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Rein theoretische Ableitung des Phantasielebens aus den Real-

C) Zusammenfassung zu einer Gesamtstruktur des Phantasie

VII. Rein theoretische Ableitung des Phantasielebens aus den Real-

des jugendlichen A rbeite rs unter padagogischem Gesichtspunkte.

Im S tru ktu rb ild sind w ir schon auf deduktivem Wege von dem Allgem einprinzip der W irklichkeitsgebundenheit und Schwache der Phantasie zu spezielleren Erscheinungsformen innerhalb derselben gekommen, ais da sind praktischer Idealis- mus, relative Skrupellosigkeit, mangelnde asthetische Erfas- sung und A usfall einer wichtigen Pubertatsphase. Es war zur E ingangigkeit f iir den Leser besser, diese Gedankenverkniip- fung innerhalb der E ntw icklung des Strukturbildes durch- zufiihren, ais vor- oder nachher. Es sei jetzt noch hinzugefiigt eine theoretisch-kausale Ableitung der Phanomene aus den Realfaktoren. W ir haben hierbei, wie in der ganzen Arbeit, den padagogischen Gesichtspunkt im_ Auge; denn nur bei K la rheit der Phanomene und ih rer Ursachen lassen sich padagogische Folgerungen ziehen.

Es sind drei verschiedene Momente, die f iir das Phantasie- leben mehr oder minder eine Rolle spielen konnen:

1. kann es sein, daB allein die Phantasieleistung beein- trachtigt, die Funktion dagegen in takt ist. D er Jugendliche ist durch auBere Umstande verhindert, seine Funktion aus- zuiiben. Arbeitszeit, Wohnungsverhaltnisse, Gesellschaft usw.

schlieBen gewisse Formen an und f iir sich fu n ktio n e ll mog- licher Betatigung der Phantasie aus. Solche Falle sind der padagogischen Behandlung am weitgehendsten zuganglich, so- fern man auBere Bedingungen andem kann.

2. D ie Funktion selbst ist beeintrachtigt und zwar durch einen allm ahlich zersetzenden ProzeB infolge auBerer U m ­ stande, und h ier besteht wieder eine doppelte M óglichkeit:

Entweder ist die Funktion durch den ZersetzungsprozeB un- rettbar, unabanderlich — der jugendliche Arbeiter hat voll- standig die Fahigkeit verloren, sich in besonderer Weise phantasiemaBig zu betatigen — verdorben oder die Alternation ist noch durch regenerierende MaBnahmen zu beseitigen. N u r

sclche Falle kommen f iir eine padagogische Beeinflussung in Frage.

3. D ie Funktion ist verdorben, aber durch erbliche Anlage.

In diesem Falle ist die Padagogik fast machtlos. Sie kann nur auf lange Sicht hinaus die Vererbungsmóglichkeiten bessem.

Bei dieser Betrachtung des Phantasielebens der A rbeite r­

jugend ist das Vorkommen des ersłen Falles nicht zu leugnen.

D er jugendliche Proletarier w ird schon friih in die A rbeit und den Lebenskampf hineingestellt und muB sich m it den realen Gegebenheiten abfinden. Sein ganzes Sinnen und Trach- ten geht auf das Geldverdienen hinaus, um sich friih selb- standig zu machen. Deshalb konzentriert er sich auf die A rbeit. Diese ist im Vergleich zur geistigen Betatigung des biirgerlichen Jugendlichen geistloser, eintoniger und mecha- nischer. Dadurch gerat sein Geist in einen gewissen Leerlauf, der durch die alltagliche W iederkehr zur Gewohnheit w ird und zwar auch auBerhalb der Berufstatigkeit. Durch diese Gewóhnung entbehrt der jugendliche A rbeite r nicht, was ihm genommen wurde und fiih lt sich deshalb nicht angetrieben zum Aufstieg in eine hohere geistige Spharenwelt. D ie haus- lichen Verhaltnisse, in ih re r K argheit und N iichtem heit und die Erw erberm entalitat der E lte m belasten seinen Phantasie- flu g noch mehr. Es werden hochstens solche Phantasien durch die Selektion hindurchgelassen, die sich m it Beruf und Erwerb befassen.

Man konnte nun vermuten, daB dieser F a li praktisch die einzig aktuelle Bedingung von Phantasiearmut darstellt, und daB die beiden anderen Falle in der W irk lic h k e it iiberhaupt nicht vorkamen. Ist doch nur die andersartige, vom B iirger- lichen abweichende Leistung empirisch gegeben und konnen doch f iir letztere im m er gewisse Milieumomente ais zumindest mitbedingend aufgewiesen werden. M it anderen W orten ge­

sagt: M an konnte die Behauptung aufstellen: Schafft dem A rbeite r biirgerliche Lebensbedingungen; setzt ihn in ein schmuckes Landhaus, in eine kom fortable Etage, entsklavt ihn von der Maschine, befreit ihn von der kapitalistischen Fronarbeit — und seine Phantasie w ird bliihen wie die biirger- liche. Das kann aber doch wohl nicht so sein. Es bestimmen auBer den auBeren, auch wohl noch andere Faktoren die Phantasieleistung.

W ir kónnen beide, B iirgerliche und Arbeiter, in Bezug auf die Phantasie in zeitweise relativ gleiche Bedingungen brin- gen. Es besuchen z. B. beide das gleiche Theater- oder Kino- stiick, beide haben die gleiche M óglichkeit, sich in der N a tur phantasiemafiig zu betatigen. Und im Dichten und Wach- traumleben d iirfte doch wohl das inbriinstige Hingerichtetsein auf einen ferneren Gegenstand, der sich bei beiden iiber die Um welt erhebt, eine M ilieudifferenz weniger empfinden lassen.

Zum mindesten m iifite dieser Aufenthalt in einer freien Sphare beide Phantasien soweit annahem, dafi nur noch ein zufalliger Unterschied bestande. Weder M aschine noch deprimierendes M ilie u umgeben dann den jugendlichen A rb e ite r wie den burgerlichen Jugendlichen. Und doch sind die Phantasie- leistungen beider sehr verschieden, trotzdem sie beide doch zu hóchster Leistung angeregt werden.

Man kónnte sagen, dafi diese Verschiedenheit auf gewohn- heitsm afiiger Geisteshaltung von der A rb e it her beruhe.

F iir eine blofi geringere Phantasieleistung, z. B. durch hem- mende Faktoren, hatte dieser Einwand recht; er e rkla rt aber nicht, dafi der A rbeite r das R e ic h ' der rein burgerlichen Phantasie nicht kennt, und dafi er doch nicht seine Ma- schinenwelt, auch nicht bei besonders giinstigen Umstanden, in ahnlich geartete Phantasiehóhe erhebt, wie der Biirgerliche das m it seinen entsprechenden Gegenstanden tut. Also, dafi nicht nur ein gradueller Unterschied in der Phantasieleistung zu ver- zeichnen ist, wie das zu erwarten ware, sondem ein Wesens- unterschied des Phantasierens iiberhaupt besteht, kann. nicht durch Gewohnheitshaltung e rk la rt werden.

H ie ra u f kann man wieder einwenden: Das, was w ir Wesens- unterschied nennen, sei nur ein in h a ltlic h e r Unterschied. D er studierende Jugendliche beschaftigt sich eben m it Horaz, der arbeitende m it seiner W erkstatt, beide so, wie sie es aus dem A llta g gewóhnt sind. D a rau f ist zu erwidern, dafi w ir in unserem Wesensunterschied die W irklichkeitsgebundenheit, d. h. den Bezug des Phantasieinhalts zur W irk lic h k e it fest- stellten. Das is t aber kein in h a ltlic h e r Unterschied. Ich kann m ir einen Inhalt, z. B. ein Pferd, in den verschiedensten Schattierungen des Wirklichkeitsbezuges vorstellen; ich kann m ir es vorstellen, blo fi seiner Schónheit, seines Eros willen, oder w eil ich es beabsichtige zu kaufen.

Also ist damit der obige E in w u rf erledigt, und es kommen bei der werktatigen Jugend praktisch Wesensunterschiede vor, die Unterschiede des Phantasierens selbst, d. h. der F unktion sind.

Ware nun im E inzelfa ll erwiesen, daB diese Funktions- abweichung durch obige M ilieufaktoren hervorgerufen worden ware, so lage F a li 2 vor: D ie Funktion ist durch die allmah- liche K o rru p tio n auBerer Umstande beeinfluBt. Andem falls ware es F a li 3: erbliche Funktionsveranderung.

Es laBt sich aber im einzelnen Falle praktisch schlecht beweisen, ob die Funktion durch M ilie u oder durch Anlage von der biirgerlichen N orm abweichend geworden ist. N u r soviel ist sicher, daB in solchen Fallen F a li 1 ausgeschlossen ist. Es kann also F a li 2 oder 3 vorliegen. E in Beispiel mag dies ilłu strieren: D ie K inde r einer Familie, die vom Lande in die Industriestadt gezogen ist, bekommen eine andere psychische S tru ktu r ais die Eltern. Diese resultierende Ge- samtpsyche kann sowohl aus der M ilieueinw irkung (Familie, GroBstadtleben), ais auch durch M ilie u in Verein m it Anlage hervorgerufen worden sein. In jedem F a li aber ist das M ilieu realiter daran beteiligt. F iir unsere D isju n ktio n fo lg t daraus, daB auch F a li 2 p r a k t i s c h vorkommen m u fi.

Ob F a li 3 vorkommen m ufi, ist damit vo rla u fig nicht gesagt, wohl die M óglichkeit d a fiir ist vorhanden. Wenn etwas Unter- schiedenes in den Kindern der friiheren Landleute von den iibrigen K inde rn der Industrie vorliegt, so ist man n a tiirlich versucht zu sagen, daB dies auf die erbliche Anlage der E lte rn zuriickzufiihren sei. Nun kann aber diese Verschieden- heit auf dem M ilie u e in flu fi der E lte rn beruhen; denn die E lte rn und ih r Tun sind f iir das K in d n a tiirlic h auch M ilieu.

Sofem nun das Vererbungsgesetz aber allgemeine G iiltig - kei*: hat, muB es auch f iir die im Beispiel angefiihrten Ar- beiterkinder wirksam gewesen sein. Das g ilt n a tiirlic h f iir die seelische S tru ktu r des Arbeiters und f iir seine Phantasie iiberhaupt. Daraus fo lg t, d a fi auch F a li 3 p r a k t i s c h vor- kommen m u fi.

W ic h tig ist f iir unsere Padagogik, daB durch M ilieu eine psychische Strukturveranderung des jugendlichen Arbeiters, also auch bei seiner Phantasie, praktisch vorkommen m u fi und daB irgendeine sozialpadagogische Behandlung des Phantasie- lebens bei der Arbeiterjugend auch dann m oglich ist, wenn

nicht F a li i vorliegt. Doch ist dies nur f iir die Falle des Phantasielebens moglich, wo die A lte m atio n noch nicht voll- kommen fix ie rt ist. (2. U n te rfa ll von F a li 2.)

D ie apriorische Unterscheidung der drei obigen m óglichen Falle war rein logisch, theoretisch.

Dann kam der praktische Nachweis, dafi alle drei Falle in der Arbeiterschaft re a lite r wirksam vorkommen miissen.

Zum D ritte n miissen w ir noch die Diagnose eines Einzel- falles auf 1, 2 und 3 unterscheiden. H ie r ist aber zu sagen, daB im konkreten Falle wohl fast immer alle drei Falle zusammenwirken. Doch kann der eine oder andere F a li iiber- wiegen.

V III. R i& tlin ie n fu r eine praktiscfie Padagogik des Phantasielebens der w erktatigen Jugend.