Marek Ostrowski
Die Interpretation der Lyrik J.R.
Bechers im Essay "Der Weg Johannes
R. Bechers" von Paul Rilla
Acta Universitatis Lodziensis. Folia Germanica 1, 103-111
1997
A C T A U N I V E R S I T A T I S L O D Z I E N S I S
FO LIA G E R M A N IC A 1, 1997
M arek Ostrowski
D IE IN T E R P R E T A T IO N D E R LYRIK J . R. B E C H E R S IM ESSA Y
D E R W EG J O H A N N E S R . B E C H E R S V O N P A U L R IL LA
D er aus dem Ja h re 1950 stammende Essay Paul Rillas D er Weg Johannes
R . Bechers1 ist einer der wenigen A ufsätze, die zwischen 1945 u n d 1950 ü ber
den deutschen Lyriker veröffentlicht wurden. D a die Arbeiten von B. Thorhof fen2, W . W eyrauch3 oder E. R. K o rn 4 über Johannes R. Becher eher inform ie ren als analysieren, bleibt P. Rilla der einzige K ritiker dieser Jah re, d er um eine Synthese des Schaffens J. R . Bechers bem üht war. Von der Gewichtigkeit dieses Textes zeugt allein schon die T atsache, daß er fünfm al in einer fast unveränderten Fassung gedruckt w urde5. D er Essay bildet u.a. das V orw ort der zwei ersten Lyrik-Ausgaben J. R. Bechers nach 1945 - darunter der großen sechsbändigen Lyrik-A usw ahl aus dem Ja h re 19526. D em R illaschen A ufsatz kam also die verantwortungsvolle Aufgabe zu, als einzige ausführliche kritische Betrachtung der Lyrik Bechers die Stellung der deutschen literarischen Öffentli chkeit der N achkriegsperiode zu Becher zu gestalten. Diesem V orhaben soll nachgegangen werden.
1 P. Rilla: Der Weg Johannes R. Bechers, ln: Sinn und Form, 1950, Nr. 4, S. 810-871. 2 B. Thorhoffen: A u f dem Weg zur neuen deutschen Dichtung: J. R. Becher, „Temesvarer Zeitung“ (Timi^oaral) 1948, Nr. 134, S. 10-11.
3 W. Weyrauch: An J. R. Becher, „Aufbau“ 1948, N r. 7, S. 1100-1106.
4 E. R. Korn: Zeitgenössische Dichter: J. R. Becher, „Neuer W eg“ (Bukarest) 1949, Nr. 9, S. 32-45.
5 Dieser Essay erschien zuerst in Sinn und Form, und dann als Vorwort zu: Johannes R. Becher: Auswahl in 6 Bänden, Berlin 1952, S. 4 -6 0 und J. R. Becher: Vollendung träumend. Dichtungen. Berlin 1955, S. 7-70, wie auch in: P. Rilla: Literatur. K ritik und Polemik. Berlin 1953, S. 241-261 und P. Rilla: Essay. Berlin 1955, S. 328-404.
6 J. R. Becher: Auswahl in 6 Bänden; Ders.: Vollendung träumend.
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D as D ebüt Johannes R. Bechers ist die H einrich von K leist gewidmete H ym ne der Ringende7 (1911). Schon am A nfang seines Weges als D ichter o ffenbart Becher M erkm ale seiner Persönlichkeit, die später allen seinen W erken im m anent sind. Obwohl sich das lyrische Ich Bechers noch später sta rk entwickeln wird, zeigen sich in der S pontaneität des ersten V ersuchs alle diese „künstlerischen Charaktereigenschaften“ , über die dan n hinweg zukom m en sich der D ichter später vergebens bem ühen wird. Die künstlerische Idee d er Kleist-Hymne bildet das Gegenüberstellen zweiter poetischer Geister - gleichsam zweier A ntithesen des dichterischen Ego in einer traum haften Vision eines m enschenwidrigen Planeten. D as dom inierende G efühl ist die Existenzangst eines tödlich bedrohten Menschen. Im K am p f zweier Charaktere, im K osm os der D ichtung, wird die Lebensfrage Bechers artikuliert:
Ohhh Erde! W o - ist — m e i n W e g
---D ie unirdische glühende L andschaft wird zum Sinnbild der E insam keit, evoziert ein G efühl des Allein - und Ausgeliefertseins:
Fühlte bebend meine schmerzhafte Einsamkeit und das grausam
Lohende Herz der Erde durch diese Nacht
Bechers E go ist hier zwischen W elten zerrissen: Einerseits „w ogende Felder, E rnteglocken“ und andererseits „kochender Sand“ , „der purpurgeschw ellte Sonnenball“ . D er realen Landschaft wird die gleichsam „innere“ L andschaft des D ichters entgegengesetzt. Gewisse sym bolhafte L andschaftselem ente w urden aus d er W irklichkeit abstrahiert und dienen der W iedergabe der Gefühlswelt des Subjekts:
Grell strahlt die Sonne in das Herz der Erde
A u f kochendem Sand, kahlem Fels glüht D er blendende Tag. D ie gelbfahle W üste staubt Bei jedem Schritt;
Staubt und knirrschl... A u f rauhem Weg...
W o ist mein Weg? Da? Dort? Oder da? oder dort? Felstrümmer ragen
Blöd und stum pf aus der kargen
Gleichförmigen Trosllosogkeit... A u f Sand und Fels
7 D ie Kleist-H ym ne erschien zum ersten Mal als die erste Publikation des Verlags F . S. Bachmair in Berlin 1911 unter dem Titel: D er Ringende. D ie Kleisthymne. Z u Kleists 100. Todestag. D ie vorliegende Analyse der Hymne hat den Text aus J. R. Becher: Gesammelte Werke. Hg. v. J.-R.-Becher-Archiv der Deutschen Akademie der K ünste zu Berlin. Berlin und Weimar 1966, Bd. 1. S. 7 -1 2 , zur Grundlage.
Glüht
Der blendende Tag... Oh brennendes Herz!
D er D ichter isoliert sich vom R ealen - b au t sich seine eigene poetische Welt auf. D ie innerliche Beruhigung wird durch die E ntfrem dung von der W irklichkeit erreicht. D as H auptm otiv des lyrischen Schaffens Bechers ist in der H ym ne Der Ringende deutlich erkennbar. Innere U nruhe, Selbst negation, W eltfrem dheit werden durch den Versuch der Selbstüberw indung und Selbstbestim mung durch die Poesie aufgehoben. D eutlich wird die Sehnsucht nach dem Tode, die das A nfangsstadium der Lyrik J. R . Bechers beherrscht:
Lege m ich a u f dem Boden und lausche: hör ich, hör ich D ein Pochen
Du Herz der Erde? О ja! Oh ja!
Dein klägliches Wimmern: M ein Herz mein Herz S te r b e n so? Da?
Ich reiß mir die KJeider vom Leib Sterben - dann wenigstens nackt sterben W enigstens in Lust und Berührung sterben.
D as G rundelem ent der dichterischen Persönlichkeit ist der Wille, das W esen des eigenen Menschseins zu erforschen. D aher der H ang zur Selbstauflösung, zur destruktiven Selbstanalyse. Seine eigene Persönlichkeit in ihrem Verfall zu begreifen, in ihr das zu finden, was der Verwesung nicht unterliegt, ist das H au p tm o tiv der frühen D ichtung. D er K a m p f des K leistschen Geistes m it dem allesvernichtenden P laneten erw eckt in dem an d eren Ich der H ym ne den Vollkom m enheitsgedanken, das V erlangen nach der L äuterung zur dichterischen M acht:
Fallen, oh, durch höllische Kraft Auferslehen so in göttlicher Kraft
Die unsichere N egation des Erreichten, die Becher in seiner E ntw icklung bis in die fünfziger Ja h re gekennzeichnet, entstam m t m .E. dieser Sehnsucht nach Vollkom m enheit, G enialität, die, der eigenen Überzeugung des D ichters nach, ihm versagt blieb.
P. R illa schreibt ü ber die frühe L yrik des D ichters, sie sei „ D er rücksichtslose Versuch, die bürgerliche W elt von einer bürgerlichen P osition zu sprengen“ 8. Becher bezwecke eine A rt von N egation, „die es a u f nichts abgesehen hat, als den Bürger zu schockieren“ 9. A m A nfang seines Weges
® P. Rilla: D er Weg Johannes R. Bechers. In: Ders.: Essays. Berlin 1955, S. 328-403. Fortan zitiert WJRB.
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zur D ichtung stünde die Rebellion gegen alles Bürgerliche, d er vollkom m ene Bruch m ir allem, was er an Erziehung und Bildung von zu H ause erhielt. D ie Sprache Bechers illustriere den A ufstand gegen die bürgerliche Welt.
Becher gehört in dieser Zeit der künstlerischen Boheme an, die sich d urch A bkehr von den gesellschaftlichen N orm en in ihrer Existenz bestätigte. D er Lyriker ist in dieser Zeit ein A ußenseiter, d er d er E th ik und M o ral schlechthin den K a m p f erklärte. D as Ego Bechers sprengt, wie in der
Kleist-H ym ne, die umgebende Welt, um sich eine abstrakte aufzubauen, die
W elt der eigenen Erlebnisse. D as Geschehen ist in dieser Lyrik nach innen gerichtet. D as Pathetische und U nkontrolierte gehört zur G estik des m en schlichen C harakters, der dam it seinen Schmerz ausdrückt. In ihrem g rund sätzlichen T on bleibt diese D ichtung ein M onolog. Paul Rilla ist in seinem Essay D er Weg Johannes R . Bechers am lyrischen Ich Bechers insofern interessiert inwieweit Becher als Lyriker die bürgerliche Gesellschaft provoziert. „B echer pflegt die bürgerlichen A bfälle“ schreibt er, und w eiter „D ie G ebärde, die Sprache w erden soll, befreidigt sich schon an d er verwegen auftrum pfenden privaten Pose“ , „D ie G ebärde will keinen In h alt m itteilen, sie ist die V erachtung des In h alts“ 10. Paul Rilla unternim m t einen Versuch, den einheitlichen C harakter der frühen u n d der späteren P hasen der Lyrik Bechers zu beweisen. E r scheint jedoch dabei die verzweifelte Suche des Dichters nach der Sebstbestimmung nicht ausreichend in B etracht zu nehmen.
Rillas Tendenz, eine einheitliche dichterische Entw icklungslinie Bechers durch dessen Gesam tschaffen durchzuziehen ist auch in der In terp retatio n des G edichtbandes Triumph und Verfall sichtbar. D er von den G edichten der Sam m lung Triumph und Verfall" älteste Zyklus De Profundis I-X IX , der verm utlich in d er M ünchener Studienzeit des D ichters e n ts ta n d 12, wiederspiegelt genauestens die em otionelle H altu n g Bechers in diesen Jahren.
De Profundis ist die Beschreibung eines Depressionszustandes, der Zerrissenheit.
D as „Ich “ ist beschrieben als „Sausender Ball m it Sturm gew alt“ , d er „dem sicheren H a lt einer allmächtigen H an d entglitt“ . D ie T rau er bekom m t die selbstzerstörerische Energie:
Ich bin ein Hund verlaust, aussätzig und voll ekler Niedertracht.
D ie innere U n ru h e gibt ein sich stets wiederholendes M otiv der S tad tb e schreibung wieder. D ie Elemente der städtischen L andschaft verlieren ihren ursprünglichen K ontext, w erden zu gefährlichen Visionen verselbständigt,
10 Ebd.
11 In: J. R. Becher: Auswahl in 6 Bänden.
12 Als separater Druck erschien sie im Verlag F. S. Bachmair, Berlin 1913, als De Profundis Domine.
D ie In te rp re tatio n d er Lyrik J. R . Bechers
die A ngst- oder Ekelgefühle w iedergeben: „A us verfeuchteten K ellern gebären d er W eiber schallende Schreie“ , „Schw arzer Zug, Geheul, Begräbnis, G lockenton“ . D ie durch ein gemeinsames Ziel vereinte M enschenm asse fasziniert den D ichter durch ihre Ruhe:
Volle Fahnen. Em st. Eiserne Fäuste. Rußig. Ruhig. M ann. Weib und Kind.
V on ihrer Einfachkeit und W ürde ist Becher begeistert:
Geruch der Fäulnis steigt au f aus den blutvcrschweißlen Hemden, doch die, wie ich glaube, einst leuchtend gleich
purpurnen Rosen sind.
D as aber, was außerhalb des D ichterbew ußtseins geschieht, wird im Prinzip zu den Elem enten eines K aleidoskops um gestaltet, das eine Reihe von Bildern ohne Z usam m enhang zeigt, um das Schwergewicht der G edichte a u f das Innere zu verlegen. D ie A ußenw elt unterliegt einer apokalyptischen V ernichtung, als ob dadurch der T rium ph des heroischen Ego ausgedrückt w erden sollte:
Dann plötzlich schrillen empor Sturmglocken und Pfeifen. Ekstatisch schwillt ein unendlicher Brand
Wasser stürzen. Rote Flammenfangarme in die schwarze Nacht hineingreifen.
M ilionen versinken. T ief glüht das Land...
Becher bewegt sich in der R ichtung a u f die Selbstdestruktion hin:
Gehirn zersetzt schon wahn. Wir haben Zum Letzten wohl geludert. Pest und Qualm Und D im enpack und Luis und Straßengraben
Eine P robe der R ettung, einen Versuch der Selbstbestim mung en th ält das IX. F rag m en t des Zyklus:
O, meine Jugend du, blutende du! Empor und Auferstehen О auferstehen
D ie schlafen Muskeln wieder strecken... Empor aus
Qualmigen Verbrecherhöhlen, empor aus fettigen Dirnen Spelunken
Im Zyklus De Profundis sieht m an einen M enschen, der sich über das A usgebranntsein, die Selbstfrem dheit hinwegsetzen will:
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Will um meine Sehnsucht zu übertören Allen, о allen gehören (das X. Fragment)
D as Flehen um die Vervollkommnung findet im XIX. Lied seine Kulm ination:
D aß ich in allen meinen glühendsten Ekstasen, D ie mich hinschleudem und zerknirschen, drosseln, M ich kalt umpacken, den Nacken brechen...
[.-]
Daß ich mich einst aufhebe.
Ein K om m entar zu dieser E tappe der dichterischen E ntw icklung Bechers, diese Ä ußerung des lyrischen Ichs wird von Paul R illa nicht gegeben. D er K ritik e r bem erkt lediglich: „D ie beiden Bände von 1914 führen bereits einen Titel, der weder au f lyrische, noch a u f religiöse W eihe [Es wird De Profundis angespielt - M .O.] gestimmt ist, sondern m it einer gesellschaftlichen Chiffre die Zeit anspricht: Verfall und Triumpha . Die Verse sind aber zugleich eine A useinandersetzung m it sich selbst. D er D ichter stellt seine Existenz a u f Probe, erforscht und beschreibt sie. Seine Verzweiflung ist offensichtlich eine Kriese des Alleinstehenden. Paul Rilla unterläßt aber solch eine Analyse. D er K ritiker klagt eher ü ber die N a i vität des jungen Bechers: „Becher tat, was eigentlich literarisch gar nicht m ehr erlaubt war: re rief seine Jugend gegen die Zeit aus - ,Ο meine Jugend du, blutende du, em por, em por“ 14. Rilla ist bem üht, m it N ach druck die politische D im ension des Becherschen G edichts hervorzuheben. E r versucht dessen Entwicklungsweg, in ein Schema des Entw icklunsgan- ges eines dichtenden jungen Revolutionärs zu zwingen. D ie G ew alt dieses Versuchs zeigt sich d ort, wo wichtige subjektiv gefärbte M om ente dieser Lyrik m it A bsicht außer A cht gelassen werden. Die H erstellung einer einheitlichen Entwicklungslinie, in dem frühen Schaffen Bechers erscheint daher als in d er vorhandenen lyrischen M aterie nicht ausreichend fu n diert.
Im Titelgedicht der Sam m lung Triumph und Verfall15 ist das Ich des D ichters von der W irklichkeit isoliert, das Visionäre, T raum hafte bildet die poetische Landschaft des Gedichts. J. R. Becher beschreibt die E r schöpfung, M üdigkeit, T rauer, die nach einem stürm ischen Erlebnis auf- treten:
H eißes Blut vertrocknet, Eitergeschwür verrinl
13 W JRB, S. 341. “ Ebd., S. 347.
D ie In te rp re tatio n der Lyrik J. R . Bechers
D er D ichter will den K o n ta k t m it der real existierenden W elt völlig abbrechen:
Mund, Ohr, Auge verhüllet Traum, Erde, der Wind.
Becher ist schwer im stande, das objektive, umgebende Leben zu akzeptieren:
Süßer Geruch der Verwesung, Raum, Haus, Haupt erfüllend
D ie W irklichkeit der W elt und das T raum hafte der W iderw elt sind in einer dichotom ischen und K o n flik tsitu atio n verankert. D e r A bw ehrreflex des D ichters ist d a ra u f gerichtet, das w irklich E xistierende, d as M aterielle dichterisch zu entfrem den. Es ist wohl auch als ein A k t der R ache an der niederträchtigen Spießbürgerwelt zu verstehen. D ah er die Vision der Verfalls dieser W elt im jüngsten Gericht:
Tag, du herbe Bitternis! N acht, gib Traum und Rat! K o t Verzerrung, Schnitt und Riß- K ühle Lagerstatt...
Alles muß noch ferne sein, Fern, о fern von mir - Blüh empor im Stemenschein Heimat über mir!
[-1
M eine Hände rühren
An Himmel, die von G old erfüllt Sich öffnen gleich Wandertüren.
[...]
W ann erscheinst du, ewiger Tag? Oder hat es noch Zeit?
[...]■«
Zerfall der W elt, physischer T od, V ernichtung und Verfall, aber die dichteri sche Seele trium phiert. D ie zitierten Fragm ente sind Zeugnis der klaffenden inneren Zerrissenheit. W eder in der genannten Lyrik noch in den A nderen Versen von Verfall und Triumph ist meines E rachtens J. R. Becher m it der von R illa gewollten D eutlichkeit um die sozialen A kzente bem üht. D er G edanke an die Rew olution im Sinne der Z erstörung der bestehenden politischen O rdnung liegt für Becher dam als noch fern. Sein V erständnis der R evolution ist in der genannten Lyriksam m lung und am A nfang seines Weges im Z eitpunkt des Entstehens von Triumph und Verfall eher durch
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die Suche nach dem positiven M om ent im D estruktiven gekennzeichnet. D ie Idee der W iedergeburt liegt ihm nahe, die R eko n stru k tio n d er ein fachsten ethischen Ideen. Die Revolution gibt der M enschheit den G lau ben an die verlorenen einfachsten W erte, m eint der D ichter. G erechtig keit, Edelm ut, G üte, kehren in den G edichten von Triumph und Verfall im m er w ieder zurück. D ieser G ed ich tb an d , im dem das In n ere eines Verzweifelten, am R an d e d er E rschöpfung im K a m p f m it sich selbst stehenden M enschen dargestellt ist, bildet eine deutliche Z äsur nach der die W andlung in Bechers Poesie kom m t, die dan n der D ichter in die Reihen d er K P D führt. Im G edichtband An Europa17 wird das zerrissene E go schon n ich t m e h r b eh an d elt. D ie V erse Bechers h a b e n n u n im großen A usm aß diese Idee zum Inhalt, die dem w eiteren Schaffen Be chers auch zugrunde liegt. Es ist der G laube an den revolutionären In ternationalism us. D er D ichter träu m t als R evolutionär von E u ro p a ohne Grenzen.
R illa äußert sich über die erste Phase der Becherschen E ntw icklung ohne die ablaufenden Prozesse genügend zu berücksichtigen: „D ie außer sich geratene Sprache [...] Verse aus Fetzen, Verse, die sich w ürgend zu erbrechen scheinen, weil d as W o rt d a ra n verzweifelt, zu r S prache zu bringen, was geschehen ist, was im m erfort geschieht“ 18 Rillas K ritik der frühen Schaffensperiode Bechers geschieht wohl zu sta rk aus der Perspek tive d er R olle Bechers als P arteifunktionär. D ie Strategie dessen frühen G ed ich te b leib t au ch ethischen Zielen u n terg eo rd n e t. A u s denselben G ründen ist das H auptproblem dieser D ichtung nicht „für die M assen verständlich zu schreiben“ 19. D as, was Paul Rilla „die Sprache des K a mpfes n en n t“ , ist die Em pörung gegen das Böse und U ngerechte20. Die A ufgabe, die Becher a u f sich nim m t h a t neben der revolutionären, auch eine hum anistische Aufgabe. Bei seinem Versuch, den Entw icklungsgang Bechers um jeden Preis „sozial zu fixieren“ berücksichtigt Rilla eine für die L yrik so fundam entale K ategorie wie „d as dichterische ich “ e n t schieden zu selten. O bw ohl der K ritiker seinen Essay m it den W orten schließt: „N icht die ob en au f liegende W ortbedeutung, erst die d a ru n ter ström ende Sprachbewegung schließt den Sinn großer Lyrik au f“21 fehlt seiner A bhandlung die ausreichende Analyse der dichterischen Persönlich keit Bechers.
17 An Europa erschien im Jahre 1916 im Kurt WoliT Verlag in Berlin. “ W JRB, S. 350.
15 Ebd., S. 361.
20 J. R. Becher: Gesammelte Werke, S. 81. 71 WJRB, S. 383.
D ie In te rp re tatio n der L yrik J. R. Bechers Ш
M a rek O strowski
INTERPRETAC JA LIRYKI J. R. BECH ER A W ESEJU D E R W EG J O H A N N E S R. B E C H E R S PA ULA RILLI
Esej Paula Rilli pt. D er Weg Johannes R. Bechers pow stał w roku 1950 i był próbą ukazania rozwoju poetyckiego poety w formie jasno określonej drogi twórczej. Rilla wywarł jako krytyk literacki znaczny wpływ na recepcję Bechera we wczesnych latach powojennych. Tw órczość liryczna Bechera, zwłaszcza we wczesnej fazie rozwoju, z uwagi na olbrzymi ładunek subjektywno-emocjonalny wyłamuje się, zdaniem autora, z narzuconych jej przez Rillę ram.