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Namen- und Aussagenlogik im Traktat "De syllogismo hypothetico libri duo" von Boethius

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M aksymilian M ajewski (Polen)

N A M EN - U N D A U SSA G E N L O G IK IM TR A K T A T

D E S Y L L O G IS M O H Y P O T H E T IC O L IB R I DUO VON BO ETH IU S

I. E IN L E IT U N G , A U F S T E L L U N G D E S P R O B L E M S

Anhand der logischen Forschungen der Professoren Jan Lukasiewicz (1878— 1956)1 und Heinrich Scholz (1884—1957)2 ist es bekannt, daß die Griechen bereits zu Beginn der Entwicklung der form alen Logik zwei logische Theorien, die Aristotelische und die stoische, besassen. Die erstere war eine Namenlogik, die letztere hingegen eine Aussagenlogik, Dialektik.

Es wird in dieser A bhandlung bewußt keine Rücksicht genommen auf die diesbezüglichen Werke von Carl P ra n tl3, Victor B rochard4 und Edm und Zeller5, denn sie sind in historischer Hinsicht nahezu wertlos für dieses Thema. D a die genannten A utoren keinen Unterschied zwischen der A risto­ telischen Logik als einer Namenlogik und der stoischen Dialektik als einer Aussagenlogik sehen, konnten sie die letztere geradezu nicht begreifen, wodurch ihre Spekulationen nur von geringer wissenschaftlicher Bedeutung

1 J. L ukasiew icz, „O logice sto ik ó w ”, P rzegląd F ilozoficzny, 30, Ja h rg a n g (1927), H eft IV, 278. J. L ukasiew icz, E lem enty lo giki m atem a tyczn ej, a u to risie rte s S k rip t, hrsg. v. V erlag sau s­ sch u ß d. M ath .-P h y s. S tu d en ten zirk els d er W arsc h a u er U n iv e rsitä t (1929), 21 ff. J. L ukasiew icz, „P h ilo so p h isch e B em erkungen zu m ehrw ertigen S ystem en des A u ssag en k alk ü ls” , C om ptes rendus des séances de la Société des Sciences et des- L e ttre s de Varsovie, X X III 1930, C lasse III, 7 5 —77. J. L ukasiew icz, „Z n aczen ie analizy logicznej dla p o z n a n ia ” . P rzegląd F ilozoficzny, 37. Ja h rg a n g (1934), H eft IV, 369 ff.

2 H. Scholz, Geschichte der L o g ik, Berlin 1931, 2 2 —24.

3 C. P ra n tl, Geschichte der L o g ik im Abendlande I, L eipzig 1855, 401 — 496, passim . 4 V. B ro c h ard , E tudes de philosophie ancienne et de philosophie m oderne, P a ris 1926, 221 — 239, passim .

5 E. Z eller, Die Philosophie der Griechen, III. Teil, I. A b teilu n g , L eipzig 1923, 6 5 — 118, passim .

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60 M aksym ilia n M a jew ski

sind6. U nter Berücksichtigung der Differenzierung der formalen Logik bei den antiken Griechen kann m an nachweisen, daß im T rak tat De syllogismo

hypothetico libri duo von Boethius (480-525) Elemente der Aristotelischen und

der stoischen Logik7 aufkommen, daß diese Elemente m iteinander vermischt sind und, als Folgerung daraus, daß der stoische Syllogismus durch einige Bestandteile der Aristotelischen Logik verzerrt ist8.

Eine gebührende Behandlung dieses Problems in der logischen Literatur bleibt noch aus. Das festgesetzte Them a bedarf einer K lärung derjenigen Fragen aus dem T raktat von Boethius, die gewissermaßen Projektionen der entsprechenden Elemente der zwei genannten antiken logischen Theorien sind. Es sind dies: die logische Zweiwertigkeit, die logischen (Aristotelischen) Namen- und (stoischen) Aussagenvariablen, der Aristotelische und stoische Begriff der formalen Im plikation, der hypothetische Syllogismus und der Begriff der Disjunktion.

II. L O G IS C H E Z W E IW E R T IG K E IT

Die zweiwertige Logik gebraucht den Begriff der W ahrheit bzw. Falschheit. Boethius analysierte die Zweiwertigkeit der Logik in dem W erk In libro de

interpretatione[ . ..] de futuris contingentibus und kam zu dem Schluß, daß

man über die W ahrhaftigkeit bzw. Falschheit nur im Falle von Sätzen, die vergangene oder gegenwärtige Situationen betreffen, entschieden urteilen könne; im Falle von Sätzen, die zukünftige und nicht unbedingt nötige Situationen betreffen, sei eine solche Gewißheit hingegen nicht m öglich9. 6 L u k a s ie wicz, „P h ilo so p h isch e B e m e rk u n g e n ,..” : „S o verdienstvoll au ch d as W erk P r a n tl’s als eine S am m lu n g von Q uellen u n d M a terialien ist, vom logischen S ta n d p u n k t h a t es k a u m einen W ert. Z u r B eleuchtung dieser B e h au p tu n g m ag n u r eines ein g efü h rt w erden. S ow ohl P ra n tl, als au ch alle sp ä tere n A u to re n , die ü b er die L ogik der S to a geschrieben h ab en , wie Z eller oder B ro c h ard , h a b en diese L ogik gänzlich m iß v erstan d en . F ü r einen jed e n K e n n er d e r m ath em atisc h en L ogik ist o h n e w eiteres k lar, d a ß die stoische D ialek tik die a n tik e F o rm des m o d ern e n A u ssa g en k alk ü ls ist [ ...] D ie stoische D ialek tik ist keine F o rtb ild u n g o d e r E rg än zu n g d er A risto telisch en L ogik, so n d e rn eine L eistung, die der A risto telisch en e b en b ü rtig an die Seite tritt [ ...] D ie G eschichte d e r L o gik m u ß neu geschrieben w erden, und zw ar von einem H isto rik e r, der die m o d ern e m ath em atisch e Logik gründlich b e h e rrsc h t.”

7 B oetii D e syllogism o hypothetico libri duo, M ignę, Patrologia Latina, Vol. 64, Parisiis 1847, 831 — 876, passim . B o e th iu s’ A u to rsc h a ft des T ra k ta te s D e syllogism o hypothetico w ird n ich t in F rag e g e ste llt: F. Ü berw eg-G eyer, Grundriß der Geschichte der Philosophie, II, B erlin 1928, 135 ff.; Scholz, op. cit.

8 In dieser Schrift u n fa ß t die B ezeichnung „S yllogism us” den Syllogism us im A risto telisch en u n d stoischen Sinne. J. S alam ucha, Z estaw ienie scholastycznych narzędzi lo­ gicznych z narzęd zia m i logistycznym i, in : M y ś l k a to lic k a wobec lo g iki współczesnej, S tu d ia G n esn en sia X V , P o z n a ń 1937, 17; J. Ł ukasiew icz, „Z h isto rii logiki z d a ń ,” P rzegląd F ilozoficzny, 37. Ja h rg a n g (1934), H eft IV, 421.

9 B oetii in librum A ristotelis de interpretatione libri se.x, ed itio secu n d a seu m aio ra c o m m e n ta ria , L ib er tertiu s, M ignę, Patrologia L atina, Vol. 64, P arisiis 1847, 518, C. „In [ ...] p ra ese n tib u s et p ra eteritis definite u n a vera et a lte ra falsa. In [...] fu tu ris et c o n tin g e n ­ tib u s v eritas et falsitas p ro p o sitio n u m nulla d efin itio n e c o n strin g itu r.”

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D arin folgt Boethius dem Beispiel von A ristoteles10, dessen Logik, trotz gewisser Möglichkeiten der D eutung von Sätzen in futuro contingentium mit Hilfe des sog. dritten logischen Wertes, d.h. der W ahrscheinlichkeit, im Grunde genommen eine zweiwertige Logik ist, die den Begriff der W ahrheit bzw. Falschheit gebraucht11. D a Boethius in seinem T rak tat nahezu ausschließlich de praesentibus spricht, verwendet er auch konsequent nur eine zweiwertige Logik, und zwar nach dem von ihm angenommenen G rundsatz: Omni veritati falsitas opponitur, omni etiam falsitati v eritas12.

Die stoische Aussagenlogik war ebenfalls zweiwertig. Sie stützte sich auf den G rundsatz, daß jede Aussage nur einen von den zwei logischen W erten, W ahrheit bzw. Falschheit, annehmen könne. Die Stoiker hielten sich an diesen G rundsatz, da sie sich bewußt der M einung widersetzten, es gebe Sätze, die weder wahr noch falsch seien, d.h. Sätze, die zufällige künftige Ereignisse betreffen. Diesen Sätzen entspreche der dritte logische Wert, die W ahrscheinlichkeit. Jene vorwiegend in der epikureischen Schule verbreitete M einung schrieben die Stoiker auch Aristoteles z u 13.

III. L O G IS C H E N A M E N - U N D A U S S A G E N V A R IA B L E N

In seiner Analyse des Inhalts des hypothetischen Syllogismus sagt Boethius, er bestehe aus drei Termini und die beiden Prämissen hätten einen von ihnen gem einsam 14. Diese Termini werden repräsentiert von den Buchstaben

a, b, c und d, die als logische Variablen auftreten.

Es erhebt, sich die Frage, ob diese Buchstaben durch Nam en von Sachen oder durch logische Sätze zu ersetzen s in d 15. Dies beantw ortet Boethius selbst. In denjenigen Syllogismen, in denen er die Substitution verwendet, ersetzt er ausnahm slos alle Buchstabenvariablen durch allgemeine N am en von Sachen. Er tu t dies, um die inhaltliche W ahrhaftigkeit der konstruierten syllogistischen Form eln zu veranschaulichen16. Substituiert werden N am en wie:

10 A risto telis liber de in te r p r e ta tio n , in : A risto te lis opera om nia graece et latine, Vol. I, P arisiis 1848, C a p X , „D e o p p o sitio n ib u s in fu tu ris c o n tin g e n tib u s” (13), 30: „ [ ...] m an ifestu m est q u o d n o n est n ecessarium , o m n is a ffirm ationis a u t n eg atio n is o p p o s ita ru m alte ra m veram alteram falsam esse. N o n enim , q u a e m a d m o d u m in iis, q u a e su n t sic e tia m se h a b e t in iis, q u ae n o n s u n t, a u t esse p o ss u n t, a u t n o n esse.”

11 J. L ukasiew icz, „C o d a la filozofii w spółczesna lo g ik a m a te m a ty c z n a ? ” P rzeg lą d Filo­ zoficzny, 39. J a h rg a n g (1936), H elft IV. 326.

12 B o etii in librum A ristotelis de interpretatione libri duo. E d itio p rim a seu m in o ra co m m e n ta ria , M ignę, P atrologia L atina, Vol. 64, P arisiis 1847, 317, D.

13 L ukasiew icz, „O logice sto ik ó w ” , 278—279. J. L ukasiew icz, D ie logischen Grundlagen der W ahrscheinlichkeitsrechnung, K ra k ó w 1913, 75, passim .

14 B oetii D e syllogism o h y p o th e tic o ..., 839, A /B .

15 L ukasiew icz, Die logischen G ru n d la g en ..., 56: „(A risto teles) w ollte A ussagen [ ...] so c h ara k te risiere n [ ...] A ussagen g e rad e solche S ätze sin d , die [ ...] etw as b e h a u p te n , d. h. feststellen, d aß etw as ist o d er nich t ist. d a ß es so o d e r n ich t so ist.”

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hom o, nigrum, album, corpus, anim atum , lapis, lignum, sensibile, rationale, medicus, aeger, artifex, anus u .ä .17 Die angeführten Termini sind allgemeine Nam en von Sachen bzw. Sachzuständen. Der hypothetische Syllogismus von Boethius enthält also nur N am en variablen; er gehört zur Namenlogik. Nichts ändert daran der U m stand, daß Boethius in seinem T raktat von Aussagen spricht und sogar Pseudo-Aussagenfunktionen gebraucht, und zwar „est a ”, „est b”, est c" u .ä .; wesentlich ist, daß den A usgangspunkt seines hypothetischen Syllogismus die Nam envariablen a, b, c und d darstellen.

Im Aristotelischen Syllogismus gibt es auch drei Termini, ausgedrückt m it drei Großbuchstaben. Nötigenfalls ersetzt Aristoteles diese Buchstaben durch allgemeine N am en von Sachen18. Substitution m it Hilfe von leeren Einheits- und ganz allgemeinen Nam en ist nicht g estattet19. Theoretisch pflegten Aristoteles und Boethius die Nam enlogik, tatsächlich jedoch griffen beide m anchm al auf das Gebiet der Aussagenlogik über, wie z.B. bei der vollständigen C harakteristik des Implikationszusam m enhangs der Sätze. Es spricht dies für die Richtigkeit der M einung von Geschichtsschreibern der Logik, m an könne die Nam enlogik weder pflegen noch konstruieren ohne frühere Berücksichtigung der Aussagenlogik20.

Es erhebt sich nun die Frage, ob die in dem hypothetischen Syllogismus von Boethius als Nam envariablen auftretenden Buchstaben auch als Aussagen­ variablen fungieren könnten. In der Form el des Gedankengangs:

Si est a, est b a — b

et si est b, est c b — c

si est a, est c. a — c

seien ersetzt:

a durch: hom o est animal rationale, b durch: animal rationale est sensibile, c durch: sensibile est vitale,

und daraus folgt der Satz:

Si est (homo est animal rationale), est (animal rationale est sensibile) et si est (animal rationale est sensibile), est (sensibile est vitale), si est (homo est animal rationale), est (sensibile est vitale).

17 E b en d a, 845, B f.; 356, B ; 874; B. T. C zeżow ski, K la syczn a n auka o sądzie i wniosku w św ietle lo g ik i współczesnej, W ilno 1927, 30.

18 A risto telis A nalyticorum p riorum , in ; A ristotelis opera o m nia graece e t latine, Vol. I, P a risiis 1848, L. I, C. IV (2) (3); c. X X IV , 20; L. I, c. X X V (1); „ [ ...] term in i tres [...] fu erin t

19 L ukasiew icz, E lem enty lo g ik i...-, T. K o ta rb iń s k i, E lem en ty teorii poznania, lo g iki fo rm a ln e j i m etodologii nauk, L w ów 1929, 210.

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W ir haben also einen weitschweifigen und stilistisch stüm perhaften K o n ­ ditionalsatz, den m an (nach einem logischen und stilistischen Schliff) zu einer sinnvollen und glatten Aussage machen kann durch Hinzufügen des am Anfang formell gebührenden „si”, durch Aufhebung der sechsmal aufkom ­ menden Vokabel „est” und durch Beseitigung aller Einschaltungszeichen (...). Die ausgefeilte Form des erörterten K onditionalsatzes ist wie folgt:

„Si” si hom o est animal rationale, animal rationale est sensibile et si animal rationale est sensibile, sensibile est vitale,

si hom o est animal rationale, sensibile est vitale.

Formell scheint dieser Satz ein peripatetischer Implikationssyllogismus innerhalb der Figur IV zu sein, jedoch ein solcher syllogistischer M odus ist in der Figur IV nicht vorhanden, und zwar wegen der K onklusion:

a — c. M an m uß also dem Beispiel von Bursius folgen und diesen Syllogismus

der stoischen Logik zurechnen, obwohl er die G estalt einer Folgerungsregel nicht hat; er drückt nämlich das Transitionsprinzip aus:

C K C p q C q r C p r .

Möglich ist darüber hinaus eine zweite Weise des G ebrauchs der im T rak tat enthaltenen Nam envariablen als Aussagenvariablen. Es sei die Pseudo- -Aussagenfunktion (Quasi-Aussagenfunktion) „est a" ersetzt durch den Passus „verum est d \ „est ¿ ’’/„verum est b” und „est c”/„verum est c”21. Es seien a, b, und c Symbole von Sätzen: a von: hom o est animal rationale,

b von: animal rationale est sensibile, c von: sensibile est vitale. Aus diesem

Verfahren folgt ein K onditionalsatz:

„Si” si verum est hominem esse animal rationale, verum est animal rationale esse sensibile et si verum est animal rationale esse sensibile,

verum est sensibile esse vitale,

si verum est hom inem esse animal rationale, verum est sensibile esse vitale.

Auch dieses weitschweifige Implikationssatzgefüge scheint ein peripate­ tischer Syllogismus zu sein, wegen der K onklusion (a — c) ist es das aber nicht. M an muß es der stoischen Logik zurechnen. Nach Auslassung aller interpolierten „verum est” und Ersetzung der N am envariablen a, b und

c durch die Aussagenvariablen p, q und r ergibt sich ein implikativ-

-konjunktiver stoischer Syllogismus in der Form einer logischen These:

C K C p q C q r C p r22.

Der erörterte hypothetische Syllogismus des Boethius läßt sich formell 21 S alam u ch a, Z estaw ienie scholastycznych n a rz ęd z i...

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64 M a ksym ilia n M ajew ski

bezeichnen als ein Gebilde aus dem Grenzgebiet der Namen- und der Aussagenlogik, jedoch unter H ervorhebung der Einwirkung der N am enlogik23. D erartige syllogistische Strukturen konnten nur infolge der Vermischung der Aussagenlogik m it der Namenlogik entstehen.

Neben der Symbolik der Kleinbuchstaben des lateinischen Alphabets gebraucht Boethius die Ordinalzahlen „prim um ” und „secundum ” als logische Variablen. Die Buchstabensym bolik ist eine Projektion der syllogistischen Symbolik des Aristoteles und in der Zahlwortsym bolik wird hingegen die stoische Dialektik projiziert, denn „stoici porro num eros usurpant, ut ‘si’ prim um , secundum ; atqui prim um ; secundum igitur” . Indem Boethius die Zahlwortsym bolik von den Stoikern übernimmt, verzerrt er sie auch durch das Hinzufügen der logischen K onstante „est”. Dies weisen die Texte von Boethius nach: „Si est prim um, secundum esse necesse est; si secundum non fuerit, non erit prim um ”24. Sind „prim um ” und „secundum ” Nam en­ oder Aussagenvariablen? In der stoischen Dialektik waren sie Aussagenva­ riablen. Boethius betrachtet sie als Nam envariablen, indem er z.B. „prim um ” durch „hom o” und „secundum ” durch „anim al” ersetzt. Die „est prim um ” und „est secundum ” von Boethius m uß man also für Pseudo-Aussagenfunk- tionen halten, ähnlicherweise wie im Falle der früher erörterten Pseudo- -Funktionen „est a” und „est b” ; auch diese zeugen von einer Verzerrung der stoischen Aussagenlogik durch Interpolation mit Hilfe von Elementen der Aristotelischen Namenlogik.

In einem 1938 während des IV. Internationalen Kongresses für die Einheit der Wissenschaft zu Cam bridge gehaltenen V ortrag über die Aussagen­ logik im M ittelalter25, geschrieben unter dem Einfluß der Abhandlung „Aus der Geschichte der Aussagenlogik”26 von Lukasiewicz und des Buches

Geschichte der L ogik27 von H. Scholz, befaßt sich der Zürcher Professor

K arl D ürr (1888-1970) mit der Theorie des hypothetischen Syllogismus des Boethius vom Standpunkt der zeitgenössischen formalen Logik aus und kom m t zu einem bedenklichen Schluß. D ürr behauptet, es gebe in der Logik des Boethius Variablen, die m an für Aussagenvariablen halten müsse. Es seien dies „a est”, „b est”, „c est” und „d est” . Jeder Passus im ganzen (nicht nur die Buchstaben a, b, c und d) sei als eine Aussagenvariable zu betrachten28.

23 T. C zezow ski, Teoria klas, L w ow 1918, 32, A nm . 1: „ Z u sam m en h ä n g e von U rteilen [ ...] von K la sse n ” .

24 Boetii D e syllogism o h y p o th e tic o . . . , 836, C.

25 K . D ü rr, „A u ssagenlogik im M itte la lte r” , E rkenntnis V II, B. 1937/38, 160— 168, passim . 26 L ukasiew icz, „ Z h isto rii l o g ik i ...,” 4 1 7 —437, passim . J. L ukasiew icz, „ Z u r G eschichte d e r A u ssag en lo g ik ,” E rken n tn is V, B. (1935— 1936), 111— 131, passim .

27 Scholz, op. cit., passim .

28 D ü rr, A u ss a g e n lo g ik ..., 161: „ In der L o gik des B oethius finden sich V ariab len , die als A u ssag en v ariab len zu bezeichnen sin d ; es sind dies folgende vier A u s d rü ck e : » a est«, » b est« , » c est« , » d e st« . Es sei h e rv o rg e h o b e n , d a ß die zu sam m en g esetzten Zeichen » a est« , » b e st« usw . u n d nich t die einzelnen B u ch stab en a, b usw . als A ussag en v ariab len an zu seh en sin d .”

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D ürrs M einung nimmt keine Rücksicht a u f den Text von Boethius. Nirgends betrachtet jener Logiker die Redewendungen „a est” und „b est” im ganzen als Aussagenvariablen. Im Gegenteil: Er hält die in ihnen vorhandenen Buchstaben a, b und c für Nam en variablen und das Bindeglied „est” (bzw. dessen gram m atische A barten) für eine logische K onstante. Nirgends ersetzt Boethius die Redewendungen „a est” und „b est” im ganzen durch einfache atom are noch durch logisch zusammengesetzte Sätze; die Buchstaben a, b und c ersetzt er nur durch Nam en von Sachen bzw. Sachsituationen, wobei er die logische K onstante „est” unverändert läßt. Die Redewendungen „a est” und „b est” sind keine Aussagenvariablen, sondern Pseudo-Aussagenfunktionen, in denen Nam envariablen sowie die zur Namenlogik gehörende logische K onstante „est” auftreten29. Die Pseudo- -Aussagenfunktionen sind nicht Aussagenvariablen im ganzen, da sich aus ihnen, infolge der Ersetzung der in ihnen auftretenden Nam envariablen durch Namen, einfache Sätze ergeben.

Neben den Redewendungen „a est” und „b est” findet m an noch in dem T raktat von Boethius die gleichwertigen Redewendungen „est prim um " und „est secundum ”. die er gleichfalls nirgends im ganzen durch Sätze ersetzt, indem er sich a u f Ersetzung der Nam envariablen durch die entsprechenden N am en von Sachen beschränkt. Man d a rf also annehmen, daß in der Theorie des hypothetischen Syllogismus des Boethius weder Aussagenvariablen noch Substitutionsverfahren mit logischen Sätzen vorhanden sind; enthalten sind darin hingegen Elemente der stoischen Aussagenlogik, und zwar mit Elementen der Aristotelischen Nam enlogik vermischt, wessen Folge die Entstehung der Pseudo-Aussagenfunktion ist.

Die Logik des Boethius hält D ürr für Aussagenlogik auch in seinem späteren Werk Die Aussagenlogik des Boethiusi0. Dieses Werk ist eine Erweiterung des Inhalts der Aussagenlogik im Mittelalter. Eine ähnliche Stellung nahm dazu Bocheński, indem er in der Formalen Logik schrieb: „[...] ist offenbar die Form ulierung einer Einsetzungsregel für Aussagenva- riablen” 31: er wiederholt diese M einung in der Antiken formalen L ogik32 und in der Geschichte der formalen L ogik3 i. K otarbiński verhielt sich hingegen in seinen Vorlesungen über die Geschichte der Logik zurückhaltend gegenüber der M einung von D ürr und Bocheński über den C h a ra k te r der logischen Variablen in dem hypothetischen Syllogismus des Boethius. Er schrieb: „Die Idee [...] des (reinen hypothetischen) Syllogismus (im ganzem;

29 K o ta rb iń s k i, E le m e n ty ..., 158.

30 K. D iirr, The P ropositional L ogic o f Boethius, A m sterd am 1951, 22 ff.

31 J. M . B ocheński, Formale L o g ik, M ü n c h en 1956. 157: „ [ ...] je s t w yraźne fo rm u ło w an ie pew nej reguły p o d sta w ian ia n a m iejsce zm iennych z d an io w y c h ” .

32 J. M. B ocheński, A ncient Form al Logic, A m ste rd am 1957, 106: “ But th ere is B o e th iu s’ logic an im p o rta n t in n o v atio n w hich obliges us to ta k e th em fo r p ro p o sitio n a l v a ria b le s: he co n sta n tly su b stitu tes p ro p o sitio n a l fu n c tio n s for v ariab les."

33 J. M . B ocheński. A H istory o f Form at Logic, N ew Y o rk 1970. 137, 24.08: “ H e is evidently aim in g a t the fo rm u la tio n o f a rule o f su b s titu tio n fo r p ro p o sitio n a l v a ria b le s.”

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66 M a ksym ilia n M ajew ski

mit Aussagenvariablen) lasse sich erst bei Boethius mit guten Gründen verm uten” 34. Diese äußerst strittige M einung wiederholte er in der fran­ zösischen Fassung seines W erkes35. Nach der Geschichte der Logik von W. und M. Kneale sei der hypothetische Syllogismus des Boethius unter dem Einfluß der peripatetischen Logik (Namenlogik) und der stoischen Dialektik (Aussagenlogik) entstanden36. U nter jenen U m ständen sei die stoische Aussagenlogik verzerrt worden durch fremdartige Elemente der Aristotelischen Aussagenlogik. Boethius war sich des Unterschieds zwischen diesen Systemen der antiken Logik nicht bewußt.

IV. B E G R I F F D E R IM P L IK A T IO N

Die Aussagenim plikation bei Boethius hängt m it dem Begriff des Bedinguns- satzes zusammen, den m an auch als hypothetischen bzw. Konditionalsatz bezeichnet. Ein Implikationsbedingungssatz kann in zwei Weisen entstehen: durch zafallige Zusammensetzung der Glieder bzw. durch nichtzufallige, absichtliche Zusammensetzung der Glieder, die a u f einer ontischen Abhän­ gigkeit beruht, auf einem Kausalzusam m enhang zwischen denjenigen Sachen, auf die sich die Glieder-Sätze beziehen. Als Beispiel des ersten Falls dient der Satz: Wenn das Feuer wärmt, so ist der Himmel (das Firmament) kuppelförming; den zweiten Fall veranschaulicht hingegen der S a tz : Wenn etwas ein Mensch ist, so ist es ein Tier. Die Glieder dieser Im plikation dürfen nicht umgestellt werden. Ihre Folge beruht auf einem natürlichen Zusamm en­ hang derjenigen Realien, au f die sich diese Glieder-Sätze beziehen, nicht aber a u f einer beliebigen Aufstellung der Sätze. Jedoch in manchen Fällen kann eine Im plikation auftreten, und zwar sowohl wegen des natürlichen Zusammenhangs derjenigen Realien, a u f die sich das (Implikations-)Bedin- gungssatzgefüge bezieht, als auch ohne Rücksicht auf die Reihenfolge der einzelnen Sätze, aus denen es besteht. Dies kann das folgende Bedingungs­ satzgefüge veranschaulichen: Wenn es N acht ist, so fehlt die Sonne über dem H orizont, und um gekehrt: Wenn die Sonne über dem H orizont fehlt, so ist es Nacht. N ur diese zwei Abarten der Im plikation sind sicher und nützlich bei der Beweisführung37.

34 T. K o ta rb iń sk i, W ykła d y z dziejów logiki, Ł ó d ź 1957, 52.

35 T. K o ta rb iń s k i, L eçons sur l ’histoire de la logique, W arszaw a 1965, 69: „M ais ce n ’est p as là n o n le syllogism e h y p o th étiq u e p u r d a n s to u te sa généralité, avec des variables p ro p o sitio n n elles. O n n ’a sans d o u te le d ro it d e su p p o ser la p résence assez n e tte d ’u n pareil syllogism e q u e chez B oèce [ .. .] ” .

36 W. and M. K n eale, The D evelopm ent o f Logic, e d itio septim a, O x fo rd 1978, 191: “ B u t since the th eo ry is derived fro m a P e rip atetic source, it seem s m o re likely th at th e letters are to be ta k e n as re p resen tativ es o f co m m o n n o u n s, such as h o m o an d anim al, a n d th a t est m eans eith e r » i t is« o r » th e re is« . T here are som e clear traces o f Stoic influence at th e beg in n in g o f the D e Syllogism o H ypothetico in the d iscussion o f argum ents w hich are n o t to tally h y p o th etical [ .. .] ” .

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Aus jedem Bedingungssatzgefüge, aus jedem hypothetischen Satz sondert Boethius zwei einfache, nichtzusammengesetzte Sätze aus. Den ersten bezeichnet er als Vordersatz, den zweiten hingegen als N achsatz38. D er Vorder- und der N achsatz seien Glieder einer Im plikation. Weiter fragt er, was das logische Folgen eigentlich i s t .] quae sit propositionum consequentia, considerem us”. Bei seiner Erörterung des Implikationsfolgens gebraucht Boethius drei Ausdrucksweisen: 1° durch Beispiele, in denen die Buchstaben a und b als logische Variablen auftreten; 2° durch Bedingungssätze, und 3° durch Beispiele, in denen die Ordnungszahlen „prim um ” und „secundum ” als logische Variablen auftreten. M anchm al werden die drei Ausdrucksweisen miteinander durchgeflochten, woraus eine eigenartige symbolisch-lexikalische M ischung entsteht. So findet m an zu Beginn einer langen A usführung über die Im plikation Beispiele m it Buchstabenvariablen, w orauf Satzbeispiele folgen, und weiter gibt es Beispiele m it Zahlenvariablen; zuletzt kommen Beispiele mit Buchstaben- und Zahlenvariablen, m it Bedingungssätzen, und schließlich mit Zahlenvariablen.

Es folgt eine kurzgefaßte W iedergabe der Erwägungen des Boethius über die Im plikation nach der ersten Ausdrucksweise (mit Buchstaben):

a) „ ... si est a . . . , b esse necesse s i t ...” Cpq CI 1 b) „ . . . si b non fuerit, ... a non esse necesse est”. CNqNp. C00

c) „Si non fuerit a, ... b esse necesse erit.” CNpq. C01

Gegeben sind also drei Möglichkeiten des Bestehens eines Im plikations­ zusammenhangs. Unmöglich ist darin ein m angelnder N achsatz bei vorhande­ nem Vordersatz (Impossibile est__ non esse b et esse ä). Boethius versucht es mit Hilfe des Kontradiktionsgesetzes nachzuweisen. Nach dem logischen K ontradiktionsprinzip m uß einer von zwei gegenseitig widersprüchlichen Sätzen (p , Np) falsch sein. Als wahrhaftig wird der Satz p über den in Cpq — C l l ausgedrückten Sachzustand vorausgesetzt. Es sei angenommen, daß der Satz

p nicht den Satz q, sondern den im W iderspruch zu ihm stehenden Satz Nq

impliziert. Die Falschheit des Nachsatzes Np führt zu er Schlußfolgerung, daß der Satz p (als Vordersatz) Np falsch ist. Das Ergebnis stellen zwei widersprüchliche Sätze p und Np (KpNp) dar. Wie vorausgesetzt, ist jedoch der Satz p wahrhaftig. Infolgedessen muß der Satz Np falsch sein, denn der Fall, in dem ein wahrhaftiger Satz p einen falschen Satz Nq, C 10 ^ 1 impliziert, ist unm öglich39.

N ach der zweiten Ausdrucksweise folgert Boethius m it Hilfe von Satz­ aussagen, die aus den Pseudo-Aussagenfunktionen „est a” und „est b” entstehen.

Wenn es die H um anität gibt, so gibt es die Anim alität. C l l = l Wenn es keine Anim alität gibt, so gibt es keine H um anität. C00 = 1 38 E b en d a, 835, D f.

(11)

68 M a ksym ilian M a jew ski

Wenn es keine H um anität gibt, so gibt es keine Anim alität

(animal). C00 = 1

Wenn es keine H um m anität gibt, so kann es A nim alität (brutum)

geben. C01 = 1

K urz gesagt, folgt die W ahrheit aus allem und alles folgt aus der Falschheit. Eine Im plikation kann nicht mit W ahrheit anfangen und mit Falschheit schließen40.

A ußer dem Im plikationszusam m enhang zweier Sätze m uß der Im plikations­ zusam m enhang eines einzigen Satzes und einer Im plikation berücksichtigt werden, wie z.B. Si est a, cum sit b, est c. (Si hom o est, cum (= si) sit animal est Substantia) (CpCqr)4i, sowie derjenige zweier Implikationen, wie z.B. Si cum (= si) sit a, est b, cum (= si) sit c, est d. (Si cum sit hom o, est medicus, cum sit anim atum , est artifex) (CCpqCrs)42. „C um ” tritt hier natürlich als „si” auf. Boethius hält sie für austauschbar, indem er schreibt: „Cum hom o est, equus non est; quae enuntiatio propositionis eiusdem potestatis est, cuius ea, quae hoc m odo proponitur: Si hom o est, equus non e st43”. Das Im plikationsprinzip bleibt unverändert44.

Es erhebt sich die Frage, was Aristoteles (384-322) zur Implikation meint. Der Stagirit bringt eine zutreffende C harakteristik des Im plikations­ zusammenhangs, indem er schreibt, m an dürfe keinen falschen Satz von wahren Sätzen ableiten, und aus falschen Sätzen könne sich hingegen m anchm al ein wahrer Satz ergeben45. Etwas weiter fügt er hinzu: Wenn die Schlußfolgerung falsch ist, so müssen auch alle bzw. einige von denjenigen Sätzen, die sie begründen, falsch sein. Sei die Schlußfolgerung hingegen wahr, so m üßten nicht unbedingt alle Prämissen (bzw. zumindest eine von ihnen) wahr sein. Es könne nämlich Vorkommen, daß die Schlußfolgerung sich als wahr erweise, obwohl kein wahrer Satz unter den Prämissen des Syllogismus vorhanden sei. Dies komme daher, daß m an bei einem Folgen­ verhältnis zweier Sätze aus der W ahrhaftigkeit des Vordersatzes über diejenige des Nachsatzes und aus der Falschheit des Nachsatzes über diejenige des Vordersatzes schließen sollte, ohne aus der W ahrhaftigkeit des Nachsatzes über diejenige des Vordersatzes schließen zu dü rfen 46. Die obigen Äußerungen

•*» E b en d a, 836, B, C , 837, A -» E ben d a, 837, C.

« E ben d a, 837, D. 4' E b en d a, 834, C.

44 E b en d a, 877, D : „ C o n se q u en tia q u id em ead e m e s t.” 45 A risto telis A nalyticorum priorum , I.e., lib. II, c. II (2).

46 E b en d a, Lib. II, c. IV (15) (16): „ [ ...] q u a n d o sit co n clu sio falsa necesse esse et e a falsa esse, ex q u ib u s a rg u m en tis c o n stat, a u t o m n ia , a u t n o n n u lla ; q u a n d o au te m co n clu sio v era sit, n o n necesse esse, v era esse, a u t aliq u id a u t o m n ia ex q u ib u s arg u m en tis co n ficitu r; sed fit, u t nihil sit verum in syllogism o et n ih ilo m in u s co n clu sio v era existat [ ...] hoc q u id em (posterius) q u u m n o n sit nec alteru m (prius) fu tu ru m sit, a t q u u m illud (posterius) sit n o n tarnen n ecessarium sit (prius) esse” . D. M ercier, L o g ik a , ü bersetzt v. W. K osiakiew icz, II A ufl., W arszaw a 1906, 112 ff.

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des Aristoteles könnte m an ordnen und in der folgenden Form ausdrücken: Aus W ahrheit ergibt sich nur W ahrheit (W ahrheit kann nicht als Berechtigung der Falschheit gelten), Falschheit ergibt sich nur aus Falschheit, alles ergibt sich aus Falschheit, W ahrheit ergibt sich aus allem. Die Im plikation kann also als eine K onditionalaussage charakterisiert werden, in der sich alles aus Falschheit und W ahrheit aus allem ergibt. Diese Aussage wäre nur dann nicht wahr, wenn sie m it W ahrheit anfinge und m it Falschheit schlösse.

In seinem K om m entar zu dem behandelten Text des Aristoteles schreibt Boethius; Von wahren Prämissen d arf m an keine falsche Schlußfolgerung ableiten, von falschen Prämissen kann m an hingegen m anchm al eine wahre Schlußfolgerung ableiten47. W eiter fügt er hinzu: W enn die Schlußfolgerung falsch ist, so müssen alle Prämissen derselben bzw. einige von ihnen falsch sein. Wenn die Schlußfolgerung hingegen wahr ist, so müssen die Prämissen, seien es alle oder nur einige, nicht wahr sein (sie dürfen falsch sein)48. Kürzer gesagt: Aus W ahrheit ergibt sich W ahrheit, aus Falschheit ergibt sich W ahrheit, Falschheit ergibt sich aus Falschheit, W ahrheit ergibt sich aus Falschheit. Synthetisch aufgefaßt: W ahrheit ergibt sich aus allem, aus Falschheit ergibt sich alles; eine Im plikation kann also nicht m it W ahrheit anfangen und m it Falschheit schließen. Aufgrund der analysierten Äußerungen des Boethius und des Aristoteles d a rf m an annehmen, daß die C harakteristik der Im plikation bei Boethius und diejenige des Aristoteles dieselben sind.

In der dritten A rt, sich über die Im plikation auszudrücken, gebraucht Boethius die logische Sprache der Stoiker: „ [...] in consequentia hypothe- tica [...] a) si sit prim um , consequi, ut sit secundum, b) si non sit secundum, consequi, ut non sit prim um, c) si vero non sit prim um , non consequi, ut sit vel non sit secundum. N am et illud apparet, d) si sit secundum, non consequi, u t sit vel non sit prim um 49”. Die Stoiker beschrieben die Im plikation in der folgenden F orm : Eine Implikationsaussage beginnt a) mit einem wahren Glied, wobei sie auch mit einem wahren Glied schließt, z.B.: Wenn es Tag ist, so ist es hell; b) oder m it einem falschen Glied, wobei sie auch mit einem falschen Glied schließt, z.B.: W enn die Erde fliegt, so hat die Erde Flügel; c) oder m it einem wahren Glied, wobei sie m it einem falschen Glied schließt, z.B.: W enn die Erde existiert, so fliegt die Erde; d) oder schließlich m it einem falschen Glied, wobei sie mit einem wahren Glied schließt, z.B.: Wenn die Erde fliegt, so existiert die Erde. Die Stoiker halten nur diejenige von diesen Aussagen für nichtkonklusiv,

47 Priorum A nalyticorum A risto te lis libri duo, A n. M aní. Sev. B oetio in te rp re te , M igne, P atrología L a tin a , Vol. 64, P arisiis 1847, Lib. II, C. II, B, C , 686: „ [...] Ex veris [...] n o n est falsum syllogisare. Ex falsis a u te m est v eru m syllogisare [ . . . ] ” .

48 E ben d a, Lib. II, C . IV , 691, D : „ [...] q u a n d o sit co n clu sio falsa, necesse est ea, ex q u ib u s est o ra tio falsa esse, a u t o m n ia , a u t a liq u a ; q u a n d o a u te m vera, n o n necesse est v eru m esse nec aliq u id quid em , nec o m n ia ” .

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70 M a ksym ilian M a jew ski

die m it einem wahren Glied beginnt und m it einem falschen schließt; die übrigen seien hingegen konklusiv50. N ichtkonklusiv sei also nur eine solche Im plikation, die mit W ahrheit beginne und m it Falschheit schließe (CIO = O )51.

In der stoischen Struktur der Im plikation sind „prim um ” und „secundum” Symbole, Anzeichen logischer Sätze. Wie Sextus Empiricus schreibt, meinen die Stoiker, indem sie den Begriff des Anzeichens derstellen wollen, es sei dies ein Vordersatz-Urteil in einer Implikationsfolge von Sätzen, in der es den Inhalt des Nachsatzes-Urteils enthülle.

D as Anzeichen ist also ein Urteil-V ordersatz in einer Implikationsfolge von Sätzen und vermag den Inhalt des Urteils-Nachsatzes in dieser Satzfolge zu enthüllen. Das Anzeichen (der Urteil), das (der) die Bedeutung des Vordersatzes der Im plikation darstellt, bestim m t die Bedeutung des Nachsatzes dieser Im plikation52. Als Beispiel der Rolle des Anzeichens in einer Implika­ tion möge der folgende Satz dienen: Wenn Schweißtropfen durch die Körperoberfläche durchsickern, so gibt es geistig faßbare Poren in der menschlichen H aut. D a „prim um ” vorfallt, fallt auch „secundum ” v o r53. D er Inhalt des Vordersatzes-Urteils der Im plikation ist ein Anzeichen des Inhalts des Nachsatzes-Urteils dieser Im plikation; er bestimmt den Inhalt des Nachsatzes der Implikation.

Aus dem obigem Beispiel ist zu ersehen, daß die Ordnungszahlen (primum, secundum) in den Im plikationsform eln Symbole, Anzeichen von logischen vollständigen Sätzen sind. Die von Boethius stammende Implikation über die Zahlenvariablen „est prim um ” und „est secundum ” ist das Ergebnis einer Verzerrung der stoischen Im plikationsstruktur durch Hinzugabe der logischen K onstante „est” und Ersetzung der Rolle der Ordnungszahlen als Aussagenvariablen durch die Rolle der N am en variablen. „Est prim um ” und „est secundum ” sind nur Pseudo-Aussagenfunktionen von stoischem Gepräge.

V . H Y P O T H E T IS C H E R S Y L L O G IS M U S

Bevor Boethius zur Erarbeitung des hypothetischen Syllogismus überging, hatte er das Problem des kategorischen und hypothetischen Satzes erörtert. Der kategorische Satz erfülle seine logische Funktion durch das Aussagen selbst, der hypothetische hingegen durch Abhängigmachen eines seiner Glieder

50 S extus E m p iricu s — S e xtu sa E m piricusa Z a rysó w P irrońskich k sięga pierw sza, druga i trzecia, ü b ersetzt u. m it einem V o rw o rt v. A d a m K rokiew icz, K ra k ó w 1931, B uch II, 105, 71.

si E b en d a , B uch II, 110, 72.

52 E ben d a, B uch II, 104, 71. L ukasiew icz ist d er M einung, die stoische Schule h ab e P h ilo n s D efin itio n (der Im p lik a tio n ) an g en o m m en . S e x tu s ... sch reib t diese D efin itio n schlankw eg d e n S to ik ern zu. L ukasiew icz, „Z h isto rii lo g ik i. . . , ” 423 f. A nm . 19.

(14)

von einem zweiten. Ein aussagender Satz ist einfach und ein K onditionalsatz besteht aus zwei einfachen Sätzen, welche mit Hilfe des Bindeglieds „w en n ... so” („si” — „cum ”) m iteinander verbunden sind. Ein aussagender Satz charak­ terisiert sich durch ein Subjekt und ein P rädikat (prädikatives Bindeglied und Prädikatsnom en; sein Subjekt nim m t gewissermaßen das entgegen, was in diesem Satz ausgesagt wird (homo est animal rationale). In einem K onditionalsatz wird nicht mit Hilfe des Vordersatzes über den N achsatz ausgesagt, sondern eine solche Wechselbeziehung derselben betont, bei der auch der letztere obwaltet, wenn der erstere vorliegt. Ein aus aussagenden Sätzen konstruierter Syllogismus wird als kategorisch, ein aus K onditional­ sätzen konstruierter hingegen als hypothetisch bezeichnet. Ob m an die hypothe­ tischen Syllogismen als sachlich wahr betrachten kann, hängt von ihrem W ert in der kategorischen Form ab. Die kategorischen Syllogismen scheinen den hypothetischen die zum Folgen nötige K raft zu erteilen54. Will man sich also m it dem hypothetischen Syllogismus von Boethius befassen, so muß man notwendigerweise an seinem kategorischen Syllogismus anknüpfen. Es folgt dessen Form :

Omne iustum (M ), bonum (P) est. M a P

Omnis virtus (S ), iusta (M) est. S a M I

Omnis igitur virtus (5), bona (P) est. S a P

In dieser Formel treten drei logische Variablen, S, M und P auf, und zwar in drei Aussagenfunktionen, M a P, S a M und S a P, welche nach Ersetzung der Nam envariablen S, M , und P durch entsprechende allgemeine Nam en von Sachen zu drei kategorischen Sätzen werden. Deswegen ist der kategorische Syllogismus des Boethius sowohl seiner Struktur als auch seinem Inhalt nach ein traditioneller Syllogismus und als solcher in Fassungen zu finden, die zur peripatetischen Logik gehören:

Jedes M ist P M — P.

Jedes S ist M . S — M . I

Jedes S ist also P .55 S — P.

Es seien nun die drei Strukturen des hypothetischen Syllogismus des Boethius wiedergegeben:

54 B oetii D e syllogism o cathegorico, M igne, P atrología L a tin a , V ol. 64, P a risiis 1847, 7 6 2 - 832, passim . B oethius, D e syllogism o h y p o th e tic o . . . , 832, C . „ [ ...] p ra e d ic a tiv a p ro p o sitio vim suam n o n in co n d itio n e, sed in so la p ra ed ica tio n e c o n stitu it, in c o n d itio n a li vero c o n seq u en tiae ra tio ex c o n d itio n e su scip itu r; p ra e d ica tiv a sim plex est p ro p o sitio , co n d itio n a lis vero n o n p o terit, nisi ex p ra ed ica tiv is p ro p o sitio n ib u s c o n iu n g a tu r [ ...] p ra e d ic a tiv a [ ...] p ro p o sitio h a b et u n u m su b iectu m term in u m , a lte ru m p ra e d ic a tu m [ ...] necesse est categ ó ric o s syllogism os h y p o th eticis vim c o n clu sio n is m in istra re ” .

55 B oetii De syllogism o cathegorico, 822, C ; L ukasiew icz, E le m e n ty ...; F. X. M a q u a rt, E lem enta philosophiae, T o m u s prim u s, L ó g ic a , P arisiis 1937, 146.

(15)

7 2 M a ksym ilian M ajew ski 1 ° Si est a, est b. Atqui est a. C p q . p. m.p.p. Est igitur b 5f>. 2° Si est a, est b,

et si est b, necesse est esse c,

Si a — b.

Si b - c. — c. IV? tunc enim si est a, etiam c necesse est57. Si a — c.

3° Si est a, non est b, et si non est b, non est c,

Si a — Nb.

Si Nb - Nc. IV? Si a — Nc.

hic enim si est a, necesse est non esse c 58.

Der erste Syllogismus repräsentiert die stoische Folgerungsregel: modus ponendo ponens. Nach Beseitigung der Interpolation „est” und W iederher­ stellung der den Buchstabenvariablen anhaftenden Funktion der Aussagen­ variablen : a/p, b/q, nach Anwendung der stoischen Anweisung zur Um wand­ lung der Folgerungsregel in eine logische These und m it Hilfe der syllo- gistischen Symbolik gelangt man zu der folgenden These:

Der zweite Syllogismus kom m t wegen der Lage des M ittelwortes b wie ein peripatetischer M odus der Figur IV vor, aber damit steht dessen Konklusion Si a— c im W iderspruch. In der Figur IV ist ein solcher syllogist ischer M odus nicht vorhanden. Er gehört zur Aussagenlogik und nicht zur Nam enlogik: es ist dies ein durch Interpolationen aus dem Bereich der Namenlogik verzerrter stoischer implikativ-konjunktiver Syllogismus, der das Transitionsprinzip repräsentiert. N ach Beseitigung jener Zutaten, nach Hinzufügen des das Ganze bindenden Funktors „si” gelangt man sofort zu der folgenden implikativ-konjunktiven logischen These:

Dies gilt auch für den dritten Syllogismus. Nach einem entsprechenden stilistisch-logischen Schliff gelangt m an auch hier zu einer implikativ- -konjunktiv-negativen logischen These:

Bei Ü bertragung der nächsten syllogistischen Formen des Boethius in Strukturen der Aussagenlogik wird m an den U m stand ausnutzen können, daß dieser Logiker des öfteren das nichtpräpositionale „cum ” an Stelle von „si” verwendet („cum” — „si”) 59. Das beseitigte „cum ” wird durch das gleichwertige „si” ersetzt. In Boethius’ T raktat treten hypothetische Syllogismen

56 B oethius, D e syllogism o h y p o th e tic o ..., 845, B. 57 E benda, 856, B.

5« E benda, 857, B.

59 E benda, 834, C : „ [ ...] cum h o m o est, eq u u s n o n e st; q u ae e n u n tia tio p ro p o sitio n is eiusdem p o tes ta tis est cuius ea, q u ae hoc m o d o p ro p o n itu r, si h o m o est, e q u u s n o n e s t” .

C K p C p q q.

C K C p q C q r C p r .

(16)

stoischen Typs mit zwei, drei und vier logischen Buchstabenvariablen auf:

a, b, c und d 60. Ein M erkmal dieser Syllogismen ist ihre Struktur „ S i...

A tq u i... Ig itu r...” N ach Ersetzung der logischen Variablen durch entspre­ chende Redewendungen wird ein Syllogismus von diesem Typ nicht zu einem einzigen K onditionalsatz, sondern zu drei Sätzen, die mit Hilfe jener logischen K onstanten („S i... A tq u i... Igitur”) abgesondert werden. Ein solcher Syllogismus ist keine logische These, sondern eine Folgerungsregel61. Boethius scheint sich nicht bewußt gewesen zu sein des strukturellen Unterschieds zwischen einer logischen These, einem hypothetischen Syllogismus A risto­ telischer Abstam m ung einerseits und einer Folgerungsregel, einem Syllogismus stoischer Abstam m ung andererseits. Die hypothetischen Syllogismen des Boethius können bekanntlich als Folgerungsregeln, durch Erfüllung von bereits früher erw ähnten Bedingungen zu logischen Thesen gemacht werden. Die gegenwärtige Vorschrift für eine solche Um gestaltung unterscheidet sich von der stoischen; sie empfiehlt, zu den beiden Prämissen des Syllogismus Im plikationsfunktoren hinzuzufügen, und diese m it seiner K onklusion in einer Zeile auszuschreiben; nach der stoischen Vorschrift sollte m an hingegen die beiden Prämissen des Syllogismus durch einen K onjunktionsfunktor verbinden, der K onjunktion einen Im plikationsfunktor vorausschicken und ihn mit der Konklusion des Syllogismus in einer Zeile schreiben. Aus dem Syllogismus

C p q.

_____ £•_ ?•

ergibt sich infolgedessen nach der gegenwärtigen Vorschrift C C p q C p q, und nach der stoischen Vorschrift C K p C p q q. D a die Syllogismen des Boethius das K onjunktionsbindeglied „et” enthalten, eignen sie sich ausgesprochen zur Anwendung der stoischen Vorschrift.

Es folgt eine G ruppe von logischen Thesen, die sich aus hypothetischen Syllogismen mit zwei logischen Variablen ergeben (es wurde vom Gesetz der K om m utation von Kunjunktionsgliedern Gebrauch gem acht)62:

1. C K p C p q q. 2. C K N q C p q N p .

3. C K N p C N q q . 4. C K p C p N q N q .

5. C K N p C N p N q N q . 6. C K q C p N q N p .

7. C K N q C N p q p . 8. C K q C N p N q p .

Diesen folgen logische Thesen, die sich aus hypothetischen Syllogismen mit drei logischen Variablen ergeben63:

6« E ben d a, 837, D .

61 L ukasiew icz, Z h istorii l o g ik i ..., 421.

62 B oethius, D e syllogism o h y p o th e tic o . . 845, B /C ; 846, D ; 845, D ; 845, C ; 846, B; 847, B ; 847, D ; 848, B.

« E ben d a, 851, C ; 851, C ; 851, D ; 851, D ; 851/52, D /A ; 852, A ; 852, A ; 852, B; 852, A ; 852, A ; 852, A ; 852, A ; 852, A ; 852, A ; 852, A ; 852, A /B ; 852, B ; 852, B; 852, B ; 852, B ; 856, D ; 857, A /B ; 857, C ; 857, C ; 857, D ; 8 5 7 /D - 8 5 8 /A .

(17)

74 M a ksym ilian M ajew ski 1. C K p C p C q r C q r . 2. C K C q N r C p C q r N p . 3.

c

K p C p C q N r C q N r. 4.

c

K C q r C p C q N r N p . 5.

c

K p C p C N q r C N q N r. 6.

c

K C N q N r C p C N q r N p. 7.

c

K p C p C N q N r C N q r. 8.

c

K C N q r C p C N q N r N p. 9.

c

K C p q C C p q C N r N s C N r N s. 10.

c

K p C N p C q r C q N r . 11.

c

K C q N r C N p C q r p . 12.

c

K C q r C N p C q r N p . 13. C K N p C N p C q N r C q N r. 14. C K C q r C N p C q N r p . 15.

c

K N p C N p C N q r C N q r. 16.

c

K N p C N p C N q r C N q N r. 17.

c

K C p N q C C p N q C N r s C N r s. 18.

c

K C N q r C N p C N q r M p. 19.

c

K N p C N p C N q N r C N q N r. 20.

c

K C N q r C N p C N q N r p. 21.

c

K p K C p q C q N r N r. 22.

c

K p K C p N q C N q r r . 23.

c

K N p K C N p q C q r r . 24.

c

K N p K C N p q C q N r N r. 25.

c

K N p K C N p N q C N q r r. 26.

c

K N p C N p N q C N q r N r.

M it Hilfe der M atrizenprüfung von logischen Thesen gelang es, die Falschheit der folgenden Thesen in der obigen G ruppe vom Implikationen sowie der ursprünglichen hypothetischen Syllogismen festzustellen: 5, 7, 10,

16 und 20.

Es folgen logische Thesen, die sich aus hypothetischen Syllogismen mit vier logischen Variablen ergeben64;

1. C K C p q C C p q C r s C r s . 2. C K C r N s C C p q C r s C p N q . 3. C K C p q C C p q C r N s C r N s. 4. C K C r s C C p q C r N s C p N q . 5. C K C N p q C C N p q C r s C r s. 6. C K C r N s C C N p q C r s C N p N q . l . C K C p q C C p q C N r s C N r s . 64 E b en d a, 872, A ; 872, A ; 872, A ; 872, A ; 872, D ; 872, D ; 872, A /B ; 872, B; 872, B; 872, B; 872, B; 872, B ; 872, B; 872, B; 872, B /C ; 872, C ; 872, C ; 872, C ; 872, C ; 872, C ; 872, C ; 872, C ; 873, A ; 873, A ; 873, A ; 873, A ; 873, A ; 873, A ; 873, A ; 873. A /B ; 873, B; 874, A ; 874, A ; 874, A ; 874, A.

(18)

8. C K C N r N s C C p q C N r s C p N q . 9. C K C p q C C p q C N r N s C N r N s. 10. C K C N r s C C p q C N r N s C p N q . 11. C K C p N q C C p N q C r s C r s. 12. C K C p q C C p N q C r s C r N s. 13. C K C r N s C C p N q C r s C p q . 14. C K C r s C C p N q C r s C p N q . 15. C K C p N q C C p N q C r N s C r N s. 16. C K C r N s C C p N q C r N s C p q . l l . C K C p N q C C p N q C N r s C N r s. 18. C K C p q C C p N q C N r s C N r N s. 19. C K C N r N s C C p N q C N r s C p q . 20. C K C N r s C C p N q C N r s C p N q . 21. C K C p N q C C p N q C N r N s C N r s. 22. C K C N r s C C p N q C N r N s C p q . 23. C K C N p q C C N p q C N r N s C N r N s. 24. C K C N r s C C N p q C N r N s C N p N q . 25. C K C N p N q C C N p N q C r s C r s. 26. C K C N p q C C N p N q C r s C r N s . 27. C K C r N s C C N p N q C r s C N p q . 28. C K C N p N q C C N p N q C r N s C r N s. 29. C K C r s C C N p N q C r N s C N p q . 30. C K C N p N q C C N p N q C N r s C N r s. 31. C K C N p q C C N p N q C N r s C N r s . 32. C K C N r N s C C N p N q C N r s C N p q . 33. C K C N r s C C N p N q C N r s C N p N q . 34. C K C N p N q C C N p N q C N r N s C N r N s. 35. C K C N r s C C N p N q C N r N s C N p q .

In der obigen Gruppe der sich aus hypothetischen Syllogismen ergebenden logischen Thesen sind, nach der M atrizenprüfung, die folgenden Thesen falsch: 4, 10, 16, 18, 19, 21, 26 und 32.

VI. D IS J U N K T IO N U N D A L T E R N A T IV E

In Boethius’ Auffassung besteht die D isjunktion aus einander entgegen­ stehenden Sätzen und hat die folgende Form e „aut est a, aut est b”. D isjunktionsfunktor ist das Bindeglied „ a u t” ; formell D p q. Liegt einer der Sätze in D p q vor, so fehlt der zweite, und zwar gemäß den folgenden Implikationsm öglichkeiten65:

A) 1. Si est a, non est b. C p N q — D p q. 2. Si non est a, est b. C N p q — A p q .

(19)

76 M aksym ilia n M ajew ski 3. Si sit b, non erit a. C q N p = D q p .

4. Si non sit b, erit a. C N q p — A q p .

Aus einer M atrizenprüfung dieser Zusammenstellungen geht hervor, daß 1. C p N q bei p = 1 und q = 1 nicht erfüllt wird. M it den beiden wahren

Gliedern ist es falsch; deshalb entspricht C p N q er Disjunktion — D p q.

2. C N p q bei p = 0 und q = 0 nicht erfüllt wird. M it den beiden falschen

Gliedern ist es falsch; deshalb gleicht es nicht der D isjunktion — D p q, sondern der Alternative — A p q.

3. C q N p bei q = 1 und p = 1 nicht bestätigt wird. M it d e n 'b e id e n wahren Gliedern ist es falsch; deshalb entspricht C q N p der D isjunktion —

D q p.

4. C N q p bei q = 0 und p = 0 nicht bestätigt wird. M it den beiden falschen Gliedern ist es falsch; deshalb gleicht es nicht der Disjunktion —

D p q, sondern der Alternative — A p q.

Diese Analyse zeugt davon, daß der Passus D p q, m it einer Im plikation m it negiertem N achsatz zusammengestellt, in Punkt 1 und 3 eine Disjunktion, eine stärkere Alternative ist; in P unkt 2 und 4, mit negiertem Vordersatz, ist er hingegen eine schwächere, einfache Alternative — A p q. Aus ihnen können zwei implikativ-disjunktive und zwei implikativ-alternative Syllogismen konstruiert werden:

\ x. C C p N q D p q , 3 1. C C q N p D q p.

2 1. C C N p q A p q, 4 X. C C N q p A q p .

In den Zusammenstellungen 1 1 und 3 1 ist der Disjunktionsdefiniens vorhanden, den m an im gegenwärtigen Implikations- und Negationssystem der Satzrechnung an wendet: D p <fJ C p N q\ in den Zusammenstellungen 2 1 und 4 1 ist degegen der alternative Definiens vorhanden, der in derselben Satzrechnung au ftritt: A p qdf C N p q.

Im zweiten Buch seines Traktates über den hypothetischen Syllogismus befaßt sich Boethius m it der M öglichkeit eines Zusammenhangs der Dis­ junktion (Alternative) mit der Im plikation, indem er zu manchen Pseudo-

-Aussagenfunktion die Negationsfunktoren „non” — N hinzufügt66.

B) 1. Si est a, est b. — C p q.

Aut est a, aut est b. — D p q.

2. Si non est a, non est b. — C N p N q.

A ut non est a, aut non est b. — D N p N q.

3. Si est a, non est b. — C p N q.

A ut est a, aut non est b. — D p N q. 4. Si non est a, est b. — C N p q.

Aut non est a, aut est b. — D N p q.

(20)

Die M atrizenprüfungen zeitigen keinen Zusam m enhang:

1 l . C p q D p q. C C p q D p q = 0 .

21 . C N p N q ^ D N p N q . C C N p N q D N p N q = 0 .

3 *. C p N q D p N q. C C p N q D p N q = 0 .

4» . C N p q ^ D N p q . C C N p q D N p q = 0 .

Aufgrund der obigen Zusammenstellungen von Im plikationen und D isjunk­ tionen B) 1.2.3.4. können keine richtigen im plikativ-disjunktiven Syllogismen konstruiert werden. Die konstruierten Syllogismen sind falsch. Ebenso falsch sind die sich auf diese gründenden implikativ-alternativen Syllogismen:

12. C C p q A p q ... = 0. 22. C C N p N q A N p N q = 0. 32. C C p N q A p N q . . . = 0. 42. C C N p q A N p q . . . = 0.

Wesentlich in der Disjunktion ist die Ausschließung eines ihrer Glieder durch den zweiten (simul eas esse non posse). Der Disjunktion entspricht deshalb eine Im plikation mit negiertem Nachsatz, der Alternative hingegen eine Im plikation mit negiertem Vordersatz. Boethius übersetzt die D isjunk­ tionsfalle aus Punkt B) in Im plikationen mit (zusätzlich) negiertem V order­ satz und gelangt zu den folgenden Strukturen:

C) 1. A ut est a, aut est b. — D p q. Si non est a, est b. C N p q 61. 2. Aut non est a, aut non est b. — D N p N q. Si non non est a,

non est b. C N N p N g 68.

3. A ut est a, aut non est b. — D p N q. Si non est a, non est b.

C N p N q®.

4. Aut non est a, aut est b. — D N p q. Si non non est a, est b.

C N N p q™.

Die M atrizenprüfungen weisen nach, daß die obigen Disjunktionen keine Äquivalente der betreffenden Im plikationen sind. W ürden diese Disjunktionen hingegen als Alternativen betrachtet, so wären sie Ä quivalente dieser Impli­ kationen. Aus ihnen könnte m an vier im plikativ-alternative Syllogismen konstruieren:

l 1. A p q — C N p q. — C A p q C N p q ...= 1.

2 1. A N p N q = C N N p N q . — C A N p N q C N N p N q = 1 .

3 1. A p N q = C N p N q. — C A p N q C N p N q , = 1 . 41. A N p q = C N N p q. — C A N p q C N N p q = 1.

Ü ber die Argumente der D isjunktion schreibt Boethius: „neque simul utraque esse posse et si unum non fuerit, consequi, ut sit alterum ” 71. Dagegen „utraque (argumenta) simul vera sunt” in den Äußerungen A) 2) und

67 E benda, 873, D /874, C. 68 E benda, 875, A. <» E benda. 875, C. 70 E benda, 876, A. 7 ' E benda, 874, C.

(21)

78 M aksym ilia n M ajew ski

A) 4). Sie sind die echten Alternativen. Die Äußerungen A) 1) und A) 3) kommen hingegen dem Postulat nach, daß die Argum ente p und q nicht „quolibet m odo” wahr seien72. Sie sind die echten Disjunktionen. Boethius unterschied also nicht die Alternative — A p q von der Disjunktion —

D p q. D er frühere Platoniker Galenos (131-201) war sich, in seiner Institut io logica, des Unterschieds zwischen Alternative und Disjunktion bewußt

gewesen73. Boethius scheint es nicht zu wissen. Seine H altung in Sachen Disjunktion ähnelt derjenigen der Stoiker (des Chrysipp). U nter ihren fünf unbeweisbaren Ä ußerungen war die vierte eine Disjunktion und die fünfte eine Alternative. Die Stoiker sahen keinen wesentlichen Unterschied zwischen ihnen74. D a diese D istinktion auch bei Boethius fehlte, konnte er keine disjunktiven Syllogismen konstruieren; diejenigen, die er konstruierte, erwiesen sich als alternativ:

1. C K D N p N q p N q = O75. C K A N p N q p N q = 1. 2. C K D p N q N p N q = 0 7<\ C K A p N q N p N q = \ . 3. C K D N p q p q — 0 77. C K A N p q p q = \ .

Wie daraus zu ersehen ist, sind diese Syllogismen in ihrer disjunktiven Fassung falsch, in der alternativen dagegen wahr.

Boethius m acht auch beim Aufbau einer D isjunktion (Alternative) Ge­ brauch von den Pseudo-Aussagenfunktionen „est a” und „est b”, in denen die Nam envariablen a und b auftreten. Deswegen kann m an mit Recht behaupten, daß die stoische D isjunktion (Alternative), als eine Äußerung aus dem Bereich der Aussagenlogik, bei Boethius durch Bestandteile der Nam enlogik verzerrt wurde. N ach Beseitigung dieser Verzerrungen und E rläuterung durch Sätze wird die D isjunktion (Alternative) des Boethius zu einer logischen und stilistisch glatten Aussage.

Die im T raktat enthaltenen logischen Verzerrungen, durch mangelnde Unterscheidung der Nam enlogik von der Aussagenlogik verursacht, machten sich wegen des großen wissenschaftlichen Ansehens des Boethius auch in späteren Jahrhunderten bem erkbar und beeinträchtigten die Entwicklung der formalen Logik in E u rop a78. Jene Verzerrungen findet m an immer noch

72 E ben d a, 875, A.

73 L ukasiew icz, „ Z histo rii l o g i k i . .. , ” 424, A nm . 21. 74 E ben d a, 424 f.

75 B oethius, D e syllogism o h y p o th e tic o . . . , 875, A. 76 E benda, 875, C.

77 E ben d a, 876, B.

78 M. G ra b m a n n , D ie G eschichte der scholastischen M eth o d e, I, F re ib u rg in Breisgau 1911, 167 ff. Ü berw eg -G ey er, op. cit., 150.

(22)

in vielen, auch hochgeschätzten, Lehrbüchern der traditionellen, philoso­ phischen L ogik79.

Solamen miseris socium habere m alorum . Kein geringer Socius ist es: der Philosoph und Staatsm ann, der letzte R öm er und einer der hervorra­ gendsten Logiker im frühm ittelalterlichen Westen, der viernamige Anitius M anlius T orquatus Severinus Boethius80.

79 J. Śleszyński, Teoria dowodu, B and I, K ra k ó w 1925, 48; „ [...] b em erk en sw ert sind d rei p o ln isch e L eh rb ü c h er d e r L o g ik , die zu den allerb este n g eh ö ren u n d den au slän d isch en W erk en in k einer H insicht n ach steh en . Es sind d ies: L o g ika ogólna (1907), v o n L u to sław sk i; L o g ik a ogólna (1912), von P fa rre r G a b ry l; u n d T eoria lo g iki (1912), von B iegański. B esonders em p feh len sw ert ist das B uch v o n L u to s ła w s k i.” W. L u to sław sk i, L o g ik a ogólna, L o n d o n 1906, 298. W. B iegański, Teoria logiki, W arszaw a 1912, 433. F. G a b ry l, L o g ik a ogólna, K ra k ó w 1912, 165. Jo s, G re d t, E lem enta philosophiae A ristotelico-T hom isticae, Vol. I, F re ib u rg B risgoviae 1926, 67. C h. S igw art, L o g ik, 5. Aufl. I B, T ü b in g e n 1924, 440.

80 Ü b erw eg -G ey er, op. c it., 655. J. M . B ocheński O. P „ T radycja m yśli k a to lic k ie j a ścisłość, in: M y ś l k a to lic k a wobec lo g ik i współczesnej, P o z n a ń 1937, 37. P. S tan o szek , B oethius in : Słow nik p isa rzy antycznych, W arsz aw a 1982, 119.

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