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C
Eine experimentelle Methode zur Bestimmung der reduzierten
Masse des mitschwingenden Wassers bei Schiffsschwingungen.
Von J. J. Koch in Deift.
I. Die Differenlialgleichung des mitschwingenden Wassers. 'Wenn ein Schiff aus irgendeinem Grunde in Schwingungen gerät, wird das umgebende Wasser gezwungen, 'dic Schwingungsbewegung mitzumachen. Scheinbar vergrößert sich hierdurch die Schiffs-masse, so daß man beim Berechnen der Eigenschwingungszahl des Schiffes genötigt ist, clic Schiffsmasse um die reduzierte Masse des rnitschwingenden Wassers zu vermehren.
Bei der folgenden Berechnung nehmen wir an.
z. daI3 das Wasser, in' welchem das Schiff schwimmt, eine ideale Flüssigkeit ist,
daß die \Vasserteilchcn sich in Ebenen senkrecht zur
Schiffsachse bewegen,
daß dic ' \Vasserbewegug wirbeifrei ist. 1
Dann lauten die Bewegungsgleichungen eines Wasserteil- L .
chens mit den üblichen Bezeichnungen (vgl. Abb. I)
Op
f
ôv 0v,. Ov;\(I)
' (2) Abb.i.
Zu diesen Gleichungen gesellen sich', die Kontinuitätsgleichung
()
und die BedingungOv öv
4 welche die Ännahmè 3. ausdrückt. Aus den Gleichungen (z), '(2), (3) und () folgt, wie
man leicht nachprüft, '
(Ç2
± -2){ +
+
v)} == (5)wie man nachträglich feststellen kann, keinen größeren Fehler als etwa ± 0,1% mitVernachlässigt man das Glied
(v + v) gegen p (was bei normalen Verhältnissen,
sich bringt) und schreibt mari noch zur Abkürzung ¿1 statt
+
so lautetGlei-chung (5)
zlp=o.
' ' (6)Mit derselben Vernachlässigung gehen die Gleichungen (i) und (z) über in
Op ôv Op. 0v,,
e-. '
' ,' (7
s
.,
Koch: Eine experimentelle Methode z.ur Bestimmung der reduzierten Masse. Ingenieur-Archiv
Bei der ganzen Betrachtung ist der Einfluß des statischen Druckes g y außer acht ge-lassen, weil nur diejenigen Kräfte von Interesse sind, welche als Folge der Schiffssch*in-gungen entstehen.
2. Die Randbedingungen. Wir nehmen jetzt an, das Schiff schwimme in der Mitte eines Kanals mit rechteckigem Querschnitt, so daß wir aus Symmetriegrün.den nur eine
Schiffshälfte A E zu betrachten brauchen (vgl. Abb. 2). Dann lassen sich die verschiedenen
Ran dbedingungen des Problems wie folgt zusammenfassen: längs der Wasseroberfläche A B ist der Druck p = o;
an der Wand BC des Kanals ist v = o, also -Jj o,
--- =
o,am Boden CD des Kanals ist -?$
= o;
im Querschnitt DE ist aus Symmetriegründen --- = o;
an der Schiffswand E A entlang ist die Geschwindigkeit des Wasers senkrecht
zur Schiffswand gleich der Geschwincligkeitskomponente des schwingenden Schiffes in
_____________________ß derselben Richtung, so daß; wenn v die vertikale
.Z Geschwindigkeit des Schiffes (also in Richtung
ED) ist, in jedem Punkt der Schiffswand gilt
y5 5j cc
+
V5CO5cc= V0cos ccoder
v5tgc(+v5_v0.
(8)Differentiation nach liefert
0v5 0v,, dv0
--tgoc+
i-=-ii'
so daß, mit Bezug auf die Gleichungen (7), die Bedingung (8) auch in folgender Form geschrieben werden kann:
ap ap, 0v0
(io) 3. Die Definition der reduzierten Masse des mitschwingenden Wassers. Betrachtet man
ein Schiffselement mit der Masse m, welches zwischen zwei im Einheitsabstand sich be-findenden, senkrecht zur Schiffsachse stehenden Ebenen gelegen ist, und nennt man die
Differenz der in diesen Ebenen auftretenden Querkräfte k, so. lautet die
Bewegungs-gleichung des, Schiffselernentes in vertikaler Richtung .
m9=kfpdscoscc=kfpdx
oder
(m+)ft=
Aiis dieser Gleichung folgt, daß infolge des mitbewegten Wassers die spezifische Masse des Schiffes scheinbar vergrößert wird um den Betrag
fpdx
dt
Abb.2. (9)
1V. Band 1933. Koch: Eine experimentelle Methode zur Bestimmung der reduzierten Masse. 105
Obwohl hiermit die Aufgabe, die reduzierte Masse des mitschwingenden Wassers zu
be-stimmen, prinzipiell gelöst ist, bietet doch die rechnerische Lösung les Problems bei
willkürlich vorgeschriebener Schiffsforrn recht viele Schwierigkeiten. Exakte Lösungen sind dem Verfasser nur für die in Abb. 3 aufgenommenen Schiffsformen bekannt1 unter
der Voraussetzung unendlich tiefen Wassers ._,
und eines unendlich breiten Kanals. In
allen diesen Fällen ist m,. = 7b2.
¿1. bIm folgenden soll nun gezeigt werdèn, I I
wie man auf experimentdllem Wege für
endliche Wassertiefe und Wasserbreite und bei willkürlicher Schiffsform
lacher Weise bestimmen kann.
4. Das elektrische Analogon. Betrachtet man ein elektrisches, zweidimensionales Strö-n3ungsfeld, welches in einer homogenen Platte von konstanter Dicke auftritt, so gilt für
das Potential P die Gleichung
r2' r-2ö
--Abb. 3.
ja
in
ein-Nach Beendigung dieses Aufsatzes bekam der Verfasser Kenntnis von einer Arbeit des Herrn
Lochwood TayIor Trans. Instn. Naval Archit. 7 (1930) S. ¡30 und Philos. Mag. 9 (1930) S. i 6 , in welcher
mr für unendlich tiefes Wasser berechnet wird. Die Resultate stimmen gut mit den vom Verfasser erhaltenen überein.
8*
ziP=o,
('4)während clic Stromdichten in den beiden Koordinatrichtungen gegeben sind durch
C
w Ox'
I OP.i OP
Wôy
('5)Unter Stromdichte wird hier ersichtlich verstanden die Stromstärke pro cm
Platten-breite; W ist der Widerstand eines Plattenelementes von 1 cm2 Querschnitt.
Weil die Gleichungen (6), () vollkommen analog sind mit den Gleichungen (x), (i5), läßt das hydrodynamische Problem eine elektrische Lösung zu, wenn man die
Randbedingungen des ursprünglichen Problems in geeigneter Weise elektrisch verwirk-; licht. Dazu setzen, wir
P==15, (i6) x
i'i'ôx
WOxWOI'
ap ('7)r
zôp
e (x8) Wûy WäyW8
Als elektrische Randbedingungen finden wir also:
längs der Wasseroberfläche A B ist p = o, also P = o; A B muß also der Länge nach mit einem guten Leiter verlötet werden;
an der Wand BC ist
- o, also C
o; die Strecke BC muß isoliert sein;am Boden CD ist = o; DC muß isoliert sein;
zweckmäßig, einen Faktor einzuführen, welcher mit mr folgendermaßen
zusammen-Zum Vergleich der für verschiedene Schiffsformcn zu erhaltenen Resultate
ist es
hängt:
mr=çob2.
(12)Hierin bedeutet die Wasserdichte, b die halbe Schiffsbreite. Die Größe selbst drückt sich wie folgt aus:
a
im Querschnitt DE
t j- = o; DE mufi isoliert sein;
an EA entlang gilt also elektrisch oder Op Op dv,
---tga--
-;7-,
WCtga + WC,, =
dvCtgot+C,,
wit
('9) Dieser letzten Bedingung genügt man, indem man längs E4 einen Strom zuführt vonder Stromdichte a.
Aus Abb. 4 erhellt, daß diese Stromdichte a bestimmt ist durch die Bedingung, daß
der totale Strom, welcher in das Dreieckselement mit den Seiten dx, dv und ds ein-strömt, Null sein muß. Hieraus folgt
adsCdy--C,,dx=O
(20)..-...
oder mit dx = ds cos a dy =ds sin a
Icdy a = C sin a -- C,, cos
. (21)
Kombination von (20) und (21) liefert schließlich
Abb.
a =
ÇQ.cos a, (22)d. h. der längs EA jedem Element zuzuführende Strom ist der Projektion des Elementes ds auf die x-Achse proportional. Der Proportionalitätsfaktor ist
dv0
W d
Die reduzierte Masse des mitschwingenden Wassers ist also
fpdx
fPdx
dv0 W
- a
und der Faktor
fPdx
fPdx
Wb2a - ¡Vb (be) Hierin bedeutet b a die t o tale zugeführte Stromstärke.
5. Die experimentelle Bestimmung von m und q'. Selbstverständlich ist es praktisch
unmöglich, in jedem Punkt der Rândkurve EA die richtige Stromdichte zu erzeugen.
Wir teilen deshalb diese Randkurve in n Teile mit gleicher Horizontaiprojektion. Jeder dieser Teile trägt ein mit einer Manganinpiatte verlötetes Messingstäbchert, welches mit
einem Zufuhrdraht verehen ist, durch welchen ein Strom von der. Stärke J
zu-geführt wird. Die Formel (24) wird dann approximiert durch den Wert
b
EF
WbnJ Wn2J
Die approximierte reduzierte Masse eines g a n z e n Schiffs4uerschnittes wird also
ni,. = 2b9.
In Abb. 5 ist das Schema der von uns gebrauchten Schaltung wiedergegeben. Die
Manganin piatte , deren Umriß mit A B CD E E' angedeutet ist, stellt den
IV. Band ¡933. lÇoch: Eine experimentelle Methode zur Bestimmung (1er reduzierten Masse.
107
querschnitt dar ; A B repräsentiert die Wasseroberfläche, B C ist eine Seite, C D der
Boden des Kanals, DE dessen Symmetricachse. EE' stellt den Boden des Schiffes dar. E' A dessen Vertikalseite
Die Akkumu1at0reflbattC1e i liefert dem mehrteiligen Spannungsteiler oder
Potentio-meter 2 Strom. Von diesem PotentioPotentio-meter werden die verschiedenen Ströme abgezweigt, weiche den verschiedenen mit der Manganinpiatte 5 verlöteten Stäbchen 4 zugeführt werden. Bevor diese Ströme die Stäbchen 4 erreichen, werden sie durch die geeichten
Widerstände 3 hindurchgeführt. Die in diesenWiderständen auftretenden Spannungsverluste werden mittels des Millivoitmessers 6 gemessen,
welcher zu diesem Zwecke durch die beiden Schalter 7 und 8 abwechselnd mit den beiden Enden eines jeden Widerstandes 3 verbunden
wird. Der MillivoitmesSer 6 mißt also indirekt
die den Stäbchen 4 zuzufübrenden .
Strom-stärken, deren Gleichheit durch richtiges Ein-stellen der verschiedenen Abzweigstellen des Potentiometers erreicht werden muß.
. Dieses Einstellen geschieht wie folgt.
Zu-nächst nimmt man nur eine voiläufige Ein- i I t
stellung der verschiedenen Kontakte am Po- I E " E'
. . . .
10
.1
tcntiomctcr vor, be welcher also nur eine
p
bungefahre Gleichheit der verschiedenen Strom-, °(TrLV'
[ i
Istärken erreicht wird. Dann werden hinter- .
"j'
OC
einander die verschiedenen. Kontakte sauber . Abb. .
eingestellt, wobei aber zu' beachten ist, daß
eine Anderung irgend eines Stromes eine Änderung aller bereits im voraus regulierten Ströme mit sich bringt. Man muß also einige Malç hintereinanderalle Ströme von neuem
fegulieren. Die Anzahl dieser Male hat bei unsereñ Messungen zwischen 3 und 7 variiert.
Die zur richtigen Einstellung verwendete Zeit wechselte zwischen zehn Minuten und einer Stunde. Es wurde'aber stets erreicht, daß alle Ströme bisauf % genau waren. Nachdem die Einstellung vorgenommen war, wurden die. Spannungen der Stäbchen 4 mit Hilfe
des Millivoitmessers 9 gemessen, welches durch den Schalter io abwechselnd mit diesen
Stäbchen verbunden werden kann.
Die Messungen sind für einen rechteckigen SchiffsquersChl3itt ausgeführt worden, und zwar für vier verschiedeneSchiffstiefen h (h = o, b, b, i b) und 'für verschiedene Wasser-,
tiefen h + 'H (H = Abstand von Kanal nd Schiffsboden). Die Kanalbreite 2 b1 ist im Verhältnis zur Schiffsbreite 21) sogroß 'genommen, daß sie als unendlich groß angesehen werden kann (b1 = 7b).
Es schien zwecklos, kleinere Breiten b1 zu untersuchen,weil diese praktisch nicht
vor-kommen und außerdem vollvor-kommenbedeutungslos sind. Die Wassertiefe H wurde einfach dadurch abgeändert daß jedesmal ein Streifen der ManganinplattC abgeschnitten wurde.
Der spezifische \Viderstand Wder Platte wurde an einem Streifen desselben Materials
gemessen. Spannung und Strom sind dabei mit denselben Meßinstrumefltefl gemessen, welche auch bei dem eigentlichen 'Experiment gebraucht wurden. Hierdurch wurde der Einfluß, welëhcn der Widérstand der Zufuhrdrähte und der Umschalter sonst auf die Meßresultate gehabt hätte, eliminiert.
6. Modifikation der Schaltung.' In Abb. 6, ist das Schema einer einfacheren Schah
tung wiedergegeben,' welche bei einigen von unserenMessungen gebraucht wurde.
Hier-bei wird jedesmal nur einem einzelnen. Stäbchen 4 ein strom von vorgeschriebener.
Stärke mit Hilfe des Schálters r
zugeführt, wahrend die, anderen Stäbchen keinenStrom erhalten. Jedesmal wird von allen Stäbchen mit Hilfe des MiUivoltmeSSerS 2 und
¶1
des Schalters , (welcher den Voltmesser mit den verschiedenen Stäbchen verbindet)
die Spannung gemessen. Durch Superposition der verschiedenen Resultate erhält man die Spannungen. welche eintreten würden bei gleichzeitiger Stromzufuhr aller Stäbchen 4.
Abb. 6.
Obwohl die Einstellung des Stromes und das Messen der Spanmrngen einfach verläuft,
hat man bei dieser Methode den Nachteil, daß alle n2 Spannungen (n - Anzahl der Säb ehen 4) summiert werden müssen, was bei einer großen Anzahl von Experimenten ziem-lich zeitraubend ist.
7. Horizontale Schwingungen. Auch wenn das Schiff Horizontaischwingungen aus-führt, kann die reduzierte Masse des mitschwingenden Wassers experimentell bestimmt werden. Für die geraden Linien A B, BC, CD (vgl. Abb. 7) gelten dieselben Uberlegungen
Abb. 8.
wie beim vertikaischwingenden Schiffe. \Veil wir es aber hier mit einem kehrsymmetrischen
Falle zu tuh haben, wird das Potential entlang der Geraden DE
konstant sein undgleich dem Potential der Geraden A B.
Dieser Tatsache wird man elektrisch gerecht, indem man die Platte entlang DE
mit einem Leiter versieht und diesen mit A B verbindet. Für die Strecke EA gilt jetzt,
daß die Strmdichte pro Längeneinheit der auf
die y-Richtung bezogenen Projektionkonstant séin muß.
Abh..
a
UU
auuuuuu
7 t5 Abb. qJild
4q2
Dic reduzierte Masse des mitschwingenden Wasser wird jetzt zweckmäßig auf die Höhe des Schiffes bezogen:
m=2,h2.
8. Die Resultate. Zur Raumersparnis verzichten
wir auf die Wiedergabe aller von uns gemessenen
Größen und fassen die Resultate graphisch zusammen. Alles, was sich auf die V&tikalschwingungen bezieht,
ist in den Abb. 8, 9 und ro, alles, was mit den Hori-zontaischwingungen zusammenhängt, in den Abb. Ir,
12 und 13 aufgenommen.
Abb. 8 stellt dar als. Funktion von für die
\Verte
= o; o,5; i; 1,5.
h
Abb. 9 stellt dar als Funktion von -e,- bei den'
Verhältniswerten --= o; o,4; r; z; 3; 4; 5.
In Abb. io sind in einem (b/H, lz/b)-Koordinaten-system die Kurven =konst gezeichnet.
In den Abb; ii,. iz und 13
sind analoge Diagramme für
aufgezeichnet.
Schlußbemerkungen. Die
vor-angehenden. Untersuchungen
wurden angestellt, um eine Dis-krepanz zwischen der, an einem
Schiff in Wirklichkeit gemessenen
und der in
der gewöhnlichen\Veise berechneten
Schwingungs-zahl zu erklären. 'y 4«4' 438 '6 Abb.12.
Die gemessene Schwingungszahl betrug 97
bis 98, die errechnete 152. Die auf Grund der
hier mitgeteilten Versuche angestellte neue
Rechnung, wobei also
der Einfluß des mit
schwingenden Wassers berücksichtigt wurde, betrug 96,5, was eine sehr befriedigende
Uber-einstimmung mit der beobachteten Zahl
be-deutet. (Eingegangen am 23. November 3932.) y" Abb. Ii. Abb. so 045 Abb. 53. 2 436' 437 14' 16 18 2 ' Z 24' 2 28 3 8 4' 6
I1IIAIiUI1iI
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I 15 2IV. Band 1933. Koch: Eine xperinienteIIe Methode zur Bestimmung der redpzierten Masse. 109