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Wochenschrift des Architekten Vereins zu Berlin. Jg. 6, Nr 46

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WOCHENSCHRIFT Dg HRCHITEKTEN~VEREINSIMBERUN|

MERflUSGECEBEN ^ V E R E I N E

t Erscheint Sonnabends u. Mittwochs. — Bezugspreis halbjährl. 4 Mark, postfrei E,30 Mark, einzelne Nummern von gewöhn. Umfange 30 Pf., stärkere entspr. teurer t

^ Der Anzeigenpreis ftlr die 4gespaltene Petitzeile beträgt 60 Pf., fär Behörden-Anzeigen und für Fam ilien-A nzeigen 30 Pf. — Nachlaß auf W iederholungen ^

Nummer 46 Berlin, Sonnabend den 18. November 1911 VI. Jahrgang

Zu beziehen durch alle Buchhandlungen, Postämter und die Geschäftsstelle C a r l H e y m a n n s V e r la g in Berlin W.8, Mauerstraße 43.44

A l l e R e c h t e V o r b e h a lt e n

Die Yerkehrsanlgaben des Verbandes Groß-Berlin

Vortrag geh alten zum S c h in k o lfe st des A r c h ite k te n -V e r e in s zu Berlin don 13. März 1911 von

Richard Petersen

(Schluß aus Nr. 45, Seite 24G

Abb. 289. Neuer Opernplatz, nach Eberstadt, Möhring, Petersen

52

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248 Wochenschrift des Architekten-Vereins zu Berlin Sonnabend, 18. Novembor 1911 Auch aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist es nötig,

zu allererst für eine ric h tig e L in ie n fü h ru n g zu sorgen. Die innerstädtischen Schnellbahnen sind grundsätzlich als Durch­

messerlinien zu bauen. Peripherische Verbindungen können orst in Frage kommen, wenn sich ein ausgedehntes und ver­

kehrsstarkes Radialnetz gebildet hat.

Nächst der Linienführung und der Verkehrsgröße sind be­

stimmend für die W irtschaftlichkeit die T a rife und das A n­

la g e k a p ita l.

Abb. 288 gibt eine Uebersieht über die B e trie b s e rg e b ­ n isse der e n g lisc h e n , insbesondere der Londoner S ta d t­

bah nen. Ihre Einnahmen und Ausgaben sind als senkrechte Linien aufgetragon und zwar die Betriebsausgaben unterhalb der w'agerechten Nullinie, der Betriebsüberschuß darüber; die ganze Höhe der Linie ist die Fahrgeldeinahmo der Bahn; der Abstand dieser Linie vom linken Anfang der Figur ist gleich der Verkehrsleistung. Die punktierte Verlängerung der senkrechten Linie nach oben gibt an, wie groß der Ueberschuß hätte sein müssen, um das vorhandene Kapital mit 5% zu ver­

zinsen. An dom vom Koordinatenanfang ausgehenden Strahlen­

bündel ist abzulesen, wieviel Pfennige auf den Reisenden dio Betriebsausgaben und Ueberschüsse ausmachen.

Beispielsweise hat dio M e tro p o lita n D is tric t im Jahre 1906 65 Millionen Reisende befördert, etwa 6,6 Millionon Mark 1 Betriebsausgaben gehabt und 1,6 Millionen Mark Ueberschuß.

Dieser Ueberschuß hätte aber 13,3 Millionen Mark betragen müssen, um das vorhandene Anlagekapital mit 5 % zu ver­

zinsen. Auf den Fahrgast machen die Betriebsausgaben etwa 10 Pf. aus, der Ueberschuß etwa 2l/a Pf., dio Fahrgeldein­

nahme demnach etwa 12’/2 Pf- Sie hätte aber 31 Pf. sein müssen, um das Kapital .mit 5°/o zu verzinsen.

Dio Metropolitan D istrict ist bekanntlich ursprünglich mit Dampf betrieben worden und orst iu letzter Zeit in elektrischen Betrieb umgowandelt.

Eine ganz moderne Bahn dagegen ist dio Great Northern Piccadilly Brompton, die im Jahre 1907 26 Millionen

; Fahrgäste beförderte, beinahe 3 Millionen Mark Betriebs­

ausgaben und beinahe 14/a Millionen Ueberschuß hatte. Ihre Betriebsausgaben betrugen etwa 11 Pf. auf den Reisenden, ihre Fahrgeldeinnahme etwa 16 Pf. Sie hätte aber etwa 35 Pf. betragen müssen, um das Anlagekapital m it 5% zu verzinsen.

Ebenso ist ohne weiteres ersichtlich, daß bei der M ersey-

| T unnel-B ahn die Betriebsausgaben pro Fahrgast etwa 10 Pf.

j ausmachen, der Ueberschuß aber 30 Pf. betragen müßte, dem-

| nach ein Fahrpreis von 40 Pf. pro Fahrgast erforderlich wäre, um das vorhandene Anlagekapital mit 5% zu verzinsen.

Es handelt sich also bei diesen Bahnen um F a h rp re is e , die im Wettbewerb mit den Verkehrsmitteln der Straßenober- flächo u n m ö g lich sind. Daraus ergibt sich der Schluß, daß ein großer Teil des A n la g e k a p ita ls dieser Bahnen rettungs­

los v e rlo re n ist.

E s kann d ah er n ic h t e in d rin g lic h g en u g g e w a rn t w erden v o r dem O p tim ism u s, m it dom m an bei der B e rlin e r S ta d tv e rw a ltu n g tro tz d ie se r V o rg än ge-d ie F ra g e der R e n ta b ilitä t der U n te rg ru n d b a h n p ro je k te b e h an d elt.

Wenn auch die innerstädtischen Schnellbahnen mit ihren Fahrpreisen nicht in Wettbewerb treten können mit den Staats- bahnlinion und deshalb auch für die Aufschließung des Außen­

geländes geringere Bedeutung haben werden, so sollte man trotzdem anstrobon, die F a h rp re is e so n ie d rig w ie m ög­

lich zu halten.

Das führt für Berlin zu der Forderung, daß die inner- städtischen Schnellbahnen so weit wie irgondmöglich als H o ch ­ bah nen auszu führen sind.

Auch dies ist eine gemeinsame Auffassung der W ett- , beworbor.

Abb,29Ö. Neuer Ausstellungspark nach Eberstadt, liübring, Petersen

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Nr. 46. VI. Jahrgang Wochenschrift des Architekten-Vereins zu Berlin 249 Sio steht allerdings nicht im Einklang mit der h e u tig e n

G o m o in d cp o litik . Jedenfalls muß ich feststellen, daß die Gedankengänge, die ich vorher zu entwickeln die Ehre hatte, bisher nicht die Billigung der Berliner Stadtverwaltung ge­

funden haben. Sie werden vielmehr in den Vorlagen des Magi­

strats an dio Stadtverordnetenversammlung bisher so gut wie vollständig ignoriert.

Welche Gründe dio Berliner Stadtverwaltung abhalten, sich diesom Programm anzuschließen, weiß ich nicht.

Anderseits bedauere ich, foststellen zu müssen, daß die wirtschaftliche Seite der Bahnprojekte bei der Stadt Berlin nicht mit der Sorgfalt behandelt wird, die bei Privatunter­

nehmungen selbstverständlich ist.

Unrichtige Rentabilitätsberechnungen und falsche Tarif­

berechnungen in den Vorlagen des M agistrats an die Stadt­

verordnetenversammlung kÖDnen doch gar zu leicht die Folge haben, daß die Stadtverordnetenversammlung sich über die finanzielle Tragweite ihrer Beschlüsse täuscht.

Zu den gegenwärtigen Tagesfragen gehört auch das Projekt G esu n d b ru n n en — R ix d o rf, auf das ich nicht näher eingehen will, da ich hierbei Partei bin. Nur ein paar Bemerkungen seien mir erlaubt.

Für ein Hoch- und Untergrundbahnprojekt sind die Anlage­

kosten bei 10 km Länge erm ittelt zu 84 Millionen Mark. Eine Schwebebahn würde bei gleicher Länge 34 Millionen Mark er­

fordern. Der Kostenunterschiod beträgt bei 10 km Länge rund 50 Millionen Mark. Als Privatunternehmen kann man eine solche Bahn nur finanzieren, wenn man Aussicht hat auf min­

destens 5 % Rente. Das bedeutet, daß bei dem Hoch- und Untergrundbahnprojekt der A. E. G. ein Mehrüberschuß erforder­

lich ist von 2,5 Millionen Mark jährlich.

Indessen, weil die Bahn teurer ist, hat sie keinen größeren Vorkehr. Der Verkehr dürfte mit 40 Millionen Fahrgäston an­

zusetzen sein, d. h. jeder Fahrgast muß für die Differenz von 2,5 Millionen Mark etwa 6 Pf. am Fahrpreis mehr aufbringon.

Wenn nun die Schwebebahn den von ihr angebotenen Einheitspreis von 10 Pf. braucht, so muß die Hoch- und Untergrundbahn einen Durchschnittsfahrpreis von mindestens 16 Pf. haben. Wenn es aber möglich wäre, bei der Hoch- und Untergrundbahn mit 12 Pf. im Durchschnitt auszukommen, so müßten für die Schwebebahn 6 Pf. genügen.

Wie ist es nun zu erklären, daß der Vertragsentwurf, der der Stadtverordnetenversammlung über diese Hoch- und Unter­

grundbahn zuging, einen Tarif festsetzt, der maximal 12 Pf.

im Durchschnitt ergibt, während dio gleiche Stadtverordneten­

vorlage den von der Schwebebahn angobotenen 10 Pf.-Tarif als nicht durchführbar bezeichnet.

Sind derartige Irrtüm er auf Unwissenheit oder auf Vorein­

genommenheit zurückzuführon V

In den Stadtparlamenten werden die Schnellbahnfragen aller­

dings vielfach lediglich nach dem Gesichtspunkte behandelt:

die Schnellbahnen sind grundsätzlich nur als U n te rg ru n d ­ b ah n en zuzulassen.

Diesen Grundsatz aufstellen kann nur jemand, der diese Dinge nicht durchdacht hat. Aber in den Gemeindeparlamenton muß man mit dieser Auffassung rechnen.

Getragen wird sie einmal von der S o z ia ld e m o k ra tie , die es nicht billigt, daß der reiche W esten die vornehmo U nter­

grundbahn erhält, während der arme Osten sich mit einer Hoch­

bahn begnügen soll. Die Sozialdemokratie ist überhaupt ge­

neigt, sogenannte Kulturausgaben zu bewilligen, dabei schreckt

j sie vor ihrer Höhe nicht zurück. Das Bezahlen besorgen ja andere.

l y y - f .

Abb. 291. K önigsplatz nach Eberstadt, Möhring, Petersen

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B R A N D E N B U R G E R T O R.

2 50 Wochenschrift des Architekten-VereinB in Berlin Sonnabend, 18. November 1911

Für die Untergrundbahn und gegen die Hochbahn nehmen auch die G ru u d e ig e n tü m e rv e re in e der inneren Stadt ent­

schieden Stellung, indem sie sich namentlich über die Ver­

letzung ä s th e tis c h e r In te re s s e n beklagen.

Es ist sehr bezeichnend, daß diese ästhetischen Bedenken, die in den öffentlichen Versammlungen und in der Tagespresso einen so breiten Kaum einnehmen, nicht aus Kreisen der Künstlerschaft stammen, sondern aus denen des Grundeigentums.

Es ist natürlich die Furcht vor einer W ertminderung des Grund­

besitzes. Es ist auch wiederholt in den Grundeigentümervereinen in der inneren Stadt zum Ausdruck gekommen: „W ir wollen überhaupt keine Schnellbahn, wenn sie aber schon gebaut werden muß, so muß sie Untergrund geführt werden und mag schon recht hohe Fahrpreise haben, damit unsere Mieter nicht fortziehen.“

So töricht diese Auffassung ist, so muß sie doch an dieser Stelle erwähnt werden bei dem großen Einfluß, den das Grund­

eigentum in den Stadtverordnetenversammlungen besitzt. Die Befürchtung liegt sohr nahe, daß dieser Einfluß in den Ver­

kehrsfragen zu Beschlüssen führt, die der Allgemeinheit zum Schaden geroicheu werden.

Hinsichtlich der Bodenpolitik besteht nun einmal ein un­

überbrückbarer Gegensatz zwischen den Interessen des einzelnen Haus- und Grundbesitzers an einer möglichst hohen W ert­

steigerung besonders seines Grundstücks und dem öffentlichen Interesse an der Verbesserung und Verbilligung der Lebens­

haltung, insbesondere der Wohnungen.

W E T T B E W E R B G R O S S -B E R L IN

E N T W U R F „ E T IN T E R R A P A X “

Immerhin ist die in den Grundeigentümervereinen in der inneren Stadt zutage tretende Auffassung unklug, da der W e rt ein es G ru n d stü c k s nach allen bisherigen Erfahrungen p ro ­ p o rtio n a l dem V e rk e h r ist, der an dem Grundstück vorbei­

geführt wird.

Ferner aber ist die Auffassung unklug, weil die grund­

sätzliche Wahl der Untergrundbauweise zur Folge haben würde, daß, wie bei den englischen Bahnen, zur Verzinsung F a h r ­ p re ise gefordert werden müßten, die im Wettbewerb mit den Verkehrsmitteln der Straßonoberfläche u n m ö g lich sind. Es würde also ein großes D e fiz it entstehen, das von irgend jemand gedeckt werden muß. Der Gedanke liegt doch sohr nahe, daß man, wie in New York, diese Schuldenlast nicht der Allgemeinheit aufbürdet, sondern dem der Bahn benachbarten Grundbesitz. Wenn aber erst die Grundeigentümer die Mehr­

kosten der Untergrundbauweise, die sie zur Zeit unterschätzen,

j selbst aufbringen müssen, so werden sie von ästhetischen Be­

denken vielleicht weniger bedrückt werden.

Bei der Beurteilung dieser Verhältnisse ist es ferner sehr wichtig, sich vor Augon zu halten, daß der Wirkungsbereich

j einer Schnellbahn weit über das Weichbild der einzelnen Gemeinden hinausreicht, während das In te re s s e der G em ein d e­

v e rw a ltu n g au ih re r Grenze aufhört.

Erinnern möchte ich ferner an den verflossenen S c h n e ll­

b a h n s tre it der südwestlichen Vororte S ch ö n eb o rg , W ilm e rs­

d o rf und C h a rlo tte n b u rg , der charakterisiert war durch das Bestreben, den Nachbargemeinden den künftigen Bevölke­

rungszuwachs abzujagen.

Ich habe damit kurz die Ursachen gestreift, die der V e r­

k e h rs p o litik der G em einden häufig den Charakter des D ile tta n tis c h e n geben und welche die einzelnen Gemeinden unfähig machen, eine gesunde Großberliner Verkehrspolitik zu treiben.

0 3 hOCriBAU. Ü l FLA O TB flU , C 3 V IL L E N B A U ,

■ ÖFFENTLICHE GEBÄUDE, E l GRÜNFLÄCHEN Abb. 293. W ettbewerbsentwurf für das Schöneberger

Sttdgelände von Professor Mühring .

U N T E R IR D IS C H E N O R D - S Ü D V E R B IN D U N G S B A H N E N .

F E R N B A H N E N

V O R O R T B A H N E N - ‘.fij,.;..

S T A D T B A H N E N

Abb. 292. Entwurf Eberstadt, Milliring, Peterseu

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Nr. 46. VI. Jahrgang Wochenschrift des Architekten-Vereins zu Berlin 251

Abb. 294. Einfamilienhäuser im W ettbewerbsentwurf für das Schöneberger Südgelände von Professor Möhring

M A R IN EA M T

(KRIEGS

'MINIST

l i n d e n

UNTER

"T ■ ■1

Abb. 295. Stadtteil zwischen Potsdam er- und Lehrter Bahnhof nach Eberstadt, Möhring, Petersen

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252 Wochenschrift des Architekten-Vereins zu Berlin Sonnabend, 18. November 1911 Deshalb ist der Z w eck v erb an d aufs wärmste zu begrüßen,

wenn er auch die Zuständigkeiten der einzelnen Gemeinden stark beschneidet. Ich möchte sogar noch weiter gehen, indom ich os für wünschenswert halte, daß die Z u s tä n d ig k e it der S ta a ts b e h ö rd e n in den Verkehrsfragon nicht eingeschränkt, sondern e rw e ite rt wird.

Dio Staatsbehörden bieten meines Erachtens eine bessere Gewähr wie die Gemeinden dafür, daß die verschiedenen Pro­

jekte nicht mit verschiedenen Maßstäben gomessen werden.

Wie vorher gesagt, sind die W ettbewerber und auch dio übrigen Fachleute sich darüber einig, daß in Berlin die Schnell­

bahnen soweit irgendmöglich als Hochbahnen gebaut werden sollten. Nun sind im Innern der Stadt vielfach E n g p ä sse vorhanden, durch die man mit dor gewöhnlichen H o ch b ah n nicht hindurchkommt und bei denen man auch Bedenken haben kann, ob es noch zulässig ist, eine Schwebebahn hindurch- zuführen. Hier steht man vor der Frage, entweder die Bahn Untergrund zu führen oder aber die Engpässe zu erweitern oder mit neuen Straßendurchbrüchen zu umgehen.

Diese Fragen scheinen bei der Berliner Stadtverwaltung noch nicht gründlich geprüft worden zu sein, denn wenn es bei einer 10 km langen Bahn nötig ist, die Bevölkerung mit.

50 Millionen Mark zu belasten, um eine Schnellbahn dem Auge der Einwohner zu entziehen, so scheint es doch erwägungswert, zu prüfen, ob man nicht besser mit einem Aufwand zwischen 10 und 20 Millionen Mark die Engpässe beseitigt, die Hochbahn zuläßt und damit reichlich 30 Millionen Mark spart.

Dio Straßo gehört seit altorsher dem Verkohr, und wenn mit dem Fortschritt der Technik die Verkehrsmittel sich ändern, so wird es Aufgabe der Künstler sein, diesen neuen Verkehrs­

mitteln eine geeigncto Form zu geben. Nicht aber scheint es mir richtig, sie mit einem großen Kostenaufwand deswegen in dio Erdo zu vergraben, weil sich unter den Architekturbauwerken dor verflossenen Jahrhunderte keine geeigneten Vorbilder für ihre Gestaltung finden.

Sollte das zum Vergraben erforderliche Geld nicht viel nütz­

licher angewendet sein, wenn man dafür etwa das Tempelhofer Feld, gekauft hätte mit der Bestimmung, es n ic h t zu bebauen, oder aber, wenn man damit begänne, die künstlerischen Anregungen des Wettbewerbs Groß-Berlin durchzuführen?

Erst nachdem man in dem Verkehrsprogramm die inner­

städtischen Schnellbahnen erledigt hat, kommen die eigentlichen städtebaulichen Fragen, die Gestaltung des Straßennetzes, seine Verbesserungen und Erweiterungen zur Erörterung.

Zu den Lebensfragen der Berliner Stadtanlage gehört unter anderm auch die E n tla s tu n g dor L e ip z ig e r S tra ß e . Hier versuchen die W ettbewerbsentwürfe L uft zu schaffen, indem sie dio südlich golegenen Eisenbahnanlagen zurückdrängon oder unter dio Erde verlegen. Nördlich der Leipziger Straße schlägt der Entwurf Eberstadt, Möhring, Petersen den D u rc h b ru c h der F ra n z ö sis c h e n S tra ß e nach dem Tiergarten vor, wo­

durch ein großer neuer Straßeuzug: Kurfürstendamm, Tiergarten- straße, Französische Straße, Königsplatz, Alexanderplatz usw.

geschaffen würde.

Prof. Möhring benutzt diesen Durchbruch, um Berlin durch eine schöne Platzanlage zu bereichern (vergl. Abb. 289). Auf der Ostsoite sieht man die Neubauten von Ministerialgebäuden, auf der W estseite ist das neue O p ern h au s vorgesehen, das an dieser Stelle entschieden günstiger liegt als am Königsplatz.

Durch dieses Opernhaus wird zwar dem Tiergarten etwas weg­

genommen, aber die großen neuen Eisenbahnanlagen (vergl.

Abb. 292) bieten den Anstoß dazu, dieses ganze Stadtgebiot auch künstlerisch einheitlich zu gestalten. Abb. 295 gibt eine Situation des Gebiets. Abb. 290 zeigt das K u n s ta u s ­ ste llu n g sg e b ä u d e (Möhring), welches als Ersatz desvomHaupt- balmhof verdrängten Kunstausstellungspalastes zwischen Spree und Stadtbahn geplant ist und dem Tiergarten im reichlichen Maße das wieder zufügt, was durch das Opernhaus binweg- geuommen wird. Im Hintergrund dieses Bildes sieht man den neuen Hauptbahnhof, der allerdings größer ausfalien würde, als er hier im Bilde erscheint.

Ein weiterer Vorschlag von Prof. Möhring betrifft die Um­

gestaltung des K ö n ig sp la tz e s (Abb. 991). Gegenüber‘dem Reichstagsgebäude ist das Kriegsministerium angeordnet, nörd­

lich der Siegessäule liegt das Reiehsmarineamt, daneben das Reichskolonialamt.

H eer und V olk, die Träger deutscher Größe und Macht vereinigt in den Denkmälern der Baukunst — würde eine solche Stätte nicht gewaltig jeden Deutschen ausprechen und jedem Fremden die Grundlagen des Reichs sichtbar vor Augen führen ?

Nicht mit Unrecht wird man dem Berliner Bauwesen den Vorwurf machen, daß Monumentalbauten vielfach lediglich da aufgestellt wurden, wo sich im einzelnen wohl oder übel ein verwendbarer Platz bot, so daß eine Verzettelung der W ir­

kungen eintritt und,' trotz großer Aufwendungen, der macht­

volle Eindruck der Architektur anderer Hauptstädte hier mangelt. Nicht das Bauwerk als solches — auch die städte­

bauliche Anlage muß große Gedanken zum Ausdruck bringen.

Ich glaubte, diese Bemerkungen hier einsehieben zu müssen, um nicht den Eindruck aufkommen zu lassen, als miß­

achteten wir Ingenieure die künstlerische Seite des Problems.

Das tun wir ganz gewiß nicht. Aber da es nicht meine Auf­

gabe ist und ich nicht dazu berufen bin, über Kunst zu sprechen, sondern über don Verkehr, so muß ich wieder zu meinom Programm zurückkehren.

Der Bau eines ausgedehnten Schnellbahnnetzes hat un­

weigerlich zur Folgo, daß die V e rk e h rs m itte l dor S tra ß e n ­ o b e rflä c h e diesem Schnellbahnnetz angepaßt werden müssen.

; Es ist daher unvermeidlich, daß auch die G roße B e rlin o r S tra ß e n b a h n orheblicho Aenderungen in der Linienführung und besonders in der Betriebsweise wird erfahren müssen.

Bekanntlich leben Stadt und Straßenbahn zurzeit auf einem Kriegsfuß miteinander und es schweben Verhandlungen, dio eine friedliche Verständigung herbeiführen sollen. In der Be­

handlung der Großen Borliner Straßenbahn hat die Stadt Berlin bisher eine sehr wenig glückliche Hand gehabt. Auch die Vor­

schläge, dio bisher erörtert wurden: Ankauf der Großen Ber­

liner Straßenbahn durch die Stadt und Eingliederung als städti­

sches Unternehmen, beziehungsweise Ankauf und Wiederver­

pachtung an die Straßenbahngesellschaft, oder aber Vertrags­

verlängerung, wobei eine Tariferhöhung der Straßenbahn vor­

gesehen war, zeugen meines Erachtens nicht von einer groß-

j zügigen Auffassung der Verhältnisse. Als man beispielsweise eine Tariferhöhung in den Bereich dor Diskussion zog, hatte man es bei der Stadt Berlin nicht erkannt, daß die Einführung des Staffeltarifs an Stelle des jetzigen Einheitstarifes eine E r­

höhung des Durchschnittsfahrpreises um mindestens 1 Pf. zur Folge haben würde, daß diese Tariferhöhung für die Große Ber­

liner Straßenbahn allein, ohne die damit zusammenhängenden : Gesellschaften, eine Erhöhung des Nettoüberschusses um 4 Millionen Mark jährlich bedeutet, und daß dieses wiederum gleichbedeutend ist mit einer W ertsteigerung des Unternehmens beziehungsweise m it einer E rh ö h u n g des sp ä te re n K a u f­

p re ise s um 100 M illio n en M ark.

Bei der Berliner Stadtverwaltung übersieht man offenbar, daß, wenn überhaupt die Ueberführung des Unternehmens in

; städtischen Besitz in Frage kommt, der gegenwärtige Zeitpunkt der ist, wo der Erwerb der Straßenbahn zu den vorteilhaftesten Bedingungen möglich ist. Die Straßenbahngosollschaft steht nämlich gegenwärtig vor der Unsicherheit, welche Abgaben sie für die Benutzung der Straßen vom Jahre 1919 bis zum Jahre 1949 seitens der Staatsbehörden auferlegt bekommt, wenn sie sich mit der Stadt nicht gütlich einigt. Dieser Zustand ist vor allen Dingen für die Großbanken unbequem, da sie ge­

wohnt sind, in ihren geschäftlichen Maßnahmen mit kürzeren Fristen zu rechnen. Ist diese Unsicherheit erst beseitigt, so haben die jetzigen Inhaber des Aktienkapitals klare Verhält­

nisse vor sich und sie können wieder über ihre Papiere frei

! disponieren.

Es wäre ferner ein Irrtum , wenn man bei der Berliner Stadtverwaltung annehmen würde, daß die Streitpunkte zwischen

| Stadt und Straßenbahn durch einen gegenwärtig abgeschlossenen Vertrag beseitigt werden können. Neue Streitpunkte werden entstehen, sobald die Entwicklung der Berliner Schnellbahnen eine weitgehende Aenderung in der Betriebsweise der Straßen­

bahn bedingt. Ferner aber stehen die Interessen der einzelnen Gemeinden bezüglich der Straßenbahn zum Teil miteinander in scharfem Gegensatz.

Auch in dieser Angelegenheit scheint es mir richtig, sich nicht mit provisorischem Flickwerk zu begnügen, sondern ganze

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Nr. 46. VI. Jahrgang Wochenschrift dos Architokten-Vereins zu Berlin 253 Arbeit zu machen. Meines Erachtens gibt es nur eine einzige

Lösung, die einen Zusammenschluß der einander entgegon- stehenden Interessen an dem Unternehmen horbeiführen kann, und das wäre A n k a u f der S tra ß e n b a h n d u rch die G e­

s a m th e it der G ro ß b e rlin e r G em einden, nicht durch die Stadt Berlin allein, und auch nicht zu dem Zwecke, um das Unternehmen in die vorhandene Gemeindeorganisation einzu­

gliedern; das würde ich für ganz verfehlt halten. Unsere Gemeindeverwaltung ist nichts weniger als geeignet für der­

artige Geschäfte. Als man vor 100 Jahren die heutige Ge- j meindoverfassung gemacht hat, dachte man noch nicht an w irt­

schaftliche Unternehmungen, wie sie heute von den Gemeinden betrieben werden. Es ist also kein W under, wenn die Gemeinde­

organisation dafür nicht besonders geeignet ist. Anderseits ! haben sich im privaten W ettbewerb bestimmte Geschäftsformen als die zweckmäßigsten herausgebildet. W arum in aller W elt soll man diese zweckmäßigsten Geschäftsformen aufgeben, wenn man nichts weiter beabsichtigt als den Nutzen derartiger sich zu Monopolen auswaehsender Unternehmen der Allgemeinheit zukommen zu lassen?

Mein Vorschlag geht also dahin, die Straßenbahn zu kaufen, aber das S tra ß e n b a h n u n to rn o h m o n als A k tie n ­ g e s e lls c h a ft b este h e n zu lassen oder als Aktiengesellschaft neuzugründon, womöglich unter ihrer heutigen Direktion, die ihre Geschäftstüchtigkeit wahrlich ausreichend bewiesen hat. Die Aktien wären unter die einzelnen Berliner Gemeinden entweder gemäß der Bevölkerungszahl oder gemäß der Steuorkraft zu vorteilen, j Es scheint mir aber durchaus notwendig, daß die Geschäfts­

leitung des Unternehmens unabhängig bleibt von dem W ohl­

wollen des einzelnen Stadtverordneten. Es genügt vollkommen, daß der Geschäftsleitung die notwendigen Direktiven durch : Generalversammlung und Aufsichtsrat gegeben werden, in denen sich ja die widerstreitenden Interessen der einzelnen Gemeinden an dem gemeinsamen Finanzinteresse ausgleichen lassen.

Die Frage der Erweiterungen und Betriebsverstärkungen läßt sich hierbei sehr einfach lösen nach dem Grundsatz, daß jede Gemeinde das bekommt, was sie haben will unter der Voraussetzung, daß sie hierfür eine abgemessene Zinsgarantie übernimmt. *)

Mit der Erörterung der Verkehrsmittel der Straßenober­

fläche ist das Programm der öffentlichen Verkehrsmittel er­

schöpft. Auf das O m n ib u sw o sen , das D ro sc h k e n fu h rw e se n und den S c h iffa h rts v e rk e h r hier weiter einzugehen, scheint nicht erforderlich, da diese Einrichtungen für die städtebauliche Gestaltung Groß-Berlins keinen entscheidenden Einfluß besitzen.

Nunmehr wäre man in der Lage, die A u fsc h lie ß u n g des V o ro rtg e lä n d e s an Hand einzelner Bebauungspläne sach­

gemäß in Angriff zu nehmen. In dieser Hinsicht ist außer­

ordentlich viel Schlechtes noch zu verbessern.

Ein Beispiel dafür, wie diese Dinge angefaßt worden könnten, zeigt der mit dem ersten Preis gekrönte W ett- bowerbsentwurf von Professor M ö h rin g für das S ü d g e ­ län d e von S c h ö n eb erg (Abb. 293). Der Entwurf zeichnet sich, abgesehon von der klaren Straßenführung, dadurch aus, daß er mit dem öden Schema der Mietskaserne vollständig bricht und zwar auf einem Gelände, das bereits heute hoch im Preise steht.

Erreicht ist es dadurch, daß größere Blockeinheiten geschaffen wurden, die ringsherum am Rand entlang den Verkehrsstraßen

*) Inzwischen hat die lierliner Stadtverordneten-Versam m lung am 3 Juli 1911

•einer Verlängerung des V ertrages mit der Großen Berliner Straßenbahn bis zum Jahre 1939 bezw. 1919 zugestimmt.

Wie alle großen Verkehrsvorlagen der letzten Zeit wurde auch diese in größter Eile durch die Stadtverordneten-Versam m lung hindurchgepeitscht, so daß außenstehender sachverständiger K ritik keine Zeit gelassen wurde, sich zu der Vorlage zu äussern.

In seinen vielen Einzelheiten zeugt der V ertrag allerdings von einer scharf­

sinnigen Durchdringung der Materie nach der juristischen formalen Seite und doch bedeutet er, im ganzen genommen, m eines Erachtens eine Niederlage der Stadt. H insichtlich der finanziellen Tragweite dieses V ertrages scheint mir die G eschäftsleitung der Straßenbahn den weiteren B lick bewiesen zu haben.

Geboren wurde der Vertrag aus der lokalen N ot des Augenblicks, nicht aus den oben entwickelten Gesichtspunkten.

Der Stadtverordnete Rosenow bezeiclinete den Tag der Annahme dieses V ertrages als einen „schwarzen Tag IDr unsere Kom munalverwaltung“, offenbar in dem Gefühl, daß damit die U nfähigkeit der Berliner Selbstverwaltung zur selbständigen Leitung solcher Verkehrsunternebmungen ausgesprochen wurde.

Jedenfalls ist durch diesen V ertrag der letzte Zeitpunkt, zu dem die Stadt Berlin die Herrschaft über die Verkehrsm ittel hätte übernehmen können, verpaßt worden. Dem neuen Zweckverband wird diese Übernahme erschwert und er­

heblich verteuert.

Unter den gegebenen Verhältnissen wäre es ans dem Gesichtspunkt des Interesses von Groß-Berlin wohl vorteilhafter gew esen, die R egelung des Ver­

hältnisses zur Straßenbahn dem Zweckverband zu überlassen.

mit hohen Häusern besetzt sind, während das durch Wohnstraßen aufgeteilte Inuero niedere Reihenhäuser enthält, Abb. 294. Daß man so etwas bauen kann, wo nach dom bisherigen Schema Mietskasernen entstehen würden, kennzeichnet wohl am bosten don W ert der im W ettbewerb gegebenen Anregungen.

Wenn nun das in den Wettbewerbsentwürfen gegebene Pro­

gramm für die Behandlung der Vorkehrsfragen in Groß-Beriiu, das ich vorher zu erläutern die Ehre hatto, allgemeine Zustimmung finden sollte, so entsteht die fast noch schwierigere Frage:

W ie is t denn d ieses P ro g ra m m d u reh z u fü h ro n ? Das wichtigste dabei ist der Ausbau des Eisenbahnnetzes.

Dabei besteht die Schwierigkeit, daß die Erweiterungen und Aenderungen des Fernbahnnetzes aus eisenbahntechnischon Rück­

sichten zurzeit gar nicht dringlich sind. Die durchgreifenden Aenderungen sind nötig aus städtebaulichen Gründen. Ferner ist zu beachten, daß der Betrieb der Stadt- und Vorortbahnen für die Staatsbahnverwaltung unrentabel ist. Die Staatsbahn­

verwaltung ist nicht berechtigt, die Berliner Bevölkerung be­

sonders billig zu transportieren auf Kosten der Einwohner der ändern Landesteile, beispielsweise der Eifel.

Die Erweiterungen der Stadt- und Vorortlinien werden viele Hunderte von Millionen Mark kosten, für die keine Ver­

zinsung in Aussicht steht.

Eine wesentliche Erhöhung der Tarife scheint nicht angängig, das würde einen gewaltigenPreissturz in den Bodenworten zur Folge haben. Andererseits haben die Gemeinden bisher eine außerordentlich geringe Neigung gezeigt, Kosten für Aufwen­

dungen zu tragen, die ihres Erachtens der Staatsbahn zur Last fallen.

Wo ist der Ausweg aus solchen Schwierigkeiten?

Vielleicht hilft es auf don Weg, wenn man sich fragt:

W as würde etwa die Deutsche Bank tun, wenn sie Inhaborin des staatlichen Vorortnetzes von Berlin wäre?

Sie würde sich zunächst nicht scheuen, die Tarife in die Höhe zu setzen, was der Staat in dem Maße jedenfalls nicht machen kann. Die Deutsche Bank würde aber ferner passend gelegenes Gelände kaufen, das noch billig [im Preis steht, so viel wie sie bekommen könnte. Sie würde dieses Gelände durch Eisenbahnlinien aufschließen, mit Häusern behauen und aus der W ertsteigerung des Geländes die Anlagekosten der Bahnen abschreiben.

W as privatwirtschaftlich richtig ist, kann öffentlichwirt­

schaftlich nicht deswegen falsch sein, weil es heute an einer geeigneten öffentlich-rechtlichen Organisation dafür fehlt. Man kann nur den Schluß daraus ziehen, das es allerhöchste Zeit ist, diese öffentlich rechtliche Organisation zu schaffen ange­

sichts der Tatsache, daß durch das preußische Staatsbahnnetz der blühende Kranz der Vororte um Berlin geschaffen wurde, daß in die Milliarden gehende Bodenwerte durch das Bahn­

netz entstanden sind, während die Bahn selbst ertraglos go- blieben ist.

Aber noch ein anderos möchte ich hier berühren. Gelegent­

lich eines V ortrags im Verein für Eisenbahnkundo wurde dio Frage aufgeworfen, ob dio Benutzung der Eisenbahnon nicht ebenso unentgeltlich freigegeben werden könnte, wie dio Be­

nutzung der Straßen, ob der Staat seine Kosten nicht auf andere Weise decken solle.

Der Fragesteller hatte allerdings übersehen, daß die Be­

nutzung der Straßen nicht unentgeltlich ist.

Der Fußgänger läßt die eigenen Muskeln arbeiten und ver­

schleißt seine Stiefelsohlen, der Fuhrwerkshalter hat für Pferd und Wagen selber zu sorgen, d. h. dio Benutzer der Straßen zahlen dio Betriebsausgaben selbst.

Ich könnte mir wohl denken, daß man einos Tages auch dio Benutzung der Eisenbahnen nach diesem Gesichtspunkt regelt, namentlich aber die Benutzung der großstädischon Ver­

kehrsmittel.

Das mag zunächst etwas phantastisch erscheinen, abor da muß ich auf die Tatsache Hinweisen, daß dieser Zustand in Berlin heute bereits existiert bei der Stadt- und Ringbahn und den meisten Vorortlinien.

Die Benutzer zahlen etwa die Betriebsausgaben, allerdings sind in diesem Falle die Anlagekosten nicht wie bei den Straßen bereits aus ändern öffentlichen Mitteln abgeschrieben, sondern sie erfordern noch Zinsen, die anderweitig gedeckt werden müssen.

W ie beseitigt man diese Schuldenlast der Anlagekosten?

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254 Wochenschrift des Architekten-Vereins zu Berlin Sonnabend, 18. November 1911 Ich könnte mir denken, daß dio im Zweckverband ver­

einigten Gemeinden und die verschiedenen interessierten Staats­

verwaltungen, Forstfiskus, Eisenbahnfiskus usw. zusammen­

treten und eine

B o d en b an k G ro ß -B e rlin

gründeten in der Form einer Aktiengesellschaft aber mit öffent­

lichem Kapital.

Die Aufgabe dieser Bodenbank wäre nach dem Vorbild von Ulm, Freiburg und ändern Städten Ankauf und Aufschlie­

ßung von Baugelände in dem Umfange, daß eine Regulierung der Bodonpreise erreicht wird mit dem Zweck, die Kosten der Freiflächen und der Verkehrsanlagen aus den W ertsteigerungen abzuschreiben.

W ir würden damit in der Bodenbesitzvorteilung zurückkehren zu den Anfängen unserer germanischen Kultur. Damals war ein erheblicher Teil der Bodeniläche Besitz dor Allgemeinheit.

Ich glaube deshalb, der Zweckverband wird zu den bisherigen Aufgaben:

R e g e lu n g d er V e rk e h rs v o rh ä ltn is s e , M itw irk u n g bei den B e b a u u n g sp lä n e n , E rw erb und S ic h e ru n g d er F re iflä c h e n , noch eine hinzunehmen müssen, nämlich:

A n k au f und V e rk a u f von W o h n g e lä n d e ,

um befähigt zu werden, das gesamte Wohnungswesen von Groß- Berlin in gesundere Verhältnisse zu bringen.

Sehr große Aufgaben harren dos künftigen Verbandos Groß-Berlin.

Deshalb möchte ich schließen mit den W orten, mit denen Professor Goecke bei der Eröffnung der Städtebauausstellung das Motto der preisgekrönten W ettbewerbsentwürfe zusammen­

faßte:

In den Grenzen der Möglichkeit Denk an künftig;

Und Friede werde um die Erde, Denn wo ein Wille, da ein Weg.

Neuartige Anwendung einer alten Technik bei Kunstschmiedearbeiten

Vorführung des A u s sc h u sse s für T ech n isch e N eu h eiten im A r c h ite k te n -V e r e in zu B erlin, m itgoteilt vom Geheim en B a u r a t Friedrich Scliultze

Herr Kunstschmiedemeister S chram m hat uns hier eine Iteiho von Arbeiten zur Verfügung gestellt, die eine sehr be­

achtenswerte Fortbildung der bekannten, mittelalterlichen Sehmiedotechnik darstellen. Es handelt sich um eine Fortbildung der alten Technik mittelalterlicher Schmiedekunst. Das Eisen wird zu einem Band ausgeschmiedet, von dom dann Teile ab­

gespaltet werden, wie es dio beabsichtigte Kunstform verlangt.

Diese Abspaltungen werden dann in verschiedenster Weise weiter ausgobildet. Geschweißt ist für gewöhnlich nichts daran. Herr Schramm hat auf diese Weise eine ganze Reihe sehr schöner, eigen­

artiger Ranken mitBlumen geschmiedet. Hier ist z.B. ein chrysan- themonartiges Gebilde, hier eine A rt Rose mit ausgeschmiedeten Blättern. Das Eigenartige der Schrammschen Arbeitsweise be­

steht darin, daß er das Band, nachdem die abgespaltenen Teilo entsprechend behandelt sind, aufrollt. Bei den einfachsten Stücken sind die abg'espaltenen Teile gar nicht weiter behandelt, sondern höchstens in der Ebene des Bandes oder senkrecht dazu etwas herausgedreht oder spiralig gebogen. Durch das Aufrollen des Bandes entsteht dann diese Chrysanthemumblüte.

Durch Ausschmieden der abgespaltenen Teile zu Blättern, Blütenfäden und Stengeln erhält man nach Aufrollen des Bandes Knospen und aufgeblühto Blumen. Wenn man ihre Rückseite, betrachtet, dann sieht man, in welch verblüffend einfacherW eise sich derartige Gebilde nach der Schrammschen Technik her- stellon lassen. Früher machte man es so, daß man die ganzo Rose naturalistisch fertig schmiedete und schweißte. Bei dieser

Technik konnte aber etwa eingedrungones W asser nicht durch­

laufen, so daß die kostbare, geschmiedete und geschweißte Blume bald durch Rost zerstört wurde. Das ist bei den Schramm­

schen Blumen nicht möglich. Das W asser läuft durch die Spiral Windungen hindurch. Die Technik ist also höchst einfach.

Es ist wohl das beste, wenn ich die Stücke hier herum­

gebe. Hier ein Stück, bei dem die abgespaltenen Teile aus­

geschmiedet, teilweise spiralförmig gedroht sind. In der Durch­

sicht gegen das Licht gehalten wirken die Blumen ungemoin reizvoll, filigranartig. Hier ist ein kleines Blümchen geschmiedet.

Es ist in derselben Weise zu einer Spirale gedreht und an seinem Ende pistillartig ausgeschmiedet. Früher hätte man die kleine Blume besonders geschmiedet und dann an die Ranke angeschweißt. Hier ist dann noch ein kleiner Briefbeschwerer, bei dem das Pistill schraubenzieherartig ausgeschmiedet ist.

Das wären wohl die Haupttypen.

Dann ist hier noch ein kleines Petschaft aus Schmiedeeisen, das wohl mehr als ein mühsames Kunststück, als ein Kunst­

werk zu bezeichnen ist. Es ist wunderhübsch gezeichnet. Die Hauptsache dabei ist aber, daß es aus einem massiven Stück Schmiedeeisen hergestellt ist und daß die den Griff bildende Kugel hohl mit filigranartig durchbrochener Fläche gearbeitet ist, eine furchtbar mühsame und sorgfältige Arbeit, dio am besten beweist, m it welcher Liebe und Ausdauer Meister Schramm bei seinen Arboiten vorgeht.

Abb. 290-298

Fttr die Schriftleitung verantwortlich: Baurat M. G u t h in Berlin W. 57, Btllowstr. 36

0»rl Heymanna Verlag in Berlin W. 8, Mauerstr. 43/44. — Gedruckt von Julius Sittenfeld, Hofbuchdrucker., Berlin W. 8 Mauerstr. 43/44 Nr. 46

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Hierzu kommt, daß der Baubeamte seine Borufsbezeichnung, dio er auch nach der etatsmäßigen Anstellung weiterfuhrt, nicht etwa nur m it nichtbeamteten Fachgenossen,

Deshalb bin ich der Meinung, daß, wenn, wie ich mir nachher auseinanderzusetzen erlauben werde, den stark aufgeblühten einzelnen Landgemeinden in dem Zweckverband

A bb.. £<2 Wochenschrift des Architekten-Verehis zu Berlin Sonnabend, 11. ländliche K unst saniert -werden soll noch bevor die städtischen dann aber diese

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