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In memoriam Artur Steinwenter

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Academic year: 2021

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IN MEMORIAM ARTUR STEINWENTER

Völlig unerwartet fügte der Tod am 11. März 1959 der Roma-nistik Österreichs wieder einen schweren Verlust zu, riß in ihren Reihen eine Lücke, die nicht mehr geschlossen werden kann. Ar-tur S t e i n w e n t e r , der seit 1926 das Grazer Ordinariat für römisches Recht versah, hatte noch am Vortag seine vorbildliche Arbeitsstätte, das Seminar für römisches Recht und antike Rechts-geschichte, aufgesucht. In den Morgenstunden des 11. März befiel ihn plötzliches Unwohlsein, wohl durch zwei einander rasch folgende Schlaganfälle verlor er das Bewußtsein, noch im Lauf des Vor-mittages verschied er. Gewiß wußten alle, wie empfindlich seine Gesundheit war, doch hatte sein starker Wille schon seit Jahr-zehnten alle Widrigkeiten überwunden. Nichts deutete auf die Möglichkeit eines so plötzlichen Endes. Tief betroffen waren daher Angehörige, Freunde, Kollegen und Schüler, als die böse Botschaft sie erreichte. Wer je zur Zeit seines Wirkens die Grazer Juristen-fakultät betrat, erfuhr es ja rasch, daß Steinwenter allen als der Professor galt, daß er geradezu ein Wahrzeichen des Hauses dar-stellte. Als Sohn eines Gymnasialprofessors in Marburg an der Drau geboren, gelangte er in jungen Jahren nach Graz, wo sein zum Hofrat aufgestiegener Vater dem überaus angesehenen akademi-schen Gymnasium vorstand. Der Entschluß zum Studium der Rechte fiel eher von ungefähr, Steinwenter berichtet in seiner Autobiographie1 freimütig, er habe nicht an die wissenschaftliche Laufbahn, sondern mehr an den gehobenen Postdienst gedacht. Der hier zum Ausdruck kommenden, ihm auch auf den Höhen des Ruhms eignenden Bescheidenheit Steinwenters danken wir 1 Österreichische Rechts- und Staatswissenschaft der Gegenwart in Selbstdar-stellungen (Schlern-Schriften 97, 1952 ; geleitet von N. G r a s s ) 199 ff. ; wert-volle Ergänzungen in der dem Band Recht und Kultur (Aufsätze und Vorträge eines österreichischen Rechtshistorikers, Grazer Rechts- und Staatswissen-schaftliche Studien 2, 1958) vorangestellten Widmung aus der Feder seines Schü-lers Max K ä s e r .

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18 T H . M A Y E R - M A L Y

es letztlich, daß er sich dem römischen Recht zugewandt hat. Wie viele große Begabungen, wie W e n g e r , K o s c h a k e r und S a n N i c o l ô , wurde auch S t e i n w e n t e r von H a n a u s e k "entdeckt". Dieser selbst noch ganz dem Pandektenrecht ver-pflichtete Gelehrte unterhielt ja ein aus dem damals noch größeren Einzugsgebiet der Grazer Universität reich mit Talenten gespeis-tes Seminar aus bürgerlichem und römischem Recht, dem eine stattliche Zahl bedeutender Wissenschaftler entstammt. Steinwenter war für ein zivilistisches Thena ausersehen. Nach ersten Versuchen glaubte er sich diesem nicht gewachsen und ersuchte — offenbar durch seine vorzügliche humanistische Ausbildung ermutigt — um eine Aufgabe aus dem Bereich des römischen Rechts. Er muß sie so glänzend gelöst haben, daß Hanausek sofort nach seinem Stu-dienabschluß die Gewährung eines Stipendiums für einen der Fort-bildung und Forschung gewidmeten Aufenthalt an einer Juristen-fakultät des Deutschen Reiches erwirkte. Zunächst zog es auch Steinwenter nach Leipzig, doch Ludwig M i 11 e i s kränkelte damals so sehr, daß er sich des Neulings nicht annehmen konnte. Auch konnte Steinwenter keinerlei Beziehung zu dieser Stadt und ihren Forschungsstätten gewinnen. So zog er Wengers eben aufblühendes Münchner Institut vor, an dem er bis zu seinem Tod mit größter Liebe hing, wie seine Darstellung der Geschichte dieses Instituts zeigt, die er im Oktober 1958 in München bot2. Dort entstand in eineinhalbjähriger Arbeit das Buch Studien zum römischen Versäumnisverfahren3, mit dem er — sechsundzwanzig Jahre alt — im Jahr 1914 von der Grazer Juristenfakultät die venia legendi für römisches Recht erlangte.

Viele der charakteristischen Merkmale seines Lebenswerks zeichnen schon diesen Erstling aus. So wandte sich sein Interesse immer wieder Verfahrensfragen zu, besonders dem Libellprozeß und dem kirchlichen Prozeßrecht der Antike. Gerade diese Themen zeigen auch, wie stark ihn die Spätantike mit ihrer Vielfalt der Rechtsfiguren, ihrer ständigen Spannung zwischen Recht und Tatsachen, ihrer schwer durchschaubaren Mischung übersteigerter Subtilität und erschreckender Primitivität anzuziehen vermochte. Seine durchaus pessimistische Bewertung der Kultur unserer Tage hat zu dieser Neigung wohl viel beigetragen. Ein drittes

Kennzei-2 Veröffentlicht in ZSS 76 (1959) 692 ff. 3 Verlag C. H. Beck, München, 1914.

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I X M E M O R I A M A . S T E I N W E N T E R 19 eben auch der späteren Arbeiten liegt in der sehr glücklichen Ver-bindung der dogmatischen Orientierung der traditionellen ro-manistischen Methode mit der Einbeziehung von Quellen und Aspekten, die erst durch neuere Richtungen der antikrechtsge-schichtbchen Forschung erschlossen wurden. In dieser bei weni-gen Forschern so fruchbar gewordenen Synthese spiegelt sich das Zusammentreffen der pandektistischen Ausbildung durch H a-n a u s e к mit der papyrologisch-byzaa-ntia-nistischea-n Schulua-ng durch W e η g e r vorzüglich wider.

Schon ein Jahr später — also 1915 — erscheint eine weitere Monographie Steinwenters. Sie bringt Beiträge zum öffentlichen Urkundenivesen der Römer. In vielfacher Hinsicht stellt sie die Fortführung von Gedanken der Habilitationsschrift dar, das Augen-merk gilt vor allem dem Gewicht der Urkunde im Prozeß. Als be-sonders wertvoll können seine Aussagen über die prozessuale Pro-tokollführung, über die Grundlagen des ius actorum conficien-dorum und über die privatrechtlichen Funktionen öffentlicher Archive bezeichnet werden. Eine Vertiefung des Verständnisses des testamentům apud acta conditum sowie der Insinuation von Rechtsgeschäften zählt gleichfalls zu den Früchten dieser Un-tersuchung.

Im ersten Weltkrieg hemmte die dreijährige Militärdienstzeit Steinwenters Arbeitseifer sehr erheblich, doch blieb sie nicht ohne Gewinn, da sie engen Kontakt mit Rafael Taubenschlag brachte, ein Kontakt, der beiden Gelehrten manche wichtige Anregung bescherte und an den Steinwenter immer gern zurückdachte. Nach Kriegsende oblag Steinwenter neben seiner Lehrtätigkeit dem Gerichtsdienst. Raubte ihm dieser auch manche schmerzlich ent-behrte Arbeitsstunde, führte er ihn doch andererseits zu hervor-ragendem Verständnis des geltenden Rechts, das sich nicht nur in seiner bis zum Lebensende ausgeübten zivilistischen Lehrtätig-keit, sondern auch in einer Fülle wertvoller Studien zum Privat-und Prozeßrecht bewähren konnte. Die erste Tagsatzung4, das Militärstrafrecht5, der Mieterschutz6 waren die ersten Themen, denen sein Interesse gelt. In späteren Jahren wandte er sich beson-ders dem Familien- und Erbrecht zu und widmete sich unter anderem

4 Allg. österr. Gerichts-Ztg. 1915, S. 281 f f . ; Ztschr.f. d. Notariat 1918, Nr 8. 5 Deutsch-österr. Notar.-Ztg. 1919, Nr 5 ff.

6 Not.-Ztg. 1920, Nr 2 f.

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der Bedeutung und Ermittlung des Willens des Erblassers7, ei-nigen anderen Fragen des Erbrechts8 sowie den Grundlagen des geltenden Familienrechts und seiner möglichen Neuordnung9. Diese Studien sind nicht bloß dank der in ihnen erzielten Einzeler-gebnisse, sondern vor allem als Ausdruck der Überzeugung Stein-wenters bemerkenswert, daß der Rechtshistoriker immer Kontakt mit der Dogmatik des positiven Rechts haben müsse. Von großer Bedeutung war diese Einstellung Steinwenters für die Gestal-tung seine römischrechtlichen Vorlesungen. Historisches Detail trat ganz zurück, auch gelehrte Kontroversen wurden übergangen. So gelang es Steinwenter, das Kolleg in erster Linie zu einer Ein-führung in juristisches Dtnken und zur Darstellung der Grund-lagen und Wechselbeziehungen der wichtigsten Institute des Pri-vatrechts werden zu lassen. Daß alle diese Vereinfachung nie zu Ungenauigkeiten führte, lag an Steinwenters meisterhafter Durch-dringung der Probleme, an seiner einzigartigen Fähigkeit, bei aller Originalität der Argumentation mit leicht einsichtiger Gedan-kenführung auszukommen. So nimmt es nicht wunder, daß seine Hörer mit Verehrung und Liebe an ihm hingen, daß er allen als vorbildlicher Lehrer (und übrigens auch als beispielhaft gerech-ter Prüfer) galt.

Mit dem Jahr 1920 setzen Steinwenters Veröffentlichungen zum koptischen Recht ein. Seinen Studien zu den koptischen

Rechts-urkunden aus Oberägypten10 gebührt das Verdienst, die

Aufmerk-samkeit der Fachwelt auf diesen Teil der antiken Rechtsgeschichte gelenkt zu haben und zugleich eine Einführung in dieses Wissens-gebiet zu ermöglichen. Es ist namentlich die Gerichtsverfassung, der sich Steinwenter zuwandte, da sein Interesse schon damals einer Spezialuntersuchung über das Problem der dialysis galt; dieser sollten diese seine Studien als Grundlage dienen. So kam Steinwenter dazu, die Stellung des dux und des pagarchen unter der arabischen Herrschaft zu umreißen, auch die richterlichen und Verwaltungsaufgaben des Dioiketen von Dj ême erfuhren eine gründliche Darstellung, schließlich wandte er sich dem Einfluß der Beamten auf die Urkundenerrichtung zu. Alsbald widmete

7 Zentralblatt für die juristische Praxis 55 (1937) 1 ff.

8 Deutsche Rechtswissenschaft 7 (1942) 164 ff.; Jur. Blätter 7 (1955) 157 ff. 9 Jur. Blätter 74 (1952) 299 ff.

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IN MEMORIAM A. STEINWENTER 21 er sich auch anderen Fragen des koptischen Rechts, zu dessen Behandlung er durch vortreffliche Sprachkenntnisse und hervor-ragendes religionsgeschichtliches Wissen besonders berufen war. Die Kinderschenkungen an koptische Klöster11 weckten durch ihren Zusammenhang mit der abendländischen oblatio puerorum sein Interesse, wie er denn überhaupt dem koptischen Recht große Bedeutung für das Kontinuitätsproblem12 beimaß. Aus der Fülle der weiteren koptologischen Arbeiten seien ein Vortrag über das methodisch so wichtige Verhältnis zur juristischen Papyrologie13 sowie eine feinsinnige Studie über die Verwendung des Wortes νόμος in koptischen Rechtsurkunden14 hervorgehoben. Es ist eine gnädige Fügung, daß Steinwenter, der manch anderes Vorhaben nicht bis zur Vollendung fördern konnte, im Jahre 1958 mit seinem Beitrag zum Handbuch der Altertumswissenschaft auch die gültige Gesamtdarstellung des Rechts der koptischen Urkunden schaf-fen konnte.

Die umfassende Untersuchung der Streitbeendigung, die Stein-wenter vorschwebte und der auch seine erste koptologische Arbeit dienen sollte, zeitigte dagegen bloß Teilresultate — aber schon diese Ergebnisse haben hohen, selbständigen Wert. Das Werk

Die Streitbeendigung durch Urteil, Schiedsspruch und Vergleich

nach griechischem Rechte15 bildet namentlich dank seiner

gründ-lichen Erfassung des attischen Prozesses und der wichtigen Partie über Diaita und Dialysis die auch heute gültige Aussage zum Thema und zugleich noch immer eine der modernsten Arbeiten zum griechischen Prozessrecht. Sehr bemerkens- und nachahmens-wert ist es, dass Steinwenter seinen rechtshistorischen Ausführun-gen eine längere rechtsvergleichende und dogmatische Grundlegung vorangestellt hat. Leider blieben die erhofften Beiträge zur Streit-beendigung in den Keilschriftrechten und im demotischen Recht aus. Mit seiner Studie über das Dialysis-Formular der

byzanti-11 ZSS kan. Abt. 11 (1921) 175 ff. und 12 (1922) 385 ff.; vgl. auch Iura S (1951) 36 f.

12 Diesem galt sein aufsehenerregender Vortrag am Deutschen

Rechtshis-torikertag 1950 zu Gmunden, den Steinwerter in Iura 2. (1951) 15 publizierte. Vgl. ferner Studi Koschaker 1 (1954) 403 ff. und Relazioni del X. congr. intern, d. scienze storiche 1955, VI 547 ff.

13 Papyri und Rechtswissenschaft (Münchner Beiträge 19, 1934) 302 ff. 14 Studi Calderini-Paribeni 2 (1957) 461 ff.

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nischen Zeit1 6 k l ä r t e S t e i n w e n t e r zehn J a h r e n a c h der gräcistischen Monographie n o c h selbst ein wichtiges P r o b l e m .

Schon die bisher g e n a n n t e n Arbeitsgebiete zeigen S t e i n w e n t e r s Neigung zu prozessualen T h e m e n der s p ä t a n t i k e n R e c h t e auf. So ist es n u r selbstverständlich, dass er sich auch u m die A u f h e l l u n g des Libellprozesses m ü h t e . E i n e k n a p p e Skizze ü b e r libelli

contra-dictorii17 m a c h t e den A n f a n g ; alsbald folgte eine K o n f r o n t a t i o n der ü b e r k o m m e n e n L e h r e n mit n e u e n U r k u n d e n t e x t e n1 8. D a n n gelang — wie mir scheint — die Lösung des sog. L i t i s k o n t e s t e s t a -t i o n s p r o b l e m s f ü r diese V e r f a h r e n s a r -t1 9, wobei die B e d e u t u n g der Gerichtspraxis f ü r J u s t i n i a n s Regelung richtig e r f a g t u n d a u c h d u r c h papyrologisches Material e r h ä r t e t w u r d e . Die wohl t r e f f e n d e K r i t i k an den A u f s t e l l u n g e n v o n Collinet20, die A u f d e c k u n g der A n f ä n g e des Libellprozesses2 1 sowie die K l ä r u n g seiner Glie-derung2 2 schufen viele V o r a u s s e t z u n g e n f ü r eine G e s a m t d a r s t e l l u n g der I n s t i t u t i o n , die sich S t e i n w e n t e r d e n n o c h v e r s a g t e , da i h m die Z a h l der offenen P r o b l e m e noch zu gross erschien u n d er weitere E i n z e l u n t e r s u c h u n g e n postulierte, wie er selbst sie zuletzt m i t der D a r s t e l l u n g des V e r f a h r e n s sine scriptis23 vorlegte. So

gewis-s e n h a f t er diegewis-sen gewis-seinen E n t gewis-s c h l u gewis-s gewis-s a u c h b e g r ü n d e t hatte2 4, müs-sen wir ihn h e u t e doch b e d a u e r n , da es n u n scheint, als müsse Vieles n e u d u r c h d a c h t w e r d e n , was S t e i n w e n t e r bereits geklärt, jedoch nicht zu P a p i e r g e b r a c h t h a t .

Sein l e b h a f t e s I n t e r e s s e f ü r alle F r a g e n des s p ä t a n t i k e n S t a a t s -k i r c h e n r e c h t s m u s s t e S t e i n w e n t e r a u c h z u m Versuch f ü h r e n , die R ä t s e l der audientia episcopalis u n d des a n t i k e n kirchlichen R e c h t s -gangs zu lösen. Seine S t u d i e n zur bischöflichen G e r i c h t s b a r k e i t in Zivilsachen2 5 b r a c h t e n die E r k e n n t n i s , dass es die provocatio als A b l e h u n g eines b e f a n g e n e n R i c h t c r s w a r , die den E i n b a u der christlichen S c h l i c h t u n g in die römische V e r f a h r e n s o r d n u n g

ermög-16 Studi in memoria di A. Albertoni 1 (1935) 71 ff. 17 Archiv f . Papyrusforschung 7 (1924) 52 ff. 18 Festschrift Hanausek (1925) 36 ff. 19 ZSS 50 (1930) 184 ff. 20 ZSS 54 (1934) 373 ff. 21 SDHI 1 (1935) 132 ff. 22 Festschrift Wenger 1 (1944) 180 ff. 23 ZSS 76 (1959) 306 ff. 24 Vgl. ZSS 76 (1959) 307.

25 Byzant. Ztschr. 30 (1929/30) 660 ff.; ZSS kan. Abt. 54 (1934) 7ff.; ZSS rom. Abt. 58 (1938) 370 ff.; RAC I 915 ff.

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IN MEMORIAM A. STEINWENTER 23

lichte. Die lex Christiana, die der Bischof n a c h C.Th. 1, 23, 1 seinem S p r u c h z u g r u n d e legen sollte, h a b e kein a u t o n o m e s P r i v a t r e c h t der Christen gebildet, s o n d e r n b e d e u t e bloss, dass es A u f g a b e des Bischofs sei, auf eine Streitbeilegung im Sinn christlicher Milde h i n z u w i r k e n . Die D a r s t e l l u n g , die soeben dem kirchlichen Pro-zessrecht d u r c h das grossangelegte W e r k von G a u d e m e t zuteil w u r d e , zeigt sehr schön, welche P i o n i e r t a t S t e i n w e n t e r m i t seiner E r f o r -s c h u n g de-s a n t i k e n kirchlichen B e c h t -s g a n g -s u n d -seiner Quellen2 7 gesetzt h a t . Die rein s t a a t s k i r c h e n r e c h t l i c h e n U n t e r s u c h u n g e n S t e i n w e n t e r s galten in f ü r ihren Verfasser bezeichnender Weise n i c h t der P r o k l a m a t i o n v o n G r u n d s a t z e n t s c h e i d u n g e n u n d den jeweils w i r k e n d e n politischen K o n z e p t e n , sondern den B e a l i t ä t e n des Verhältnisses zwischen S t a a t u n d Kirche. N e u l a n d erschloss die A b h a n d l u n g ü b e r die Rechtsstellung der Kirchen und Klöster

nach den Papyri19, der die Lehre v o n den a n t i k e n G r u n d l a g e n

eigenkirchlicher E r s c h e i n u n g e n ihre besten A r g u m e n t e v e r d a n k t . Die Stellung der Bischöfe in der b y z a n t i n i s c h e n V e r w a l t u n g Ägyp-tens2 9 u n d die v o n den P a p y r i gebotenen Aufschlüsse ü b e r das kirchliche Vermögensrecht3 0 w u r d e n z u m G e g e n s t a n d v o n U n t e r -s u c h u n g e n , die gleichfall-s al-s wichtige B a u -s t e i n e eine-s a n t i k e n S t a a t s k i r c h e n r e c h t s gelten d ü r f e n . D e m besseren V e r s t ä n d n i s des e n t s p r e c h e n d e n Quellenbereichs dienen die S t u d i e n zur Bedeu-t u n g der K o n z i l s a k Bedeu-t e n f ü r d a s welBedeu-tliche BechBedeu-t3 1 u n d zur A u s w e r t u n g der S y m m a c h u s - B r i e f e als Bechtserkenntnisquelle3 2. I h r e K r ö n u n g f a n d e n Steinwenters prozessuale wie s t a a t s k i r c h e n r e c h t l i c h e For-schungen in einer U n t e r s u c h u n g II processo di Gesù33.

E i n a n d e r e r A s p e k t , der in n a h e z u allen A r b e i t e n S t e i n w e n t e r s aufscheint, ist die B e a c h t u n g des Verhältnisses der a n t i k e n J u r i s -p r u d e n z zu a n d e r e n wissenschaftlichen Diszi-plinen, n a m e n t l i c h zur B h e t o r i k . D u r c h diese B l i c k r i c h t u n g w u r d e S t e i n w e n t e r zu einer Beihe v o n U n t e r s u c h u n g e n h i n g e f ü h r t , die den j u r i s t i s c h e n

26 L'Église dans l'Empire Romain (1958) 246 ff.

27 ZSS kan. Abt. 54 (1934) 1 ff.; vlg. ferner Atti congr. intern, d. dir. rom. Bologna 1 (1934) 225 ff. und Acta congressus iuridici inlernationalis 1934, II (1935) 123 ff.

28 ZSS kan. Abt. 19 (1930) Iff. 29 Studi De Francisci 1, 75 ff. 30 ZSS Kan. Abt. 75 (1958) 1 ff. 31 Mnemosyna Pappulias (1934) 245 ff. 32 ZSS rom. Abt. 74 (1957) 1 ff. 33 Jus 3 (1952) 471 ff.

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D e n k f o r m e n der Römer gelten. Es sind dies alles P r o d u k t e der Reife, in den J a h r e n 1930 bis 1958 der Öffentlichkeit vorgelegt. Eine treffliche Analyse der Lehre v o m Gewohnheitsrecht3 4 m a c h t e den Anfang. Hier wie bei den Grundlagen der ulpianischen Lehre v o n der Scheidung zwischen p r i v a t e m u n d öffentlichem Recht3 5 k o n n t e Steinwenter die Abhängigkeit von griechischer u n d hel-lenistischer Philosophie u n d Rhetorik im Einzelnen dokumentie-ren. Die Rrücke zum prozessualen Forschungsbereich schlug die grandiose A b h a n d l u h g Rhetorik und römischer Zivilprozess36.

Bei-spielhaft ist die Vorsicht, m i t der er eine vorschnelle B e h a u p t u n g starker E i n w i r k u n g der R h e t o r i k auf den F o r m u l a r p r o z e ß v e r m e i d e t ; n u r wirklich überzeugende Beweise lässt er gelten, V e r m u t u n g e n wiegen i h m zu leicht. So sieht er n u r den bloßen Gerichtsgebrauch als Wirkungsfeld der R h e t o r i k zur Zeit der Klassiker. F ü r die nacht iokletianische E n t w i c k l u n g dagegen k o n n t e er u n v e r k e n n b a r e Beinflussung des Gesetzgebers selbst beobachten. Sehr wertvoll sind die bei dieser Gelegenheit gewonnenen E r k e n n t n i s s e zur Bedeu-tungsgeschichte v o n praescriptio37. Glänzend gelang der Nachweis

des Weges, den die Auffassung des Herrschers als beseeltes Gesetz von Aristoteles über des Themistios P r u n k r e d e auf Theodosius I. u n d J u s t i n i a n s 108. Novelle bis in die Fürstenspiegel des H o c h m i t -telalters genommen hat3 8. D e m K o n z e p t einer allgemeinen Geschichte der Rechtswissenschaft3 9 e n t s t a m m e n die in mehrere Studien zerlegten Prolegomena zu einer Geschichte der Analogie40. Stein-wenter zeigte, d a ß sich bei den Klassikern n u r assoziative Denk-figuren, nicht aber echte Ähnlichkeitsschlüsse f i n d e n ; diese d a n k e n wir erst dem s p ä t a n t i k e n Rechtsdenken, j a zum Teil sogar erst der mittelalterlichen J u r i s p r u d e n z . Auch die umsichtige Analyse

31 Studi Bonfante 2 (1930) 419 ft.; verteidigt und weitergeführt in JJP 4 (1950) 219 ff. sowie in Labeo 4 (1958) 131 ff.

35 Festschrift Koschaker 1 (1939) 84 ff. 3C ZSS 65 (1947) 69 ff.

37 Eine von К о 1 i t s с h ZSS 76 (1959) 265 ff. veröffentlichte Abhandlung

Praescriptio und exceptio ausserhalb des Formularverfahrens ist auf Anregung Stein-wenters entstanden.

38 Anzeiger d. Ak. der Wissenschaften in Wien, phil.-hist. Klasse 83 (1946) 250 ff.

39 Österr. Ztschr. f . öffentl. Recht 1 (1948) 433 ff.

40 Studi Albertario 2 (1953) 103 ff.; Studi Arangio-Ruiz 2 (1953) 169 ff.; Fest-schrift Schulz 2 (1951) 345 ff.

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IN MEMORIAM A. STEINWENTER 25

der B e d e u t u n g von ius in nachklassischen Quellen41 gehört in den Z u s a m m e n h a n g dieser Studien zu den Grundlagen der Rechtsord-n u Rechtsord-n g . Die im B a Rechtsord-n d Recht uRechtsord-nd Kultur gesammelteRechtsord-n A u f s ä t z e u Rechtsord-n d Vorträge endlich, die zum 70. G e b u r t s t a g das Bild des J u b i l a r s nicht n u r f ü r Fachkollegen, sondern auch f ü r die Schar seiner Schüler u n d F r e u n d e f e s t h a l t e n sollten42, wollen gleichfalls zu den Grundlagen des Rechtslebens h i n f ü h r e n u n d letztlich dessen ontologischer E r f a s s u n g den Weg ebnen.

Nicht rhetorische u n d philosophische, sondern agrarwissen-schaftliche L i t e r a t u r ist es, deren Berücksichtung Steinwenters letzte Monographie auszeichnet. Das P h ä n o m e n Fundus cum

in-strumentoi3 analysierte er v o n der Zeit der Vorklassiker bis zu J u

-stinians Kodifikation, n a m e n t l i c h u n t e r dem Gesichtspunkt des Unternehmensbegiffes. E r gelangte zum überzeugend b e g r ü n d e t e n Ergebnis, rein privatrechtlich orientierte Interessenabwägung u n d nicht die Vorstellung von der Einheit des U n t e r n e h m e n s h ä t t e die E n t s c h e i d u n g e n der römischen J u r i s t e n b e s t i m m t .

Wollte m a n Steinwenters papyrologische Verdienste u n t e r -streichen, wäre es falsch, einzelne seiner Studien — etwa die muster-gültigen Beiträge zum Gesellschaftsrecht4 4 — herauszugreifen. A u c h ginge es nicht an, ihn bloß als verdienstvollen Spezialisten f ü r koptisches R e c h t einzuordnen. E i g e n a r t und Verdienst seiner Methodik liegt vielmehr darin, d a ß keine seiner A b h a n d l u n g e n auf papyrologisches Material verzichtet, d a ß sich aber auch keine Arbeit auf diesen Quellenbereich b e s c h r ä n k t . So scheint mir seine Vorgangsweise, die er in der i h m eigenen Bescheidenheit gewiß nicht zur Maxime erhoben sehen wollte, den Ausweg aus dem neuerlich deutlich gewordenen Dilemma der juristischen P a p y r o -logie zu b i l d e n : Weder A d a p t i o n quellenfremder Begrifflichkeit noch begriffsarme Beschreibung der U r k u n d e n i n h a l t e , sondern n u r fortgesetzte K o n f r o n t a t i o n aller n a c h Problemstellung u n d Zeitraum erheblichen Zeugnisse k a n n als richtig gelten. Dabei die Forschertugend des skeptischen Realismus m i t aus echter H u m a n i t ä t erwachsendem Universalismus zu vereinigen, wird freilich Wenigen so glücken, wie es Steinwenter gegeben war. G e r a d e

41 Iura 4 (1953) 124 ff.

42 Sehr verständnisvoll akzentuiert die Bedeutung des Bandes Wieacker

ZSS 76 (1959) 642 ff.

43 SB d. Ak. der Wissenschaften in Wien, Phil-hist. Klasse 221/1 (1942). 44 Studí Riccobono 1 (1936) 485 ff.

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diese Haltung wäre es aber auch, die in der noch immer offenen Diskussion um das Konzept einer antiken Rechtsgeschicht frucht-bare Ergebnisse erhoffen ließe.

Die Anziehungskraft der inneren Zusammenhäge in Stein-wenters wissenschaftlichem Lebenswerk hat uns von seinen ersten Arbeiten an so gefangen genommen und in einem Zug bis zum Abschluß seines Schaffens geführt, daß es nun noch erübrigt, die Stationen seines akademischen Weges festzuhalten. Der 1914 vollzogenen Habilitation folgte 1918 die Bestellung zum unbesol-deten Extraordinarius, die 1920 in eine besoldete Position ver-wandelt wurde. Als Nachfolger von Ivo Ρ f a f f wurde er 1926 ordentlicher Professor. 1932 schlug er einen Ruf nach Münster in Westfalen aus, auch in der Folge hielt er Graz die Treue. Der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften zu Wien gehörte er seit 1935 als korrespondierendes und seit 1943 als wirkliches Mitglied an. Er war überdies korrespondierendes Mitglied der bayrischen Akademie der Wissenschaften. Sein 70. Geburtstag

gab Grazer Kollegen und Schülern Anlaß, eine Festgabe darzu-bringen45, auch wurde ihm der 75. Band der romanistischen Ab-teilung der ZSS gewidmet.

Der wissenschaftlichen Bedeutung Steinwenters verbanden sich hohe persönliche Qualitäten. Er war ein hervorragender Fami-lienvater, der Gattin ein fürsorglicher und treuer Gefährte, der herzlich geliebten Tochter ein guter Vater, mit rührender Liebe hing er am Enkelkind, dessen erste Jahre er miterleben durfte. Zog er es auch vor, die freien Studien im Kreis der Familie, in seinem stillen Haus in der Grazer Goethestraße zu verbringen, konnte er sich doch im Kollegenkreis auch zu einem gesellscha-ftlichen Talent, zu einem sehr humorvollen Erzähler verwandeln. Zu den Glatten und Wendigen, denennie ein Streit erwächst, zählte er freilich nicht. W o er die rechte Ordnung des akademi-schen Lebens gefährdet sah, zeigte der sonst so zarte und oft schüchtern wirkende Gelehrte vehemente Durchschlagskraft. Dieser ist es auch zu danken, daß er, der wirklieh mit einem Nichts beginnen mußte, unter den knappen räumlichen und finanziellen Verhältnissen ein vorzügliches Institut aufzubauen vermochte. Dieses wurde denn auch zur ersten Arbeitsstätte manches

45 Festschrift A. Steinwenter (1958), Grazer Rechts- und Staatswissenschaft-liche Studien, Bd. 3.

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I N M E M O R I A M A. S T E I N W E N T E R 27 tüchtigen Romanisten : Zwar lag Steinwenter nicht an einem grös-seren Schülerkreis, er gab individueller Unterweisung den Vorzug. Und blieb auch manche Hoffnung das Versprochene schuldig, zeigte sein Wirken als Lehrer doch schönen Ertrag: Max Käser wurde ja von Steinwenter ins römische Recht eingeführt und ehrte den Lehrer durch die Widmung der monumentalen Gesamtdar-stellung des römischen Privatrechts. Steinwenters letzter Schüler Wesener legte schon manche respektable Talentprobe ab, das verantwortungsbeladene Erbe der großen romanistischen Tradition von Graz wird bei ihm in guten Händen liegen. Mehr noch als die Ausbildung einzelner Forscher ist es zu schätzen, daß Steinwenters Wirken in über vierzig .Jahrgängen von Juristen aus Kärnten und der Steiermark die Liebe zum römischen Recht geweckt hat und dies so trefflich geschah, daß auch dem bejahrten Praktiker die Erinnerung an Steinwenters Lehren lebendig blieb. Gerade deshalb dürfen wir über Steinwenter sagen: Er war ein Romanist, wie er sein soll.

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