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Thorner Presse 1890, Jg. VIII, Nro. 277

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Abonnementspreis

>ür T h o r n und Vorstädte frei ins H a u s : vierteljährlich 2 M a r k , monatlich 67 ... Pfennig p ränum erando;

'Ur a u s w ä r t s frei per Post: bei allen Kaiser!. Postanstalten vierteljährl. 2 M a rk . A u s g a b e

tä g lic h 6Vr U h r abends m it Ausschluß der S o n n - und Feiertage.

Redaktion und Expedition:

Katharinenstr. 204.

F ernsp rech -A n sch lu ß N r . 57.

Jnsertionspreis

für die Spaltzeile oder deren R aum 10 Pfennig. Inserate werden angenommen in der Expedition Thorn Katharinenstr. 204, Annoncen-Expedition „Jnvalidendank"

in B e rlin , Haasenstein u. Vogler in B e rlin und Königsberg, M . Dukes in W ien, sowie von allen anderen Annoncen-Expedirionen des I n - und Auslandes.

Annahme der Inserate fü r die nächstfolgende Numm er bis 1 U h r mittags.

» L 277. Mittwoch den 26. November 1890. V I I I . Iahrg.

k a 67 M

o>tet die „T-orner Fresse" m it dem „ILustrirten aMktagsölatt" fü r den M o n a t Dezember.

A lle , welche bisher die „T h o rn e r Presse" sich

"och nicht anschafften oder statt derselben ein minder- werthiges B la tt , laden w ir zu einem Probeabonnement 9anz ergebenst ein.

^ Bestellungen nehmen an sämmtliche Kaiserlichen 'Postämter, die L an d briefträ g er und w ir selbst.

Expedition der „Thorner Presse"

' Areissnn und Soziakdemokratie.

Anläßlich einer Besprechung der fü r den Freisinn ungünstig ausgefallenen Breslauer Stadtverordnetenwahlen schreibt die dor-

"öe freisinnige „BreSl. M orgenztg.":

„Im m e rh in aber kann auch von sozialdemokratischer Seite etwas geschehen, um den zukünftigen Sieg vorzu­

bereiten. W ir möchten da in erster Linie der Presse den guten Rath geben, ihre Sache m it etwas gediegenerem Eifer zu vertreten. Herr Kunert macht fichs gar zu leicht und die Nonchalance dürfte bei längerer Ausdauer selbst von den nachsichtigsten seiner Leser mißbilligend vermerkt werden. S o zwingt uns unser kollegiales Wohlwollen, Herrn Kunert auf die ermüdende Ähnlichkeit aufmerksam zu machen, welche sich gar bald zwischen den „Schles.

Nachrichten" und der „Schles Volksmacht" eingestellt hat . . . . N un sage Herr Kunert noch, daß w ir böse Menschen find. E r bietet uns bittere Feindschaft, w ir aber antworten ihm m it fördersamen Rathschlägen fü r sein eigenes Bestes."

. Also „der zukünftige S ie g " — ob der des Freisinns oder Cozialdemokratie, ist anscheinend einerlei — soll „auch" von '"iialdemokratischer Seite vorbereitet werden. Das ist wenigstens Während nun Herr Eugen Richter so mannesmuthig m it solch intensivem Geräusch seine „vernichtenden" geistigen Aussen gegen die „ Irrle h re n " schwingt, w ird die Verfechterin Irrle h re n um H ilfe angegangen, w ird m it ih r als m it

^ *r befreundeten Macht verhandelt! H ier liegt doch die oinödie des „geistigen Kampfes" klar vor aller Augen; man eben nicht jemanden „erbarmungslos vernichten" wollen, dessen H ilfe man schließlich doch angewiesen ist.

M an lese ferner folgende gewundene Resolution, welche s^rzlich im Wahlverein der Fortschrittspartei im 4. B erliner

^h lkre tse angenommen wurde:

„D a 1) die Sozialdemokratie weder vollkommene Menschen, noch einen vollkommenen S taa t zu gestalten vermag; 2) alle sozialdemokratischen Forderungen, welche eine naturgemäße Fortentwicklung unseres Staatslebens bezwecken, auch von der deutsch-freifinnigen P artei ver­

treten werden; 3) das Streben fü r die unausführbaren Forderungen der Sozialdemokratie das Bürgerthum im Kampfe gegen die Reaktion schwächt und darum eine Stärkung der Reaktion herbeiführt — ist die deutsch­

freifinnige P artei im 4. Reichstagswahlkreise entschlossen, die sozialdemokratische P artei energisch zu bekämpfen."

W ie es m it der „energischen Bekämpfung" aussehen wird, müssen die nächsten Wahlen zeigen, und dann wird es vermuth­

lich — das lehrt schon die obige Resolution — heißen: Es lebe das Antikartell!

Faktische Jagesschau.

D ie B e r l i n e r S t a d t v e r o r d n e t e n haben beschlossen, wegen Aufhebung der Vieh-Einfuhrverbote und wegen Herab­

setzung der landwirthschaftlichen Zölle beim Reichskanzler vor­

stellig zu werden. Die Freisinnigen behaupten bekanntlich, daß durch die Z ö l l e d en L a n d w i r t h e n , insbesondere den Groß­

grundbesitzern, ein u n g e r e c h t f e r t i g t e r G e w i n n auf Kosten der übrigen Bevölkerung in die Taschen gespielt wird.

Den Beweis fü r die N i c h t i g k e i t d i e s e r B e h a u p t u n g hat nun der Magistrat der S tadt B e rlin selbst durch den letzten Rechnungsabschluß über die Verwaltung der Kanalisationswerke und der städtischen Rieselfelder geliefert. Die „Kreuzztg." weist nämlich aus den Rechnungsabschlüssen der B e rlin gehörigen Güter klar und schlagend nach, daß, obgleich die S t a d t B e r l i n E i g e n t h ü m e r i n eines schuldenfreien ausgedehnten G r u n d ­ besi t zes von insgesammt rund 3 ^ M illionen Werth ist und diesen nach den gewöhnlichen landwirthschaftlichen Grundsätzen bestellt, sie hieraus nicht nur keinen Gewinn zieht, sondern nicht weniger als jährlich 91 000 M a r k z u s c h i e ß e n muß. Dabei ist zu beachten, daß die Erzeugnisse der Rieselgüter wesentlich aus Gartenfrüchten bestehen, die durch die Nähe Berlins steten Absatz erzielen. Anders würde sich die Sache gestalten, wenn diese städtischen Güter in gleicher Weise, wie Privatgüter, nur mittels Korn- und Kartoffelbau, Viehzucht rc.

bewirthschaftet werden müßten. Wo bleibt da nun der Schweiß des kleinen Mannes, von dem die Agrarier angeblich sich durch Korn- und Viehzölle mästen? — Schlagender als durch diesen Nachweis ist die freisinnige Phrase, daß die Kornzölle rc. den Landwirthen die Taschen füllen, noch niemals als solche entlarvt worden.

Das Koch'sche H e i l m i t t e l g e g e n T u b e r k u l o s e w ird schon in den nächsten Tagen im p r e u ß i s c h e n A b ­ g e o r d n e t e n h a u s e Gegenstand der Verhandlung sein, und zwar auf Grund einer von dem Abg. D r. G raf (Vorsitzender der Vereins der Aerzte) eingebrachten und von M itgliedern aller Parteien unterstützten I n t e r p e l l a t i o n . M an nim m t an, daß der Kultusminister die Anfrage sofort beantworten, daß er über die Bedeutung des Koch'schen Heilm ittels unv über die Schritte, welche die Staatsregierung zur Unterstützung der Sache thun w ird, sich äußern wird. Daß der Landtag bereitwillig eine jede Forderung der Staatsregierung nach dieser Richtung hin einstimmig bewilligen wird, unterliegt keinem Zweifel.

Die E i n f u h r von S c h w e i n e n a u s I t a l i e n ist in die öffentlichen Schlachtanstalten der Städte B e rlin , Spandau, Brandenburg, Magdeburg, Torgau, Zeitz, E rfu rt, S u h l, Frank­

fu rt a. M ., Kassel, Göttingen, Hildesheim, Hannover, Linden, M inden i. W ., Paderborn, Herford, Bielefeld, Münster i. W ., Essen (R uhr), Elberfeld, Düsseldorf, Lennep, Remscheid, München, Gladbach, Köln a. Rhein, Neuwied, Koblenz, S t. Johann und Saarbrücken unter geeigneten Vorsichtsmaßregeln widerruflich ge­

stattet worden.

Eine Anzahl von Eisenbahn - Reformvereinen sind beim M inister von Maybach um E r m ä ß i g u n g der E i s e n b a h n -

P e r s o n e n t a r i f e vorstellig geworden. Eine solche Ermäßigung w ird auch vorbereitet, aber nicht auf der Grundlage des Zonen­

tarifs, sondern des Kilometertarifsystems.

S c h w i m m e n d e P o s t b u r e a u x zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika treten nächstes F rüh­

jahr ins Leben.

I n B a s e l - S t a d t wurde bei der vorgestrigen V o l k S - a b s t i m m u n g die Einführung des proportionalen Wahlverfahrens fü r die Wahlen in den großen Rath m it 3955 Nein gegen 2685 J a abgelehnt. I m Wahlkreise Z ü ric h -S ta d t wurde bei der Stichwahl zum Nationalrath Vogelfänger (Sozialdemokrat), der Redakteur des G rütlianer, m it 11 952 Stimmen gewählt.

Die W ahl Vogelfängers ist der e i n z i g e E r f o l g d e r S o z i a l d e m o k r a t e n bei den diesjährigen Nationalraths- wahlen.

Die i t a l i e n i s c h e R e g i e r u n g hat bei den W a h l e n einen g l ä n z e n d e n S i e g erfochten. Selbst in den großen Städten sind die Radikalen vielfach unterlegen. Die Regierung verfügt über ungefähr 369 Stimmen. D er fü r C rispi günstige Ausfall der Deputirtenwahlen w ird den europäischen Friedens­

aussichten eine nachhaltige Stärkung verleihen. Die irreden- tistischen, sozialistischen, französischen und republikfreundlichen Elemente südwärts der Alpen haben eine derbe Lektion erhalten, welche sich auch auf ihre Freunde und Gönner in P a ris m it- erstreckt. Herr C rispi w ird von neuem noch weit bestimmter fü r die Bestrebungen und Ziele des Dreibundes einzutreten in der Lage sein. Auch m it England w ird sich das Verhältniß Ita lie n s noch inniger knüpfen, ein Schluß, zu welchem die bevorstehende Zusammenkunft Crispis m it Lord S alisbury berechtigt.

D ie V i e h e i n f u h r nach F r a n k r e i c h über die b e l ­ gi sche Grenze ist deshalb verboten worden, weil angeblich von d e u t s c h e n E x p o r t e u r s krankes Vieh über Belgien nach Frankreich gesendet werde. — Dem „Jntra nfig ea nt" zufolge läuft auch das Gerücht um, daß wohl die D e u t s c h e n den G e n e r a l S e l i w e r s t o w u m g e b r a c h t haben könnten, um das gute Verhältniß zwischen Frankreich und Rußland zu stören.

Und warum sollte das nicht möglich sein? D a w ir ja bekannt­

lich Chanzp, Gambetta, Skobelew, Katkow und wer weiß wen noch beseitigt haben. Uebrigens stellt selbst der „Jntra nfig ea nt"

fest, „daß vorläufig materielle Beweise dafür nicht vorliegen."

Eines Kommentars bedarf diese mehr heitere als ärgerliche A n­

schuldigung nicht.

D ie „Kölnische Zeitung" meldet aus Petersburg: Die r us s i s c h e R e g i e r u n g erließ, da ih r die im Ausland beab­

sichtigten Proteste gegen die M a ß r e g e l n w i d e r di e J u d e n unangenehm find, ein Rundschreiben der Oberpreßverwaltung an die Redaktionen, w orin diesen strengstens verboten wird, sich m it diesen ebenso unverschämten, wie thörichten Protesten zu befassen.__________________________________________________

Freußischer Landtag.

A b g e o r d n e t e n h a u s . 6. Plenarsitzung vom 24. November.

Die erste Berathung des Einkommensteuergesetzes wird fortgesetzt.

Abg. v. E y n e r n (natlib.): H err Richter hat nicht blos über die Vorlage, sondern über alles mögliche gesprochen. E r ist Journalist und legt journalistischen Aeußerungen vielleicht zu großen Werth bei. Die Auflösung des Abgeordnetenhauses ist von nationalliberalen B lättern n u r für den F a ll verlangt, daß die Vorlage hier scheitern sollte. Heute würde eine Auflösung n u r eine Verschiebung der Parteiverhältnisse nach

Der letzte Korö.

--- (Nachdruck verboten.) (Schluß.)

z, Paul wurde sehr ernst bei dieser Frage. „V o n dem ersten i ^ Anblicke unserer Bekanntschaft a n ", sprach er gerührt, „habe

^ m D ir den guten Engel meines Lebens gesehen. Ich habe o H nicht geirrt . . . Auch jetzt hat m ir I h r unverhofftes

"Ninren vielleicht viel Aerger und Enttäuschung erspart."

»Und wie das?"

- . »Bor wenigen Augenblicken . . ." hier stotterte P a u l ein ein ^ »auf dieser selben Stelle habe ich Ih re r Fräulein Tochter

E" Antrag gemacht."

Leo leises Z itte rn durchlief die Augenlider und Lippen Un> ENS, sie erröthete wieder und fragte m it unsicherer S tim m e :

"s ie ? Was hat sie geantwortet?"

xrsr, .''Aichts. S ie sing nur an zu lachen. Das arme D ing d,»» lasi vor Lachen . . . Nein — " fuhr P a u l lebhafter fort.

Das " ^ e nicht, daß mich das wirklich kränkt und beleidigt, die v i m i c h zu diesem Kinde hingezogen hat, das war nicht Ebe, das war n ur die Erinnerung der Liebe. D ie Aehnlich- M it D ir , die sich ja jetzt ganz natürlich erklärt, erschien

Nk WI. --- --- . ^ ^ n

ein die

"sie ein Zeichen vom Himmel. Ich sah darin fast daß m ir das Schicksal im vollen Mannesalter ruführte, welches so wunderbar derjenigen ähnelte.

^esen ^ ^ ^ ^

^ e a l meines Lebensfrühlings w ar."

kraft w ^ murde poetisch. D ie Sandfelder seiner Einbildungs- Z ininlm ^ e n von dem Thau der Erinnerungen erfrischt und die wie r^s i^ e n der ehemaligen Gefühle grünten und sproßten, Hrrz bed "kMume. E r konnte jetzt dreist alles, was sein runa A, aussprechen, seiner großen Freude und Rüh- lachen w d ^ lieben, denn er wußte, daß sie ihn nicht aus-

Frau L,eontine war sehr ve rw irrt. I h r romantischer S in n ,

welcher durch das Zusammenleben m it dem ungeliebten M ann und durch die Einsamkeit der Wittwenzeit sich n ur noch mehr entwickelt hatte, ließ ih r Gemüth noch jünger erscheinen, wie ih r Aeußeres. Die Strenge der Großmutter dämpfte nur, aber tödtete nicht diese schöne Blume ihres Herzens, welche jetzt unter dem Einflüsse der Stim m e und der Worte P auls ihren Kelch von neuem öffnete. S ie war eine jener stillen, ängstlichen, zur Aufopferung unfähigen Naturen, welche einem Gefühle bis zum Ende ihres Lebens treu bleiben, aber auch nicht einen Augen­

blick fü r dasselbe zu kämpfen verstehen. S ie senkte die Augen und hörte die Worte ihres ehemaligen Geliebten, nicht zu hoffen wagend, wohin diese führen sollten.

„V o n Ih ne n also schrieb m ir die Schwester in ihren Briefen,"

sagte sie nach einer Weile, „a ls sie mich benachrichtigte, daß sich um P a ula jemand bewerbe, der einer Frau in jeder Hinsicht das Glück sichern könnte und . . . ."

„ Ih r e Schwester überschätzt mich jedenfalls," unterbrach sie P a u l etwas Verlagen. „W a s mich anbetrifft, sehe ich jetzt ein, daß selbst, wenn Fräulein P aula, dem Zureden der Tante nach­

gebend, ihre E inw illigung geben würde, ich nie im Stande wäre, sie wahrhaft glücklich zu machen. Ich bin fü r sie zu a lt . . . Diese wunderbare Aehnlichkeit hat m ir in diesem Falle meinen gesunden Verstand verw irrt. Ich wiederhole es Ihnen, Leontine, ich könnte ih r Vater sein."

Einen Augenblick herrschte tiefe S tille. „M eine P aula — "

fing Leontine wieder an.

E r unterbrach sie schnell: „Dieser Name," sagte er, „lä ß t mich hoffen, daß S ie noch an mich gedacht haben, als S ie ihn Ih re r Tochter gaben. Ich habe S ie nie vergessen." E r nahm sie bei der Hand, blickte ih r tief in die Augen, wie vor Jahren . . . Diese Hand war freilich jetzt schon ein wenig mager und nicht mehr so alabasterweiß, aber auch der Bewerber hatte bereits den S in n fü r dergleichen Einzelheiten m it den

Jahren verloren. „Liebe Leontine!" sing er an, „durch S ie habe ich den ersten Korb in meinem Leben erhalten, bitte, be­

wahren S ie mich jetzt vor dem letzten, welchen m ir I h r Lach- täubchen überreichen w ill."

„Ic h verstehe S ie nicht," sprach Paulas M utter, tief er- röthend, ganz ebenso, wie die Tochter. B ei den beiden Frauen schien dieses häufige Erröthen jedenfalls ein Erbfehler zu sein.

„M eine theuerste Leontine!" rief P a u l, und sich schnell verbessernd: „Verzeihen S ie ," sagte er, „aber weshalb er­

innerten Sie mich jetzt so lebhaft wieder an die frühere . . . . Leontine, welche bis zuletzt immer vorgab, daß sie nichts ver­

stehe, obgleich sie von Anfang an nur zu gut verstand? S ie wissen sehr gut, was ich meine. D a m ir das Schicksal nicht erlaubt hatte, der Vater Ih re r Tochter zu sein — " hier seufzte P a u l und Leontine seufzte ebenfalls ganz leise — „da ich selbst schon fast den Unsinn beging, mich ih r zum Gatten aufzudrängen"

— hier lächelten sie beide — „erlaube D u m ir wenigstens ih r Stiefvater zu sein. Und daß sie über Deinen Entschluß nie klagen solle, dafür gebe ich D ir mein W o rt."

Leontine hörte ihn an wie im Traume. Is t das denn auch wirklich möglich? Is t sie es, die dieses große, dieses un­

verhoffte Glück trifft? V o r einer Stunde noch eine einsame W ittwe, beunruhigt über die Zukunft der Tochter, sich unbewußt nach ein wenig persönlichem Glück im Leben sehnend, sollte sie jetzt in diesem längst betrauerten Geliebten ihrer Jugend den Gemahl, Freund, Beschützer fü r sich und ih r Kind finden . . .?

Oh, das ist wirklich zu viel, zu viel! I h r armes Herz, das an so große Freuden nicht gewöhnt ist, ist ebenso verlegen, wie eine junge Hausfrau, zu der der Kaiser zum Besuch gekommen wäre. —

„ P a u l . . . ach! mein lieber P a u l," sagt sie n ur ganz leise, seine Hand in der ihren festhaltend. Und wer weiß, wie lange sie noch keine Worte gefunden hätte, wenn sich nicht in

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lin ks zur Folge haben. V o n H e rrn Richter h ö rt m an im m er n u r, w as er nicht w ill, vom F inanzm inister wissen w ir , w as er w ill; ich stelle mich a u f die Seite des letzteren und w ill seine positiven Vorschläge fö rd e rn helfen. M a n erw artet von der neuen Besteuerung in V e r­

b in d u n g m it der Selbsteinschätzung eine M e h re in n a hm e ; der F in a n z ­ m inister enthält sich m it gutem G runde jeder Schätzung hierüber. Ic h w a r Gegner der D eklaration, so lange ich fürchten mußte, daß die kleinen Einkommen am meisten belastet würden. Dieses Bedenken fä llt, w enn der T a r if so gestaltet w ird , daß die m ittle re n Einkom men möglichst ent­

lastet werden. M e in weiteres Bedenken, daß der Grundbesitz n u r schwer deklariren könne, hat H e rr v. Rauchhaupt, der hier hervorragend die la n d w irtsch a ftlich e n Interessen v e rtritt, nicht bestätigt und ich bescheide mich deshalb in diesem Punkte. — D ie Selbsteinschätzung und D eklaration entspricht heute der o x iv io 6omim ivi8 (allgemeine M e in u n g ) und ich würde mich der G efahr aussetzen, m it H e rrn Reichenssperger allein Gegner derselben bei einer Abstim m ung in diesem Hause zu bleiben.

Trotzdem bleibe ich dabei, daß es der Landw irthschaft schwerer sein w ird zu deklariren, als den G roßindustriellen, die einen sicheren A n h a lt an ihren Büchern haben. W enn ich auch glaube, daß die Überschüsse im E ta t infolge der Eisenbahnverftaatlichung noch eine Reihe von Ja h re n andauern werden, so muß m an stets bedenken, daß auf die 7 fetten J a h re auch 7 magere kommen können. I n keinem F alle kann ich m ir denken, daß die R egierung bei einem Etatsüberschuß von 102 M illio n e n eine S te u e rre fo rm m it Steuerverm ehrung v o rn im m t. W ill m an das m obile K a p ita l stärker heranziehen, so w ird m an die Einkommen aus dem Kapitalbesitz stets m it E rfo lg n u r an der Q uelle besteuern können;

m an muß die S te u e r a u f die Zinsen und die Tantiem en legen, wie solche S te u e rn ja im Auslande bestehen. F ü r die Freilassung der reichsunm ittelbaren Standesherren fehlt es an G rü n d e n ; w enn m an diese H erren vor die Frage der Besteuerung stellt, werden sie sich garnicht weigern, S te u e rn zu zahlen. E s liegt doch auch fü r die fürstlichen Häuser von H a n n o ver und Hessen-Nassau, die ih r Einkom men aus deutschem Besitz beziehen, kein G ru n d zur S teuerbefreiung vo r. — F ü r die Veranlagungsbehörde wünschen w ir statt des La n dra th s als V o r ­ sitzenden einen besonderen technischen Steuerbeam ten; dem Lan dra th w ürde m it dem Am te eines Vorsitzenden doch eine ganz bedenkliche politische M acht in die Hand gegeben, die seinen politischen Gegnern leicht gefährlich werden könnte. Die Erbschaftssteuer habe ich früh e r selbst als Ertragsteuer vorgeschlagen, als Kontrolsteuer aber, wie sie der M in isterp räside n t wünscht, scheint sie m ir bedenklich, doch w ill ich eine d e fin itive S tellungnahm e m ir vorbehalten. Je d e nfa lls sollte die Be­

steuerung der Erbschaft u n te r Ehegatten ausgeschlossen sein. E s w ird auch nöthig sein, Vorkehrungen zu treffen, daß die Einschätzungsrollen nicht öffentlich anstiegen und dem heutigen U n fu g , daß das Einkommen des Einzelnen das Tagesgespräch bildet, ein Ende gemacht w ird . I n diese Listen soll niemand w eiter Einblick haben, als die amtlich dazu B erufenen. D as P rin z ip der Gewerbesteuer, die großen Betriebe stärker heranzuziehen, billigen auch w ir . D ie in der S teuervorlage enthaltenen Verw endungsvorschriften fü r dre Ueberschüsse halte ich fü r ausreichend.

W ir sind gern bereit, an dem Zustandekommen der großen S teu e rre fo rm , soviel dies an u n s liegt, m itzuhelfen. (B ra v o !)

Abg. R ic k e r t (deutschfreis.): D as Interesse an der Debatte hat sich bereits wesentlich erschöpft. (S ehr rich tig!) Daß H e rr v. E y n e rn Gegner der Selbsteinschätzung ist, verdenke ich ihm n ich t; es ist eine bekannte Sache, daß die Einschätzung im Westen vie l m ilder gehandhabt w ird , wie im Osten. (Widerspruch.) Redner sucht dann an der Hand der im Auslande bestehenden D eklarationspflicht die Zweckmäßigkeit dieser E in ric h tu n g zu beweisen. D ie Ueberweisungsfrage ist nicht genügend geregelt und ich möchte den M in is te r fragen, ob er sich schon ein klares B ild darüber gemacht hat, an welche Kom m unalverbände er die G ru n d - und Gebäudesteuer überweisen w ill? E rfreu lich ist, daß der M in is te r seine N eigung, die m ittle re n Einkommen mehr zu entlasten, erklärt hat.

M in is te r D r. M i q u e l : Zunächst handelt es sich fü r die R egierung darum , eine möglichst zuverlässige Steuereinschätzung zu erlangen. D ie stärkere Unterscheidung des Einkom mens aus der A rb e it oder aus fu n - dirtem Besitz w ird sich vielleicht bei der Ueberweisung der Grundsteuer mitberücksichtigen lassen. M a n klagt im m er über zu große F is k a litä t, über die zu große Machtbesugniß untergeordneter B eam ten; da giebt es doch kein besseres M itte l, als die Erbschaftssteuer als Kontrolsteuer.

F in d e t diese dennoch keine Gnade vor den Augen des Hauses, so kann die R egierung es nicht ändern. D ie Besteuerung der Erbschaften der Ehegatten hat bis zum Ja h re 1373 in Preußen bestanden, w ill n u n jetzt die R h e in p ro vin z ein Ausnahme-Recht? Je d e nfa lls bitte ich S ie , die Erbschaftssteuervorlage ebenfalls an eine Kommission zu verweisen.

Abg. D r . S a t t l e r (n a tlib .) polem isirt m it dem Abg. Richter, der den neuen F in a n zm in iste r seit dem A m ts a n tritt desselben in der „F re is.

Z ig ." befehdet habe. U n richtig sei Richters B e h a u p tun g , daß die n a tio n a llib e ra le Presse die A uflösung des Abgeordnetenhauses ve rla n g t habe. Richters Rede habe Lediglich das Klassen-Jnterefse angeregt; er habe die Interessen des Westens gegen den Osten, der In d u s trie gegen die Landwirthschaft ausgespielt. Nach den Ergebnissen der Debatte sind die Aussichten fü r das Zustandekommen der Steuergesetze die günstigsten;

auch über die Erbschaftssteuer w ird sich eine V e re in b aru n g ermöglichen lassen, namentlich w enn an S telle dieser S te u e r ein Zuschlag zur E in ­ kommensteuer ve rlan g t werden sollte. Ic h persönlich b in fü r die E rb ­ schaftssteuer und glaube, eine Ablehnung der V orlage würde n u r eine v o rläu fig e Ablehnung sein. H e rr Richter w ird m it seinem Aufhetzen der Bevölkerungklassen keinen E rfo lg haben.

Vizepräsident v. B e n d a rü g t den Ausdruck „Aufhetzen" a ls unzu­

lässig.

Abg. G ra f v. K a n i t z (kons.): D ie Last der Gemeindevorsteher, die durch die sozialpolitischen Gesetze schon eine unerträgliche geworden ist, w ird durch die V o rla g e n noch größer. Die D eklarationspflicht habe ich frü h e r schon vertreten, ehe die R egierung dieselbe verlangte. D ie von dem Abg. Rickert wieder herangezogene Q u o tis iru n g ist undurchführbar.

E rfreu lich w a r die scharfe V e ru rth e ilu n g der G ru n d - und Bodenbesteue­

ru n g , welche der F in a n zm in iste r aussprach. Daß aus diesem Gebiete W andel geschaffen werden muß, ist einleuchtend, wenn m an bedenkt, daß der G ru n d und Boden bei u n s bis zur H ä lfte durchschnittlich verschuldet

demselben Augenblicke die T h ü r aufgethan hätte, P a u la , m it dem schwarzen Kätzchen auf dem A rm , hindurchlaffend.

A ls sie die M u tte r und den Bewerber nebeneinander er­

blickte, gerührt und sich bei den Händen hallend, blieb sie stehen, im V orgefühl eines Unglücks. Und wenn dieser ungebetene B e­

werber auch die M a m a fü r sich gewonnen hätte? D ie T ante ist ja längst in allen Punkten seiner Anficht. W as w ird sie Arm e gegen diese dreifache K o a litio n vermögen!

„K om m her, P a u la , mein K in d ," sagte Leontine, durch Thränen lächelnd, „ G o tt sendet ein großes Glück D ir und D einer M u tte r."

D as junge Mädchen wich einige Schritte zurück und hielt das Kätzchen vor, als ob sie sich vor dem zu großen Glücke schützen wollte.

„A b e r M a m a !" rie f sie, „ich . . . ich . . ."

P a u l ließ sie nicht zu Ende sprechen. E r sprang von dem Sopha auf und ehe sie wußte, wie ih r geschah, hatte er sie um faßt und auf die S t ir n geküßt.

„S p ric h nicht weiter, mein K in d !" rie f er, „ D u hast Dich m it Deinem Korbe verspätet und kannst ih n jetzt fü r jemand anders bewahren. Deine M am a und ich brauchen ihn nicht fü r unsere zukünftige neue W irthschaft. Umsomehr fügte er in Gedanken hinzu, „a ls ich so wie so ein halbes Dutzend vor- räthig habe."

Und P a u l küßte lachend sein ganz verblüfftes Töchterchen, und als sich jetzt auch Leontine näherte, schloß er sie beide an sein H erz; zwischen diesen beiden Körben, dem ersten, den er jetzt aus seiner S a m m lu n g streichen konnte, und dem letzten, den er, als noch nicht erhallen, garnicht mitzählte, fühlte er sich glücklicher, wie viele andere, die in ihrem Leben gar keinen Korb erhallen haben. —

ist. Auck soll der S ta a t die W o h n u ng deS armen M a n n e s nicht durch Abgaben belasten und fe rn e r soll m an das Einkom men aus G ru n d - und Hausbesitz derselben S te u e r u n terw e rfen . Auch die variable S tra fe fü r die Unterlassung der D eklaration ist nicht zweckmäßig, m an sollte einfach den achtfachen B e tra g der hinterzogenen S te u e rn als S tra fe festsetzen;

ebenso ist die eidesstattliche Versicherung nicht zu empfehlen, denn es ist mißlich, w enn diese von der Einschätzungsbehörde doch angezweifelt werden kann. F ü r die Veranlagungskomm ission genügt der Vorsitz des L a n d ra th s ; weitere Regierungskommissare sind entbehrlich. W enn kü n ftig Besteuerung der Standesherren e in tritt, so soll m an auch die P riv ile g ie n der juristischen Personen (Aktiengesellschaften u. s. w .) beseitigen. D ie Zölle sind keineswegs Ursachen der Theuerung. Je d e nfa lls muß das P rin z ip jeder S te u e rre fo rm sein: Ausgleichende Gerechtigkeit. (B ra v o ! rechts.)

Abg. F r h r . v. H a m m e r st e i n (kons.) spricht fü r Ueberweisung der G ru n d - und Gebäudesteuern direkt an die Gemeinden und nicht an weitere kommunale Verbände, w ie sie durch den Landgem eindeordnungs- E n tw u r f geschaffen werden sollen.

Abg. R i c h t e r (deutschfreis.): D e r Abg. D r . S a ttle r habe lediglich in anderer F o rm wiederholt, w as der M in is te r gesagt. D er Gedanke, die Erbschaftssteuer zu einer Reichssteuer zu machen, sei schon im J a h re 1873 angeregt und sollte nicht aus den A ugen gelassen werden, w enn die Zölle einm al durch andere Einnahm en ersetzt werden müssen. Vielleicht t r i t t H e rr v. E y n e rn , der sich über den M a n g e l positiver Vorschläge meinerseits beklagte, meinen A n trä g e n im Reichstage bei, die Getreide­

zölle aufzuheben und den A u s fa ll zu decken durch Beseitigung des B re n n e re ip riv ile g s und der Zuckerausfuhrpräm ien. Ic h weiß sehr genau, daß ich dem H e rrn F ina n zm in iste r sehr nahe stehe in dem Gedanken über die kommunale S e lb s tv e rw a ltu n g ; um so mehr hat es mich ge­

w u n d e rt, daß aus diesem M in is te riu m der Schulgesetzentwurf hervor­

gegangen ist, der geradezu die V ernichtung aller kommunalen Selbst­

v e rw a ltu n g bedeutet. M ild e ru n g des Kam pfes wünsche ich auch, soweit dabei die Personen in Betracht kommen; dagegen wünsche ich den frischen, fröhlichen K am pf der P a rte ie n, w eil er am besten dazu b eiträgt, der W ahrheit spröden K e rn herauszuschälen.

F ina n zm in iste r D r . M i q u e l : Ic h freue mich, daß H e rr Richter wenigstens den persönlichen K a m p f ruhen lassen w ill. Daß die P a rte i­

stellung verschwinden sollte, habe ich nicht gesagt, wohl aber, daß die P a rte iv e rb itte ru n g ein Ende nehmen sollte.

Abg. D r . S a t t l e r (n a tlib .) h ä lt in längerer A u s fü h ru n g die B e ­ hauptungen gegen den Abg. Richter aufreckt.

H ie ra u f w ird die Debatte geschlossen. Nach einer längeren Reihe persönlicher Bemerkungen der Abgg. Rickert, v. E y n e rn , Cremer und G ra f Kanitz bemerkt

Abg. R i c h t e r : daß er den F ina n zm in iste r erst angegriffen habe, als offiziöse Federn die S te u e rve rm eh ru n g spo litik vertheidigten.

M in is te r M i q u e l : E s giebt keine offiziöse Presse, die R egierung läßt ihre Ansichten n u r im Reichsanzeiger verlautbaren.

D ie Debatte ist durch die Rede des M in is te rs wieder eröffnet.

E s w ird jedoch sofort wieder ein A n tra g a u f Schluß der Debatte angenommen.

Abg. R i c h t e r bedauert diesen Schluß, der das Ansehen des P a r.

lam ents nicht erhöhe.

D e r Präsident bemerkt, daß dem Redner eine K ritik hierüber nicht zustehe.

D as H aus beschließt die V erw eisung der Einkommensteuervorlage an eine besondere Kommission von 28 M itg lie d e rn zur V orb e ra th u n g.

H ie ra u f vertagt sich das H aus.

Nächste S itz u n g : Dienstag 11 U hr. Erbschaftssteuergeseh.

Schluß U hr. ______________________ __________

Deutsches Weich.

B e rlin , 24. November 1890.

— Ih r e Majestäten der Kaiser und die Kaiserin legten am gestrigen Todtensonntage in den Mausoleen zu C harlotten- burg und Potsdam Kränze nieder. Heute arbeitete der Kaiser m it dein Reichskanzler. Dem abends von demselben gegebenen parlamentarischen D in e r wohnt der Kaiser m it Rücksicht auf das Ableben des Königs von H olland nicht bei. M orgen begiebt sich der Kaiser zur Jagd nach Schlesien, von wo die Rückkehr am 30. ds. erfolgt.

— D er Kaiser hat der K ö n ig in -W ittw e von H olland tele­

graphisch sein B eileid ausgesprochen. D e r P rin z Albrecht, P rin z ­ regent von Braunschweig, w ird den Kaiser bei der Beisetzung des Königs vertreten.

— D e r Kaiser hat bestimmt, daß am 1. Dezember als dem Tage, an dem vor 250 Jahren der große K u rfü rst seine Regierung a n tra t, die öffentlichen Gebäude beflaggt werden.

— Z u dem fü r heute angesagten parlamentarischen Essen beim Reichskanzler von C a p riv i haben Einladungen erhalten die S taatsm inister, die Präsidenten und Vizepräsidenten beider Häuser des Landtages, Oberhofmarschall Eulenburg, Geheimrath Lucanus, Staatssekretär v. Marschall, Unterstaatssekrelär von Homeyer, Geheimrath von Rottenburg und folgende Landtags- m itglieder: G ra f B ehr, von K ardorff, F rh r. von S tu m m , von Tiedemann-Labischin, F rh r. v. Zedlitz, G ra f B rü h l, Landsberg- Velen, Bischof Kopp, Mevissen, Koscielski, E rffa , Lim b u rg - S tiru m , Rauchhaupt, Kleist-Schmenzin, Rehdiger, P rin z Arcu- berg, W indthorst, Huene, Reichensperger, Hitze, E ynern, S a ttle r, G ra f (E lb e rfe ld ), Hammacher, Goldschmidt und Stablewski.

— D e r „Reichsanzeiger" veröffentlicht die V erleihung des italienischen Annunziatenordens an Reichskanzler v. C a p rivi.

— F ü r das N ationaldenkm al fü r den Fürsten Bismarck sind bis jetzt 866 209 M a rk durch Sam m lungen aufgebracht worden.

— Z u m ersten Vorsitzenden des Vorstandes des deutschen Kriegerbundes ist an S telle des um die Leitung und Förderung des deutschen Kriegervereinswesens so verdienten Obersten von E lpons, der vor einigen M onaten dieses A m t niedergelegt hat, der Generallieutenant z. D . v. Renthe gen. Finck einstimmig gewählt worden.

— D ie M itg lie d e r des Domkapitels Gnesen-Posen treten morgen in Posen zur Aufstellung einer neuen Kandidatenliste zusammen, die der Regierung genehme Namen enthalten soll.

— I n ärztlichen Kreisen geht das Gerücht, die Koch'sche Lymphe werde künftig in einem staatlichen In s titu te hergestellt werden. E in B e rlin e r B la t t w ill wissen, Koch werde die V e r­

fügung über sein H e ilm itte l dem Kaiser überlassen. D ie H er­

stellung der Koch'schen Lymphe w ird m it A ufw and aller K räfte betrieben. F ü r wissenschaftliche Anstalten und Krankenhäuser w ird die erforderliche Menge aber kaum vor zwei M onaten zu beschaffen sein. D as „T a g e b la tt" konstatirt, daß eine Fälschung Koch'scher Lymphe versucht worden, und erhofft nach­

drücklichste Steuerung dieses groben U nfugs, m eint ferner, daß Koch die V erleihung der Friedensklasse des Ordens p o u r lo m o rito bevorstehe.

— D e r Bundesrath stimmte am Sonnabend dem Zuckersteuer- Gesetzentwurf zu.

— Nach den statistischen E rm ittelungen des Vereins deutscher Eisen- und S ta h lin d u strie lle r belief sich die Roheisen­

produktion des deutschen Reichs (einschl. Luxemburgs) im M o n a t Oktober 1890 auf 373 090 T o ., darunter Puddelroh- eisen und Spiegeleisen 150 811 T onnen, Bessemerroheisen 38 7 74 T onnen, Thomasroheisen 140 939 Tonnen und

Gießereiroheisen 4 2 566 T onnen. D ie P roduktion im Oktober 1889 betrug 391 337 T onnen, im September 1890 363 324 Tonnen. V om 1. J a n u a r bis 31. Oktober 1890 wurden pro- duzirt 3 839 081 Tonnen gegen 3 606 865 T o nnen im gleichen Z e itra u m des Vorjahres.

B ü cke b u rg , 23. N ovbr. P rin z und Prinzessin A d o lf von Schaumburg trafen heute Nachmittag in Lindhorst, der ersten Eisenbahnstation des Fürstenthums, ein und wurden daselbst von dem Geheimen Regierungsrath von Frese als Kommissar des Fürsten empfangen. Bauernmädchen in Landestracht über­

reichten dem hohen Paare ein Bouquet. A Is der Z ug in den hiesigen B ahnhof einfuhr, ertönten die Glocken und wurden f 21 Salutschüsse gelöst. Das hohe P a a r fu h r sodann in ge­

schlossener Galakutsche unter V o ra n ritt von 200 B auern in lippescher Landestracht durch die Bahnhofstraße, in welcher die Bürgerschaft, Vereine und Schulen S p a lie r bildeten, und welche trotz des Regens m it Menschen dicht besetzt w ar, nach der Stadt- A m Rathhause begrüßte Oberbürgermeister Burchard den Prinzen und seine Gem ahlin m it einer Ansprache. B e im Schlosse em­

pfingen Fürst und F ü rstin m it den P rinzen und Prinzessinnen des Hauses die Neuvermählten, während die Bevölkerung be­

geisterte O vationen darbrachte.

Hamburg, 22. November. Heute fand der S ta p e lla u f deS d ritte n Dam pfers der subventionirten ostafrikanischen L in ie statt.

F ra u von der Heydt aus Elberfeld taufte denselben auf den Namen „K a n zle r."

Wiesbaden, 24. November. D e r Herzog von Nassau reist zur Beerdigungsfeier nach Holland. Seinen Einzug in Luxem­

burg als Großherzog w ird der Herzog m it Gem ahlin und dem Erbprinzen erst in einigen Wochen halten.

U lm , 24. November. D e r heute hier abgehaltene Katholiken­

tag hat die Resolutionen auf Rückberufung der Jesuiten an­

genommen. D e r Katholikentag ist von mehr als 10 0 00 Per- sonen besucht._____________________________________________

Ausland. ,

Luxemburg, 24. November. D e r S taatsm inister EyscheN hat sich heute frü h zu dem Großherzog A d o lf nach Frankfurt

a. M . begeben. — D ie aus morgen anberaumte S itzung der Kammer ist auf unbestimmte Z e it vertagt. — I n der heutigen Sitzung des Obergerichtshofes h ie lt der O berprokurator Chom^

eine Ansprache, in welcher er die Verdienste des Heimgegangenen König-Großherzogs würdigte und dem V ertrauen der Behörden und des Volkes auf den neuen Großherzog Ausdruck gab. Der Präsident Vemerus schloß sich den Ausführungen des Ober- prokurators an. Z u m Zeichen der T ra u e r wurde die Sitzung dann aufgehoben.

M era n , 24. November. D ie M eraner Kurärzte D r. Fischer, Huber, Königsberg, Massing, H o fra th Röchelt und Schreiber

unterbreiteten dem Pros. Koch ein M em orandum , auf Grund

dessen derselbe bereitwilligst Lymphe versprach. D ie Koch'schen Im p fu n g e n in M e ra n beginnen in den nächsten Tagen.

T em esvar, 24. November. I m Prozesse wegen der be­

kannten L otto-A ffaire hat der Gerichtshof die Angeklagten FarkaS,

Szobovits und Püspöky wegen Betruges und Bestechung zu 6 Jahren Zuchthaus und 10 Jahren Ehrverlust ve ru rth e ilt. Frau Telkessy ist wegen Betruges zu 2 Jahren Zuchthaus verurtheilt- Außerdem haben die V e rurtheilten an die österreichische StaatS-

V e rw a ltu ng 4 80 000 fl. Schadenersatz zu leisten. ^ Rom, 24. November. D ie Regierung hat einen S ieg er­

fochten, der glänzender ist, als sie selbst erwartete. D ie R a­

dikalen gehen aus der W a h lu rn e an Z a h l und Ansehen ge­

schmälert hervor. I n M a ila n d , der festesten Hochburg des R a­

dikalism us, verloren sie zwei Sitze. C a va llo tti wurde n u r als d ritte r. Musst gar n u r als V ertreter der gesetzlichen M in d e r­

heit gewählt. Es giebt außer Ravenna fast keine größere S ta d t, wo die Radikalen nicht an Boden verloren hätten. D ie schmerz­

lichste Enttäuschung hat aber w ohl J m b ria n i erfahren, der als Bannerträger des Jrredentism us in zehn Wahlbezirken kandi- dirte und m it knapper N oth n u r in seinem alten Wahlbezirk wiedergewählt wurde.

P a r is , 24. November. K aiserin Eugenie hat der Regie­

rung einen Zw angsauftrag wegen Z ahlung von 4 M illio n e n Franks fü r die während der Kommune zerstörten M öbel in den kaiserlichen Schlössern zukommen lassen. D ie Gerichte hatten der Kaiserin diese S um m e im Jahre 1875 zuerkannt, doch machte sie bisher von dem U rth e il keinen Gebrauch.

P a ris , 24. November. U nter dem Namen „afrikanisch­

französisches Kom ilee" hat sich ein Komitee gebildet, das, jeder P a rte ip o litik fernstehend, die weitere Entwickelung des französi­

schen Handels in A frika anstrebt. Zahlreiche hervorragende .

Persönlichkeiten der Armee, des P arlam ents und des Handels

sind dem Komitee als M itg lie d e r beigetreten.

Lissabon, 23. November. D ie brasilianischen F re iw illig e n fü r den Dienst im portugiesischen Ostafrika, 165 an der Z a h l, sind auf dem französischen Packetboot „ B r ö f il " hier einge­

troffen.

Amsterdam, 24. November. D e r M inisterpräsident ist nach Schloß Loo gereist, wo der M in iste rra th und der S ta a tsra th sich zu einer außerordentlichen S itzung versammeln. Die Leiche des Königs w ird nach dem Haag gebracht w erden; die B e i­

setzung w ird erst nach 14 Tagen stattfinden. K ö n ig in Emma w ird demnächst hierherkommen, um einen neuen E id als V o r­

mund der K ö n ig in W ilh e lm in e und Regentin während der M in d e rjä h rig ke it derselben abzulegen.

Warschau, 24. November. D e r K aufpreis der von der neugegründeten Gesellschaft der Kohlengruben und Fabriken zu Sosnowice erworbenen G ü te r und Fabrikanlagen der Kram - sta'schen Kohlengruben beträgt 27 M illio n e n Franks. D e r ge­

nannten Gesellschaft steht das Recht zu, neben dem G ründungs­

kapital von 4 250 000 R ubel G old O bligationen im Betrage von 8 500 000 R ubel G old zu em ittiren. D e r S itz der Ver- Zz

W allung ist Warschau. ^

Wrovinziaknachrichten.

D a n z ig , 23. November. (Z u m Prozeß W e h r un d Genossen). D er R ecktsanw alt Bielewicz hat a ls V e rth eidige r des früheren Gutsbesitzers Holz aus Blum enfelde in dem Prozeß gegen den Landesdirektor D r . Wehr u nd Genossen gegen das u n te rm 19. d. M ts . ergangen« U rth e il der S tra fka m m e r des hiesigen Landgerichts das Rechtsm ittel der Revision eingelegt. A ls R evisionsgrund soll insbesondere geltend gemacht werden, daß die von Holz in der H a u p tverh a n d lun g gestellten, a u f die E n t­

scheidung einflußreichen, sehr erheblichen E n tla stu n g s-B ew eisan trä ge abge­

lehnt sind. D e r F a ll bezüglich der Fersenauer un d Konarschiner Ge­

nossenschaftsgelder kann also später wieder der Gegenstand der V erh a nd ­ lu n g v o r der hiesigen S tra fka m m e r oder v o r einer a u s w ä rtig e n bilden

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