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Gewünschte Kooperationsfelder

Die Pandemie-Situation in ihrer ganzen Komplexität kann durchaus auch Ein-fluss haben auf die von Deutschen und Polen getroffene Auswahl der Berei-che, in denen sie sich eine enge Zusammenarbeit beider Länder wünschen.

Deutsche und Polen favorisieren diesmal größtenteils unterschiedliche Ko-operationsfelder, von denen maximal drei ausgewählt werden konnten. Auf deutscher Seite teilen sich den ersten Rang die Zusammenarbeit zur Überwin-dung sozialer und regionaler Ungleichheiten in Europa sowie zur Stärkung der europäischen Demokratie und Bekämpfung des Anstiegs populistischer und nationalistischer Kräfte (jeweils 32%). Dahinter folgen die Zusammenarbeit für eine ehrgeizige Klimapolitik (30%) und die Bekämpfung des Terrorismus (29%). Die Polen wünschen sich am häufigsten eine Zusammenarbeit zuguns-ten der Energieunabhängigkeit Europas (33%), gefolgt von der Stärkung der europäischen Demokratie und Bekämpfung des Erstarkens populistischer und nationalistischer Kräfte (32%) und der Steigerung von Innovation und Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft (31%). Bei einer Priorität gibt es demnach eine Überschneidung, während darüber hinaus deutliche Un-terschiede zu erkennen sind. Besonders groß sind die Differenzen beim Thema europäische Energiepolitik (13 Prozentpunkte bei Polen) und der Migrations- und Asylpolitik (16  Prozentpunkte bei Deutschen). Das verwundert nicht, denn beide Bereiche sind traditionell wichtige Themen, sowohl in der Politik als auch im öffentlichen Diskurs, werden aus sehr unterschiedlichen nationa-len Blickwinkeln betrachtet, erfordern aber gleichwohl gemeinsames euro-päisches Handeln. Die Energiesicherheit ist für Polen Teil seiner sicherheits-politischen Staatsräson. Der Bau der deutsch-russischen Gaspipeline Nord Stream wirft daher die Frage der europäischen Solidarität im Energiebereich auf. Deutschland, das eines der Hauptzielländer der in Europa ankommenden Migranten ist, hat ein großes Interesse an gesamteuropäischen Lösungen in diesem Bereich. Auch einige andere, nicht ganz so deutliche Unterschiede in der Priorisierung sind nicht überraschend. Die Deutschen sind etwas en-gagierter in Sachen Klimapolitik (30% gegenüber 27%), während den Polen aufgrund ihrer geografischen Lage die Stärkung der europäischen Flanke der NATO wichtig ist (18% gegenüber 14%). Gemeinsame Maßnahmen zur Terro-rismusbekämpfung sind den Deutschen wichtiger (29% gegenüber 24%), da internationale Themen, einschließlich des globalen Terrorismus, in den deut-schen Medien generell präsenter sind als in den polnideut-schen. Auch die konkrete Bedrohung des eigenen Landes spielte in Deutschland in den letzten Monaten eine größere Rolle; zuletzt aufgrund von Informationen über russische

Hacker-XXX

angriffe auf behördliche Netzwerke oder des Terroranschlags in Hanau am 19.

Februar 2020.

Es konnten maximal drei Antworten ausgewählt werden.

Ein Jahr Pandemie führte in Deutschland wie in Polen zu Veränderungen betreffend die priorisierten Kooperationsbereiche. Angesichts der bestehen-den Corona-Situation und der damit verbunbestehen-denen Besorgnisse verweisen die Polen deutlich seltener auf die Notwendigkeit einer Kooperation zur Terroris-musbekämpfung als vor Jahresfrist (zuvor 38%, jetzt 24%) oder zur Stärkung der europäischen NATO-Flanke (zuvor 30%, jetzt 18%) und für eine europäische Außen- und Sicherheitspolitik (zuvor 28%, jetzt 23%). Diese Themen sind von der politischen Agenda so gut wie verschwunden und die Gefahren, die mit ihrer Vernachlässigung – sei es als europäischer oder nationaler Ansatz – ein-hergingen, verschwimmen angesichts der enormen pandemiebedingten Her-ausforderungen. So ist es nicht überraschend, dass eine Zusammenarbeit mit Deutschland zur Stärkung der Konkurrenzfähigkeit der europäischen

Wirt-Abbildung 9:

In welchen Bereichen sollen Polen und Deutschland sehr eng zusammenarbeiten?

Antworten der Polen und der Deutschen

31 Polen und Deutsche im gemeinsamen Europa

schaft hoch im Kurs steht (zuvor 23%, jetzt 31%). Das Vorgehen Russlands im Zusammenhang mit der Vergiftung und späteren Verhaftung des Oppositio-nellen Alexej Nawalny sowie Chinas intransparente Informationspolitik in Sa-chen SARS-CoV-2 ließ die Überzeugung der Polen reifen, dass gemeinsam mit Deutschland Maßnahmen erarbeitet werden sollten, um der Desinformation durch autoritäre Staaten entgegenzuwirken (zuvor 16%, jetzt 21%). Die Diskus-sion um die Anwendung US-amerikanischer Sanktionen gegen Firmen, die am Bau von Nord Stream 2 beteiligt sind, und der anschließende Beschluss, den Bau der Pipeline fortzusetzen, gibt den Polen das Gefühl, dass Deutschland europäischen Energielösungen zu wenig Aufmerksamkeit schenkt. Schließlich haben die Diskussionen um die Rechtsstaatlichkeit in Polen den Anteil der Be-fragten anwachsen lassen, die eine Kooperation zwecks Stärkung der europäi-schen Demokratie wüneuropäi-schen. Diese Auffassung vertreten häufiger Wähler der Bürgerkoalition (53%), der Linken (53%) und der Bewegung Polen 2050 (43%) als Wähler der Partei Recht und Gerechtigkeit (18%).

Es konnten maximal drei Antworten ausgewählt werden.

Abbildung 10:

In welchen Bereichen sollen Polen und Deutschland sehr eng zusammenarbeiten?

Antworten der Polen in den Jahren 2020 und 2021.

Quelle: Deutsch-Polnisches

Auch an anderen Stellen zeigen sich typische Beispiele für die politische Polarisierung der polnischen Gesellschaft. PiS-Wähler (17%) sprechen sich sel-tener für eine kooperative Klimapolitik aus als Anhänger der Bürgerkoalition, der Linken und der Bewegung Polen 2050. Wähler der Linken sind besonders häufig (42%) für eine Zusammenarbeit zur Bekämpfung sozialer Ungleichheit.

Befürworter der Konföderation sind häufiger (50%) für die Stärkung der Inno-vationsfähigkeit der europäischen Wirtschaft als die Anhänger der Bürgerkoa-lition, der Linken und der Bewegung Polen 2050. Die Fragen nach einer Zusam-menarbeit mit Deutschland auf dem Gebiet der Terrorismusbekämpfung und der Energiepolitik unterscheiden die Befragten nicht entlang ihrer Parteiprä-ferenz.

Es konnten maximal drei Antworten ausgewählt werden.

Die Antworten in der Altersgruppe der Jüngsten unterscheiden sich bei ei-nigen Themen. Polen im Alter von 18-24 Jahren befürworten häufiger eine

Zu-Abbildung 11:

In welchen Bereichen sollen Polen und Deutschland sehr eng zusammenarbeiten?

Antworten der Deutschen in den Jahren 2020 und 2021.

33 Polen und Deutsche im gemeinsamen Europa

sammenarbeit zur Bekämpfung von sozialer Ungleichheit als ältere Befragte (38% gegenüber 27%). Umgekehrt verhält es sich beim Thema der Stärkung der europäischen Demokratie. Hierfür sprechen sich 34% der über 25jährigen aus, aber nur 20% aus der jüngsten Gruppe. Auch für die Schaffung einer europäi-schen Energieunabhängigkeit sprechen sich merklich häufiger Befragte über 25 Jahre aus als 15-24jährige (35% gegenüber 22%).

Einige Meinungsänderungen der deutschen Befragten bezüglich der als vorrangig anzusehenden Kooperationsfelder sind den polnischen Entwick-lungen ganz ähnlich und wohl auch in gleicher Weise erklärbar. Dies betrifft die Bereiche Stärkung der europäischen Flanke der NATO (zuvor 22%, jetzt 14%), die europäische Verteidigungspolitik (zuvor 35%, jetzt 21%) und den Kampf gegen den Terrorismus (zuvor 40%, jetzt 29%). Auch der Wunsch nach Kooperation auf dem Gebiet der Migrationspolitik ist seltener als vor einem Jahr (zuvor 32%, jetzt 27%). Und die Zunahme des Anteils derer, die sich für eine Zusammenarbeit beim Kampf gegen die Propaganda autoritärer Staaten aus-sprechen (zuvor 15%, jetzt 22%), lässt sich ebenso erklären wie die vergleichba-re Veränderung auf polnischer Seite.

In manchen Fällen lassen sich die Meinungen der Befragten mit ihren po-litischen Ansichten sinnvoll in einen Zusammenhang bringen, und zwar dann, wenn die favorisierte Partei in einem gegebenen Themenfeld einen klaren, unterscheidbaren Standpunkt vertritt. Und so finden es Wähler der Linken viel seltener als andere Befragte notwendig, eine Zusammenarbeit für eine Stärkung der europäischen Flanke der NATO anzustreben (7%) oder eine euro-päische Sicherheitspolitik (8%), sprechen sich aber besonders häufig für eine Kooperation zur Überwindung sozialer und regionaler Ungleichheiten in Eu-ropa aus (43%). Anhänger der Liberalen befürworten hingegen vehementer als andere, gemeinsam etwas für die wirtschaftliche Innovationsfähigkeit zu tun (48%).

Auf deutscher Seite sprechen sich Befürworter der Alternative für Deutsch-land (AfD) vergleichsweise selten dafür aus, etwas zur Stärkung der europäi-schen Demokratie und gegen das Erstarken populistischer und nationalisti-scher Kräfte zu unternehmen (18%). Interessant ist auch, dass sich anhand der Frage der wünschenswerten Kooperationsbereiche in keinem Fall ein signifi-kanter Unterschied zwischen Christ- und Sozialdemokraten feststellen lässt.

Auch das Alter der Deutschen macht bei dieser Frage keinen Unterschied.

Ost- und Westdeutsche unterscheiden sich bei den Themen Stärkung der Eu-ropäischen Demokratie und Migrationspolitik. In diesen Bereichen möchten Westdeutsche deutlich häufiger kooperieren (34% und 30%) als Ostdeutsche (25% und 18%).

35 Polen und Deutsche im gemeinsamen Europa

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