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Die Zukunft, 18. Mai, Bd. 35.

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V IV

Berlin, den is.Mai 190x.

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Der Sieger.

GrasBiilowhat Ruhe. DenReichstag isterbisumdieAdventzeit,den

«preußischenLandtag mindestensbisin denSpätherbstlosundHerr

vonquuel denktfernvom Staatsamt derTage,daervonBewunderern und Neidern desKaisersManngenanntward. AuchderSorge,amMain könne einSachsenwäldchenerwachsen,istderKanzler ledig,denn derunsanft weggeschckteFinanzminister hatüber dieRolle,dieerfortanzuspielen’ge- denkt,keinenZweifel gelassen.Erist entschlossen,dengutenaltenMannzu mimen,derlängstfühlte,daßsein Stündchen geschlagenhat,dankbardas Sektglasdem liebenKollegenundbewährtenTafelrcdnerBülowentgegen- hebtundsrohenHerzensdieGnadedestnigs rühmt, derihn,denfast schon verbrauchtenGreis, nochderBerufunginsHerrenhauswürdigfand.Da istalsonichtszufürchten.UndauchdiePresse ist gut. Hat sienichtebenerst, aus reinerLiebe zu desKanzlers ragenderHuldgestalt,eigenmüthigver- schwiegen,was dierussischeRegirungüber des«Grafen Wälder-seeAmt und TitelderWelt zu verkündenfürnöthighielt? Nichtdiebismärckische Rücksichtlosigkeitlautgepriesen,womitderKanzlereinen allenParteienver- dächtigenMinister beseitigthabe?...DaswarvielleichteinBis chenzuviel;

denVergleichhätteHammanngerade jetztliebernichtsuggerirensollen.Denn derwirklicheBismarck hätteanders gehandeltDerhätte sich verpflichtet gefühlt,imLandtagzu reden undsein ganzes AnsehenfüreineVorlageein- zusetzen,fürdie derMonarch sichnun einmalsolebhaftengagirt hatte.

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254 Dis M .

Derhätte jede EntscheidungdemAufschubvorgezogenund, stattHerrn

vonWilmowski zubemühen,derlästigenExccllenzuntervierAugenge- sagt:Wirkönnennichtmehr zusammenarbeiten; ichwerdedeshalbden Kö- nig bitten, mich FrauundKindern zurückzugeben.Aberchacunsama- niåra Esgeht auch so;glattersogar.Und dieHauptsacheist doch,daßdie Leutezufrieden sindundvonharmlosen Dingen sprechen. Krisis, Kanal, Diäten,Börsenreform,Sacharin, selbstZolltaris:lauterungefährlicheSom- merthemata,besonders,wenndieParlamentshäusergeschlossensind.Wären imReichstagnoch längerdie kleinen nettenKonventikelabgehaltenworden, dann hätteirgendeinRother dochmalwieder überChina-undüber die hundertMillionengeredet,die imnächstenReichsetat fehlenwerden«Solche unangenehmeSachenwerdenbequemerohne neugierigeZuschauererledigt.

SchließlichmußWalderseeeinesTagesjaheimkehren.Ein alterHerr,ein tüchtigIrGeneralanderSpitze braverJungen,die vielausgestanden haben unddenen dieFahne schwarz-weiß-rothvoranweht:in derAuswallung nationalen StolzeswirdManchesvergessen.GrafBülowbrauchtRuhe,um ohne parlamentarischeAnfechtungseineChinesenpolitilliquidirenzu können.

AndiesesZiel seiner Wünscheistergelangt;undes wärezwecklos, heutenochzufragen,obdieWahldesWeges,derihn dahin führensollte, richtigundritterlichwar. Ritterlichnennen seitCaprivisHeroenzeitbür- gerliche undmanchmal auchsoziale—Demokraten dieHandlungenund Personen,dieihnen höchstenRuhmes würdigscheinen.Voreinesgroßen ReichesKanzleraber würdeselbstGregersWerlewohl nichtmitseineridea- lenForderungtreten.Undwermöchtenochstrenger seinund demLeiter der Reichsgeschäftenichtgernüberlassen,wieersichüber dasklüftigeGebiet zwischenPolitikundMoralhinweghelfenwill?GrafBülowglaubte,mit HerrnvonMiquelnicht längerhausenzu können. DerKollegewar ihm zuunbeliebt,zusehrimGeruchhexenmeisterlicherKunst, vielleichtauchin allen preußischenAngelegenheitenanErfahrungzusehrüberlegen.Jedenfallskonn- ten diebeiden MännergemeinsamnichtsErsprießlichesvollbringen.DerEine kamausderSphäredesBeamtenadels,hattesichinderstltumgesehenundun- terIndustriellen, Technikern,Händlernmehr schöpferischeIntelligenzge- fundenals im ummauerten KreisederStandesgenossen,aufdie er, alsZu- gehöriger,skeptischcnBlickessah.Der Andere war,nach Ueberwindungpo- litischerKinderlrankheiten, behenddieEhrenleiterhinaufgeklettertundhatte aufderHöheeinbesseresMenschenmaterial gefundenals inderBinsen- bourgeoisie,die demReifendenzurzweitenHeimathgewordenwar. Nur

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DerSieger-. 255

mitdiesenLeuten, dachtederZugelassene,istdasaltePreußenzuhalten;

die anderenlaufenunsweg,wennvonirgendwo her ihnen reichererProfit winkt.Deshalbsorgteer,sovielersvermochte,fürdenGrundbesitz daß diesehrmobilenKapitalisten selbstfür sichsorgen, wußteerauseigenerEr- fahrungund aus denSteuerlistenundhoffte,dieerhöhtenZolleinnahmen deswirthschaftlichwenigstensvomCaprivismusbefreitenReicheswürden ihmdieMöglichkeitschaffen,in derReichssinanzreformeineletzteProbe seiner Leistungsähigkeitzu bieten.SeiterdieseHoffnungaufgebenmußte,warer zumScheidenbereit undverpaßtenur dieEntschlußstundeEinervondiesen beiden Männern mußteweichen;undnatürlichfieldemAelteren,vomOhr desMonarchenVerbannten dasschwarzeLoos.Den Kanal hättedie·old parliamentarybandMiquels»durchgerissen«.Erhättedenevangelischen und denkatholischenAgrarierneinenleidlichePreise sicherndenZollsatzzu- gesagtundimstillenKämmerleinsie ermahnt, nicht durch allzu schroffks VerhaltendenerzürntenKönigin dieSiemensstraßezudrängen.Wasaber hättedemMinisterpräfidentendervonseinemVertreter erstritteneKanal genützt?Nach solchemSiegwäreMiquelein paarJahreimSattelsicher gewesen.DasalteSpielwäreweitergegangen.JnderWilhelmstraße:Ja, derFinanzminister findeteinmerkwürdigesVergnügendaran, schlafende Hundezu wecken. Und imKastanienwäldchemJa,derKanzlerhatnurnoch für Shantung Interesse.Damitistsnun vorbei.EinenSündenbockgiebt eseinstweilen nicht mehr.Nursollteman unsnicht erzählen,Miquel sei gefallen,weilerden Kanalnicht durchbringen konnte, sondern offen sagen:

Bülowhat aufdenKanal,derihmimmerPumpwasferwar,fürs Erstever- zichtet,weil esihnwichtigerdünkte,MiquelmitbedächtigerSchnelleüber Bordgehenzulassen.

O .

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Jetzt isterHerr, soweit dieVerhältnisseeinesMinisterpräsidenten Herrschaftgestatten. Er, sagtman,hat nach freiemBelieben dieHelferge- wähltundsichnur einVischengegenHerrnvonPodbielski gesträubt,der ihm füreinenLandwirthschastministerallzu agrarischschien.Nurdeshale Nicht auch,weil derin alleSättel gerechteHusarzurSkatpartiedes Kaisers gehörtundderpreußischePremierdenVortheilzuschätzenweiß, den diepersönlichintinreBeziehungzumMonarchenverleiht?Geradefür diesesAmtwar derMann ja recht klug gewählt.HerrnvonPodbielsli können dieAgrarier nicht vorwerfen,erverstehevomWesenderLand-

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wirthschaftnichts,dieHändlernicht nachsagen,erkennenur unmoderne Betriebsformen. ErstehtmitGroßindustrikllensehr gut, liestalsJn- formirterundJnteressirterdenKurszettel, ist MitglieddesPressellubs undseiner JovialitätmagManches gelingen,was ernsterem Eiferuner- reichbarbleibenmüßte. Auch sonstiftgegen dieWahlderneuen Männer nichts einzuwenden.HerrvonRheinbaben außerihmkamnur nochder FreiherrvonThielmanninBetracht,denBucher schoneinenerwachsenden Finanzministernannte,deraberbeidenKonservativenschlechtangeschrieben ift wirdsichvorläufigwohl stillhaltenundfroh sein, wennihm diePflicht zurInitiative erspartbleibt;daMiquelihn oft gelobtund zurNachfolge empfohlenhat,kann ers einehübscheWeilemitanfehen.DerneueMinister desJnnern ist unbekannt,vorpersönlichenAngriffenalso zunächstgeschützt.

UndHerrTheodorMöller...ersetztHerrnBrefeld.Daswürdegenügen, ihm freudigeBegriißungzusichern,selbstwenner, wieseineBerufsgenofsen raunen, kein lumen coeli, sondern redseligerDurchschnitt seinundnur

Herrn Hinzpeterseine Beförderungverdanken sollte.EinMann,der bei Woermann gelerntundauf eigeneGefahr großeGeschäftegeleitethat,kann nichteinmaldurchelfjährigeParlamentarierdienstzeitvölligverdorben sein.

EinsolcherMannmußwissen,wie eineMaschineaussieht,waseinTermin- gefchäftistundwieschwereineRegirungderProduktion nützen,wieleicht ihr schadenkann.DasfindunerhörteVorzügeimBannkreisderpreußischen Ministerialbureaukratie.Unddiesealtenundneuen Herrenhabennun ein halbesJahr Zeit, »homogen«zu werden. Und ebenso lange hat ihr Prä- sidentZeit, Preußenkennen zulernen,dasnebenChina fürunsimmerhin ja noch wichtigist.

Er wirdfühlen,daßerdieseZeitnicht verlierendarf.Wenn das Wir- ken desGrafenBülowbisher ungünstigbeurtheiltwurde,pflegtenseineBe- wunderer,mithochgezogenenBrauen,zusagen: »Denkenntihrnochgar nicht.Der kannsichja nicht frei bewegen.Zuerst hatOnkelEhlodwigihm dieBethätigungmöglichkeitenbeschränktundjetztmachtderalteFuchsim Kaftanienivald ihmdasLebenschwer.China? Gott,China...JedesKind weißdoch,wie da derHaselief.Nein:Den kenntJhr nochgarnicht.Dem strömendieneuen Ideennurfozu. Staatsmann größtenStils. EinNarr, werDenfüreinenWortmacherkauft.Wartet nur,biserfrei, nach eigenem Willen,zuhandelnvermag; dannwerdetihr staunendEuervorschnelles Urtheilbereuen.«Nunistessoweit.Oberdieneuen Kollegenselbstaus- gesucht,obermanchendavonnurhingenommenhat:esistseinMinisterium.

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DerSieger. 257

Niemand hindert ihn, nichtimReichunderst recht nichtinPreußen.Und nun möchtenwirendlich-Thatensehen.

Endlich.Denn mehrundmehr wächstdieZahl Derer,dieunsere betriebsamePolitik unfruchtbar findenund murren, die Kartekomme über- haupt nicht mehrvomFleck.VorzweiJahren: erfteKanalkatastrophe;all- gemeineFreude,alsdieParlamentirereieinEndehatte.Jm vorigen Sommer: derReichstagwirdnicht berufen, aufdaßjakeinunwilligesWort dieHochftimmungstöre,die genAfiendengroßenErobererngrüstet.Jetzt, zweiteKanalkatastrephe;unddieAbgeordnetenwerdenschleunigheimge- schickt,weil derKanzlerdie Kritik einesUnternehmens scheut,daserselbst, nachderOffenbarung Johannis, unglückseliggenannthaben soll.Da- zwischenGesetzentwürfe,dienach langer,mühvollerVorarbeit ver- schwindenoder derenVerschwindendochNiemandbedauern würde.Auch daszufriedensteGemüthwirdnicht behaupten können,daßdiefezweiJahre reichan schöpserischenLeistungenwaren. Undschonwird uns verkündet, dieWasserwirthschast sei vorläufigzu anderen Aktengelegt,weildie ganzegesammelteKraftderRegirendenaufdieGestaltungdesZolltarifesver- wandtwerdensolle.Dasist,mitBergunst,nutwieder eineneueCoulisse.Wie derZolltarifschließlich,wennerdurchdenBundesrathund denReichstagbug- sirtundvondenfremdenUnterhändlernmitkritischenRandbemerkungenver- ziertwordenist, ungefähraussehenwird, weißheute schonJeder, weißHerr OertelsogutwieHerrSinger.DerKaiserwird und kannnicht widerrufen, waserin denneunzigerJahren solautgesagthat,und dervonihm berufene Kanzler darf nichtdarandenken,inTageneinesindustriellen Niederganges durchbeträchtlichgesteigerteKornzölledenWaarenexportzuerschweren.zDie Entscheidungüber desDeutschenReichesnächstewirthschaftlicheZukunft ist beimAbschlußderletztenHandelsverträgegefallen,dieEntwickelungzweier Lustrenistaus derGeschichteeinesruhlos nachhöheremWohlstandstrebenden Volkesmit einemFederstrichnichtzutilgenund eswirdsichimWesentlichenjetzt uur nochdarum handeln,denUebergangsfchmerzzu lindern. Daskann durchNarkoseoderdurchlokaleAnästhesieversucht,plumpodertaktvoll aus- geführtwerden: eineLebensfragederNationwird davonnichtmehrberührt unddenMeisten ists, trotzallemParteiengeschrei,recht gleichgiltig,ob die Agrarzölleumein paarGroschenerhöhtwerden. Wielangewillman deun aufderdeutschenTennedasselbeStroh dreschen?DenKampfgegenfürch- terliche Umfturzplänesindwirnun endlich los;erspuktnur nochdurch dunkleHirneoder wirdbenutzt,um eineRegirungzuärgern,,dervonloya-

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lenHerzensonstnichts anzuhängenist. Doch auch·die anderenModcthemata sind nachgeradenun abgedroschenund dergläubigsteLesergähnt,wennsein AugedieWörterZolltarifundBörsengesetzallabendlichstreift.Eshatlange gedauert,biseineMehrheit dahinter kam, daßinDeutschland noch etliche andereDingezuthun sind. Jetztaber wirddieseUeberzeugungnicht leicht wieder zuentwurzeln sein.

GrafBülowhat die-Ruhe,dieerbrauchtundersehnte.Er magsich umdieBörse,umNutzenundNachtheilderWasserstraßenundumdenZoll- tarif kümmern, recht eifrig sogarundin demGefühlunabwälzbarer Verantwortlichkeit.Erträgtin zudeutlichen ZügendenStempel seiner Klasse,alsdaßman fürchtenmüßte oder:hoffenkönnte—,erwerdedem preußischenGrundadel versagen,waserihm irgend gewährenkann. Doch darfernicht wähnen,ernsthaftenLeutenschonalsgroßerStaatsmann zu gelten,wenn ereinenHandelsvertragschließt.Deutschland hat Sorgen, derenweitesGebiet desKanzlersberedterMund nochmit keinemHauch berührt. Deutschland braucht,wie das liebeBrot,einePolitik,dieesaus ödenNiederungen erlöstundbei derenBetrachtungderBlickaufleuchten kann, seiesinstolzerHoffnung,seis selbstimleidenschaftlichenZorn.Der Kanzler hat gesiegt.Erist, seineDienerschaftrustesjubelndin alleLande, imReichundinPreußenderHerrderLage. Jetztkann er,jetzt mußer zeigen,was ervermag. Wirwarten.

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DeutscheunditalienischeKunst 259

Deutscheiunditalienische Kunst.

DieGeschichtederitalienischenMalerei desfrühenMittelaltersshist noch viel zuwenigeingehendstudirt,alsdaßman sie gerechterWeise schonmitderaufsEingehendsteerforschtenDeutschlands vergleichendürfte.

MitVorbehaltaberließe sichdasEinesagen, daßdasGipfelwerkdeutscher Kirchenmalerei,dieDeckevon Sankt Michael,inseinen bestenTheilenan freier BehandlungdesmenschlichenKörpers höherzureichen scheint,als die Meisterdesbyzantinisch-romanischenFreskobildesinItalien gedrungen sind, und daß auchdassoesterAltarbild zartere Formenreize ausströmtalsdie TafelnderMeisterdes Südens.

Vielschnellerleitet dieGeschichtederBildnerei in diesenZeitenzu einemVergleichzwischendeutscherunditalienischerKunstleistunghin.Von allenmühsäligenVorstufenderKunstentwickelungwirdman in beidenFällen absehendürfen. Hierunddorthatman sichinpeinlicherLangsamkeitaus demgänzlichenUsngeschickderKarolingerzeitenzubessererBemeisterungdes sprödenStoffes emporarbeiten müssen.Indessen istesinDeutschlandschon imelften,inItalien wenigstensimzwölftenJahrhundertzurSchöpfung vonBildwerkengekommen,denenvielleichtnicht mehrinunseren verwöhnten Augen, wohlaberin denenderGeschichteeinwesentlicher Werth zukommt.

Daß Deutschlandvoranging, ist nicht bedeutunglos:die Bildnerei ist hier vonihren erstenlallendenAnfängenannicht soganz in dieFesselnderNach- ahmungeinesübermächtigenVorbildes geschlagengewesenwie etwa die Malerei durchthanz. Siehatrechteigentlichihre eigeneSprachezureden versucht, soplump und ungeschicktdie Lautbildung auch zuerst ausfiel.Die Erzreliefs,mitdenenimJahre1015 dieHauptthürdesDomesvonHildes- heim geschmücktwurde denndasSachsenBischofBernwards ging auch indiesemStückvoran wirkenaufuns zuerstbefremdlich;dieSzenen aus denHeiligenSchriftendesChristenthumesnehmen sichfastaus,alsob sievonganzwenigenFiguren aufeinemMarionettentheater abgespieltwürden.

AbertrotzihrernahezudrolligenUnbeholfenheitverrathen sieeineso starke Wirklichkeitkunst,einso hohesVermögen,denartistischenKernstarkerKörper- bewegungenzuerfassen, daßman durchaus nichtübersie lächelt.Technisch wenigstensschrittman dann indieser Metropole niedersächsifcherKunstin dernächstenZeit noch vielfach fort, wiedieApostelfigurenandenChor- schrankenvonSanktMichaelbeweisen,dienach1186 aufgestellt

wordlinfind.

slc)Bruchstückausder»KulturgeschichtederNeuzeit«,BandIl:Aerthum undMittelalter alsVorstufenderNeuzeit, zwei Jahrtausende europäcscherGe- schichteicnUebers-lich Zweite Hälfte,EntstehungdesChristenthums, Jugend derGewinnen DieserTheil erscheint nächstensbeiGeorgBondi.

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260 DieZukunft.

Schonimelften Jahrhundertaberwar deutscheBildnerei sogeschätzt, daßeinsihrerWerkeselbstbisnachOberitalien gelangt ist:dieReliefsan denErzthürenvon Sau Zenoin Verona glaubtman, ihr sicherzuweisen zu können.DieitalienischeBildnerei selbstaberist sogarbis zum Ende des zwölftenJahrhunderts noch nicht allzuviel weitergediehen:dieThürreliefs amSeitenportaldesDomes vonPisa, dieman demPisanerBonnanus zuschreibtunddieum diese Zeit entstanden sein mögen, sind freilichetwas figurenreicherundzuweilenauch gewandterausgeführtundrichtigergesehen.

Aber insAuge bohren dochauch sie sichnur dann,wenn einmal mitihren primitivenMitteln der seelischeInhalteineseinfachen Körpergestusaus- geschöpftist,wieandemGekreuzigten,dessenArmhaltungdiegänzlicheHin- fälligkeitdesGemarterten rührendwirksamzumAusdruck bringt.

InPisa aber,dasbiszuletztinWahrheit Italiens Kunsthauptstadt blieb,war es,wonochzuAusgangdesZeitaltersdie Bildnerei des Südens einenganzneuen Aufschwungnahm.NiccoloPisano,derimJahre1260 dieTaufkircheseiner prachtlicbendenVaterstadtmit einerKanzel ausschmückte, hebt sichsehr hochüber allefrüherePlastikderJtaliener. Man hatetwas allzu häufigvonRenaissancenschondesfrühenMittelalters gesprochen,man hatdieverschiedenenStröme antikenEinflusses,diesichimneunten nnd elften JahrhundertüberDeutschland ergossen,nichtmitvollemRechtso ge- nannt, denndortund damals handelteessichumeine nieunterbrochene Einwirkung.NiceoloPisanoaberhatinderThateineRenaissance herauf- geführt,denninvölligemGegensatzezu allerUnvollkommenheitundNaivetät desKunstschaffensdervoraufgehendenZeit hater dieantikenSarkophage, dieihmalsVorbild dientenunddieman vermuthlichnoch heuteimCampo Santo seiner Vaterstadt betrachtenkann, injedemSinne nachahmenwollen.

DiesevölligeAbhängigkeithatderFormengebungdesMeisterszu- nächstdieaußerordentlichstenVortheile gebracht.Siebeginnenschonbei der architektonischenGesammtanlagedesvöllig freistehendenundganzbreitan- gelegtenWerkes,andemmehralseine ganz antikharmonischeAbmessung demAuge schmeichelt.DieeigentlicheBildnerei aberunterscheidetsichin vielemTechnischenvon allenfrüherenArbeitendesZeitalterswiereifende Jugendvon täppischungeschickterKindheit.EinsodurchgearbeiteterAkt wie derdeseinzelnstehendenHerkules, so feierlich junonischeFrauengesichter wieaufdemReliefderGeburt, so appolliuischregelmäßigeMünnerköpfewie die der anbetenden DreiKönigeundvorAllemsovielmajcstätischdrapirtes Faltenwerkwärekeinemanderen BildhauerdesZeitaltersmöglichgewesen.

Dochfreilich: auchdie üblenWirkungenallsolchepigonischenSchaffens sindnicht ausgeblieben.AlleSchwächendesUrbildes sind fast noch sicherer nachgeahmtalsseineStätten Daß hier sinkenderund nicht blühender

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Deutscheunditalienische Kunst. 261 römischer,geschweigedenngriechischerBildnerei nachgeeifertist, verspürtman

sehr schnell:dieetwas steife GrandezzaderKörperhaltung,vorAllemdie fastganzsormelhafteund unpersönlichgewordene RegelmäßigkeitdesGe- sichtsschnittes,dieEtwasvondemungewolltenArchaismus geistloserVerfalls- kunst hat, lassenessehrdeutlichmerken.

VorAllemaberfragtman, wodennnun derGeistdesKünstlers

.und«seinerZeitindiesemWerkedazukommt,sich auszusprechen Gewiß,

erhatsichnichtganz unbezeugtgelassenund trittnatürlichamEhestenin bestimmtenUnvollkommenheitenhervor:in derUeberladungdereinzelnenRelief- tafelnmitFigurenundLinien,dieschonEtwas von derArtbeginnender Gothikhat;in dembizarrenundästhetischunhaltbaren,aberecht romanischen Gedanken, einenTheilder Säulen durch schreitendeLöwen tragen zulassen;

undschließlichindernoch plumpen, allzubreiten und kurzenAbmessung allermenschlichenGestalten,dieam Auffälligstenbei dem ganzfalschpro- portionirten Herkules sichtbarwirdund wiederromanischerKunstweisesoganz entspricht, vondenallersichtbarstenStilbethätigungen,wiedemdreige- zacktenNundbogenunddenetwasschwulstigenKapitälen,zuschweigen.Aber wie gern würdeman dieseUnzulänglichkeitenindenKauf nehmen,dienur überausbegreiflichenMängelndesdamaligen Kunstvermögensentspringen, wärenur auchdiebesondereStärkederZeit erhalten geblieben!

Aber woist ihr besterSchatz, ihre Fähigkeit,tiefeundbewegteWirk- lichkeitimKörperlichenundzuweilen doch auchimSeelischen,wenn auch mitnoch sounbeholfenenMitteln,darzustcllen?Was hat diese kuhäugige JunomiteinergermanischempfundenenMutter zuschaffen,wasalldiese leerenMasken- und Typenköpfemitdem inneren ErnstderAnbetung?

Gewiß: nocheinHauch dieses echtestenMerkmals germanischerKunst,der innerenwuchtigenLeidenschaftlichkeit,wiesiedieVorfahren sehrvielöfter gefühlt haben mochten,als sie sieinihrer stammelnden Formensprache hattenausdrücken können,istda: die ganzhingegeben-schwacheHaltungdes SchmerzensmannesamKreuze athmet ihnaus. Abersiemagvondergleichen SzeneanderDomthür beeinflußtsein,siesteht dieser auchanKraftdes Eindruckesnachund wirderdrücktdurchall dieposenhaft feierlicheTheatralik ringsum. UmesmiteinemWortezusagen:indemaltenunbeholfenen Bonnanus war mehrvondieser Stärke;wievielTieferesaberhätteeine sogroß angelegtekünstlerischePersönlichkeitwie Niccololeisten müssen,hätte

ersichnichtvondemfremdenVorbild soganzunterjochenlassen!

UnddaßdiesAllesnichtleereKonstruktion ist, zeigtuns ein Blick aufdesMeisters sovielgrößerenSohn. Giovanni Pisano hatmiteinem Ruck denEinfluß diesesEpigonenthums,denseinVaterihm gegenüberdoch wahrlich mächtiggenuggeltend gemachthabenmag, vonsichgeworfenund

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262 DieZukunft.

alleTiefe,allesPathosdesGermanenthumesaussichzuschöpfenvermocht.

DocheristderVringereinesneuen Kunstaltersin derGeschichtederitalieni- schenBildnerei;er stehtandenPfortenderGothik.AberderVergleich mitihm beweist unumstößlich,wielähmendtrotz allerformalenFörderung diesevorzeitigeEintagsrenaissanceaufdasinnereWachsthumdergermanisch- italischenKunst gewirkt hat.Diegleich gerichteten Nebenbewegungen,an denenesinOber- wie inUnteritalien nicht fehlt, bezeugenesnochdeut- licher,dahier hinter diesemKlassizismus demerstenderneu-europäischen Kunstgeschichte—nirgendseinesostarkePersönlichkeitstandwieNiccoloPisano.

AberfastzurselbenZeit, vermuthlihnur wenig späteralsdiesgroße WerkdestoskanischenMeisters, entstand hochimNorden,ineinerkleinen sächsischenVischpfsstidheineReihevonStatuen undSteinreliefs,andenen sicherwies,was germanischeKunst ohneallebesondereundneue Anleihe bei antiken Vorbildern schondamals zuleisten fähigwar. Eswaren die Jahre,indenenderMeisterdesnaumburgerDomes wieman denUr- heberdieser Arbeiten nennen darf, fallses,wofürVieles spricht, wirklich einEinziger ist denhohen ChordesGotteshausesmitdenDenkmalen derStifterund denLettnerdieses ChoresmiteinerReihevonPassion- szenen ausschmückte.DieSteinreliefsderLeidensgeschichtelassen sicham

EhestenmitdemKanzelschmuckderpisaner Taufkirchevergleichen.

FürsErste deshalb,weilauch hiereinearchitektonischeFassungfür dasgeschaffeneSkulptur:Kleinod nothwendigwar. Wieköstlichaberist sie schon gelungen, ohne daßdabeinur dieleisesteAnlehnunganantikeMuster zu merkenwäre! Gutentworfen ist zunächstderLettnerselbst, dessenFor- men denallgemein angewandtendesUebcrgangsstilesentsprechenundbeson- dersglücklichüber die-Fläche vertheilt sind;aber wiewunderbar istdie schwierigsteAufgabe dieserVerbindungvonBau- undBildkunstgelöst,die EinfügungdergroßenKreuzigungsgruppeindasPortal,dasvomHaupt- schisfderKircheindenhohenChor führt.DasKreuz selbst ist ohneallen ZwangalsMittelpfostenderThürverwandt, dieGestaltenderbeiden Leid- tragenden,derMadonna und desJohannes, sind rechtsundlinks alsNischen- figurenineinekleine,spitzbogigeChorhalle eingefügt,derenunendlich fein abgemesseneVerhältnissesichindasAuge schmeichelnunddieentzückende Einzelheiten,wieetwadie beidenSäulchen rechtsundlinks,aufweist.An Versehen fehltesnicht: sonimmt sichdasvierblättrigeBlendfensterdes Giebelsnichtganzglücklichaus. Aber auchdieschwierigeUnterbringung derlangen Reliefreihe ist vorzüglichgelungen.

Undnun dis Bildwerk selbst:derAbstand,derdiese obersächfischen Arbeiten desausgehenden dreizehntenJahrhundertsvon denniedersächsischen deselftentrennt, isteinungeheurer;aberauchdieZwischenstufen,dievom

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