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Die Zukunft, 5. October, Bd. 37.

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Academic year: 2022

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Die Zukunft-H-

Herausgehen

Maximilian Hardew

pp

HiebenunddreixkigllerBand.

—- ——0 .- ———-——

Berlin.

Verlag der Zukunft

1901.

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(3)

Y.

Inhalt

Afghanistan......·...271

Alter undEwigkeit......146

AmerikanifcheGefahrf. Gefahr-. Anarchismus s. Gedanken. Aestheten f. Naturalisten. Aufsichträthe..........516

Ausftellungeu, Pariser. .... 58

BakteriengifteundImmunität.221 Ballins Morgan. Bankbeamte ..........282

Baum,der,des-«Gewissens...268.

Berliner Leiden ........127

Benefizvorftellung.......438

BindfadenSo lange· Bismarck-Erinnerungen ....33633

Blaskowitz, Lieutenant .....251

Boceaceios Rache....... 75

Börsengesetzreform.......124

BreysigsKulturgefchichte....103

Brunn,Giordano .......296

Bücherliste...........440

Camorra inNeapel......303

f Chrifta............463

Colonue inDeutschland....275

Denkmäler s. Kopien. Dortmunder Union ......360

s.a.Benefizvorstellung. Durch KunstzumLeben....170

Eulenburg s. Liebenberg. Gedanken, anarchifche,über den Anarchismus. ..·...134

GedichteinProsa .....·. 26

Gefahr,dieamerikanische...· 68

Geschäftsbericht........405

Geschichte,Deutsche......434

Goethes Symbolik .......235

GnyausKu11stphilosophie....414

Handelskammer s. Kampf. HannoverscheStraßenbahu s.Straßenbahn. Hausindustrie ......·..213

HumanitätimKriege.....289

Jesuitenmoral ..... ,... 87

Immunität s. Bakteriengifte. Journalismns .;.......176

Kampf,der,umdieHandelskammer478 Ketzereien,Kriminalistische20, 262, 377, 422,s.36.Band377. Kollwitz, Käthe.......-..351

KopienundDenkmäler. ·...456

Krach,der...........154

KriminaliftischeKetzereien s. Ke tzereien. Krisis-,die.....·..... 49

Kuh,die...........·185

Kunst s.Durch· KunstinderVolksschulc...· 70

Kunstenipfinden s. P hy siolog ie. Kupfer............. 32

Liebenberg...........203«

Märchenbrunnen........ 1

Maria vonMagdala ..··.443

MauthnersSprachwissenfchaft.312 MenschenkunstoderFachfimpelei?114 Möller, Handelsminifter s.Notizbuch 288. Morgan-Ballin.......·.402.

Muse,diedeutsche.......483

Mütterfchutz..........180

Narren,des,Traum ......279

Naturalisten undAestheten...185) Neapel s.Camorra.

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Ncugriechisch...... .. 29

iothstand,derstrafrechtliche..491

Notizbuch .83,198,287,519 OesterreichundUngarn .... 93

Pariser Ansstellungen s.Aus- stellungen. PekingerSternwarte s. Notiz- buch84. Pfizer, Paul..........141

PhysiologiedesKunstempfindens 34 Plastik s. Probleme. Podbielski s.Notizbuch85. Pour leMårjte ........165

Preßgötzen.. ... ..398

Prinz-Gemahl,der. ....407

ProblemederPlastik .·...150

Robe,dierothe·.......327

Röntgenstrahlen,die,inder Me- dizin............341

Pe: ............505

Sanirungen..·.......162

SchallundRauch «.....160

Schillerpreisstiftungs. buch288. Notiz- Schlafwandlernächte......239

SchwachsinndesWeibes .... 133

Seebad ............118

Selbstanzeigen121,158,192,5310 356, 393, 466,512 Siemens, Georgvon .....195

SolangederBindfadenhätt·431 Stenographie-Schwindel ....388

Straßenbahn,-Hannoversche·.323 Talmi-Pariser, ein.......308

Transvaal ..........·371

Treber-Schmidt,der......247

Verse..........·..1t16 Waarenhaus-Beleihungen. ... 80

Waldersees.Pour leMårit9. Was istuns Giordano Bruno? s. Bruno. Whistler-Ansstellung,eine...396 Wirthshaus,das,derZukunft.470

s.a.32.Band288,34· Band 550.

Wreschener-Prozeßs. Trans- vaaL Zolltarif s.Geschäftsbericht

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Berlin, den 5.Oktober 1901.

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Märchenbrunnen.

ineungemein lehrreicheTragikomoedieist jetztin desDeutschenReiches Hauptstadtzuschauen.Dieberliner Stadtverordneten habenden Stadtrath Kausfmannzumzweiten Bürgermeistergewählt;derKönigwill diesen Herrn nichtanderSpitzedesMagistrates sehen, hatdem Erkürten einmalschondieBestätigungversagtundwirdsiewahrscheinlichauchdem Wiedergewähltenversagen.Die Kommune hatvoneinerPrivatfirmaum hohen Preis zwei Straßenbahnlinienangekauft,weilsiesichersein durfte, eine über dieStraßeUnterdenLindenführendeVerbindung schaffenund sodieErtragfähigkeitderbeidenLinienwesentlichsteigernzukönnen;derKönig lehntdas Projekt ab, weigertdemOberbürgermeisterdieaufdemInstanzen- wegeerbeteneAudienzundschreibtaufdenBauplanderLindenstrecke:»Unten durch, nichtdrüberweg!«DenFriedrichshainwill dieKommune mit einer Brunnenanlageschmücken,die alle demKinderherzentheuren Gestaltender deutschenMärchenweltinplastischenBildernvereinensoll;demKönig gefällt- dieser-Märchenbrunnennicht,erverbietet, ihn so,wieervom Stadtbaurath Hoffmannentworfenward,aufzustellen,undzwingtmit einemMachtwortdie alsJuky tagendenBerufsgenossendesKünstlers,HerrnHoffmanneinegerin- gereAuszeichnungzuzusprechen,alssienachreiflicherUeberlegunggewünscht hatten. AuchanderestädtischeMonumentalplänefinden nicht-denBeifalldes Königsundmüssengeändertoderganzaufgegebenwerden.EinWille nursollin denpreußischenResidenzenherrschen,einerihrStadtbild gestalten.DerKönig kannausdemThiergarten, je nach Belieben,eineWieseodereinenenglischen Park machen,die StädtemitPuppenalleen beschenken,alteThoreinProph-

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2 DieZukunft.

läenumwandeln,DomeimTrokaderostilbauen lassen, jedenEntwurf ändern,jedemvonihmgebilligtenDenkmaldenPlatz anweisen.Darobsich zuentriisten,wäresinnlos;denn derKönigthut nur,·waserthun darf.Bis- her wenigstens istkeinGesetzangeführtworden,das gegensolcheUbiquitätdes Königsrechtesspräche.UnddieFrage, auswelcherSeitederfeinere Kunstge- schmackist,wirdindiesemFallnichtleichtzubeantworten sein.GegendasPro- jekteiner dieStraßeUnterdenLindenschneidendenelektrischenBahn läßt sich Mancherlei sagenundWeltreisende wissen,daßauch republikanischeVerwal- tungenihrePrachtstraßenvorSchienenwegenstreng bewahrthaben.DerGe- danke,mittenin denMassenquartierenderArmuthundharten Arbeit,ineinem Hain,derkeinLuxuspark,sonderneineErholungstättederMühsäligstenist, eineAnlagezuschaffen,die inüppigenBarockformenheitereMärchenwelten heraufbeschwört,wirdnicht Jeden begeistern.UndnachdenProben,die der StadtbaurathHoffmann,namentlichbeimEmpfangdesKaisersvonOefter- reich,denBerlinern vonseinemKönnen gegeben hat,werdennichtalle Vieletrauern, weileraufdieGroßeGoldene Medaille nocheine Weile warten muß.. Daraufaberkommteshier nichtan,ebenso wenigwieauf dieFrage nachdemAnspruch,den gerade derfrühereRechtsanwalt Kauff- mann aufdenzweithöchstenVerwaltungpostenderReichshauptstadt habe.

NurdieThatsachesollfestgestelltwerden,daßderKommune Berlin dieMög- lichkeitselbständigenHandelnsauf jedemGebietversperrt ist.JhreVertreter mögensichlnochso tief bücken,ohne Seufzen sichin die Sitte vonByzanz bequemenundglauben, sie hättenfürdenHofschonsovielgethan, daßihnen zuthunfast nichts mehr übrigbliebe:auf SchrittundTritt stoßensiean Schranken,dievonAufrechtennichtzuüberschreitensindunddie inFlammen- zeichendieInschrift tragen: »UntenXdurch, nichtdrüberweg!«Undum diesenherrlichenZustandzuerreichen,hatimdeutschenNorden dasBürger- thumeinhalbes Jahrhundert langundlänger gekämpft.

Esist zufrieden, lechztnicht nachneuen Kämpfenunddenktnichtda- ran,durchkommunale KonfliktesichdieFreudeamLeben rauben zulassen.

WärederKrachnur erst überstanden,dieGefahrneuer Zusammenbrüche beseitigtundderAbschlußderHandelsverträgegesichert,dannbrauchte seinetwegenimRothenHauskeinBürgermeisterzuthronenzWasliegtan einemMärchenbrunnen,einerStraßenbahn,an Namenund Arteines Stadthauptes?Diese Dinge berührenkeinLebensinteressederBoukgeoifie undkönnen mitBörsenwitzenabgethanwerden. JmGrunde sindsolche Konflikteja sehr amusant; jedenMorgen liestman wasNettes darüber und

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Märchenbrunnen· 3 kannjedenAbenddenAusgang beschwatzen.Keinemkommt,in der Ober- schichtwenigstens,dertolleEinfall,eszurAbwechselungwieder einmalmit starrer Oppositionzuversuchen,denEmpfängen,Paraden, Enthüllungen, Hoffestenfernzubleiben,dieFahnen nicht aufKommando herauszustecken oder garHerrnKirschnerzubitten,imVerkehrmitdemKönig künftig denTon kühlerGentlemanhöflichkeitanzuschlagen,den derBürger- meistervonRheimsdenrussischenAutokraten hörenließ.Dasfehlte noch!

Jetzt,wodieEntscheidungüber denZolltarif bevorsteht!Daskönnte den AgraricrninihrenKrampassen.Nein:man mußsichverständigen,Kleinig- keiten alsKleinigkeitenbehandelnundzeigen,daßman nicht eigensinnigist.

Früherwaren dieBürger so thöricht,KämpfeumsRechtzuführenundsich blutige Köpfezuholen,weilsie meinten,ihrVaterland müsseanders regirt, dieFürstengewaltinengereGrenzeneingeschränktwerden.Auf dieseKämpfe derAhnen sinddieEnkelanFeiertagen höchststolz;undlangekonntensie glauben, wirklichBrauchbares erstrittenzuhaben.DabestiegWilhelmder ZweitedenThronundnahmalleRechte,diebishernur ausdemPapier gestandenhatten,in vollemErnst für sichinAnspruch, undnunerstließsich ermessen, welchenPreisderLiberalismus in denKämpfenseitAchtundvierzig gewonnenhatte. NochdröhntunsdasTrommelfellvondemPhrasengetöse.

Nocherinnertunser Ohr sichdeshellenKlanges,dendamalsdasSchlagwort Selbstverwaltunghatte. Jetzt sehenwir,wasdieseSelbstverwaltung werth ist.

So viel wie andereErrungenschaftendesdeutschenLiberalismus UndDieam GrabihrerJünglingssehnsuchttrauern sollten, sind,wennsienichtfauleJn- dustriepapierezutheuer gekauft haben, kreuzvergnügtundhabenganzan- dereDingezuthun,alshinter verstorbenen JdealenimLeichengefolgeein- herzulaufen. Gehts ihnen nicht, trotzderschlechtenGeschäftszeit,nochimmer ganzgut?Haben siesnichtweitergebracht,alssievorfünfzigJahren hoffen durften?AusdemDrang nach FreiheitundSelbstbestimmung ist freilich nicht vielgeworden;dochnurrückständigeJdeologenbelasten sichmitsolchen Sorgen nochheutedenKopf.Die-Hauptsacheist, daßman behaglichander Krippe sitztundinRuhediebestenBissenkaut.FreiheitenundRechtesind eigentlichnur nochalsKompensationenzubrauchen,mitdenenman die Herrschendengünstigstimmt.DesFreisten Freiheit ist, ungehindertGe- schäftemachenzukönnen;unddenKönig,derihmzudiesereinträglichsten Freiheit verhelfen soll, darfderBürger nicht reizen, nicht ärgern, nicht durch Unbotmäßigkeitin denBereichanderer Profitwünschetreiben.Denn derKönig ist nichtnurfür Björnsons BürgerderSchlüsselzurKasse,der

läc-

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4 DieZukunft.

denBesitzvorDiebensichertund denHungerndendenvollenSchrank sperrt.

AmEnde kommt esja dochausdiewirthschastlicheMachtan;werdiehat, muß sichfrüheroderspäterauch politischdurchsetzenundkannaufdenScheinder Herrschaftverzichten.DiereichsteKlasse hatmillionen Möglichkeiten,ihr WünschenansZielzuführen,undkannsubmissestlächeln,wenn ihrder RangeinergleichberechtigtenGroßmachtverweigertwird.Diese Rechnung hatdieVernunft, hatalleErfahrungrevidirt undrichtig befunden.Des- halb hatkeinpolitischesSchlagworteinsoweithintönendesEchogewecktwie derRufausdenTagendesBürgerkönigthumes:EnrichiSSeZ-vous! Des- halb istHerrEugen RichtereineinsamerMann geworden. Deshalb istdie BourgeoisiesürkeinenKampsums RechtmehraufdieBeine zubringen.Und deshalb taugtdiebourgeoiseHeroenlegendenur nochzumSchmuckstückfür einenMärchenbrunnen,derzwischenDornröschensRitterunddemGestiefelten KaterauchdenwiderTyrannenmacht gerüstetenBürgersmannimBildezeigt.

Il- Il-

HatauchdieSozialdemokratie ihrHeldenzeitalterschonhinter sich?

Sieistnochjungundkonnteersterstarken,als dasBürgerthum,wieraaks Sohn,zu Gewinnkam und mitGnadengesegnetward. Seitdem blühtihr Weizen.DiePflichten,die derLiberalismus in derGiernachraschemEr- werbvernachlässigtundverlüderthatte,wolltesie auf sichnehmen, alle,und nicht eher rasten nochruhen,alsbis den Völkern die volleSelbständigkeit erstritten,derHungerderAermsten gestillt,einegerechteVertheilungder Gütergesichertwar. Sieversprachnicht wenig, nichtwenigerals einTausend- jährigesReich,in demdas»natürlicheRecht«Rousseaus endlichanerkannt werdenwürde.KeineKriege mehr,keineKonkurrenzmitihrer entsittlichen- denWirkung, keineJndustriekrisenundkeinenUebermuthderAemterz jeder Arbeitihren ungeschmälertenLohnundnurdemFaulenzerdasHungertuch.

AushundertRöhren sprudelteesans Licht;derMärchenbrunnenschien unerschöpflichundbrünstigdrängtendiedürstendenMassen sichandenletzen- denQuell. WelcheFrechheit, hießes,vonMärchen,vontransszendentem Glaubenzusprechen!Wennjeirgendwo,ward hier Wahrheit geschänkt.

Nichtumdiealten,verschollenen, belächeltenUtopien handeltessich. Ernste WissenschafthateinLehrgebäudeerrichtet,in demsichs wohnen läßtund dessenFundamentekeinRüttelnkritischerBesehderzu lockern vermag. Zum erstenMalesiehtdie WelteinePartei,dienicht auf listig auszubeutende

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Märchenbrunnen. 5 Zufällewartet,nichtvondemWünschenundWirkeneinzelnerMenschenab- hängigist, sondern,unbekümmertumPersonenundEintagsepisoden, ihr Ziel erreichen wird,weilsieeserreichen muß,weildiewirthschaftliche Entwickelung ihrdenSieg verbürgt.Werden dieReichen nichtimmer reicher,die Armen ärmer? EinKapitalist frißtdenanderen aufundder Tagkannnicht mehr fern sein,wodieZahlderExpropriateure soklein ge- wordenist, daßeskaumnoch Mühe kostenwird,die paarRiesenzuexpro- priiren.Dann schlägtdieSchicksalsftunde,die demProletariatedie Welt- herrschaftsichert.Alle zurProduktion brauchbarenMittel werdensozialisirt undeineneueGesellschaftwirdbegründet,in dereskeinPrivateigenthum mehr giebt,derMensch nicht mehrdenMenschenmitwölfifcherBlut- gier umlauert, einreinerBund,derzugemeinsamemWerkfreie und gleicheGenossenvereint. DieWeise klang süß;und,dasExempel schien, soweit mans nachrechnenkonnte, wirklichzustimmen. Welche VerherungenderMammonsdienst anrichtet, sieht Jeder,derkeinegoldene Brilleträgt, Jeder auch,wieherrlichweit dieanarchistischeProduktion esschon gebracht hat.UndTrufts, Syndikate, Kartelle, Großbanken, WaarenhäuserundähnlicheErscheinungen zeigen,wieschnelldaskleine vom großenKapital aufgesaugtwird. DieMittelschichtverdünntsichvon JahrzuJahr, dräuendklafftzwischenSteinreichenundBettelarmen der AbgrundunddieMasseder»Verelendeten«,derinsProletariatHinab- gestoßenen,anderErhaltungdesPrivateigenthums nichtmehrJnteressirten wächstso rasch,daßdie Stunde nah sein muß,wosieder altenGesellschaftden Garausmachenwerden. Vor derHauptfragehieltenManchefreilichzögernd die Antwort zurück.Siekonntensichnichtzu dem Glaubenentschließen,der EigennutzlassesichdurchDekretvonheute auf morgenausdemWeltgetriebe schaltenundin der kaltenZonedesKollektivismus seidasGedeiheneiner MenschengemeinschaftmöglichDagegensprachallesozialpsychologischeErfah- rungzund weilsieaufderenStimmehörten,durftendieZweiflernichtin den Verband einerPartei treten,die imKollektivismus ihresStrebensEndzielfah.

Doch auch dieserPessimistenHerzensneigunggehörtederSozialdemokratie, der Partei,diefurchtlosinfegendenGewitternfürdasLebensrechtderElen- destenfocht.Daerblicktensie tüchtige,geistigundsittlichstarkeMänner,die auf WohlstandundweltlicheEhre verzichtethatten,mitApostelinbrunst ihrenGlaubenbekannten unddie ganzeKraftandenSiegdergerechten Sache setzten.Dawar EhrlichkeitimWollen,MuthimReden, Wahr- haftigkeitimHandeln.UnddieseMänner wurden verfolgt, gehetzt,wie

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6 DieZutrme

Räuber undMörderfür vogelfreierklärt undHeuchlergescholten,wenn sie sagten, nichtderGewaltderFäustevertrauten sie, sondernderöko- nomischenEntwickelung,diekommen werde,kommen müsseund die keinesMenschen bewaffneterArm beschleunigen,keinesMenschen from- mesGebet aufhaltenkönne... Das war eineschöneZeit,eineZeit neuen Glaubens,Etwas wieeineRenaissancedervorkonstantinischen Christenheit. Wie andächtigblätterten wir Alle in dem modernen Marter- logium,wieentzückthorchtenwiraufdiewuchtigenHammerschlägeeiner Sozialkritik,die denmorschenLeib einerethischundaesthetischgleichwidri- genGesellschafttrafen,wie beneideten wir dieüberzeugtenMarxisten,dieso fröhlichwaren undso getrostimsicherenErzpanzer ihres Selbstgefühls!

Für sie gabeswederZagen nochStaunen. Alles,was geschah,mußtege- schehen,warvonMarxlängst vorausgesehenundkonnteihreArbeitnur fördern.MithöhnischemLachenlehnten siedieErörterungderEinwändeab, mit denendieSchaarderbürgerlichenTheoretikerdemneuen Evangelium nahte;wozusolcheAfterwissenschaft,solcheMiethlingweisheiterstumständlich noch widerlegen?DashattenjaMarx, Lassalle,Engels schongethan,deren Streichendie»Vulgärökonomie«ruhmloserlegenwar. Wernun nochzwei- felte,war ein NarrodereinSchuft.LenzlichblühtedasSektenglück,moch- tendraußenauchHerbststürmebrausen.NurdieSozialdemokratie hattedie Wahrheit,dasRecht,denseligmachendenGlauben. Nursie ist berufenund auserwähltzumhohenWerkderMenschheiterlösung.Nursiekannaufrech- tenHauptesimsauberenFeiertagskleid durchdenGassenschmutzschreiten, unbeflecktundunbefleckbar,weilsievon denherrschendenGewalten nichts zuhoffen,nichtszugewinnen hat«

Nichtszugewinnen? Wirklichgarnichts? Jn kühlenKöpfenentstand dieFrage. AufdieEntwickelungwarten: sehrschön,sehrwürdigundnament- lichsehrbequem;abereskannlange dauern, länger,alseinstmancher Mann dachte.UndweraneinGesetzderEntwickelung,derUmwandlungglaubt, darf nicht wähnen,diesesGesetzwerdeeine Sekte nur, eineParteiunberührt lassen. Eigentlich,wenn man soumsichsieht,kannman sichnichtdarüber täuschen,daßvondenHauptverheißungenkeineerfülltwordenist.Diewirth- schaftlicheLagederMassen hat sichnicht verschlechtert.DieZahlderander ErhaltungdesPrivateigenthumes Jnteressirten ist gestiegen.DieBour- geoisieist nicht »einereaktionäreMasse«,sonderninGruppen gespalten,die einandererbittertbekämpfen.SogarderMittelstandistnicht verschwun- den, istkaum noch zusammengeschrumpft;und zwischen Bürgerthum

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Märchenbrunnen. 7

undProletariat istdie genaueGrenzbestimmung schon schwieriggewor- den.Esistanders gekommen,alsMarx geweissagt hatte,ganz an- ders; auch seinGenie konnteirren,konntefüreinewigesWeltgesetzhalten, wasnur dasErgebnißeineshalbenJahrhunderts englischerWirthschaft- geschichtewar.Nirgends, soweitman dasAuge schickt,istheutedieHoffnung aufeinekollektivistischeUmgestaltungderGesellschaftsichtbar. Immerneue Wege weistdemKapitalderTriebnach Selbsterhaltung, Paarung und Mehrung.Sollda,darfda einekämpfendePartei,die derSektenengeent- wachsen istundfürMillionen dasWortführt,unthätig harren,bisdas Siegerglückihrin denSchoßfällt? Darf sie sichmitunerbittlicherKritik derimBesitzrechtWohnendenbegnügenund,wenn ihrkleineGewinnewin- ken,mitstolzerGeringschätzungrufen:Alles odernichts?HerrvonVoll-

mar war derErste,der denMuthzuoffenerAntwort auf dieseFragen fand.

Jm Jahre1891 spracheraufdemerfurterParteitag gelassendasdamals noch großeWort: »Die Darstellung, daßdie Weltwende unmittelbar bevorsteht, isteinPhantom, einverlockendes Jrrlicht. DerOptimis- museinesver-zücktenGläubigen,einesEkstatikers, gehörtdazu,anden als- baldigen Siegzuglauben.«Erhatnie dieweißeFahne gehißt,nieunklug gerathen,dieHoffnung auf endgiltigen Sieg einzuscharren;aberdie Ver- hältnissezwangenihnzupraktischerArbeit.SeinebayerischenBauernwären ihm davongelaufen,wenn erversuchthätte,sie dreißigJahre langmit den Brocken desMarxismuszufüttern.AusderAlltagsnoth mußteerihnen helfen, so gutersvermochte,undbeweisen, daßihrJnteressebeiihmbesser gewahrt seialsbei demVertreter irgendeiner anderen Partei. Das hater gethan,unbekümmertumTheorien,undinSoiensaßundinMünchendie Leute,die zuihm kamen, gewißnicht erst katechisirt,obsie auchAtheisten seien, RepublikanerundstrenggläubigeMarxisten,sondernsich gefreut, wenn diefromme EinfalteinesgutwittelsbachischenLandmannes oder Kleinbürgersbei den»Sozi« Hilfe suchteundfand.SoisterinBayern eineMacht geworden,mit derRegirungundCentrum rechnen müssen.Er hat sichseiner-Hautgewehrt,wennderKampf nichtzu vermeidenwar,sonst aberdenVorwurfdesPofsibilismus,desOpportunismusundeitler Streberei lächelndhingenommenundauch aufeineEntwickelunggewartet:

aufdieEntwickelungdereigenenPartei.

Sehrlange brauchteernichtzu warten. WährenddieOrthodoxieihn noch schmähte,ihnderPreisgabe heiliger Prinzipien zieh, wuchsdieZahl Derer,die demBeispieldesBayernfolgten, folgen mußten,weilähnliche

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8 DieZukunft.

Verhältnissesieauf seinenWeg drängten.DieGewerkschaftenwaren erstarkt, SozialdemokratenvielfachinLandtagundKommunalvertretungen gewählt.

DagabseineMenge kleiner, unscheinbarerunddochwichtigerArbeit. Die DiktaturdesProletariates,dieBeseitigungdesPrivateigenthumeswarda nichtzuerreichen;die lokalenMachthaberlachtennur,wenn ihneninpathe- tischerRede dienahe Expropriation angedrohtwurde. DieGenossenmußten sichwohloderübel mit demBestehendenabfindenundtaktischeKünstelernen.

Kamen sieaber in dieFraktionundberichtetenvon ihren Erfolgen,dann sahen sie fastimmer saureMienen. Daswar auch geradederRedewerth!

HiereinenStrike verhindert, dort einenFabrikinspektorinsBudget geschmuggelt,daein Bischen Arbeiterschutz durchgesetzt.Und darum KompromissemitbürgerlichenParteien, Budgetbewilligungenundeinun- anständigesAeugclnmit derThranneumacht? SchöneErfolge,dieunsdie SchlachtordnungfürdenKlassenkampfruiniren! DiesoGescholtenen murrten. WasleistetdennIhr? Auf hohenStimmzettelhaufen hocktIhr undhaltet Reden, jahrein, jahrausdieselben Reden,denenNiemand mehr lauscht, schleudertSuperlativeinsLand,dielängstnicht mehr wirken,und prophezeiteinenZusammenbruch,vordemxdieKapitalistendasFürchtenfast schonverlernthaben.DerGroßeKladderadatschkommtvorläufignichtund imReichstagkönntJhr einstweilen nicht ausdieMehrheit rechnen. Unsere Erfolgesindfreilichnichtglänzend;nebenEuren aberdürfensiesichnoch sehen lassen.SoentstandenimeinsteinheitlichenGefügederPartei zweiGruppen, die einandermißtrauischmaßenundungerechtbeurtheilten. Nach außenblieb derScheinderEinheit gewahrtundKeinemderGrollenden fielesein,das Dogma anzutasten.Ueberdas-Ziel gabeskeinenZweifel;unddemgemein- samen Gegner bestrittman sogarinsGesicht,daßüber den zuwählenden WegdieMeinungensichgeschiedenhatten.

Nur anhohenParteifeiertagen noch sahman seitdemdie ganze Ge- nossenschaftandemMärchenbrunnenvereint.WenndanndieWasserspielten unddas alteEiapopeiavomHimmelaufErdengesungen ward, fuhrendie neuen Feudalherren entsetztaufundriefenzornig: Seht Jhrl Die Rotte ist nochnichtgezähmtznur harteGewaltkannsie bändigenund uns vorder GefahreinesUmsturzes schützen.Undso oft solcherRuf ertönte,reichten dieGenosseneinanderdieHandundvergaßendieskleinenHaders

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