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The present of the past – the Dynamics of rememberance in Pamjati Pamjati by marija Stepanova

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Academic year: 2021

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Die gegenwart Der vergangenheit –

Die Dynamik Der erinnerung

in Pamjati Pamjati von marija Stepanova

Katja Grupp

ORCID: 0000-0002-0994-5591 IUBH

Bad Honnef, Deutschland k.grupp@iubh.de

Schlüsselwörter: Erinnerung, Tagebuch, Fotografie, Brief, Artefakt

einleitung

Der Roman Pamjati Pamjati von Marija Stepanova erschien 2017 auf Russisch und fand große Resonanz in den russischen Medien [Oborin 2017]. Die Autorin des Romans ist die 1972 in Moskau geborene Marija Stepanova, die neben ihrer schrift-stellerischen Tätigkeit auch als Journalistin aktiv ist und die Internetseite Colta.ru, eine unabhängige Internetzeitung, die sich mit den Themen Kunst und Kultur befasst [vgl. www.colta.ru], mit verantwortet. Olga Radetzkaja übersetzte den Roman ins Deutsche. Auch in Deutschland wurde der Roman in auflagestarken Medien rezen-siert („Süddeutsche Zeitung“ 16. 12. 2018; „Die Zeit“ 27.2.2019) und am 7. Dezem-ber 2018 im Literarischen Quartett kontrovers diskutiert, eine Auszeichnung für das Werk einer bis dahin in Deutschland unbekannten russischen.

Die Handlung des Romans ist komplex, verschiedentlich wird der Roman als Me-ta-Roman bezeichnet [Henseler 2019]. Im Werk sind „Liebesgeschichten und Reise-berichte, Reflexionen über Fotografie, Erinnerung und Trauma“ [Maria Stepanova über…] miteinander verbunden. „Die diversen Geschichten werden anhand einer weitverzweigten russisch-jüdisch-europäischen Geschichte von Ärzten, Architekten, Bibliothekaren, Buchhaltern und Ingenieuren“ (“Website Suhrkamp”) erzählt. Dabei reflektiert die Erzählerin im Roman, dass es nicht obligatorisch ist, dass diese Famili-engeschichte öffentlich erzählt wird:

Nr 9 SS. 119-132 2019

ISSN 2083-5485

© Copyright by Institute of Modern Languages of the Pomeranian University in Słupsk

Original research paper Received: 1.08.2019 accepted: 8.10.2019

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Занятно, как подумаешь, что существенная часть усилий моих бабушек и деду-шек быланаправлена как раз на то, чтобы оставаться невидимыми. Достичь ис-комой неприметности,затеряться в домашней тьме, продержаться в стороне от большой истории с ее экстракрупныминарративами и погрешностями в

миллио-ны человеческих жизней [Stepanova 2017: 16]1.

Die weiblichen Familienmitglieder stehen im Fokus der Erzählung und die Dar-stellung ihrer Biografien bildet den (sehr mäandernden) roten Faden durch den in der russischen Fassung 404 (in der deutschen Übersetzung 525) Seiten umfassenden Roman.

Die hier aufgezeigten Geschichten des Meta-Romans beziehen sich auf vielfältige Weise aufeinander. Die Bezugnahme geschieht oftmals durch Medien wie Fotografi-en, Tagebücher und Briefe, deren Funktion im Erinnerungsprozess untersucht werden soll. Dabei soll die Dynamik im Erinnern der Vergangenheit herausgearbeitet werden.

titel

Der Titel des russischen Texts besteht aus der Repetition des Substantivs Pam-jati. Die Titelgebung deutet darauf hin, dass nicht die bewegenden Ereignisse des 20. Jahrhunderts (das Jahrhundert, in dem die Handlung des Romans spielt), sondern die Reflektion das zentrale Moment darstellt. Pamjat‘ hat im Deutschen viele Be-deutungen: Gedächtnis, Speicher, Merkfähigkeit, Erinnerung, Andenken, Gedanken, Erinnerungsvermögen. Bei den unterschiedlichsten Übersetzungsmöglichkeiten des Wortes kommt grundsätzlich eine Eigenschaft in ihrer Gegensätzlichkeit zum Aus-druck. Pamjat‘ kann sich in einer Materialität (Gedächtnis, Speicher) manifestieren oder aber ganz in der Immaterialität bleiben (Gedanke, Erinnerung, Merkfähigkeit). In der Repetition des Substantivs kann eine mögliche Kombination aus beiden Aspek-ten (der Materialität und der Immaterialität) anklingen.

Die grammatische Form Pamjati kann sowohl Genitiv wie auch Dativ oder Präpo-sitiv im Singular, ebenso aber auch Nominativ und Akkusativ Plural darstellen. Somit kann der Titel im Deutschen als „Das Erinnern des Andenkens“, „Die Andenken der Erinnerung“, „Die Erinnerungen der Erinnerung“, „[gewidmet] dem Andenken der Erinnerung“ oder auch auf vielfältige andere Weise wiedergegeben werden. Deutlich wird, dass durch die Duplizierung der Worte eine mehrfache Erinnerung, ein mehrfa-ches Andenken stattfindet und es wird durch die doppelte Nennung ein Spannungsbo-gen aufgetan, der einen Reflektionsprozess anklinSpannungsbo-gen lässt. Die Schwierigkeit und die Dynamik des Übersetzens wird bei der Beschäftigung mit dem Titel bereits deutlich.

1 Alle Übersetzungen sind von Radetzkaja aus: Nach dem Gedächtnis: „Kurios war dabei, dass

meine Großmütter und -väter einen beträchtlichen Teil ihrer Energie darauf verwendet hatten, unsichtbar zu bleiben. Möglichst unauffällig zu werden, im häuslichen Dunkel unterzutauchen, sich abseits zu halten von der Weltgeschichte und ihren überlebensgroßen Narrativen und ihrer Fehlertoleranz von ein paar Millionen Menschenleben“.

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Über den Übersetzungsprozess vom Russischen ins Deutsche spricht die Autorin mit der Übersetzerin Radetzkaja, die das Werk ins Deutsche übertragen hat.

Radetzkaja nennt als Besonderheit dieses „Metaromans“ [Henseler 2019] vier Schichten, aus denen der Roman besteht und die immer wieder zur Sprache kommen. Zum einen sind es Dokumente (Tagebücher, Fotos, Artefakte aus der Vergangenheit), zum anderen ist es die Erzählung der Familiengeschichte, des Weiteren ist es ein Erzählen über das Nicht-Erzählen (können) und außerdem ist es noch ein imaginä-rer Dialog mit Künstlern und Ideen aus dem 20. Jahrhundert [Maria Stepanova im Gespräch… 2018]. Die hier erwähnten Dokumente in Form von Tagebüchern, Brie-fen und Fotografien bilden die materielle Seite der Vergangenheit und des Erinnerns. Diese materiellen Artefakte bilden das „Speichergedächtnis“ und sind, nach Aleida Assmann „Bürge und Voraussetzung des Gedächtnisses“ [Assmann 2008: 58].

Das Erinnern in Artefakten und das reflektieren der Vergangenheit sind im Ro-man untrennbar miteinander verwoben. Das Nach-Erinnern, das Nach-Gedächtnis erinnert auch an den von Marianne Hirsch geprägten Begriff des Postmemory. Die Literaturwissenschaftlerin findet im Buch direkt Erwähnung. „Я тогда читала книгу Марианны Хирш «Поколение постпамяти» – примерно как путе-водитель по собственной голове“ [Stepanova 2017: 45]2. Ein zentraler Gedanke von Hirsch ist die (transgenerationelle) Übertragung von Gedächtnisinhalten. Ein weiterer wichtiger Gedanke von Hirsch ist die Leerstelle in der Erinnerung (an die vorausgehende Gene-ration). In Family Frames: Photography, narrative and post-memory [Hirsch 2012] beschreibt Hirsch, dass für die Überlebenden des Holocaust die Toten immer präsent waren.

In my reading, postmemory is distinguished from memory by generational distan-ce and from history by deep personal connection. Postmemory is a powerful and very particular form of memory precisely because its connection to its object or source is mediated not through recollection but through an imaginative investment and crea-tion. This is not to say that memory itself is unmediated, but that it is more directly connected to the past. Postmemory characterizes the experience of those who grow up dominated by narratives that preceded their birth, whose own belated stories are eva-cuated by the stories of the previous generation shaped by traumatic events that can be neither understood nor recreated. I have developed this notion in relation to children of Holocaust survivors, but I believe it may usefully describe other second-generation memories of cultural or collective traumatic events and experiences [Hirsch 2012: 22]. Im Roman verknüpft Stepanova die Ideen des Postmemorys mit den Überlegun-gen von Susan Sontag zur Fotografie. Die Fotografie als Medium wird hier mit der Sprache verglichen. Fotografie, wie auch die Sprache, schafft die Voraussetzungen, dass ein Kunstwerk entstehen kann.

Похожим образом описывала когда-то фотографию Сьюзен Зонтаг: «...она пре-жде всего – не вид искусства. Подобно языку, фотография – среда, вкоторой (сре-2 „Ich las damals, als eine Art Reiseführer durch meinen eigenen Kopf, Marianne Hirschs

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ди прочего) создаются произведения искусства». И, как язык, как фотография, постпамять шире своего прямого функционала – она не просто указывает на быв-шее, но меняетнастоящее: делает присутствие прошлого ключом к

повседневно-сти [Stepanova 2017: 47]3.

Das Jetzt wird also durch die jeweilige Rezeption des Vergangenen geprägt. Da es sich bei diesem Akt der Memorisierung um einen immer wieder kehrenden Prozess handelt, wird die Wahrnehmung der Gegenwart durch die immer wiederholende Re-zeption der Vergangenheit geprägt. Das Erinnern ist somit ein dynamischer Prozess.

erinnern in medien

Der Unterschied zwischen Erinnerung und Geschichte auf der Meta-Ebene von der Erzählerin erklärt.

Память – предание, история – писание; память заботится о справедливости, исто-рия – оточности; память морализирует, истоисто-рия подсчитывает и корректирует; память персональна,история мечтает об объективности; память базируется не на знании, а на опыте: со-пережива-ния, со-чувствия, оглушительного опыта боли, требующего немедленного участия. С другойстороны, территория памяти населе-на проекциями, фантазиями, искажениями: фантомаминаселе-нашего сегодня, обращен-ными вспять [Stepanova 2017: 47]4.

Das Erinnern, zumindest das Mitteilen von Erinnerungen bedarf immer auch eines Mediums (auch Sprache ist hier ein Medium). Die vier Generationen umfassende Familiengeschichte wird durch eine Erzählerin mitgeteilt, die dabei ist, eine lange bestehende Wohnung aufzulösen. Diese Wohnung stellte in der Vergangenheit einen konstanten Bezugspunkt für die Familie dar. Der Auflösungsprozess bringt die Er-zählerin mit Fotografien, Tagebüchern und Briefen der Familie in Berührung. „Was als Quelle der Erinnerung bleibt, ist das Familiengedächtnis. In Russland reicht es allerdings meist nicht weit zurück und ist, insbesondere wenn es um Repressionen geht, aber auch bei den Kriegserinnerungen, bruchstückhaft. Außerdem führt auch

3 „Etwas Ähnliches [wie über das Nachgedächtnis] hat Susan Sontag über die Fotografie gesagt:

Obwohl sie ‚Werke hervorbringt, die als Kunst bezeichnet werden können […] ist die Fotografie keineswegs eine Kunstform. Wie die Sprache ist sie ein Medium, in dem (unter anderem) Kunst-werke geschaffen werden.‘ Und wie die Sprache oder die Fotografie lässt sich das Nachgedächtnis nicht auf seine unmittelbare Funktion reduzieren – es verändert sich die Gegenwart: Es macht die Anwesenheit des Vergangenen zu einem Schlüssel für das tägliche Leben“.

4 „Erinnerung wird überliefert, Geschichte wird geschrieben; der Erinnerung liegt an der

Gerech-tigkeit, der Geschichte an der Genauigkeit; Erinnerung moralisiert, Geschichte summiert und korrigiert; Erinnerung ist persönlich, Geschichte träumt von Objektivität; Erinnerung beruht nicht auf Wissen, sondern auf Erfahrung: des Mit-Leidens, Mit-Fühlens, des markerschütternden Schmerzes, der sofort Anteilnahme verlangt. Auf der anderen Seite ist das Gebiet der Erinnerung von Projektionen, Phantasien, Entstellungen besiedelt – von den retrograden Gespenstern unseres Heute“.

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die Erinnerung von Zeitzeugen nicht zum Verständnis von Ursachen, Folgen und Zu-sammenhängen“ [Ščerbakova, Körner 2010: 20]. Die Familie der Erzählerin zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass sie das 20. Jahrhundert überlebt haben. Die Artefakte der Familie sind Fotografien, Tagebücher und Briefe. Fotografien haben seit der Mit-te des 19. Jahrhunderts hier einen besonderen SMit-tellenwert. „Das Fotoalbum, in dem sich selbst geknipste und von Fachfotografen angefertigte Bilder mischen, stabilisiert demzufolge das kollektive Gedächtnis der Familie“ [Ruchatz 2008: 99]. Wie uner-setzlich und wertvoll beim Erinnern das Familiengedächtnis ist, stellt Ščerbakova dar. „Heute ist die Weitergabe eigener Erinnerungen praktisch versiegt. Junge Menschen sind in Russland einer ideologisierten, pseudopatriotischen Erinnerungspolitik ausge-liefert. An sich wäre das Familiengedächtnis eine Quelle der Erinnerung. Doch selbst das war immer fragmentiert und widersprüchlich. Traumata und Zensur verhinderten, dass die Alten sich öffneten“ [Ščerbakova, Körner 2010: 17].

Die Darstellung dieser sehr persönlichen medialen Artefakte aus dem Famili-en-Archiv ist im oben genannten Verständnis als Erinnerung zu verstehen. Es ist das Nicht-Abgeschlossene, persönliche, das der Geschichte (und der Geschichtsschrei-bung) gegenübersteht.

Fotografien

Die Besonderheit des Mediums Fotografie (hier im Gegensatz zum Medium Spra-che), besteht in der Authentizität der Referenz. Barthes weist darauf hin, dass der „Referent der Photographie“ nicht von der gleichen Art ist, wie das bei anderen Dar-stellungssystemen der Fall ist. Er schreibt: „‘Photographische Referenzen‘ nenne ich nicht die möglicherweise (Hervorhebung im Original KG) reale Sache, auf die ein Bild oder ein Zeichen verweist, sondern die notwendige (Hervorhebung im Original KG) reale Sache, die vor dem Objekt platziert war und ohne die es keine Photographie gäbe. Die Malerei kann wohl eine Realität fingieren, ohne sie gesehen zu haben“ [Bart-hes 2016: 86] „In diesem Sinn hat Bart[Bart-hes die Fotografie als „anthropologische Revo-lution“ charakterisiert, „da das Bewußtsein, das sie impliziert, ohnegleichen ist. Die Fotografie bewirkt nicht mehr ein Bewußtsein des Daseins der Sache (das jede Kopie hervorrufen könnte), sondern ein Bewußtsein des Dagewesenseins“. Die Botschaft der Fotografie liefere somit eine irreale, „eine unlogische Verquickung zwischen dem Hier und dem Früher“ [Barthes 2015: 39]. „Die Fotografie unterscheidet sich vom menschlichen Gedächtnis also nicht allein darin, dass sie – wie das Speichermedium Schrift vor ihr – das einmal Eingespeicherte unveränderlich bewahrt, sondern mehr noch darin, dass sie den Menschen schon bei der Einspeicherung – bei der Selektion des Erinnernswerten – zu umgehen scheint“ [Ruchatz 2003: 88]. Das Medium der Fotografie an sich ist dabei aber weder Spur noch Externalisierung. Ruchatz betont, dass es sich dabei um Modi handelt, wie die Fotografien als Verweise betrachtet wer-den [Vgl. Ruchatz 2008: 103]. Fotografien können auch als zeitgeschichtliche Do-kumente gelesen werden- Posen, Gesten und der Gesichtsausdruck folgen kulturellen Gepflogenheiten und wechselnden Moden. Thema hier ist der Doppelcharakter von

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Fotografien und die Funktion des Mediums Fotografie innerhalb des Romans Pamjati Pamjati.

Unter der Kapitelüberschrift Глава третья, некоторое количество фотогра-фий [Stepanova 2017: 24-30]5 werden Fotografien erwähnt und beschrieben. Die Fo-tografien haben für die Erzählerin die Funktion von Dokumenten, womit sie direkt an eine Idee von Roland Barthes anknüpft.

Я говорю здесь о фотографии особого рода, он же, по неслучайному совпа-дению, самый массовый, обводящий широким меловым кругом всех профес-сиональных репортеров, любите- лей с их снимками, сделанными на телефон, и целый набор промежуточных вариантов. Общая их черта сводится к тому, что фотограф и зритель безоглядно уверены в том, что результат съемки обладает качеством документа: он свидетельствует о действительности, схваченной как она есть, без всяких там словесных прикрас: роза так роза, амбар так амбар. Художественная фотография с ее попытками изогнуть и перестроить видимый мир во славу частного воспри - ятия интересует меня только в точках, не пред-усмотренных автором, – там, где реальность мешает замыслу и льстит зрителю, заметившему шов: грубые ботинки, что выглядывают из- под карнавального шелка [Stepanova 2017: 33]6.

Nach Barthes ist es die Eigenart von Fotos, dass eine unlogische Verquickung zwischen Hier und Früher [Hervorhebung im Original KG] stattfindet. Die Spur ver-klammert Abwesendes und Anwesendes [Barthes 2015: 39]. Das Auswerten und Ent-flechten von Fotografien in dem Roman findet durch Worte statt. Sichtbar als Bild ist lediglich am Ende des Romans eine einzige schwarz-weiß Fotografie als Abbildung.

tagebuch

In dem sehr persönlichen Medium Tagebuch findet ein Abbilden des Vergangenen durch Worte statt. Ein Tagebuch dient gewöhnlich sehr persönlichen Notizen, Bemer-kungen und Reflektionen über das Jetzt, die aktuelle Zeit und Geschehnisse. „Im 20. Jahrhundert wurde das Tagebuch, anknüpfend an die Journaux intimes des 19. Jahr-hunderts, zum Zeichen und Instrument der Individualisierung in einem, und gleichzei-tig zu einem Signum des Leidens an den mit dem Eintritt der Moderne verbundenen Umbrüche und daraus resultierenden Unsicherheiten“ [Gruber 2008: 28]. In Pamjati Pamjati reflektiert die Erzählerin innerhalb des Romans über den pseudo-privaten Charakter von Tagebüchern und Notizen.

5 „Einige Fotos“

6 „Ich spreche hier von einer bestimmten Art von Fotografie, die nicht zufällig am weitesten

ver-breitet ist: dem Bild als Dokument. Es legt Zeugnis ab von einer Wirklichkeit, die eingefangen wurde, ohne jede Ausschmückung. Rose bleibt Rose, Scheune bleibt Scheune Die künstlerische Fotografie, die die sichtbare Welt im Namen der persönlichen Wahrnehmung zu verbiegen sucht, interessiert mich nur an dem Punkt, so die Realität das Konzept des Fotografen durchkreuzt und den Betrachter triumphieren lässt, der die Nahtstelle entdeckt hat: die klobigen Schuhe unterm seidenen Karnevalskostüm“.

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Для пристрастного читателя разного рода дневников и записных книг они делят-ся на две внятные категории. Есть те, где речь специальным образом рассчитана на то, чтобы стать официальной и объясняющей, – и, стало быть, на то, чтобы быть услышанной извне. Тетрадь становится полигоном, местом для отлажива-ния и тренировки внешнего-себя, и, как какой- нибудь дневник Марии Башкирце-вой, оказывается развернутой декларацией, нескончаемым монологом, обращен-ным к невидимой, но явно сочувственной инстанции. Мне интересней дневники другого рода, те, что представляют собой рабочий инстру-мент, специально приг-нанный под руку этого вот ремесленника и поэтому мало пригодный для чужих. Рабочий инструмент – это формулировка Сьюзен Зонтаг, десятилетиями практи- ковавшей этот жанр, и она кажется мне не вполне точной [Stepanova 2017: 9]7.

Die im Roman dargestellten Tagebücher sind von Galja, der Schwester des Vaters (der Erzählerin) und werden als etwas Besonderes beschrieben, da sie sind weder öffentlich, wie im Fall von Marie ‘Baschkirtseff, noch reines Arbeitswerkzeug wie bei Susan Sontag sind. Über die unterschiedlichen Arten von Tagebüchern reflektiert die Erzählerin: Галкины дневники были таким перечнем ежедневного случившегося, на удив-лениеподробным – и при этом на удивление скрытным. Они всегда точно доку-ментировали такиевещи, как время вставания и засыпания, названия телепередач, количество телефонных звон-ков и имена собеседников, то, что было съедено, и то, что было сделано. Тем, что вирту-озно и тщательно огибалось, было со-держание дня, его наполнение. Было написано, скажем,«читала», но ни слова не говорилось о том, что это было за чтение и что оно значило; и такбыло со всем, из чего состояла ее длинная и полностью записанная жизнь. Ничего указываю-щего на то, чем эта жизнь была, – ничего о себе, ничего о других, ничего, кроме дроб-ных иподробдроб-ных деталей, с летописной точностью фиксирующих ход времени [Stepanova 2017: 10]8.

Ausgehend von Galjas Tagebüchern stellt die Erzählerin allgemeine Überlegungen zum Tagebuch als literarische Form an. Das sehr persönliche Erinnern und

Bewah-7 „Wer gerne Tagebücher und Notizhefte liest, weiß, dass sie sich in zwei Kategorien einteilen

las-sen. Es gibt die, deren Rede in gewisser Weise als offizieller Kommentar angelegt und darum im Kern schon öffentlich ist. Die Kladde ist hier – etwa im Fall des Tagebuchs von Bashkirtseff – ein Versuchsgelände, auf dem das äußere Selbst getestet und trainiert wird, sie enthält einen endlosen,

an eine unsichtbare, aber sympathisierende äußere Instanz gerichteten Monolog. Interessanter finde ich die zweite Kategorie: das Tagebuch als Arbeitswerkzeug, gemacht für die Hand die-ses einen Handwerkers- andere Leute können damit wenig anfangen. Der Ausdruck ‘Werkzeug‘ stammt von Susan Sontag, die diese Art Schreiben über Jahrzehnte praktiziert hat“.

8 „Auf eine ähnlich Weise hielten Galjas Tagebücher die alltäglichen Geschehnisse fest –

erstaun-lich detailliert und erstaunerstaun-lich verschwiegen. Sie [die Tagebücher] dokumentierten ihre Aufsteh- und Schlafensgehzeiten, ihr Fernsehpensum, die Anzahl ihrer Telefonate und die Namen ihrer Gesprächspartner, was sie gegessen und was sie getan hatte. Ausgespart blieb dagegen der eigent-liche Inhalt des Tages. ‘Gelesen‘ hieß es zum Beispiel im Text, aber was sie gelesen hatte und was diese Lektüre für sie bedeutete, erwähnte Galja mit keinem Wort. Und so war es mit allem, woraus ihr langes, vollständig aufgeschriebenes Leben bestand“.

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ren von Ereignissen in Tagebüchern hat keinen direkten Adressaten. Erwähnt wird in Pamjati Pamjati das berühmte Tagebuch von Anne Frank und über das Medium Tagebuch wird ein Bezug zu Charlotte Salomon hergestellt. Die Erzählerin zieht eine Parallele zwischen der räumlichen Nähe der überlebenden Familienmitglieder der Fa-milie Frank und Salomon und eine inhaltliche Nähe der beiden Tagebücher der im KZ ermordeten Töchter. Странно,что все это разворачивается так близко, почти через стенку, – Альберт Саломон с женой пря-тались во время войны в Амстердаме, неподалеку от семьи Франков; им первым отец Анныпоказал ее дневник – а сколько-то спустя они все вместе решали, как поступить с рисунками Шарлотты. Так и вижу, как они сидят там, в продолжающихся пятидесятых—шестидесятых,родители, потерявшие де-тей, и пытаются устроить их посмертную судьбу [Stepanova 2017: 125]9.

Das Tagebuch von Anne Frank und das Tagebuch von Charlotte Salomon „Ein Tagebuch in Bildern“ lässt die Erzählerin über das Erstellen eines Tagebuchs reflek-tieren: Дневник, традиционный женский жанр, своего рода зер-кальце-скажи: спонтан-ная и неприбранспонтан-ная речь чувства, прелесть которой в ее непосредствен-ности и простоте. Дневник Анны, отредактированный до такой степени, что утешал чи-тателябольше, чем мучил, гремел тогда по всему миру, на глазах становясь самым влиятельным тек-стом о Катастрофе – способом думать о ней, не держа перед глазами трупы, ямы, рельсы, ото-двигая все это на последние страницы эпилога: а потом они погибли. Осознанно или неосо-знанно, он стал образцом, который имели в виду первые издатели Саломон, настаивая натождестве Шарлотты-авто-ра и Шарлотты Канн, героини книги, юной жертвы, так много обе-щавшей и так мало успевшей [Stepanova 2017: 125]10.

Das Besondere des Tagebuchs als literarische Gattung ist, dass die Autorin iden-tisch mit der Protagonistin ist. „Строго говоря, такого рода хроника, описывающая жизнь нескольких поколений как движение к неизбежному концу, принесла

То-9 „Wie seltsam, dass sich das alles so dicht beieinander abspielte: Während des Krieges hatten

Albert Salomon und seine Frau sich unweit der Familie Frank in Amsterdam versteckt; sie waren die Ersten, denen Annes Vater das Tagebuch seiner Tochter zeigte, und später überlegten sie ge-meinsam, wie sie mit Charlottes Zeichnungen verfahren sollten. Ich sehe die verwaisten Eltern vor mir, wie sie dasitzen und das postume Leben ihrer Kinder zu organisieren versuchen“.

10 „Das Tagebuch, dieses traditionell weibliche Genre, ist eine Art Spieglein-an-der-Wand: ein Ort

der spontanen, ungeordneten Rede des Gefühls, deren Reiz in ihrer Unmittelbarkeit und Schlicht-heit besteht. Annes Tagebuch, das man so weit redigiert hatte, dass es den Leser mehr tröstete als quälte, machte damals weltweit Furore und wurde rasch zum einflussreichsten Text über die Shoah: Mit seiner Hilfe konnte man daran denken, ohne Leichen, Gruben, Gleise vor Augen zu haben, konnte all das auf die letzten Seiten des Epilogs verschieben: und dann sind alle

gestor-ben. An diesem Modell orientieren sich, bewusst oder unbewusst, auch die ersten Herausgeber

von Salomons Werk, die auf der Identität der Autorin Charlotte mit ihrer Heldin Charlotte Kann bestanden – dem jugendlichen Opfer, da zu so großen Hoffnungen Anlass gegeben und so wenig Zeit gehabt hatte, sie zu erfüllen“.

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масу Манну Нобелевскую пре-мию. Правда, его письмо было куда консерватив-ней“ [Stepanova 2017: 15]11.

Weder die Fotografien noch die Tagebücher sind explizit an die Nachwelt gerichtet, doch füllen sie die Archive der Nachkommen mit Material, aus dem sich eine Vergan-genheit rekonstruieren [Ruchatz 2008b: 99] lässt.

Briefe

Die im Roman erwähnten Briefe sind, ebenso wie die Tagebücher und Fotografien, sehr persönliche mediale Artefakte der Zeit. Das Charakteristikum von Briefen ist, dass es einen Sender gibt, der sich an einen Empfänger richtet, der zwar nicht im sel-ben Raum, wohl aber in derselsel-ben Zeit wie dieser lebt. Die im Roman Pamjati Pamja-ti dargestellten Briefwechsel sind die der zukünfPamja-tigen Ehepartner Sara Ginsburg und Mischa Fridmann, zwischen Olga und Nikolaj (den Großeltern der Erzählerin), sowie zwischen den Eltern der Erzählerin. Die Urgroßmutter der Erzählerin Sara Ginsburg verließ Russland nach ihrem offenen Opponieren gegen die zaristische Regierung um in Paris Medizin zu studieren. Ihr Bräutigam Mischa Fridman blieb in Russland. Der im Roman erwähnte Briefwechsel erstreckt sich über die Jahre 1914-1915.

Der Briefwechsel zwischen Olga (Lola) und Nikolaj ist aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges. Die (Ahnen-)Reihe der überlieferten Worte in Form von Briefen im Ro-man endet mit der noch lebenden Eltern-Generation. Der Vater der Erzählerin weigert sich, seine Briefe aus Kasachstan (an die Mutter der Erzählerin) in den Roman ein-fließen zu lassen. Den Grund dafür sieht die Erzählerin in der Diskrepanz zwischen der erlebten Realität und der im Brief übermittelten Geschichte und stellt damit die Konstruktion der Vergangenheit als Prozess dar.

Удальство и бодрость его рассказов были фальшивые, но только их время и со-хранило. Худо было еще вот что: если эти письма, такие подробные, не могли служить свидетельством,тем кусочком кости, по которому можно восстановить облик прошлого, значит, и все другиепопытки собрать что-то заново из писем и носовых платков были wishful thinking, тем, что пси-хоаналитики называют ма-лоприличным словом «фантазия». Вместо респектабельного заня-тия – исследо-вания или расследоисследо-вания – все, чем я занималась все это время, вдруг оказалось-фрейдовским семейным романом, чувствительным романсом о былом [Stepanova 2017: 193]12.

11 „Im Grunde war es genau diese Art von Chronik, die das Leben mehrerer Generationen als

Be-wegung auf ein unvermeidliches Ende hin schilderte, die Thomas Mann den Nobelpreis eintrug. Seine Schreibweise allerdings war weit konservativer“.

12 „Der draufgängerische, muntere Ton seiner Geschichten war gespielt, aber nur ihn hatte der Lauf

der Zeit unangetastet gelassen. Und das war noch nicht alles: Wenn nicht einmal diese Briefe mit ihren vielen Einzelheiten als Zeugnis dienen konnten, als das eine Knochenfragment, anhand dessen sich die Gestalt der Vergangenheit rekonstruieren ließ, dann entsprangen auch alle anderen Versuche, aus Briefen und Tagebüchern irgendetwas wieder zusammenzusetzten, nur meinem Wunschdenken - oder, um es mit einem etwas anrüchigen Begriff aus der Psychoanalyse zu sagen,

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Zusammenfassung

Harald Welzer, der über das kommunikative Gedächtnis schreibt, betont, dass die Bewertung der Vergangenheit sich in Abhängigkeit vom jeweiligen politischen Sys-tem ändert.

Denn das Interessante an Geschichten dieser Art [gemeint sind Familiengeschichten, die das Individuum jeder Generation anders erinnert KG] ist ja, daß sie unvollständig, widersprüchlich, lückenhaft, historisch disparat und gerade deshalb für das Gedächtnis einer Erinnerungsgemeinschaft wirksam sind: Jeder der Zuhörer kann jede Bruchstelle, jeden Widerspruch dafür nutzen, seinen eigenen Sinn in die Geschichte hineinzutragen […] [Welzer 2011: 179-180].

Diese Veränderung ist als dynamischer Prozess zu verstehen. „Die erinnerte Ver-gangenheit ist immer eine verzerrte und einseitige Darstellung der VerVer-gangenheit, und solange die Vergangenheit lediglich erinnert wird, haben wir von ihr stets nur ein mehr oder weniger nach den Wünschen der jeweiligen Erinnerungsgruppe erstelltes Bild“ [König 2010: 66]. Wie Irina Ščerbakova betont, kommt dem Familiengedächtnis, vor allem in Russland, eine besondere Funktion zu [Ščerbakova, Körner 2010: 17].

Die Mikrogeschichte, gemeint ist erzählte (Frauen-) Familiengeschichte, die im Meta-Roman Pamjati Pamjati erzählt wird, kann als Kontrapunkt zur neuen offi-ziellen (oft maskulin geprägten) Geschichte und (neuen) Geschichtsschreibung in Russland verstanden werden. Das Familiengedächtnis, das hier entstehende Narrativ von Generationen, steht der (offiziellen) russischen Helden-Geschichtsschreibung gegenüber.

Das zersplitterte Erinnern, das an die einzelnen Steine eines Kaleidoskops erin-nert, bei dem die Dynamik im Sich-Aufeinander-Beziehen der Teile besteht, steht dem eindeutigen, kohärenten und simplifizierenden Erinnern, dem Etablieren eines einfachen und verständlichen Narrativs in aktuellen russischen Massenmedien gegen-über. Die populären TV Serien Stalinlive (2006) und Syn Otca Narodov(2013) seien beispielhaft für die Präsentation von historischen Stoffen genannt, die einem großen Publikum in Massenmedien präsentiert werden. Dabei geht es nicht um ein echtes Aufarbeiten des Vergangenen, sondern um das Vergessen. „Das Sowjetregime […] wollte die persönliche und historische Erinnerung ebenso auslöschen wie die wissen-schaftliche Erforschung der Gesellschaft“ [Gessen 2018: 59].

Jan Assmann konstatiert, dass die Herrscher sich in ihren Taten Denkmäler setzen und sich damit verewigen. Er schlussfolgert: „Herrschaft ‘legitimiert sich retrospektiv und verewigt sich prospektiv‘“ [Assmann 2005: 71]. Diese Tendenz deckt sich mit den Untersuchungen von Welzer, der nachweist, dass Geschichten in der Erinnerung immer weiter auf ein Standard-Format nivelliert werden [Welzer 2011: 160]. Der ak-tuelle politische Aspekt mit der Beschäftigung des Vergangenen wird auch in der Re-meiner Phantasie. Was ich all die Zeit über getan hatte, sah auf einmal nicht mehr wie eine res-pektable wissenschaftliche oder kriminalistische Untersuchung aus, sondern wie ein Freudscher Familienroman, eine sentimentale Romanze über vergangene Zeiten“.

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zension von Pamjati Pamjati von Daniel Henseler betont. Die politische Brisanz des bruchstückhaften Erinnerns in Putins Russland wird deutlich:

Das Erinnern ist in Russland derzeit ein höchst politisches Unterfangen. Von Seiten der Herrschenden wird der Versuch unternommen, staatlich zu verordnen, welche Ereignisse aus der eigenen nationalen Geschichte erinnert werden dürfen und wie dies zu geschehen hat. Damit soll die Gegenwart erklärt und legitimiert und die Zukunft vorgespurt werden. Das wirkt sich auf die Geschichtslehrbücher in den Schulen aus und hat Folgen bis hin zu Forschung und Lehre an den Hochschulen. Beim Thema Erinnerung ist also größte Vorsicht geboten: Nicht nur weil es gefährlich sein kann, sondern auch, weil „Geschichte“ zunehmend manipuliert wird. Maria Stepanova weiß selbstverständlich um diese Problematik. Gerade deshalb will und kann sie in ihrem Buch keine endgültigen Antworten auf die vielen Fragen geben. Wie eine Jägerin verfolgt sie ihre Beute, treibt sie in die Enge, tastet sich an sie heran, umkreist sie: Einfangen kann und will sie die Vergangenheit hingegen nicht [Henseler 2019, o.S.]

Die hier im Roman beschriebene kaleidoskop-artige Art des Erinnerns, scheint merkmalhaft für die literarische Darstellung von Vergangenem in der dritten Nach-kriegsgeneration zu sein. So ist auch das Werk von Katja Petrowskaja Vielleicht Es-ther (2015) eine Erzählung über eine Familiengeschichte, dargestellt in einzelnen Stücken der Erinnerung. Auch der Roman von Ludmilla Ulickaja, Lestnica Jakova (2015), und Das Achte Leben von Nino Haratischwili (2017) sind Erzählungen über das transgenerationelle Erinnern. Die Form der Familienerinnerung im Roman stellt durch die Vergegenwärtigung von persönlichen Zeugnissen aus der Vergangenheit, die nicht der Geschichte, sondern dem Erinnern, zuzurechnen sind, einen beinahe oppositionellen Akt dar. Das nicht-offizielle Erinnern wird um unzählige Facetten er-weitert und bereichert.

Die Dynamik der Erinnerung besteht bei Pamjati Pamjati vor allem in dem Ver-gegenwärtigen des Vergangenen durch die Bezugnahme auf Medien (Fotografien, Briefe, Tagebücher) in denen auf sehr persönliche Art die Geschichte der Familie festgehalten wird. Zum anderen besteht die Dynamik der Vergangenheit auch in der unglaublichen Vielfalt an Artefakten, die hier präsentiert wird. Die Erzählerin der Geschichte bezieht die Artefakte teilweise durch ihr Erzählen aufeinander, oftmals scheint die Aufgabe aber auch auf den Leser übertragen zu sein, die Artefakte der Ver-gangenheit in Beziehung (auch zu einer Gegenwart) zu setzen. Das somit entstehende Narrativ ist unabgeschlossen.

Die subjektive Auswertung und Deutung der familiären medialen Artefakte wie Briefen, Tagebüchern und Fotografien wird innerhalb des Romans bewusst inszeniert. Analog zu den Überlegungen von Marianne Hirsch zum Postmemory, werden hier die

nicht mehr lebenden Familienmitglieder Teil der Familiengeschichte, des Familienge-dächtnisses. Die Erzählerin gibt den Toten eine Stimme,

Я думаю, что это должно будет измениться; изменится еще на наших глазах, как это про-изошло за последние сто лет с другими униженными и пораженными

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в правах. То, что объ-единяет всех представителей всех меньшинств, помещает их в одну лодку (на один многопа-лубный пароход), – чужая уверенность в непол-ноте их субъектности. Женщины, которые немогут о себе позаботиться, дети, которые сами не знают, что им нужно, чернокожие, которые как дети, рабочие, которые не понимают собственных интересов, мертвые, которым ужевсе равно [Stepanova 2017: 192]13.

Die Präsenz der Vergangenheit in der Gegenwart und die Dynamik des Sich-Auf-einander-Beziehens wird im Roman Pamjati Pamjati am Umgang mit medialen Arte-fakten aus der Vergangenheit deutlich.

Literatur

Assmann A., 2008, Zur Mediengeschichte des kulturellen Gedächtnisses, [in:] Media and Cultural Memory / Medien und kulturelle Erinnerung: Vol. 1. Medien des kollektiven Gedächtnisses: Konstruktivität – Historizität – Kulturspezifität, Hrsg. A. Erll, A. Nün-ning, Berlin – New York.

Assmann J., 2005, Das kulturelle Gedächtnis: Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen (5. Aufl. dieser Ausg). Beck‘sche Reihe: Vol. 1307, München. Barthes R., 2015, Der entgegenkommende und der stumpfe Sinn, Übersetzung von

D. Hornig, 8. Auflage, Edition Suhrkamp: 1367 = N.F., Bd. 367, Frankfurt am Main. Barthes R., 2016, Die helle Kammer: Bemerkung zur Photographie, Übersetzung von

D. Leube, 16. Auflage, Suhrkamp Taschenbuch: Vol. 1642, Frankfurt am Main. Gessen M., 2018, Die Zukunft ist Geschichte: Wie Russland die Freiheit gewann und

ver-lor, Übersetzung von A. Bühling, 1. Auflage, Berlin.

Gruber S., 2008, Das Tagebuch: Ein Medium der Selbstreflexion, 1. Auflage, Edition Er-neuerung geistiger Werte: Vol. 18, Mainz.

Henseler D., 2019, Ein Denkmal für die Toten, ein Denkmal für die Erinnerung. In „Nach dem Gedächtnis“ schreibt Maria Stepanova die Geschichte ihrer Familie, https://lit- eraturkritik.de/stepanova-nach-dem-gedaechtnis-ein-denkmal-fuer-die-toten-ein-den-kmal-fuer-die-erinnerung,25270.html (17.12.2019).

Hirsch M., 2012, Family frames: Photography, narrative, and postmemory, Cambridge, Mass.

König H., 2010, Geschichtsschreibung und Gedächtnis: Konflikte, Zumutungen und Inter-ventionen, „Osteuropa“, Vol. 60.

Maria Stepanova im Gespräch über ihren Roman »Nach dem Gedächtnis«, 2018, https:// www.youtube.com/watch?v=2iNDQ5edW7E (17.12.2019).

Maria Stepanova über Nach dem Gedächtnis, https://www.suhrkamp.de/mediathek/ma-ria_stepanova_ueber_nach_dem_gedaechtnis_1520.html (17.12.2019).

13 „Ich denke, dass muss sich ändern, und es wird sich noch zu unseren Lebzeiten ändern, so wie

es in den letzten hundert Jahren auch mit anderen Gedemütigten und Entrechteten geschehen ist. Dass sie von anderen nicht für vollwertige Subjekte gehalten werden, haben sie alle gemeinsam: die Frauen, die nicht für sich sorgen können, Kinder, die nicht wissen, was gut für sie ist, Schwar-ze, die wie Kinder sind, Arbeiter, die ihre eigenen Interessen nicht kennen, Tote, die das alles nicht

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Oborin L., 2017, «Pamâti pamâti» Marii Stepanovoj. O čem na samom dele odna iz važnejših knig, napisannyh v 2017 godu, https://meduza.io/feature/2017/12/28/pamya- ti-pamyati-marii-stepanovoy-o-chem-na-samom-dele-odna-iz-vazhneyshih-knig-na-pisannyh-v-2017-godu-na-russkom-yazyke (17.12.2019).

Ruchatz J., 2003, Licht und Wahrheit: Eine Mediumgeschichte der fotografischen Projek-tion, Zugl.: Köln, Univ., Diss., 2001. München.

Ruchatz J., 2008, Fotografische Gedächtnisse. Ein Panorama medienwissenschaftlicher Fragestellungen, [in:] Media and Cultural Memory / Medien und kulturelle Erinne-rung: Vol. 1. Medien des kollektiven Gedächtnisses: Konstruktivität - Historizität – Kulturspezifität, Hrsg. A. Erll, A. Nünning, Berlin – New York.

Ščerbakova I., Körner C., 2010, Wenn Stumme mit tauben reden: Generationendialog und Geschichtspolitik in Russland, „Osteuropa“, (5).

Stepanova M.M., 2017, Pamjati pamjati: Romans, Moskva. Stepanova M.M., 2018, Nach dem Gedächtnis. Roman, Berlin.

Website Suhrkamp, https://www.suhrkamp.de/buecher/nach_dem_gedaechtnis-maria_ stepanova_42829.html (17.12.2019).

Welzer H., 2011, Das kommunikative Gedächtnis: Eine Theorie der Erinnerung, 3. Aufl., Beck’sche Reihe: Vol. 1669. München.

Summary

the present of the past – the Dynamics of rememberance in Pamjati Pamjati by marija Stepanova

This article is about the dealing with remembrance the novel Pamjati Pamjati by Maria Stepanova [2017]. The novel tells about the history of a European jewish family and the plot tells about the four generations, who lived during the last one hundred years in Eu-rope. The photographs, letters and the diaries, in the novel, presents the past family mem-bers, their thoughts and daily struggles very vividly. The kaleidoscope-like way to build a story, not only about a family, but also about philosophical ideas of the 20th century, about

the impossibility of telling the story and about the meaning of artefacts from the past. The kaleidoscope-like way how Stepanova connects the remembrance of the past with the past (the present) and how she establishes a narrative by presenting pictures, diaries and letters leads to the idea of the dynamic in remembrance.

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