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Ingeborg Bachmanns Werk im Lichte der akademischen Forschung

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Academic year: 2021

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A C T A U N I V E R S I T A T I S L O D Z I E N S I S

FOLIA LITTER ARIA 11, 1984

Marla Jakubowicz-Pisarek

INGEBORG BACHMANNS WERK IM UCHTE DER AKADEMISCHEN FORSCHUNG

Die akademische Forschung hat das W erk von Ingeborg Bachmann relativ früh zu rezipieren begonnen, und zwar bereits am Anfang der sechziger Jahre, wobei neben der Forschung im deutschsprachigen Ge-biet vor allem die am erikanische und italienische G ermanistik1 mit w issenschaftlichen Beiträgen aufw arten. Dieseis Interesse nimmt w

ei-ter zu, was nicht zuletzt darauf zurückzuführen ist, daß das W erk der inzwischen verstorbenen Schriftstellerin nun im Rückblick als ein „Gan-zes" gedeutet w erden kann 2. Die m eisten und aufschlußreichsten der bisher entstandenen D issertationen setzen sich mit der Bachmannschen Lyrik auseinander3, es gibt einige МсШла-Interpretationen4, eingesetzt hat auch die Deutung der Erzählungen u nd der Essayistik5.

1 Die B achm ann-B ibliographie von О. В a r e i s s u n d F. O h 1 o f f: Ingeborg Bachmann. Eine B ibliographie, M ünchen, Z ü rich 1978, v e rz eic h n et d re i Italie nisc he

(No. 524, 529, 531) u nd drei a m erika nisch e D isse rta tion e n (No. 526, 528, 533). N ic ht b e rü c k sic h tig t w orden sind d ort folgende A rbe ite n: R. S v a n d r l i k - R a s p i n i , Problem atica E sistenziale e C risi de l Linguaggio nell'O pera N arrativ a d i Ingeborg Bachm ann, U niv e rsita Degli S tudi Di F iren ze 1976/1977,- E. T. C r e w s , W orf und W a hrhe it. Das Problem der Sprache in der Prosa 1. Baclvnanns, U n iv e rsity of M in-n e so ta 1977; В. A. S c h u l z , S truk tu r- uin-nd M o tiv a in-n a ly se au sgew ä h lte r Prosa v oin-n Ingeborg Bachmann, U n ive rs ity of M a ry la n d 1979.

A us dem G espräch m it den H e ra u sg eb e rin n en v on I. B achm anns W erke n, Ch. K oschel u nd I. von W eid enb aum , w e iß ich, daß in de r le tz te n Z eit drei w eite re B achm ann-D iesertationen in Ita lie n v erte id ig t w orden sind (da run te r eine ü b e r die

R o m an bruc hstück e aus dem N ach la ß). Leider ve rfü ge ich üb e r k e in e g en a u eren b iblio gra p hisc h en A ngaben.

Die m eisten de r e rw ä h n te n H ochischulschriftSn sind nich t zugänglich, k ön nen d a her in diesem B ericht n ic ht in vollem A usm aß b e rü c k sich tig t w erden .

* D er N a c h la ß von I. B achm ann be fin de t sich in d e r H a ndschrifte nsa m m lun g der Ö sterre ic hisc h en N a tio n a lbiblio th ek in W ien und ist b ere its g ro ß teils ein scha ub ar.

5 V gl. B a r e i s s , O h 1 о f f, a.a.O ., No. 524, 525, 528, 529, 531, 531a, 534, 535; A. B. B l a u , S til und A b w e ich u n g en . Einige sy n ta k tisc h -stilistisc h e M erk m ale in den D ichtungen D. v. L iliencrons, G. T ra kls u nd I. Bachm anns, U ppsala

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1978,-Der quantitativen Breite dieser Hodhschulsehriften entsprich t nicht ganz ihre Q ualität. W enn man die Hauptaufgabe der akademischen Forschung in der Erschließung von literatur theoretischen K ategorien erblickt, so muß man sie hinsichtlich der Baehmann-Deutung als noch w eitgehend unerfüllt bezeichnen8, w as besonders im Bereich der Prosa spürbar ist. W ährend die Bachmannsche Lyrik oft bestimmt w urde7, stecken paralelle Versuche in punclo Prosa noch in den Anfängen, wobei e rst die aus dem N achlaß zutagegeförderten M aterialien die M öglichkeit einer vertieften Einsicht zu versprechen scheinen8.

U nzufriedenstellend ist bis jetzt ebenso der Stand der soziologisch orientierten Deutung des W erkes9.

Als H aupttendenz der bisherigen akadem ischen Bachmann-Forschung lässt sich die A ussonderung und V erdeutlichung der „ProblemIkon-stante" ihres W erkes erkennen, eine Tendenz, die sicher unter dem

U. M. - O e l m a n n , D eutsche p o etolo gisch e L yrik nach 1945: Ingeborg Bachmann, G ünter Eich, Paul C elan, S tuttg a rt 1980.

4 Vgl. B a r e i s s, O h 1 о f f, a.a.O ., N o. 532, 533 un d S v a n d r l i k - R a s p i n i, a.a.O . (siehe A n m erku ng 1).

s D ie E rzählu ngen und die E ssayistik w u rd en frü h e r n u r in den D isse rta tion e n zur th em a tisch en ,,P ro b lem k on stan te " B achm annschen O e u vre s b e rüc k sic h tig t (vgl. B a r e i s s, O h l o f f , a.a.O., No. 523, 525, 526). E rst d ie H och sc hu lsch rift von B. A. S c h u l z (siehe A nm erkung 1) aus den Ja h r e 1979 m ach t sie zum H au ptge -g e nsta n d der U ntersuchun-g.

® S elbst die B eiträ ge de r lite ra tu rw isse n sc h a ftlich e n P rom inenz sc h lie ß e n diese Lücke nicht, da sie m eiste ns e ssa y istisc h en C h a ra k te r haben . P a ra lle le V e rsu ch e zu e ine r lite r a tu rth e o re tisc h a u sg erich te te n A naly se, w ie sie etw a von P. Szondi ,am W e rk P. C ela ns du rc h g e fü h rt w ird, gibt es in der B achm ann-F orschung nicht.

7 In dem B ericht k o nn te n nu r die A rb e ite n vo n U. T h i e m, Die Bildsprache der L y rik Ingeborg B achm anńs, K öln 1972, un d von A. B. B l a u (siehe A nm erkung 3) k om m e ntie rt w erden. Zu a n d e re n in de r B achm ann-B ibliographie ve rz e ic h ne te n H o chsch ulsc hriften , die — ihrem do rt a b ge d ru c k ten Inh a ltv erz eich m s n ach — die S tru k tu r de r B achm annschen Lyrik a n v isie re n (vgl. B a r e i s s, O h l o f f , a.a.O ., No. 524, 535) h a b e ich leid e r k ein e n Z ugang gefunden.

8 Dr. R obert Pichl, de r M itarb e ite r des G erm an istischen In stitu ts de r W iene r U n iv e rsität, der die w isse nsc ha ftlic h e A rb e it am N a ch la ß I. B achm anns k oo rdiniert, fü h rt eine K arte i der e n tste h e n d en D isse rtatio n e n un d a n d e re r w issen sc ha ftlic he n F o rsc hu n gsv o rh ab en , aus der h e rvo rg e h t, d aß die ak ad em isch e F orschung sich seit einige r Z eit m it de r P rosa der A utorin in te n siv e r au sein an d e rse tz t.

• Einen w ichtige n B eitrag, diese in der B achm ann-L iteratur b este h e n de L ücke zu ü b erb rü c k e n, w ird m ö glich erw eise die je tz t en ts te h e n d e H a b ilita tio n ssc hrift von Dr. H ans H öller v on der U n iv ersitä t S alzburg leiste n, in de ren M itte lp u nk t die Z e itre p rä sen ta n z B achm annschen O eu vre s s t e h e . 'V g l . H. H ö l l e r , P ro je kt zur G e sam td arstellun g des W e rk e s v o n In geb org Bachmann, (als H a b ilita tio n ssch rift v o rb e reite t), [in:] Z irkular, hrsg. D o kum en tation sstelle fü r neu e ö st erre ich is ch e Li-te ra tu r , W ie n 1980, N o. 2, S. 4— 6.

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Einfluß der poetologischen Überlegungen deT Dichterin in ihren Frank-furter Vorlesungen entstandln. Ein solcher Ansatz ist nicht unrichtig, weil eine eingehende Untersuchung d es für einen Schriftsteller charak-teristischen Them enkreises in dessen Abwandlungen und V ariationen be-sonders gut dazu geeignet sein kann, gleicherm aßen die Eigenart des

A utors wie dessen Beitrag zur Entwicklung der literarischen Form er-fassen. Eine solche Motivuntersiuchung impliziert das ständige M it-reflektieren der Erscheinungsart jener Problem konstante.

Ein glänzendes Beispiel dafür, wie ertragreich eine konsequente D urchführung dieses methodologischen V orhabens sein kann, ist die Dissertation von P. Fehl11, der als Problemkonstante des Bachmann-schen W erkes die A useinandersetzung mit der Sprache als Medium, in dem sich die W irklichkeit mitteilt, untersucht. Von der Analyse des Gedichtes Ihr Worte ausgehend, erschließt Fehl H auptmerkmale der Sprachauffassung der Autorin, nämlich die Polarität von Sprachskepsis und Spraebhoffmmg, und verdeutlicht diese durch die Interpretation m ehrerer Gedichte, einiger Erzählungen sowie der Bachmannschen Heid-egger-D issertation. A nschließend legt er dar, wie sich jene Problem-konstante in der Sprachbewegung selbst manifestiert und hebt solche stilistischen Merkmale Bachmannscher Sprache hervor wie das „Ein-kreisen des Auszusagenden durch N egationen", das die semantischen Schichten eines W ortes freilegt; „die kontrapunkt!sehen Strukturen" im Rahmen eines einzelnen Gedichtes sowie die Anordnung m ehrerer Ge-dichte zu einem Zyklus; die wörtliche Übernahme metaphorischer Re-dewendungen, V erfremdung und die Stilfigur des Chiasmus. Auch in der Prosa, die er jedoch nur am Rande seiner Arbeit befragt, findet Fehl einen paralellen Kompositionszug, nämlich die „antithetische Kon-figuration" von H auptpersonen.

Auf diese W eise gehlt Fehl von einer Phase der analytischen Re-zeption zur literaturtheoretischen Reflexion über, die nicht nur für die Untersuchungen anderer Motivkomplexe bei Bachmann, sondern auch für die Deutung von Weriken anderer Autoren produktiv genutzt w er-den kann. Somit kann die genannte Studie als einer der w ichtigsten Bei-träge der formal ausgerichteten Baehmann-Forschung angesehen w er-den. Gleichzeitig aber enweist sie sich als anregend für die soziologi-sche und geistesgeschichtliche Hermeneutik, und zwar wegen ihrer auf-schlußreichen A nalyse von philosophischen Grundlagen der Sprach- auffassung Ingeborg Bachmanns sowie von deren gesellschaftlicher Komponente.

11 P. F e h l , S p ra ch s kep sis u n d Sp ra chh o IIn u ng im W e r k In geb org B achm anns, M ain z 1970.

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Schließlich gilt es, die innerhalb der Bachmann-Disseirtatlonen kei-neswegs selbstverständliche präzise Einordnung und Kommentierung des untersuchten M aterials he r vorzuheben, die eine mühelose Verfol-gung seines G edankenganges ermöglicht.

W eniger gelungen ist die A rbeit des nach ähnlichen K riterien v e r-fahrenden Bachmann-Forscher, T. M echte mbe r g12. In seiner Disse.rtat.ion geht er in Anlehnung an Ernst Bloch von der Bestimmung d er „Utopie" als ästhetischer K ategorie aus und versucht diese als Problem konstante in Bildkomplexen u nd an der Sprachbew egung der Bachmannschen Ly-rik nachzuweisen. W enn auch diese Fragestellung richtig ist, so nutzt M echtenberg kaum die sich aus ihr ergebenden Möglichkeiten. Seine aus sparsam komm entierten Zitaten aus dem Prinzip Hoffnung Ernst Blochs bestehende theoretische Einführung in die w erkimmanenten U ntersuchungen einzelner Gedichte ist angesichts der Intensität der Utopie-Debatte in der modernen Literaturwissenschaft Viel zu o ber-flächlich, um als methodologische Grundlage für seine T extinterpreta-tionen fungieren zu können. Diese wiederum liefern auch keine Baśis für die Konstituierung eines w issenschaftlich fundierten Utopie-Be- griffes, weil die Ergebnisse der Einzeluntersuchungen w eder erläu tert noch aufeinander bezogen w erden.

Es besteht also zwischen dem Beitrag von Fehl (der übrigens, ob-wohl einige Jahre früher entstanden, von M echtenberg nicht zitiert wird) u nd der D issertation Utopie als ästhetische Kategorie ein Ni-veauunterschied'. Die Studie Fehls trägt, ohne daß dies überhaupt ihre bew ußt erklärte A bsicht wäre, im Grunde genommen mehr zur A usar-beitung des literarischen Utopie-Begriffes bei als die A rbeit Mechten- bergs, die ihn zum H auptgegenstand der U ntersuchung macht.

A bgesehen aber von allen Schwächen dieser Dissertation muß man ihr einen V orteil gegenüber anderen Hochsehulschriften einräum en, in denen der Fortgang der A nalyse ebenfalls an den them atischen Zusam-menhängen des Bachmannschen W erkes ausgerichtet 'ist. Beachtens-w ert ist nämlich die Bemühung des V erfassers, der von ihm gedeuteten Pröblemkonstante durch die U ntersuchung der formalen Komponente d er T extstruktur auf die Spur zu kommen, die zwar nicht immer zu zufriedenstellenden Ergebnissen führt, die aber die Klärung der Eigenart des Bachmannschen O euvres eher verspricht als die ausschließlich an stofflichen Ä ußerlichkeiten haftenden Interpretationen mancher Forscher.

Zu dieser Gruppe gehören hauptsächlich A utoren früherer D isserta-tionen, die, sei es aus M angel an Distanz gegenüber dem noch kaum

Th. M e c h t e n b e r g , U to pie als ä sth etisch e K ategorie. Eine U n tersu ch un g d er L yrik Ingeb org B achmanns, S tu ttg a rt 1978,

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rezipierten W erk, sei es w egen unzulänglicher m ethodologischer Basis, dem G egenstand recht unbeholfen entgegentretem.

So z.B. kommt A. H aischuh13, der ausschließlich die inhaltliche Seite des „Utopismus" — M otivs aufzuhellen versucht, nicht über oberfläch-liche Deutungen hinaus.

In einem noch stärkeren Grad betrifft diese Kritik ein e spätere Hodhschitdschriift — Im Widerspiel des Unmöglichen mit dem

Mögli-chen.. Zum Problem der Sprache bei Ingeborg Bachmann von B. Angst- -Hürlim ann14, die nicht mehr als eine kaum reflektierte und in terp re-tierte Zusammenstellung von einigen in 'der Lyrilk, in der Prosa und in den Hörsjpielen Bachmanns häufig auftreten den Themenkomplexen enthält.

A usser jenen Beiträgen, die sich ider zentralen Problem konstante als eines Schlüssels bedienen, mit dem sie sich einen Zugang zum Gesamtw erk I. Bachmanns oder aiuch nur einem Genre zu verschaffen versuchen, gibt es etliche D issertationen, die eine komplexere W erk -analyse anstireben.

Im Bereich de r Lyrik ist v or allem die A rbeit von U. Thiem1* als eine der ertragreichsten hervorzuhehen. Der V erfasser untersucht die Bildkomplexe der lyrischen Sprache und verw eist auf die in ihnen vorkom m enden sprachlichen An- und Entlehnungen, zu denen er u.a. die Spiegelungen Vorgefundener literarischer Fügungen sowie die Über-nahme umgangssprachlicher, religiöser und biblischer Fügungen zählt. Im letzten Kapitel erö rte rt Thiem die O rgam sationsform en der Bild- spradbe, mit denen Bachmann die Einheit von d iversen Bildkomplexen erreicht. H ervorzuheben ist die Fähigkeit des V erfassers seine Erkennt-nisse so übersichtlich darzustellen, daß sie ü b ertragbar sind auf

andere W erke I. Bachmanns und auf die Spraohproblematik in der zeit-genössischen Literatur.

M ann kann dagegen dem V orwurf Thiems nicht zustimmen, Bach-mann w äre im d en kedschen A nsatz ihres W erkes epigonal, zumal er ihn selbst durch die U ntersuchung von „Spiegelungen der Vorgefunde-nen literarischen Fügungen" teilw eise aufhebt. Denn auch im Bereich der philosophischen Einflüsse kann man bei dieser A utorin nicht so sehr von einer direkten Ü bernahme als eben von einer „Spiegelung" des fremden G edankengutes sprechen, von einer seh r ;persönlichen W ahl von Ideen, die ihren poetischen Intentionen besonders nahe

13 A. H o l s c h u h , U top ism us im W e r k In g eb o rg B achm anns. Eine th em a tisch e U n tersu chu n g, Princeto,w n 1964.

14 B. A n g s t - H ü r l ' i m a n n , Im W id ersp iel d es U nm ö glich en m it dem M ög lich en. Zum Problem der Spra che b ei Ing eb o rg B achmann, Z ürich 1971.

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stehen, und von dem Versuch, mit ihnen die Sjpradhmaterie selbst zu durch tränken.

Eine andere Studie über die Sprache der Lyrik I. Bacbmanns ist die A rbeit von A nna Britta Blau16, in der die V erfasserin den innerhalb der Bachmann-Forschung ersten V ersuch unternimm t, an dieses W erk mit linguistichen M ethoden heranzugehen. A. B. Blau analy siert die Sprache einiger d eutschsprachiegen A utoren u nte r dem A spekt der A bw eichungen von de,r sprachlichen Norm. In der Lyrik I. Bachmanns konstatiert sie d ie A nhäufung von V erstößen gegen die Selektions- regel, wobei sie als besonders prägnant Personifizierungen verschie-dener A rt, metonymische Fügungen, Zerstörung der norm alen Raum-und Z eitrelationen aufzählt. A lle genannten Stiilzüge w erden mit kon-k reten Beispielen aus der Bachmannschen Lyrikon-k belegt, so daß die V erfasserin ein reiches A nschauungsm aterial liefert, das leider völlig unkom m entiert bleibt. Sie un terläßt es auch, die Ergebnisse zu v e r-gleichen, womit die Chance gew onnen w äre, die von ihr diagnostizier-ten Sachverhalte in ein er höheren Synthese zusammenzufassen, zu denen sie bei der A nalyse der einzelnen A utoren gekommen ist. Geralde im Falle einer D issertation, die sdhon ihrer Fragestellung w egen für die literaturtbeoretisohe Forschung sehr brauchbar sein könnte, v er-mißt man solche verallgem einern den Schlußflogerungen besonders.

Die besonderen Erkenntnismöglichkeiten, die eine das W erk m ehre-rer A utoren vergleichende A rbeit einerseits für eine Interpretation der Eigenart einzelner Schriftsteller, an dererseits für eine übergreifende literaturth eo retisch e und literaturgeschichtliche Reflexion bietet, weiß degegen U. M. Oelmann, die A utorin der neuesten D issertation über die Bachmannsdbe Lyrik m obilzumachen17. Oelmann untersucht näm -lich die G edichte von I. Bachmann, von P. Celan und von G. Eich auf ihre poetologisehen Inhalte hin, wobei sie danach trachtet, die aus den Strukturanalysen der Lyrik erschlossenen Autoripoetiken in ihren Ge-m einsaGe-m keiten und U nterschieden zu erfassen und dadurch zu einer zusammenfassenden Bestimmung der deutschen „poetoiogisehen Lyrik" nach 1945 vorzustoßen. Diese sy nth etisieren den Absichten w erden nicht zuletzt d urch die A utorenw ahl gefördert, es dürfte klar sein, daß die Paralellen, d ie zwischen den denselben historischen Erfahrungshorizont repräsentierenden D ichtern gezogen wenden, verbindlicher sind, als A nalogien, die m an zwischen A utoren herzustellen sucht, derer W erk . u nterschiedlichen geschichtlichen U mständen en tsprun gen ist.

, Ein w eiterer m ethodologischer V orteil dieser D issertation besteht

16 B l a u , a.a.O . (s. A nm . 3). 17 O e l m a n n , a.a.O . (s. A nm. 3).

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darin, daß die V erfasserin den Ausweis der von ihr konstatierten Sachverhalte im Text selbst und nicht, wie es in m ehreren akademischen Beiträgen vorkommt, in den künstlichen durch die gew ählte literatu r-wissenschaftliche M ethode intendierten K ategorien sucht. Textnah V or-gehen bedeutet bei O elmann die them atisierten Inhalte und deren A us-formung lin w echselseitiger Beziehung zu erfassen, und gerade diese Verfah rungsweise, die, wie es hier mehrm als betont wurde, für die akadem ische Forschung überhaupt am ertragreichsten zu sein scheint, ist dem G egenstand ihrer A rbeit besonders adäquat. Denn bei der „poe toi ogi sehen Lyrik" handelt es sich in demselben Maße um die them atisierte wie um die „realisierte", d.h. in der Sprache transparent gem achte Poetik.

Folglich w irken die Urteile der V erfasserin sehr sachlich, einleuch-tend und ausgew ogen, was sich nicht zuletzt in der Angemessenheit ihrer die kleinliche Kritik vermeidenden A useinandersetzungen mit den anderen Deutungen der interpretierten Gedichte niederschlägt. Eine solche A ttitüde ist eher selten, zumindest in der akademischen Bach-mann-Forschung, wo der Unsicherheit, Kritiklosigkeit gegenüber den früheren Forschungsergebnissen bzw. der m angelnden Rezeption die Arroganz eines U. Thiem gegenübersteht, dessen A rbeit zwar durch Einfallsreichtum und seinen in te ip reta torischen Scharfsinn besticht, sonst aber durch übereilte U rteile und nur schwach begründete V erall-gem einerungen unangenehm auffällt. In der Bemühung, das richt'ge

Maß zu halten, jedes Urteil auf eine präzise Textbefragung zu stützen, erinnert diese A rbeit an die D issertation von P. Fehl, un d es ist wohl kein Zufall, daß die I. Bachmann gew idmeten Fragmente der Hoch- schulschrift O elmanns neben der Studie Fehls die aufschlußreichsten und interessantesten Beiträge der akademischen Bachmann-Forschung überhaupt bilden.

Oelmann gruppiert ihre durch eine einw andfreie literaturtheoretische W erk statt und das solide W issen über die m oderne Lyrik fundierten Interpretationen d er Bachmannschen Gedichte um drei Problemkreise: Dichterkonzeption, Sprach- und M edienreflexion und Dichtungskonzep-tion. Im Rahmen dieser Erkenntnisaufgaben erörtert sie u.a. das V er-hältnis der A utorin zur Schönheit, die Aufspaltung der dichterischen Persönlichkeit in das Ich und das DichtIch, die Bedeutung des W id er-spiels von Emotion und Ratio für die dichterischen M öglichkeiten, das V erhältnis der Realität zur A bstraktion, die Rolle der Liebe und der Sprache für die Überwindung der dichterischen Existenzkrise. Oelmann extrapoliert ebenso aus einigen Gedichten Bachmanns die ihnen ein-geschriebenen Erkenntnisse über die Funktionen und Eigenschaften der „neuen Sprache" sowie über die Potenzen der Dichtung,

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W eiter setzt sich die V erfasserin mit den letzten G edichten von I. Bachimann auseinander, in denen diese der Dichtung absagt.

A bschließend w ird die „impIM te Poetik" der Bachmannschen Lyrik durch den Vergleich mit den theoretischen A ussagen der Autorin abgerundet. Eine solche Reihenfolge der d argestellten poetologischen A nsichten Bachmann s erw eist sich als sehr treffend, und zwar deshalb, daß sie, wie es Oelmann überzeugend darlegt, gerade in den Gedichten — ihren Themen und ihrer Spnachlbewegung — differenzierter zum A usdruck kommt als in der „expliziten Poetik". Die Cedi chti n terpreta- tionen machen somit nicht nur möglich, auf diejenigen Momente des poetologischen Programms aufmenksam zu w erden, die nicht exiplizit formuliert w urden, sondern auch manche in den theoretischen Schriften inkonsequent gebrauchten Begriffe (wie etw a R ealität/W irklichkeit) zu vereinheitlichen sowie die unpräzisen Formulierungen zu erhellen.

Die Erzählprosa von I. Bachmann w urde längere Zeit von der akademischen Forschung kaum beachtet — eine Tatsache, die gleicher-maßen m it der Skepsis zusammenhängt, mit der man aillgemein der Zuwendung der als Lyrikerin geschätzten A utorin zu einem anderen G enre begegnete, wie mit den Schwierigkeiten, die die O rganisations-formen dieser G attung im W erk Bachmanns den Forschern wohl bereiten konnten.

Die ersten Versuche, sich auah mit diesem Genre auseinanderzu-setzen, fanden innerhalb der als Problemanalyse- des Bachmannschen W erkes konzipierten Hochschulschriften statt, w as zur Folge hatte, daß die Prosa dort eh er auf ihren them atischen Zusammenhang mit der Lyrik als auf ihre Eigenstellung, schon g ar n'icht auf ihre formale Struktur hin, geprüft worden ist. Eine A usnahme bildet hier die bereits erw ähnte A rbeit von P. Fehl, die, obwohl größtenteils d er Lyrik gew id-met, auch einen gew issen eigenständigen Ansatz für die Untersuchung der Prosaform schafft. Der erste und bis jetzt einzige Beitrag, dessen Fragestellung auf eine Deutung der Stil- und Aufbaumerkmale der Erzählungen und Essays von I. Bachmann sowie des sich in ihnen manifestierenden W eltbildes zielt, nämlich die Studie von B. A. Schulz18, stammt bezeichnenderw eise erst aus dem Jah re 1979. Sie entstand also zu 'dem Standpunkt, als es bereits zu einem gewissen Umschwung in der Rezeption der Prosa gekommen war, der nicht zuletzt mit dem Abbau des M ythos von Bachmann als einer „gefallenen Lyrikerin" zusammenhängt19.

18 S c h u l z , a.a.O . (s. Anm. 1).

1# E ine groß e Rolle spielte d ab ei die B achm ann -B ibliographie vo n B areiss u nd O hloff, in der m an b eto nte, daß I. Bachm ann zu ers t m it der Prosa die literaris ch e Szene b etrat. Vgl. B a r e i s s , O h l o f f , a.a.O., S. XIII u n d XVII sow ie 17— 19.

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Der Arbeit von B. A. Schulz liegt die These von der bew ußt ge-stalteten Kohärenz Bachmannscher Prosa zugrunde. Die Verfasserin geht von Einzeluntersuchungen aus, behält aber dabei s tets den w ei-teren Kontext in Auge und versucht zu allgemeineren Reflexionen über die Eigenheiten des epischen Gefüges bei Ingeborg Bachmann vorzustoßen. Zu den w ichtigsten Ergebnissen dieser U ntersuchung

ge-hört die Erschließung der Motive, die die erzählte W elt Bachmann- soher Prosa fundieren, wobei die V erfasserin auch deren einzelne Entwicklungsstufen innerhalb des Erzählwerkes der Bachmann aufzu-zeigen vermag. Indem B. A. Schulz mehrere Stilmerkmale dieses Gen-res ausarbeitet und manche von ihnen auf die konkrete literarische Tradition, urud zwar die des Expressionismus .zurückführt, widersetzt sie sich überzeugend der besonders 'in der Literaturkritik oft v ertre-tenen Ansicht, die Prosa I. Bachmanns wäre Resultat der Überführung der lyrischen M ittel in eine andere literarische Gattung.

Eine w e’tere Erkenntnisaufgabe, die sich diese H ochschulschrift stellt, bildet der Versuch, auf einer textuell wohl abgesicherten Basis die Reichweite des Einflusses von M. Heidegger, R. Musil und L. W itt-genstein sowie der expressionistischen Sprachkonzeption auf das W elt-bild und das schriftstellerische Selbstverständnis d er A utorin zu be-stimmen. Diesses V orhaben aber gelingt deshalb nicht, weil B. A. Schulz ihre Überlegungen zu geistesgeschichtlichen Grundlagen der poetischen Haltung I. Bachmanns in die morphologische Textanalyse einflechtet, ohne dabei über das Begriffsvokabular zu verfügen, das jene Q uer-verw eise präziser formulieren ließe. Dadurch wird auch die D arstel-lung der beiden Forschungsbereiche in ihrer Ü berschaubarkeit we-sentlich beeinträchtigt.

Der Erzählband Simultan ist inzwischen auch zum Gegenstand einer soziologisch orientierten A rbeit Das gesellschaftlich Vermittelte der Romane österreichischer Schriftsteller seit 1970 von N. W eber20 ge-worden. Der Titel teilt bereits mit, daß der V erfasser mehrere öster-reichische W erke auf ihre supratextuellen Bezüge hin befragt, und zwar auf ihre „Authentizität".

Die meisten Schwächen dieser Studie findet man geradezu exem-plarisch in der Bachmann-Pasisage, so daß die in der Bachmann-Fof- schung ohnehin bestehende Lücke, nämlich die fehlende Untersuchung der gesellschaftlichen Relevanz ihres lyrischen wie auch epischen W erkes, nicht nur nicht geschlossen, sondern noch deutlicher spür-bar wird.

t0 N. W e b e r , Das g esellsch a ltlich V e r m itte lte der R om ane ö sterreich isch er S ch riltsteller seit 1970, F ra n k fu rt am M ain 1980.

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M ethodologisch geht W eber von ein er ziemlich oberflächlichen Zu-samm enstellung ästhetischer Theoreme von Lukacs, A dorno und Sehramke aus und lehnt jede formal-typologisch orientierte Roman-theorie strik t ab. Das schem atische H andhaben seines methodologischen G erüstes führt den V erfasser zu der absurden These, der Erizählband Simultan wäre ein Roman, weil in ihm solche für die literarische Form des Romans charakteristischen M erkmale zu finden sind, wie etwa die Suche nach O rientierung in ein er problematisch gew ordenen W elt, die D arstellung des Problems der Beziehungslosigkeit, Integration der Erzählproblem atik in das W erk, Tendenz zur Simultaneität, V

iel-schichtigkeit der Probleme u.a. M an kann aber verhältnism äßig licht b e-weisen, d aß alle hier erw ähnten formalen wie thematischen M erkmale nicht nu r für das Romangefüge gelten, Sondern zum C harakteristikum der modernen lite ra tu r überhaupt gew orden sind, so daß sie keines-wegs ausreichen, um eine literarische Gattung zu konstituieren. Dabei bilden die Prosastücke des Simultan-Bandes trotz ihres zyklusartigen C harakters vom Thema wie auch von der G estaltung her geschlossene, sich deutlich voneinander abhebende Einheiten. W ebers A bstrahieren von den formalen Romantheorien muß hier völlig auf Irrw ege führen, zumal zwischen einem solchen A nliegen und dem V ersuch, die Bach- mannsche Prosa der Romangattung zuzuordnen, ein W iderspruch be-steht, da es sich dabei eben um ein typologisches Unterfangen handelt.

W ährend die Erzählungen von I. Bachmann e rst neulich zum Ge-genstand e in er wissenschaftlichen A useinandersetzung gew orden sind, gehen die Versuche, den Roman Malina zu interpretieren, bereits auf die M itte der siebziger Jah re zurück.

Die e rste Disseration über dieses Wenk, nämlich Die Auflösung der Figur in Ingeborg Bachmanns Roman „Malina" von E. Summerfield21, ist bis jetzt der aufschlußreichste Beitrag geblieben32. Die V erfasserin macht auf einen sehr w ichtigen A spekt der Erzählstruktur aufmerksam, und zwar auf die Konfiguration der im Roman auf tretenden H auptge-stalten, die sie als „reales” und „geistiges" D reieck deutet — d.h. als drei voneinander unabhängige Individuen ein erseits und als eine „aufgelöste" Figur andererseits, in der beide M ännergestalten nur V erkörperungen der geistigen Anlagen des Ich repräsentieren. Am überzeugendsten und stichhaltigsten w irken die A usführungen Summerfields dort, w o sie v er-sucht, durch die Textbefragung, diese These von der simultanen

Perso-21 E. S u m m e r f i e l d , Die A u llö su n g der F igur in In geb org Bachm an ns Roman ,,M alina", U n iv ers ity of C o n n ecticut 1975.

22 D er V erg leich w urd e n u r zu d er D issertatio n v o n R. S teig er (s. A nm. 23) gezogen; die italie n isc h e M alin a-D issertatio n vo n R. S v an drlik-R aspin i (s. Anm. 1) k o n n te h ier nich t b e rü c k s ic h tig t w erd en .

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nenkonstellation zu verdeutlichen, wobei es ihr auch gelingt, m ehrere verschlüsselte Stellen der Fabel aufzuhellen und auf einige literarische Spiegelungen zu verweisen.

Dagegen gerät die V erfasserin in W idersprüche, wenn sie auf die Ebene einer ideologischen Interpretation der sich in jener Auflösung der Figur m anifestierenden Unmöglichkeit der m enschlichen Bindung übergeht. Diese führt sie ausschließlich auf die „N atur des M enschen" und auf die ,.Ordnung der W elt" zurück, womit sie suggeriert, daß das in diesem Roman them atisierte Phänomen der Entfremdung als etwas, was dem M enschen von dessen N atur her anhaftet, dargestellt worden wäre. Auf diese W eise m anipuliert Summerfield die im Bach-mannschen W erk präsente gesellschaftlich-historische Bedeutungsschicht weg, wodurch sie sich der Kritik sowohl von Seiten der soziologischen, als auch sem iotisch-strukturellen litera turw issenschaftlichen M ethode aussetzt.

Dabei w iderspricht sie der von ihr selbst vertretenen These von der Untrennbarke.it d er Innen- und A ußenw elt als Voraussetzung für die Sim ultaneität der Deutung der G estaltenkonfiguration. Denn Ivan, M a-lina und Ich als Teile des „realen Dreiecks" verstanden, w erden inner-halb der erzählten W irklichkeit des Romans in bestim m ten Zeit- und R aum verhältnissen verankert, die Summerfield in ihrer psychologischen E ntfrem dungs-Interpretation unberücksichtgt läßt, da sie diese nur am „geistigen Dreieck" orientiert. Damit w ird die von ihr postulierte Einheit von der ps у с holog i sc h-my th i sc he n und „realen", lies: gesell-schaftlich-historischen Sphäre in Frage gestellt, wodurch diese Disser-tation einen Bruch im M ethodischen erfährt und ihrem richtigen Inter- pretationsansatz nicht ganz gerecht wird.

Dennoch bleibt sie als V ersuch, einen A usgangspunkt für die S truk-turierung der erzählten W elt Bachm annscher Prosa zu schaffen, für die Bachmann-Forschung w esentlich anregender als ein w eiterer Malina- -Beitrag, nämlich Malina. Versuch einer Interpretation des Romans von

Ingeborg Bachmann von Robert Steiger23, der A nspruch auf eine T

ota-lität der Deutung erhebt.

In der Einleitung zu seiner Studie beruft sich Steiger auf die Er-kenntnisse der literaturessayistischen M aiina-Interpretation, wo man auf die Sprache der Romanhelden als einen w ichtigen Problem träger auf-m erksaauf-m auf-m acht24, und schließt daraus, auf-man auf-müsse bei der A nalyse dieses W erkes sich dessen Erzählrhythm us anpassen, d.h. „behutsam

!3 R. S t e i g e r , „M alina". V ersu ch einer In terpreta tio n des R om ans vo n In g e-borg Bachmann, Z ürich 1976.

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vorgeben", um „durch geduldiges Aufsuchen und Ernstnehmen schein-barer Details und verm eintlich unw ichtiger Nuancen" (S. 3) seiner Ei-genart auf die Spur œu kommen.

Die Ergebnisse dieser „Behutsamkeit" w erden auf beinahe 300 Druck-seiten ausgebreitet, und zwar auf eine derartig umständliche Wedse, daß die Lektüre zu einem äußerst mühsamen und inotierenden U nter-fangen wird, zumal die aus der Textanalyse gezogenen Schlußfolgerun-gen kaum über die in den w esentlich kürzeren Zeitungsartikeln enthal-tenen hinausgehen. Das Resultat der Pedanterie Steigers sind öfters Ba-nalitäten, die keineswegs jener auschweifenden Beschreibungen w ert sind, unter denen sich das, was als originell und brauchbar gelten könn-te, nämlich die Erschließung von einigen geistesgeschichtlich „Spiege-lungen", verliert. Sie häufen sich ganz besonders in den Schlußbetrach-tungen, in denen sich der Eindruck des Offene-Türen-Einrennens, den man beim Lesen dieser Dissertation hat, noch verstärkt. Hier w ird auch die am bivalente Einstellung des V erfassers gegenüber dem Bachmann- schen Roman deutlich, die wohl das M ißlingen dieses akademischen Beitrags verschuldet hat. R. S te ig e rest nämlich unentschlossen, was er eigentlich beweisen möchte, und w as er von den Q ualitäten des W er-kes hält. So z.B. legt er, nachdem er auf m ehreren Seiten die gesell-schaftlichen Ursachen des „Rückzugs" des Ich zu erhellen trachtet, in Schlußbetrachtungen ein Bekenntnis ab, e r vermisse bei I. Bachmann „die konkret-engagierte Zeitgenossenschaft" (S. 283). Der Intention, die Problematik des Romans „an der Sprache zu zeigen”, steht eine kümm er-liche literaturwissenschafter-liche W erkstatt des V erfassers entgegen, in der mangels des entsprechenden V okabulars die Begriffe „lyrisch" und „Innerlichkeit" vorherrschen, und die Steiger allen Ernstes zu dilettan-tischen Ü berlegungen bewegt, ob die Ich-Erzählerin und das, was sie erfährt, sich „vielleicht als die mehr oder wenigeir direkte W iderspie-gelung von Leben und Person L Bachmanns entschlüsseln" ließe (S. 287). Eine längere Auseinandersetzung w ürden solche peinlich-naiv-banale Sätze verdienen, wie etwa: „Ich bin der Meinung, Ingeborg Bachmann wolile durch die Darstellung einer ungewöhnlichen Innenwelt den Leser zum Denken provozieren" (S. 284), von denen es in diesem Beitrag

ge-radezu wimmelt, sowie der die Unentschlossenheit des Forschers noch stärker hervorhebende Stil, in dem die „Gebärde der Einschränkung" („Vielleicht dürften wir behaupten") dominiert. Es ist allerdings nicht der Mühe wert.

Unabhängig davon, ob man das wichtigste Erkenntnisziel der akade-mischen Forschung in der Erschließung von literaturtheoretischen Ka-tegorien, in der Aufspürung von geistesgeschichtlichen Spiegelungen, Einflüßen und Q uerverw eisen oder in der Untersuchung der

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gesell-schaftlichen Relevanz der Literatur erblickt, erw artet man von ihr eine strenge Begriffsbildung, eine kohärente Argumentation, einen V erzicht auf subjektivistisohe Urteile. In diesem Bereich der Literaturrezeiption wird mehr komm entiert als gew ertet: man anvisiert dort häufiger den Sach- als den W ehrheitsgehalt des W erkes und jede direktere Stellung-nahm e w ird theoretisch so abgesichert, daß die Distanz des Forschers aufrechterhalten bleibt.

Dieser Nimbus der W issenschaftlichkeit w ird von manchen Literatur-forschern belächelt, und zwar besonders von den Literaturessayisten, ob-wohl sie nicht selten von denselben Erkenntnisinteressen geleitet w er-den. Die akademische „K leinarbeit", ihr A nspruch auf Genauigkeit und Kohärenz erscheinen den M eistern des „Fragments" als arbeitsseliges Banausentum, das das Blickfeld einengt und die W ahrnehm ungsfähigkeit abstumpft. Ohne darüber spekulieren zu wollen, ob die in den letzten .Jahren immer deutlicher spürbare Abneigung gegen den Szientismus dazu führen kann, daß der Literaturforschung das Recht auf w

issen-schaftliche Exaktheit abgesprochen wird, müßte man eher überlegen, zu welchen praktischen Resultaten die akademische Forschung gelangt, um festzustellen, ob deren M ängel w irklich aus dem ,,Zu-viel" und nicht aus dem ,,Zu-wenig" der w issenschaftlichen A rgum entation resultieren.

Die hier präsentierte kritische Sichtung der Dissertationen zum W erk von Ingeborg Bachmann ist Reflex m ehr eines philologischen als eines kritischen Interesses. Bestimmend für sie ist die Darstellung der Inhalte und des Erkenntnisgehaltes jeweiliger Hochschulschrift, da sie in den bisherigen Besprechungen zu kurz gekommen sind. Es ist zwar eine unerläßliche V orbedingung für jede neue U ntersuchung, sich mit den Ergebnissen der früheren Dissertationen auseinanderzusetzen, doch man greift dabei nur diejenigen A spekte auf, die sich auf des besprochene Thema beziehen oder man übt K ritik an den generellen Prämissen der praktizierten M ethoden. In der vorliegenden A rbeit geht es dagegen darum, die M ethoden der einzelnen Forscher nicht auf die Richtigkeit ihrer Erkenntnisziele, sondern auf ihre Ergiebigkeit für die Erschlie-ßung des Bachmannschen W erkes hin zu befragen.

Bei diesen am Sachgehalt der untersuchten Texte orientierten Re-cherchen drängt sich unabweislicih auch eine kritische Reflexion auf, daß es nämlich der Bachmann-Literatur gar nicht schaden würde, legte sie einen größeren W ert auf Exaktheit und Kohärenz der Auslegung, stützte sie ihre Interpretationen auf ein festes Fundament theoretisch abgesicherter Begrifflichkeit, vermiede sie Subjektivismen. Die für die Erschließung der Lyrik aufschlußreichsten Beiträge, nämlich die Disser-tationen von P. Fehl und von U. M. Oelmann, befolgen diese Prinzipien am strengsten und sind trotzdem bestimmt keine langw eilige Lektüre.

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vorgehen", um ,/durch geduldiges Aufsuchen und Ernstnehm en schein-barer Details und verm eintlich unw ichtiger Nuancen" (S. 3) seiner Ei-genart auf die Sipur e u kommen.

Die Ergebnisse dieser „Behutsamkeit" w erden auf beinahe 300 Druck-seiten ausgebreitet, und zwar auf eine derartig um ständliche W eise, daß die Lektüre zu einem äußerst mühsamen und irritierenden U nter-fangen wird, zumal die au s der Textanalyse gezogenen Schlußfolgerun-gen kaum über die in den w esentlich kürzeren Zeitungsartikeln en th al-tenen hinausgehen. Das Resultat der Pedanterie Steigers sind öfters Ba-nalitäten, die keineswegs jener auschweifenden Beschreibungen w ert sind, unter denen sich das, was als originell und brauchbar gelten könn-te, nämlich die Erschließung von einigen geistesgeschichtlich „Spiege-lungen", verliert. Sie häufen sich ganz besonders in den Schlußbetrach- tungen, in denen sich der Eindruck des Offene-Türen-Emrennens, den man beim Lesen dieser D issertation hat, noch verstärkt. Hier w ird auch die am bivalente Einstellung des V erfassers gegenüber dem Baohmann- schen Roman deutlich, die wohl das M ißlingen dieses akademischen Beitrags verschuldet hat. R. Steiger , ist nämlich unentschlossen, was er eigentlich beweisen möchte, und w as er von den Q ualitäten des W er-kes hält. So z.B. legt er, nachdem er auf m ehreren Seiten 'die gesell-schaftlichen Ursachen des „Rückzugs" des Ich zu erhellen trachtet, in Schlußbetrachtungen ein Bekenntnis ab, er vermisse bei I. Bachmann „die konkret-engagierte Zeitgenossenschaft" (S. 283). Der Intention, die Problematik des Romans „an der Sprache zu zeigen", steht eine küm m er-liche literaturw issenschafter-liche W erkstatt des V erfassers entgegen, in der mangels des entsprechenden V okabulars die Begriffe „lyrisch" und „Innerlichkeit" vorherrschen, und die Steiger allen Ernstes zu dilettan-tischen Ü berlegungen bewegt, ob die Ich-Erzählerin und das, was sie erfährt, sich „vielleicht als die mehr oder w eniger direkte W iderspie-gelung von Leben und Person I. Bachmanns entschlüsseln" ließe (S. 287). Eine längere A useinandersetzung würdlen solche peinlich-naiv-ibanale Sätze verdienen, wie etwa: „Ich bin der Meinung, Ingeborg Bachmann w olle durch die Darstellung einer ungewöhnlichen Innenw elt den Leser zum D enken provozieren" (S. 284), von denen es in diesem Beitrag ge-radezu wimmelt, sowie der die U nentschlossenheit des Forschers noch stärker hervorhebende Stil, in dem die „Gebärde der Einschränkung” („Vielleicht dürften wir behaupten") dominiert. Es ist allerdings nicht der Mühe wert.

U nabhängig davon, ob man das w ichtigste Erkenntnisziel der akade-mischen Forschung in der Erschließung von literaturtheoretischen Ka-tegorien, in der Aufspürung von geistesgeschichtlichen Spiegelungen, Einflüßen und Q uerverw eisen oder in der Untersuchung der

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gesell-schaf tlichen Relevanz der Literatur erblickt, erw artet man von ihr eine strenge Begriffsbildung, eine kohärente Argumentation, einen Verzicht auf subjektivistisohe Urteile. In diesem Bereich der Literaturrezeption wird mehr kommentiert als gew ertet: man anvisiert dort häufiger den Sach- als den W ehrheitsgehalt des W erkes und jede direktere Stellung-nahme w ird theoretisch so abgesichert, daß die Distanz des Forschers aufrechterhalten bleibt.

Dieseir Nimbus der W issenschaftlichkeit wdrd von manchen Literatur-forschern belächelt, und zwar besonders von den Literaturessayisten, ob-wohl sie nicht selten von denselben Erkenntnisinteressen geleitet w er-den. Die akademische „K leinarbeit", ihr A nspruch auf Genauigkeit und Kohärenz erscheinen den M eistern des „Fragments" als arbeitsseliges Banausentum, das das Blickfeld einengt und die W ahrnehm ungsfähigkeit abstumpft. Ohne darüber spekulieren zu wollen, ob die in den letzten Jahren immer deutlicher spürbare Abneigung gegen den Szientismus dazu führen kann, daß der Literaturforschung das Recht auf w

issen-schaftliche Exaktheit abgesprochen wird, müßte man eher überlegen, zu welchen praktischen Resultaten die akademische Forschung gelangt, um festzustellen, ob deren M ängel wirklich aus dem „Zu-viel" und nicht aus dem ,,Zu-wenig" der w issenschaftlichen Argumentation resultieren.

Die hier präsentierte kritische Sichtung der Dissertationen zum Werik von Ingeborg Bachmann ist Reflex m ehr eines philologischen als eines kritischen Interesses. Bestimmend für sie ist die Darstellung der Inhalte und des Erkenntnisgehaltes jew eiliger Hochschulschrift, da sie in den bisherigen Besprechungen zu kurz gekommen sind. Es ist zwar eine unerläßliche V orbedingung für jede neue U ntersuchung, sich mit den Ergebnissen der früheren D issertationen auseinanderzusetzen, doch man greift dabei nur diejenigen Aspekte auf, die sich auf des besprochene Thema beziehen oder man übt Kritik an den generellen Prämissen der praktizierten Methoiden. In der vorliegenden A rbeit geht es dagegen darum, die M ethoden der einzelnen Forscher nicht auf die Richtigkeit ihrer Erkenntnisziele, sondern auf ihre Ergiebigkeit für die Erschlie-ßung des Bachmannschen W erkes hin zu befragen.

Bei diesen am Sachgehalt der untersuchten T exte orientierten Re-cherchen drängt sich unabweislicih auch eine kritische Reflexion auf, daß es nämlich der Bachmann-Literatur gar nicht schaden würde, legte sie einen größeren W ert auf Exaktheit und Kohärenz der Auslegung, stützte sie ihre Interpretationen auf ein festes Fundament theoretisch abgesicherter Begrifflichkeit, vermiede sie Subjektivismen. Die für die Erschließung der Lyrik aufschlußreichsten Beiträge, nämlich die Disser-tationen von P. Fehl und von U. M. Oelmann, befolgen diese Prinzipien am strengsten und sind trotzdem bestimmt keine langweilige Lektüre.

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Gerade im Falle der Bachmann-Rezeiption, auf die sich, wie ich es in einem anderen For sc hun g sbe rieht nachzuweisen versuchte25, der Per-sonenmythos der Autorin so verhängnisvoll ausgewirkt hat, veirmißt man eine theoretisch fundierte ästhetische Reflexion. Es scheint, daß die Erkenntnisinteressen und Verfahrensweisen die akadem ische

For-schung dazu geeignet machen, zahlreiche aus den vorästhetischen Urtei-len resultierende Rezeptionsklischees zu entlarven. Sie hat in dieser Hinsicht noch lange nicht ihr Bestes getan.

M arta Ja ku b o w icz-P isa rek

TW ÓRCZ OŚĆ INGEBORG BACHM ANN W ŚWIETLE BADAN AKADEMICKICH

A rty k u ł je s t p ró b ą sy n tety c zn e g o u ję c ia treśo i i zaw arto ści poznaw czej lite r a -tu ry n au k o w ej zajm u jącej się tw órczo ścią Ing eb o rg B achm ann. C elem tej p racy je s t n ie ty le ro zra ch u n e k z ogó lnym i zało żeniam i m eto d sto so w an y ch w b ad an ia ch n ad dziełem p isark i, co r a c z e j an ąliza ic h 1 sk u teczn o ści w realizo w an iu staw ian y c h so-bie celów poznaw czy ch.

R ezultaty d o ty ch czaso w ej reflek sji n au k o w ej n ad u tw o ram i B achm ann są b a r-dzo sk ro m n e. D otyczy to zw łaszcza p ro zy au to rk i, k tó rej is to ta i znaczen ie w y m y-k a ją s ię jay-k d o tąd badaczom . W o bliczu u d o stęp n ien ia d la p rac n au y-k o w y ch sp u ś-cizny p is ark i, z aw iera ją ce j w iele n ie zn an y ch w cześniej frag m en tó w p rozy , n ależy przyp u szczać, iż n ajb liższy o,kres p rzy n ie sie p o stęp w tej dziedzinie.

P rzed staw io n e sp ra w o zd an ie ze stan u b a d a ń ma dopom óc w o k reślen iu p un ktu w y jścia d la pó źn iejszy ch analiz. J es t ono głó w n ie w y n ik iem n asta w ie n ia n a filo lo -g iczne u jęcie om aw ian e-g o m ateriału , je d n a k że chw ilam i tru d n o p o w strzy m ać się od k ry ty cz n ej reflek sji. P recy zja w n azew n ictw ie, zw arto ść i p rzejrzy sto ść arg u m en ta -cji, rzeczow ość i d y stan s w o b ec dzieła, k o n sek w e n c ja w p rzep ro w ad zen iu w y w odu, k tó r e p o w in n y cecho w ać n au k o w e p o d ejś cie do. lite r atu ry , są d om eną ty lk o n ie -w ielu z o m a-w iany ch pozycji.

_______ V

15 D iese k ritisch e S ichtu ng d er ak ad em isch en B ach m ann-Forschu ng w ird in einem w eiter en K o n tex t in d er A rb eit S ta n d der F orschung zum W e r k vo n In geb org Bachm ann erla ß t, die in dieseBachm J a h r iBachm P eterL an g V erlag , F ran k fu rt aBachm M ain er -sch ein en soill. Ich gehe d o rt auf d ie gesam te S ek u n d ärlite ra tu r zum B achm an n-schen W e rk ein.

Cytaty

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