• Nie Znaleziono Wyników

Lässt sich Urteilssprache als ein Teilgebiet der Rechtssprache eindeutig definieren?

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2021

Share "Lässt sich Urteilssprache als ein Teilgebiet der Rechtssprache eindeutig definieren?"

Copied!
27
0
0

Pełen tekst

(1)

Agnieszka

Stawikowska-Marcinkowska

Lässt sich Urteilssprache als ein

Teilgebiet der Rechtssprache

eindeutig definieren?

Acta Universitatis Lodziensis. Folia Germanica 4, 63-88

2004

(2)

A C T A U N I V E R S I T A T I S L O D Z I E N S I S

FOLIA G ERM ANICA 4, 2004

A g n ie s z k a S ta w ik o w s k a -M a r c in k o w s k a

L A SS T S IC H U R T E IL S S P R A C H E ALS E IN T E IL G E B IE T D E R R E C H T S S P R A C H E E IN D E U T IG D E FIN IE R E N ?

„Die Sprache...

ist nicht etwa bloß das Kleid, sie ist das wahre Leib des Rechts.“

O. Gierke D er M ensch wird heutzutage viel häufiger als noch vor einigen Ja h ren mit dem Rechtsw esen ko n fro n tiert. D as R echt gestaltet unser Leben in der Gesellschaft, vo r allem aber im Staat. D er M ensch strebt d an ach , das R echt zu begreifen, um Problem e zu vermeiden. U nd in diesem Fall m uss m an von schwerw iegenden P roblem en sprechen, denn V erstoß gegen rechtliche O rdnung h a t die V erantw ortung m eist vor einem G ericht zur Folge. D as Wesen des R echts zu begreifen ist aber für einen ganz einfachen Bürger aus m ehrfachen G rü n d en schwierig. V or allem aber die Sprache der d as Recht bestimmenden Juristen bereitet dem Laien Schwierigkeiten. D eshalb will man die R echtssprache m öglichst einfach und verständlich m achen. Leider hat bis jetzt dieses Bestreben keinen Erfolg.

D er vorliegende T ext soll ein Versuch sein, diese Fachsprache aufgrund der Sprache u n d des A ufbaus d er U rteile zu analysieren. Es w erden vor allem die w ichtigsten M erkm ale dieser T ex tart als eines Rechtstextes bes­ prochen. U m dies zu erm öglichen m uss m an zuerst ganz allgemein sagen, was ein U rteil aus der Sicht des R echts ist.

D as U rteil ist n ach D U D E N 1993 (mhd. urieil, ahd. Urteilt) eigentlich ein W ahrspruch, den der R ichter erteilt. In der R echtssprache, im Zivil­ prozess wird es als richterliche E ntscheidung, die einen R echtsstreit in einer Instanz ganz o der teilweise abschließt, verstanden.

N ach einem anderen Lexikon wird das U rteil als eine E ntscheidung des Gerichtes ü ber die K lage im Sinne ihrer G utheißung oder Abw eisung, oder falls sich die K lage als unzulässig oder fehlerhaft erweist, im Sinne ihrer Zurückweisung, bezeichnet (L exiko n A - Z 1990, S. 665).

(3)

64 A gnieszka S taw ikow ska-M arcinkow ska

N ach der polnischen Zivilprozessordnung (ZPO) ist ein Urteil Ergebnis d er gesam ten gedanklichen A rb eit eines G erichts, die a u f Feststellung des faktiven S achverhalts gem äß d er objektiven W irklichkeit und au f A nw endung geltenden Rechts beruht (B LA D O W SK I 1993, S. 156). Die U rteilsv erk ü n d u n g gleicht im Z ivilrecht seinem W esen nach d er E n t­ scheidung.

Alle diese D efinitionen scheinen divers zu sein. Sie haben aber etwas G em einsam es an sich und zwar: ein U rteil ist Entscheidung eines Gerichts, die einen R echtsstreit gem äß dem geltenden R echt abschließt und diese G em einsam keit bildet den K ern der Bedeutung dieses Rechtsbegriffs. So wird das U rteil aus der Sicht der Juristen gesehen. U nd sprachlich? D urch welche Eigenschaften wird die Sprache d er gerichtlichen Urteile gekenn­ zeichnet?

M it der E ntscheidung darü b er, ob dem K lagebegehren stattgeben wird oder nicht, m ü n d et das richterliche U rteil in eine konkrete Sollensanweisung positiver oder negativer A rt. D am it stellt sich die F rage nach Sinn und A usw irkung vorschreibender (präskriptiver) Sätze gegenüber beschreibenden (deskriptiven) Sätzen im richterlichen Urteil.

Die Sätze des richterlichen Urteils sind insoweit identisch, als sie gegen über dem A ngesprochenen bestim m te Inform ationen enthalten. D as haben sie m it allen sprachlichen Sätzen gemein. Id en titä t besteht auch insoweit, als die U rteilssätze den Sinn haben, den R ichterspruch, a u f den sie hinauslaufen und dessen Stützung sie dienen, zu begründen. M it anderen W orten: In fo r­ m ationssätze, die im U rteil stehen, haben ihren besonderen Inform ationssinn darin, dass sie allesamt Urteilsbegründungssätze sind (B A A D E R 1989, S. 9f.).

Jeder Satz, auch der U rteilsbegründungssatz, kann danach befragt werden, ob es sich p rim ä r um einen deskriptiven (konstativen) Satz zur Beschreibung d er T atsach en oder um einen präskriptiven Satz zur Beschreibung des Seinsollenden handelt. So en th ält die D arstellung des Sachverhalts aus­ schließlich deskriptive Sätze, ebenso aber auch die D arlegung der aufgrund d er B ew eisaufnahm e und der Beweiswürdigung feststehenden T atsachen.

D a es sich bei d er D arstellung des Sach- und Streitstandes sowie der Beweisergebnisse um nicht anderes als um die D arstellung des jeweils m aßgeblichen Sozialkonflikts handelt, k an n m a n auch von K o nfliktdarstel­ lungssätzen red en und ihnen - von den noch d arzustellenden Beweis- findungssätzen einmal abgesehen - die Rechtsdarlegungssätze gegenübersteilen (B A A D E R 1989, S. 47f.).

Alle K onfliktdarstellungssätze sind, wie schon angedeutet, kontrastiver A rt. P räsk rip tiv ist jedenfalls die im U rteilsspruch zum A usdruck kom m ende konkrete V erhaltensanweisung, in der doch gerade die eigentliche Präskription des U rteils, also d er unm ittelbar tragende R echtssatz liegt, aber auch alle anderen Rechtssätze, a u f denen er beruht.

(4)

Lässt sich U rlcilssprache... 65

Die den präskriptiven R cchtssätzen vorgeordneten R echtsdarstellungssätze kann m an R echtsfindungssätze nennen (B A A D E R 1989, S. 48). A uch alle knehr oder weniger direkt a u f die Rechtssätze zulaufenden Rechtsfind ungs- fcätze sind konstative, also etw as feststellende Sätze. So wenn m an den pesetzesw ortlaut darlegt, die Entstehungsgeschichte des Gesetzes, die M otive des G esetzgebers, den Stand d er R echtsprechung und der Lehre, aber auch Lenn m an eine zweifelsfreie Z u o rd n u n g /N ich tzu o rd n u n g vornim m t, wenn tnan den Sinn d er N o n n e n interpretiert, bildet m an d an n konstative Sätze. Erst wenn d er R ichter seine V orzugsentscheidung, also die eigentliche W er­ tung trifft, erfolgt eine entsprechende D arlegung durch präskriptive Sätze. Diejenigen U rteilsbegründungssätze, die a u f dem Wege d er Beweiswürdigung ^ur Feststellung einer K onflikttatsache führen, lassen sich als Beweisfmdungs- sätze bezeichnen (B A A D E R 1989, S. 48). A uch bei denjenigen Sätzen, die über die Schilderung einzelner Indizien hinausgehen und die Ü berzeugung des Richters zum A usdruck bringen - sei es d urch B ehauptung einer Beweisverstärkung durch m ehrere Indizien, sei es durch den schlichten Hinweis a u f sein Ü berzeugsein - handelt es sich um konstative Sätze.

R echtsnorm en sind regelhaft allgemeine Sollensanweisungen zur institutio­ neil gesicherten D urchsetzung bestim m ter individueller L ebensgüter. A uch Prozessvorschriften dienen letztlich diesen Zwecken. A u f der anderen Seite der abstrakten V erhaltensanw eisung d er R echtsnorm steht die ko n k rete Verhal- tensanweisung des Richterspruchs. Richterspruch und R echtsnorm unterschei­ den sich d em nach durch die Seinsweisen als k o n k ret oder ab strak t. D arü b er hinaus lässt sich aber die F rage stellen, inwieweit d er einzelne R ichterspruch lediglich das K o n k rete einer bestim m ten R echtsnorm darstellt, also eine inhaltliche Id e n titä t d er G esam tpräskription vorliegt bzw. inwieweit sie sich hier unterscheiden (B A A D E R 1989, S. 12f.). Eine volle Id en titä t in diesem Sinne ist d a n n gegeben, wenn dem in der R echtsnorm gesetzten Begriff der konkrete Lebenssachverhalt ganz eindeutig und jeden Zweifel zuzuordnen ist.

Das gerichtliche U rteil w urde aus der Sicht der R echtsw issenschaft bis letzt seltener als aus der Sicht der Sprachw issenschaft beschrieben, obwohl 5s den K ern d er G erechtigkeit in einem Staat bildet. Die A usfertigung eines Urteils geschieht n ach strengen Regeln, die in Z PO bestim m t w erden. Seine Fassung k a n n n u r u n ter U m ständen verändert, oft einfach verkürzt, werden. Der U rteilsinhalt variiert von R echtsstreit zu R echtsstreit, sein Bau bleibt aber kon stan t. Es schien also sinnvoll ein U rteil als eine T ex tart zu b etrach­ ten und sie zuerst darzustellen, so wie sie auch ist. D as U rteil, gem äß § 313 1er deutschen Z PO und dem A rt. 325 ff.1 der polnischen Z P O 2, sow eit es nicht abgekürzt w ird, besteht aus:

1 In deutscher ZPO gibt es Paragraphen und Absätze für die Bezeichnung ihrer bestimmten Teile. Polnische ZPO bietet an dieser Stelle Artikel und Paragraphen.

(5)

66 A gnieszka S taw ikow ska-M arcinkow ska

1) U rteilseingang (R ubrum ), 2) U rteilsform el (Tenor), 3) T a tb estan d ,

4) E ntscheidungsgründen.

D er U rteilseingang wird m eist R u b ru m oder U rteilskopf genannt und en th ält die zur Identifizierung des R echtsstreits erforderlichen A ngaben.

D as U rteil beginnt m it dem gerichtlichen A ktenzeichen, das nach gelten­ dem R echt anzugeben ist. Es wird üblicherweise zusam m en m it d er Bezeich­ nu n g des entscheidenden G erichts a u f die erste Seite des U rteils oben links o der in die M itte gesetzt, z.B.:

Finanzgericht K öln oder S ą d Administracyjny

- 112 FG 135/81 - S A /S z 1583/98

D ie deutschen U rteile ergehen „im N am en des V olkes“ u n d demzufolge lautet die Ü berschrift im N am en des Volkes, die polnischen dagegen bezeich­ nen zusätzlich das L and, wo das U rteil gefällt w ird u n d dem zufolge lautet die Ü berschrift W yrok - W imieniu R zecz(y)pospolitej Polskiej ( Urteil - Im

Nam en der Republik Polen). D an ac h steht d a n n das D atum und der Ort,

wo das U rteil gefällt wurde.

In Polen w ird an dieser Stelle der vollständige N am e des Gerichts (z.B.: S ą d O kręgowy w Łodzi, S ą d Rejonowy dla m. st. W arszawy) und seine A bteilung (z.B.: W ydział I Cywilny) genannt. D an n wird auch der N am e des R ichters, bzw. d er R ichter, ihre A m tsbezeichnung, häufig in F o rm einer A bkürzung, (z.B.: S S N , S S R ) und d er N am e des Protokoll­ führers angegeben. In D eutschland stehen diese In fo rm atio n en im m er erst n ach d er Parteibezeichnung.

U rteile in D eutschland w erden im allgemeinen nicht m it der Überschrift „ U rte il“ versehen. Lediglich besondere U rteilsarten, wie z.B. Teilurteile, Z w ischenurteile w erden entsprechend gekennzeichnet, und zw ar u n ter der obengenannten Ü berschrift.

N ach der Ü berschrift wird das R u b ru m m it der in ZPO vorgeschriebenen „B ezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen V ertreter und der Prozessbevoll­ m äch tig ten “ (k.p.c.) fortgesetzt.

Z u r V erm eidung von Schwierigkeiten bei der Zw angsvollstreckung des U rteils sollen die P arteien genau und unm issverständlich bezeichnet werden. Bei natürlichen Personen (also M enschen) sind V or- und Z unam e, evtl. ; auch der G eburtsnam e, sowie die vollständige A nschrift anzugeben. Die ! B erufsbezeichnung einer P artei ist ebenfalls m itzuteilen. Bis 1977 w ar in' D eutschland obligatorisch die Parteistellung anzugeben. D a ru n te r versteht m an die F achbezeichnung d er P arteien als K läger, W iderkläger, W iderbe­

(6)

L ässt sich U rteilssprache... 67

klagter, Streithelfer usw. In der Praxis ist es auch nach wie vor üblich, auch in polnischer Justiz, die Parteistellung im R u b ru m anzugeben. W enn die Parteien m ehrere Parteistellungen haben, w erden sie alle im R ubrum m it­ geteilt. In der Urteilsform el, im T atbestand und in den Entscheidungsgründen wird die P artei dagegen n u r m it ihrer ursprünglichen Parteistellung als ,K läger4 oder ,B eklagter4 bezeichnet. Im R u b ru m heißt es also z.B.:

Im Namen des Volkes In dem Rechtsstreit

des... Klägers und Widerbeklagten gegen

den... Beklagten und Widerkläger.

In den übrigen A bschnitten des U rteils ist dagegen stets vom ,K läg er4 und ,Beklagten4 u n d nicht vom ,W iderkläger4 und ,W iderbeklagten4 die Rede.

In Polen bezeichnet m an die P arteien d urch A ngabe der Vor- und Nachnamen nach den W orten: z powództwa (als K lage auftretend) und

urzeciwko (gegen). D ie P arteien w erden weiter als pow ód und pozwany

Dder oskarżony bezeichnet, also so wie in D eutschland als K läg er und Beklagter, z.B.:

Wyrok - W imieniu Rzeczypospolitej Polskiej Wyrok Sądu Najwyższego - Izba Cywilna i Administracyjna

z dn...

Z powództwa

przeciwko

Üblich ist in D eutschland die K ennzeichnung d er Parteistellung der klagen- len P artei im G enitiv, die d er beklagten Partei im A kkusativ, z.B.:

Im Namen des Volkes In dem Rechtsstreit

des Herrn Peter Schmitz, Schreinermeister, Eberplatz 5, 5000 Köln 1, Klägers gegen

Frau Erna Müller, Hausfrau, Eigebtein 17, 5000 Köln 1,

(7)

68 A gnieszka S taw ikow ska-M arcinkow ska

O ft wird dic A nredeform ,H err‘ bzw. ,F ra u ‘ weggelassen. D ie Parteibezeich­ nu n g lau tet dann:

Im Namen des Volkes In dem Rechtsstreit

des Schreinermeisters Peter Schmitz, Eberplatz 5, 5000 Köln I,

Klägers gegen

die Hausfrau Erna Müller, Eigelstein 17, 5000 Köln 1,

Beklagte.

N ach d er Bezeichnung d er Parteien folgt in deutschen seltener als in polnis­ chen U rteilen (nur im Strafprozess) die Bezeichnung d er Prozessbevollmächtig- ten. In d er Regel h an d elt es sich beim Prozessbevollm ächtigten um einen zugelassenen R echtsanw alt. Sie w erden im U rteilsrubrum lediglich m it N a ­ chnam en und K anzleiort (in deutschen Urteilen) bezeichnet. In Polen gibt m an selten seine dienstliche Stelle und die von ihm repräsentierte A nw altschaft an.

D er Prozessbevollm ächtigte wird im U rteilsrubrum hinter (unter) der A ngabe d er Parteistellung d er von ihm vertretenen P artei aufgeführt, und zw ar zweckmäßigerweise als unvollständiger Schaltsatz in Parenthese, z.B.:

Im Namen des Volkes In dem Rechtsstreit

des... Klägers, Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. X in München

-gegen

Frau... Beklagte, Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. Y und X Y, Karlstraße 7,5040 Brühl

-Wyrok - W imieniu Rzeczypospolitej

Dnia ... Sąd Rejonowy w ... Przewodniczący... Protokolant... W obecności Prokuratora ... Po rozpoznaniu sprawy Z powództwa przeciwko

(8)

L ässt sich U rteilsspracbe... 69

U nm ittelbar n ach d er Bezeichnung der Prozessbeteiligten und ihrer Prozess­ bevollm ächtigten findet m an häufig den ,B e tre ff (wegen in deutscher Justiz und о also über in polnischer Justiz), der den G rund des A nspruches angibt. A ußerdem sollte der G egenstand der K lage auch seiner besonderen A rt genau bezeichnet werden, z.B. wegen Mietzinsenforderung, wegen Wider­

spruchs gegen die Zwangsvollstreckung, o eksmisję (Räumungsurteil).

In Polen, wie erw ähnt, steht die Bezeichnung des G erichts und des Richters un m ittelb ar nach der Ü berschrift Urteil - im Nam en der Republik

Polen. Es gibt auch A bw eichungen von dieser Regel und d an n , so wie in

D eutschland, steht diese Bezeichnung erst nach d er Parteibezeichnung. D as polnische U rteil gibt die N am en der R ichter in folgender F o rm an: der A ngabe des zuständigen G erichtes und seiner A bteilung folgt w składzie

następującym (in folgender Besetzung). D a n n w erden die N am en des V orsit­

zenden des erkennenden G erichts, der Schöffen und eines Protokollführers b ek an n t gegeben, z.B.:

Sąd Rejonowy w Łodzi II Wydział Cywilny W składzie następującym:

Przewodniczący... Ławnicy... Protokolant...

po rozpoznaniu w dniu 30 czerwca 1995 roku w Łodzi

D ie B ezeichnung des R ichters, wie gesagt, erfolgt u n ter d er A ngabe des Beklagten, bzw. seines Prozessbevollm ächtigten, z.B.:

... Beklagten, - Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. X in München

hat die 3. Zivilkammer des Landesgerichts Bayern... durch den Richter am Amtsgericht Dr. Y...

Es ist üblich, den T ag der letzten m ündlichen V erhandlung im R ubrum hinter die Bezeichnung des G erichtes, aber vor die N am en der m itw irkenden R ichter zu setzen z.B.

hat die Zivilkammer des Landesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 28. Januar 1981 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. X

(9)

70 A gnieszka S taw ik ow ska-M arcinkow ska

C h arakteristisch ist die R eihenfolge hal ... a u f ... durch .... M itu n ter wird d er T a g d er letzten m ü ndlichen V erh an d lu n g erst nach d er Bezei­ chnung des G erichts u n d d er N am en der m itw irkenden R ichter erw ähnt

{hat ... durch ... a u f ...).

D as R u b ru m endet m it den W o rten ... fü r R echt erkannt: ... (als d er für R echt E rkennende wird hier das entsprechende G ericht gemeint),

orzeka ... {erkennt), zasądza {erkennt zu) oder ustala {setzt fe st), denen

die U rteilsform el folgt.

D em R u b ru m , das m it den W orten „für R echt e rk an n t“ endet, folgt die U rteilsform el, die auch U rteilstenor oder U rteilsatz genannt wird. Sie ist das K ern stü ck des U rteils, zugleich dessen wichtigster Teil. Sie wird unm it­ telbar an den U rteilseingang m itgeteilt, jedoch äußerlich sichtbar abgesetzt von den anderen Bestandteilen des U rteils, u n d zw ar in d er Regel durch E inrücken. Im Allgem einen besteht die U rteilsform el aus drei Teilen:

- dem A usspruch zu r H auptsache - einschließlich Z insen und sonstiger N ebenforderungen,

- dem A usspruch ü ber die K o ste n des R echtsstreits,

- dem A usspruch ü ber die vorläufige V ollstreckbarkeit d e r Entscheidung. D ie F o rm ulierung des A usspruchs zur H auptsache h at sich grundsätzlich am K lageantrag zu orientieren, wobei die direkte Rede als sprachlich einfach­ ste F o rm zu w ählen ist. E rklärende Zusätze, die die L eistung kennzeichnen sollen, w erden verm ieden. Sie gehören in die Entscheidungsgründe.

Bei klageabw eisenden U rteilen ist die einfachste F assu n g des A usspruchs zu r H auptsache: Die Klage wird abgewiesen. Ob die K lage als unzulässig oder als unbegründet abgewiesen wird, bed arf in der U rteilsform el keiner K ennzeichnung. W ird d er K lage stattgegeben, richtet sich die U rteilsform el zu r H au p tsach e n ach der A rt der K lage (Leistungs-, Feststellungs-, G eltung­ sklage). Bei d er in d er Praxis am m eisten vorkom m enden Leistungsklage beginnt die U rteilsform el m it d er Form ulierung:

Der B eklagte wird verurteilt, ...

H a n d elt es sich um eine Z ahlungsklage, so lautet die U rteilsform el z.B. so:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10 000 D M nebst 5% Zinsen seit dem 1.4.1981 zu zahlen

oder

D ie Beklagten werden als Gesamtschuldner Bezeichnet, an die Kläger als Gesamtgläubiger 20 000 D M nebst 8,5% Zinsen seit dem 12.3.1980 sowie 3 D M zu zahlen.

(10)

L ässl sich U rleiissprache.. 71

Bei F eststellungsurteüen ist weitgehend die Form ulierung üblich: E s wird

festgestellt, dass ... E infacher und sprachlich klarer ist - im H inblick au f

das E n d e des O bersatzes „fü r R echt e rk a n n t“ - jedoch die Fassung, die au f den vorbezeichneten, vorangestellten H au p tsatz verzichtet, z.B.:

D ie Kläger sind Erben nach dem Erblasser ... zu je 1 f - D er Kläger ist das eheliche K ind des Beklagten.

D er einfachste Fall ist der, dass der K läg er dem G ru n d nach voll siegreich wird. D er A usspruch lau tet dann:

D ie Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt.

Bei einem V orbehaltsurteil, sow ohl in deutschen als auch in polnischen G erichten, sind solche V arianten möglich:

Der B eklagte wird verurteilt, an den Kläger ... zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

D as Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der B eklagte d a r f die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung ... abwenden, wenn nicht der Kläger ... Sicherheit leistet (B A L Z E R , F O R S E N 1986, S. 72).

Bei Berufungsurteilen gibt es auch bestim m te T enorfassungen. W ird die Berufung als unb eg rü n d et zurückgewiesen, ist zu form ulieren:

Die Berufung des ... gegen das am ... verkündete Urteil der 20. Zivilkam m er des Landgerichts Köln wird zurückgewiesen.

S ą d W ojew ódzki iv Skierniewicach, W ydział Cywilny po rozpoznaniu spra­ w y z powództw a X przeciwko Y o odwołanie darowizny postanawia odrzucić apelację pozwanej.

H a t die Berufung Erfolg - zum indest teilweise - so richtet sich die F o r­ m ulierung dan ach , wie die erstinstanzliche Entscheidung ausgefallen war. N ach zusprechendem Urteil:

A u f die Berufung des Beklagten wird das am ... verkündete Urteil der ... abgeändert: die Klage wird abgewiesen.

A u f die B erufung des Beklagten ... teilweise abgeändert: Der Beklagte wird verurteilt, ... zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

(11)

72 A gnieszka S taw ikow ska-M arcinkow ska

N ach klageabw eisendem U rteil:

A u f die Berufung des Klägers ... teilweise abgeändert: Der Beklagte wird verurteilt, ... zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen. D ie weiter­ gehende Berufung wird zurückgewiesen.

D em oben genannten Teil folgt der T atbestand. H ier sollen „die erhobenen A nsprüche und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsm ittel un ter H ervorhebung d er gestellten A nträge nu r ihrem wesentlichen In h alt nach k n ap p dargestellt w erden“ (ZPO, k.p.c., § 13 Abs. 2). W as das W esentliche des Sach- und Streitstands ist, k an n n u r an h an d des Einzelfalls beurteilt w erden. Allgem ein lässt sich sagen: wegzulassen sind solche T a t­ sachen und B ehauptungen, a u f die es für die Entscheidung unm öglich ankom m t. Im übrigen sollte d er T atb estan d dem Leser a u f folgende F ragen eine A n tw o rt geben:

- W as verlangt d er K läger vom Beklagten?

- A us welchem tatsächlichen G rund wird die jeweilige F o rd e ru n g gestellt? - In w elcher zeitlichen A bfolge haben sich die Ereignisse zugetragen? - Ü b er welche wesentlichen T atsachen streiten die Parteien? A lso was ist streitig und was ist unstreitig?

W enn auch der T atb estan d im A ufbau durch B esonderheiten des Einzel­ falles beeinflusst w ird, lässt sich gleichwohl ein G rundschem a aufstellen. Dieses G ru n d sch em a lautet in K urzform wie folgt (B A L ZE R , F O R S T E N 1986, S. 76):

- U nstreitiger S achvortrag, - B ehauptungen des K lägers, - A n tra g des K lägers, - A n tra g des Beklagten, - B ehauptungen des Beklagten, - E inreden des Beklagten.

D er T atb estan d beginnt m it d er Schilderung des unstreitigen T atsachen­ vortrags, m it d er sog. G eschichtserzählung. D er Begriff „G eschichtserzäh­ lung“ weist bereits d a ra u f hin, dass die unstreitigen T atsachen grundsätzlich in historischer Folge dargestellt werden. D ie G eschichtserzähiung ist für die im Strafprozess gefällten U rteile charakteristisch.

D er für die deutschen U rteile charakteristische M odus ist d er Indikativ, Z eitform in d er Regel das Im perfekt, bei weiter zurückliegenden T atsachen auch d as Plusquam perfekt. Soweit m an einen gegenwärtigen Z u stan d schil­ dert, ist die Zeitform natürlich das Präsens. Ausnahm sweise wird das Perfekt verwendet: w enn die T atsache aus der V ergangenheit noch in die G egenw art hineinw irkt, z.B.:

(12)

L ässt sich U rteilssprache... 73

Der Beklagte hat m it - vorprozessualem - Schreiben vom ... die Aufrech­ nung erklärt.

Die polnischen U rteile w erden m eist im Präsens und in der V ergangenheit (k.p.c.) entw orfen. D er M odus ist d er Indikativ. H äufig w erden auch A ktiv­ partizipien in adverbialer F o rm (imiesłów współczesny) verw endet, z.B.:

O skarżeni X i Y w dniu S marca 1990 roku w Skierniewicach działając wspólnie i w porozumieniu pobili Z uderzając go pięściami, powodując u niego obrażenia ciała.

Einer E inleitung, die m it einem Satz den Streit der Parteien kennzeichnet

- Z.B.:

Der Kläger verlangt von dem Beklagten Schadenersatz aus einem Ver­ kehrsunfall

bedarf es regelm äßig nicht, d a sich der T atb estan d an die P arteien wendet, denen der Streit bek an n t ist.

U n m ittelb ar im A nschluss a n die G eschichtserzählung folgt ohne beson­ dere Ü berleitung, nu r d urch einen A b satz getrennt, die D arstellung der Behauptungen des K lägers. D iese T rennung m ach t deutlich, inwieweit die Parteien in dem zu r E ntscheidung stehenden S achverhalt übereinstim m en und ü ber welche T atsachen sie streiten.

Es soll deutlich gem acht w erden, dass es sich um B ehauptungen des Klägers handelt. Um diese K ennzeichnung nicht bei jed er einzelnen B ehaup­ tung w iederholen zu m üssen, beginnt m an m it der vorangestellten Einleitun- gsformel: D er Kläger behauptet ... o der D er Kläger beantragt .... D ie B ehauptungen w erden in deutschen U rteilen in indirekter R ede geschildert. Der M odus ist d er K onjunktiv I, Zeitform regelm äßig das Präsens oder Perfekt. Im perfekt oder Plusquam perfekt wird n u r d a n n angew endet, wenn K onjunktiv I und Indikativ des betreffenden Verbs im P räsens bzw. Perfekt nicht zu unterscheiden sind, z.B:

[...] Der Kläger behauptet

E r sei nach F rankfurt gefahren und habe angehalten. [...]

In polnischen U rteilen w erden die B ehauptungen des K lägers, ähnlich wie die G eschichtserzählung, in indirekter R ede geschildert. D er M o d u s ist aber nur d er In d ik a tiv 3 u n d die Zeitform - Präsens oder V ergangenheit, z.B.:

3 In polnischen Urteilen verwendet man keinen Konjunktiv, denn er hat im Polnischen eine andere Funktion wie im Deutschen. Um die Indireklheit der Aussage zu gewinnen,

(13)

74 A gnieszka S taw ikow ska-M arcinkow ska

[...] O skarżony stwierdził, iż zam iar ten powstał iv chwili, gdy weszli do

sklepu p rzy ul. X , po to, aby się czegoś napić. [...]

F ü r die K ennzeichnung des streitigen T atsachenvortrags einer Partei ver­ w endet m an den A usdruck behaupten, denn andere Begriffe, die allerdings in der Praxis verwendet w erden, wie z.B.: vortragen, gellend machen, darlegen,

ausführen und Vorbringen m achen nicht hinreichend deutlich, dass d er Sach­

verhalt bestritten ist. A llerdings gibt es Fälle, die eine sinnvolle Schilderung streitiger T atsachen n u r in V erbindung m it einer Vielzahl unstreitiger T a t­ sachen und m it Rechtansichten zulassen, so dass die V erw endung eines neutralen Begriffs d er oben genannten A rt empfehlenswert sein kann.

Im A nschluss an die B ehauptungen des K lägers bringt m a n zunächst seinen K lag ean trag u n d unm ittelbar folgend den A n trag des Beklagten. Die A n träg e gibt m a n regelm äßig w örtlich wieder, z.B.:

D er Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 3000 D M zu zahlen. D er B eklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

U n m ittelb ar an den A n trag des Beklagten schließt sich, vor allem im Strafprozess, sein V erteidigungsvorbringen an.

Bei d e r B ehandlung d er G rundschem as k üm m ert m an sich oft nicht daru m , ob d u rch die starre T rennung von unstreitigem und streitigem S achvortrag d er Sachverhalt noch verständlich u n d übersichtlich bleibt. Es liegt a u f d er H a n d , dass die F o rd e ru n g nach V erständlichkeit und Ü bersich­ tlichkeit oberstes G eb o t des T a tb estan d s sein soll. Leider ist es nicht im m er d er F all. D eshalb verzichtet m an oft a u f die A ufbauregeln, also a u f das G rundschem a, d am it d er T atb estan d verständlicher u n d übersichtlicher wird.

N eben dem R u b ru m u n d dem T en o r bilden die E ntscheidungsgründe, w enn sie laut d er Prozessordnung entw orfen w erden, den zweiten Teil eines U rteils. Zw ischen dem T enor u n d den Entscheidungsgründen besteht eine enge V erbindung - die Entscheidungsgründe enthalten die U rsachen (Motive) d e r im T en o r vorhandenen E ntscheidung, also d e r In h a lt d er Urteilsform el bestim m t den U m fan g der Entscheidungsgründe.

D ie E ntscheidungsgründe dienen d er E rk läru n g des Standpunktes des G erichts in einem Prozess. Sie beschreiben genauer die G rundm otive einer E ntscheidung. Sie treten sow ohl in m ündlicher als auch schriftlicher Form auf. In m ündlicher F o rm kom m en sie gleich nach d er U rteilsverkündung vor. Sie dienen d a n n d er B egründung des gerade vorgelesenen Urteils und sind nicht so genau wie die schriftlich dargestellten E ntscheidungsgründe.

verwendet man im Polnischen solche Verben wie: behaupten, meinen, sagen u.a. in 3. Person Sing. oder Pl., denen die Äußerung der Partei in 3. Person Sin./Pl. folgt.

(14)

L ässl sich U rleiissprache... 75

D ie schriftlichen Entscheidungsgründe w erden innerhalb einer W oche nach d e r letzten m ündlichen V erhandlung niedergeschrieben und beinhalten genaue B eschreibung d er Sache und die genaue B egründung d er M otive des Richters. D ie Entscheidungsgründe bilden deshalb den längsten Teil eines Urteils, obw ohl sie gem äß d er P rozessordnung eine „kurze Zusam m enfassung der E rw ägungen in tatsächlicher und rechtlicher Beziehungen“ (ZPO , k.p.c. § 313 III) sein sollten. D ie Z usam m enfassung1 stellt bereits die K onzentration auf das gedanklich N otw endigste dar.

Es gibt, wie erw ähnt, gesetzliche R egelung des Inhalts d er E ntscheidung­ sgründe. Sie w erden in der P rozessordnung geregelt. D er A u fb au der deuts­ chen und polnischen Entscheidungsgründe ist aber divers. A us der Regelung der beiden S taaten ergeben sich fü r In h a lt und G estaltung der E ntscheid­ ungsgründe die folgenden G rundregeln:

- Z u e rst die Ü b ersch rift sow ohl in deutschen als auch polnischen Urteilen:

Entscheidungsgründe Uzasadnienie

- Einleitende, kurze F eststellung der Ergebnisse der E ntscheidung in deutschen U rteilen:

D ie zulässige Revision des Klägers ist begründet. Sie fü h rt zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zu Zurückweisung gem . § 565 Abs. 1 S a tz 1 Z P O .

- A n dieser Stelle tritt in polnischen U rteilen eine kurze Beschreibung

der G rü n d e d er E inreichung d er K lageschrift:

Jan K ow alski w pozw ie z dnia 1 czerwca 2001r. wniósł o zasądzenie od Stefana W alczaka kw oty 15 000 złotych z ustaw owym i odsetkam i tytułem odszkodowania za szkodę wyrządzoną na sk u te k przelania się wody z m ieszkania pozwanego do mieszkania powoda, ja k również za­ sądzenia kosztów procesu.

- in deutschen U rteilen folgt den Ergebnissen d er Entscheidung die

K larstellung des A ntrags:

D as Landesarbeitsgericht hat angenommen, wegen des rechtzeitigen und ordnungsgemäßen W iderspruchs des Klägers sei sein Arbeitsverhältnis nicht auf. ... übergegangen, jedoch sei es durch die streitige Kündigung aufgelöst worden.

(15)

76 Agnieszka S taw ik ow ska-M arcinkow ska

- in polnischen U rteilen findet m an an dieser Stelle eine kurze Be­ schreibung des Prozessveriaufs:

N a rozprawie w dniu ... pow ód cofnął powództwo ze zrzeczeniem się roszczenia co do kw oty 3000 złotych [...].

W dniu ... tutejszy S ą d wydal wyrok, mocą którego zasądził od pozwanego na rzecz powoda ... i oddalił powództwo, co do pozostałej części [...].

- Zusam m enfassender Satz am E nde d er Entscheidungsgründe in deutschen und polnischen Urteilen:

Das F A beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Biorąc p o d uwagę pow yższe okoliczności należało orzec ja k na wstępie.

D ie Sprache d er Entscheidungsgründe ist nüchtern, k lar, k n a p p u n d all­ gem einverständlich. Sie verm eidet alles Ü berflüssige, insbesondere W ieder­ holungen. D er Stil ist kategorisch. D as G ericht verlangt doch ein bestimmtes, seiner E ntscheidung entsprechendes V erhalten. Es duldet keinen W iderspruch. V on d ah er bezieht d er Stil einen Teil seiner Ü berzeugungskraft. M a n ver­ m eidet F rem dw örter, weil der U rteil auch für die P arteien bestim m t ist, die in d er Regel juristische Laien sind. A uch die Fachausdrücke in lateinischer Sprache sollen entfallen. D ie Sprache soll also den allgem einen Regeln der deutschen o der d er polnischen Sprache entsprechen.

Jeder R ichter h a t seinen eigenen Stil, wichtig ist aber, dass er die T atsach en nicht zu dram atisch o der hum oristisch darstellt. E r soll D ialek t­ oder D o k trin au sd rü ck e, rhetorische u n d oratorische V erzierungen vermeiden. E r soll auch n ich t zu viele A djektive in F o rm von A ttrib u te n verwenden, obw ohl es in der Praxis ein sehr häufiger F all ist. Es em pfiehlt sich, dass d er R ichter die Entscheidungsgründe in d er V ergangenheit form uliert. In deutschen U rteilen ist das m eist, anders als im gerade beschriebenen T a tb e ­ stand, das Perfekt. K on ju n k tiv e u n d O ptative (möchte, dürfte, sollte) gehören nicht in die Entscheidungsgründe, ebenso wenig die Füllw örter u.a. wie

offenbar, selbstverstädlich, zweifelsfrei. In polnischen U rteüen beobachtet m an

zusätzlich die Beliebtheit für die unpersönlichen Sätze.

Z u r F o rm u lieru n g d er Entscheidungsgründe d a rf a u f die F austregel von Schelham m er verwiesen w erden (S IE G B U R G 1985, S. 88):

- schlichte, klare S achprosa, - k u rze H auptsätze,

- N ebensätze nu r für N ebengedanken,

- einen G edanken n ach d o n anderen entwickeln, sta tt m ehrere G edanken ineinander zu verschachteln,

(16)

L ässt sich U rleilssprache... 77

- V erben sta tt Substantive, - A ktiv- sta tt Passivform ,

- spezielle, anschauliche Begriffe anstelle verw aschener, allgem einer Begriffe,

- Z u rü ck h altu n g im G ebrauch juristischer Fachausdrücke.

N ich t jed er P u n k t dieser Regeln entspricht ab er d er Praxis, was die Beispiele im folgendem T ext sehr g u t beweisen, denn sehr oft tritt in E ntscheidungsgründen z.B. die Passivform auf. A uch die N orm alisierung der S prache ist sow ohl fü r diesen als auch für früher besprochene U rteil­ steile charakteristisch. W ie gesagt jed er R ichter h a t seinen eigenen Stil und er entscheidet darü b er, wie er die Entscheidungsgründe schreibt. G e­ rade diese Spracherscheinungen scheinen aus sprachökonom ischen G rü n ­ den sehr prak tisch zu sein und w erden wider der F austregel sehr häufig verwendet.

A u fb au und G edankenführung w erden in allen Teilen d er E ntscheidungs­ gründe wesentlich von dem sog. Urteilsstil bestim m t. Seine E igenarten lassen sich am besten durch einen Vergleich m it dem G utachtenstil darstellen. G enauer ausgedrückt ist der U rteilsstil das Gegenteil des G utachtenstils. Im G utachten spielt m a n die R olle des Suchenden, des Fragenden. M a n stellt eine A nspruchsgrundlage zur D iskussion u n d prüft, ob sie den K lageantrag rechtfertigt. D ie A bfolge lautet: fragen - subsum ieren - antw orten. Die V erbindung zwischen F ra g e und A n tw o rt stellen Sätze d a r, die m an - bei übertriebener A nw endung des G utachtenstils - alle m it W ö rtern wie daher,

deshalb, folglich usw. einleiten könnte.

W enn m a n n u n das U rteil schreibt, vertauscht m an die Rolle des F ra g en ­ den m it d er des A ntw ortenden. D er U rteilsstil ist d er A ntw ortstil (Schnei­ der).4 M a n p rü ft nicht m ehr, sondern teilt das Ergebnis seiner P rü fu n g - die E ntscheidung - m it. Diese D arstellungsweise gilt für die Entscheidungs­ gründe insgesam t, ab er auch fü r jeden einzelnen ihrer A bschnitte, E r beginnt m it dem Teilergebnis (O bersatz), und ihm folgt seine unm ittelbare Begrün­ dung, z.B.:

Die Klage ist nicht begründet. Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Anspruch aus der angeblichen Verletzung des M aklervertrages vom 14.5.1981. D er Beklagte ist durch den Vertrag nickt verpflichtet worden. Er hat die Vertragsurkunde nicht unterschrieben. [...]

W świetle zgrom adzonych dowodów i przedstawionych dowodów sąd uznał X w innym popełnionych czynów. N ie budzi wątpliwości, iż X przyjął na siebie dobrowolnie obowiązki jednego ze skarbników w miejscowości Y. [...]

(17)

78 A gnieszka S taw ikow ska-M arcinkow ska

So en tsteh t eine Begründungsreihe oder Begründungskette, bei der ein Glied au s dem anderen folgt, solange bis es kein warum? und nichts m ehr zu begründen gibt. Zw ischen einem U m stand und dem nächsten besteht jeweils eine kausale Beziehung. Jeden Satz einer solchen Begründungskette könnte m an m it denn o der nämlich versehen.

M a n geht in den Entscheidungsgründen aJso vom E rgebnis aus und gibt zu diesem E rgebnis die Begründung, w oraus sich auch die grundsätzliche V erw endung des U rteilsstils (,D enn- Stil1, Begründungsstil) - im U nterschied zum G utachtenstil - ergibt. A m E nde d er Entscheidungsgründe gibt es eine kurze Z usam m enfassung, die m öglichst kom prim iert dargestellt wird, wobei aber die V ollständigkeit, V erständlichkeit und Ü berzeugungskraft gew ahrt bleiben m üssen.

A u fg ru n d d e r ob en geschilderten In fo rm atio n en , die vor allem ein U rteil als eine rechtliche T extart bespricht, lässt sich nicht feststellen, ob m a n die U rteilssp rach e eindeutig definieren kann. In diesem Teil des Textes w erden also Ergebnisse d e r praktischen U ntersuchungen n u r au f dem G ebiet d er Sprache dargestellt. D en U ntersuchungen zugrunde liegen authentische deutsche und polnische G erichtsurteile. D en A usgangspunkt bilden aber die deutschen U rteile, m it denen die polnischen nu r unilateral verglichen w erden. Es w erden nicht alle A spekte d er Sprache untersucht. D ie, die hier Vorkommen w erden, treten aber am häufigsten a u f und sind für die U rteilssprache, genauer gesagt, fü r die G erichtssprache cha­ rakteristisch.

U nd gerade das V organgspassiv bildet gram m atische F o rm , die in deuts­ chen U rteilen sehr häufig verw endet wird. In polnischen U rteilen ist das ein seltener Fall. D as ergibt sich d araus, dass im Polnischen das Passiv im allgem einen viel seltener gebraucht wird als im D eutschen.

D ie deutsche D U D E N -G ram m atik (1998, S. I72f) gibt zw ar an, dass „ a u f das A ktiv (in T exten der deutschen G egenw artssprache) entfallen im D u rch sch n itt etw a 93% , a u f das Passiv etw a 7% (V organgspassiv ca. 5% , Z ustandspassiv ca. 2 % ) der finiten V erbform en“ aber in dem untersuchten M aterial findet m a n keine Begründung für diese Feststellung. In den deuts­ chen U rteilen wird das Passiv viel häufiger verwendet als das A ktiv, weil d a n k „dem V organgspassiv verliert die H a n d lu n g als solche ihren C h a rak ter u n d erscheint als ein - vom H andelnden losgelöster - V organg“ (D U D E N 1998, S. 176). D ie ein U rteil fällenden R ichter wollen dad u rch eine M it­ teilungsperspektive entw ickeln, u n d zw ar d u rc h T h em atisieru n g 5 des

5 Ats Thema bezeichnet man den Ausgangspunkt einer Mitteilung, das Bekannte, Gegebene, das als solches für den Hörer/ Leser nur geringen oder gar keinen Mitteilungswert hat. Syntaktisch gesehen besetzt es meistens die Subjektstelle - vgl. D UDEN (1998), S. 176.

(18)

L ässl sich U rteüssprache.. 7 9

A kkusativsobjekts in einem U rteil und R hem atisierung" von P rä d ik a t und A gensgröße (H andlungsträger).

In einem untersuchten U rteil w erden m eh r als 20% , in einem anderen ca. 50% aller Sätze als Passivsätze erm ittelt. D as zeigt, dass sich das Passiv, vielleicht auch als eine sprachökonom ische A usdrucksw eise gem eint, in den U rteilen großer P o p u la ritä t erfreut.

In polnischen U rteilen dagegen bilden die Passivsätze eine überwiegende M inderheit. N u r 1% d er Sätze sind Passivsätze.

Beispiel:

Wegen seiner gesundheitlichen Einschränkungen wurde dem Kläger eine entsprechende Sitzgelegenheit zur Verfügung gestellt.

A u f die Berufung der Antragsgegnerinnen wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkam m er 15, vom 26. A pril 1995 abgeändert. Die einstweilige Verfügung vom 10. A pril 1995 wird aufgehoben und der ihr zugrunde liegende A ntrag zurückgewiesen.

Der Streitw ert wird auch fü r die R echtsm ittelinstanz a u f 500 000 D M festg e setzt.

A n diesen Beispielen sieht m an, dass in den in allen deutschen U rteilen vorhandenen Passivsätzen selten ein T äter, U rheber d er H andlung, genannt wird. Es ist aber klar, dass das beschriebene G eschehen einer H andlung m eist d u rch den Beklagten zustande kam und dass die Entscheidung selbst, vom G ericht getroffen wurde. Es w äre unangebracht, sie in jedem Satz als T räger des G eschehens zu bezeichnen. D as ergibt sich aus dem K o n tex t dieser A ussage (zuerst wird die H an d lu n g des Beklagten beschrieben, dann lässt d as G ericht, das alle Entscheidungen trifft, die beschrieben w erden müssen, ein U rteil ergehen) und ist für jedes deutsche U rteü charakteristisch.

In den polnischen U rteilen w äre vielleicht n ich t richtig von einer Regel zu sprechen, weil die Passivsätze sehr selten verwendet w erden. M eist sind das kurze Feststellungen, die aber n u r den H intergrund d er beschriebenen H andlung und späteren Entscheidung bilden. A n den wenigen Beispielen (meist treten 2 bis 3 Passivsätze z.B. in einem 4-seitigen U rteil auf) kan n m an schlecht zu w eitgehenden Schlussfolgerungen kom m en. Eins steht aber bestim m t fest: im Vergleich zu den deutschen U rteilen sind die polnischen deutlich ärm er an P assivkonstruktionen, w as im allgem einen für das Polnis­ che charakteristisch ist. D ie wenigen Beispiele aus den polnischen U rteilen:7

6 Als Rhem a bezeichnet man das neue Mitzuteilende, das den größten Mitteilungswert

trägt - vgl. D U D EN (1998).

(19)

80 A gnieszka S taw ik ow ska-M arcinkow ska

Prowizja została uiszczona w dniu transakcji.

Pozostałe przesłanki zastosowania tego przepisu zostały w pełni spełnione.

Die U npersönlichkeit des Urteilsstils, was die Voraussetzung der Urteilssprache ist, w ird in d en polnischen U rteilen durch die Reflexivformen: m ów i się (man

sagt), zasądza się (m an erkennt zu) erreicht, für die die V erw endung des

R eflexivpronom ens się (sich) charakteristisch ist. D ie zweite M öglichkeit, die häufiger vorkom m t, besteht in dem unpersönlichen G ebrauch des Verbs, meist in bezug a u f die Vergangenheit: zasądzono, mówiono, die im D eutschen durch dieselben F o rm e n wie bei Reflexivform en ersetzt w erden könnten. Beispiel:

Z asądza się więc od pozwanego Skarbu Państwa - Zespołu O pieki Z d ro ­ wotnej w X na rzecz powoda tytułem zadośćuczynienia kwotę 20 000 złotych z ustawowym i odsetkam i od dnia 13 stycznia 1994 r.

W sum ie u powoda wykonano trzy operacje.

E in zentraler F a k to r für die V erständlichkeit der R echtssprache ist die sprachliche Explizitheit der D irektive, d.h. der jeweiligen im Satz oder T eilsatz enthaltenen H andlungsanw eisung, die im D eutschen m it können,

sollen, dürfen, müssen, wollen, brauchen realisiert wird. In den U ntersuchungen

h a t es sich erwiesen, dass die M odalverben nach Passiv die beliebteste gram m atische Erscheinung der die U rteile schreibenden Juristen sind.

Ingesam t w urden etw a 40 M odalverben in einem durchschnittlichen Urteil erm ittelt. U n te r ihnen steht können m it ca. 16 Belegen (40% ) m it A bstand an d er Spitze. Ihm folgen sollen m it 8 (20% ), müssen m it 7 (17,5% ) und

wollen m it ca. 5 (12,5% ) Belegen. D as M odalverb dürfen w urde n u r in

4 Sätzen (ca. 10% ) gefunden.

Am häufigsten wird die M o d a lität d er M öglichkeit und N otw endigkeit realisiert. D as M odalverb können bildet 2 V arianten der M öglichkeit zum A usdruck: reine M öglichkeit und M öglichkeit aufgrund d er E rlaubnis (G LI- W IŃ S K I 2000, S. 290). F ü r die erste w äre dieses Beispiel repräsentativ:

Wenn er dann aber an diesem Tage plötzlich eine andere Begründung fa n d , die ihm übertragene Arbeit wiederum abzulehnen, so stellt dies ein derartig hartnäckiges und un einsichtiges Verhalten dar, dass der Kläger nicht ernsthaft damit rechnen konnte, der B eklagte ...

Viel häufiger wird aber können zum A usdruck d er a u f E rlaubnis beruhenden M öglichkeit gebraucht, was dem C h a rak ter des Textes entspricht, der bes­ tim m te N orm en setzt, die die menschlichen H andlungen erlauben oder verbieten (G L IW IŃ S K I 2000, S. 290):

(20)

L ässt sich U rteilssprache... 81

B ei der a u f diese E inkünfte entfallenden Einkom m ensteuer handelt es sich um eine Eigenschuld des Erben, fü r die die Beschränkung der Erbenhaftung nicht geltend gemacht werden kann.

D ie Einwendungen können folglich im Abrechnungsverfahren nicht erhoben werden.

Das M odalverb sollen ist wegen seiner G ru n d bedeutung kontrovers in einem G erichtstext, in dem es daru m geht, dass bestimmten O bligationen unbedingt Folge geleistet w ird, w ährend sollen die Entscheidung des A dressaten als letzter In stan z zulässt (G L IW IŃ S K I 2000, S. 295). In den U rteilen h at ,sollen’ vo r allem die B edeutung einer A ufforderung, also eines A uftrags, eines Befehls o der einer V orschrift. M anchm al d rü ck t sollen aus, dass der Sprecher/Schreiber die Ä ußerung eines anderen w iedergibt, ohne fü r ihre W ahrheit zu bürgen (oft im K o n ju n k tiv II).

Sehr oft tritt d as Verb sollen im K o n ju n k tiv II zusam m en m it wenn,

falls, vorausgesetzt, dass (oft wird die bedingende K o n ju n k tio n getilgt) auf.

Diese V ariante d rü ck t eine Bedingung aus. D ie folgenden Beispiele sind ein Beweis dafür:

N ach Zeugenaussagen soll die B eklagte dieses gestohlen haben.

A uch wenn der K läger am 24. August 1987, wie er geltend m acht, innerlich aufgewühlt und erregt gewesen sein sollte, so entschuldigt dies nicht ...

Das V erb m üssen d rü ck t die N otw endigkeit aus. Es bringt eindeutig die A bsicht des G erichtes zum A usdruck, ein T u n als absolut obligatorisch zu betrachten, z.B.:

Das Landesarbeitsgericht wird nach der Zurückverweisung zu diesen Fragen im Rahmen der Interessenabwägung den Sachverhalt weiter aufklären müssen.

Das M odalverb wollen tritt in den U rteilen vor allem in seiner H a u p t­ bedeutung a u f u n d d rü ck t W ille oder A bsicht aus. Seltener d ien t dieses Verb d er W iedergabe der B ehauptung einer Person, die n ich t ohne weiteres für w ah r zu halten ist. Beispiel:

Ob der Arbeitnehm er sich einem gesetzlichen Schuldnerwechsel unterwerfen will, liegt allein in seiner Beurteilung.

Die Antragsteller wollen das - eidesstattliche Versicherung des A ntra­ gstellers zu l) vom 12.09.2000, B latt 67 der A k te - erst am 04.07.2000 bem erkt haben.

(21)

82 Agnieszka S law ik ow ska-M arcinkow ska

O bw ohl d as V erb dürfen sehr häufig in anderen Rechtstexten zu sehen ist, kom m t es in U rteilen sehr selten vor. Es wird in zwei V arianten realisiert und zwar: als M öglichkeit, die sich aus der E rlaubnis ergibt aber auch in vereinzelten F ällen als reine M öglichkeit:

Das beklagte Land hat dem Personalrat insoweit keine Entlastungsmomente zugunsten des Klägers verschwiegen, sondern stellt zutreffend a u f das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts W uppertal ab, nach dessen Erlass sich jedenfalls der Kläger ohne Verschulden a u f diese Grunde fü r seine W eigerung nicht mehr berufen durfte.

Komm anditbeteiligung etwa nur in geringerer H öhe hätten zugerechnet werden dürfen.

D a d erartige Texte wie die Urteile vorwiegend N orm en und A uforderungen enthalten, die die Verhaltensw eise des Beklagten regeln sollten, dürfen sie nicht A ussagen enthalten, die a u f subjektiver Einstellung des Sprechers (hier: des R ichters) beruhen.

L au t d er durchgeführten U ntersuchungen treten auch die In finitivkonst­ ruk tio n en sehr häufig in den deutschen U rteilen auf. In einem U rteil gibt es etw a 40% Sätze, in denen die Infinitivkonstruktionen verwendet w urden. Es soll aber d a ra u f hingewiesen w erden, dass es sich hier nicht n u r um reine Infin itiv k o n stru k tio n en handelt, die valenzbedingt sind, sondern m eist um Infin itiv k o n stru k tio n en m it sein und haben, die m it M odalverben k o n k u r­ rieren (etw a 90% aller verw endeten Infinitivkonstruktionen - haben + zu + Infinitiv - 41% Belege, sein + zu + Infinitiv - 49% Belege) u n d oft M o d a lk o n stru k tio n e n g e n an n t w erden. Sie liegen bedeutungsm äßig den M o dalverben sehr nahe. Sie drücken vorwiegend die N otw endigkeit aus und stellen eine Ä quivalenz zu den M odalverben sollen und müssen. D ie häufige V erw endung d e r M o d a lk o n stru k tio n en sein)haben + zu + Infinitiv im V er­ gleich zu sollen u n d müssen ergibt sich oft aus dem für die R echtssprache charakteristischen Stil. Es gibt auch viele Beispiele, in denen die N otw endig­ keit d u rch ist verpflichtet ausgedrückt wird, das m it den M odalverben und M odalkonstruktionen konkurriert. Es gibt noch eine Besonderheit der M o d al­ k o n stru k tio n en und zwar: es gibt V erben, die besonders häufig Vorkommen:

leisten, beabsichtigen, bereit erklären, annehmen, weigern, zum uten u.a., so

dass der E in d ru ck entsteht, dass es sich hier um Phraseologism en handelt (R A M G E 1986, S. 123-148; G L IW IŃ S K I 2000, S. 297ff.). Beispiel:

Denn durch den Intem etvertrieb erreicht die Beklagte bundesweit Kunden und ist in der Lage, diese a u f diesem bundesweiten M a rk t fü r sich zu gewinnen.

(22)

L ässt sich U rteilssprache... 83

Dies ist besonders dann anzunehmen, wenn erkennbar ist, dass der A rbeit­ nehmer gar nicht gewilligt ist, sich vertragsrecht zu verhalten.

Im Polnischen treten die M odalverben und M o d a lk o n stru k tio n en selten (in etwa 2% aller untersuchten Sätze) auf. D abei m uss m an unterstreichen, dass es sich bei M o d alk o n stru k tio n en um W ortgruppen handelt, die die Bedeutung d er M odalverben w iedergeben z. B. X m a wypłacić Y... (X hat

Y ... zu zahlen) in der Bedeutung powinien (er soll), was die N otw endigkeit

zum A u sd ru ck bringt. Viel häufiger treten solche W örter auf, die zwar dieselbe B edeutung haben - sie bringen die N otw endigkeit einer H andlung zum A u sd ru ck - , die aber keine M odalverben sind: nakazyw ać (mahnen),

zasądzać na rzecz (jdm. zuerkennen), orzeka na rzecz (in der Sache erkennen), mieć obowiązek (verpflichtet sein).

Beispiele:

Koszty obciążające winny wynosić 1042,10 zl, pozwana zatem ma obowiązek zw rotu powodom kosztów procesu w wysokości 2281,70 zl.

W pozw ie z dnia 10.07.1998 r. pełnom ocnik powoda nakazał pozwanemu wraz ze w szystkim i osobami praw a jego reprezentującymi, aby ... oraz zasądził od pozwanego na rzecz powoda kw oty 2163,08 z l z ustawowymi odsetkami.

Es m uss u nterstrichen w erden, dass die oben genannten Beispiele m eist aus dem letzten Teil des U rteils stam m en, und zw ar aus den E ntscheidungsgrün­ den. G erad e dieser Teil weist a u f die reichsten sprachlichen F o rm en auf. Die früheren Teile, wie R u b ru m u n d T en o r, unterliegen m eist strengen F orm - und Sprachregeln, die im vorigen A b satz beschrieben w urden.

D ie P ro d u k tiv itä t in d er W ortbildung ist für jede F achsprache u nerläs­ slich. Eine notw endige F olge d arau s ist der T rend zum ,N om inalstil‘, der eines d er klassischen Stilmerkm ale fachsprachlicher Texte darstellt. D ie tiefere Ursache dieses N om inalstils ist die durch die R ezeption des röm ischen Rechts ererbte Begriffsjurisprudenz, die in D eutschland zu einer generalisierenden, an ab strak ten Begriffen ausgerichteten R echtssprache führte. D as m ach t den Stil d er R echtssprache unanschaulich u n d ab strak t, bereitet große Schwierig­ keiten m it d er V erständlichkeit und v erstärkt gleichzeitig Sprachbarrieren. Das H au p tp ro b lem liegt aber auch nicht a u f quantitativer Ebene. K om posita, auch M e h rfach k o m p o sita sind im D eutschen relativ häufig und m a n ist d a ra u f vorbereitet, sie aufzulösen. D as Problem scheint hier in d er T rad itio n der juristischen F ach sp rach e begründet zu sein, und zw ar, die juristische F achsprache neigt - verglichen m it d er S tandardsprache - zur N om inalisie- rung und zu extrem langen Substantivphrasen. So ist es auch in den Urteilen.

(23)

84 A gn ieszka S law ikow ska-M arcinkow ska

Zu den Substantivierungen gehören:

- einfache Substantive: Körperschaft, Fähigkeit, Konvention, - einfache K om posita: Steuergesetz, Ordnungswidrigkeit.

- M ehrfachkom posita: Steuerordnungswidrigkeil, Steuerstrafrecht Ein­ kommensteuervergünstigung,

- substantivierte Verben: Instandsetzung, Durchführungsverordnung.

T ypisch für die U rteilssprache ist das häufige V orkom m en von N om ina, die von V erben abgeleitet u n d m it Hilfe vom Suffix -ung gebildet werden, z.B. Steuerhinterziehung, Stadtverwaltung, Zustellung, Begünstigung, Steuer-

gefahrdung, Außerachtlassung, Vollziehung, Inbetriebsetzung usw. (K Ü H N

1992, S. 28-29). Beispiel:

Die zu r Begründung des Pfandrechtes erforderliche Einräumung und Er­ greifung der Innehabung wird dadurch nicht ausgeschlossen, dass [...]

(§ 1147 BG B ).8

G em eint ist dabei ein Sprachstil, bei dem V erben substantiviert w erden, z.B.

Die Zustellung dieser Verfügung

Substantivierung + G enitivattribut

eines V erbs durch -ung

N om inalisierungen dieser A rt sind in diesen T exten sehr ökonom isch; m an sp a rt bestim m te E rgänzungen, die bei der V erw endung des V erbs notw endig w ären (K Ü H N 1992, S. 44).

F ü r die U rteilssprache sind auch K o m p o sita typisch u n d oft verwendet. A nalytisch k an n ein K om positum als eine W ortneubildung aus m indestens zwei schon v o rhandenen W ö rtern beschrieben w erden. A n erster Stelle steht d as Bestim m ungsw ort, an der zweiten oder letzten Stelle steht das G ru n d w o rt:

Bestim m ungswort + (Fugenelem ent) + Grundwort

In solchen K o m p o sita, den sog. D eterm inativkom posita wird die Bedeutung des G rundw ortes d u rch die Bedeutung des B estim m ungsw ortes m odifiziert. D as Bestim m ungsw ort determ iniert und spezifiziert das G rundw ort.

D ie Bedeutung d er K o m p o sita h än g t sehr sta rk von d er Beziehung ab, die zwischen G ru n d - und Bestim m ungswort bestehen kann, z.B.: Steuergesetz,

(24)

Lässt sich U rteilssprache... 85

Bußgeld, Unfallversicherung, Strafrecht, Gesetzesentwurf, Gesetzgeber, R e ­ chtsgrundlage usw.

Es gibt Satzglieder, die sow ohl als G ru n d w o rt als auch als Bestim m ung­ sw ort auftauchen, z.B. Verfahren:

als G ru n d w o rt — Strafverfahren als Bestim m ungsw ort - Verfahrensabschnitt

Es m uss noch hinzugefügt w erden, dass U rteilssprache Synonym e vermeidet. D as fü h rt zu W iederholungen, w as im G egensatz zu dem heutigen Stilideal der P rim ärsprache steht, die eine V ariation verlangt. D asselbe Zeichen soll in der R echtssprache im m er dieselbe F u n k tio n haben, im m er den gleichen Sachverhalt kennzeichnen.

O ft kom m en in den deutschen U rteilen auch die F o rm en des F u n k tio n s­ verbgefüges vor, die an die Stelle der einfachen V erben treten. D as F u n k ­ tionsverbgefüge reduziert den sem atischen G eh alt d er V erben, wobei das Substantiv d en wesentlichen Teil der begrifflichen Bedeutung träg t. D as F unktionsverb h a t durchw eg n ur gram m atische F u n k tio n : Es T rä g t zw ar alle M erkm ale des V erbum finitum s (Tem pus, M odus, G enus, Person, N um erus), h a t aber seine W ortbedeutung verloren. Als H a u p tsin n träg er des P rädikats dient das A kkusativobjekt z.B.: eine Entscheidung treffen, sta tt

entscheiden, ein Geständnis ablegen sta tt gestehen usw. oder die P räpositional-

gruppe, z.B.: einen A ntrag stellen a u f etw. sta tt etw. beantragen, Bezug nehmen

a u f etw. sta tt sich beziehen a u f etw. usw. In vielen Fällen k an n d as F u n k ­

tionsverb gegen ein einfaches, dem A kkusativ bzw. dem S ubstantiv der P räpositionalgruppe etym ologisch verw andtes V ollverb ausgetauscht w erden

{D U D E N 1998). Beispiel:

Vorliegend geht es um einen Internetauftritt der Beklagten. M angels weiterer näherer Kenntnisse von der Bedeutung des wettbewerbswidrigen Verhaltens der Beklagten fü r den Vertrieb der Produkte der Klägerin war d a ra u f abzustellen, dass die B eklagte bundesweit m it der Klägerin in K onkurrenz getreten ist, so dass nach der ständigen Rechtsprechung des S en a ts ein Streitw ert auch im Verfügungsverfahren von jedenfalls 100 000 D M angemessen ist.

Ein anderes M erkm al d er U rteilssprache ist d er attributive G ebrauch der A djektive und Partizipien. D u rch den attributiven G ebrauch eines A djektivs oder P artizips k an n d er Sprecher/Schreiber die m it Substantiven genannten W esen, D inge oder Begriffe charakterisieren, und zw ar im H inblick au f M erkm ale u n d Eigenschaften, A rt u n d Beschaffenheit, V erfassung oder Z u stan d (D U D E N 1998, S. 258). In den U rteilen ist es besonders wichtig, dass d er Sachverhalt genau beschrieben wird. Um die G enauigkeit zu

(25)

86 A gnieszka S taw ikow ska-M arcinkow ska

erreichen m uss m a n jeden Begriff, jedes W ort wie m öglich präzise darstellen. D ies ist n u r durch A ttrib u te erreichbar. D eshalb greifen die U rteile schreiben­ de R ichter n ach diesem M ittel, sow ohl in D eutschland als auch in Polen. D ie A djektive und Partizipien w erden in den U rteilen a ttrib u tiv bei einem Substantiv gebraucht. In den untersuchten M aterialien gab es kaum Beispiele für ihren prädikativen G ebrauch beim Substantiv.

D as attrib u tiv gebrauchte Adjektiv oder P artizip wird flektiert und ersetzt aus sprachökonom ischen G ründen durch einen A ttrib u tsatz.

In einem durchschnittlichen deutschen U rteil findet m an etw a 130 Belege für attributiven G ebrauch eines A djektivs oder Partizips, seltener eines A dverbs (n u r als adverbiale Bestim m ung der Zeit - 3 Belege des W ortes

bisher). E tw a 60 (40% ) d avon sind a ttrib u tiv gebrauchte A djektive, die oft

d u rc h bestim m te H albsuffixe charakteristisch sind (wie erw ähnt: pflichtig,

-gemäß, -bar und -widrig). D ie M eh rh eit bilden die Partizipien, etw a 70

(60% ) Belege. D ie deutsche G ram m atik unterscheidet 2 Partiziparten: Partizip I anders P räsenspartizip und das P artizip II anders P erfektpartizip. In den deutschen U rteilen findet m an kaum Belege für attributiven G ebrauch des Präsenspartizips. E tw a 90% aller Beispiele w aren a ttrib u tiv gebrauchte Perfektpartizipien. D ie Partizipien w erden auch flektiert. Sowohl die attributiv gebrauchte A djektive als auch Partizipien stehen vor dem Bezugswort, sie werden also vorangestellt. Beispiel:

A u f die vorgenannten Gesellschaften wurde fa s t die H älfte aller A rbeits­ plätze der B eklagten verlagert, wobei die Tarifvertragsparteien und die Betriebspartner umfangreiche Absicherungen fü r die betroffenen Arbeitneh­ m er vereinbarten.

Der Kläger kann fü r jede von ihm m it 15 D M bezahlte Selbstauskunft 12 D M von der Beklagten zurückverlangen.

In den deutschen U rteilen w erden in m anchen Fällen das attributive Adjektiv und das attributive P artizip durch zusätzliche Glieder erweitert. Diese Glieder übernehm en d as A djektiv u n d das P artizip aus d er prädikativen F o rm , von d er sie abgeleitet sind, u n d verkürzen dad u rch die ganze Aussage. Beispiel:

Der „unkündbare" Arbeitnehmer, der einen angebotenen zumutbaren A r­ beitsplatz ablehnt, hätte lediglich keine Ansprüche aus dem Schutzabkom ­ men, das die von einer Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer zusätzlich begünstigen soll.

In den polnischen U rteilen, wie gesagt, wird dieses sprachliche M ittel genau so oft verw endet wie in den deutschen U rteilen. Ä hnlich wie in deutschen U rteilen treten die A djektive in der A ttrib u tfo rm viel seltener (35% ) als die

(26)

L ässt sich U rteilssprache.. 87

Partizipien (etw a 65% ) auf. Es sind aber so genannte Passivpartizipien

(imiesłowy bierne), die auch flektiert w erden. Im U nterschied von den

deutschen U rteilen sind die attrib u tiv gebrauchte A djektive und Partizipien in den polnischen U rteilen m eist nachgestellt - sie stehen hinter dem Bezugswort. D iese Regel ist im allgemeinen für die polnische R echtssprache aber nicht fü r die G em einsprache charakteristisch. Beispiel:

Po konsultacjach u chirurga i neurologa oraz nieskuteczności leczenia zachowawczego o charakterze farm akologicznym i rehabilitacyjnym a także po dodatkowych badaniach rozpoznano u powoda wypadnięcie krążka m iędzykręgowego na poziom ie L 5-S1 i ....

Jeden ze wskazanych wyżej lokali, oznaczony numerem 2, przydzielony został w trybie obowiązujących przepisów.

W ta k i właśnie sposób zasiedlone lokale znajdowały się w budynku p rzy ul. X . Zbigniew W. zam ieszkał w przydzielonym lokalu z najbliższą rodziną (bezsporne).

Die ganze U rteilssprache in so einer kurzen A rbeit zusam m enzufassen ist unmöglich. D ie gerade geschilderten Spracherscheinungen schienen am in­ teressantesten zu sein. Wie schon in früheren Teilen des T extes erw ähnt, ist die U rteilssprache m eist von den die U rteile schreibenden R ichter ab ­ hängig. Je d er R ichter h a t seinen eigenen Stil, h a t bestim m te Sprachkonst- ruktionen o der W endungen gern. E r schafft die Sprache selbst und von ihm h ä n g t es ab, welche sprachliche E rscheinungen im U rteil Vorkommen werden. D ie beschriebenen tra te n in allen untersuchten U rteilen auf. Diese sprachliche E rscheinungen w urden auch, wie es schon gesagt w urde, in Prozessordnungen beider S taaten (D eutschland, Polen) bestim m t und jed er Richter soll n ach diesen Regelungen die U rteile schreiben. D ies erm öglicht aber eine m eh r o der weniger k o n k rete D efinition d er U rteilssprache zu bilden. Sie scheint vielleicht k o n k reter u n d ordentlicher zu sein als z.B. die G esetzessprache. Sie ist n ich t einfach aber m an k an n sie erlernen. Die Studenten des G erichtsreferendarrats m üssen erst diese Regelungen der Prozessordnungen kennen lernen und m ehrm als verschiedene M usterurteile schreiben u m a u f die A rt und W eise das Feingefühl fü r diese besondere Sprache zu gewinnen.

Es w urde also hier ein V ersuch gem acht, die U rteile aus der Sicht eines Philologen und N icht-Juristen zu betrachten. D ie U rteilssprache ist eine F achsprache, die charakteristische - hier zum Teil beschriebene - E igens­ chaften aufweist. D ieser T ext sollte diese Eigenschaften einem juristischen Laien an n äh ern . H offentlich h a t sie ihre Rolle erfüllt.

Cytaty

Powiązane dokumenty

Instytut Transportu Samochodowego w Warszawie proces certyfikacji przewoźników drogowych rozpoczął od lutego 2002 roku na podstawie Ustawy (2001) oraz rozporządzenia

W pięćdziesięcioletniej działalności wydawniczej Bydgoskiego Towarzystwa Naukowego można wyróżnić dwa podstawowe etapy: pierwszy, najważniejszy i najdłuższy, który

Pomiary przemieszczeń poprzecznych w płaszczyźnie xz przeprowadzono w środku ciężkości dźwigara niesprężonego i dźwigara sprężonego (rys. 5.21 Położenie środka

Today, however, when relations between Russia and the United States, the European Union and NATO are put to a serious test, there is a need to re-reflect on the course of events

Kathuria A, Kavitha M, Khetarpal S: Ex vivo fracture resistance of endodontically treated maxillary central incisors restored with fiber- -reinforced composite posts

Finally, the corporate social responsibility concept was presented and its role from the perspective of trust and wider, corporate social capital creation, was discussed.. It

Możliwość dostosowania czasu pracy do obowiązków rodzinnych i  spraw oso- bistych była jedną z najważniejszych zalet pracy tymczasowej tylko dla jednej piątej

rozebrano całkowicie ceglaną k ronę murów pozostawiając w niektórych partiach jedynie fragmenty kamienn Jednocześnie udało się zaobserwować, że w celu ustalenia