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der Technischen Hochschule Danzig

bei der zeitgenössischen Denkpsychologie in die Schule gehen müssen;

wer den landläufigen Wissensbegriff finden w ill, wird sich vielmehr an den allgemeinen Gepflogenheiten der Menschen, unter denen es ver­

schwindend wenig Philosophen und Psychologen gibt, zu orientieren haben. Dieser landläufige Begriff ist aber der von m ir oben und schon im Jahre 1901 festgelegte, eine Auffassung, m it der übrigens auch G. E. M ü lle r 1) vollkommen übereinstimmt. Ein Wissen in diesem Sinne kann aber niemals im Bewußtsein gegeben sein.

Freilich kann es Erlebnisse geben, die m it dem Tatbestand dieses Wissens Zusammenhängen, und es gibt meiner Ansicht nach solche.

Wer sagt: ich weiß, was S ch o p e n h a u e r geschrieben hat, wird, wenn er dessen Werke vor kurzem verständnisvoll gelesen hat, gewiß Bewußt­

seinslagen haben können, die m it der Disposition richtige Urteile aus dem Gebiete der Schopenhauerschen Philosophie fällen zu können, Zusammenhängen. Und wer soeben zwölf Uhr schlagen hörte, wird wenn er auf die Frage, ob er wisse, wieviel Uhr es sei, m it ja antwortet, gewiß Bewußtseinslagen haben können, die m it seinem Wissen um die Tageszeit Zusammenhängen, ln beiden Fällen w ird aber das Wissen als etwas Dispositionelles nicht im Bewußtsein nachweisbar sein.

Daß es solche m it dem Tatbestand des Wissens zusammenhängende Bewußtseinslagen gibt, ist aber nicht nur eine Ansicht von mir, sondern eine Tatsache, die bereits in meiner Schrift über das U rteil nach­

gewiesen wurde. W ir finden dort, wie Tabelle 2 (ganz unten) lehrt, eine Bewußtseinslage, eine bestimmte W ortkombination gehöre zu den

sinnlosen,

eine Bewußtseinslage, es komme Sinnloses,

eine Bewußtseinslage, die Beobachter als Bewußtsein, daß sinnlose Worte Vorkommen, bezeichnet.

Dies sind offenbar Bewußtseinslagen, die m it dem Tatbestand des Wissens, daß Sinnloses vorliegt oder in Aussicht stehe, Zusammenhängen;

gibt es aber allgemein Bewußtseinslagen, die m it dem Tatbestand des Wissens Zusammenhängen, so wird es auch solche geben, die m it dein Wissen des Nichtwissens Zusammenhängen. Auch eine solche findet sich als Bewußtseinslage der Unwissenheit in meiner Schrift über das Urteil verzeichnet, wie die Tabellen 1 und 2 zeigen. Übrigens müßten die Autoren, die dem Umfang des Wissensbegriffs gegenüber so

weit-x) G. E. M ü lle r , Zur Analyse der Gedächtnistätigkeit und des Vorstellungs­

verlaufes. Teil 3. Leipzig 1913. Ergänzungsband 8 der Zeitschrift für Psycho­

logie. S. 528 ff.

Z ur Psychologie des Denkens .35 herzig sind, in ihrem Sinne auch alle meine Bewußtseinslagen der E r­

kenntnis und noch manche andere (vgl. Tabelle 2) zu den Bewußt­

seinslagen des Wissens rechnen.

Es steht nun jedermann frei solche m it dem Tatbestand des Wissens zusammenhängende Bewußtseinslagen, soweit sie unanschaulicher A rt sind, als Bewußtheiten zu bezeichnen. Man kann sie, wie angedeutet, auch Bewußtseinslagen des Wissens nennen. Sie fallen jedenfalls sachlich m it dem zusammen, was A ch als Bewußtheiten bezeichnet hat.

Und A ch und M esser, B ü h le r und viele andere können das Verdienst in Anspruch nehmen, andere unanschauliche Erlebnisse, die m it dem latbestand des Wissens Zusammenhängen, aufgezeigt zu haben. Als cm unanschauliches Gegenwärtigsein eines Wissens erweisen sich über diese Bewußtheiten oder Bewußtseinslagen des Wissens nicht, wofern man an dem Begriff des Wissens im üblichen Sinne festhält.

Daß aber, wie A c h sagt, der Begriff der Bewußtheit m it dem der Bewußtseinslage gar nichts zu tun habe, wird sich nach diesen Dar­

legungen kaum aufrecht erhalten lassen. Ich habe, wie w ir sahen, m meiner Schrift über das U rteil neben anderen nicht nur unanschau- liche Bewußtseinslagen, sondern auch eine Reihe solcher Bewußtseins­

lagen aufgezeigt, die A ch nach seiner Terminologie als Bewußtheiten bezeichnen m uß , wie ja gerade die zuletzt aufgeführten Bewußt­

seinslagen des Wissens bzw. Nichtwissens wiederum zeigen. Das was Ach Bewußtheiten nennt und was man auch Bewußtseinslagen des Wissens nennen kann, bildet somit einen Teil dessen, was zu den Be­

wußtseinslagen überhaupt gehört. Wenn A ch meint, daß die Bewußt­

seinslage m it der Bewußtheit nichts zu tun habe, folge daraus, daß ich das unanschauliche Gegenwärtigsein eines Wissens leugne, so dürften die vorgetragenen Ausführungen nun gezeigt haben, daß man sehr wohl das unanschauliche Gegenwärtigsein eines Wissens leugnen kann, zugleich aber, wie ich, unanschauliche Bewußtseinslagen des Wissens oder Bewußtheiten annehmen und festgestellt haben kann. Dies folgte freilich auch schon aus meiner Schrift vom Jahre 1901.

Es scheint m ir übrigens in dem vorliegenden Zusammenhang nicht unpassend, darauf hinzuweisen, daß das Wissen im üblichen Sinn viel­

fach fehlen kann, wo Bewußtheiten vorhanden sind. Wer z. B. früher einmal eine Silbenreihe gelernt hat und sich durch öfteres Hersagen der Reihe überzeugt hat, daß er sie kann, der wird vielleicht später noch (wenn er z. B. von seinem ehemaligen Lernen spricht und etwa behauptet, er könne die Silbenreihe) Bewußtseinslagen des Wissens haben können, die m it seinem früheren tatsächlichen Wissen zusammen­

3*

hängen ; er wird aber vielleicht, wenn er nun sein vermutliches Können dokumentieren will, bei beliebig vielen Versuchen die Erfahrung machen, daß er die Silbenreihe nicht mehr hersagen kann, sie also nicht mehr weiß. Man mag aus diesem einfachen exemplum fictum ersehen, daß Wissen und Bewußtseinslagen des Wissens haben zwei sehr verschiedene Binge sind, da der Tatbestand des Wissens längst verschwunden sein kann, wenn noch Bewußtseinslagen des Wissens vorhanden sind.

Andererseits heißt natürlich etwas wissen, d. i. in einem Gebiet richtige Urteile fällen können, nicht soviel als je d e r z e it zur Fällung dieser Urteile in der Lage sein. Ein Schauspieler erzählte m ir einmal, daß er dem Souffleur dringend befohlen habe, während seines Spiels niemals zu soufflieren, es sei denn, daß er einmal bemerke, daß er (der Schauspieler) stocke, was ihm aber niemals vorgekommen sei, daß er dagegen im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen ganz außerstande sei, in Gesellschaft auf Wunsch längere Stellen aus Klassikern und modernen Dichtern richtig wiederzugeben. Auch viele Schüler versagen oft, insbesondere wenn sie z. B. bei Prüfungen etwas gefragt werden, während sie unter anderen Umständen, z. B. bei schriftlichen Arbeiten die Gegenstände, hinsichtlich derer sie gelegentlich versagen, sehr gut beherrschen. W ir sehen aus diesem und tausend anderen Erfahrungen, daß, wenn Wissen auch eine Disposition zu gewissen Urteilen bedeutet, sich doch diese Disposition nicht in allen Fällen, wo ihr Inhaber es wünscht, entladen muß. Die fragliche Disposition kann auch in solchen Fällen zu Bewußtseinslagen des Wissens führen, wo ein Manifestieren­

können dieses Wissens nicht vorhanden ist. Solche Fälle dürften etwa vorliegen können, wenn jemand in einem Examen sagt: ich weiß es ganz bestimmt, aber ich kann es augenblicklich nicht sagen, oder auch wenn jemand ein ihm bekanntes W ort sucht, es aber augen­

blicklich nicht findet.

Wenn ich nun im Vorhergehenden gezeigt habe, daß schon meine Arbeit aus dem Jahre 1901 eine erhebliche Anzahl von unanschaulichen Bewußtseinslagen feststellte, sowie auch speziell solche Bewußtseins­

lagen, die der Sache nach m it Erlebnissen zusammenfallen, die später als Bewußtheiten bezeichnet wurden, so liegt es m ir ganz fe r n , in diesen Feststellungen eine besondere w is s e n s c h a ftlic h e T a t meiner Versuchspersonen oder meiner Person erblicken zu wollen.

Erlebnisse zu finden, die sich weder als Sinnes Wahrnehmungen, Erinnerungsvorstellungen oder Lust-Unlustgefühle dokumentieren und auch nicht auf solche zurückgeführt werden können, speziell unanschau­

liche Bewußtseinslagen des Erkennens, Wissens und dergleichen zu

Z ur Psychologie des Denkens 37 finden, kann nur demjenigen als etwas ganz Besonderes erscheinen, der in dem Dogma befangen ist, daß alle unsere Erlebnisse aus Sinnes- wahrnehmungen, Erinnerungsvorstellungen und Lust - Unlustgefühlen bzw. aus deren Elementen bestehen müssen, eine Ansicht, der ich, wie sicherlich auch viele andere Psychologen nie erheblichen Wert bei­

gelegt habe. Ich kann denn auch heute noch in den'unanschaulichen Erlebnissen und den Bewußtseinslagen überhaupt keine Entdeckung sehen, die geeignet ist, die Psychologie von Grunde aus zu reformieren oder zu modifizieren. Freilich hat die Psychologie des Denkens immer mehr Bewußtseinslagen aufgezeigt und auch m ir scheint diese Klasse von Erlebnissen w ichtig1). Dabei w ill ich übrigens nicht verkennen, daß mangelhafte Methode und nicht ausreichendes Beobachtungs- Vermögen oft dazu führen mag, Bewußtseinslagen zu statuieren, wo eine Analyse der fraglichen Erlebnisse in Sinnes Wahrnehmungen, Erinnerungsvorstellungen und Gefühle wohl möglich wäre2). Auch daß die Begriffe Bewußtseinslage und Bewußtheit vielleicht nur als vor­

läufige anzusehen sind, kann nicht als ausgeschlossen betrachtet werden.

Auch für den Streit zwischen den Assoziationspsychologen und ihren Gegnern scheint m ir die Tatsache der Bewußtseinslagen nicht so wichtig zu sein, wie manchen andern und man wird bezweifeln dürfen, ob sie im völligen Gegensatz zur Assoziationspsychologie steht, wie A c h 3) dies von der Tatsache der Bewußtheiten glaubt annehmen zu sollen. Es kommt schließlich auf die Form an, die man der Asso­

ziationspsychologie gibt; eine authentische Form dieser Theorie gibt es nicht. Im übrigen würde ich es nicht begrüßen, wenn nun ein leb­

hafter Streit um die Assoziationspsychologie ausbräche, deren Allein­

herrschaft neuerdings von K ü lp e 4) angefochten wurde. Man wird zwar nicht verkennen dürfen, daß der Standpunkt der historisch berühmten Assoziationspsychologie mindestens als Arbeitshypothese auch heutzutage von großem Nutzen sein kann, man wird aber auch bedenken müssen, daß an die Frage der u n iv e rs e lle n Durchführbar­

keit der Assoziationspsychologie keine erheblichen wissenschaftlichen Interessen geknüpft sind. In jedem Fall aber sollte man solche Streitig- *)

*) V g l K . M a rb e , Grundzüge der forensische Psychologie. München 1913 S. 6 f.

2) Vgl. hierzu G. E. M ü lle r , Zur Analyse der Gedächtnistätigkeit und des Vorstellungsverlaufes. Teil 3. Leipzig 1913. S. 528 und S. 533.

3) N. A c h , Über den W illensakt und das Temperament. Leipzig 1910. S. 9 f.

4) 0. K ü lp e , Internationale Monatsschrift fü r Wissenschaft, K unst und Technik. 0. Jahrgang. H e ft 9. Juni 1912. S. 1084 ff.

keiten m it kaltem B lut ausfechten und insbesondere die führenden Psychologen sollten es heutzutage vermeiden, den Gegnern der Psycho­

logie das erwünschte Schauspiel zu gewähren, daß sie andere berühmte Psychologen in erbitterter Weise angreifen.

Ich muß nun schließlich noch auf die Ansicht von B ü h le r zu sprechen kommen, der gleichfalls den Begriff der Bewußtseinslage ein­

schränkt. E r stellt den Sinneswahrnehmungen, Erinnerungsvorstel­

lungen, Gefühlen und Bewußtseinslagen die Gedanken, die „pensées“

von B in e t gegenüber1), die er als gänzlich anschauungslose Erlebnisse bezeichnet. Wiewohl, wie wir sahen, solche Erlebnisse in meinen Proto­

kollen in erheblichem Umfang aufgeführt worden waren, nennt B ü h le r nicht mich, sondern B in e t, A ch und Messer als diejenigen, die zuerst unanschauliche Erlebnisse gefunden hätten2). E r fü h rt3) Zweifeln, Erstaunen, Besinnen, Abwarten, Hinstarren auf eine Leere als Bei­

spiele für Bewußtseinslagen auf, nicht aber Erkenntnis, Ansicht, Un­

wissenheit, Zustimmung und diejenigen meiner Bewußtseinslagen, die wir als solche des Wissens in Anspruch nehmen müssen, lauter Erleb­

nisse, die nach B ü h le r selbst als unanschauliche aufzufassen wären;

ob übrigens nicht auch die von B ü h le r beispielshalber angeführten Bewußtseinslagen des Zweifels in seinem und A chs Sinn als unanschaulich angesprochen werden könnten, sei hier dahingestellt. Jedenfalls habe ich, wie w ir sahen, bereits unanschauliche Bewußtseinslagen im Sinne der diesem Wort später beigelegten Bedeutung festgestellt. Um in ­ dessen einen Gegensatz zwischen den Bewußtseinslagen und den A ch sehen Bewußtheiten bzw. seinen „Gedanken“ zu konstruieren, be­

zeichnet nun B ü h le r die Bewußtseinslagen als mehr zuständliche Erlebnisstrecken4 *) und auch A ch 6) faßt später im Anschluß an B ü h le r

„Zustände des Zweifels, der Ratlosigkeit, der Verwirrung, des E r­

staunens, der Hemmung, der Verzweifelung, des Zögerns, Schwankens und dergleichen“ als Erlebnisse, die einen mehr zuständlichen Charakter tragen, auf, um sie als Bewußtseinslagen den Bewußtheiten gegenüber­

zustellen. Ich kann dies nur so verstehen, daß nach diesen Autoren die Gedanken und Bewußtheiten weniger zuständliche Erlebnisse sind als die Bewußtseinslagen oder daß ihnen vielleicht gar das Merkmal der Zuständlichkeit ganz fehlt. Beides aber begreife ich nicht. Selbst

1) K . B ü h le r , Archiv fü r die gesamte Psychologie. Bd. 9. 1907. S. 314 ff.

2) K . B ü h le r, a. a. O. S. 318.

3) K . B ü h le r, a. a. ö . 315.

4) K . B ü h le r , a. a. O. S. 315.

6) N. A c h , Über den W illensakt und das Temperament. Leipzig 1910. S. 10.

Zur Psychologie des Denkens 39 wenn man meine Bewußtseinslagen des Erkennens und der Zustimmung, die wie andere von diesen Autoren ganz übersehen worden zu sein scheinen, nicht in Betracht zieht, so wird man schwer begreifen, warum / - B. das Regelbewußtsein und das Beziehungsbewußtsein, Dinge, die B ü h l er zu den Gedanken rechnet, weniger zuständliche Erlebnisse sein sollen, als das Besinnen und der Zweifel. Ich wenigstens verhalte mich, wenn ich mich auf etwas besinne oder etwas bezweifle (Besinnen und Zweifeln sind nach B ü h le r bzw. nach A ch Bewußtseinslagen) vielfach wenig zuständlich.

Man wird nach den vorliegenden Ausführungen verstehen, daß ich für meine Person vorläufig an folgenden Sätzen festhalte:

1. Der von m ir aufgestellte Begriff der Bewußtseinslage umfaßt auch unanschauliche Erlebnisse.

2. Unanschauliche Erlebnisse sind schon in meiner Arbeit aus dem Jahre 1901 auf Grund systematischer Selbstwahrnehmung festgestellt worden.

3. Die „Bewußtheiten“ und „Gedanken“ späterer Autoren sind als Spezialfälle von Bewußtseinslagen aufzufassen.

§ 3. DEM O N STR ATIO N SVER SU C H E ÜBER BEW USST­

SEINSLAGEN.

In meinen Vorträgen über Psychologie pflege ich zunächst den oben skizzierten allgemeinen Begriff der Bewußtseinslage darzulegen und dann auf die Vielseitigkeit und W ichtigkeit der Bewußtseinslagen einzugehen, wobei ich freilich, sofern es sich nicht um ganz summarische Darlegungen (wie z. B. in meinen Vorträgen über forensische Psycho- ogie) ) handelt, auch darauf hinweise, daß der Begriff der Bewußtseins­

age nebst seinen Unterabteilungen wie Gedanke und Bewußtheit viel-

< ic it nur als eine ganz vorläufige Abgrenzung gewisser Tatsachen ange­

sehen werden muß.

Um nun für meine Hörer das Wesen der Bewußtseinslagen ver­

ständlicher zu machen, führe ich einige einfache Versuche aus, die hier m itgeteilt werden sollen.

So lasse ich einige Bilder unmittelbar nacheinander projizieren und fordere die Zuhörer vorher auf, dieselben unter möglichster Ver­

meidung alles inneren Sprechens auf sich wirken zu lassen. Ich wähle hierzu zunächst folgende vier Figuren:

) K . M a r b e , Grundzüge der forensischen Psychologie. München 1913.

Fig. 1. Fig. 2. Fig. 3.

Bei der ersten Projektion wird wohl kaum ein Zuhörer an ein Ge­

sicht denken. Auch bei der zweiten Figur liegt die Erkenntnis, Ansicht oder Erwartung, daß in den folgenden Figuren ein Gesicht angedeutet werden solle, noch nicht besonders nahe. Aber bei der dritten Figur werden wohl bei vielen, die innerliches Sprechen vermieden haben und auch bei solchen, die es nicht vermieden haben, Bewußtseinslagen auftreten, die man als Erkenntnis, Ansicht oder Erwartung, daß die Figur zu einem Gesicht ergänzt werde, oder ähnlich charakterisieren kann. Und der Anblick der vierten Figur wird gewiß bei vielen die Bestätigung dieser Erkenntnisse, Ansichten oder Erwartungen wiederum in Form einer Bewußtseinslage auftauchen lassen.

\

Fig. 5. Fig. 6. Fig. 7.

Ganz analog behandle ich den durch die Figuren 5 bis 10 ange­

deuteten zweiten Versuch, bei welchem die Erkenntnis oder die Meinung oder die Erwartung, daß das Bild zu dem einer Kirche ergänzt wird, oder ähnliches als Bewußtseinslage auftaucht.

Z ur Psychologie des Denkens 41 Natürlich wird man zu bedenken und auch darauf hinzuweisen ia en, daß es sich hier nicht um exakte Versuche, sondern um tech­

nisch freilich einfache, psychologisch aber schwierige Demonstrations­

versuche handelt, die gewiß nicht bei allen Versuchspersonen restlos bO ngen müssen. Auch ist es ganz und gar nicht ausgeschlossen, a in dem Moment, wo die Erkenntnis, Ansicht l>zw. Erwartung einsetzt, daß sich die Bilder zu einem Gesicht bzw. zu einer Kirche ergänzen, Gesichtsbilder bekannter Gesichter oder Kirchen bzw. andere orstellungen auftreten. Die Erkenntnis oder die Ansicht oder die rwartung, es komme ein Gesicht oder eine Kirche, wird aber trotzdem a s ewußtseinslage vorhanden sein können und sie ist es auch meistens, wie ich aus Mitteilungen von vielen urteilsfähigen Teilnehmern an solchen Versuchen weiß.

Der zuerst beschriebene Versuch, den ich schon einmal m itte ilte 1), schließt sich an gewisse Experimente von E. E. 0. S c h u ltz e 2) an, der zweite wurde angeregt durch die Bilderserien von K . H e ilb r o n n e r 3), die von dem In s titu t für angewandte Psychologie und psychologische bammelforschung in Kleinglienicke bei Potsdam, Wannseestraße be­

zogen werden können und die auch noch viele andere Experimente dieser A rt nahelegen.

. Auch die Bekanntheitsqualität kann auf ähnliche Weise demon­

striert werden, so z. B. wenn man sukzessive eine größere Anzahl von Tiguren, darunter aber einzelne mehrfach projiziert.

In meinem psychologischen und ästhetischen Unterricht weise ic auch auf die ästhetische Bedeutung der Bewußtseinslagen hin, die ísher besonders im Gebiet der Ästhetik der Sprache erörtert wurde4).

Bei dieser Gelegenheit komme ich auch auf das literarisch oft behandelte Komische zu sprechen. Dabei suche ich die Auffassung zu begründen, daß der Eindruck des Komischen durch gewisse lustbetonte Bewußt­

seinslagen dargestellt wird und daß die verschiedenen Arten des Komischen m it verschiedenen, den Eindruck des Komischen dar­

stellenden Bewußtseinslagen Zusammenhängen. Freilich füge ich sofort hinzu, daß diese Darlegungen nur ganz hypothetischen Wert beanspruchen könnten. Zur Demonstration der allmählichen

Ent-1) K . M a rb e , Grundzüge der forensischen Psychologie. München 1913 S 7f 2) F- E. 0. S c h u ltz e , Bericht über den 2. Kongreß fü r experimentelle Psycho'

logie (in Würzburg). Leipzig 1907. S. 233 ff. J

m ? H e ilb ro n n e r, Zur klinisch-psychologischen Untersuchungstechnik Monatsschrift fü r Psychiatrie und Neurologie. Bd. 17. H e ft 2

*) K . M a rb e , Über den Rhythmus der Prosa. Gießen 1904. S. 3. M. B e e r Zeitschrift fü r Psychologie. Bd. 56. 1910. S. 265.

Wickelung einer Bewußtseinslage des Komischen bediene ich mich eines aus der Zeit meines Amtsvorgängers herrührenden einfachen Apparates, der sich in meinem In s titu t befindet. E r besteht aus zwei gegeneinander verschiebbaren Pappstreifen, die übereinandergelegt werden können. Auf dem unteren ist der erheblich verlängerte vordere Teil eines Dachshundes aufgezeichnet, auf dem oberen der hintere Teil des Hundes. Beide Bilder können nun so gegeneinander verschoben werden, daß der Beobachter lediglich das normale Bild eines Dachs­

hundes sieht (Figur 11). M it dieser Einstellung beginnt der Versuch, dann werden die beiden Pappstreifen so gegeneinander verschoben, daß der Leib des Hundes allmählich länger und länger wird (vgl.

Figur 12)x). Die Striche in den Figuren zeigen die Stellen an, wo der untere Pappstreifen von dem oberen überschnitten wird.

Darlegung aller Möglichkeiten, den Demonstrationsversuch in den Dienst der Erläuterung der Bewußtseinslagen zu stellen. E r soll vielmehr nur zeigen, daß und wie auch die Bewußtseinslagen m it H ilfe von Vorlesungsversuchen erklärt werden können. Andere werden nach diesen Anregungen leicht neue Versuche über Bewußtseinslagen ausführen können. Manche haben vielleicht auch schon selbst ähn­

liche oder bessere Versuche in Vorlesungen vorgeführt.

x) Der Apparat wurde offenbar von L. J. M a r t in zu ihrer A rbeit Psychology of Aestheties I. Experimental Prospecting in the Field of the Comic, American Journal of Psychology. Bd. 16. 1905. S. 35ff. benützt. (Vgl. daselbst S. 73.)

(Aus dem Psychologischen In s titu t der U niversität W ürzburg.)

a s s o z ia t io n s v e r s u c h e a n g e is t ig ZU R Ü C K­

G E B LIE B E N E N K IN D E R N

§ 1. A u fg a b e ... ^

§ 2. L i t e r a t u r ... ^

§ 3. Versuehsanordnung und Methode ... 51

' bevorzugteste und bevorzugte Assoziationen der Hilfsschulkinder . . 56

<. p' ‘ 10 ssoziationen der Hilfssehulkinder in qualitativer Hinsicht . . . 64

3 . A ssoziationszeiten... gg

^ u ^ Vi<!Ue,le Unterschiede der Assoziationen und Assoziationszeiten der

H ilts s e h u lk in d e r... 71

§ 9 LguenSaJter Unt^ Bevorzugung von Assoziationen bei normalen Kindern 73 kinderrTttir> ^n^ ^ 8enzaBer und Bevorzugung bei den Hilfsschul­

kinder ^ 0r' *n<<Bigeriza]ter und Assoziationszeiten der Hilfsschul-YON

F R IT Z R Ö M E R .

I N H A L T .

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2 SV6rSU0h a^s Best zur Bestimmung des Intelligenzalters 94 ... 99 zwischen Lebensalter, Intelligenzalter und Häufigkeit

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§ 1. A U FG A BE .

normale K in d e r1). Das Phänomen der Bevorzugung von Assozia­

tionen, das T h u m b und M a rb e entdeckt und nach ihnen eine Reihe von Forschern näher untersucht haben 2), kam bei einzelnen Zurück­

tionen, das T h u m b und M a rb e entdeckt und nach ihnen eine Reihe von Forschern näher untersucht haben 2), kam bei einzelnen Zurück­

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