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Neurotische Persönlichkeiten unserer Zeit. Einige Bemerkungen zu den Frauengestalten des epischen Werks von Ingeborg Bachmann

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A C T A U N I V E R S I T A T I S L O D Z I E N S I S

FOLIA LITTER A RIA U , 1984

Anna Broniewska

NEUROTISCHE PERSÖNLICHKEITEN UNSERER ZEIT

Einge Bemerkungen zu den Frauengestalten des epischen W erks von Ingeborg Bachmann

Beim Durchsehen der Rezensionen des epischen Schaffens von Inge-borg Bachmann w ird augenfällig, daß eben dieser A bschnitt nur mit gem ässigter B egeisterung angenommen w ird und ihre Erzählungen als auch Romane, im G egensatz zu ih rer Poesie, keinestalls mit grenzenlos enthusiastischem Beifall b eg rü ß t w urden.

Besonders K ritiker m ännlichen G eschlechts treten diesen W erken mit g ro ß er Reserve entgegen, indem sie Ingeborg Bachmann eine üb er-mässige N eigung zu Redseligkeit, U nschärfe und Trivialität vorw erfen. Die Frauen un ter den K ritikern hingegen — wie Peter H. N eum ann1 angibt — lehnen jene V orw ürfe entschieden ab und sind b ereit den besonderen W ert der Ępik von Ingeborg Bachmann zu verteidigen. Die A rgum entation jener Kritiikerinnen isst zwar m ehr em otional als sachlich motiviert, beruft sich aber daher auf die Stärke und Tiefe der w eibli-chen Intuition

Eines der w ichtigen K ennzeichen des literarisch en W erk es ist sein G efühlsgehalt, seine Fähigkeit, beim A bnehmer gew isse Emotionen hervorizurufen. Dieser Faktor dringt am stärksten und schnellsten in den Leser ein, jedoch nicht in den Bereich seines Intellekts, sondern in den seiner Gefühle. A ndere Eigenschaften des W erkes, z.B. der Aufbau desselben, seine esthetischen und leh ren den W erte, w erden beim erstm aligen Lesen nicht w ahrgenom m en und können somit auch

nicht G egenstand ein er spontanen Beurteilung sein*.

1 V gl. P. H. N e u m a n n , Ing ebo rg B achm anns To d esb o tsch a lt, „M erk u r" 1978, H. 11, S. 1130— 1136.

* M ehr d arü b er in G ru n dzü g e der Literatur u nd S p ra ch w issen sch a lt, Bd. 1, M ü n chen 1974.

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W as M änner im Allgemeinen wahrnehm en, Frauen aiber eben in Ingeborg Bachmanns Erzählungen und Romanen finden, sind

Sehnsüch-te, Leidenschaften, Bestrebungen,., also etwas, was ihrer W ehm ut weit um fangreichere Ausmasise verleiht, als es norm alerw eise bei anderen Schriftstellern der Fall ist. Durch Identifizierung können die Leserinnen das Verhaltensm odell einer em anzipierten, unabhängigen und modernen Frau auf bauen.

Die Frauen in I. Bachmanns W erken gehören einer m ateriell hochge-stellten G esellschaftsschicht an und brauchen daher nicht schwer arb ei-ten, um ihre Existenz zu sichern. Sie sind durch keinerlei familiäre V erpflichtungen gebunden und sind vorw iegend gebildet. Die Berufstä-tigen unter ihnen arbeiten nur, weil es ihnen Spaß macht, die A nderen können es sich leisten, auf Grund ihres hohen Lebensstandarts, keinerlei A rbeit nachzugehen. Alle gehören sie einem bürgerlichen Bekannten-kreis an, im Rahmen dessen sich alle mehr oder minder kennen und achten, der aucih dank Reichtum und Ruhm der einzelnen M itglieder, in der Gesellschaft A nsehen und Achtung genießt. So sind der nam enlo-sen Erzählerin in Malina die Altenwylls wohlibeikannt, von denen w ie-derum die weiblichen G estalten fast aller Prosaw erke näheres wissen.

Die mit einem unsichtbaren Faden verbundenen Erzählungen und Romane geben ein verhältnismässig genaues und w ahrheitsgetreues Abbild des Innenlebens dieser Frauen. Sie sind sich alle ihrer Unab-hängigkeit und ihrer M öglichkeit frei wählen zu können bewußt. Die Probleme, die ihnen zu schaffen machen, weisen eine Verblüffende Ähnlichkeit auf und entspringen höchstw ahrscheinlich denselben Q uel-len. Ob d as tatsächlich der Fall ist, und wie sehr jene Probleme das tiefste Innere der Frauen berühren, möchte die vorliegende A rbeit ergründen. Es soll eine psychologische A nalyse der Verhaltensw eisen einiger F rauengestalten aus I. Bachmann Prosa sein, ein V ersuch also, das typische im V erhalten von Fra-uen aus gew issen Gesellschafts-schichten der m odernen zivilisierten W elt hervorzuheben und die Treff-lichkeit, die Bachmann beim Zeichnen des psychologischen Bildes jener Frauen zu Tage gebracht hat, zu unterscheiden.

Die auffälligste Eigenschaft, die Bachmanns Heldinnen besitzen, ist ihre „U nweiblichkeit”. Es fehlt ihnen keinesfalls an weiblichen Reizen und Anmut, nein! Sie sind sehr attraktiv. Man darf sie aber nicht allzusehr mit der Eintönigkeit de? Alltags belasten. Sie lassen sich auch nicht in die Triebe des Letzteren hineinzwingen und falls es jemandem doch gelingen sollte, da sie hinein zu bekommen, erlebt e r seine größte Enttäuschung: sie sind den an und für sich „norm alen" biologischen Anforderungen des Lebens an eine Frau nicht gewachsen.

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Ehe-gattinnen, die einen H aushalt führen, Kinder gebären und erziehen. Auf die längere Dauer w ürde solch eine Lebensweise w ahrscheinlich nur V erachtung und Geringschätzung in ihnen wecken. Fanny Goldmann, die das Leiben ihrer Schw ester verschmäht, weil diese geh eiratet hat, zwei Kinder erziieht und noch dazu in irgendeinem, nichts sagendem O rt Leoben wohnt, bestätigt die oben angeführte Lebensauffassung. Die gesellschaftlich festgelegten V erhaltensnohm en, wie z.B. der Begriff von Glück und Unglück, spielen im Leben dieser Frauen nicht die ihnen vorgeschriebene Rolle. M aria Pilar bricht in Tränen aus, als sie erfährt, daß ihre Schw ester Fanny ein derart großes Unglück zugestoßen ist, und daß sie seit sieben Jahren geschieden lebt. Für ihre Begriffe raubt der V erlust des Ehemannes dem Leben einer Frau jeglichen Sinn und macht sie totunglücklich. Auf ihre naive Frage: „H ast du ihn denn nicht geliebt?" antw ortet Fanny: „Du bist eine Gans... Das sind doch keine Gesichtspunkte"*. Diese Aussage bedeutet aber keinesfalls, daß Liebe als M aßstab des Lebensinhaltes von jenen Frauen abgelehnt wird. Im Gegenteil. Jedoch liegt die A ndersartigkeit ihrer Einstellung zur Liebe darin, daß ihre P artner nur die Rolle des O bjekts (also des N ehm en-den) und nicht die Rolle des Subjekts (also des Gebenen-den) übernehm en4. Es ist ein ew iges Kommen und Gehen, den Platz des ,,Gehenden" nimmt ein anderer ein, der aber auch nicht lang bleibt und zum Schat-ten der V ergangenheit wird. Die verlassenen Frauen leiden jedesm al

auf® Neue und immer mit einer übertriebenen Intensität. Sie leiden nicht nur dann, w enn sie von ihren P artnern verlassen w erden. Auch die A n-w esenheit der geliebten Person kann ihre Unsicherheit, V erlorenheit, Argwohn und dieses panische Angstgefühl, w elches verm utlich aus H irngespinstem entsteht, nicht aus d er W elt schaffen5.

Es ist keinesfalls ein Risiko zu behaupten, daß eben dieses A ngst-gefühl die Frauen zu jeglichem H andeln bewegt. Es ist auch die U r-sache ihrer Konflikte und ihres Unglücks. M ittels psychologischer und soziologischer Lektüre kann solch ein V erhalten durchaus als das von neurosenkranken M enschen erk lärt werden. I. Bachmanns Heldinnen könnten der neuritischen Persönlichkeit unserer Zeit" als ausgezeich-nete Beispiele dienen. Die „neurotische Persönlichkeit unserer Zeit"

>1. B a c h m a n n , R equiem fü r Fanny G oldm ann, [in;] W e rk e , Bd. 3, M ü nchen 1978, S. 509.

4 Vgl. F. W. К r o f f, I. B achm anns Spiel m it der Liebe, „Die H oren " (W ilhelm s-hafen) Jg. 17, F rü h ja h r 1972, H. 1, S. 102— 110.

5 V gl. H. H e i ß e n b ü t t e l , Im N am en der Liebe. I. Bachm ann w eic h t ins 19 Jahrhundert zurüc k, „D eutsche Z e itung /C hrist un d W e lt" (S tuttgart), Jg. 24, 1971, Nr. 15, S. 23.

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ist deT Titel des W erkes von Karen Horney*, w elches zur Klassik des psychologischen Denkens gezählt wird. Im Letzteren ist das psycholo-gische W issen über den zeitgenössischen M enschen und die Ursachen seines Heruminrens zu suchen. Karen H orney gibt die klassische Defini-tion für Neurose an: Es ist eine A rt von Geistesstörung, in der das A uftreten von A ngstzuständen und M itteln zur Bekämpfung jener

Zu-stände charakteristisch sind, und die Suche nach Kompromißlösungen sowohl bewußt, als auch ganz unbew ußt stattfinden kann7. Bachmanns Pr otagonistinnen beherrscht eine innere Unruhe, die ihre Lebenskraft lähmt. Sie sehnen sich danach, ihre Pläne realisieren zu können — frei zu isein, sind aber w eiterhin Sklaven einer unerträglichen W elt und der M enschen, die ihnen angehören. Jene Unstimmigkeit mit der Um-w elt ist für neurosenkranke M enschen typisch. Sie sind abhängig von der Billigung und den Gefühlen, die die M itm enschen ihnen entg egen-bringen. Diese A bhängigkeit wird zu ihrem Verhängnis.

Die Ich-Erzählerin in Malina macht sich vollkommen abhängig von Ivan, ihrem Partner. Ivan bedeutet für sie Himmel und Erde, also alles. Mit seinem Erscheinen beginnt für sie erst das w ahre Leben. Franziska Jordan w ird zum psychischen Opfer eines berühm ten Psychiaters, den sie geheiratet hat. Fanny Goldmann ist zu Erniedrigungen und Opfern bereit, die einer Frau nicht w ürdig sind, n ur um ihren M arko an sich zu ibinden. All diesen Frauen fehlt die lebensw ichtige Selbstsicherheit, der Glaube an einen geregelten, vorw eg bestimmten Lauf der Dinge, die Überzeugung, daß alles sich zum Besten entw ickeln w ird und letzt-lich, daß der kommende Tag für sie nicht unbedingt zur Katastrophe wird, sondern sich eben so gut als „besserer" Tag entpuppen kann.

Die gefühlämässige Abhängigkeit von anderen M enschen resultiert aus dem Fehlen des Selbstbewußtseins8. I. Bachmanns drückt den M an-gel an Selbstbew ußtsein sehr unterschiedlich aus.

A ußer der obern genannten Form der V erteidigung sind noch andere bem erkensw erte Arten, und zwar jene von N adja (Titelheldin der Erzäh-lung Simultan) und Beatrix (Hauptperson aus Probleme, Probleme). Die Dolmetscherin ist immer korrekt, weiß sich immer zu benehmen. Ihr Wissen, ihre sagenhafte Sprachbehrrschung und die Tatsache, in allen sehensw erten Städten der ganzen W elt gew eilt zu haben, imponiert den M ännern unheimlich. W enn man dieses V erhalten jedoch unter die Luppe

" K . H o r n e y , N e u ro tyc zn a osobow ość n aszyc h czasów , W arszaw a 1977. 7 Ebenda, S. 36. M it dem Problem d er N e urose b esch äftig en sich u n ter anderen: R. L i n t o n , K u lturow e p o dsta w y osobow ości, W arszaw a 1975; H. S e y 1 e, Stres o kiełzn an y , W arsz aw a 1975; K. J a n k o w s k i , O d p sy ch iatrii bio lo gicznej do hu-m a n istyc zn ej, W arszaw a 1975.

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nimmt, sieht man verblüfft, daß es eine A rt Kompensation ist®. Ihre Unsi-cherheit artet in das Bedürfnis aus „anderen zu gefallen und zu imponie-ren", Verbindungen zu berühmten Persönlichkeiten, Reisen, die außer-gewöhnlichen Sprachkentnisse, die Eleganz der sie umgebenden Luxus-welt geben ihr Selbstsicherheit. W ie ein U hrenwerk bestimmten V erab-redungen, Konferenzen, Sympisien und derer Ä hnliches ihre Tage und Nächte, erlaubten ihr nicht, die Rolle einer jungen, klugen und impo-nierenden Frau aufzugeben. Erst der Ausflug ans M eer in Begleitung eines unbekannten Mannes, ebenfalls in ihre Existenz-M aschinerie ein- kalkuliert, bringt ihre-neu ro tisch en A ngstzustände zum Vorschein. Es bietet sich natürlich die seltene Gelegenheit, mit sich seihst und seinen Erinnerungen allein zu sein, dem erbarm ungslosen N achsinnen über die eigene Unvollkommenheit als Simultan und Frau ausgesetzt zu w erden. ,,Noch als er sie in Rom im Hotel abgeholt hatte, w ar Ihr der Aufbruch wie der in ein übliches A benteuer vorgekommen, aber je w eiter sie sich entfernte von ihrem Standplatz, der w ichtiger für sie w ar als für andere ein Zuhause und von dem Sich-Enbfernen daher viel heikler, desto unsi-cherer fühlte sie sich. Sie war keine selbstsichere Erscheinung mehr in einer Halte, in einer Bar, entw orfen von VOGUE oder GLAMOUR, zur richtigen Stunde, im richtigen Kleid, fast nichts mehr deutete auf ihre Identität hin... Damit er nicht merkte, wie sie es fürchtete, auf ihn angewiesen zu sein, bemühte sie sich, ihn fühlen zu lassen, daß es ohne ihre O rtskenntnisse und O rientierungskünste nicht ging..."10

Ihre mörderische und erschöpfende A rbeit w urde izu einer magischen Formel, zu einem Ritual, das ihr hilft, ihre Wehrlosigkeit und A ngstzu-stände angesichts neuer und unbekannter Situationen vor sich selbst und den anderen geheimzuhalten11.

Psychologen behaupten einstimmig, das ein V erhalten, welches A ngst-zustände bew irkt, zu M üdigkeit, Spannungen und Erschöpfung führt. M enschen verfügen über eine ganze Reihe von verschiedenartigen Ab-w ehrreaktionen, die diese Angstzustände maximal reduzieren. Eine der

wichtigsten Methoden ist, dem Übel — also allen Situationen, die in Angstzustände ausarten können, aus dem W ege zu gehen. Ob bewußt oder auch unbew ußt gewählt, so ist doch ein jedes Remedium folgen-richtig. Auch wenn es heißt, sich aus dem Leben zurückzuziehen, der Welt und dem unaufhaltbarem Lauf der kommenden Tage passiv

ent-« K o m pensation — die T en den z zu r im U n terb ew u ß ts ein d u rc h g efü h rte n A us-g leich u nus-g d er p sy ch isch en M änus-gel.

10 I. B a c h m a n n , S im ulta n, M ü n ch en 1972, S. 19.

11 R. Linton v e rtritt in seinem W erk (siehe A n m erk u ng 7) die Merinung, d aß d ie ak ze p tierte n N o rm en imm er als s ch ü tz en d e M au er v o r n e u ro tisc h e r U n sich erh eit fun g ieren .

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3 8 ... ... —... -... , A nna Bronżew skaŁ , ...-, ... _________

gegenzutreten, oder gar seine Bedürfnisse maximal einschränken zu lassen 12.

Beatrix, H auptgestalt der Erzählung Probleme, Probleme, bringt trotz ihres jungen A lters keinerlei A ktivität an den Tag. Sie arbeitet nicht, interessiert sich für nichts, hat keine Leidenschaften. Ihre gesellschaft-lichen K ontakte 'beschränken sich auf eine Person, den Erich. Am wohl- sten fühlt sie sich in den vier W änden ihres winzigen Zimmers, genauer gesagt in ihrem Bett, welches s i e .— bestünde nur die M öglichkeit — nie verlassen würde; es sei denn, um in den Kosmetik-Salon ,,René" zu gehen. D ort w ird sie — für ein M eines Entgelt — sehr freundlich behandelt, m an kommt ihren Forderungen nach, liest ihr die W ünsche von den Augen ab, pflegt ihren Körper. A ußer stilliegen oder sitzen muß sie dort gar nichts, man stellt ihr keine A nforderungen. Bei „René" konnte sie ihre Träum e kontinuieren, 'den Traum von absoluter Ruhe und Sicherheit ohne H indernisse w eiterträum en. Bis einmal eine neue, unbekannte Bedienung an d er w ohlbekannter Hilde da,zu beitrug, ihre U nsicherheit zu entblössen. Sie fühlte sich sofort angegriffen und b rach -te der „N euen" A ggressivität entgegen, d ie sich langsam, aber unaf- haltsam in V erzw eiflung verw andelte, um zuletzt m it einem histeTischen Tränenausbruch und ein er Flucht aus dem Salon ihr Ende яи finden. Bei Beatrixes absoluten Passivität kann auf keinen Fall die Rede von einer bew ußten A bw ehrreaktion gegenüber ihren A ngstzuständen sein. Sie w ar sich der Ursachen ihres V erhaltens nicht bew ußt. Da ihr aber auf Schritt u nd Tritt vorgew orfen wurde, zu w enig aktiv izu sein, v er-suchte sie n ich t n u r den anderen, sondern auch sich selbst d ie Unsache für ihre U ntätigkeit ausfindig zu machen. Am einfachsten war es, allen M enschen und Dingen Gleichgültigkeit und Geringschätzung en tgegen-zubringen. Sie redete sich ein, daß allies langweilig und grenzenlos erschöpfend ist. Diese Ü berzeugung ließ d en V erdacht g ar nich t auf- kommen, daß sowohl Menschen, als auch Dinge sie beunruhigen, äng-stigen, entsetzen und m ittelbar jene Passivität verursachen. M enschen die neugierig den kommenden Erlebnissen entgegenschauen, die einen

gesunden A rbeitsdrang verspüren, denen das Reisen Freude "bereitet, die mit großem Eifer die W elt kennenlernen wollen. Und zu g u te r Letzt M enschen, die sich in verschiedene komplizierte und äußerst verzw ickte Konflikte einlassen, sind für Beatrixens Begriffe einfach Idioten, die sich vollkommen unnötig Probleme ausderiken. G leichgültigkeit und Langweile, aber auch V erachtung für die Umwelt dient Beatrix dazu, ihre Lebensweise in ihren eigenen Augen zu gerechtfertigen. Es ist die

n V gl. H o r n e y , a.a.O ., S. 40— 45; A. K ę p i ń s k i , Lęk, W arszaw a 1977, S. 15— 16.

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einzige G erechtfertigung, die ihr V orteile bringt. Beatrix w urde aufgrund ih rer A hnungslosigkeit und der U nfähigkeit den U rsachen ihres V erhaltens auf die Spur zu kommen, von ein e r unaufhörlichen U nruhe ge-quält. Die Beantwortung des „W arum " erlau bt ihr diese U nruhe abzu- bauen, denn alles „Bekannte"13 ist frei von Spannungen. Das H

eraus-finden der G ründe ihrer Passivität erlaub te ihr außerdem e ine H ierarchie der w ichtigen und w eniger w ichtigen Lebenserscheinungen herauszuar-beiten. Damit w ollte sie sich und der W elt bew eisen, daß ihre absolute Trägheit und der W iderw ille aktiv am Leben teilzunehm en begründ et und zu entschuldigen ist. Auch Miiranda, aus der Erzählung Ihr glücklichen Augen, hat eine M ethode, um ihre A ngstgefühle zu verringern. Sie v e r-liert einfach ab und zu ihre Brille. Ihre Stab- und Zersichtigkeit empfin-det sie als „G eschenk des Himmels" und ersp art ihr den A nblick von G räßlichkeiten, den „Blick in die Hölle". Sie hat ihre eigenen V o rstel-lungen von d e r W elt, und diese reich en ihr völlig aus. Sie geben ihr das Gefühl von Sicherheit. Das reale W eltbild hingegen erfü llt sie mit G rauen und Angst. „Dieses Inferno hat nie aufgehört, für sie an Schrek- ken zu verlieren. Darum sieht sie sich, immer auf der Hut, vorsichtig um in einem Restaurant, eh sie die Brille aufsetzt, um die Speisekarte zu lesen, oder auf der Straße, w enn sie ein Taxi herbeiw inken will, denn wenn sie 'nicht achtgibt, kommt in ihr Blickfeld, w as sie nie m eh r v ergessen kann: Sie sieht ein verk rü ppeltes Kind, oder einen Zwerg oder eine Frau mit am putiertem Arm [...] diese globale Emanation von H äßlichkeit, treibt ihr die Tränen in die Augen, läßt sie den Boden unter den Füssen verlieren, und damit das nicht eintrifft, liest sie schnell die Speisekarte und versuch t blitzschnell, ein Taxi von einem Privatauto zu unterscheiden, dann steck t sie die Brille w eg..."14

Die A ugenkrankheit M irandas steig ert ihre Furcht vor der Welt, sie kann aber auch ihr U rheber sein. Da sich M iranda instinktiv von dieser Furcht befreien oder sie w enigstens verrin g ern möchte, g estaltet sie ihre Schwäche in eine w esentliche Kraft, in ihre Ü berlegenheit. Sie braucht nur die Brille abzunehm en und schon bleibt ihr der A nblick der h äß-lichen und unheimäß-lichen W elt ersp art. Situationen die U nangenehm es mit sich bringen können, geht s ü einfach au s dem W eg und kann somit w eiter in ihrer N ebelw elt existieren. M iranda zieht aus jener A ugen- krankheit zusätzlichen Nutzen, denn w er ist schon so hartherzig, um körperlich behinderten H ilfeleistungen abzusagen. Da sie eine junge und elegante Frau ist, sind es meist M änner denen sie leid tu t und die d ah er sofort ihre ritterliche Hilfe anbieten. Frauen em pfinden das Leiden M irandas aber total anders: „Josefs heilige M iranda, die

Fürsor-13 Der Begriff „das B ek an n te" w ird aus d er A rb eit v e n A. K ępiń sk i entnom m en. 14 B a c h m a n n , Sim u ltan , S. 87.

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gerin aller G renzgänger, w ird von Stasi geröstet, zerteilt, aufgespießt und verbrann t, und M iranda fühlt es körperlich, wenn sie darüber auch nie ein W o rt erfahren w ird"1*.

Für alle H eldinnen des Bandes „Simultan", für Erzählerin in „Malina", Fanny G oldmann und Franziska Jordan, sind „Liebe" und „Einsamkeit" erstrang ige Probleme. Sie fühlen sich bedroht und hilflos, und das ist der Grund, w arum das W arten auf Liebe mit einem W arten auf Erlösung aus H öllenqualen zu v ergleichen ist. Liebe bedeutet für sie e rst das w a h r e Leben. Liebe ist für die M enschen im A llgemeinen eine zusätz-liche Quelle, aus der angetrieben vom natürzusätz-lichen Instinkt, Kraft und

A nnehmlichkeiten geschöpft w erden. Für neurotische M enschen ist aber die Liebe eine l e b e n s n o t w e n d i g e A ngelegenheit1®. Die Frauen I. Bachmanns möchten un d m üssen um jeden Preis geliebt w erden, kostet es noch so v iel17. Für M iranda zählt eigentlich nur Josef, e r ist nicht nur ein hilfsbereiter, n e tter Mann, sondern erlau bt ihr du rch seine A n-w esenheit sich sich ere r zu fühlen, gleich ob sie gut o der nur schlecht sieht. „ [...] und sie dankt ihm, um klam mert ihn plötzlich furchtvoll und möchte etw as sagen, ab er nicht nur, w eil er gekom men ist u nd ihr hilft, sondern w eil er ihr hilft zu sehen und w eiterzusehen"18. Allein schon der G edanke „den Josef v erlieren zu können" läßt sie erschreck en, tro tz -dem bringt sie es nicht fertig ihn ohne M ißtrauen anzusehen. Seine fü r-sorgliche Einstellung ihr gegenüber m acht sie m ißtrauisch und argw öh-nisch. Im G runde genom men glaubt sie nicht an seine Liebe, aber auch an keine andere. Sie ist fest überzeugt, daß niem and sie liebgew innen könnte, daß sie nicht w ert ist geliebt zu w erden und daß andere Frauen keinerlei M ängel vorw eisen, viel schöner und interessanter sind und daher a ttra k tiv er und begehrensw erter für M änner. Dies ist natürlich eine typisch neurotische B etrachtung des Lebens — voll Furcht und Ü berzeugung, daß man in der Liebe keinerlei Chancen hat, und dies von vornherein.

M iranda bringt 'die nötige Kraft nicht auf, mit Stasi um Josef zu kämpfen. Als sie seine U nentschiedenheit bem erkt, zieht sie sich zurück. Sie w ill ihn lieber freiwillig verlieren , und in diesem Sinne läßt sie Josef und Stasii aufeinander zutreiben. Damit möchte sie allen Dreien,

» E benda, S. 100.

le Vgl. K ę p i ń s k i , a.a.O . A. K ęp iń sk i u n tersc h e id e t zw ischen zw ei biolo gisch en G esetzen, w elch e das Leben a ller M en schen b estim m en. Das e rs te G esetz d ien t zur E rh altu n g des L ebens u n d das zw eite zur E rh altu n g d er G attu ng.

1T D am it b esc h äftig en sich ih re n eu ro tis ch e n B edü rfnisse. M eh r d a rü b e r in: O. P f i s t ' e r , Das C h risten tu m u nd die A n g st, A rtem i* V erlag 1944.

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dem Josef, d er Stasi und sich selbst auch beweisen, 'daß ihr eigentlich nie etw as an Josef gelegen war. Die „Flucht" als Abwehr gegen Si-tuationen, die womöglich A ngstzustände herv orrufen können, tritt, ähnlich wie bei Beatrix auch bei M iranda auf. M iranda brin gt es fertig dem Paar ihre Gleichgültigkeit vorzutäuschen, denn für sie ist Liebe gleich Sicherheit. Seitdem Josef und die Liebe zu ihm nicht mehr das sind, w as sie w aren, und zwar eine Oase des Friedens, m ußte sie an Flucht als ihre einzige Rettung denken, um nicht von U nsicherheit v er-zehrt zu w erden19. Zumal es eine Flucht aus den Armen des einen M an-nes in die des anderen ist, und ihr, w enn auch fü r kurze Zeit, wüeder das Gefühl der Sicherheit und G eborgenheit verleiht. Das V erhalten M irandas ist ein klassisches Beispiel für das „neurotische Liebesbe- dürfnis". Es ist nichts anderes, als das Gefühl der inneren Sicherheit und G eborgenheit — in Form von Freundlichkeit, H ilfebereitschaft und A nerkennung — das jene M enschen brauchen, w elche Furcht und eine absolute H ilflosigkeit gegenüber dem feindseligen Leben v ersp üren 20. Die Sehnsucht nach ein er so verstandenen Liebe ist d erart groß, daß sie die M öglichkeit der W ahl völlig ausschließt und eher einer Zw angs-situation g leicht und nicht, wie e s bei d er Liebe eigentlich der Fall sein sollte, ein von Lustprinziipien geleitetes V ergnügen. So ipassiert e s oft, daß neurotische Personen nach dem V erlust d es geliebten M enschen — durch ihr grenzenloses Liebesbedürfnis — in die Arme des am nächsten Stehenden getrieben w erden21.

Die oben angeführten Erw ägungen betreffen M iranda, N adja, Elisa-beth, Franziska, Fanny und die namenlose Erzählerin in Malinà. Die zu-letzt erw äh nte H eldin erle b t ihre Liebe zu Ivan besonders intensiv. Ihre Liebe beinhaltet alle hier erw ähnten G esichtspunkte des v erhängnis-vollen Bedürfnisses an Sicherheit und G eborgenheit, aber es kommt noch ein neuer hinzu, zwar Leidenschaft. Das K olorit ihrer W elt ist ganz und gar von Ivan abhängig. W enn e r erscheint, verschw indet die gähnende Leere, die unerträgliche M üdigkeit und M elancholie, um dem Glüoksgefühl Platz zu m achen. „Seit ich diese N ummer w ählen kann, nimmt mein Leben endlich keinen V erlauf mehr, ich g erate nicht mehr unter die Räder, ich komme in keine ausw eglosen Schwierigkeiten, nicht mehr v o rw ärts und nicht vom W ege ab, da ich den Atem anhalte, die Zeit aufhalte und telefoniere und rauche u n d warte... und solange ich ihn höre und mich von ihm gehört weiß, bin ich am Leben"22.

'• Vgl. H o r n e y , a.a.O ., S. 85. *“ Ebenda, S. 81.

» M eh r d a rü b e r in: A. K ę p i ń s k i , M ela ncholia, W arszaw a 1974. I. B a c h m a n n , M alina, F ra n k fu rt am M ain 1977, S, 27, 40.

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Ivans A nw esenheit verleiht ihrem Leben erst den richtigen Sinn und ein erstreibenswertes Ziel. Ivan ist Sinn und Ziel zugleich. Das Leben ist eine einzig große Liebe und außer ihr zählt nichts. Solch eine Liebe ist aber leider, keine von d er positiven, unser Inneres erbauenden Sorte. In ihr gibt es für .die Partner keinen gemeinsamen Weg, denn jene Liebe e x i s t i e r t nur in (der Erzählerin23 — und führt zu keiner V erteidigung der Gefühle. Die Heldin w eiß von Anfang an, daß diese Liebe zum Tode veru rteilt ist, daß sie sich beide trennen w erden müssen, und daß diese Trennung unvermeidlich ist. W oher sie das so sehr gut weiß, erk lärt sie m ittels ein es'S atzes: „[...] aber da Ivan mich nicht liebt, und auch nicht braucht, warum sollte er mich eines Tages lieben oder brauchen? Er sieht nur mein glatter verdendes Gesicht und -freut sich, w enn er mich zum Lachen bringt, und er wird mir w ieder erklären, daß w ir gegen alles versichert sind, wie unsere Autos, gegen die Erdbeben und die H urrikane, gegen die Diebstähle und die Unfälle, gegen die Feuerbrünste und gegen den Hagel, aber ich bin versichert in einem Satz und sonst nichts. Die W elt kennt Ikeine V ersicherung für m ich’'24. Die Erzählerin ist im G runde genommen die ganze Zeit über innerlich zerschlagen. Sie ist sich der Sinnlosigkeit und Unbeständigkeit dieser Liebe bewußt, sie liebt und leidet, er da-gegen bleibt gleichgültig. Es ist ihr, als ob die W elt über ihr zusam-menbräche. Sie ‘begnügt sich mit d en Krümmeln, die Ivan von seinem

Leben übnig bleiben, und die er ihr ab und zu großzügig äberläßt. Ein v erirrtes Lächeln, das Bißchen Zeit zwischen einer V erabredung und der nächsten, die paar M inuten am Telefon, und das nur selten, mußten ihr genügen, um w enigstens für kurze Zeit dem w ahren Ich freien Lauf zu geben. Ihr V erlangen ununterbrochen bei ihm zu sein, kann nicht gestillt w erden. Sie bringt es aber nicht fertig, ihn zu verlassen, en t-schieden ,,Nein" zu sagen. Auch M alina v ertritt diese Meinung und flüstert ihr zu „Töte ihn"25.

Ivan bleibt am Leben. Die nam enlose Erzählerin lößt sich auf. W er bleibt, ist Malina. Und am Ende nur ein Satz der Erklärung: „Es war Mord". Holger Pausch26 und auch andere Kritiker interpretieren diesen Satz als Mord, der am weiblichen, sehr sensiblen Teil M alinas verübt worden w ar. Am Leben geblieben ist die andere, männliche: also sach-liche, innerlich ruhige und produktive Teilipersönlichkeit. Der M ord

и R. H a r t u n g , D okum ent einer L ebenskrise. I. Bachm anns erster Rom an „M a-lina", „Die Z eit" (H am burg), Jg. 26, 1971, N r. 15, S. 4.

14 B a c h m a n n , M alina, S. 78. « Ebenda, S. 354.

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obzwair nur symbolisch ibegangen, besitzt eine schw erw iegendere A ussagekraft als die Flucht in die Sicherheit, egal w elche G estalt sie an -nimmt.

M alina hat in dhrem Innern nicht nur die Liebe zu Ivan getötet, aber mit ihr den Sinn und das Ziel ihres eigenen Lebens durchgestri- chen. Die Gesamtgeista.lt w urde durch 'diesen M ord 'der Gefühle be-raubt und besitzt dadurch die Fähigkeit:

n u r mit G edan ken U m gang hab en und allein 21 n ichts Liebes k en nen, und n ichts Liebes tun*7.

Die psychologische Analyse des inneren W esens d er Bachmannschen Frauengestalten w äre unvollständig, w ollte man die ältere Frau Jordan übergehen. Die ältere Frau Jordan, dlie M utter des berühmten Psychia-ters Leo Jordan, die ihren Sohn, w ie es scheint, grenzenlos liebt, v er-dient nicht nur auf Grund ihres hohen A lters i(85 Jah re al't) einen tief-gründigen Einblick in ihre Probleme. Sie unterscheiden sich grundsätz-lich von denen der jungen Frauen. Die Einsamkeit der älteren Dame kann mit der, in d er voliegenden A rbeit besprochenen, nicht gleich-gesetzt w erden. Sie als einzige hat ein Kind geboren und erzogen, und dieser Tatbestand hat ihre Denk- und V erhaltensw eise bestimmt. Dank der A nwesenheit des Kindes, w ar das Entstehen ein er inneren Leere und Ziellosigkeit unmöglich. W ährend sie ihrer Schw iegertochter Franziska Erlebnisse aus ihrer V ergangenheit erzählte, enthüllte sie ein an -deres Antlitz der Einsamkeit und der Angstgefühle, die möglicherweise allen anderen Bachmannschen Frauen zuteil gew orden w ären, hätte ihr eigenes Leben einen anderen Lauf genommen. Ihre Angstgefühle e n t-stammen zwar nicht den im aginären Sehnsüchten, sind jedoch das Ergeb-A ngstzustände, die ihr Sohn in ihr hervorruft, sind mit vielen negativen Gefühlen verbunden. Sie nimmt es ihrem Sohn übel, daß e r sie alleinle-ben läßt daß sein V erhalten ihr und and eren Frauen gegenüber sikrupel- nis eines fortw ährenden M angels an Sicherheit und Geborgenheit. Die los ist. Da ет aiber ihr einziger Sohn, also* ihr „ein und alles" w ar, konnte sie es nicht zulassen, daß die Tatsache ihrer Feindseligkeit ihrem Sohn gegenüber jemals in ihr Bewußtsein hineindringe — und sooft diese Feindseligkeit entstand, w urde sie v erdrängt28. Karen H orney ist der

27 I. B a c h m a n n , Erklär m ir die Liebe, (zit. nach : H. J. B a d e n , Eros und Erlösung, [in:] P oesie un d T heologie, H am b urg 1971).

28 Die V erd rän g u n g ist die T ätig k eit ein es d er p sy cho log isch en A b w eh r-m echanisr-m en des M enschen, der auf der B eseitigun g aus der-m B ew ußtsein der

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M einung, daß das Bewußtsein d er eigenen Feindseligkeit aus bestimmten Gründen nur schw er zu ertrag en ist: „Man kann die Person, gegen die man H aßgefühle hegt, gleichzeitig auch lieben und brauchen. M an kann nämlich aus gewissen G ründen die Feindseligkeit gegenüber manchen Personen nicht w ahrnehm en wollen. In diesen Fällen ist die V erd rän-gung der schnellste und zugleich der kürzeste W eg zur sofortigen Selbst-beruhigung"29. Dank der V erdrängung verschw indet die Feindseligkeit aus dem Bewußtsein. Aus dieser V erdrängung resultieren alle Loblie-der d er älteren Dame auf ihren Sohn und auch ihre Bitten, Franziska möge ihm un ter kein en Umständen auch nur ein W ort über ihren G esundheitszustand erw ähnen. „Sie w issen ja, was für ein besorgter M ensch e r ist, es könnte ihn aufregen, sagen Sie ihm bloß nicht, daß mit meinem Knie etw as nicht in O rdung ist, es ist ja eine solche Kleinigkeit, aber e r könnte sich aufreg en "30.

Die A ngst vor dem eigenen Sohn verw andelt sich hier in Angst um sein überlastetes N ervensystem . Es ist jedoch viel schw ieriger sich sel-ber zu b etrügen als jemanden anderen. Die verdrängten G edanken und Gefühle 'beginnen ihr eigenes Leben zu leben und finden ihren A us-druck in A lpträum en und H alluzinationen31.

Frau Jord an hört seit einiger Zeit H undegebell. Nach langw ierigen V ersuchen ist es Franziska gelungen die ältere Dame zum Reden zu be-wegen und dabei d er Sache auf den G rund zu kommen. Die skruppel- losen Forderungen des Psychiaters Leo Jordan, — den Lieblingshund seiner M utter aus dem Hause zu schaffen — v eru rsach ten das Entstehen ihrer Haß- und A ngstgefühle ihm gegenüber. ,,M eine einzige Angst w ar immer, in ein A ltersheim zu müssen, und das w ürde Leo nie zulassen, und hätte ich nicht diese Wohnung, m üßte ich in ein Heim, und das ist wohl ein H und nicht w e rt”32. Frau Jo rdan hat natürlich nie erfahren, d aß dieses Gebell nur innerhalb ihrer gequälten Psyche stattfand und daß eine H eilung d urchaus möglich gew esen wäre — hätte sie nur ihre w ahren G ründe erk an nt. Es ist zu bezweifeln, ob jene Erkenntnis ihr geholfen hätte, denn das Gebell w ar ihr doch lieber, als das Bewußtsein den Sohn zu hassen. Franziska hat aus den gemeinsamen G esprächen allzu viele Schlüsse, um w eiterhin an der Seite eines niederträchtig en und skruppellosen M annes zu leben. Da sie das A usm aß des

angerich-an g stb rin g en d en In h alte b eru h t. V erd rän g en d — v erg iß t d er M ensch die E reignisse, W orte, N am en, usw .

** H o r n e y , a.a.O ., S. 59.

30 B a c h m a n n , S im u ltan, S. 108.

31 S. F r e u d, Die T ra um deu tu ng , Leipzig— W ien 1952. 34 B a c h m a n n , Sim ultan, S. 123.

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teten Leidens erkannte, geriet sie in grenzenlose Verzweiflung, die schließlich ihren Tod verursachte.

Ingeborg Bachmann hat ihren unbeendeten Romanenzyklus .T o d es-arten" genannt. Die H eldinnen verstehen und nehm en Vieles w ahr.

Viel zu viel, um ruhig an die Zukunft zu denken. A lle sind sehr sensi-bel, zu sensibel um sich nur der Bew underung der W elt hinzugeben. Es geschieht viel zu viel Böses um sie herum, und in ihnen ist das A ngstge-fühl viel zu groß, so d aß ihr Leben zur Hölle wird, in der sie restlos verbrennen.

Ist die W iderspiegelung unserer W irklichkeit tatsächlich so sehr v er-fälscht? Diese Frage m uß jeder Leser selbeir beantw orten, und das ma-chen bestimmt alle Leserinnen der W erke von Ingeborg Bachmann, in-dem sie siie so eifrig und aufrichtig verteidigen. I. Bachmann sieht und fühlt die W elt eben so und beantw ortet unsere Frage in der V orrede zum Roman Der Fall Franza-, „Es versucht [dieses Buch] mit etw as bekanntzumachen, etw as aufzusucihen, w as nicht aus d e r W elt v er-schw unden ist. Denn ist es heute nur unendlich viel er-schw erer, v e rb re-chen zu begehen, und daher sind diese V erbrere-chen so sublim, daß wir sie kaum w ahrnehmen und begreifen können, obw ohl sie täglich in unserer Umgebung, in un serer N achbarschaft begonnen w erden [...] Die V erbrechen, die Geist verlangen, an unseren G eist rühren, und w eniger an unsere Sinne, also die uns am tiefsten berühren — d ort fließt kein Blut, und das Gemetzel findet innerhalb des Erlaubten und der Sitten statt, innerhalb einer Gesellschaft, deren schwache N erven vor den Bestialitäten erzittern.

Aber die V erbrechen sind darum nicht geringer geworden, sie v er-langen nur ein größeres Raffinement, einen and eren G rad von Intel-ligenz und sie sind schrecklich"33.

A n na B ro n iew ska

NEUROTYCZNE O SOBOW O ŚCI NASZYCH CZA SÓ W K ilka uw ag o po staciach ko b iecych

w ep ick ich d ziełach In gebo rg Bachm ann

A u to rk a a rty k u łu sta ra eię do ko nać p sy ch o lo giczn ej an aiizy p o stęp o w an ia bo -h a terek o po w iadań i p ow ieści In gebo rg Bac-hm ann. W szy s tk ie b o -h ate rk i tom u Sy- m u ltan ka oraz n a rra to rk a pow ieści M alina c ie rp ią n a tę sam ą p rzy k rą dolegliw ość, k tó ra nie po zw ala im żyć w sp o ko ju i realizo w ać sw ych planó w i m ożliw ości.

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A u to rka uważa,, że w sz ystkie one o g a rn ię te są ogrom nym lękiem (nieodzow nym skła dnikie m k aż de j nerw icy), m a nifestując ym się nieśw iadom ie w różnych form ach zach ow ania: w opow iada niu ProbJem y, pro b lem y u B eatrix w a b so lutn ej bezc zyn-ności i n adm iernym p ra gn ien iu snu, w S y m u lta n c e u N a dji w reżim ie je j .prac y, nie do zw a la jąc y m na ja k ąk o lw ie k im prow iza cję , w k tó re j m ogłaby w yp aść z roli e le g a nc k iej i m ąd rej tłum aczki, u bezim iennej n a r ra to rk i M aliny i u M ira nd y z opo-w ia d a n ia W y szc zęśliopo-w e o c zy — opo-w n e uro ty c z ne j p otrz eb ie m iłości, b ę dą ce j dla nich o az ą spo koju i be zpie cz eń stw a w c ią g łe j ucieczce przed p u stk ą i sam otnością , jed y ny m dla nich schronie niem przed lękiem .

A u to rka su g eru je, że z ain te re so w a n ie cz yte lnic ze k sk up ia się głów nie w okół p rze kazu n eu ro ty c zn eg o obrazu św ia ta, n a sz ej w sp ółc zesn ej rzecz yw isto ści, bę dąc ej rów nież ich udziałem .

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