JK 47. J a h r g a n g I I 1834.
Von diesem Illatte erscheint wöchentlich 1 Bog. in Quarto, so oft es die Verständlichkeit des Textes erfordert, wird eine
Beilage gegeben.
D er Preis des Jahrg. ist 5 thlr.
der des halb. - -
und wird das Abonnement prä
numerando entrichtet. Man un
terzeichnet auf dies ßlatt, aus
ser hei dem Verleger, aufallea K .l’ r. Postämtern und in jeder
soliden üuclihaiullung.
M I S , E * t r M ,
■B l ä t t e r f ü r b i l d e n d e K i r n s t ; ‘
Berlin, den 24. November.
XLedacteur D r. X1. K u g le r . V erleger G e o rg e G r o p iu s .
B e r ic h t ü b er die
B e r l i n e r S u n a t - A u s s t e l l u n g -
(Fortsetzung).
D a sitzt nun der lange, diirre, nicht mehr ju
gendliche llehl in seinem armseligen Zimmer; rings um ihn her die Rittergedichte aller Nationen in» wö- sten VVirrwar, wie er sie gelesen und gierig nach anderm bei Seite geworfen. Jetzt hat er den Ama- dis von Gallien vor und studirt darin mit höchstem Eifer. Er sitzt in einem alten Lehnstuhl, steil und scharf das eine Bein auf Bücherhaufen gelehnt, das andre in einer Län^e, die sich in ihrer Knöchrigkeit zu mullipliciren scheint, ausgestreckt; mit der einen Iland hält er das Buch, mit der ändern hält er die S tirn , man weiss nicht welche eifriger; er ist ganz in brütender Extase, sein gläserner Blick auf dem letzten neutralen Gebiet von Verstand und Verriik- kung, jedes Glied wie zuckend und ein Krampf; schon, man hört es, krachen die Lanzen um ihn h e r, und
die Schw erter klirren, schon braust es und sauset es von allen Windmühlen, Riesen, Ungeheuern, Grei
fen und D onnerw etter; noch einen Moment und er fährt auf, greift zur Lanze und zum Kürass und ist der Hilter von Ia Mancha. — Es ist erstaunlich, mit welcher Kunst alles umher componirt und ge
ordnet ist, um den Moment, um die grosso Vergan
genheit des Ritlerlhums und eine Zukunft voll •Ver
wirrung und Lächerlichkeit auf einen Blick darzu
stellen; in der Ucberfiille des Details weiss ich kaum, wo beginnen, wo aufhüren. Da liegt ein Riltcrbuch mit dem aufgcschlagenen Turnirbild, wie es eben in des Edlen Kopfe spuckt, da sieht die Korbflasche m it. Wasser und ein angebrochen Brod, .dass man die kümmerliche Nolhdurft der Gegenwart mit den stolzen Resten von Damast decken und hochadligem Ilausralh im beredten Conlrast sehe, denn der Don hat alles von W'crth verkauft und entbehrt alles, um sich die Bücher seiner Liebe und seines Berufes an- zuschaflen. Dann steht zu seiner Seile die riesige Lanze, die sichtliche Parodie des edlen Ritters, halb verschimmelt, lang gedehnt, eine Antiquität wie er
selbst, von dem alten Raben bew acht, dem einzigen engen und nur gemuthvollen Leben der Alltäglich- lebendigen W esen in dieser fanatischen S tille, der k eit, als das Kapitel der Anekdoten und Epigramme offenbar von höchstem Alter noch eiu lebendiger in der grossen Anthologie der Malerei; es stellt sich Zeuge jener siissen Zeit, in die der R itter zurücklebt, heraus, dass es das Höchste und Tiefste des geisti- aufgeplustcrt und in sich versunken über den Plun- gen Lebens ebenso gut wie die erhabene historische der träumerisch wachend huckt. Und diese WalFen, Kunst, nur von der entgegengesetzten Seite her, auf- dieser Helm
m it
pappernem Visir, diess Geröll alterAdlersklauen, Schienen, Helmschmuck und was sonst da oben auf dem B rett, dieser Stammbaum aj^jder S eite, diese Ofenkacheln mit W appen in der sterbriistung, — es w irrt und schw irrt einem v 9 ^ | den Augen, durch das Fenster aber
dringt
mit. dem*Lichte eine fröhlich grünende W einrebe hinein, Zeugniss <xu seiji von der hellen und friedlichen W elt draussen; es ist die tiefste W ehmuthj-dass auch diess heitere Jetz^sich so hineindrängt in diese ernst
lich närrische Klause., Die malerische «^Jeredtsamkeit kann keinen grös^rTitVE^ynnpli feiern
<fls*
Sie es in diesem" Bilde th u t; man* w ird auf das Innigste von dein Allen überzeugt, was den edlen R itter Bewegt;man liesst und exaltirt sich mit ihm, es is iw ie - e in Strudel,vvon dem man ergriffen sich n ^ ^ tA f s iu k c n
>sö iiiVÄ*linter Äolchei^rrämis- fühlt, m\n- begi.#tft, da sä mVrtuinter
sen dcM’sclße^Thor wie der Don werden, W ürde, wem er es je war. — „So die Composition dieses kttstli elicn Hildes}jli.e JViisfjjjifung isMvon« einer
keife,- ji^äcision untl ^Genialität, die man nicht satt wird zu bew undern; bis in das kleinste Detail deut
lich und sprechend ist dej V o r+ r^ .sg behend, so prickelnd und acut, w ie die Hastigkeit des Momen
tes, das gleich vollbraclfle Uebergehn der überhitzten Fantasie, in luftförmige, schrankenlose, sublimirte V erw irrung fordert. Und zu dem Allen, — welche W eisheit in dem Beicinanderortlnen der tausend Dinge, w elcher Schwung in den Linien, welche Ilaiv, monie in» dem Wechselspiel der Farbe, der L ic h te r und Sehatlen! — Und ist diess nun ein Genrebild?
w enn es in die Gattung gehört oder nicht gehört, in' beiden Fällen ist es für Aeslhetik dieser Kunst
form von Bedeutung; dann allerdings gestehe ich, es für, eines der Musterbilder anauerkenuen, aus denen, ,pls der unmittelbaren Legislation des'*G<;nics, man sich allgemeine Normen abzuleiten berechtigt ist.
Gehört das Bild in den Genre, so steigern sich plötz
lich *dic Forderungen an diese Kunstgattung bedeu
tend und, ich glaube niclit, zu viel sagen, w eit über das hinaus, was man nach den bisherigen Vor
bildern Niederländischer und anderer Meister als Norm zu setzen plleglc; nur zu leicht blendet der traditionelle Nimbus von A utorität, und ohne' diesen herkömmlichen Respect, mit dem Blick uubefangener Schätzung betrachtend, findet man nicht mehr den we
sentlichen Vorzug des älteren Genres vor dein vie
len Trefflichen der A lt, was unsere.Zeit hervorbringt;
kommt nun gar der I)on Quixote in seiner tiefsinni
gen und in der That erhabenen W eise, so heisst es fortan, auch das Genre ist mehr als die heitere Wiederspicgelung des W irklichen, als die Lust am
7 D o ö HCl} UUi*
zufassen vermag; und wenn ich oben das Genre mit dem N am en.Jean Pauls bezeichnet habe, so ri^inte ich ebcn’diessf- dass beide das Einzelne, Kleine, scheinbar Unwesentliche nicht nach dieser Oberfläch
lichkeit hin darstellen, sondern vielmehr dieselbe, w enn auch sehr anders modificirte Fülle von innig
stem Leben, Empfinden und erhalten, wie es sieb im Grossen und geächichtlichj^ächtigen*1n ideellerer durchsichtigerer Sphäre zeigt, dasselbe rein Mensch
liche und Geistige von dem Beschränkten und Ver
einzelten heraus entwickeln. — Will^man aber, dass der Don Quixote picht Genrebild heissen soll, so bin ich auch (Jamit zufrieden, so ist*es ein ÜMheil über das Geüre, das für Bedeutendes nicht Rtfum i b a t , '^ stempelt es die Bezeichnung als Genrebild zu^etnem Tadel über den geistigen Gehalt eines Ge- mäfdes und unterscheidet das historische Bild durch enn den Vorzug der poetischen Tiefe, da doch den Ma- er es je war. — „So die Composition dieses köstli-, ^Icr? deu mit aller technischen Befähigung ausgestat- v ‘ Lelchtig- ^ relen, erst das poetische Vermögen zum Künstler
-:-u - “ macht. Hat letztliche Aeusserung ihre Richtigkeit (die Scheidung, äusserlich wie ich sie hingestellt, ist eine Unrichtigkeit, und die beiden Seiten, wo sie sich b e i d e finden, in unmittelbarster Einheit) so kann man sich überhaupt nicht damit vereinigen das Genre der Historienmalerei entgegen
zu
stellen*sie sind nichj verschiedene A bteilungen der
Kunst’,
sie sind n ich ts'als verschiedene Auliassungsweieen, beide mit voller und gleicher Berechtigung für das Grösscste und Kleinste; es ist wie mit ejem Unter
schiede von Speculation und Em pirie, vdin Praxis und Theorie, von poetisch Idealem und dessen Ge
gensatz. Und so finden v^r\gl;osse Meister in histo
rischen, namentlich heiligen Bildern ganz im Styl des Genres, andere in kleinen Dimensionen, in an sich nicht igrossarligen Aufgaben m in d er vollen Idea
lität historischer Darstellung den
Beweiss
liefern,dass Kleinstes^und Grössestes, je nach der Betrach
tungsweise des Künstlers für die eine öder andere Art tler Darstellung den Stoff zn liefern veiinag.
Freilich wird die historische, ich will sagen ideale Betrachtungsweise sich lieber zu grossartigen Moti
ven , die entgegengesetzt lieber zu den näher liegen
den, alltäglichen, kleinen Dingen wenden, doch ist diess Folge, nicht Hauptsache;
und
sind Schiller und Jean Paul, sind Ilistorieund
Genre Antipoden, so steht jeder aufrecht und auf der Höhe seines Horizontes. —
Da ich mich nun einmal in die Ketzerei nicht auf Autoritäten und ihre Unfehlbarkeit hin zu glau
ben, hineingeredet habe, so will ich nun noch ein w eiteres Bekenntnis» machen, das mich gewiss als
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förmlichsten Ketzer qualificiren wird. Ich habe näm
lich von Stillleben, Vieh- und Blumenstücken zu re
den. Ich kann es inir nicht klar machen, w ie von Aufgaben der A rt und etwa von Angelo’s oder l i - zian’s W erken das W ort Kunst in gleicher Weise gesagt werden kann j freilich ist in Goldschaum und Knistergold auch noch Gold , aber wahrhaftig nicht anders denn als Goldschein; und kommt bei der Hochzeittafel der Hecht, so macht man die L e
berreime und die haben Reim und Rhytmus wie Dante und Schiller, aber kann man das Poesie nen
nen? „U eber den Ketzer! er lästert die grossen M eister! Steiniget ih n !“ Gem ach, ihr H erren; ich habe schon oft gem erkt, dass ich, der Kunstlieben- den einer, und ihr von Fach Anderes bei dein W orte Kunst denken; und meint ihr schöne Linien, harmo
nische Farben, anschauliche Lebendigkeit u. s. w.
mit dem grossen W o rte, so bin ich euer ergebener D iener; fürw ahr, dann ist Rhythmus und Reim, W ohllaut und Spraclirichtigkeit Poesie, und Deutsch
land hat dann für den Augenblick etwa zehntausend Poeten, die sechzehnjährigen in Prima und Sekunda ungerechnet. Ihr freilich müsst es w issen, mir aber w ar bisher Kunst eines von jenen zaubermächtigcn und heiligen W orten, das die trüben Nebel der All
täglichkeit in unserer Brust mit dem Sonnenblick himmlischer W ahrheit durchleuchtet, und in uns das im Drang des Lebens nur zu leicht vergessene Ge
fühl, vom höheren Leben einen Funken in uns zu tragen, wieder erweckt. Sah ich mit solchem Sinn eine ausgemalte Kuh oder einen Teller mit Semmel und Sardellen, so w ar es mir, als läge das von der Kunst etwas abseilen, oder wäre, wie wenn die Muse eine Rechnung geschrieben und das ist denn ja auch von der Hand der Muse. Nun will ich nicht läug- nen, dass für manche Menschen Rechnungen anzie
hender sind als Verse, für Hirten-, Oekonomen etc.
Pferde
und Kühe anziehender als menschliches Dichten und T rach ten , für manche Damen Blumen, Krammetsvögel, Bratäpfel und ähnliches anziehender als ein sinniger Blick in die freie Gotteswelt oder in die Tiefe des Herzens; ja ich weiss von ßauers- leulcn die den Namen Sokrates oder Napoleon nicht kennen
und
doch leben, glücklich, nützlich und brav sind. ,,Aber wozu das?“ Viele seh ich voll Interesse für jene Sorte von Malerei, und da das zum Theil reiche Leute sind, so ist es gut, da sie Ver
dienst gewähren. Aber w ir wollen uns damit nicht täuschen lassen, als ■gehörten Bilder jener A rt auch noch zu dem, was man allein Kunst nennen sollte, sonst rechne ich jede Ecossaise, .jeden Leberreim, jede gestochene Visitenkarte mit in die Kunst. Und nun zur Sache; das Gesagte, ich weiss es, ist von arger Einseitigkeit und Idealisterei ; denn in der Kunst wie in der Wissenschaft ist die Vereinigung des Geistigen mit dem Handwerkerlichen d o rt, mit dem Practischen hier so mächtig, dass man kaum m erkt, wo denu endlich das Künstlerische, das W is
senschaftliche aufliört. Das muss so sein und ist vollkommen in seinem Recht. Aber eben so gerecht ist e s, für das Geistigere hier und dort einen än
dern Maassflab, ein anderes Interesse zu haben, als für die Virtuosität und das practisch Nutzbare, und indem man, nur zu oft geschieht es, artistische Klei
nigkeiten oder Hand- und Schulbücher mit denselben Prädikaten auszeichnct wie grosse künstlerische Schö
pfungen oder höchste Bemühungen im Felde des W issens, so begeht man ein Unrecht ^egen den hö
her Strebenden, der, mit ganz anderer Erhebung, Ent
sagung und Verantwortung arbeitend, nimmermehr mit jenen subalternen Bestrebungen, jener dankbaren und mühelosen Beschäftigung, jener selbst-populäreren und in glücklicher Geist- und Gefahrlosigkeit demü- thigen Beschränktheit in ein Niveau gebracht w er
den sollte. In der That, man sollte mit dem Namen Künstler und Kunstwerk sparsamer sein , bevor man in die Verlegenheit kommt, Bezeichnung von baarem Unsinn wie schlechte Kunstwerke oder geistlose Künstler, die nicht besser sind als unwissende Ge
lehrte, zu gebrauchen.
Aber sind denn w irklich die sogenannten Q u o d l i b e t s , S t i l l l e b e n etc. von so gar keinem W erth?
Mögen sie immerhin von der höchsten technischen Vollendung, von täuschender W ah rh eit,' von ge
schmackvollem Arrangement, von reizender Farben- vertheilung und was sonst immer sein, vom Hand
w erk unterscheidet sie nichts, als dass sie das Mate
rial des Kunstwerkes brauchen und damit vielleicht einen künstlerischen Anstrich bekommen. W ie der Mensch Leib und Seele, so ist die Kunst Technik und Poesie, und das untrennbar; schade um die Seele, wenn ihr der Leib mehr als Organ, wenn er ihr Herr ist, wenn sie in die Lust des Leibes untergeht und nur dazu ist, sich selbst zu verlieren; schade um die Kunst, die ihre Technik vergeudet, um die Lek- kerhaftigkeit und den Gaumenkitzel nicht einmal als Genuss, sondern im Mundvorrath und dessen Zurich
tung darzustellen, die der Poesie das Armenattest aus
stellt, die dem Publikum — doch ich will nicht w ei
ter davon reden; es ist der Mühe nicht werth. Auch die Blumen und Kühe will ich lassen; mach’ sich dar
a n , w er Lust h a t, mag die Kunst m elken, w er es will. —
Noch eine Partie Bilder habe icli in der Kürze zu besprechen, die zum grossen Theil sehr populair, zum geringeren Theil im Interesse der Kunst bedeu
tend sind. Zunächst Mililairscenen; wie sie bei uns üblich im Schwünge sind, haben sie im Entferntesten nicht den grossartigen historischen Charakter, durch den sie den Franzosen ihre geschichtliche. Grösse künstlerisch zu gestalten adäquat sind: So sehr dies zu beklagen ist, es hat. seine guten Gründe. In ih
rer Art trefflich sind die Sachen von E lsholfe, seine
„ S c h l a c h t v o n L e i p z i g “ (168) ist sehr gut ge
zeichnet und in der Farbe von rühmlicher Ilaliung, und des Künstlers Schuld ist es nicht, wenn sich iii
Anschauung verbindet; dem Bilde selbst entgeht da
durch der höchste Reiz, oder es wäre eben so gut ein Schlachtstück, wie gerade die Leipziger Schlacht genannt worden. *) In dieser Beziehung bestimmter und darum ansprechender ist desselben Malers „ W ie d e r s e h e n a u f d e m S c h l a c h t f e l d e“ (1203), die Kinder, den todtwunden Vater, die tobende Schlacht im Hintergründe, das alles ist zu einem beredten und trefflich ausgefiihrten Bilde vereint. Sehr lebendig und tüchtig sind die zahlreichen Militairscenen von R a b e , und namentlich „ d i e p r e u s s i s c l i e L a n d - w c h r“ (610) ist tüchtig und leuendig. Anderes über
gehe ich.
Auch unter den J a g d s t ü c k e n ist manches In
tere ssa n te von J u l i u s S c h u lz e und anderen; be
sonders finden auch C. F. S c h u l z e ’s „ J ä g e r a u f d e r P i r s c h f a h r t “ viel Beifall.
Nun kommt mein enthusiastischer Freund, macht höchst bedenkliche Mienen über das, was ich ge
schrieben, und ist doppelt ungehalten, dass ich noch nicht einmal mein Pensum abberichtet habe: „d ie Ausstellung gellt zu Ende, sagt er, Sie wissen, ich habe noch ein halbes Dulzend Historiker zu bere
den ; und noch fehlen Ihnen die Architekturlandschaf
ten, nebst Nachzüglern; hurtig, ich beschwöre S ie!“
Und wie hatte ich mich darauf gefreut von diesen Landschaften zu reden; nun muss ich es übers Knie brechen. Von Q u a g lio , von G ä r tn e r , von K lo s e , von H a s e n p f l u g , von E h e m a n t darf ich nicht mehr als den Namen herschreiben.
Aber von J. A. L a s i n s k y ’s „ A n s i c h t v o n O b e r s t e i n an d e r N a h e “ muss ich mir zur Freude, ein preisendes W o rt sprechen. Das Bild ist von trefflicher Auffassung und Arbeit. Man sieht über ein breites W asser in das schöne Thal hinein, auf dessen linker Seile das Kirchlein im Felsen, drüber empor das lagernde Gebirge; die helle Frühsonne beleuchtet diese S eite, während der kühle frischc Morgen in den Schatten, über dem nebeldampfenden W asser fühlbar ist. Mit besonderer Trefflichkeit sind die Felsenlagen gearbeitet; und die seltsam läuscliendcn Entfernungen und Dimensionen wie sie den Gebirgs
gegenden eigentüm lich sind treten hier in dem W echsel von Sonnenlicht und W olkenschattcn auf das Glüchlichste gegen einander. Der bläuliche Ton über dem Gewässer giebt dem Lichte selbst einen kälteren morgenfrischcn Ton, und die dampfenden Schornsteine im Städtchen, wo nun das Frühstück bereitet w ird , und die Laden sich öffnen und die Strassen sich allmählig beleben, gewähren uns, die w ir wTie W anderleute den W eg dahinüber sehn, noch sicherer das Gefühl des Morgens. Da die Farben auf dem Bilde sehr eingcschlagcn sind, so können w ir
*) Ausführlicheres über dies meisterhafte Gemälde ist bereits in einem friiliern Blatte des Museums 1833, No. 4, S. 30 mitgetheilt worden. d. R.
gründe etwas matt und m onotonerscheint; hier mehr Bestimmtheit und Entwickelung im V ortrage, uud w ir setzten das Bild keinem nach.
Unter den Architekturlandschaflen finden w ir zwei, die ausser ihrem künstlerischem Interesse auch das historische gewähren, uns mit merkwürdigen Ar
chitekturen bekannt zu machen. „ D e r T e m p e l v o n P ä s t um v o n A g r ic o la in seinen ernsten dorischcu Formen und jener eigentüm lichen Mächtigkeit, welche in der griechischen Kunst nicht sowohl Folge colos- saler Dimensionen, als höchst potenzirter Verhältnisse is t, gewinnt erst innerhalb der umgebenden Nalur seine ganze Schönheit. Agricola hat beide in ihrer Beziehung mit sehr glücklichem Auge aufgefasst und die landschaftliche Behandlung des Gegenstandes ist meisterhaft. G a'ils „ K io s k d e r m a u r i s c h e n F ü r s t i n n e n in dem A lh a m b r a zu G r a n a d a “ scheint jene interessante Architektur mit historischer Treue wiederzugeben; m it glücklichem Geschmack ist die Staffage liier gewählt. Vielleicht würde ein kräfti
geres Licht, eine saltere Färbung dem Ganzen wenn nicht mehr locale, doch mehr poetische W ahrheit gegeben haben. Nicht minder anziehend ist desselben Künstlers B a lk o n d e s D o g e n p a l a s t e s z u V e n e d ig .
Von B le c h e n ist ausser den früher schon rühm
lichst genannten Ansichten des Palmenhauses „ d ie R u i n e e i n e r K a p e lle “ auf der Ausstellung, welche in der bekannten W eise des trefflichen Künstlers den qualificirtesten Eindruck erzielt. Die treue, trau
liche Sorgfalt der Düsseldorfer Landschafter, die stv- lisirende Ruhe Elsässers, die innige Versenkung, wie sie Böhnisch auszeichnet, hat Blcchcn nicht; es ist als hätte er im Fluge der Natur ihre Larve von Schein und W echsel entrissen und würfe sie nun ohne Liebe, ungeduldig, weitcreilend auf die Lein
wand. Der Cynismus in Blechenschen Bildern wäre, es ist nicht zu läugnen, w iderwärtig, wenn er nicht so poetisch wäre: doppelt begreiflich d ah er, dass sich viele noch immer nicht in ihn hineinfinden kön
nen. So seine „ R ö m i s c h e n H i r t e n ; “ roh, frech, liederlich habe ich den Vortrag nennen
hören,
unddas gerade ist seine Schönheit; wie mit Erbitterung und Zelot isinus sind diese beiden Kerle gemalt, ihre Schaafspelze sehen aus wie K a l k b e w u r f , die nackten P a r tie n wie von Halbwilden, und bei dem allen ist das Bild frappant w ahr und die crasseste W irk
lichkeit des Gemeinen; freilich Süssigkcit, Schön
t u e r e i , Erfreulichkeit des
Scheines
muss manbei
Blechen nicht suchen. — D er Art ihres Meisters folgen H ö h n e und S c h ö b e l niitviclern Glück, nur dass gerade diese Art zu
sehr
Folge individueller W eise sein m öchte, als dass man ihre Nachahmung sofort preisen kann; sie führt-.*u leicht zur Manier.—Aeusserlich genug ist cs der T hat, wenn ich mir von den Archilekturlandschaften her Anlass nehme einen Blick nach den Architekturen zu w erfen, die
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uns die diessmaligc Ausstellung gebracht h at; man sollte meinen, dass, je seltener Baukünstler monumen
tale und Prachtbauten auszuführen haben, desto lie
ber sie die Gelegenheit benutzen w ürden, Entw ürfe jener A rt, in denen sich ihr künstlerisches Schaffen erst recht offenbart, mitzutheilen; es müsste für sie w ie für das Publikum in mehr als einer Hinsicht förderlich sein. Um so auffallender ist der fast gänz
liche Mangel architektonischer Entw ürfe auf dieser Ausstellung. Kennten w ir nicht anderweitig das rege Streben im Bereiche der A rchitektur, vornehmlich
w a s Berlin anbetrifft: aus den Verhältnissen der Aus
stellung müssten w ir auf eine entschiedene Unter
ordnung dieser Kunst im Verhältniss zu der gegen
wärtigen Malerei und Plastik schliessen. Nur d r e i künstlerisch architektonische Entwürfe sind einge- sandt w orden: der Riss eines Kunst-Museums für Hamburg von A. de C h a t e a u n e u f ; sodann der (schon erwähnte) E ntw urf zu einem Grabmal für Schleiermacher von S t r a c k , ein für den Eisenguss berechnetes Tabernakel, in welchem die Büste des Verewigten steht, — eine einfach geschmackvolle Composiiion von eigentliümlicher Anordnung, deren
* Ausführung sowohl für den edlen Zweck an sich, als auch um das Beispiel eines einfachen Monumen
tes von künstlerisch durchgebildeter Form zu gehen, sehr w ü n sc h e n sw e rt erscheint; und drittens der E n tw u rf zu einem Landhause von H i t z i g , welches sich durch seine zweckmässige Anordnung, sowie durch heitere Mannigfaltigkeit, die für die verschie
densten Perspectiven stets ein anziehendes Bild ge
ben wird, und durch leichte, klare Formen empfiehlt.
Die gründliche S chule, welche in der Architek
tur unserer neuesten Zeit sich
gebildet,
geben jedoch die reinen Formen der Gcfässe und G e r ä te nnd ihrer, zum Theil höchst prachtvollen Ausschmückungen zur Genüge zu erkennen. Von diesen ist eine grosse Menge, in Porzellan, Bronze, Eisen, Steinen aller A rt u. s. w ., vorhanden; näher iiböt das Einzelne
derselben,
so wie über die ändern, der K unst-Industrie angehörigen Gegcnslände zu sprechen, verbietet indess leider der zu beschränkte Raum dieses Blat
tes. Eben so^ sehe ich mich genöthigt, die zahlrei
chen Kupferstiche, Lithographien und Holzschnitte, unter denen nicht minder Treffliches vorhanden ist, mit Stillschweigen zu übergehen. Ich will mir hier
von nur zwei Ausnahmen gestatten. Die eine sei, No. 442. ei n e C o m p o s itio n a u s R e i n e k e F u c h s , F e d e r z e i c h n u n g v o n C. K r ü g e r zu erw ähnen;
es ist in diesem Blatle eine so treffliche, dem eigenst
f
dattdeutschen Ton des Gedichtes entsprechende Be- tandluiig des Landschaftlichen und der Thierfabel, in der Umgebung des Geschehens selbst so deutlich die n o tw e n d ig e A tm osphäre desselben, das Mitein- verständniss von Baum u n d Strauch, von Hof und Wiese wiedergegeben, dass w ir nicht mit Unrecht die Serie ähnlicher Composilionen zu R eineke, die Krüger, w ie w ir hören, beabsichtigt oder schon edirt hat, derteilnehm endsten Beachtung empfehlen mögen*). Nicht minder bedeutendes Talent wie Kriigcr für das Land
schaftliche hat A d o lp h M e n z e l in d e n B r a n d e n b u r g i s c h P r e u s s i s c h e n D e n k w ü r d i g k e i t e n , von denen die vier ersten Blätter in den Lithogra-
E
hien mitgetheilt sind, für historische Compositioncn ew ährt; sie sprechen besonders durch die frische Fülle von Kraft und affectvollcr Bewegung an, und wenn sie in der Ueberfiillevon
Motiven und heftigen Aeusserungen von der Jugend des Künstlers, wie es uns scheint, Zeugniss geben, so wollen w ir ihm zu diesen Fehlern mehr Glück wünschen, als wenn er sie nicht zu machen gehabt hätte; aus dem Zuviel, nie aus dem Zuwenig kann das rechte Maas werden.Ein anderes Blatt, die „ G e s e l l e n k u n d s c h a f t d e s l ö b l i c h e n Z i m m e r g e w e r k e s , “ von demselben Künstler ist durch seine geistreiche Composition und durch die glückliche Fassung des historisirenden Ara- beskenstyls nicht minder ausgezeichnet. —
lliem it will ich meinem enthusiastischen Freund w ieder seinen Platz und die Ehre überlassen, die Berichte gar hinaus zu schreiben. M. E.
F e r n e r e r B e r i c h t d e s E t h u s i a s t e n . In meines oben U n terzeich n eten Freundes Darstellung findeich über den Unterschied des Genre und derHistoric eine Ansicht geäusser!:, die, selbst wenn sie theore
tisch unhaltbar wTäre, wegen ihres praktischen Nut
zens Geltung zu gewinnen verdiente. Oder wäre cs nicht dergleichen Nutzen, dass ich mich nun nicht zu kümmern brauche, wohin ich M aes treffliches Bild „ B e te n d e R ö m e r in m i t e in e m K i n d e “ (497) rechnen soll, oder vielmehr, dass ich trotz des Sujets, das man genreartig nennen w ürde, dennoch zu den historischen und zwar den grossartigsten hi
storischen Bildern rechnen kann, da es ja die, wie mein Freund es tauft, ideale Auffassung hat? In der T hat, wenn man den zunächst nicht eben welthisto
rischen Inhalt dieses Bildes chemisch herauslösen und einem gehörigen Aesthetiker vorlegcn k ö n n te, so würde er die Achsel zuckend sprechen: „Kleinlich D ingf“ Und nun sehe man das Bild selbst, wie das schöne mütterliche Weib mit aller tiefsten Andacht und Erhebung, wie sic so nur das Mutterherz kennen mag, vor dem Bilde der Mutter Gottes für den schla
fenden Säugling auf ihren Armen betet und man wird gern zugestehen, dass gerade dies innerste Leben des weiblichen Herzens, nur für ihr Kind zu sein, zu dich
ten und zn trachten, diese schönste Vollendung in dem Beruf jenes Geschlechtes einen vielleicht noch höheren, mindestens menschlich allgemeineren Sinn h at, als alles grösste, was sich im geschichtlichen Verlauf der Dinge nur finden lässt; gerade in solchen, dem rein Menschlichen nächst liegenden Beziehungen
*) B erlin Lei G eorge G ropius. 3 H efte jedes a C> B la tt sind ersch ien en , ikis 'He -icJi 11esst dieses "W ert. .Anmerk. <1. V erleg ers.
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hat die Kunst stets ihre schönsten und freilich auch ihre schwersten Aufgaben gefunden; die schwersten sind sie darum, weil, je höher und reinerdergleichen gefasst werden soll, desto schwieriger dielndividualisi- rung entsprechend zu erfinden ist,— wenn sie es ja ist.
In den Madonnenbilderü des Cinquecento ist hier einer ähnlichen Aufgabe das heilige und grösseste Exempel soleher M ütterlichkeit mit aller reichsten Zier der Legende und des frommen Glaubens zum Grunde ge
legt w orden; es hat die mütterliche Liebe in der Ma
donna ihren allgemeinen Typus. In dem schönen Bilde von Maes möchte ich dies allein nicht preisen, dass er eine im Grunde zufällige Persönlichkeit zur Trägerin jenes grossen Inhaltes hat wählen wollen.
Doch w e r heisst uns auch, von dem Inhalt beginnen und nicht lieber die eben so aufgefasste Erscheinung, w ie sie ist, nehmen. In d erT h at aber, scliöner gemalt als dies K ind, als diese Mutter haben w ir seit lange nichts gesehen, und wenn sich der kunstreiche Ma
ler eine schwierige Doppelbeleuchtung, die überdiess noch durch ihr wiederspieliges, zwiefärbiges Licht Form en und Linien für deu ersten Anblick stört, zur Aufgabe gemacht h at, so erscheint er uns wie ein Virtuose, der sich die schwierigsten, halsbrecherisch
sten Passagen aufbürdet, nicht um sie nur zu über
w inden, sondern um frei sich in ihnen bewegend durch das kaum ausführbar Geglauble neue Bedeut
samkeit und Schönheit zu-erzielen. Gerade unter je
nem Doppellicht sind die Formen der Mutier und des Kindes so meisterhaft modellirt, sind die Fleisch
töne so zart, so sicher und lebenathmend, dass man sich überzeugt, eine einfachere Beleuchtung würde diese potenzirte Vollendung nicht haben heraustreten
lassen. .
Mit den rein geschichtlichen Sujets ist es über
all ein eigen Ding; mit Ausnahme der biblischen Sa
chen und zum Theil der Legenden ist uns im Grunde
genom m en
wenig so geläufig, dass w ir es sofort nach allem feinen Detail genau einzusehen im Stande w äre n ; und gar selten dürften wirkliche geschichtliche Facta mit solcher ihnen selbst inwohnenden Ausdrück
lichkeit und sprechenden Bezeichnung, dass man hi
storischer Kenntnisse entbehren könnte, darzustellen sein; vor Bildern solcher Art verhält mau sich dann e tw a, w ie mit Klopstockschen Oden voll gelehrter Mythologien, nur mit dem einem Unterschiede, dass sich bei diesen das Nichtverstehen subjektiv empfind
licher als Mangel an Kenntnissen geltend macht, w äh
rend man vor dem Bilde sich leichter mit dem be
gnügt, was man versteht oder misversteht. Jeden
falls ist es eine üble Sache, wenn ein Kunstwerk ei
nen guten Theil seiner W irkung an so äusserlichen Dingen muss scheitern sehen.
Etw as der Art ist es mit P l ü d d e m a n n ’s „ K a r l d e r G r o s s e t r a u e r n d a n d e r L e i c h e R o la n d s b e i R o n c e v a l“ (588). Das Rolandslied ist nicht m e h r, Immermanns Tragödie noch nicht so lebendig im Volk, dass sich der Maler schmeicheln dürfte, er
w urde auch nur von vielen recht verstanden werden * ist das nun Erzbischof Turpin, der mit dem Kaiser zur Leiche tritt? sieht man da oder dort noch an
dere von den zwölf Paladinen ? ist etw a Ganelon mit zur S telle? Dazu aber noch ein anderes; in einer alten W eltgeschichte mit Bildern stellt unter än
dern ein Kupfer dar: „ w ie französische Sitten in Deutschland einreissen; “ ich glaube, es ist fQ r
den Maler eine gefährliche Sache, dergleichen nicht m om entane, nicht in einem bestimmten Factum sich aussprechende Dinge zu wählen. W enn Kai
ser Karl an der Leiche seines Roland trauert und er thut es etwa einsam über die Leiche gebeugt und in sich selber versunken, so hat das gute A rt; h ier aber steht er m it dem Bischof vor der Leiche, hinten, glaube ich, ist noch Gefecht, jeden
falls, das sicht man, muss sogleich etwas andres be
ginnen, etwa der Leichnam weggeschaflt, der Kampf zur Rache von Neuem und heftiger begonnen w er
den, oder was sonst D er Moment den der Künst
ler gewählt hat, ist ein zufälliger und vorübergehen
der, in dem keine Entscheidung ruht, der weder den Schreck des ersten Erblickens, noch die Innerlich
keit und Dauer des in sich Versunkenseins bat.
Y\ eiterhin aber erklärt es d a s B ild nicht, warum der Kaiser um diesen Todten so besonders trauert;
und selbst, wenn die Gestalt Rolands jedem vertraut w äre, müsste man ungern in dem Bilde sehen, dass der Todte nichts w eiter als ein reich gekleideter Krieger und nirgends ein sichtbares Zeichen seiner T liat, seines Mulhes und seines Ruhmes ist. Diess etw a ist es, was mir die W irkung des sonst vorzüg
lich gearbeiteten Gemäldes zu stumpfen scheint- die sorgsame und gewandte Ausführnng und das redliche Bemühen des Künstlers, der grossartigen Sage eine entsprechende Grossartigkeit der Darstellung
zuzu
w enden, hätte einen tiir
den
Pinseldankbareren
Moment zu finden verdient.
Vieles von dem Gesagten findet seine
Anwen
dung auf das Bild von H e r d t (284), das den Tod des Darius Codomannus darstellt. Wenn der Künst
ler in dem Katalog die wesentlichen
Notizen,
dieseinem Bilde zum Grunde liegen,
m itgetheilt
hat, soist damit nicht dem Uebelstande
abgeholfen.
Ma„sieht den Perserkönig auf seinem reichen Wagen, er hat die Todeswunde, vor ihm sinkt ein Negersclave pfeildurchbohrt zu Boden, in der Ferne, in den Staub
w olken der W üste, sieht man die Königsmörder flüch- ten. Ich will mit dem Künstler nicht rechlen, dass er diesen Moment, wenn er sich doch einmal an die geschichtlichen Quellen m a c h e n w ollte, bei Weitem nicht ausgebeutet h a t; aber
dam it
sich das Bild selbst mehr selbsßtändig erklärte, w äre es nützlich gewesen, wenn er den verfolgenden Alexander mit seinen Macedoniern in das Bild aufgenommen hätte; dann würde nicht bloss die That der Verrät her motivir- ter, schlagender, hastiger erschienen sein, sondern für den sterbenden König selbst, der sich nun noch
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lebend in Feindes Hand gerathen sicht, w äre ein neues und mächtiges Moliv erzielt worden, das die
f
;rässliche Ucberfiille seines Unglücks erst vollendet lätte. Um wie viel glücklicher hat in dieser Beziehung der alle Künstler, nach dessen Gemälde der Issusschlacht die Mosaike von Pompeji gearbeitet ist, seinen Gegenstand verstanden; Herr Herdt hätte aus demselben mehr als den Kopf des Narbazanes oder Bcssus entlehnen sollen; jetzt ist das die gelungenste Pari hie des Bildes; er hätte eben daher mindestens die Motive zum Darius nehmen sollen, welcher bei ihm ein Deklamator ohne alle Majestät und legitime Ilohdit ist, wie sic das antike Portrait des Königs auszeichnen. Manches Einzelne auf diesem Bilde ist achtbar in der Ausführung und namentlich habe ich Officiere von den Pferden gutes sprechen hören. W as die W üste anbelangt können w ir ein besseres Exem
plar bei einem Düsseldorfer finden.
Natürlich meine ich S t i e l k e ’s P i l g e r in d e r W7ü s tc (765). Nicht ein endloses Sandmeer mit heis- sem wolkenlosen Sonnenlicht, mit lautloser Gluth- slille, mit alle den gespenstischen Bildern einer voll
kommen todten und pulverisirten Erdcnwirklichkeit, w ie w ir aus den Kinderjahren her das Bild der Sa
hara oder Kobi zu haben pflegen, ist diese W üste;
es ist der grässlichere Anblick der W irklichkeit: die W üste „ a rb e ite t,“ der Flugsand w eht wildttaggend w indw ärts, peitscht um die grauen halbversandelcn Steinklippen, füllt die Luft mit trübem Gluthdunst;
man w ähnt das flirrende heissere Heulen des W in
des zu hören, mit w ilder bcutesicherer Gier umhüllt er den Horizont nah und näher. Und hier, in diesem unentrinnbaren ^Unheil, zeigt, uns der Maler seine Pil
ger, die^ vielleicht abgeirrt von der frommen Kara- vane, vielleicht die letzten aus dem schon von dem Sandmeer verschlungenen Zuge, ihren Untergang er
warten. Vor Erschöpfung, vor Hunger und Durst sich windend, das krampfige Schreien der Rettungs- losigkeit im Gesicht liegt der Negerbub zu Boden;
in stummer, stumpfer Verzweiflung sitzt der Greis zusammengesunken; die Tochter lehnt sich an ihn herauf, ibr Blick ist wie ein schreiendes Hiilferufen zum
Him m el,
es ist als denkt sie nicht den Tod, nur Hülfe, als könne sie in der Blülhe des Lebens den Gedanken des T odes, des grässlichsten von allen nicht fassen; der Kriegsmann auf der ändern Seite, aufrecht stehend, hinausschauend, sieht eben jetzt, und das ist das erschütterndste, einen Schimmer von Hoffnung, „den Streif erlogener Meere“ diess Trugbild wogenden W assers, mit dem die W üste den ermatteten W anderer auch noch um die Gefühllosig
keit der Verzweiflung betrügt. — (Fortsetzung folgt).
E V N S T L I T E E A T U R .
M o d e r n e K u n s t c h r o n i k . Briefe zweier Freunde in Rom und der Tartarei über das moderne Kunstleben undTeiben; oder die Ruinfordisciie Suppe, gekocht und ge
schrieben von J o s e p h An t o n K o c h in Rom. Carlsruhe, 1834 (8, S. 112).
D er Verfasser dieser kleinen Schrift, ein sehr achtungswerther Künstler, hat hier all sein Gift und seine Galle ausgespieen, die das mannigfache thö- riclite Kunsttreiben unserer Zeit in ihm erregt haben.
E r schreibt einen derben, auch zuweilen ziemlich indecenten Styl und kümmert sich nicht, wenn er seine Geissel schwingt, ob dieselbe rechts oder links noch sonst wen trifft. Aber man kann dabei nicht sagen, dass er ausserdem auch das Rechte treffe, oder dass er es überhaupt klar vor sich sehe. E r deklamirt ins Blaue hinein; e rs te h t gewissermaassen hinter den Gegenständen, so dass er nur ihre Schat
tenseite sieht. Aber sie haben auch, und «war sehr häufig, eine ganz gute Lichtseite. E r schreibt ge
wissermaassen eine Chronique scandaleuse der neue
ren Kunst; aber er w ürde, wie er einmal schreibt, diesen seiuen Zweck noch besser erreichen, wenn er überall die nackten Persönlichkeiten hingeslellt hätte: diejenigen Leute, die er namentlich aufführt, dürften sich beklagen, dass er die Mehrzahl der Ucbrigen, die sein Sündenregister enthält, mit fingir- tem Namen belegt. Das Buch macht überhaupt ei
nen unbequemen Eindruck; es ist nicht mit Humor, sondern iu übler Laune geschrieben, die gegen den Verfasser einnimmt, auch wo
er
Recht hat. Die üble Laune drängt ihn überdiess zu unzähligen W iederholungen; zu einem Viertel zusammengepresst, würde das Buch vielleicht wirken. Indess kömmt immer
hin manches Geistreiche darin vor, Zur Entschul
digung des Verf. dürfte vorzüglich anzuführen sein?
dass er in Rom lebt, wo mit den Edelsten anch der Unsinn aller W elt zusammcnläuft.
Die Hauptpunkte, welche der Verf. bekriegt, sind in steigender Progression, „d ie K u n s t h e c k e r o d e r M ä c e n a te n ; die K u n s ta k a d e m ie n ; K u n s t- s c h r e i b e r e i , K u n s t l i t e r a t u r g e n a n n t; die K u n s t- A n t i q u a r e ; d i e K u n s t - I n d u s t r i e u n d d e rK u n s t- h a n d e l ; d ie B i l d e r g a l l e r i e n ; d ie ü b e r k l u g e K e n n e r s c h a f t “ und vornehmlich d ie K ü n s tle r selbst.
*
Voyage d'un Iconophile. Revue des prin - cipaux cabiuets destamjies , bibliotheques et musees d'Allemagne , de Hollande et d’Angleterre; p a r Duchesne aine. P aris 1834. (8, S. 419.)
D er Verfasser dieser „R eise eines Bilderfreun
des“ ist derselbe, von dem der oberflächliche T ext zu Reveil’s Musee de Peinture et de Sculplurc her
rü h rt; eben so oberflächlich sind diese seine Berichte über die Kupferstichkabinctte, Bibliotheken und Mu
seen von Dcutshland, Holland und England. Die Reise ist überdicss bereits im Herbst 1827 gemacht:
w ie Vieles hat sich in den sieben, seitdem verflosse
nen Jahren ueugestaltet, namentlich in München und B erlin!
W erfen w ir ein Paar Blicke auf das, was der Verf. über Berlin sagt. Das W ichtigste sind hier die Angaben einiger seltenen, zum Theil von Bartsch nicht angeführten Kupfcrsliche und Holzschnitte in der v. Naglcr’schen Sammlung, kaum besser, als wie man bei einem flüchtigen Vorinittagsbesuche eben die Paradcstiicke einer Sammlung zu sehen bekommt.
Ausserdem eine kurze Notiz über die damalige Solly’- sche Gemäldesammlung, die so eben vom Könige für den Preis von „v ie r Millionen Franken“ (soviel w ir wissen, etwa für die Hälfte) gekauft sei; der Verfas
ser erzählt, dass fast alle 700 Bilder dieser Sammlung einen besondern W erth dadurch hätten, dass Lanzi dieselben in seiner Geschichte der italienischen Ma
lerei c itire : w ir wissen Letzteres jedoch nur von ei
nigen Bildern der Sammlung, und schon das ist w ich
tig. W ichtiger dagegen dünkt uns, dass auch im Va_
sari mehrere derselben genannt w erden, besonders aber dass eine grosse Menge dieser Bilder mit dem Namen der Künstler bezeichnet sind. Ueber die Gal- lerie von Sanssouci folgen ebenso nur ein Paar flüch
tige und oberflächliche Bemerkungen.
Komisch sind die Notizen über neueres Berliner Kunstlreiben. Der Verf. erzählt z. B., dass neben dem Palais des Königes die Brouzcstatue Blüchers stehe, und gegenüber, auf einem kleinen Platze beim Arsenal, ebenfalls zwei Bronce- (Marmor-) statuen, .,von denen die eine den General Bülow vorstelle“
(die andre hat d. Verf. zu notiren vergessen). Von allerlei Bauwerken nennt der Verf. den Architekten, nur von Schinkel’sehen Bauwerken nicht. Dann führt er auch säinmlliche bedeutendsten Künstler Berlins auf, er
muss sie aber zumeist aus einem Fremdenführer etwa vom J. 1750 abgeschriebcn haben. Es kommen un
terschiedliche Namen v o r, deren kein Mensch sich mehr recht entsiunt, andre sind aufs Seltsamste cor- rum pirt z. B. W ickem ann und W7ichenas, beides ver
m u tlic h für Wachmann. Auch fehlen wiederum al
lerlei N am en, z. B. Schinkel unter den Architekten, Tieck unter den Bildhauern, Begas und viele andre unter den Malern.
Die Franzosen lassen sich jetzt oft huldvollst herab, uns zu besucheu. W ie sehr das aber in der Regel nur ein Akt der Gnade ist, beweisst u. a. auch dieses W erk. ---
L I T H O G R A P H I E .
B i l d n i s s e i n e r L a u t e n s p i e l e r i n . Gem.
von C. S o h n , litli. von C . W i l d t . Druck des lith. Inst, von L. Sachse Comp.
Verlag von L. Sachse Comp, zu Berlin.
Vorliegendes Blatt (über 17 Zoll hoch und bei
nahe 13 Zoll breit) gehört zu den trefflichsten Lei
stungen , welche die Berliner Lithographie hervorge
bracht hat. Die Zeichnung ist höchst sauber und klar, m it glücklichem Verständniss des Originals und m it inniger Hingebung durchgeführt. Die Harmonie des Ganzen und die treffliche Durchbildung der ein
zelnen Theile (z. B. das meisterhafte Helldunkel des linken Armes) ist gleichen Lobes würdig. So viel w ir wissen, ist dies Blatt erst die zweite grössere Arbeit des Lithographen; die erste w ar der K r i e g e r
mit dem Kinde nach H ildebrand, auch diese schon eine sehr tüchtige Lithographie, gleichwohl von der vorliegenden um ein bedeutendes übertrolfen: 'vir wünschen dem jungen Künstler alles Glück zu der so rühmlich beschrittencn Bahn. D er Druck ent
spricht den Erw artungen, zu welchen uns die Ver
lagshandlung schon seit längerer Zeit berechtigt; er ist durchaus rein, harmonisch und warm, m den zar
teren Uebergängen sowohl, wie iu den k r ä f t i g e r e n
Schattentönen.
Ueber die Anmuth und den Liebreiz des berühm
ten Originales, wclches eine der Hauptzierden der Gemäldegallerie des Herrn Consul Wagener zu Ber
lin bildet, brauchen w ir nichts Weiteres zu erw äh
nen. Die lithographische Copie w ird den zahlrei
chen Verehrern desselben eine eben so willkommene Erscheinung sein, als auch durch sie die Zahl die
ser Verehrer sich gewiss beträchtlich vermehren wird.
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Gedruckt bei J. G. B r ü s c h c k e , B reite Strasse Nr. Ü.