsm ustern aufweisen:

1) der term inale M elodieverlauf (Tiefschluss) - die M elodie fällt in abgeschlossenen Sätzen nach der letzten betonten Silbe (ergo in der Endphase des Ausspruchs) bis an die untere Grenze des Stimmbereichs a b. 15 Die

14 „Die Melodieführung bewegt sich im Großen und Ganzen in relativ engen Grenzen auf den Gesamtstimmumfang des jeweiligen Sprechers, der etwa - vom tiefsten bis höchsten musikalisch verwertbaren Ton gerechnet - eineinhalb Oktaven umfasst“ (Rausch, Rausch 1993, S. 130).

15 Hierbei muss allerdings angedeutet werden, ein dermaßen großer Melodiefall (in einem großen Intervall) kommt vornehmlich beim gefühlsvollen Sprechen mit großer Erregung ergo bei emphatischer Akzentuierung und bei Kontrastakzentuierung vor. Sonst wird die Melodie bei der besagten Signalisierung der Abgeschlossenheit in einem kleinen Intervall gesenkt (kleiner Melodiefall) (vgl. Stock, Hirschfeld 1996, S. 16f.).

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Fallende Endm elodie dient zur Signalisierung der Abgeschlossenheit von Aussagen, w irkt demnach sachlich, inform ationsbetont und entschieden. Dieses Intonem kom m t vor allem bei Aussagen, A ufforderungen, A us-rufen, Befehlen, aber auch bei Fragen: Ergänzungsfragen und A lterna-tivfragen;

2) der interrogative M elodieverlauf (großer Melodieanstieg) - die Melodie steigt in oder nach der letzten Akzentsilbe steil (in einem großen Intervall) an. Die steigende Endm elodie (also der interrogative Schluss) wird nun bei Entscheidungsfragen, Nachfragen und höflichen Ergänzungsfragen gebraucht, dient daher zum A usdruck der Höflichkeit, Sehnsucht (allerdings auch D rohung oder W arnung);

3) der progrediente M elodieverlauf (schwebende Endmelodie) - die M elo-die bleibt in oder nach der letzten Akzentsilbe in der Schwebe (quasi gleich), sie kann allerdings ein wenig (in einem kleinen Intervall) steigen oder m inimal fallen. D er progrediente Verlauf kennzeichnet die nicht abgeschlos-senen - weiter weisenden Sprecheinheiten, wirkt dadurch auch unentschlossen und unsicher. Die schwebende M elodie kom m t nun bei den zusammengeset-zten Sätzen vor (Satzverbindungen und Satzgefügen), jedenfalls auch bei Aufzählungen, A nreden, Redeankündigungen etc.

6. ZUSAMMENFASSUNG

In dem vorliegenden Beitrag will nun also die phonetische M etasprache expliziert worden sein, welche in der L iteratur zur Phonetik und Phonologie a u f Schritt und T ritt vorbeizieht. Diese Auslegung besteht auch folgerichtig als ein G lossar, m it dessen Zusamm enstellung das Ziel verfolgt wird, den Studenten der germanistischen Philologie an polnischen Hochschulen zur m öglichst fehlerfreien, m ehr noch - zur einwandfreien und gepflegten A us-sprache des D eutschen zu verhelfen. H at nämlich der H örer respektive Sprecher nicht genügendes Wissen über die Prozesse, die sich bei der Sprachproduktion vollziehen, fällt es ihm schwer, lautsprachliche Äußerungen richtig wahrzunehm en und ihnen zugrunde liegende Lautfolgen zu segmen-tieren, geschweige denn Fehler bei der eigenen L autproduktion zu vermeiden, zumal er in den zu Nutze gezogenen dahin gehenden theoretischen Ex-plikationen ohnedies a u f die phonetische M etasprache stößt.

U nanzw eifelbar werden diesbezüglich beim Prozess der A ussprache-schulung außer der hierin aufgerollten „artikulatorischen M ethode“ (organo-genetischen M ethode) auch andere quasi praktischere Verfahren benötigt, dem entsprechend auch in Rechnung gezogen, und zwar die verbotonale A rbeitstechnik (Nachspracheübungen, die sich vorzugsweise der das

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