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Glückauf, Jg. 63, No. 45

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GLÜCKAUF

Berg- und Hüttenmännische Zeitschrift

Nr. 4 5 5. N o v e m b e r 1927 63. Jahrg.

T h eoretisch e Betrachtungen über G asausbrüche im Steinkohlenbergbau.

Von Bergrat K. R u d o l p h , W a l d e n b u r g (Schlesien).

(Schluß.) D i e V o r g ä n g e b e i d e r E n t l a d u n g

v o n G a s n e s t e r n .

Beim Vordringen von Grubenbauen in ein Flöz müssen die G leic hgewichtsverhältnisse zwis chen den Gebirgs- und den Gasspan nu ngen eine Störung er­

leiden. Das im Flöz ein g e sch lo sse n e Gas wird nämlich je nach der Art seiner Bi ndung sehr verschieden schnell entweichen können, weil die dabei auftreten­

den Reibungen sehr verschieden hoch sein müssen.

Am schnellsten wird das in Klüften, Schlechten und Schwindungsrissen befindliche freie Gas abfließen.

Einen g e w is s e n Anhalt für die G eschwindigkeit, mit der dies g e s ch eh en muß, bieten die Stoßtränk- versu ch e von T r i p p e 1, bei denen Preßw asser von etw a 2 5 - 4 0 atü normale Fettkohle etw a in 1 0 - 4 0 min auf 2 - 3 m T ie fe durchdrungen hat. Beach tct man, daß Kohlensäure eine etw a 23 fach und Methan eine 47 fach höhere B ew egli ch keit als W a sse r besitzt, so folgt, daß die für die g leich e Durch trittsgesc hwin dig ­ keit erforderlichen Drücke entsprechend niedriger zu sein brauchen, oder bei gleichen Drücken der Durch­

tritt entsprechend schneller erfolgt. Dazu kommt, daß an tektonisch ges tö rten Stellen, w ie sie meist bei G a s­

ausbrüchen vorliegen, die Kohle zerrieben und lockcr zu sein p flegt und dem Gasdurchtritt massen haft Zer­

klüftungsspalten zur V er fü g u n g stehen. Bei der für die E n tg a su n g meist reichlich vorhandenen Zeit fällt daher ganz natürlicherweise der freie Gasdruck nach den Kohlenstoßen hin s o stark ab, daß er sich hier nur selten merklich über meßbare W erte erhebt, auch wen n beständ ig nicht unerhebliche G asm e n g e n aus dem Kohlenstoß austreten. A bw eich u n gen erklären sich durch die unter Umständen erhebliche V erm ind e­

rung der Durchlässigkeit in folge der Festklemm ung einzelner Flözzonen durch tektonischen Druck oder Abbauwirkungen.

Die adsorbierten G asm e n g e n sind wesentlich fester eingesch lo ssen als die freien, denn sie sitzen auf den Oberflächen der subm ikroskopischen Kohlenteilchen und Porenräume. Sie m üssen also, um frei zu werden, durch die W ä n d e dieser Porenräum e oder die sehr en gen Zwis chenräum e zw is ch en den Kohlenteilchen hindurch diffundieren und dabei den ihnen jew eilig gege n ü b ers te h e n d en freien Gasdruck überwinden.

Ihre Span nu ng muß daher unter allen Umständen höher sein als die der freien G asm en ge.

Mit dem Manometer meßbar ist diese Spannung natürlich nicht, denn dazu wäre es nötig, daß das Gas bereits frei ge w o r d e n ist, w o b e i es auch den Span-

1 T r i p p e : Sto ßträ nken und hydra ulische K ohle nsprengung in Stein­

kohlenflözen, Glückauf 1910, S. 977.

nungsabfall auf den Druck der freien G ase d urch ­ machen müßte. Dasselbe gilt in noch höherm Maße für die g elösten G asm en gen , die noch fester als die adsorbierten zwis chen den Kohlenmolekülen e i n g e ­ sc hlo ssen sind und, um frei zu w erden, zunächst zw isch en diesen hindurch an die Oberflächen der Porenräume und Kohlenteilchen treten müssen, u m dann weiter den W e g der adsorbierten G ase mitzu­

machen.

Dazu kommt, daß, der Eigentümlichkeit der Adso rptio nsk urve entsprechend, beim Abfall der höhern Druckstufen nur sehr ger in ge adsorbierte G a s ­ m engen frei w erden und erst g e g e n den Nullpunkt des freien Gasdrucks hin eine starke Entbindung der adsorbierten G a sm e n g e e r f o l g t 1. Das hat zur F o lg e , daß bei Anzapfung des freien Gasg ehalts des G e ­ birges durch Grubenbaue in größerer Entfernung von diesen der Abfall der höhern Druckstufen durch die dabei freiwerdenden gerin gen G a sm en g en w e n i g b e ­ hindert wird und rasch erfolgen kann. In der N ä h e der Grubenbaue wird aber der hier schneller en t­

w e ic h e n d e freie Gasdruck durch die rasch freiw erden ­ den g ro ß en adsorbierten G asm en gen wieder a u f g e ­ füllt, s o daß auch hierdurch gerade in der N ä h e des Stoßes eine starke Brem su ng der Entbindung nicht nur der adsorbierten, sondern besonders auch der ge lö ste n G asm en gen eintreten muß.

Auf diese W e i s e wird beim Vorrücken von Grubenbauen in die N ä h e von Gasnestern eine Gleic h ­ g ew ic h tsstö ru n g der verschiedenen Spannungen erfol­

gen , die desto größ er sein muß, je mehr der Zerfall der Lösungszustände verzögert ist und je steiler schließlich der freie Gasdruck g e g e n den Koh lenstoß hin abfällt. Dabei wird nicht nur das in den P o r e n ­ räumen unter Überdruck steh en d e Gas zu expandieren suchen und daher einen w e it höhern Gasdruck ;auf den Kohlenstoß ausüben, als meßbar ist, sondern mit dem vorauseilenden Abfall der freien G a sk o n z en ­ tration auch eine Übersättigung der Gas-K oh le nlö su ng eintreten. Das hat zur Folge , daß einerseits das Ent­

mischungsbestreben der L ösung w ä c h st und das Gas sich mit einem durch die G leic h g e w ich tss tö r u n g b e ­ stimmten Überdruck zu befreien sucht. Anderseits wird das vorher schlu m mern de Q uellungsbestreben der Lösung w ach , sucht das Lösun gsvolu m en dem freien Gasdruck an zupassen und übt, s o w e i t es durch die Festigkeit des S toß es hieran geh in dert wird, einen Qucllungsdruck g e g e n diesen aus.

1 Hie ra uf b e ru h t wohl auch die häufig b eobachte te Erschein ung, daß bei dem ge rin g e n Luftdruckabfall ein er B arom eterdepressio n unverh ältnis ­ m äßig g ro ß e Oasm engen aus d e r Kohle und dem Alten Mann frei werd en, was sich aus e n tsprechender Ausd ehnung d e r freien o d e r mechanisch ein ­ geschlo ssenen Oasm engen meines Erachtens nicht befrie dig end erk lä ren läßt.

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Man kann diesen Zustand mit dem einer Selters­

wasserfla sche vergleichen, über deren Flü ssig keitsspie­

g e l eine starre, nur für Kohlensäure, nicht für W asser durchlässige Membran angebracht ist. Wird Kohle n­

säure in diese Flasche gepreßt, s o diffundiert so la nge Gas durch die osm otisch e Membran in das W asse r hinein, bis der Lösungsdruck hinter der W an d dem Gasdruck entspricht. Wird diese Flasche nachträglich geöffnet, s o sinkt der Gasdruck auf 0 atü, der L ö s u n g s­

druck hinter der osm otisch en W and bleibt aber im ersten Augenblick b esteh en , weil sich die L ösung nicht ausd ehnen kann. W äre die Membran elastisch, so müßte sie sich nach außen etwas durchbiegen, se lb s t dann, w en n ihr G egen druck ein Freiwerden von G a s ­ blasen hinter ihr nicht ge sta tte n würde. D er Druck, den das aus der Lösung freiw erdendc und e x p a n ­ dierende G as zu erzeugen vermag, ist natürlich t h e o ­ retisch eb en so groß w ie der von ihm erzeugte Q u e l­

lungsdruck, denn beide Druckwirkungen sind nur ver­

s c h ie d e n e Formen derselben Energie und von einander abhängig. Je mehr die eine zur Wirkung kommt, desto ger in ger wird die andere. W en n die halbdurchlässige Membran in der Seltersflasche sc hon mit einem g e ­ wis sen m ec hanischen Druck, der dem auf der Kohle lastenden Gebirgsdruck entsprechen w ürde, auf den W asse rsp ie gel der Flasche au fge setzt w ord en wäre, so könnte Gas in diese nur hinein diffundieren, w e n n es einen höhern Druck hätte als die Flüssigkeit hinter der Membran. In diese m Fall w ür de sich hinter der Membran w ie d e r derselbe Druck einstellen w ie vor ihr, nur w ü r d e dabei erheblich w e n ig e r Gas g e lö st werden, als w e n n das W a sse r nicht unter dem m ec h a ­ nischen Druck gestan d e n hätte. Beim Öffnen der Flasche würden sich diese lben Erscheinungen ergeben w ie bei dem vorherigen Falle, nur mit dem U n ter­

schiede, daß w en ig er Gas frei w erden könnte.

Die H ö h e des Quellungsdruckes der Kohle bzw. des Expansionsdruckes der gelö ste n G a s m e n g e hängt also hauptsächlich von der H ö h e des Gasdruckes ab, bei dem die Lösung entstanden ist, und von dem Maße, in dem der Druckabfall der freien G a s m e n g e dem der g elösten vorauseilt. Das A usmaß der angestrebten Q uellung wird d a g e g e n von der M e n g e des gelö ste n Gase s bestimmt, die hauptsächlich von dem ursprü ng­

lich zur V er fü g u n g st eh en d e n Raum oder der D ich tig ­ keit der Kohle abhängt.

Von der Größe der gelöste n G a s m e n g e hängt auch die m echanis che Festigk eit der K oh le -G as­

lösu n g ab, w a s sich sc hon aus der Betrachtung d er innern V o r g ä n g e bei der Adsorption ergeben haben dürfte, denn je mehr Gas zwis chen die K oh le n m ole­

küle gela g er t ist, d esto gerin ger muß ihre Kohäsion sein, entsprechend etw a der Eigenschaft von T o n ­ geste inen, durch Q u ellu n g mit W asser weic h und plastisch zu w erden. W e l c h e Rolle der G asgehalt der Kohle für ihre Festigkeit spielt, läßt sich häufig an ga sh a ltig en Stellen von K oh le nstoßen, etwa in der Nachbarschaft g asfüh rend er Klüfte erkennen. Selbst w en n die Kohle noch ihre g es u n d e , unzerdriiekte Struktur besitzt, kann man sie in der Han d oh ne A n ­ strengu ng zu Grus zerdrücken. Auch neigen so lc h e Stellen zum Auslaufen.

Beim Eintritt eines Übersättigungszustandes der L ösun g in folge raschen Abfalls des freien G a s g e g e n ­ druckes muß daher die Kohäsion der Kohle ganz b e ­ sonders klein w er de n. In fo lged essen kann dann ver­

mutlich die innere Reibung innerhalb eines G asn es tes s o ger in g werden, daß eine Druckübertragung nach allen Richtungen fast w ie in einer Flüssigkeit möglich sein dürfte. Dadurch w er d e n sämtliche Spannungen, unter denen ein Gasn es t steht, w ie Gasexpan sio n s-, Q uellungs- und Gebirgsdruck, in nahezu voller H ö h e nach der freien Seite des S to ß es hinwirken und aus­

zuweic hen suchen. W en n auf diese W e i s e die m echa­

nische Beanspruchung des Kohle nstoßes die Grenze se iner W iderstan dsfäh igkeit erreicht hat, g e n ü g t natür­

lich sc hon eine kleine Erschütterung, um se in e innern Spannungen zur A u s l ö s u n g zu bringen, fa lls dies nicht info lge fortschreitender S ch w ä c h u n g des das Gasnest verdamm en den Kohlenmittels von selbst erfolgt.

D en stärksten Impuls zur plötzlichen Entladung m üssen so lc h e Gasne^ter aber dann erhalten, w en n sie plötzlich unter eine starke m echanis che Dru ck wirkung geraten, etw a durch einen S prengsc huß oder p lö tz­

liches Aufsetzen des H an gen d e n . Denn ein solcher Druck sucht das V olu m en der Lösun gsph ase zu ver­

ringern, w as g le ic h b ed eu te nd damit ist, daß der innere Lösungsdruck und die G leic hgewich tsstörun g der S pannungen plötzlich entsprechend steigen.

Dieser V organ g wäre etw a zu vergleichen mit dem in einer Bierflasche, aus der sich bekanntlich durch kurzes Schütteln und kräftiges A ufstoßen ihres Bodens der Kork heraustreiben läßt. Der Grund hierfür ist, daß sich die der Flüssigkeit erteilte le be nd ig e Kraft beim Aufstoßen der Flasche plötzlich in eine innere Dru ck erhöhung umsetzt, unter der die L ös u n g ver­

dichtet und ihr G asge h alt g e w is se r m a ß e n a u s g e ­ quetscht wird. Dadurch werden plötz lich starke G a s­

entbindung und Erhöhung des freien Gasdruckes erzeugt, die den Kork aus der Flasche treiben.

D ie beim Besc hie ßen von D isso u g a sfla sch en 1 auftretenden heftigen E x p lo sione n haben w o h l die g leich e Ursache, denn beim Durch schla g des G e ­ sc h o sse s durch die Fla sc henwand wird ein starker mechanischer Druck auf den Flascheninhalt ausgeübt, der sich bei des sen groß er Dichte s ofort auf den ganzen Flascheninhalt überträgt, s o daß die Flaschen­

w ä n d e überall auf den Druck beansprucht werden, mit dem das G e sch o ß den Flascheninhalt an der Ein­

sc hla gste lle preßt. Mit dems'elben Druck su ch t auch das G as aus der L ös u n g frei zu werden. Daher müssen die Fla schenw än de nachgeben.

Auch in einem G asn est im Flöz wird eine Spreng­

stoffexp losion oder ein m eh r oder w e n ig e r plötzlich einsetzender Gebirgsd ruck eine entsprechende Druck­

er h ö h u n g auf die gan ze A u sd eh n u n g des Gasnestes und seiner V er däm m u ng ausüben. Der dabei ebenfalls auftretende G ase xpansionsd ruck kann also viel höher sein als der ursprüngliche L ösungs- oder der ihn b e­

din gend e freie Gasdruck. Es ist daher o h n e weiteres zu verstehen, daß das G e f ü g e der Kohle bei Gasaus­

brüchen durch das en tw e ic he nd e Gas g e s p r e n g t und vielleicht s o g a r der M o lek ülzu sam m en han g so g e ­ lockert wird, daß eine erhebliche Volumenzunahme der Kohle eintritt.

Als Ursache der mürben Besc haffe nheit stark g a s­

haltiger Kohle ist die Verminderung ihrer Kohäsion durch die Einlagerung der Gasmoleküle bereits erwähnt word en . Es bedarf daher keiner b esondern Erklärung, daß Gasn ester sich häufig durch diese Eigenschaft der Kohle ankündigen. W en n s o lc h e Kohle g e n ü g e n d Zeit

i Stahlflasclien mit gelöstem Azetylen.

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zur E n tgasu n g hat, die bei Nachbarschaft eines Gas- ausbruchcs auch ziemlich schnell erfolgen kann, wird sie sich w ied er verfestigen, w ie w ied erholt beobachtet worden ist, s o w e i t natürlich ihr G e fü g e nicht durch den Gasdruck gew alt sam g e s p r e n g t w ord en ist.

Die Tatsache, daß ein Kohlenstoß manchmal vor einem Gasausbruch fester wird, erklärt sich w o h l ent­

w ed er daraus, daß er bis zu einer Z on e vorgerückt ist, die die in der Nachbarschaft von Gasnestern zu er­

wartende u n g le ic hm äßig e Druckbelastung f e s t g e ­ klemmt hat, oder daraus, daß diese Einklemmung der Kohle erst info lge einer Abbau wirkung an der Stirn­

seite des S toß es einge treten ist. D ie se starke Pressung der Kohle wird eine Verdichtung hervorrufen, die den Gasdurchtritt der hinter ihr st eh en d e n oder freiwer­

denden G ase behindert und daher eine Stauung des freien und d em zu folge auch des geb u nd en en G a s­

druckes verursacht. Wird nun die festgek le m m te Z on e en tweder durch H e re in g e w in n u n g beseitigt oder durch stärker einse tzen den Gebirgsdruck zerquetscht, s o wird eine plötzliche Entspannung des gestauten freien Gasdrucks erfolgen. Diese muß die bereits b e­

sp rochene starke G leic hge w ich tsstör un g der übrigen Spannungen des Gas n este s zur F olge haben und daher zu dessen plötzlicher Entladung führen. Auf diese W e is e erklärt es sich auch, daß w e n ig zerdrückte und daher im all gem einen feste Flöze, bei denen in fo lg e­

d essen w o h l auch eher eine F est k lem m u n g des Sto ß es zu erwarten ist, gefährlicher sein können als scheinbar mehr Gas führende lockere Flöze. In solchen Fällen, in d en en Gasausb rüche in fo lge plötzlicher Ent­

sp ann un g einer Gass tauung auftreten, wird sich die Entspannung w ell en förm ig in den benachbarten Teilen des Koh lenflözes ausbreiten und sich vor dem G a s­

ausbruch als ein mit dem M anom eter meßbarer Span­

nungsabfall des freien Gasdrucks bemerkbar machen können, w ie es von M a r q u e t 1 beobach tet worden ist.

Kommt der Gasausbruch auf andere W e i s e zustande, s o wird er nachträglich einen entsprechenden well en ­ förmigen Spannungsabfall zur F olge haben.

Sind die Spa nnungen, unter* denen ein Gasnest steht, noch nicht groß g e n u g , um den Kohlenst oß gänzlich zu zertrümmern, s o werden sic doch mit seiner fortschreitenden H e re in ge w in n u n g immer mehr g e g e n ihn drücken und sich immer stärker durch Ab­

drücken von K ohlenwänden , plötzliches Lockerwerden des Stoßes, Zerspringen von Kohlenstückchen und ändern Erscheinungen äußern, die als W arn u n gsan ­ zeichen bev orste hender Gasausbrüche bekannt sind.

Ist nun an der Stirnseite des Kohlenstoßes örtlich ein Teil der Q u e llu n g ssp a n n u n g durch Abdrücken einer Kohlenw and au sgegli ch en w ord en , s o ist an dieser Stelle damit natürlich auch ein starker E n tgasun gs­

antrieb au fg ehob en , denn die Quellungsspannung su ch t das Volumen der Lösung durch Verminderung der Gaskonzentration zu verringern. Daraus läßt sich die auffallende Erscheinung erklären, daß vor G asa us­

brüchen die En tgasu ng plötzlich nachlassen oder auf­

hören kann. Eine andere M öglich k eit hierfür wäre, daß die vordere, bereits en tgaste Z on e des Stoßes durch A ufsetzen des H an gen de n eine s o g ro ß e Ver­

d ichtu ng erfährt, daß die Gasd urch lä ssigkeit stark vermindert und die E n tg a su n g a b g erieg e lt wird.

Für die Erklärung der mechanischen Wirkungen von Gasausbrüchen ist in Betracht zu ziehen, daß das

< Z. B. H. S. W es. 1910, S. 21.

ausströmende Gas- und Kohle ngemis ch eine einheit­

liche Stoß- und Schubwirkung hat, deren m echanische Energie von dem durchschnittlichen sp ezifischen G e ­ wicht und der G esch w in d ig k eit des G em isch es a b ­ hängt. Ein solcher Kohlenstaubstrom hat natürlich eine erheblich grö ßere lebendig e Kraft als ein Gasstrom und verm ag daher auch s c h w er e G e gen stän d e, die in dem Gas- und Kohlenstrom g ew is ser m a ß en s c h w i m ­ men, mit sich fortzureißen und ihnen in kurzem eine starke B e sch le un ig u ng und damit eine le bend ig e Kraft zu erteilen, die bei einem Anprall zerstörend wirken kann. Die En tstehung dieser mechanischen W irkungen ist also mit den V o r g ä n g e n in einer Dampfturbine, nicht mit denen in einem Dampfzylinder zu vergleichen.

Das Auftreten beträchtlicher Gasdrücke in den b eein ­ flußten Grubenräumen ist dabei nicht n otw en d ig.

W ie sc hon erwähnt, gibt es Gasausbrüchc, die sich in ihrer Erscheinungsform nur w e n i g von einer g e ­ wissen Art von Gebirgsschlägen unterscheiden. Für diese Gebirgsschläge ist örtlich konzentrierte A u sw ir­

kung eines starken Gcbirgsdruckes auf einen verhält­

n ism äß ig kleinen Kohlcnpfeiler kennzeichnend, w o b e i das Austreten von G asm assen aus dem Kohlenstoß meist nur ge r in g fü g ig ist oder sich nur als Luftstoß äußert. G em ein sam ist beiden Erscheinungen, daß die Kohle ihr festes G e fü g e verliert und seitlich ausweicht.

Stellt man sich vor, daß ein Kohlenpfeiler g ä n z ­ lich en tgast ist, also sich in se in em Innern im G leic h ­ gew ic h t mit dem äußern Luftdruck befindet, s o b e ­ deutet das k ein esw e gs, daß sich überhaupt kein Gas mehr in der Kohle befindet. Bei den Versuchen von Leprince-Ringuet absorbierte 1 t Kohle bei a t m o ­ sphärischem Druck bis zu 7,5 m* C 0 2, 1,9 m 3 C H , oder 0,7 m 3 Luft. Bei ändern Versuchen wurde s o g a r noch mehr Gas au fge nom m e n. D ie se G a sm en g en m üsse n sich bei dem gerin gen P orenvolum en der Kohle im Zustande beträchtlicher Verdichtung befinden. Mit der Zeit wird natürlich auch dieser G asgehalt der Kohle g e g e n Luft ausgetauscht, was aber im Innern eines Kohlenpfcilers sehr lange dauern dürfte. Jedenfalls werden die Porenräume der Kohle stets mit ir gen d ­ einem G a sg e m isch von erheblicher Verdichtung er­

füllt sein. Letzten Endes hat also se lbst gänzlich en t­

gaste Kohle insofern noch eine g e w is s e V er w a n d t­

schaft mit einem Gasnest, als sie immer noch aus einer schau martigen kolloiden M ischung von festen und gasförm ig en Bestandteilen besteht, a b g e se h e n von einem ger in gen Gehalt an Wasser.

Solche Dispersionen von Stoffen in versc hiedenen A ggregatz uständen vereinige n aber die Eigenschaften beider A ggregatz ustän de, also im vorliegenden Falle einerseits den der Starrheit der festen Kohle, an der­

seits den der leichten Beweg li ch keit der Gase . G e ­ wöhnlich übe rw ie gt natürlich, dem Massenanteil en t­

sprechend, der starre Zustand. W en n aber U mstände eiritreten, die die Starrheit des festen Anteils verm in ­ dern und die B ew egli ch keit des gasförm ig en erhöhen, s o kann auch die letztgenannte Eigenschaft zum Durchbruch kommen . Das ist bei der Kohle dann der Fall, w en n die Konzentration des Gebirgsdrucks auf einen Kohlenpfeiler so groß g e w o r d e n ist, daß das Skelett der festen Kohlensubstanzen ihr nicht mehr standzuhalten verm ag und zusammenbricht. Dabei w erden die Porenräumc und ihre Oberflächen stark vermindert, und das adsorbierte G as so w ie auch g e ­ gebenenfalls die adsorbierte Luft erleiden eine noch

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1640 G l ü c k a u f Nr. 45

stärkere Verdichtung als vorher und su ch en a u szu ­ weic hen, w a s um so leichter m öglich ist, als sich der Zu sam m e n h an g der K ohle nsubstanz sehr gelock ert hat. D ie Reibung der Kohlenteilchen aneinander wird dabei durch das zwis chen ihnen en tweic hend e Gas weiter herabgesetzt, s o daß die ganze Masse für einen Augenblick plastische Eigenschaften annehm en und seitlich au sweic hen kann. Dieser V o rg a n g m ag noch dadurch beg ü nstig t wer den, daß sich das sehr zähe H an gen d e , das für die G ebirgsschläge überhaupt V o r­

au ssetzu n g zu se in scheint, vor dem G e b i r g s s c h l a g an den Rändern des Kohlenpfeilers herabsenkt und diese dabei stark einklemmt, währen d in der Mitte die ursprüngliche Lockerheit der Kohle erhalten bleibt und hier in fo lg ed esse n G asstau un g eintreten kann.

Beim plötzlichen Zerdrücken der Kohle in der Mitte des Pfeilers dürfte dann eine g e w i s s e Streckung des nach unten g e w ö lb t e n H a n g en d e n erfolgen, s o daß die Ränder des Pfeilers entlastet werden und dem Ex pansio nss to ß der G ase leicht n achgeben können.

D ies e Art der G e b irg ssc h lä g e1 würde s o g e w i s s e r ­ maßen einen Grenzfall der Gasausb rüche darstellen, bei dem die selbstä ndig e Rolle der Span nu ng der g e ­ bundenen G a s m e n g e zu einem lediglich durch G e ­ b ir g sb e w e g u n g e n herbeigeführten Begleitumstand h erabges unken ist. Auf diese W e i s e sind zw isch en Gasau sbrüchen und Gebirgsschlägen alle Überg änge denkbar und wahrscheinlich, je nach M e n g e und Z u ­ stand der G asan sam m lun gcn und den Bedingu ngen für die W irkung des Gebirgsdruckes.

D i e F r a g e d e r u n b e s t ä n d i g e n V e r b i n d u n g e n z w i s c h e n K o h l e u n d G a s .

Aus den vorste hend en Betrachtungen dürfte sich ergeben , daß die Erscheinungen, die bei G a sa u s­

brüchen auftreten, durch kolloide und echte Lösungs- zustände in vielen Fällen hinreichend erklärt werden können. Auch für die Man nigfaltigkeit der Erscheinun­

g en g ew ä h rt die D e u tu n g durch diese L ö s u n g s­

zustände einen g e w is s e n Spielraum je nach dem Z u ­ sam m enwir ken des ursprünglichen Gasdruckes in mehr oder w en ig er groß er Stärke, der gebu nd en en G a sm en g e, der Dichte der Kohle und der Mitwirkung des Gebirgsdruckes beim Ausbruch.

Zur befriedigen den Erklärung aller Erscheinun­

gen , b esonders bei heftigen Gasausbrüchen, g e n ü g e n aber Lö sungszustände allein doch w o h l nicht. Die V er­

su ch e von Leprince-Ringuet haben g ez eig t, daß bei den schon recht hohen Drücken von 4 0 - 5 0 at im H öc hstfälle nur etwa das 27 fache V olu men an K oh le n ­ säure und etw a das 12fach e V olu m en an Methan von der Kohle a u fg e n o m m e n wird und daß sich diese G a sm en g en bei noch höherm Drucke nicht wesentlich erhöhen . D a g g e n g eh en die Sch ätzungen der fre i­

g e w o r d e n e n G a sm en g en bei den h eftige m A u s ­ brüchen von Methan bis zum 300 fachen, von Kohle n­

säure bis zum 30 - 4 0 f a c h e n V olu m en der W urfmasse n.

Selbst w en n eine g e w i s s e U n ge n au igk eit der B e o b ­ achtung in Rechn un g geste llt wird, nötigt dieser U m ­ stand w en ig st e n s für die stärkern Methanausbrüche zur Annahm e eines V erbindungszustandes, der beim Ausbruch zerfällt. Aber auch die in einzelnen Fällen m onatela nge V e r zö g e ru n g von Ausbrüchen läßt sich

1 Eine an d ere U rsache von G ebirgsschlä gen g rü n d e t sich offenbar auf die Eigenschaft to n ig e r Oesteine, starkem Druck seitwärts auszuweichen, eine Eigenschaft, die dem Verhalten g asreich er Kohle v erw an d t ist und wohl ebenfalls auf kolloidem Oefü ge beruht, w obei d e r W assergehalt den beweglichen Anteil darstellt.

bei A nn ahm e ausschließlich von L ösun gsvorgän gen w o h l nur g e z w u n g e n erklären. Auch die in Südfrank­

reich gem ac h te Erfahrung, daß kohlensäu reausbruch­

gefährliche Flöze sich durch ein dichtes N e t z von Vor- richtungsstrecken entgase n lassen, nicht aber Flö ze mit A\ethanausbrüchen, deutet auf einen s t a b i le m Bin­

dungszustand des Methans hin.

Man könnte vielleicht vermuten, w ie es auch ver­

schiedentlich g e s c h e h e n ist, daß die Gasausb rü ch e g e ­ wisse rm aßen auf Anomalien des In kohlungsp ro zesse s beruhen, indem dieser en tw e d e r durch dynam om eta - morphe V o r g ä n g e zu sprungar tigem Verlauf od er durch H e m m u n g e n zu einer V er zöge ru n g oder gar U m kehr g e z w u n g e n w o rd en sei, die e t w a in fo lg e der Unvollständigkeit dieser V o r g ä n g e zu überspannten, nicht stabilen Zuständen gefü hrt hätten. D a g e g e n spricht aber, daß sich so lc h e Anomalien in der Ent­

wicklu ng der Kohle gasausbruchgefährlicher Flöze und Flözstellen durch entsprechende A b w eich un gen ihrer elementaren Z u sa m m e n se tz u n g bemerkbar machen müßten und daß bei einem gew alt sam en , sprungar tigen Verlauf des In k o h lu n g sp ro z esse s neben den Gase n auch W asser frei werden müßte, w as bisher noch nicht b eob ach te t w o rd en ist.

V er zöge ru nge n des In koh lu n gsvorganges durch h em m end e Kräfte, etw a b eson d e rs hohen Gasdruck in fo l g e hoher G e birgsd ich tig keit, sind w o h l denkbar, würden aber keine u n g e w ö h n lic h e En twick lu n g der Kohle zur F olg e haben und daher auch keinen Anlaß zu plötzlicher G asa bsp altung g e b e n können. Im übri­

gen ist die Kohle vom Fett- oder M ag e r k o h le n ­ charakter, w ie sie hier in Betracht kommt, bereits ein se hr stabiler Körper, der sich, w ie Versuche g ez eigt haben1, se lbst durch se hr h ohe Drücke nicht plötzlich verändern läßt. Vielmehr spielt offenbar die Zeit w ie bei allen kolloidalen V o r g ä n g e n auch beim In- koh lungsp rozeß eine w ich tig e Rolle. Eine Umkeh ru ng des V organ ges w ür de eine W ie derau fsp altun g der stabilen K oh lenm olek üle voraussetzen, die erst bei einer Temperatur von 3 0 0 - 4 0 0 ° beginnt, also kaum in Betracht kommt. Außerdem dürften dazu sehr hohe Gasdrücke erforderlich sein, w ofü r das Berginver- fahren vielleicht einen g e w is s e n Anhalt bietet. Sch ließ­

lich liegt auch kein Grund zu der Ann ahm e vor, daß ein solcher V o r g a n g zu unbeständig en Verbin­

dungszu ständen führen müßte.

Es bleibt daher das Wahrscheinlichste, daß Kohle und Gas oh ne w ese n tlic h e V eränderung ihrer M o le­

küle lediglich durch ihre N eb en vale n ze n locker zu A n ­ lagerungsv erbin dungen aneinander geb u n d e n werden, die nur bei hohen Gasdrücken stabil sind und daher mehr o d er w e n ig e r schnell zerfallen, sob ald ihr Stabilitätsbereich in f o l g e bergbaulicher Einw irkungen mehr oder w e n ig e r stark und plötzlich unterschritten wird. Nun ist allerdings bei den Versuchen von Leprince-Ringuet se lb st bei dem recht hohen Druck bis zu 80 at kein deutliches Anzeichen für die Ent­

s teh u n g solcher Verbindun gen zu beob ach te n g e ­ w ese n , was sich in einem U m b ie g en der Kurve für das g eb u n d en e G asvolum en zu steilerm A n stie g hätte bemerkbar machen müsse n. Bei diesen Versuchen können also die Bed in gu n ge n für das Zu stand ek om ­ men der fraglichen Reaktionen noch nicht in aus­

reichendem M aß e erfüllt g e w e s e n sein.

1 B e r g l u s : Die A nw en d u n g h oher Drücke bei chemischen V o r g ä n g e n und eine Nachbildung d e s Entste hungsprozesses d e r Steinkohle, 1913, S. 52,

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Das könnte zunächst an zu gerin gen Temperaturen liegen, bei denen die Versuche ausgeführt w orden sind, denn die Temperatur sp ielt beim Zustandekom­

men von Reaktionen eine se hr gr o ß e Rolle, weil die R eaktionsg eschwindig keit sc hon bei verhältnismäßig gerin gen Temperatursteig erungen g e w a lt ig anzu­

w ach sen pflegt. D ie Temperaturen von 16 und 18° der mit höhern Drücken von Leprincc-Ringuet durch­

geführten V ersu che erreichen kaum die Gestein- temperaturen der für die Entstehung gasausbruch­

gefährlicher Stellen in Betracht k om m en den Teufen.

Für die E ntstehung von Gasnestern komm en aber noch andere, örtliche Wärmequellen in Frage. Z u ­ nächst treten Gasausbrüche meist an Stellen auf, w o die Kohle in folge tektonischer V o rg ä n g e stark g e ­ drückt oder zerrieben w ord en ist, w o b e i R eib ungs­

wärm e frei werden mußte! Dann muß durch das Zu- sam m enp ressen von Flözstellen auf gr ößere Dichte nicht nur das etw a auf Schlechten und S ch w in d u n gs­

klüften vorhandene freie Gas, sondern auch das g e ­ löste stärker verdichtet werden und in folged esse n auch K om press io nswärm e auftreten, zumal weil infolge der Tem peratursteig erung die Adsor ptions- und L ösun gs­

fähigkeit stark sinkt, wodu rch sich w ied er der G a s­

druck erhöht. W o , w ie bei den Kohlensäurenestern, G ase vulkanischen Ursprungs beteiligt sind, m ag viel­

leicht unter Umständen auch vulkanische W ärm e oder die W ärm e der aus groß en Tiefen au fsteigen den Gase mitgewirkt haben.

W ie schon an ged eu te t, muß mit der örtlichen Er­

w ärm un g durch tektonische Einflüsse vorübergehend auch eine au ße rgew öh nlic h e S te ig er un g des G a s­

druckes und Gasl ösungsd ruckes verbunden sein. Da das Gas bei plötzlich auftretenden tektonischen Drücken nicht schnell g e n u g aus der festen Lösung mit der Kohle a u sweic hen kann, wird der innere Druck, der in der Lös ung herrscht, vorüberge hend S teigerungen von tek tonischen Ausm aß en erfahren können.

Es st eh en also erhebliche Energien zur Ein­

leitung von Reaktionen zur Verfü gun g. D a diese offenbar nicht von se lbst eintreten, sondern äußerer Arbeit für ihr Zustandekom m en bedürfen, muß W ärm e- oder Kom pressionsarbeit oder beides g e ­ bunden w erden. Denn nach dem Le Chatelierschen Prinzip beg ü nstig t Wärmezufuhr den Eintritt der Reaktion, die W ärm e verbraucht, und Druckzunahme der gasförm ig en Phase die Reaktion, die den Druck durch Überführung der Gase in einen d ichtem Z u ­ stand vermindert. Durch den Eintritt solcher Reak­

tionen werden daher W ärm e und G ass p a n n u n g ver­

braucht, so daß die Reaktionen je nach der mehr oder w en iger schnellen A ufze h r u n g beider Energien zum Stillstand kom m en müssen.

Einerseits ist zwar Gebirgsdruck, w ie dargetan wurde, zur Einleitung der Reaktionen notw endig, anderseits wirkt er aber h em m end auf den Verlauf einer Reaktion, bei der Volu menzun ahm e stattfindet.

Eine solc he ist aber bei Anlagerung gro ßer Gas- m en gen in Form lockerer Anlagerungsv erbin dungen zu erwarten. Auch für diese Form der Gasb indung dürfte also U ngleic hm äßigkeit der Gebirgsdruck- wirkungen V oraussetzung sein, indem die Bedingu n ­ g en für die Entstehung von Gasnestern nur an den w en iger stark gep reßten Stellen g e g e b e n se in würden.

Auch die Durchlässigkeit des N eb en g estein s und der Kohle wird je nach den Umständen fördernd oder h em m end auf den Verlauf der Reaktionen wirken können. W en n nämlich nach Einleitung der Reak­

tionen an einer zur Bildung eines G asn e s te s g e e i g ­ neten Stelle die Möglichkeit der Zufuhr von großen G asm en gen mit ge n ü g e n d hoher S pannung auf Spalten oder p orösen Gesteinbänken besteht, werden die Reaktionen weiterlaufen und das G asn est g ro ß en U m fan g an nehm en können. Ist aber eine derartige Speicherung g e n ü g e n d hoch gespannter G asm en gen im G ebirge nicht vorhanden, sondern wird der zur Einleitung der Reaktionen erforderliche Gasdruck nur örtlich, etwa durch starke P re ssu n g g e lö ste r G a s ­ m en gen erzeugt, s o würde eine leichte Durch lä ssig­

keit der Kohle und des N eb en g estein s einen raschen Druckausgleich begü nstig en und das Weiterlaufen der Reaktionen hindern. In diesem Falle würde also eine möglichst gr o ß e Gasdichtigkeit des N eb en g estein s und der Kohle gü nstig er für den Eintritt der Reak­

tionen sein. Diese würden allerdings auf die G a s ­ zufuhr lediglich aus benachbarten Pressu ngszonen des Flözes a n g ew ies en sein und daher bald zum Stillstand komm en müssen.

Ansc hein en d geh ört also ein eigenartiges Z u sa m ­ men treffen b esonderer U m stände dazu, um die Reak­

tionen einzuleiten und sich in g e w is s e m U m f a n g e auswirken zu lassen. Daher wird ihr Auftreten im allgem einen w en iger häufig sein als das der ändern Bindungsarten der Gase, und diese werden neben dem Verbindungszustande b esteh en können, w en n etw a die erforderliche Wärm e oder G asp ressu ng zu schnell verbraucht w ord en ist oder für die Bi ndung der chemisch trä g e m Bestandteile der Kohle nicht aus­

gereicht hat.

Aus den Bedingu ngen für das Zustandek omm en der Reaktionen lassen sich auch Anhaltspunkte für die B edingu ngen des Zerfalls der Verbindungen g e ­ winnen.

Zunächst lassen die wahrscheinlich W ärm e bin­

denden Reaktionen eine W ärm eabgab e beim Zerfall vermuten. D a g e g e n scheint zwar zu sprechen, daß bei Gasausbrüchen meist von Temperaturabfällen b e ­ richtet wird und nur sehr selten w arm e G ass tr öm e beobachtet w orden sein soll en. Die verm uteten Ver­

bindungen m üsse n aber bei ihrem Zerfall m eist die nicht unerhebliche Arbeit der Zertrü mmerung und Zerstäubung des Koh lenstoß es leisten. Info lgedessen muß ein Teil der ihnen in ne w ohn en de n Energie nicht in Wärme, sondern in Arbeit u m gesetzt wer den. Sehr groß dürfte die durch die Reaktionen geb u n d e n e W ä r m e m e n g e ohnehin nicht sein, Weil die ch em is che Energie, mit der das Gas der Kohle nur locker a n g e ­ lagert wird, offenbar nur ger in g sein kann. Den übrigbleibenden Teil der etw a noch freiwerdenden W ärm e übe rw ie gt w o h l in den meisten Fällen die Expansionskälte der sich entspan nenden Gasm assen, und zwar nicht nur der chem isch geb u n d e n g e ­ w ese n e n , son dern auch der meist w o h l gleichzeitig vorhandenen ge lö ste n und adsorbierten. Da Methan sich in fo lge seiner g r o ß e m spezifischen W ärm e durch Expansion w en iger abkühlt als Kohlensäure, ist es verständlich, daß gerade bei Methanausbrüchen W ärm e aufgetreten sein soll. Außerdem kann dies auch mit dem Um stande Zusammenhängen, daß die Löslichkeit des Methans in Kohle w ese ntlic h gerin ger

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1642 G l ü c k a u f Nr. 45

ist als die der Kohlensäure und in folged esse n der Verbindungszustand, w enn überhaupt, für d iese eine gerin gere Rolle spielt.

Aus dem exoth erm en Zerfall der Verbindungen folg t weiter, daß sie unter normalen B edingu ngen nicht b eständ ig sein dürften. G e w i s s e V e r z ö g e r u n g s­

erscheinungen bei den Gasau sbrüchen deuten aber darauf hin, daß der se lb stän dig e Zerfall sehr langsam verläuft o d er nahezu ruht, so la n g e nicht b eson dere Energieeinwirkungen, w ie Gebirgsdruck oder Spreng- sc hüsse, eine B e sch le un ig u ng bewirken. Außerdem m üssen g ro ß e Dichte und Festigk eit des Kohlenstoßes und noch vorhan dener od er neu gebildeter freier G a s ­ druck im Stoß den Zerfall hemmen; fördern dagegen muß ihn der Gebirgsdruck oder ein anderer mechanischer Druck auf die gash altig e Kohle, weil dieser eine V er­

dichtung der Kohlensubstanz anstrebt, der durch Frei­

werden und A u sw eich en des G asge halte s Vorschub g eleis te t wird. W en n daher ein G asn est unter einem schon vorhandenen oder in fo lge von Abbauw irku ngen h in zugekom m en en Gebirgsdruck steht, wird sich eine N e ig u n g zu stärkerer G a sentw ick lu ng einstellcn, die durch die Dichte der Kohle, die Festigkeit des Stoßes und den etw a vorhan denen freien Gasdruck zu einer Gasdru ck erhöh ung au fgestau t wird, bis diese etwa durch einen Sprengschuß oder durch Abdrückung des Kohlenstoßes plötzlich zur Entspannung gelangt, w o ­ durch der Anstoß zu plötzlichem Zerfall der V er­

bindungen g e g e b e n wird. Dabei w erden zw is ch en den Kohlenm olekülen verhältnismäßig gr o ß e G a sm en g en frei, d, h. also, der Verbindungszustand g e h t plötzlich in den einer stark übersättigten L ösun g über. S o w e it nicht der Gasdruck den Z u sa m m e n h a n g der K ohle n­

teilchen überhaupt sp rengt und dadurch fein en Staub erzeugt, muß derselbe V o rg a n g auftreten w ie bei der Druckentlastung einer festen Lösun g: die Dichte der Kohle muß erheblich gem in dert w erden und die K ohle nsubstanz i n fo l g e d e s s e n eine V o lu m e nz un ahm e erfahren. Eine so lc h e ist also auch bei den G a sa u s­

brüchen zu erwarten, bei denen hauptsächlich Zerfall eines Verbindungszustandes vorliegt. Auch w enn dieser Zerfall nicht plötzlich, sondern langsam, etwa unter dem Einfluß des Gebirgsdruckes erfolgt, muß dabei ein Lösungs- und schließlich auch ein A d ­ sorptionszustand durchlaufen werden, s o daß also auch in diesem Falle für die V o r g ä n g e im Stoß mehr o d er w en ig er die Quellungs- und so n stig en V o rg ä n g e m a ß g e b e n d wer den, die bereits als F olge von Lösungszustän den erörtert w ord en sind.

Da aber in diese m Falle die Lösungszustände nur nach und nach von verhältnismäßig gerin gen S u b ­ stanzmengen durchlaufen werden, dürften sich die betreffenden Erscheinungen beim Zerfall von V er­

bindungen nur sc h w a ch äußern, b esonders w enn der Zerfall langsam vor sich geht. Dadurch werden sich wahrscheinlich die w arn en den Anzeichen für einen b evorste hend en Gasausbruch oder das V o r­

handensein eines Gasn es tes, w i e starke En tgasung und die durch die Q u ellu n gs- und G asspannungen er­

zeugten G erä usche des Abdrückens der Kohle, kaum bemerkbar machen. D em nach ist es nicht u nwahr­

scheinlich, daß der Verbindungszustand viel h eim ­ tückischer als die L ösungsz ustände sein und zu A u s­

brüchen gan z o h n e alle Anzeichen führen kann.

N eb en dem Auftreten b esonders gro ßer g e ­ bundener G a sm e n g e n dürften also das Fehlen von

warnenden Anzeichen und eine u n ge w öh n lich lange Ver zöge ru ng von Ausbrüchen auf das Vorhandensein von Verbindungszuständen h inweisen . Im übrigen wird sich diese Art der Gasausbrüche in den Erschei­

nungsformen nicht se hr wese ntlich von derjenigen unterscheiden, bei der Lösun gszu stän de vorliegen, was um s o mehr der Fall sein muß, als der V er bin d un gs­

zustand w o h l nur selten allein Vorkommen dürfte.

Jedenfalls wird durch se in e vielleicht nur ge r in g e B e­

t e ilig u n g an der Zahl der G asa usb rü ch e die M a n n ig ­ faltigkeit der Erscheinungsfor men erhöht werden.

W en n sich auch das Vorhandensein von V er­

bindungszuständen vorläufig nicht nac h weis en lassen sollte, dürfte es sich doch em pfehlen, die hier en t­

wickelten M öglichkeiten für die Erklärung mancher Besonderheiten in Betracht zu ziehen.

U r s a c h e n f ü r d i e u n t e r s c h i e d l i c h e N e i g u n g d e r K o h l e z u G a s a u s b r ü c h c n . Die physikalische und ch em is c he Anlageru n g von Gase n an Kohle ist zwar auch oh ne kolloide D is p er­

sität der Kohle und ihre dadurch b ed in gte A d so r p ­ tio n sfäh igk e it denkbar, j e d o ch würden diese Vorgän ge oh ne die Porosität und die Feinheit der Verteilung der Kohle unendlich träge verlaufen. D ie se E ig en ­ schaften haben d a g e g e n eine ähnliche W irkung auf die Schnelligkeit chem ischer und physikalischer Vor­

g ä n g e w ie die A u f l ö s u n g fester S to f fe in L ö s u n g s­

mitteln, weil dadurch viel zahlreichere Moleküle gleichzeitig in Berührung treten und ihre Zustände viel schneller ändern können. Hierauf k om m t es aber nicht nur bei der En tste hu ng gasausbruchgefährlicher Stellen, sondern auch bei ihrem Zerfall se hr w e s e n t ­ lich an, daneben natürlich auch auf den Grad der Lösungstension und der ch em is chen Verwandtschaft zwis chen den betreffen den Gas- und Kohlenarten und deren versc hiedenen Entwicklungszuständen.

Holz- und Tierkohlen erhalten b esonders hohe adsorptive Aktivität unter anderm durch Anätzen mit hocherhitztem W asserd ampf, w o b e i w o h l durch H e rau slö su ng g e w is s e r Stoffe eine noch w eit ere Ver­

feinerung des G e fü g es und eine V ergröß erun g der wirksa men Oberfläche bewirkt wird. Ein anderer W eg zur Erhöhung der Aktivität b esteh t in der Ablagerung weiterer wirksamer Substanz in den Porenräumen, z. B.

durch Verkittung von Tierkohle mit Blut und aber­

maliges Glühen.

Man könnte vermuten, daß auch eine starke Zcr- drückung der Kohle, etw a durch tektonische Vorgän ge info lge der Erhöh ung der Körnung und der da­

durch z w e if e ll o s eintretenden Ver größ er un g der Ober­

flächen, eine starke E rhöh un g der A dsorptio nsfähig ­ keit zur F olg e haben m üsse. D a g e g e n spricht aber, daß eine w esentliche A dso rptio nsfähig keit nur an Dispersität von kolloider Feinheit geb u n d e n ist, die erst mit der Grenze mikroskopischer Sichtbarkeit be­

ginnt. D a g e g e n ist der Grad der Zerkleinerung, die durch G e b i r g s b e w e g u n g e n hervorgerufen werden kann, w ie sc hon der A uge nsc he in zeigt, durchschnitt­

lich von einer so unverhältnismäßigen Derbheit, daß diese Art der Disp ersitätserh öhu ng für die Ver­

g r ö ß e r u n g der Adsorptio nsf ähig keit w o h l nur selten in Betracht kom m en kann, w e n n dabei auch geringe M e n g e n feinsten Staubes auftreten m ö g en . Eine starke Zerklüftung der Kohle kann d a g e g e n natürlich die Schnelligk eit der G asau fnah m e und -a bgabe wesent­

lich erhöhen und dadurch eine nicht unbedeutende

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Rolle für die En tstehung oder Verm eid un g von G a s­

ausbrüchen sp ielen, weil sie ein schnelleres Zu- und Abströmen der freien G a sm en g en gestatte t und die Diffusion auf g r o ß e m Flächen gleichzeitig einsetzen kann.

Recht bea chtensw erte Aufschlüsse über die D ich ­ tigkeitverhältnisse in K oh le nflö zen verschiedenen Alters und mit verschiedenartigen Lagerungsverhält­

nissen haben sich aus den Versuchen von T r i p p e mit der hydraulischen Stoßtränkung und Kohlen­

s p re n g u n g e r g e b e n 1. Hierbei zeig te sich, daß durch 1 , 5 - 3 m tiefe Bohrlöcher Fettkoh lenflöze bei einem Wasserdruck von 25 40 at in 10 40 min angeblich

»bis in die innersten Poren« mit W asser durchtränkt werden konnten, w o b e i etw a 4 0 - 1 5 0 1 W asser bei der Durchtränkung einer bis zu 10 m 3 b etragenden Kohlen­

m e n g e au fge nom m e n wurden. Die Be en d igu n g der Durchtränkung ergab sich daraus, d a ß feine W a sse r ­ tröpfchen aus dem Kohlenstoß ausschwitztcn. Ver­

schie dene Flöze und Flözteile verhielten sich sehr ver­

schieden g e g e n die Durchtränkungsversuche. G a s­

kohlenflöze nahmen re gelm äß ig se lbst bei stun den ­ langer Einwirkung von 120 at Druck kein W asser auf.

D a g e g e n waren von den F ettk oh len flöze n nur w en ig e so dicht, daß die Durchtränkung bei 2 5 - 4 0 at gänzlich m ißlang oder vereinzelt bis zu 6 st dauerte. Aber auch die so n st im allgem einen w e n ig e r dichten Flöze waren bei steiler Aufrichtung an den Flanken gro ßer Sattel­

erhebungen oder in der N ä h e von Stö rungen stell en ­ w e is e in ihrer innern Beschaffenheit durch Druck­

w irk u ng derart verändert word en , daß sich die Kohle unter Verlust ihrer Porosität und Schlechtenstruktur stark verdichtet hatte.

D ies e Angaben über die von der Kohle a u fg e n o m ­ menen W a sse rm en g en eignen sich natürlich nicht dazu, daraus das Porenvolumen der Kohle zu berech­

nen, das sich danach auf höchstens 1,5 o/o stellen würde, w eil sich das Druckwasscr zum Entweichen nur die bequem sten und geradesten W e g e suchen wird. Berech nungen nach dem spezifischen Gewich t der Kohle haben erheblich höhere Werte für das Porenvolum en ergeben. N ach R e e s ist es in Eng­

land auf 3 10 o/o gesch ätz t worden-, Arbeiten von B r i g g s sollen sogar Werte von 2 0 - 3 0 % und für Faserkoh le bis zu 50°/o ergeb en haben3. Mikrobilder von Faserkohlenstrukturen lassen dies auch als durch­

aus m öglic h er sc heinen4.

D ie G röße des Porenvolum ens einer Kohle kann nach dem Vorstehenden zwar nicht als Maßstab für ihre Adsorptionsfähigkeit a n g ese h e n wer den, weil sie wed er den Grad der chem ischen Verwandtsc haft zum adsorbierten Gas noch den der Dispersität der Kohlen- substauz bestimmt. Aber sie ist doch insofern von B e ­ deutung, als die M öglichkeit und Wahrscheinlichkeit für h o h e Dispersität, Oberfläche und Gasdurchlässig- keit eher bei poröser als bei dichtcr Kohle g e g e b e n sind.

Hinsichtlich der E ntstehung der verschieden hohen Adsor ptionsfähigkeit der Kohle kann man aus den bei Gasausbrüchen beobachteten Verschie den­

heiten der Umstände auf eine Anzahl verschiedener Ursachen schließen, die getren nt w erden können nach

J T r i p p e : Stoßtränken und hydraulische Kohlensprengung in Ste in ­ kohlenflözen, Qlückauf 1910, S. 977.

9 R e e s : Zu r Selb ste ntzündung d e r Kohle, Kohle Erz 1926, Sp. 1094.

8 Nach A ngaben von Bergra t K i n d e r m a n n .

4 S t a c h : Zur Entstehung des Fusits, Olückauf 1927, S. 759.

Verschiedenheiten zwischen Kohlen: 1. verschiedenen Entwicklungsgrades, 2. benachbarter Flöze, 3. ört­

licher Stellen derselben Flöze, 4. einzelner Bänke der­

selben Flöze.

Der erste Unterschied muß in Bezieh ung zum Ent­

w ick lu n gsgan g der Kohle, dem Inkohlungsprozeß und seinen Nebenvorgängen, stehen. Der zweite kann durch Einflüsse des Urmaterials oder des N eb en g estein s und seiner W asserführung verursacht worden sein. Der dritte Unterschied w e is t mit seiner örtlichen B e so n d e r­

heit auf nachträgliche Störungen des einheitlichen Ent­

wicklungsz us tandes hin, w ofü r v o rw ie g en d tektonische Einflüsse und deren Folg ewirkungen in Betracht k o m ­ men dürften, und der vierte w ied er auf Besonderheiten des Urmaterials und sein es Zersetzungszustandes . Verhältnism äßig am einfachsten sind die letzten B e ­ ziehungen, s o w e i t sie hier in Betracht kommen.

Durch die Unterschiede des Urmaterials, der Art seiner Anh äufung und se ines Zersetzungsz ustandes werden hauptsächlich die Unterschiede zwis chen den verschiedenen Kohlenarten, w ie Vitrit, Clarit, Durit, Fusit und Kännelkohle, bedingt. Darauf, daß diese verschiedenen Kohlenarten verschiedene Adsorptio n s­

fähigkeit besitzen, wird sc hon in M u c k s »Chemie der Kohle« h in g e w ie s e n 1, und zwar so ll sie danach bei Glanzkohle meist größ er sein als bei Mattkohle. Auch liegt es w ohl in der Natur der Sache, daß sich die holzk ohlen artig e Fase rkohle mit ihrer von den ändern Kohlenarten scharf abweichenden Struktur und Z u sam m ensetzun g hinsichtlich der S chnellig keit und H ö h e ihrer A d sor p tion sfäh igk eit von den ändern Kohlenarten unterscheiden muß. Neu ere Untersuchungen über die Selbstentzündlichkeit der verschiedenen Kohlenarten haben deren recht ver­

sc hie dene Adsorptionsfähigkeit durchaus bestätigt-'.

Diese Verschiedenheiten beruhen hauptsächlich auf Unterschieden der kolloiden Struktur, für deren Ent­

st eh un g neben der Art der zur Ablageru ng gelangten Pflanzenteile und ihres Zersetzu ngszustandes auch die Bedingu ngen für die Ausfällung und Zusam menballung des H u m u sge ls von Bedeutu ng sein können.

D ie se Unterschiede der Kohlcnarten spielen j e ­ doch nur eine untergeordnete Rolle für das Auftreten der Gasausbrüche, denn sie können bei dem im allge­

meinen nicht sehr versc hiedenen Gehalt der Flöze an den einzelnen Kohlenarten kaum sehr ausgep rägte B e ­ son derheiten hinsichtlich der Gasausb ruchgefährlich­

keit mit sich bringen. Viel stärker tritt der Einfluß des Entwicklungszustandes der Kohle hervor, da G a sa u s­

brüche nur in der verhältnismäßig e n g begrenzten Ent­

wicklu ngss panne von Fett- und Mage rkohlen mit etwa 6 - 2 4 o/o flüchtigen Bestandteilen Vorkommen.

D ie se Erscheinung deckt sich mit der Tatsache, daß im Grubenbetriebe, auch dort, w o keine G a sa u s­

brüche Vorkommen, die Fett- und M agerkohlenflöze in der Regel am meisten Gas ab zu geb en p flegen, währen d die Gasführung der Flöze nach der T o r f­

stufe hin einerseits, der Anthrazitstufe anderseits a b ­ nimmt. Man könnte daher vermuten, daß sich in der Fettkohlenstufe eine besonders h o h e A dsor ptio n s­

fähigkeit der Kohle entwickelt. Dem sc heint aber das

1 H i n r i c h s e n un d T a c z a k : Die Chemie d e r Kohle, 1926, S. 107, 2 K i n d e r m a n n : Die Seib stentzündung d e r Kohle und die O x y d ie r­

barkeit ihre r Gemengteile, Glückauf 1927, S. 204; W i n t e r : Die Streifen­

kohle. II, Olü ckauf 1927, S. 483.

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1644 G l ü c k a u f Nr. 45

Verhalten des hygrosk opis ch en W assers zu w id e r ­ sp rechen, d essen Bindung auch auf Adsorption b e ­ r u h t1. Der Gehalt der Kohle an h ygroskopis chem W asse r nimmt bekanntlich von der Tor f- bis zur Anthrazitstufe der Kohle st änd ig ab, eb en so die Energie, mit der dieses W asse r festgeh alten wird. Für diese en tge g e n g e se t z t e n A dso rptio nse rsc heinungen ist also w o h l w en iger der Dispersitätsgrad der Koh le als ihre ch em is c he Verwan dtsc haft zum W a sse r einerseits und zu den G rub en gasen anderseits m aßgebend , denn die Kohle erleidet im Laufe des In kohlungsv organges tiefg eh en d e ch em is che Veränderungen im Sinne eines Aufbaus immer kohlenstoffreicherer, stabilerer V er­

bindun gen , w ie aus der elem en ta ren Z u sam m en ­ se tz u n g und dem so n stig e n ch em is chen und p h y s i­

kalischen Verhalten hervorgeht.

Es ist daher ganz natürlich, daß sich die A d sor p ­ tio n s fä h ig k e it für ve rsc hie dene Substanzen im Laufe des In koh lu n gsvorganges in versc hiedener W e is e ändert. Auffallend ist dabei nur, daß diese A d sor p ­ tionsfähigkeit für die G r u b en gase in der Fett- und M agerk ohlen stufe anscheinen d ein H öc hstm aß er­

reicht und nachher w ied er abfällt. D ies muß mit besondern U mst änden Zusammenhängen, w ofü r die beim Stoßtränkverfahren beob ach te te Tatsache einen H inw eis gibt, daß ger ad e die Fettkohlenflöze am poröse sten und durchlässigsten zu se in pflegen, während jün gere Kohlen, b eson d e rs die G ask ohlen , undurchlässig sind.

D ie se Erscheinung läßt sich w o h l auf die Ent­

s te h u n g der Koh le aus einem Torfgallertzustande zurückführen. G e w i s s e Gallerten haben die E ig en ­ tümlichkeit, unter selbstä ndig er A uss ch eid u n g des Quellungsmittels und entsprechender S ch w in d u n g mit der Zeit ihre Viskosität bis zu einem H öc h stgrad e zu steigern, auf den bei weiterer A u ss ch eid u n g d es Q u ellu n g sm itte ls ein Visk ositätsabfall f o lg t. Dabei ist die H ö h e der Viskosität ein ausg ezeic hneter Maßstab für den Dispersitätsgrad der G alle r te2. Das bedeutet mit ändern Worten, daß mit fortschreitender Austrock­

nung einer Gallerte, z. B. Gelatine, ihre Zähigkeit info lge von Z u sam m enballung der kolloiden Teilchen zunächst zunimmt, bis sie schließlich s o w e it erstarrt, daß Sprödigkeit, also Festig keitsverm in deru ng eintritt, die von D ispersitätserh öhung des kolloiden G e fü g e s begleitet ist. Diesen Prozeß macht augenscheinlich auch die Kohle durch. Ihr Vis kositätsmaximum erreicht sie etw a in der Gasfla m mkohlenstufe bei einem K ohle n­

stoffgeh alt in der reinen Substanz von etw a 80 o/o, denn in diese m Zustande haben die Flöze die größ te Festigkeit und Undurchlässigkeit. Ihre ver­

hältnismäßige Armut an S ch windungsr is se n bed eu te t, daß sich die Kohle bis zu diesem Entwicklungsgrade dem W asse r- und Substanzverlust entsprechend s e lb ­ ständig zu sam m enzie hen konnte. Darüber hinaus wird sie aber im mer spröder, rissiger, mürber und durch­

lässiger. Die Kohlensubstanz ist dem nach s o starr g e ­ word en , daß die Verluste an hygrosk opis ch em W asse r und ch em isch abgespalteter Substanz nicht mehr hauptsächlich durch Verringerung der Flözmächtigkeit au sgegli ch en w erden, sondern daß nun dafür kleine Ho hlräume und reichlichere Sch wind un gsris se in der Kohle en tstehen und offe n bleiben. Die Kohle wird also porig, was mit der E rhöh un g von Dispersität und A d ­ so rptionsfähigkeit insofern g le ich b ed eu tend ist, als

1 M e z g e r , a. a. O. S. 54.

8 W o. O s t w a l d , a . a . O . S. 70.

die se Eigenschaften mit der Anzahl und Feinheit der auf ein g e g e b e n e s Porenvolum en entfallenden P o r e n ­ räume w ach sen . Da dies unter anderm von der Feinheit der Kohlenstruktur abhängt, die w ied er durch die Art des Urmaterials und seiner Anh äufun g bed in gt ist, ergibt sich hieraus w ied er die bereits erörterte Beziehung.

Für die W eite rentw ick lu ng der Kohle aus M a g e r ­ kohle zu Anthrazit sind erheblich höhere E n ergie ein ­ f lü s se n ötig als vorher. D ie s e bewirken bei der weitern chem ischen U m w a n d lu n g w ied er eine Verdichtung der Kohle und damit eine Abn ahm e der A dsorptio ns­

fähigkeit und eine Erhöhung der Festigkeit.

Da die Erstarrung der Kohlensubstariz ga nz all­

mählich innerhalb se hr gro ßer Zeiträume erfolgt, wird der Zeitpunkt und die G r ö ß e des mittlerweile auf die Kohle wirkenden Gebirgsdruckes Einfluß darauf haben, ob die Poren m ehr oder w e n ig e r offe n bleiben.

W ährend der Gebirgsbildungszeiten, in denen, w ie P a t t e i s k y w o h l mit Recht an n im m t1, die Inkohlung am lebhaftesten verläuft, w erden die hierbei auftreten­

den M olekülum la gerungen selb st w e it g e h e n d er­

starrter Kohle w ie d er eine g e w i s s e Bildsamkeit ver­

leihen, die sie fähig macht, hohen Gebirgsdrücken nachzugeben, o h n e zerdrückt zu w er de n. D ie höchste Dispersität und Adsorptionsfäh igkeit der Kohle wird daher an Stellen zu erwarten sein, die in den H a u p t ­ en twicklungszeiten von hohen Gebirgsdrücken m ö g ­ lichst verschont g eb li eb en sind.

Solche Stellen w er d e n bei ton ige m , verhältnis­

m äßig plastischem N e b e n g e st e in des Flözes seltener auftreten, weil sich in diesem Fall der Gebirgsdruck gle ich m äß ige r verteilen kann. W o d a g e g e n das N e b e n ­ gestein aus harten Schichten, etw a m äch tigen Sand­

steinlagen, besteht, muß die Druckübcrtragung auf das F l ö z bei tek tonischen Vorgän gen u n r egelm äß ig werden, w eil so lc h e Sandsteinplatten beträchtlichen Widerstand g e g e n D ur ch biegu ng oder Bruch leisten.

Dadurch wird die Kohle stellen w e ise b esonders stark- gep re ß t oder zermahlen, an ändern Stellen d a g eg en verhältnism äßig entlastet. N ach den entlasteten Stellen wird sich die Kohle hinzuschieben su chen, so daß dort Flözstauchungen entstehen können, währen d die stärker g ep reßten Stellen zur Bildung von Flözver­

drückungen n eig e n w erden. Daraus erklärt es sich, daß Gasausbrüche mit Vorliebe an gesta uchte n Flözstellen auftreten. Die lockere Struktur und Lageru ng der meistens zerdrückten Kohle solc her Stellen läßt die rasche Aufnah m e beträchtlicher G asm en gen zu. Setzt sich dann die B e w e g u n g fort, s o daß das Gasnest von neuem unter Druck gerät, s o w erden besonders gü n stig e Um stän de für die Bildung von A nlageru n gs­

verbindungen g e g e b e n sein, w o b e i die w eit ere Gas­

zufuhr aus den benachbarten Sandsteinschichten oder Störungsspalten ged ec k t w erden kann.

Ein beach ten swertes Beispiel für das tatsächliche Vorhandensein solcher Um stän de bei Gasausbrüchen gib t v o n B u b n o f f bei der B esch reib un g der Ver­

hältnisse des gasausb ruchgefä hrlichen Teiles der Rub en gru be2.

Für die verschiedene N e i g u n g benachbarter Flöze zu Gasau sbrüchen kom m en mehrere Ursachen in Frage, von denen die Einflüsse des Urmaterials und

1 P a t t e i s k y : Die Geologie d e r im Kohle ngebirg e auftre te nden Gase, Olü ckauf 1926, S. 1609.

* v. B u b n o f f : D e r geolo gis che Bau un d die Kohlensäureausbrüche d e r R u b en g ru b e bei N e u ro d e (N iederschlesien), Z.B . H .S . W es. 1926, S . 75.

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