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Ausgewählte Werke in sechs Bänden : mit Stifters Bildnis, einem Gedichte in Faksimile, einer Abbildung des Stifter-Denkmals und Stifters Biographie. 1-3

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Academic year: 2021

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J.-A i

S H

K i f f e r s ausoieiüäljlie 3§etüe.

3 u lia lt b e r B H nbe:

1. S tu b ie n tr f t e r S e il: Ser ftonbor. . j3k*r • &elbblumen. — Sa8 .f>eibeborf. ü k & S rt {locfjroalb.

.ff. “'S tUb f e lt j ft e i t e r S e i 1: Sie 9iarren- Büvg. — Sie SDiappe meines Urgrofes »ater®.

ITT. S tu b ie n b r i t t e r S e il: SlbbiaS.— SaS alte Siegel. — ¡Brigitta. — Ser ftageftolj.

1 \’. S tu b ie n B ie rte r S e il: S er 28aIo= fteig. — ßmei Sdjioeftern. — S er bcfdjriebene Sännling.

V. ¡Bunte S te in e : (¡kamt. — ftal(= ftein — Surmalin. — S8ergfri)ftan.— fiageniil6er. — 33ergmtldj.

VI. (£ r j ä t> I u n g e n : ¡ßrofofiuS. — Sie brei Sd)miebe tljre3 SdjicffalS. — Ser SSalbbrunnen. — 9intf)fommeu fdiaften. — S er SBalbganger. — Set fromme ®Brud). — S er Suff Bot) Senge.

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lilii

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B IIIIIB

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2

halbert Stifters

a u s g e m ä f y l t e I D e r f e

in fcd)6 tauben.

Ejerausgegebeit DOtt ü u b o l f N i t r i t .

m it Stifters Silbnis, einem ©ebidite in ^affimile, einer 21bbilbung bes Stifter = Benfntals nnb Stifters Biographie.

ß trffe t Qßanb.

Biographie. — S t u b i e n I: P er Konbor. — ^elbMumen. — P a s fteibeborf. — P er i)od)t»alb.

«ciV.iiiji.

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Das Stifter • Dettfmal am plö<fettftetn»5ee im Bötjmermalb,

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I . D a t e r f y a u s .

3m Sern beS beutfdjen SBöhmermalbeS, im ©täbtdjen Oberfüan in S8öt)nten, itmrbe am 23. Cftofier 1805*) bem bürgerltcijeu 23eber= meifter, 3lad)S= unb ©etreibetfänbler Qohann © tif te r bon feiner ©attin SDtagbalene, geb. griepefi, einer SKejjgerStodjter au§ bemfelben Drte, ein ©öijniein geboren, baS in ber Saufe naci) feinem ifSaten, bem SBebermeifter SUbert ißrangijafer, ben Kamen S llbert erhielt. Stlbert, ben bie Cffentlidjieit einige Qatjrjefjnte fpäter unter bem ftattlidfen Kamen S lb alb e rt iennen lernte, blieb ntdjt lange alletn; brei Sörüber unb eine ©djmefter folgten itjm. Kicijt btofj bet feinen SHnberffMen mar itjm ber 83ruber ber liebfte ©efätjrte; fein ganjeS Sehen tjtnburd) hielt er ben ©efdjmiftem fein fjerj offen, er ber= jic^tete ju ©unften feiner ©djmefter auf fein ©roteil unb als er felbft, ber eS ja niemals p befonberem SBoljlftanb brachte, nod) hart genug mit bem Sehen ju ringen hatte, manberten feine tärglicfjen ©rfpamiffe immer mieber na<h ber jpeimat, fobalb SKifjemte ober ©eudje an bem fdjmalen Ertrag bes SBalbbobenS ¿ehrten. SöefonberS nahe ftanb ihm ber SB ruber Slnton, bem er in allen fdjroiertgen Sagen beS Sehens ein mahrhaft bitterlicher greunb unb Söerater blteb. SBon ben Eltern nahm bie Kiutter ben größeren ©tnflufj auf ben ifnaben. ®er 83ater, ein ftiller SKann, bem ber S inn für ein ernfteS SBud) ni<ht abging unb ber auf gute gudjt hielt, rourbe bem faum 3 mölf= jährigen jäh geraubt: ber eigene gladfSmagen ¿erfihmetterte ihn, als er in ber gretnbe, in ber ©egenb bon äBelS in ßberöfterreid), feinen

*) ©tifter gab fein ®eburt8batunt tu ((röteren g alten wteberijolt irrig an. C8 fei bebbalb Ijerborgeijoben, b a | btefeS ®atunt, bai fidj auf bem anttltdjen Sauf» f^ein, wie in einem bon ©tifter etgenfjünbig berfafiten autobiograbbtfc&en g nt, Wurf ilbereinfttmmenb »orflnbet, autbentifcb ift.

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V I I I KbaTSert Stifter.

ItanbelSgefdjäften nadjging. Um fo riitïïjalttofer lomtie ble Whttter auf ipn einmirfen, ber er mit fdjwärnterifcber Siebe jugetban blieb. „Kennten ©ie bie unerfdjöpflidje ^jerrlidjteit meiner ÎOÎutter!" fdjreibt er alê SJlann bon bierjig Sabren einem feiner liebften greunbe; jeïjn Sabre fpäter nennt er fie „einen unergrünblidjen ©ee Bon Siebe". Sllê ibm im Sabre 1858 bie faft acfjtjtgjäbrige entriffen Wirb, ba ïlagt er, bag nun bie unauSfpredjlidj halbe ©emobnbeit, eine SDÎutter ju haben, ju ©nbe fei, unb raie ©oetije belennt er, ben ©runbton feines SSefenS bon ber ©lutter empfangen ju bQben. Weben ber ©lutter raar eê eine jraeite grau, bie großen ©influé auf ben Knaben nahm: feine ©rofjmutter Urfula ©tifter, geb. Kart), bie burdj ben unauSfdjôpfbaren ©d)ap bon Siebern, © prüfen, ©tjäblungen baê ©ntjüden beâ ppantafieboKen KinbeS erregte, ©ie war eS audj, ber bie rafdje Sluffaffung WibertS unb feine ©eroanbtbeit tm Wadjerjäblen juerft auffiel unb bie auf bie ^Begabung beS KinbeS aufmerffant mad)te. ©tifter bat ibr in ber ©eftalt ber ©roftmutter im ,,§eibe= borf" ein ©enlrnat gefept; aber audj fein SSater unb feine ©lutter, beren güge auS bielen feiner ®id)tungen berborleucpten, fdjmebten ibm bi« ganj befonberê bor unb, mie er fdjön fagt, „alle Siebe, raelcfje nur fo treuherzig auf bem Sanbe unb unter armen fKenftpen ju finben ift, liegt in ber Keinen ©rjäblung."

Srop beâ borberrfcljenben raeiblidjen ©influffeë blieb aber ©tifter frei bon jenen gäbrfidjteiten, raie fie bem nur bon grauen erlogenen Knaben nidjt erfpart bleiben unb Wie fte etwa ber „grüne §einridj" an fid) erfahren muffte. 8 « ben eigentlichen Kinberjabren war ja noch ber SSater ba, unb fo war benn auch bie erfte ©rjiebung jungen» baft, wie fidj'8 gehört. g ^ a r , eine geraiffe S3erfonnenl)eit ift fdjon bem Keinen ©tifter anjumerlen; ein ©inbruiî, ben er einmal ent» pfangen, wirft intenfiber unb nac{)battiger in ipm nach, als bie§ bei SJurdjfdjnittSHnbern ber galt fein mag. ©o lebt ber ©lanj unb garbenfdjimraer beS erften ©otteSbienfieS jahrelang in ihm unb lägt ihn nidjt jur 9îul)e lommen, bi§ ihm ber längft bergeffene gufantmen» bang biefer Sidjterfdjeinungen enblid) neu in8 ©ebädjtniS gerufen wirb. Sie wieberbolte Wennung eines DrtSnamenS genügt, um ihm ein gebeimnisbolleS SBunberlanb ju fdjaffen, baS nunmehr ben ©littel» punit all feiner Staunte unb ©piele bilbet. @r ift unermübtidj, ©teindjen unb Wüten, ©djerben unb SBlümdjen ju fammeln unb fie ju Çaufe jutn fiiH=befd)aulic£)en ©piel ju orbnen, tagelang bon ge» beiuter greube befeelt, wenn bie Sammlung neuerbittgS um eine

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SaterljauS. IX

Softbarfett bereichert ift. Sluci) jene innige, tröumerifhe Siebe jux Watur, wie fie bem „§eibef naben" eigen ift, Wohnte im Ijer^en be8 Keinen Albert, unb an einfanten, bexfonnenen ©tunben in 2Batb unb g lur, an finbiihent ©djauer box ©ewittern nnb ©efpenftern mag e8 nic^t gefehlt haben. Aber biefeS beftänbige, ungetjinberte ©djlbeifen in fxeiex Watur ftätjtte nic^t wenig S ö ttet unb ©eele be8 Steinen unb txug bagu bei, itjn box jebet Serweihtihung ju bewahren. ©o wuxbe benn bei Heine Albert halb ein txefflic£)er ©djwimmer unb — SRaufer, bet audj bot größeren jungen nid)t gurüctfchrai; wie bet gtüne §einrich wax et halb unbewußt ein ©ierquäter unb felbft ju einet richtigen ©djuljungenlüge ließ et ficf) gelegentlich ^erab, Wobei freilich ba§ bexftänbige ©ingreifen be§ Rügen Seljrerg fo tief auf fein enthfänglidjeg ©ernüt einwirtte, baß et bon nun an jeber Süge geinb Würbe, ©iefern tüdjtigen Sekret — fein Warne war Qofef Senne — würbe bet Heine ©tifter in mannigfacher Seäieljung gu ®ant berf>fiic£)tet; nicht nur be8ljatb, weit et unter feiner Seitung fict) jitm tüchtigen ©dfüler entwicfelte, bem bie Sewättigung feiner ©dE)uljtfiicE)ten mühelog gelang. ©r empfing bon Seune noch manch’ anbere Anregung tieferer unb nachhaltiger Art. ®ie tDtufif, bie er in ber ©hule gu treiben hatte, erfdjtog ihm, ber fict) atg ©eiger, Siarinettenbläfer unb ©änger betätigte unb einmal in §aqbng ©höfifung mitwirten burfte, ba8 Sieid) ber Stöne für§ gange Seben; in ben „©djweftern" betrat ung ber ©icljter, wie aud) für ihn ^5otij= hhmnia bie ©eele augfhridjt. ®te Heine Südjerfammlung be8 um= gängtichen Sehrerg bermittette ihm bie leiht berftänbtthe Watur= gefhthte bon Dtaff unb, wie ber unbefhränite Aufenthalt in ber freien Watur bie ©runbtage für ©tifter, ben ©ichter, abgab, fo mag biefeg SBühtein at§ ©runbtage für ©tifterg flötete ber Watur ge* wibmete Seljrthätigieit gelten. Wic£)t bon geringerer Sebeutung ift ber §ang gut Settüre, ben er gleidjfaHg ber ©hule bantt. 28ag er juuähft gu lefen betam, emhfiitbfame Womane, an benen fidj ber Sater in ben SWußeftunben erlabte, Witterfiücte unb Diittergefdhicijten, Wie fie tt)m juft in bie §attb fielen, tonnte niht eben atg aug= gewählter Sefeftoff für bie reifere Qugenb gelten; aber alleg mähte bem leiht erregbaren Snaben ben tebljafteften ©inbruct, unb bollenbg gtüdtih War er, wenn ein 3Jtarionettenff»ieter, ber „Srummljänbige" genannt, auf feinen Sunftreifen nah Oberplan tarn, unb er nun fo Suftigeg unb fo ©raurigeg, wie bie ©djwänte beg §an8wurftg unb bie Seiben ber heiligen ©enobeüa, leibhaftig bor fidj auf ber Sühne

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X KbalBert ©Wer.

falj. ©o tief Slbalbert ©ttfter in reiferen Sauren bon ber Kunft beS SBurgtpeaterS berührt Würbe, an ba§ §erjberoegenbe jener i|3uppett= barfteHungen reiften biefe Stnregungen bodj nidjt heran.

6d ftanb eS ntit bem Meinen Sltbert, als ein büfierer Slobembertag beS SaijreS 1817 ihm ben SSater unb Ernährer entriß. Sie Sffiutter, bermutlich burd) bte Siotburft beS SebenS gejwungen, gab ifjnt in rec^t Jurjer geit einen ©tiefbater in ber ißerfon eines gettriffen SDlatjr, mit bent Sllbert nidjt tmnter aH$u gut harmoniert ju haben fdjeiitt; menigftenS hat er feinen greunben nodj in fpäten fahren KinbheitS= erinnerungen „ä la Sopperfielb" erjählt. Keinesfalls hot er bem Söianne ettoaS bon bem nachgetrogen, roaS fi<h in ben Kinbertagen abgefpielt haben mag; als beffen ©ohn Saiob SJiatjr (ber eS nach= mal§ ju einer fehr angefehenen Stellung brachte) in ben bierjiger fahren in SBien ftnbierte, fanb er in feinem ©tiefbruber Slbalbert ben grofjmütigften SBefdjüper, ber bie guten Erfolge galobS mit heüfter unb tetlnohmSboHfter greube begleitete.

I I . S d j u l e .

Sah Slbalbert nicht lange unter ber gudjt beS ©tiefbaterS ber= blieb, baß er überhaupt an ben Ort !am, ber feine natürliche Se= gabung jur Entfaltung brachte, baS ift baS SSerbienft zweier ©reife, ber beiben Erofjbäter, SluguftinuS ©ttfter bon bäterlidjer ©eite unb g ran j S-riepefj mütterlicherfeitS. SluguftinuS, ber gleich uadj bem Sobe feines ©ohneS bie Meine SBirtjdjaft in bie fjänbe nahm, Wirlte in feiner fdjlidjten SBeife erjieljenb unb bilbenb auf ben Knaben ein; wir eriennen ihn in „©rantt" unfchtoer loieber. griepefj bagegen lieh fich, toohlberaten bon bem treuen Senne, Weber burd) bte lln= gunft ber SBerljättniffe, noch burdj baS unberftänbtg abfpredjenbe Urteil beS OrtSiaplanS babon abhalten, bem Enfel, beffen Begabung er eriannt hotte, ben gutritt ju ben gelehrten ©tubien ju ermög= liehen, ©o tarn Slbalbert ©ttfter fdjon im ©ommer 1818 an baS bon ben SBenebiftiitem geleitete ©tjmnaftum ber Slbtet KremSmünfter tu Oberofterreid), toofelbft ihn ber treffliche Seiner iß. ißlacibuS ,6 all naih einer fttrjen, boruehmlidj auf bie Erprobung ber geiftigen ©oben gerichteten Prüfung für reif jur Slufnaljme erflärte. Stifter hot baS Vertrauen beS auSgcjeidjneten SKanneS, ber ihm waljrenb feiner ©tubienjeit ein bäterlicher ©önner würbe, nicht getöufdjt; gleich uadj bem erften ©cfjuljahre !am er, jur groben ©enugthuung ber wacteren

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Scgule. XJ

©rogßäter, mit bem erften $rämium nach ©aufe. Unb habet blteb’g; Stifter behauptete ben erften SRang tn ber Klaffe, unb feine gertigfeit im beutfcgen Sluffag, bie er nod) bent Braßen Senne ju banien batte, machte ign balb bei ben Legrem fo beiannt, baff, wenn er einmal in feiner ©uttjerzigleit einem SÜiitfdjüler mit ein paar Samben au§= half, ber funbige 5J5rofeffor unfehlbar ben wahren Slutor eriannte. Sill bie guten Keime, bie er ßom ©aufe mitgebracgt hatte, würben hier forgfältig gepflegt. Sin guter SDiufif fehlte e§ ebenfowenig, Wie an fegöner Siatur unb an tüchtiger Übung beg Körperg; fein Lefegunger fanb reichliche, Wenn artef) wieber etwag überwürzte 9iag= rung im ©aufe beg ©tiftamtmanneg SDJatjer, wo er SBognung ge= nommen hatte. ©ier lag man mit SSorliebe bie ©flieg, ©ramer unb Lafontaine, unb lange Qeit war ber junge Stifter wie gebannt ßon bem bunten gauber ber Siitter, Stäuber unb ©efpenfter, Wie ßon ber ©mpfinbfamleit bes moralifierenben gamilienromaneS. ®ie ©¿hule führte ihn bann jur Söeianntfdjaft mit Schiller, für ben er fdjwärmte, mit ©oetge unb ©erber, bie er ¿u „falt" befanb, mit Saliö unb ■üKattgiffon, bie er ju Lieblingen erior, mit grieegifegen unb romtf^en Klaffiiem, benen er junädjft ziemlich fremb gegenüberftanb. Schon begannen fidf auch bie erften ©puren eigener ißrobultion zu zeigen: e§ hat immerhin eine gewiffe SSebeutung, Wenn ber 19 jährige ©djitler gelegentlich ber ißreigßerteilung ein epifegeg ©ebid^t „®ie ©rünbung KremgmünfterS burch SEgaffilo" ßerfagte, bag ber wohlmeinenbe ißro= feffor Sguaz Steifdjel öffentlich ßortragen lieg. JBalb gab eg nun auch ßereinzelte, rafeg ßernichtete tgrifege ©rgüffe. SBicgtiger aber erfegeint eg, bag igm gier fegon bie Slnfangggrünbe einer Kunft beU gebraut würben, ber er fein Leben lang leibenfcgaftliäg ergeben blieb unb ber er mit feine beften ©tunben ßerbanlte: ber geicgenlegrer ber Slnftalt, ©eorg Stiezlmair, glaubte in Stifter ein Talent zu erlennen unb unterrichtete ign mit befonberer Sorgfalt im gelegnen unb SKalen. S3on bem firiefterlicgen ©gmnafium nagm er ferner eine fefte fittlicge unb religiöfe Lebenganfcgauung mit fieg. ®ie geiftlicge Erziehung wirite auf ign glüdlicger ein, alg auf einen anberen öfterreicgij'cgen ®icgter, auf Stöbert ©amerling, ber wägrenb feiner ©cgülerzeit ganz im SBanne ber Kinge ftanb unb ber ftdg ffiäter bureg eine tiefe Kluft ßon ben Slnficgten feiner Sugenb getrennt fag. Su Kremgmünfter fegeint benn aueg eine freiere, allem ©cgleicgenben unb ©euegeütben abgolbe Luft gewegt zu gaben. Stifter errang fieg gier ein felfen» fefteg Sßertrauen auf bie ©tgii beg ©griftentumg, alg ben ©runbftein

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X I I Srbnliert Stifter.

ber SBeltorbnung. g ü r Stifter entffjringt, tote er nodj als altentber 3JJattn ^erborfjebt, baS religiöfe ©efüfjl aus bettt Umgang mit ber Jiatur unb ben Sftenfdjen; ber Sdjmerj ift itjrn Don ©ott gefenbet ttnb gleich ber Erinnerung an einen eblen £oten bie reinfte Sttute* rung, ber Befte fEroft für aüe, bie noch auf Erben irren unb ftreben; er liebt eS, in emften Slugenblicfen feines SebenS fidj an ©ott ju nienben, unb bie gügung ber Slttmadjt nimmt er mit üiefignation auf. Slber er berfd)miibt jebe fonfeffioneHe Enge unb EidjenborffS Stanbfmnit lehnt er in einem SBrief an beffen Sdjmefter auS bem Safir 1857 ab: „Sdj glaube, bie fiunft foti baS Sehen ber gefamten iKenfcbbeit faffen, bteHeidjt beifit er baS fattjotifd); bann habe idj non fatbolifdb nidjt ben redjten begriff." $bnlidj fpridjt er fiel; als 3 üitg= iing über engherzige SSeüorjugung ber fjeiiigenmaterei aus.

I I I . ( S r o f f t a b t l e b e n .

So auSgerüftet bejog ber Stubent im Sabre 1826 bie SBienet Uniöerfität, mofelbft er ficb in ber juriftifdjen gafultät inffribieren lieb, ober borjüglicb matbematifdje unb naturmiffenfdjaftlidje Kollegien bei Sittrom, SBaumgartner, bem festeren ginanzminifter, EttingS» baufen unb anberen börte. Ein luftiges unb ganz eigenartiges Stubentenleben, baS fidj in ben „gelbblumen" unb im Eingang beS „§agefto!ä" abffüegett, entmidelte fidj b>er- Selbftbritt mit ben gremtben Slnton SKugrauer unb Urartg Sdjiffler auS bem SBi>bnter= malbe häufte er ba in einer Stube im III. SBiener S3egirl. ®ie Oerfdjiebenen ©efdjäfte beS §au§b<UteS, bie man in ftaubige unb flüffige, reine unb unreine fdjieb, mürben unter ben brei ©enoffen Oerteilt, unb mit brafonifdjer Strenge mürbe bie f)ün{tlidjfte S3e= forgttng burdjgefübrt. ©etegenbeit ju UI! aller Strt fehlte nidjt. üiuSflüge in bie fdjöne Umgebung SBtenS boten ben brei SEBatbföbnen bie ermünfdjtefte SBürje, unb ein Stammtifdj mit einem guten !Eroj)fen (ben Stifter troff größtem SDJafibaiten in Effen unb SErinfen fein ¿eben lang ju fdjägen muffte) mürbe audb nid^t Oergeffen. Stn ®aft= bauS zur SSeintraube „am ftof", mie im fJteunerfdjen ßaffeebauS fanb fidj bureb Biele Sabre ein madereS iMnztein jufammen, baS in Scherz unb grobftnn ein paar Sibenbftunben Oerbradjte; felbft= erbaute Sügen, {omtfdje Definitionen unb äbntid)e Übungen barm= lofen SBijjeS ftanben ftetS auf bem Programm, unb Stifter mürbe bureb feinen frifdjen §um or, mie burdj feinen lebhaften Slnteil an

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®rofiitabtle6en. X I I I

Bern, was man „©effiljle haben" nannte, ein Beliebtes SDlitglieb beS SlreifeS. And) an ebleren Anregungen fehlte eS in SBien nicht; erlefene fionzerte brauten tljm bie nomeljmften Xonwerfe ju tyetjör, unter benen ihm §at)bn§ „Schöpfung" ftetS mit ber SOtactit ber SHnbheitSerimterungen ergriff, Bilberfammlungen gaben feinem ihtnfri finn unerfdjöpflichen Stoff, baS Burgtheater, an bem eben Slnfcffüjj, Sa Boche unb bie ©djrober, bie er nod) als ©reis feine „glamme" nennt, wirften, Berfejjte ihn in Begeiferung unb öermittelte iljm baS BerftänbniS ©hafefpeareS. ©in weiteres SOioment trat baju, baS Stifters ©tubentenjafire toefentlic^ Berfdjönte: feine anfelmlidjen ge= fenfdjaftlidjen Berbinbungen, bie er ganz unb gar feiner Beblidjfeit unb feiner 33efäl)igung zu banien Batte, g u ftolj nämlich, eine Unterftüpung Born $aufe anzunehmen, erwarb er ficB feinen Seben8= unterhalt burdj Unterricht, ©r war ein ausgezeichneter Sehrer unb Erzieher. ©iner feiner göglinge Bon bamalS, ber fürzlidj Berftorbene SSiener ©djriftftetler Banzoni, fc^reibt mit wahrem ©ntzücfen Bon ber Art, wie ©tifter Borzntragen Berftanb unb Wie er fpielenb aus bem ©dfüler alles herausholte, was zu Wiffen notwenbig War. SBit gleichem ©efcljid unterrichtete er Reine ©tjmnafiaften, erwachsene junge Samen unb junge Sffiänner, bie in ber $hiIofof)hie, ©efdjidjte ober in ben Baturwifienfdjaften fid) auSzubilben wiinfchtcn. @8 tonnte fomit nicht fehlen, baff ©tifter halb in ben angefeljenften gamilien als Sehrer unb zugleich als greunb beliebt war. ©o unterrichtet er im §aufe beS ©rafen gerbinanb ©oüorebo unb bleibt mit feinem ©dfüler, bem fpäteren gürften Qofef („Sßepi"), jeitleBenä in treuer greunbfdjaft Berbunben; er lehrt weiter im jjaitfe beS §offchauff)ielerS Heinrich Anfdjüp, er tritt in Beziehungen zu Bielen Käufern ber Ariftofratie unb beS Bontehmen Bürgertums, fo zu feinem ißrofeffor AnbreaS Baumgartner, zur gamilie B. ©oHin, zum ijpofjuwelier ¿ ü r l, zum Augenarzt Säger, zu §ofrat ©ommer, zur Baronin SKiinf, zu grau B. ©chtnfo. Sunge Sipiomaten wie Abolf greiherr B. Brenner, nachmals bei ber ©efanbtfdjaft in Born, Subwig B. Eoilitt Bon ber ©efanbtfdjaft in Bern, ©igmunb greiherr b. §anbel, ber in SunSbrucE feine ©arriere begann unb in Sinz fortfepte, finb feine Bertrauteften greunbe, mit benen ihn faft burcpweg baS „S n" Berbinbet; auch Sofef S£ürl, g . ©irnottt), ber Spätere ißrofeffor, £lj. §ornboftel, nachmals ein belannter ginanzmann, unb anbere ©ohne beS beften BürgerftanbeS finb ihm anfS treuefte zugethan. ©o würbe ©tifter gar halb ein flotter Jcinzer, ber feinen ,'yansbali Berfäumte

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unb bie ©ttten unb ©ebräudje ber guten ©efeUfcfiaft fo früh unb grünblid) in ftd) aufeunehmen (Gelegenheit §atte, baß bie f^äter ihm angebidjtete gefeUfd>oftlidEje Unbehilftidjfeit nidjt glaubhaft erfdjeint. ®iefeS reiche gefeflfdiaftliche Sehen braute Stiftern ben weiteren Sor» teil, bafi er mit fütjrenben SDiännent ber Sitteratur, fofem er fie nid)t fdjoit aus bem Kaffee Keuner iannte, in Serüljrung !am: fo fdjeint er fdjon gientlicf) früh mit Senau, SlnaftaftuS ©rün, mit gebltjj unb burd) biefen mit bem bon it)m innig bereiten ©ritt» parier berfeijrt ju haben.

Stifter War atfo in biefen erften SBiener Satiren Weber müßig, nod) einfeitig. 3?ed)t§f)örer burd; Qnffrifition, 9Iaturfiiftorifer aus Steigung, Seßrer, Söwe ber ©efeilfdjaft, ein wenig aud) SJiitglieb ber Schäme, bie8 altes bereinte er in fid), unb leine bon biefen 93e= ttjätigungen galt ifjm als SebenSberuf. ®emt bamalS unb wof)i auch noch äwanjig S ah « fßäter hielt er fidj jum SDtaler berufen. 2Bie©oeti)e, Slhaderat), ©ottfrieb Kelter, %. Sieitter unb fo biete fßoeten geringeren KantenS fdjwantte er jwifdjen beiben Künften, ber Kiaterei unb ber Sßoefte. tBajumal roftete noch feine gebet, unb ißinfet unb Palette tagen ihm ftetS ju r £aub. @r ift unermüblid), SBottenftubien, Seifen» Partien, Stbenb» unb 5D!orgenröte immer wieber mit SBafferfarben aufs Sßaßier ju bringen; er ift beglücft, wenn er aus bem ©ti^en» bud)e eines befreunbeten ÜDiaterS brei Sanbfihaften nadigehinfett hat unb glaubt fid), ba bie eine ju feiner boHen Sefrtebigung gelungen, ju bem ftolgejx SluSruf berechtigt: „Sind) ich bitt ein SanbfdjaftSs mater"; er ift empört über einen Stuffap in ber Stilgemeinen geitung, ber nur tirdjtiche SDialerei gelten taffen Witt, unb als treuer ©aft ber tteinen SDtatergemeinbe, in ber er bertehrt, fdjwört er auf Sifd)= bac^S liebheiteren ©mft beS fjodjgebirgeS unb auf S lm m ertingS „Unfäglid)feit". Obgleich nad) ben groben, bie mir ju ©eftdft tarnen, fein malerifdjeS ®atent fid) in mäßigen ©renjen hielt unb faum Wefenttid) über bie Slnregungen feines SeßrerS Kiejlmatr hiuauSging, fo fühlte er fid) bocf) gar halb ju fetbftänbiger ißrobuttion gebrängt. Siete feiner greunbe, wie fjanbet, bie ©räfin ©ottorebo, ©aftetli, fpäter bie Saronin ißereira würben mit Sanbfdjaftsftubien, SKonb» ftüden unb bergteidjen befdjentt; halb freitid) regte fid) ber gweifet in ihm, er begann fertige Silber gott für goH auSjureiben unb neue an ihre ©teile ju malen, ©päter Oerbrannte er bie ©rjeugniffe feines SßtnfelS, ja er erbat fich bie berfdjentten Silber juritd, um fie, gleich bem §elben in feiner ©rjähtung „Kadjtommenfdjaften",

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Siebe unb ©je. X V

bem geuer ju weigert. 9?fbt§beftoweniger malt er ttocfj 1841 Silber ättm Serfaufe unb ftedt mieberijoit Silber auS. SDiit meid)’ rühren» bem ©tfer er rtocf) iti f^ätert fahren ber alten Siebbaberei oblag, babon giebt ein banbfbriftlib erhaltene® ®agebub bon 1854—1867 überjeugenbe £enntniS. 9?ic§t weniger als acfjt fclbilber batte er bamalS gleibjeitig auf ber Staffeiei unb an allen arbeitete er and) tljatfäcEilicfj burb bode breisebn Sabre. ®urdjtoeg finb e8 Sdegorien, Wie er überbauet ber Sbeenntalerei ftd) immer mehr näherte. So fbmbolifiert er bie „Sergangenbett" burd) eine römifbe SRuine, bie „Weiterleit" burb griedjifcbe Semfieltrümmer, bie „Sebnfu<bt" unb bie „Schwermut" burd) Sdlonbftüde, bie „Sewegung" burd) ftrömenbeS SSaffer, bie „geierlidjfeit" burd) ben ©rofjglodner. SDiit ftaunenS» werter ©enauiglett bat er bnrcb breijebn S ab« Tabellen über feine Slalereien geführt; wir fdjlagen baS Kagebitd) auf unb lefen bei» fftielSweife, bap am 23. DJooember 1854 bon 8 Uhr 30 ffliinuten bis 11 Uhr, alfo 2 Stunben unb 30 SDlinuten an ber „SRube" unb jwar an ben SSolten gejeicfjnet würbe, unb finben ffiäter burd) eitt= faibe Slbbition bie Serebnung, bafj bie geibnung an ber „Sewegung" fünfunbftebäig Stunben unb einunbswansig SJlinuten beanfbrudjt habe. ®iefe abfonberlibe Jünftlerifdje Sucbfübrung, bie ganj ben ©ewobnbeiten beS alternben Stifter entfpracb, beweift am beutlibften, Wie ernftlib er fidj bem ®ienft biefer ihm fo ffwoben SRufe weihte. —

I V . £ i e b e u n b <£fye.

So »ergingen bem StubiofuS Stifter bie alabemifben gabre nur aHju fdjneü; bie Serien beniijjte er ju SluSflügen nab bem beimifben Söbmerwalb, befonberS gern nab bem Stäbtben grieb» berg. $ier banbeite aub jener WerjenSroman, ber bis nun in ben SebenSbefbreibungen Stifters eine fo wmtberlidje Slolle gefpielt bat. g ä r ben ruhigen Seobabter läjjt ftb auS bem Serlauf biefer WerjenS= fabe nur baS eine erlernten, bap Stifter auf bem beften Siege war, ein »erbummelter Stubent ju werben, unb bafj ihn auS biefem ©runbe ber Sater ber ©eliebten, auf beren Sefijj er obnebem nie ernftlib gehofft hatte, abmieS. ®ie ®od)ter beS wohlhabenden Seinen» bänblerS © re ip l in griebberg, bie Sdjwefter »on Stifters greitrtb SlatbiaS, g a n n i , ein fböneS Släbben, um bret Sabre jünger als Stifter, war eS, bie feit bem Sabre 1828, »ieHeidjt aub nob früher, bem leibt entjünbbaren güngling baS Werj geraubt batte. Stifters

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X V I Slballmt Stiftet.

SBriefe an ganrti, Me ficf) burcfj iierjlidjfeit unb SBefonnentiett au?* getcEtnen, fielen freilich Bon aKent Anfang an unter bent Qeictjen BoKfter §offnung?Iofigiett. Ein bitterer, gereister ®on macht ft cf) f<hon int erften Benteribar, er fütjlt, bafi SSentunft unb Siebe itn ©egenfafs ftünben, unb er träumt Beftänbig Bon bent gremben, ber mit „ialter §anb ganni? $erj batjinführen Werbe". Silur Bereinselt iommen wärmere ®öne jum ®urchbruch, unb $u fftät fdjwingt er ficf» foweit auf, ganni ju feftem 9lu?harren unb sum SSertrauen auf fein (Sbtaler=)®alent anjufeuern unb i^r ju berfftrechen, bafs er, ber „noch mit leinem SDIäbdjen fo reblid) umgegangen fei", fie ju r grau nehmen Wolle unb „foite fie tjunbert Satire alt fein". Slber be= ftänbig jögert er, offen um ganni ju werben. ®a braute im grüfj* jaljr 1830 ein SBrief be? Sf3rofefforS B. ¡Baumgartner bent alten ©reif>l eine böfe flunbe: Stifter, ber bereit? mit Erfolg bie fti)riftlid)cn Sßrüfungen für ein Set)ramt ber SRaturwiffenfdjaften abgelegt batte, war ju r münblidjett Prüfung nidjt erfdjienen. E? ift nicijt nötig, bem ®ict)ter für biefen bei ängftiidjen Ejaminanben nicijt eben fettenen galt noch heute e'ne idjlourse ©ittencenfur einsutragen; ebenfowenig ift e? aber bem SSater ©reift! ju Berargen, wenn er nunmehr Bon bem ftet? nur ungern gebulbeten greier nicht? mehr wiffen wollte, unb wenn e? ju einem Stbfdjieb Jam, wie er ficfj im ©djlujj be? „fteibeborf" abffiiegelt. ©tifter fuctjte nun für feinen ®eit Entfdja* bigung in einem etwa? fjocfimütigen SBrief, ben er an ganni? SBruber richtete. Sange wirite aber biefe erfte gitgenbliebe in ihm nach. Sttoct) nach Bier Sauren unb fftäter Hingt au? feinen Briefen bie alte Siebe su gantti — aber, bünft mich, nicht mit jener einfachen fterg* lichieit unb Snuiglett, bie gu ben herBorftedjenbften Eigenfcfjaften in ©tifter? Efjaraiter gehören. E? ift nicht Biel anbere?, al? eine talte Siadjatjmung Seon Sßaul?, wenn ber faft ®reifigjährige Bon ber ©attin fchwärmt, bie nicht Bor bem grafjen Sentftel be? SKanne?, noch Bor feiner grafen Stifte (?) erfchrede; ober wenn er jwei Sah1'« fftäter an?ruft, er wotte fich nur einmal mit uniöerfum?grofem gerjen an ein unermefjliehe? SBeiberherj werfen, ba? fähig Wäre, einen geiftigen Slbgrunb aufsunehnten, in ben man fidj mit Suft nnb ©raufen ftürje unb eine ®ri[!iott Engel fingen höre (!). SSenn er batjer weiter ilagt, feine h'mme!?fchönen gbeate ber grauenliebe feien elenb h>n, unb fein Sterj müffe lächerlich Berftuffen, fo muff auch ba ein gewiffer Überfdjwatig in Stbredjnung gebracht werben. ®och noch einmal trat gannt in fein Seben ein; er fah fie gelegentlich

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Siebe uní) Ege. X V I I

ber fmdyeit feines alten greunbeS, fegt Dr. med. ©cgiffler int Sommer 1835. $te golge war ein glügenber ©rief, in bent er ganni feinen guten Engel nennt, igr ©ilb ju reiner, ftiHer ©er= egrung für immer in feinem §erjen aufjugängen Berfpicgt unb fie nod) einmal um bie (¡Erlaubnis anfiep, um igre §aub angalten ju bürfen. ®ie Erlaubnis mürbe ignt nic^t 5U teil. ©eblid) gat er fein ©erpreßen gehalten unb nod) als SKaun Bon fecpig gagren beäeid)net er ganni als bie erfte tiefe Neigung feines §erjenS. ganni pngegen reidjte fcgon ein gagr nacß biefer legten ©egegnuug einem oberöfterreicE|ifc£)en ©eamten, $erm gleifdjanberl, ip e §aub, würbe aber fcpn nad) bret gagren ipem (Satten burd) ben &ob entriffen.

Stifter gatte nicgt Md)terifd)eS ©lut tu ben Slbern gegabt, wäre in biefer geit ber erften Siebe nid)t ein ©änbcgen Sgrü entftanben. @S ift aufjerorbentlid) fcgmacg geraten unb bleibe ber ©ergeffengeit überantwortet.

Einen gortfcgritt in feiner inneren Entmicfelung gatte Stifter ber Seibenfcgaft, bie jagrelang frurgtloS fein gnnereS buregtobte, aber bocg yu banlen. Er erfor fid) (etwa um baS gagr 1830) ben 8ieb= lingSbiegter, ber fo redjt geeignet fdßien, bem ganzen überfdfmang feines §eryenS gerecgt yu werben. 38ir tonnten fcgon in feinen ©riefen, au ben gügfenben, fug gäufenben, an f>ßgerbeln unb &auto= logien überreifen Sägen, an bem ins ©cgrantenlofe taumelnben Überfcgmang bie ©puren g e a n ißaulS ertennen. Seit er in einem Sommer bie gefamten ©cpiften biefeS SlutorS faft Beratungen gatte, fcgien er feiner Einmirfung BöHig Berfalien. ,,§ätt’ id) nur um ©otteS willen einige gean Sßaule ba", tlagt er wägrenb ber £)ber= paner ©ommermocgen, unb mit bem i>od)mut beS gelegrten StäbterS ift er BoH SDlifjftimmung, ba er nur unter megenben gögren ober blätternben ©irten Kege unb ntdjtS lefe, als ftdj felbft, b. g. ©e= biigte, mit benen er abenbS bie Sßfeife nnyünbe. gean Sßaulifd) rebet er mit ©orliebe in feinen ©riefen, Eitate unb ©eftatten gean ©aulS beleben feine ©arfteHung, unb nag gean ißaulS „©orfgule" fügrt er feine ©gülerinnen in bie itftgetif ein. ®og begerrfgt ign gean ißaul Weber fo lange, nod) fo auSfgließlig, als bieS wogl ben Stnfcgein gaben tonnte, unb fcgon ber enbgültige ©rud) mit ganni fügrte ign yu © oetge; „beffen großartige ©uge unb Weiterleit gat ben Streit ber blinben Seibenfgaften in eble fiarmonie aufgetöft". Unb wägrenb bie glamme gean ißaut rafcg Berfladerte, ieugteie ©oetgeS ewiges Siegt fortan auf all feinen SebenSpaben.

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X V I I I Stbaliert Stifter.

3n bem lebten S3rtef, beit Stifter feiner Sannt gefcf)rieben Ijatte, war ipm ein böfeS SSort entfahren, ein SBort, baä er fpäterpin gewiß unt aüe§ gern jurücfgenommen ijcitte unb baS nicpt an bie £ffent= licpfeit pätte gelangen ntiiffen. 97ur auS ©ttelfeit, fo befjauptet er, pabe er eine neue SSerbittbung gefcijtoffen, unt ju bewetfen, baß er bocp ein fcpöneS, ebleS unb woplpabenbeS SBeib gewinnen fönne; er pabe feiner neuen greunbin nict)t Oerpeplt, bafj er feiner gugenbliebe treu bleiben Werbe, unb er liebe S lm alie nicpt; fodten ipm SImalienS Hüffe wohlgefällig fein, fo muffe er fiep ganniS Sippen b a p benlen. 2Rit biefer Siußerung unbebauter Seibenfcpaft pat er feine fünftige ©attin — Slmalie 5K o p a u p t , geb. 1811 in Hojetein in äJiäpren, Socpter be§ in Ungarn lebenben SkteranenfäpnricpS Philipp 9Jfo» fjaupt — in bie fcpmterigfte Stellung gebradjt unb fte über ©ebüpr ber Parteien £>aß unb ©unft auSgefeßt. ©§ ift getoifj ebenfo falfcp, ba§ er Slmalie auf einem £ a u 8bat( lennen gelernt unb fiep ganj regelrecht in rafdjer golge mit ipr Oerlobt unb Oermäplt pabe, wie e§ über baS Siel pinauSfdjießt, wenn ein gugenbfreunb Stifters mit einem „taedet m ihi m entionis“ SluSJunft über biefeS SSerpältniS üertoeigert; ebenfo unridptig, Slmalie als ein „SBefen üoH ©emut, SBefcpeibenpeit, Slnmnt, Scpönpeit, bem märmften iierjen unb bem lauterften SBerftanbe" pinäuftetlen, Wie naep einer falfcp Oerftanbenen S3rieffteHe ju behaupten, Slmalie pabe nur für „Scpntifel" S inn ge* pabt. Xpatfäcplicp war Slmalie ein armes SJfäbcpen, baS mit ihrer Scpwefter gofefine in SBien bei einer grau Sajjer als SJtobiftin ober apnlicpeS in SSerwenbung ftanb. gpre „SSelanntfcpaft" (wie man in SSien fagt) mit Stifter wäprte einige Qapre, unb als ber ¿wetunb* breißigjäprige Hanbtbat be§ SepramteS ber SJiatpematif am 15. 97o* üentber 1837 enblicp mit feiner Slmalie bor ben Stltar ber Stuguftiner* firepe im III. SSiener SSejirl trat, ergab eS fiep, baß SBraut unb Bräutigam ein unb biefelbe SSopnung geteilt patten. Slmalie patte felbftoerftänblicp feine pöpere SluSbilbung genoffen unb namentlich auf bem ©ebiete be§ Stiles unb ber 9iecptfcpreibung mar fie nicpt eben eine SDfeifterin. Über ipr StußereS (ber Oerliebte ©atte preift noep breißig gapre naep ber fweßseit ipre unbefcpreibltdpe Scpönpeit üon bamalS) unb ipr SSefen pat donjont, ber früpere Scpüler unb nape greunb Stifters, SJtitteilungen Oon ppotograppifiper Streue ge» maept. Sludp er erwäpnt SlmalienS nicpt gemöpnlicpe Scpönpeit, ipr wunberOoüeS ItcptbrauneS §aar, bie blüpenbe garbe, bie großen peH= braunen, gutmütig leueptenben Stugen, bie mittelgroße, mit ben

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Siebe unb 81je. X I X

Sauren feljr jur gM e neigenbe ©eftatt. Er gebenft ihrer ruhigen, roürbeBotten Haltung, ihrer petnltcfien Siebe yur ©auberteit (©tifter empfiehlt 1847 feinem 33ruber Slntoit, bei ber 28af)I feiner SebenS= gefährtin bor allem auf SJemlidjfeit ju achten), ihre an ©iebenfäS’ Senette gemahnenbe etwas? befchränite ©inneSart, bie menig ©efatlen an bem Berwegenen Stufjeren ber iünftlertfch beranlagten greunbe ihres ©atten finbet, bagegen eS gern fieht, Wenn ihr SIbalbert in gute ©efettfc£)aft fornmt, unb bie SBelt Bon ihm erfährt. ®urd) ein? aber wirb baS S3ilb ber grau Berilärt, unb bunh eins Wirb fie hod) über alle Singriffe gefteHt. SIbalbert ©tifter lebte mit ihr, jwar ju feinem Summer tinberloS, aber in ber benibar glücflichften Ehe. gweifelloS fdjon Bon allem Stnfang an; benn als grau ©tifter in ben erften Satiren in gamilienangelegenheiten nach Ungarn reift, ba Berührt ftd) ber Ehemann bahetm Bor ©ehnfudjt, eine 9!ad)rici)t Bon ihr ju erhalten, unb er {djicft ihr bie gemütBoUften, behaglicfjften unb Berliebteften Briefe nach. ES ift nun herjerquicfenb, ¡u Berfolgen, Wie fiel) im Saufe ihres SebenS bie beiben §erjen immer näher tarnen: Wie ber ©atte nach jefinjähriger Ehe ertennt, bafj bie grau ber eins jige unb unberfälfdjtefte greunb ift, ber eS Born ©runb beS fierjenS gut meint; wie er ben Sag ber ©ilbertjodiselt in ftiltem ®anfgebet Berbringt, unb bie füfie Hoffnung in ihm auffteigt, bah timen auch nod) bte günfjigjahrfeier ju erleben befdhieben fein tonnte. ®er SebenSabenb Wirb ihm burd) firanttjeit Berbüftert; aber bie treue pflege ber ©atttn, bie Siebe, bie fte ihm beweift, erzeugt in bem Sraufen eine ©eligfeit, bie er niemals getannt. SBunberBoHe ©reifem briefe, faft ohnegleichen in ber Sitteratur unb burdjauS berfcfiieben Bon ben gequälten Siebesbriefen beS SüngtingS an ganni, geben SeugniS bon biefern SiebeSfrühling im öerbfte. Sticht oft unb nid)t warm genug Weih ber greife SKann ber ©attin ju bauten für ihre Siebe, ©üte unb SMjtfdjaffenheit, bie er ihr nur burd) eine ©egem liebe bergelten fann, „Wie taum je ein SJtenfd) auf Erben geliebt Worben ift". SGSie anmutig ift bie treue gwieffjradje, bie ber tränte ©reis in ber winterlichen Einfamfeit mit bem S3ilbe ber ©eliebten hält, bie ihm baS ©üfjefte, baS §olbefte, baS ®euerfte auf biefer SBelt ift! SBie jittert ber firanfe für baS Seben ber Sränflidjen unb wie bittet er ihr aHeS ab, waS er in gefunben unb tränten Sagen burch Steijbarfeit, burch „ßepfjeln unb S3rummen" an ihr gefünbigt haben mochte! SBie ift ber einfame, nächtlich Bon fchwerem Unwohlfein befallene SJlann nur barauf bebaut, ber fernen ©attin

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X X Stbalbert Stifter.

nodj einmal für ihre Siebe ju banfen unb iljr ju berfidjem, er Ijabe fie geliebt, mie nid)t§ auf ber Erbe. Sluef) fein Eljaralter unb feine Schriften bleiben bon feiner roarmen ©attenliebe ntd)t unberührt: hatte er im Slnfang feiner Elfe nod) etwas ^oc^mütig äwifdjen geift= reidjen unb gemütbotten grauen unterfdjieben, fo betont er nun oft unb gern, tote er fidj unb feine grau aud) geiftig ju berfelben ■äRenfdjengruhfe gättle; ja, man lann fic^ eines gerührten SädjelnS nicht erwehren, menn Stifter nun feiner ©attin Urteile unb Über» jeugungen jufchreibt, bie ihrem einfachen Skrftanb gewif fern lagen. Unb toie fdjön fieüt er bie ©attenliebe, bie er in feinen Sdjriften immer toieber jum ©runbmotib wählt, jene gleich ber Elternliebe ftetS beforgte unb fürcftenbe Siebe, weit über bie felbftifdje Seibern fc^aft beS berliebten QünglingS!

®te junge Ehe lief fidj nun freilid) nicht aHju freunblid) an. ®aS berfäumte münblidje Ejamen rächte fidj; Setjrerftellen an Mittels fdjulen in ißrag unb Sinj waren Stifter fdjon bor feiner SBermäfjlung abgefdjlagen worben, unb eine 5ßrofeffur an ber gorftafabemie in SKatiabrunn für SPfbfit, Eljemie unb gorftbotanif würbe trof fofer ißrotettion nun gleichfalls einem weit jüngeren Bewerber berlieljen. ®asu !am eine böfe Erlältnng gleidj im erften S in ter, ber ®ob einer Schwägerin, bie in ben jungen $auSftanb mit auf genommen worben war, baS Stbleben beS SdjwiegerbaterS, beffen Sladjlaf wofl Ungelegenheiten aller Slrt, aber leinen ibreu^er an ©elb entfielt. ®a jeigte fid) nun grau Stifters natürliche Sfarfamleit im beften Sicht; in ben ^wet befdjeibenen Stübdjen im bterten Stodwerl faf eS immer blifblanl auS, unb noih im Sitter rühmt Stifter, bafj fie niemals and) nur einen Sleiberftoff bon ihm begehrt unb niemals ifr SoIjt= gefallen an irgenb welchem Sdjmuct betraten habe. S n aff genug mag eS anfangs ^gegangen fetn; ber Ertrag ber Sefrftunben war nidjt eben reid^IicE», flogt bodj Stifter laum ein galjr bor feiner SSer= mäljlung, er wtffe oft nicht, Wobon er am nädjften ®ag leben Werbe, auch ©djutben fehlen nicht ganj. ®a, juft als bie Slot am fjödjften würbe, trat eine Senbung in Stifters Seben ein, bie ifn feinen wahren SSeruf erlernten lief unb ifm allgemach einer fieberen bürgen liefen Ejiftenä äufüljrte.

V. Der Didjter ber „Stubiert".

8u beginn beS galjreS 1840 würbe baS bidjterifdje ®alent beS günfunbbreifigjährigen, ber bis nun nur eine Stitjahl fefr fdjwadjer

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Ser Sinter bet „©tubien*. X X I

lt)tifdjer ©ebfdjte gu Sag geförbert unb rafti) roieber »erntdjtet Ijatte, gang mtberfeljen? entbedt; inte S. g . äRetjer gehört er alfo gu beit fpät ©ereiften, bereu grüdjte ihre geit »erlangen, bann aber bte gange Sfüftiidjfeit ber SBoüfraft entfalten; rote grijj SReuter rourbe if)m bte SRufe gum fjeil unb rifj ii)it nact) oben, ©eine öomeljnten SSerhütbungen famen ifjtn tjier gu gute. @8 Ifeifjt, baff ba§ Södjterlein feiner ©önnertn, ber SQaronin SRüttf, in aKer Sinbiicijfeit ein SRanuffrifrt aus feiner Otodtafdje ftibifste, unb baß bie SRama bann nt<i)t »erfäumte, fiir ben neugefunbenen Sichtet ihren ©infiufj bei SBittljauer, bent IRebafteur ber „SBiener geitfdjrift", geltenb gu machen, ^ebenfalls erfdjien „ S e r S o n b o r" noch im felben galjr in biefer geitfdjrift, unb mit biefer SßobeHette, bie ebenfo ftar! ben Sinflufi gean ißaul?, roie ben ber naturroiffenfdjaftlid)en ©tubien ©tifterS »errät, hielt Stbalbert Stifter feinen ©ingug in bie beutfdje Sitteratur.

2Ratt fann fidj für bie ißrobuftion Stifter? laum einen roirfung3= »olleren fjlntergrunb »orfteHen, a!8 ba3 »ormärglidje SSiett. Ser frolitifdje S ru d , ber feit gahrgefjntett auf ber ©tabt laftete, unb gu bem nodj gang fftecieH unter ber Sßoligeiherrfdjaft be3 ©rafen ©eblnihft) eine beengenbe ©enfur aller Iitterarifd)en unb fünftlerifdjen SBe= ftrebungen getreten roar, hatte bie gange ©tabt auf ben ohfrofittoneHen, bte Sitteratur, roenn nidjt auf ben reöolutionären, bodj auf ben negati»ften ©tanbfmnft gefteüt. Sie neue flra unter ßaifer gerbi= nanb, ober beffer unter ©rgijergog Subroig unb bem fdjon alternben Staatsfangier SKetternidj, geigte fidj al8 geroiffenhafte SBoüftrederin be8 »on Saifer grang fjinterlaffettett jtoIitifd)en Seftatnente?. SKatt hatte jefct feinen S inn mehr für bie ©arftigfett hoütifdjer Sieber: roenn man fang, fo fang man frolitifcfi unb, begeidjnenb genug, roaren e3 groei öfterreidjtfdje ©belleute, g eb U g , ber Dffigier, unb S lnaftafiuS © rü n , ber eble ©raf SluerSfterg, bie biefe politifcije Sijril eröffneten unb bie man als bie SSäter be§ nun folgenbett umftürglerifchen, brolfenben, angeblich antiöfterreidfifd^en greiljeit3= fange? angufefjen hat. Sa3 S kater, bon bem ftd) ber gröfjte Srama= tifer ÖfterreidjS, grang ©riKjtarger, groHenb gurüdgegogen hatte, ftanb gum großen Seil unter bem geidjen ber ßarifatur, beS §of)ne3, oer ba8 eigene SReft nid)t fdjont, e8 roar bem negatiöen, gerfeftenben Salent 9?eftrot)3 auSgeliefert. ©elbft S in ter, bie fidj nicht gang unb gar ber ißolttif öerfdjrieben hatten, folgten, roie SRifoIauS S e n a u , fdjroermütig unb inbireft SInteil nehmenb ber ©ntroidelung ber offent= liehen Slngelegenljeiten ober fte roaitbten fidj, roie fftäter ber nach

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X X I I Stbalbert Stifter.

Öfterreidj tjerpflanjte griebridj § ebbet, büfteren SÖIidg ber Erfor* fdjung unb ®arftettung ber innerften unb bunfelften Seile ber menfcg* liiert Seele ju. inm itten btefer feinen eigenen SBeftrebungen fo fremben Elemente trat Stifter auf unb, obgleidj er fidj obenbrein and) einer bem Öfierreicßer nodj Wenig geläufigen gönn, ber 9ioüeffe, bebiente, fo beßauptete er fidj, nach bem ©efege beg Söntrafteg unb ber SReaition, fofort unb mit Erfolg.

Sfftan muß feßr ßorfidjtig fein, Witt man Slbalbert Stifter mit anberen ißm geitlid) ober ftofflicß naße fießenben Siutoren bergleidjen. Eg läge ant nädjften, ißn, ben man alg unübertreffttdjen Sdjttberer feiner tänbtidjen ijeimat iennt, mit ben fogenannten ©orfgefdjidjtg* fdjreibent in eine parallele ju fegen. Stber eS feßlt ißm ber bei aller Seßrßaftigfeit fo Inorrige 9ieali3mu§ beg Qeremiag © o ttß e tf, ber große iulturette gug, ben ber fleißige Sammler S m m e rm a n n feinem „Dberßof" ju geben mußte. Sbenfo wenig ift er mit Ütuer* bad) ju bergleidjen, beffen Srftlinge etwa jur felben geit auf einem äßnlidj bunilen §intergranb einen berwanbten Erfolg erzielten. S3ei Sluerbadj ßanbelt eg fidj (wie etwa aud) bet bem Sanbgmann Stifters, Sofef SRani) bod) bielmeßr um bie Seute, alg um bag 2 anb; er ßängt enger mit ben SBeftrebungen ber geit jufammen, wenn er mit einer Senbeuj, bie big ju Dtouffeau unb Weiter zurüdgeßt, bie Kenntnis eineg neuen Stanbeg erfcßließt; er ift ein weit größerer Sßfpdjolog alg Stifter, ber ißn an 9?aiöetät erßeblidj übertrifft, äftan ßat Stifter ferner biet mit Qean ißaul berglidjeit, Wobei ber Umftanb mitwirtte, baß bei ber großen SBereßrung, bie Stifter waßrenb einiger Qaßre für btefen Südjter ßegte, feine beiben Srftlinge überbeutlidj ben Ein= fiuß Senn ißaulg betraten. ®er „Konbor" fomoßl, wie bie „gelb= b lu rn e n " (erfdjienen 1841 in bem Safcßenbudj „griS", bag ©raf Qoßann SütajUtß ßerauSgab unb ©uftab ipedenaft in Sßeft berlegte) beßanbeln bag bon Sean S}3aut aufgeworfene Problem bom „ber* näßten, beriodjten, berwafißenen Seben" beg SBeibeg. Qu beiben Erzaßlungen ift Stifter beftrebt, biefe grage ber Emanzipation inbibi= buett ju löfen. ®ie ßodjbegabte SDialerin muß befdjärat ben 2Bett= iampf mit ben SKännem aufgeben, bie füßn mit bem SBatton bie Süfte befaßten, wäßrenb ißr fdjwadjeS Seiberßerj gleidj beinf erften SBerfudj ju brecßen broßt, unb fie berfcijerzt bag ©lüd tßreg Sebeng, alg fie bie Siebe ber Kunft aufopfert. StnbererfeitS zeigt bie Stngeta ber „gelbblumen", baß bag SBeib bie SBefdjäftigung mit ben ab= ftraitefien SBiffenfdjaften, Wie lateinifcß unb grtecßifd), ©eometrie unb

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®er ®tdjter ber „©tubten*. X X I I I

©ternfunbe, mit bet „ßoißften gäuSlicßieit", ber S3ilbung beS liinftigen Sßiutterßer jenS, feßr woßl Berbinben faitn, ja, baß ber §anb, bie bert Flügel meifterlicß ju fpielen toerfte^t, aueß ber Kocßläffel nicßt ju r Unjter gereicht. §teräu tommt noiß eine abficßtlicße 9iacf)= aßmung gean ißaulS im @til, in bem ©cßroelgen in ©efüßlen, SSorten, Farben, Sönen, Stimmungen, in ben Äa^itelüberjcfjriftett, teilweife auci) in ber gorm; fie ift jroar ungleich ionäifer unb llarer als bie be§ gean ißaul, bocl) ift ber teije öang unBerfennbar, ben ©ang ber fianblung nicfjt alijit offen ju Sage treten ju laffen, Biel= nteßr burci) jeitlidje 33otwegnaßme, burti) leichte ©eßeimniSlrämerei, burcf) übermäßige SluSfüßrung Bon Seimerf, ruie beS ganzen Sinkens unb Innenlebens beS jungen SJialerS ädbrecßt in ben „gelbblumen", bem Sefer bie Kopfarbeit, bie er einmal burci) gean Sßaul geioöfjnt toar, audj ßier yu Berfc^affen. Sie $ßnlicß!eit, bie man ymifcßen gean tßaul unb Stifter finben »oUte, berußt woßl in ber §aupt= fadje auf einer 9ieiße freilief) frappant übereinftimmenber äußerer Umftänbe. SBeibeit ift baS S ram a ftetS fremb geblieben (obgleich ©tifter jahrelang an einem Srauerfpiel „9?aufiEaa" arbeitete unb aueß einyelne Suftfpielpläne im Sluge patte), betbe ßaben ben SBerS nur feiten unb mit feßr geringem ©rfolg geßanbßabt, beibe waren Sieblinge ber grauen unb ber Slriftofraten, beiben ift bie 9iot beS SebenS nicßt erfpart geblieben; ©tifterS SSerßältniä yu ganni ift bem gean ißaulS yu ©ofie ®Htobt nicßt unäßnliiß, aueß Stiftern ift baS SKßfterium toaßrer Siebe feßr fpät ober nie aufgegangen, wenngleich er gean ifßaulS bequeme Sßeorie Bon ber „©tmultanliebe" niemals yu ber feinen gemaeßt ßat. SinyetneS mag ©tifter bauemb Bon gean ßSaul übernommen ßaben; bie SSorliebe für „gubenitität", um mit ©erBinuS yu fpreeßen, in feinen ©cßriften, bie faft auSfeßließließ baS ©emütSleben bon günglingen unb gungfrauen beßanbetn, wobei bie Siebe immer etwas bläßließ auSfäHt, ben SßiberwiHen gegen grembwörter, Bielleicßt aueß ben §ang yu übermäßiger 93rette ber gotm , yum ©infpinnen ins Setail. Sagegen trennen ißn aueß Wieber tief geßenbe Unterfcßiebe Bon bem älteren Sicßter: baS geringe SßerftänbniS, baS gean ißaul ber bilbenben Kunft, ber ©efeßießte, ber 9laturforf<ßung entgegenbraeßte, bilbet ben ftärlften ©egenfaß yu ©tifter unb bem ©runbton feiner ißrobultion. 3?ergeblicß wirb man bei ©tifter gean ißaulS fflenorjugung beS §äßlicßen, biefeS wefent» ließe fitlfSmittel feines §umorS, ober feine Slrt, baS Kleine aueß als läftig unb ftörenb ßinyuftellen, fueßen, BergebenS naeß feiner oft

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xxrv

Stbatbert Stifter.

bitteren Sronie Umfdjau galten. ®er fjumor ijätt ft cf) bei Stifter überbauet nur in befdjeibenen ©rennen, unb er bot Qean ißautS ©alerie befdjränfter, ober liebenstnerter ffäuje nur unt eine, freilicf) prächtige ©eftalt bereichert. Unb fdjon burcb ihre förderliche unb feelifdje ©efunbbeit fcljeibett fidj Stifters SDtenfdjen bon ben monb= fcfjeinBIaffen ©eftalten Sean ißaulS.

SIHcin trop beS großen ©rfolgeS ber „fjelbblunten" »erließ Stifter gar halb ben SBeg, ben er bort eingeicf)Iagen batte unb ju bent er ficf) nicfjt auS bollern §erjen gejogen fühlte. Seine näd)ften „ S tu b ie n " , wie er biefe feine erften Slrbeiten in ber 1844—1850 erfdjienenen ©efaratauSgabe nannte, führten ihn weit ab bon 3ean Vaul, auf baS ©ebiet ber S ta tu ra n fd ja u u n g unb ber ©efchidjte. ®a8 „ § e ib e b o rf " (ftfton 1840 in ber „SBiener Qeitfcfjrift" er» fdjienen), bie „ 2Jt a p p e beS U rg ro fjb a te rS " (ebenbort 1841, in wefentlitf» htapperer gornt), bet „ § o d jro a lb " (in ber „QriS" 1842) grünbeten feinen Stuf als Schiiberer feines .fjeimatlanbeS unb als liebes bollett SDlaler ber Vergangenheit. SQeibeS hing in Stifters Statur enge jufantmen, mag er auch für feinen Vlict in bie Vergangenheit burd) bie beutfehen Nachfolger SBalter ScottS, wie ben IraftboHen SJtärler 2BiHi= halb StlejiS (§äring), Anregung bon außen empfangen haben. Stiftern ift eS nicht gegeben, fidj in bie quälenben Stätfel beS SebenS ju ber= tiefen, baS SJtenfdjenljerj nach feinen ©eheintniffen ju burihwühlen, mit bem gwetfel ju ringen. ®aS SBort, baS er einft in polttifdj fdjwerer Qeit bon fidj gefprodjen: „28o ich uid)t lie b en fa n n , mag ich nicht leben!" fönnte als SDlotto feinem poetifdjen Schaffen borangefieHt Werben. VoU Scheu flüchtet er fich in fein Heiligtum, barin er Stulje unb Trieben ju finben meint: ins Seblofe, Voflenbete, Unbewußte, Überwunbene. 2Bie er als ftinb mit Sdjerben unb Steind)en gehäuft, fo ftöbert er nun im Urbäter § au 8rat, wie fdjon bem fiinbe bie Statur bie liebfte gufhtdjt war, fo ift fie eS nun auch bem SDtanne. 23oIjI ift ihm bajumai baS .fpiftorifcije nur SRittel, nidjt, wie fpäter, SelBftjWedC, wohl mufj feiner Staturbetrachtung einseitiger Optimismus jum Vorwurf gemacht werben. @r fteht in ber Statur teilt SBerben unb Vergehen, nur gleichmäßige Stühe unb ewigen Stieben, ihm hängt eine heitere Vlumenfette burd) bie Un= enblicpieit beS SlttS, felbft ber unbefriebigte ®rang nach SBahrljeit ift ihm nur ein ¿eichen beS unenblichen SfeidjtumS ber Statur. Vtinb geht er an alten Störungen beS Staturlebens borbei, ihm ift eine ©rfdjeinung, mag fie Segen ober Verberben bringen, gleich

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Ser JJidjter ber „Stubien". X X V

teuer. ®a8 ewige gortleben her Sfatur bient tljm HS STroft für bie iBergcingltdjfeit be8 einjelnen SRenfdjen — fjter finben fidj pntptftifdje Slnflänge, wie fie SlnjengruberS IjerrltdjeS: „@8 tann bir nichts ge= fdjepn!" nodj befreienber p rn SluSbnnf gebraut p t . @o boH unb ganj tnufjte ber ®idjter in ber Statur aufgepn, wollte er ben Xroft unb bie Befreiung finben, bie er fudjte, unb foldje Eingabe forberte bie Statur, foltte fie it;m tp e gepimften Steige offenbaren unb iEjn ai§ einen tp e r begnabeteften Sänger frönen. SKtt biefer Qnbrunft in ber SBetradjtung ber Statur tft eine eigenartige ©djeu in ber S3e= pnblung ber SJienfdjen Oerbunben. ©8 ift bielleidjt p biel gefagt, Stiftern bie w ape Siebe p r SKenfdjpit abpftreiten; aber fobiel ift fidjer, baf¡ er, bent jebe itrübung ber ©eele berpfjt war, mit fdjeuer Stngftlidjfeit ben SKenfdjen au8 bent SBege ging. Sticfjt nur in ber fiunft; al8 bie blutigen ©reigniffe be8 SafjreS 1848 fein ganjeS SBefen berftörten, als aud) er manche ©epffigfeit p erbulben p tte , ba ging iljnt aud) ber ©laube an bie Wenfdjen berloren, unb er wirb nidjt ntübe, immer wieber p berfidjern, baf) er n a p batan fei, bent ganjen SRenfdjengefdjledjt ben Stüden p lepen unb bafj er, wie er fdjerjpft meint, einem redjtfdjaffenen SBärert ober Elefanten ben S o rp g p geben geneigt fei. ®iefe füijle Slbmenbung bon ben SJtenfdjen, bie iljnt woijl immer im SBltite lag, rädjte fid) in feinen ©djriften. Qm grojjen unb ganzen (freilid) nidjt opte glüdlidje SluSnapten) tnter= effiert i p ber SRenfdj Weber als ©tnplwefen, nod) als f<5ov noilxtxov, fonbern bod) nur im S3erpltnt8 p feiner gamiiie. ÍHnbeSliebe, be= fonberS ba8 S3erpltniS beS SSaterS p ben iEödjtern, bie ©[je, bie in ber Siegel ben Slbfdjlujj ber fanften Siebe eines ¿ünglingS unb einer Jungfrau bilbet unb nur in einzelnen, nidjt in ben am beften geratenen ©rpfjtungen in ben traurigen folgen bargefteHt wirb, bie baS Slbirren Born redjten SBege mit fid) fü p t, enblidj baS befdjau= lidje Seben ganzer ffamilien, bie SBepnblung eigenartiger ßinber — bieS finb bie Borpglidjften Probleme, mit benen fid) ©tifter p be= fdjäftigen liebt, ©ein fdjeuer, jeber ©rregung feinblidjer DpimiSmuS fommt überall p m Sotfdjein: er befafjt fid) gern mit jungen, gut fituierten Seuten, benen nidjtS a llp ©rnfteS begegnet. Ungern p t er mit bent Sobe p paffen; er lägt feine gelben, felbft S?ebeit= figuren, meift ein fabelpfteS Sitter erreichen, ober, wo eS unber= meiblidj ift, ridjtet er aud) wotjl mit ein ^>aar SBorten eine wape SJteplei unter ben Sfomprfen, bie er nidjt m ep betwenöen lann, an. Sind) fonftige Heine oj)timtfiifdje 3üge fehlen nidjt: ber £eibe=

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X X V I ÄbatBert Stifter.

bewohnet, ber fo öeränbert unb fremb geioorbert tn bie jjeimat gurüctteprt, finbet nirgenb Stnfedjtung ober Saite, fonbern nur Sers ftänbniS unb Serefjruttg, ber junge Slrgt in ber „SUtappe" gelangt tn Äürje gu SBoljlftanb, obgleich er fich feine S^ätigfeit gar nicht, ober fo befdfeiben als möglich honorieren lägt. Qm „fjeibeborf" unb „|>o<hwalb" bienen ihm bie SDieitfdjen noch äu gang beftimmtem, Hinftlerifchem 3 roect. äRait hat gegen Stifter mit Unrecht ben Sor= Wurf erhoben, er fei ein SRaturbefdjreiber im Sinne beS alten SrodeS unb h“t gegen ihn bie SSorfrfjriften bes „Saofoon" citiert. ©egen foldje Sorwürfe loar er burch feine lünftlerifche, nachfcfjaffenbe iPhantafie gefeit; aber er brach ihnen im Dorijinein bie Spipe ab, inbem er feine SKenfdjen gleichfam gu Srägern feiner wunberooKen SiaturfchUberungen ertor. So ift bie g-amilie beS „§eibeborfS" eins mit bem Soben, auf bem Stifter feine Sinbljeit Derfpielte, unb reuig öereint fich ber Sproffe ber fieibe toieber mit ber fjeimat, j,on ber er fich loggerungen hatte; fo bient baS büftere ©efdjid ber herrlichen •Utäbchen im „fjodjwalb" bagtt, bie gange Farbenpracht ber SBälber unb beS See§, wo Stifter ben ®oppeltraum ber Qugenb unb ber erften Siebe geträumt, nochmals emporgugaubem unb ben hehren Staturfrieben in ben ©egenfap gutrt felbftgecuodten Elenb bes 3Jtenfdjen gu fteilen. Selbftänbige äRenfcpen, baS SBirten breier reiner, ebler ©haraitere, fuc^t Stifter in ber „Stoppe" gu geigen; aber er ift fich felbft Beioufjt, b a | er hinter bem ©rftrehten »eit gurücf blieb, unb nur bort, mo er milbe Oleftgnation geidhnet, glaubt er „tlafftfdjeS" gefdjaffen gu haben. SBirflid) erfcheinen ber ®ottor, ber Oberft unb SStargarete tole fchöne, ftarre SBilbfäulen, um bie fich bie meifter» hafte Sftadjempfinbung beS minterlichen SdjneefturmeS, bes friebfanten SdjügenfefteS, bie liebliche Sleinmaierei bes täglichen Sehens wie griineS SBIätterwerl rantt. — Stifter hat fleh an biefen brei erften ©rgäpiungen, bie ihm fo recht au§ bem bergen tarnen, ehrlich ge= freut: er rühmt bie „fdjönen elterlichen unb tinblidjen ©efüple" im „§eibeborf", baS ber Erinnerung an Sater, Sdtutter unb ©rogmutter getoibmet fei, er preift im „fjodjwalb" „ben milben Ptebeftug, baS einfach fdjöne Srgiegen ohne bem totetten fjerumfpringen, baS mich in ben gelbblumen ärgert," er hofft, bie „SDiappe" werbe mit ber ©röfje unb (¡Einfachheit ber Slntite wirten unb erweitert fte in feinen lepten Sebensjapren gu einem mehrbänbigen Such, baS siel autos biographifheS Staterial Verarbeitet, aber burch eine überfülle Don ®etail unb Seiwert belaftet wirb.

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®er ®t(fjter ber „©tubten*. X X Y I I

®te „StiS" beS Qa^reä 1843 brachte eine neuerliche ©abe Stifters, bte fjiftorijcfje ©rjätflung „O ie 9 ia rre n b u rg " . ¿ter öer-' eint fidj SanbfdjaftSmaleret unb hiftorifdjer S tnn glitcilicijer, als in ber SKa^e. ®a§ Breit gemalte, mobem=6äuertidje Sütilieu aus ber grünen gidjtau im Söhmerwatbe (man hat Stifter recht gefcfjicit mit Dftabe, S3rouwer3 unb Steen bergltchen) fteljt im wirifamen ©egenfajj ju ben S ta u e rn ber berfaHenen S3urg unb ihrem gefpenftigen §üter. SKeifterlidj ift ber (Sang ber greunbe burcfj bie SBurg 3iothenftein be= nüj}t, um biefe in alt ihren Seilen boräufüijren, glüditcfj werben ber Behagliche SBirt unb bte luftigen ©äfte ber gict)tau ben unheimlichen Sewohnern ber SBurg, bem wahnfinnigen ©reife unb bem hhantaftifdhen Stnbe, gegenüBergeftettt, bcSgleictien bie büftere SiebeSgefdjidite beS längft bermoberten ©rafen, bem lebenSbotlen QbhK Heinrichs unb ber SBirtgtochter Stnna. Sßom §erjen gönnt man alten äJiitfpieiern ben glüdlidhen SluSgang unb berfcfjmerät eS leicht, bah ba§ ©rafentum §einricf)$, ber ja nur bon einem weiblichen -¡Kttgliebe ber gräflichen gamilte aBftammt, im ©runbe auf recht fchwadjen güfjen fteht.

9tocfj basfelBe 3at)r Bewies aber, baff Stifter ju noch SSoHenbeterem Befähigt fei, unb eS geigte fein Salent in feiner boEen $BIje unb SBeite. Sn jWei untergeorbneten Sllmanadhen erfchienen bie beiben StobeHen „SlbbiaS" unb „SBrtgttta". §ier geigte Stifter, bah er auch eine Sanbfdjaft barjuftellen wiffe, bie er nicht felbft gefehen, bah er ftei) ihrer mit Huger Öfonomie ju Bebienen berftehe unb nici)t mehr ben gaben ber jpaitbtung unb bie Beidjnung feiner 2Jtenfcfjen im Sinfdjauen ber Statur bergeffe. 3 « „StbbiaS" bringt er bie Öbe ber nie geflauten eghptifchen SBüfte mit eben folcfjer SDleifterfchaft jur Sarftettung, wie fonft bte grühltngSjjracht beS tjeiraifchen SBalbeS, aber baS SkrtjältniS hQt [ich berfchoBen: bie börrenbe SBüfte bilbet nur noef) baS SDtüieu ju bem ©Ejaraiter unb ben Sdjidfalen beS Suben SlbbiaS, ber ebenfo feft in ben SBanben ber §eimat liegt, wie ber SBewoijner be§ beutfehen ¿eibeborfeS. StbfciaS in feiner ioloffalen ©mfamfeit fann ju ben gelungenften ©eftalten ber (üptt gewählt werben: ber Sötann, bem bie gähe ßlugljeit nur baju ju bienen fcheint, alles ju erlangen, um eS fofort wieber ju berlieren, 9teicf)= tum, bie Siebe feines SBeibeS, baS Slugenltdjt feines SHnbes. ©tödlich tritt in ber auch £üet breiten unb mit übergroher chronologifcher ©ewtffenhafttgieit wirlenben Sarfiettuttg ein gewiffer SafoniSmuS in ben entfdjeibenften Slugenbliden herbor; währenb wir fogar baoon unterrichtet werben, bah ätbbiaS tn ber jweiten Stacht feiner SBanbe»

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X X V I I I ätbalbett ©tifter.

rung fd)on Viel beffer gefdjlafen habe, ^et^t eS ttn 2lugenbltd bet fiataftroptie: „@S War auf ben ©cijein ein furjeS, Reiferes S taren gefolgt, unb ®itf)a lernte gegen eine ©atbe jutiicf unb war to t.. 2Son i)öcf)fter lünftlerifcEjer Sßirlung ift eS, bafj bet ®tdjter lein SBort bet Sßerteibigitttg ober beS SDtitleibeS für feinen BielBerlannten gelben benötigt, ja in eiferner DbjeltiBität bie fdjntäljenben Urteile ber 2tufjen= Welt berietet. ®urdj fein §erä nnb fein Unglüd allein Wirb SlbbiaS, ber einftige tüfjne SBüftenwanberer unb fpätere ©infiebler int Sö^mer» walb unb IjingebungSBolte Pfleger feines ÄinbeS, rüljrenb unb burcij ben Soleier beS ©eheimniffeS, ben ber ®id)ter niemals ganj ooit ißm abjiebt, gewinnt er unfer ¿ntereffe. Unb BieHeidjt nod) mehr ringt fidj ber ®id)ter in „SBrigitta" ab. jjier wirb er, was ißm nidjt oft gelingt, Sßftjdjolog. ®ie ©efdjidjte beS Ijäßlidjen SKäbdjenS, baS Bon ©eburt an Bemadjläffigt würbe, baS bann Bolt ungläubigen ©taunenS bie Siebe beS frönen SJlanneS gewann, baS, als fie an biefer Siebe zweifeln mußte, fid) öon bem ©atten trennte, ift mit tiefer ©eelenlenntniS erjagt; ebenfo gelungen ift bie ©eftalt beS glänjenben SBeltmanneS, ben baS Ijerannabenbe Wlter in bie 9iadjbarfd)aft ber einftigen SebenSgefäfjrtin führt, unb bie Berföhnenbe Söfung am ßrantenbette beS ©oßneS. ®ie @ltern= unb ©attenliebe Ijat fiel) träftiger erwiefen, als bie Ber* liebte Sugenbliebe — fo lommt ein SieblingSgebanle ©tifterS jur ©elturig. ©eljr glüdlid) ift attef) bie gorm gewählt, bie ©rjäljlung beS IReifefreunbeS, ber baS fßaar im Sliter tennen lernte unb ge= fdjidt bie ©reigttiffe ber Sugenbjait entfließt. Sebenbig ift bie ®ar= fteüung ber ungarifdjen ©tepße, bie nidjt fo feljr burdj ©djilberung an unS Borüberäieljt, als mit bem Seben unb ¿reiben ihrer SRenfdjen unb ®iere anfdjaulid) Bor uttS liegt. 2Jian tann ©tifter beipfiidjteit, wenn er „Srigitta" weitaus baS befte in ben erften jwei S3änben „©tubien" nennt. SJlit ber ©he befdjäftigt fid) auch bie 1844 in einem SIoBettenalmanadj erjdjienene ©rjählung „®aS a lte © iegel". „®aS ift ber gludj ber böfen ®hat" — biefeS SBort hätte ber Grr= jäßiung als SJiotto BorangefteHt werben fönnen. ©tifter hat fid) hier auf ein feljr IjeitleS unb feinem ganzen ©mfifinben frembeS ©e= biet gewagt unb ein ®hema angefdjlagen, baS Bor ein paar galjren in einem twehft abftoßenben berliner SRoman behanbett würbe, greilidj Berfteljt er eS, mit großer 3 artheit ben fittlidj äußerft be= benllidjen ©toff ju gestalten unb ihn auch burcl) ben unerbittltdjen ©tanbßunlt feines in bem ©runbfafce „Servandus tantummodo lionos“ erlogenen gelben ju milbern. SSirtlid) ©teHung nimmt ber

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Der ®idjtcr ber „©tubten*. X X I X

®id)ter nid)t; et jief)t eS bot, bie fianblungSmeife bet grau ju berf)üEen, um nicht mit einem SBort fittlidjer ©ntrüftung ^etbor= treten ju ntüffen. ®ajj ein alter Stieger, ber fdjon mit bem ißrinäen ©ugeniuS an ben SKIjein gezogen war, erft fur$ bor ben 5 rei^ettS= Wegen ftirbt, mag Stifters SBorliebe für Scinglefiigfeit ju gut ge= galten werben; djarafteriftifd) ift eS, bafj er ben fiefer jmu ©dftufj für all baS Unerquicftidje, Slbftofjenbe unb SSergänglidje, baS er bon SKenfdjen erjagten mußte, burcf) ben Hinweis auf bie Jperrltdjfeii unb, wie er bermeint, ©migfeit ber Siatur ju entfcf)äbigen fuc^t.

®iefem etwas jurüdtretenben nobeltiftifc£)en SSerfud) folgte eine ©rääljlung, bie Wir für bie Srone bon ©tifterS ©djaffen ju galten geneigt finb. Sin äietnlid) untergeorbnetem Orte erfcl)ien 1845 „® er SSalbfteig". ®er Wadere §t)fwd)onber ®iburiuS, ber bieHeicijt bie tieffte ©inmirfung Senn SßaulS bebeutet, barf getroft ben beften humoriftifdjen ©eftalten beigejäljlt werben; mit ber bollen, fdjon im „SlbbiaS" gerühmten litnftlerijdjen Dbjeftibität bargefteHt, wirft er um fo föftlidier, ba mir iljn itad) feinen §anblungen unb ben Ur= teilen ber SBelt für einen „Slarren" ju galten gezwungen ftnb unb uns bodj nicht enthalten fönnen, ihn unb fein abfonberlidjeS, ftiEeS ©eljaben rec^t fjerälid) lieb p haben. ©eljr bergnüglidj ift eS, ben frönen, einfamen SBalb burd) bie Singen beS eingebilbet fronten ©tabttinbeS betrauten ju fönnen unb feine natbe ffreube an ber unberljofften ©enefung ju teilen. ®ie ©eenen mit SDiaria, befonberS bie aEerliebfie ©rbbeerfucfje, finb boE jenes ®ufteS bon Unfdfulb unb ©emüt, ber fo redft Stifters innerfteS ©igentum ift. ®ie Teilung beS bermei<hlid)ten, bon Sinbljeit an bezogenen ©täbterS burcf) baS fdjlidjte Sfaturfiitb ift nid)t ofjne ®enbenj. ©egen baS ©tifterfdje Slllljeilmittel ber glüdlidjen ©he werben mir hier am wenigften einjuwenben haben; eS ergiebt fed) organifd) aus ber Siatur beS fpageftoljeS ®iburiuS. Stifter felbft ftnbet biel SobensmerteS im „SBalbfteig", wenn er aud) flogt, nid)t alles fo erreidjt ju haben, wie eS iljm borgefdjwebt hätte, ©in anberer „ § a g e f to lj" (in ber gleichnamigen 1845 in ber „QriS" erfdjienenen ©rjählung) gab bem ®id)ter bie befte ©elegenljeit, für bie ©he einjutreten. ®er bereinfamte, mifjtrauifche, berfümmerte unb berfannte ©reis, bem einft baS ©djidjal baS SSeib feiner SSaljl ber= fagt ^atte (©tifter nennt ihn einen „granbioS büfter prächtigen ©harafter"), bilbet ben lebhafteften ©egenfap ju bem blühenben, menfdjenfreunblidjen, bertrauenSboEen Jüngling, ber noch in frifchefter Sugenb baS geliebte SRäbdjett heimführen foE. ®em unbermählton

(36)

X X X Stbalbert Stifter.

©retfe, ta beffert ©djatten niemals ber ©Ratten etneS Wadjtommen trat, mirb baS So8 ju tell, baS betn pantpeiftifdjen Waturfinn beâ ®idjter3 ba§ (erbfte erfdjeint: betn unfrudjtbareit geigenbaunt gleicf), mirb er, menn feine itfte fur Immer berborrt ftab, au§ bent ©arten roeggetfjan, unb bon ben anberen blït(enben ©pr offen larat leinS fagen, bafj eS aus feinen Körnern entfproffen Ift; er allein Ift aus» gefdjtoffen aus ber langen Kette, an ber burd) 3 a(rtaufenbe ein ®e= fdjtedjt ttad) bent anberen auf unb nieber fteigt. ®e§(atb (at ©tifter bie Kinbertofigieit feiner eigenen ©je niemals bermunben. . . .

®er „fiageftolä" (at biel ©litt! gentadjt. ©tifter (Brte eS gern, wenn man t(n bie „befte beutfdje Wobetie" nannte, unb e§ ftefjt aud) jmeifelloS bie Kraft ber ©(arattertfttt unb Kontraftierung auf einer (o(en Stufe; felbft ins franjöfifdje mürbe ber „vieux garçon“, menn aud) nidjt eben in ber glücflidjften Sßetfe, überfefjt. Weben biefen bier SKeiftererjä^lungen falten bie beiben lebten ©tiirfe, bie Stifter burd) Slufna(me in feine „©tubien" auSgeidjnete, einiger» ntafjen ab: „3 m ei © djm eftern" (aus ber „3ri8" 1846) bürften unter ben heutigen Sefem mannen ©egner finben. ®a§ fttHe SBe» tjagen, mit bent (roie (pater in bent StlterSroman „Wadjfontnter") einjig unb allein baS Seben einer gamitie gefdjilbert mirb, bie ein» geflohenen langen ©rjâptungen, bie felbftgefättige SBreite, bie Stiftern in ber 3dj=@rää(Iung ftetS an(aftet, bie Berfdjiebenen Slnfäjje jur ©(arattertfti!, bie aber immer roieber fallen gelaffen merben, fo baß bie (anbelttben Sßerfonen bis (erab ¿um SBootSmamt gteic( roefen» tofen ©ngetn ein(erroalten, nidjt tninber bie in Kletnlidjteiten Ber» ficfernbe Xedjnif, bie o(ne inneren ©runb SJÎitteilung mad)t, in meldjer SReüjenfotge fidj bie gamitienmitgtieber im freien nieber» gelaffen, unb in meldjer Slrt bie SKäbdjett i(re ©onnenfdjirme Ber» ma(rt (ätten, baS alles giebt ber ©rjä^tung etroaS ©ebetjnteS unb täfjt ieinen redjten ©initang ¿mifdjen ©e(alt unb 9tuSbe(nung auf» lommen. ®agegen ift nidjt ¿u Beriennen, bafj ©tifter ben niemals Bon i(m geflauten ©arbafee mit fe(r anfe(nlid)er Kraft barpftetlen truste, unb eS (at i(m immer Biet SSergnügen gem alt, menn i(m bie Seute nidjt glauben moltten, bafj biefe ©djitberung nur ber fß(antafie entfprungen fei, ober menn man fidj brieflich bei i(m er» lunbigte, ob benn ber SReifenbe unb SWaria einanber „gelriegt" (ätten. ©r felbft, ber fidj, in Wad)a(mung beS nidjt ganj ridjtig ^fpt&K@oet(efdjen SllterSftileS, immer me(r in biefe Slrt ber ®ar» ffeftuftg' eipfparat, nannte „bie ©djmeftern" baS reinfte, rutjigfie,

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Żaden godny zapisania wypadek nie urozmaicił naszego jednostajnego życia po rozminięciu się z owym oddziałem zesłańców. Kiedy niekiedy spotykaliśmy się z

całej Syberyi. Pan Frost wydobywszy papier i ołówek wziął się do odszkicowania pustej, lodowej okolicy, podczas gdy ja zapuściłem się do wnętrza kopalni; ta

czeniu. W prawdzie rząd przyjmuje chłopów pod swoją opiekę, ale wtedy dopiero, gdy dziedzice zawrą z nimi umowy. Z a ­ nim zaś przyjdzie do tego, miliony ludzi