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Die Zukunft, 9. November, Bd. 37.

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Berlin, den 9.November 1901.

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WoUkranerundDeutscheeinstum dieRechteprägendeMachtrangen, liegt, aufukermärkischemBoden,dieHerrschaftLiebenbergSiehatte denBischöfenvonBrandenburg,dann denBredows gehörtundwar,als nachdemDreißigjährigenKriegdieLandwirthschaftargeNothzuspüren bekam,voneinemaus CleveeingewandertenHertefeld durch Tauschund Kauferworben worden. DessenVaterhattedieStunde,da demelevischen Lande derletzteHerzogstarb, schlau benutztund es,aufeigeneFaustund ohnevorderihmvonWienherdrohendenGefahrzuzittern, einfachdurch WappenanschlagalsbrandenburgischenBesitzerklärt. Für solchenDienst zeigtederKurfürst Johann Sigismund sichdankbar;dentapferenundge- schicktenJunker machteerzumGeheimenRathundblieb DenenvonHerte- feldeingnädigerHerr.DieseHuldwirktenatürlichfort;undseitunterdem Großen KurfürsteneinSohndesGeheimen Rathcsan derGrenzeder Grafschaft Ruppin,inHäsenundLiebenberg,denEingesessenenbewiesen hatte,wieman ViehzuchtundMilchwirthschasttreiben undausBruchland

,

reichenErtrag ziehenkönne,saßamkurfürstlichenHofdenHertefeldsmehr als ein Stein im Brett. JhrNeu-HollandimUkergebietgaltalsMuster- wirthschaft;unddemSamuel Herteseld,der dasHavelluchentwässertund demAnbaugewonnenhatte, häuftensichschoninstattlicher FülledieTitel:

Oberjägermeisterwar er,GeheimerOber-Finanz-, Kriegs-undDomänen- rath, Drost,GerichtsherrundWaldgrafund Ritter desHohenOrdens

vomSchwarzenAdler. DaßEinervonihnen,wie derFriedrichLeopold, derandemhalb frommen, halb lüderlichenPrunkdesvonderLichtenau

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beherrschtenberliner HofeseinAergernißnahm, aucheinmal denFrondeur spielte, hatdemHausenicht geschadet.UnddieseHertefeldsmüssenwirklich ganzeKerle gewesensein;zu denGanzen gehörtegerade auchderFritzPolte, derdasSchranzenthum seiner Standesgenossenmitso boshaftemLecker- maulhöhnteund,alsman ihmdeneinzigenSohnin denKrieggegen den Korsenschleppenwollte,inhellerWuth schrieb:»Ichkann meinerEmpörung nochimmernicht-Herrwerden und willesauchnicht.MeineVerachtunggegen denUrheberwerdeichmitinsGrabnehmen.VonPatriotismussprechensolche Leute,dievom Staat leben,immer-. Jch habekeineGelegenheit versäumt, umnützlichzusein, habedenStaatsfonds keinenHellergekostet,nieVer- gütigungverlangt,aberauchniemals indieZeitungen setzenlassen,wenn ich fürdenStaat denBeutel zog. UnddieseelendenMenschenwolleneinem altenMannenichteineneinzigenSohn freilassen,dessenFreilassung durch vernünftigeGründe alsnothwendig vorgetragenwird!BeiGott,eswären Vormünder nöthig,die dieSchurken fortschafften!Empruntsforcås und ,gezwungeneFreiwillige«gehörenindieKategoriedesschändlichstenNon- senses.«Das liest sich auch nachdemChinesenkriegimmernoch gut.Wie dieser trotzliterarischenNeigungenderbeEdelmann gegenHardenberg,so habendieneuen Junker selbstgegenEaprivi nicht gewettertzundthäteman tausendLaternenanzünden,man fändeunter ihnenwohlkaumeinen,der gesprochenhättewiederHertefelderzuseinemSohn: »Glaubemirals einem alten, erfahrenenundvonVorurtheilenfreienManne: derMilitärstand isteinesplendide Misere.Wennman eineZeit langdarin gearbeitet hat, sofühltman erstdasAngenehmederJndependenz und,wienützlichsich

Dermacht,der alseinPrivater seineGüter selbst bewirthschaftet.Er dientdemallgemeinen Bestenundbrauchtmitseiner Meinung nichtzu- rückzuhalten.Eristeinfreier Mann,derauch frei sprechendarf...Eine Klasse,diejederEhrebarundblosist, läßt sichzu Allembrauchen; folg- lich ist sie nützlich.Jchwundere michübernichts mehr,auch nichtüber dieAnstellungeinesgemeinenSpions...Jcherkennemehrundmehr, daßdiePolitikdieWissenschaftdesBetruges ist.Undsowird esblei- ben,bisverniinftigeLandesverfassungendasein werden, dieKrafthaben,die Großenzu binden.« UnddieserApfelwarnichtgar zu weitvomStamme gefallen.Mitseiner rationalistischen Geringschätzungallesleidenschaft- lichenUeberschwanges,seinemHaßgegen allesphrasenhafte Scheinwesen, seiner stolzenUnabhängigkeit,dieer freilichnicht durchdasMenschen- rechtRoufseaus, sondern durcheinererbtes,erdientes Kastenprivilegver-

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Liebenberg. 205 biiisgt glaubte,mitder dasinnereGleichgewichtsicherndenMischungvon gesundem MenschenverstandundSehnsucht nach feineremGeistesbesitzwar der alte KnabedertypischeVertreter.eines Herrengeschlechtes,dasinden Hohenzollernnie dievonGottesGnadeGeweihten, sondern stetsnur die vonFortunas Launebesserbehandelten Junker sah.Eines Geschlechtes, das in der Ukermarkt—- Biicher las,bei Voltaire undChateaubriand heimischwar, BilderundSkulpturen kaufte,dasKunsthandwerkdesTheater- spiels nichtnur inSchlafstubenzuerkennen suchte,Zeitschriftengründete, eifrigüber denWerth modischerBelletristen strittunddabeidochdemalten EdelmannsberufdesAckerbauestreublieb und beikeinerRittersportsübung fehlte.VoneinemHertefeld,dernichtsvonMarxwissen konnte, stammt dasWort: »Die politischenInstitutionenwerdenvon densozialenerzeugt undbeherrschtl«EinHertefeldsprach,alserzumerstenMalenachLondon kam,denganzunpreußischenSatz: »WasEinemindieser ungeheuren Stadt amMeistenausfällt,ist, daßAllesohne Soldaten,Gendarmen und PolizeibeamteinOrdnunggehaltenwird.«UndderselbeJunker merkte, trotzdemerkeineenglischeSilbe verstand, nach zweiinCoventgardenver- brachtenAbendendochgleich,daßShakespearevonanderemStoffundWuchs seials Racine.AlsmitdiesemKarldannGeschlechtundNameerlosch,fiel

"Liebenberg,alsFrauenerbe,andieGroßnichtedesletztenHertefeld,die Freiin Alexandrinevon Rothkirch,die damals schon seiteinundvzwanzig JahrendieFraudesReiteroffiziersGrasenPhilippzuEulenburgwar.

DerSohn diesesPaares ist Philipp FriedrichKarlAlexanderBothoFürst zuEulenburgundHerteseld, GrafvonSandels.

DerMarlwandererTheodorFontane, dessenBerichtendashierknapp Angedeuteteentnommen ist, bezeichnetdieWandlungliebenbergischenLebens seitdemBesitzwechselmit den Worten: »Es ist nicht loyaler geworden,dies Leben dieHertcfeldswaren loyal—, aberpreußischerwurdeesundan die Stelle des demvorigenJalsrhundert entstammendenAusklärungevange- liums,mitseineniHangezuWeltbiirgerthumundPhilosophie,traten wieder KonfessionundNationalität,dieScheidungenundGliederungeneinerweiter zurückliegendenZeit.EinBegrenztesauStelle desUnbegrenzten.«Das ist vorsichtig,aber klarausgedrückt;undwerdieGeschichtedesPreußenadelsund dessenvielfachnuancirteSchollenfarbe auchnur einBischen kennt,wirdsich übersolcheWandlungnichtwundern.DieHertefeldswaren vomNiederrhein gekommen,späterstinPreußenheimischgewordenunddurcheigenesVerdienst tmsiebevzehntenJahrhundertzuMachtundAnsehengelangt,Die Eulen-

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burgs,derenNamenichtvondemNachtvogel, sondernvonderStathilen- burg stammt,waren obersächsischeDynasten,dieeinenwettinerBurggrafen zuihren Ahnen zähltenund imvierzehntenJahrhundertüberzwanzig StädtenndzweihundertundsünfzigRittergüterherrschten. Durch ihreBe-.

ziehungenzumDeutschenOrden kamensiezuostpreuszischemBesitz; durch Dienste,dieEinervonihnen,WendvonJleburg,imAuftragedesUngarn- königsSigismundalsUnterhauptmannderMarkBrandenburgdem nürn- bergerBurggrasen Friedrich leistete,wurdeihrFamilieninteresse gleichan- fangsdem derHohenzollernverknüpft.SoverschiedeneSchicksalemußten denGeschlechtscharakterverschiedenfärben. AuchdieEulenburgs gehörten nichtzu denungebildetenLandjunkernzManchervon ihnen hat fürdie Kunst,dieLiteratur Etivas übrig gehabtundFriedrich Albrecht Grafzu Eulenburg,der dieerste preußischeExpeditionnachOstasien führte,hatans Japan Bilder, WaffenundSchmuckgegenständealler Artheimgebracht,die neben derzwölftausendBändeumfassenden BibliothekderHertefeldernoch heuteinLiebenbergbewundertwerden.WährendaberdiemeistenHei-tefelds frohwaren, wenn derHof,demsiedie Kritiknicht ersparten, sienach ihrem Behagenlebenließ,wolltenfastalleEulenburgs,darin denaus ostpreußischer ErdegewachsenenFamilien ähnlich,anderbürgerlichenundmilitärischen Verwaltungmitwirken. IhrWillezurMacht hat sichoft durchgesetztzund boshaftübertreibenderWitz hat sie deshalb »die eigentlich regirende Fa- milie«genannt.JmKreisderStandesgenossen hältman sie fürbesonders klug, fürgeborenePolitiker. Vielleichtdankensie solcheGabedemZwergen- volk, das, nacheinerFamiliensage,imprassener Schloß gehaust haben soll.

AlsineinerHochzeitnachtdieKleinensichüber einenEulenburg, derihre Tanz- sreude störte, geärgerthatten, bestimmten sie,demGeschlechtdürftennie mehralsdreizehnLebendeangehören.Ob dieliliputischenJunker sichspäter der Solidarität allerkonservativenInteressen entsannen und,weilsie sich nichts vergeben durftenunddesFluches Gewicht dochmindern wollten,die dreizehnverschontenAestemitungemeinerFruchtbegabten? Möglich,wie Alles,wasin altenChronikensteht.Jedenfalls geltendieEulenburgsals politischeKöpfe,alsdiestärkstenund wichtigstenPersönlichkeitendesHof- adels. Siehaben frühmit demHauserechnengelernt,dessenAhnherran- derenEdlennur der,,TandvonNürrenberg«war,habenwiederEpheu, nach einemWortWilhelmsdesZweiten, sichum diesesHausgelegtundwohl nie dieStimmung gekannt,dieeinenHertefeld»vernünftigeLandesver- fassungen«herbeisehnenließ,»dieKraft haben,dieGroßenzu binden«.

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Liebenberg. 207 Warum aber, fragt ungeduldigeinLeser,grabenSiediesealtenGe- sehichtenaus? Umin diegelockerteErdschichteinenWahnzusenken,dessen Spulen nachgeradelangweiligwird. WeildenEulenburgsderRuf poli- tischerKlugheitanhaftet, haltenVielesie heute noch fürdieTräger einerbe- sonderenFamilienpolitik.WeilvondemliebendergerEulenburgseitJahren am Meisten gesprochenwird, glaubtman, inihm gerade verkörperesich EhrgeizundIntelligenzdesgefürchtetenHauses.Undweil im Oktober 1894 über das—schonlangevorher nicht mehrzweifelhafte—Schicksaldes Grasen Caprividieformale EntscheidunginLiebenbergfiel, istderBurg- bergdesukermärkischenGutesin dervonGespensterfurchtaufgescheuchten Phantasieallmählichzu einemBlocksbergegeworden,woeinmalmindestens injedem JahrumMitternacht höllischeKünste getriebenwerden«

DieEulenburgs sind heute noch stark.Dreienvonihnen strahlt sicht- bar die Sonne derGunst.Davon ist Einer,alsOberhofmarschall, täglich, einAnderer,alsFreundund Reisegefährte,sehr häufiginderNähedes Kaisers. DaßeinesolcheFamilie Mancheszuerreichen,Manchesnament- lichzurrechtenStunde insihrbeliebendeLichtzu rückenvermag,scheint gewiß;dochnicht minder, daßkeinerderBegnadetendenWunschhegenkann, seine angenehme PositiongegendasAmtdesverantwortlichen Politikers anszntauschen.AlsCaprivi durch Ströinungen,dieseine frommeUner- fahrenheitüberraschten,zu demVersuch gedrängtwurde,auskatholischen undsittsainliberalen AbgeordneteneineMehrheitzuschaffen,war das Interessedesprotestantischen Preußenadels bedrohtunddieEulenburgs haltenGrund,dieEntlassungdesKanzlerszuwünschen.Heuteaberbrauchen sieeine derpreußischenAdelsparteifeindlichePolitiknichtzufürchten;und sicherstrebtkeinervonihnen danach, dieLastderkommendenZollkämpseaus sichzunehmen. Keiner;amWenigstenderFürstzuEulenbnrgundHem- feld.DeristkeinHertefeld derNameist seit1898 demdesjeweiligen InhabersdeshertefeldischenFideikommissesvereint —, aberauchkein jWischer Eulenburg.EristSpiritist, dichtet,komponirtundgehörtzu den Leuten,vondenenGoethe gesagthat: »Es istdasWesenderDilettanten, dAßsiedieSchwierigkeitennicht kennen,die in einerSache liegen,nnddaß sieimmer Etwas unternehmen wollen,wozusiekeineKraft haben.«Des Finnstlers,nichtdesPolitikersLorbersuchtdiesesDilettanten Seele.Erhat -cs,nach einigem Ungemach,dasdieDiplomatenprüfungihmbereitethatte, weitgenuggebracht, istFiirst, WirklicherGeheimerRath, erblichesMitglied desHerrenhausesnndBotschaster amwienerHos. LiebernochwäreerStatt-«

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halterin denReichslanden. Doch seineFeinde sogar,dieihm spottend nach- sagen,einegebildeteSprache dichteund seinSekretärkomponire für ihn, behaupten nicht,erwolleKanzlerwerden. Sein Fürstenwappenträgtdie Devise:Constantia etvirtute; wennEhrgeizihntriebe, dieseEigenschaften inBerlinzubewähren,würdeersichnicht so ostkrankmelden, sondernzu zeigenbemühtfein,wieeifrigersichin desReiches Dienst quält.

Dennoch ist auchwährendderletztenMonatewieder seinNamehäufig als dereinespolitischnichtSaturirten genanntworden. JnderVossischen Zeitungwurdeihm, nichtzumersten Male, vorgeworfen,ersei allzu selten inWien. Dasmußteausfallen; erstens,weildieVossifcheZeitung Werth« aufguteBeziehungenzumAuswärtigenAmtlegt und,wie ein Kolonial- prozeßgelehrthat,ausdieserGegendJnspirationen empfängtzzweitens,weil Einzelheiten angeführtwaren,aufdie derZeitungschreibernichtzuachten pflegt.JnderNeuen Freien Presse,wodemBotschafterdesDeutschen Kaisers schonoftdashöchsteLobgespendetward, erstanddemAngegrissenen einVertheidiger.DiePflicht,in dennordischenGewässerndasAuswärtige Amtzu vertreten, undspäter»anhaltendeKränklichkeit«habedenFürsten gezwungen, fernvonWien zu weilen. GrafHatzfeldt,»seitJahrenein schwerkrankerMann«, feiMonate langbeurlaubt und,selbstwenn erin Londonlebe,nicht imStande,dielaufenden Geschäftererledigen;erwerde abernichtangegriffen.DerKampfgegen denFürsten Eulenburg ,,gehevon einer in Berlin ineinflußreicherStellung lebendenPersönlichkeitaus, die Proben ihrer LeistungfähigkeitaufdiesemGebietschonlängstabgelegthat«, aber»mitgroßerKunstVordermänner indiekritischeLinie zuschiebenweiß undsich selbstsorgsam fernvomSchußhält.« Auch dieserArtikelkonnte, mitseinenJntimitäten,nichtaus demHirneinesJournalistenkommen;

DaerineinemdemBotschafter ergebenenBlatt erschienenwar,mochte Fürst Phili fürchten, dafür haftbar gemachtzuwerden, undbat tele- graphischdenLeiter desAuswärtigenAmtes, »demVerfasserdesperfiden Artikels«,wenn erzuerforschensei, sein «»schärfstesBefremden auszu- sprechen«. Inzwischenwar imKleinen Journal die»in einflußreicher Stellung lebendePersönlichkeit«mitunzweideutigerGrobheit bezeichnet worden;undweresvorher noch nicht gemerkthatte, wußtenun, daßHerr vonHolsteingemeintsei.DensollteBismarck »denKerl mit denHyänen- augen« genannt haben nur von FleckenaufderinnerenJris hatten FreundedesHausesihn sprechengehört-; Derhabedenersten,denzweiten Kanzler-unddenBotfchafterGeneral vonWerdergestürzt;Derverkehre

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Liebenberg 209 mitHilfeeinergeheimenChiffre »iiberdenKopf derBotschafter hinwegmit ihren Unterorganen«,seidasHaupteinerNebenregirungundwollenun denFürsten Eulenburg stürzen,in demerwahrscheinlichdenAnwalt eines gutenVerhältnisseszumZarenreich hasse.DenSchreiberhattedieHitzeein Bischenweitgetrieben.HerrvonHolsteinhat alsWirklicher Geheimernnd ersterVortragender Rathin derpolitischenundPersonal-Abtheilu«ngdes AuswärtigenAmtessichereinewichtigeStellung.Er kennt denDienstbesser als die nebenihmarbeitendeuHerren,wirdbesonderswegenseinerGeschick- lichkeitimEntwerfenvonNoten undDepeschen sehr geschätzt-undhatdie Art,mitJournalisten umzugehen,zu kaumüber-trefflicherTechnikausge- bildet·DieFreundschaftmitRußland paßteihm schonnicht,alsereinen

nicht sehr hohen russischenOrden erhielt,underwandteeineWeile vergebens recht ungewöhnlicheMittel an,Inn seiner Antipathiegegendie MoskowiterinWilhelmBismarck einenBundesgenossenzu werben. Daß erüber die Beamten desdiplomatischenDienstesdemKaiserBerichteliefert, hat schonderalteSchloezer erzählt; auf welcheWeiseerdasMaterial zu diesen Berichten sammelt,konnteöffentlichbisher nichterörtertwerden.

LangevorSchloezer hatHarrhArnim behauptet,HerrvonHolstein,der inParisunterihmBotschaftrath gewesenwar,habeihn hinterseinemRücken in derWilhelmstraszeangeschwärzt.Alsderso Berdächtigtevordember- liuerStadtgericht alsZeugevernommen wurde,sagteeraus,erhabealler- dingseinepolitischeKorrespondenzmitBerlinunterhaltenundgegen Ende desJahres1873ausdrücklichgebeten,einenseinerBriefedemFürstenBis- marckvorzulegen.Dabeihabe ihnabernichtdieAbsichtgeleitet,demBot- schafterzuschaden;imGegentheil: »AchkannteThatsachen,dieschwer- lichohneEinfluß auf seineStellung gewesenwären; ich habe siebiszudem Moment zurückgehalten,wo ich sie gezwungenermaßenzurDarlegung meinereigenenStellung anführen mußte.«Wann dieserMoment ein- trat undwiedieBriefedesHerrnvonHolsteinaufdieEntwickelung desKonfliktes zwischenBismarck undArnim wirkten: darüber wird in den Akten heute wohl nichtszufinden sein.DieErinnerung zeigt aber,daßdie imFall Phili vor-gebrachtenAnschuldigungennichtneusind.

ImmerhinÜberschätztederAnklägerdenWirklichenGeheimen Nath,der allein weder denerstennoch denzweitenKanzlerzustürzenvermocht hätte;

Underunter-schätzteihn wiederum,daerihnalseinen Mann schilderte,der nichtverwinden könne, daßernicht Staatssekretär geworden sei.Herr

vonHolfteiuhat stets jedes öffentlicheAuftretengescheutzman liest seinen

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Namen kaumje ausderLifte geladener GästeundderScheindünktihnzu gering, als-daßernachdersichtbaren LeitungdesAmtesgestrebt haben könnte,indessenMauernerseit fast dreißigJahren still seine Fäden spinnt.

EinensolangenZeitraumkonnte einbehender,mitso feiner Witterung für kommendeKonjunkturen ausgestatteter Geist nicht durchmefsen,ohne nach denUmständenZielundWeger wechseln.Deshalbistesnicht leicht,in jedem Augenblickzuahnen, welcherKoalition HerrvonHolsteingerade angehört.

ErwarderConfident desGeneralstabschefsGrasen Waldersee,derspäter dannvonAltona nachBerlin kam,um einemvon demGeheimrathzum Zweikampfgeforderten Grafen Sekundantendienstezuleisten.Erhatte1874 alsZeugeimArnism-Prozeßgesagt,seineSympathien fürBismarck seien zustark,alsdaßerruhigdemVersuch,denKanzler »durcheinepolitische Aktion zubeseitigen«,zusehenkönne;underhatnachher,wenn auch nicht entscheidend,doch rechtthätiganderBeseitigungdesselbenKanzlers mitge- wirkt.Undnun istergardemHerrn verseindet,alsdessenBundesgenosse erunterdemSpitznamendesAusternfreundesimKladderadatschvorgeführt wordenwar. DennsodunkelZielundZweckdeskleinenPreßkriegesManchem gebliebenseinmag: sicherist erstens, daßzwischendenHerrenEulenburg undHolfteinwirklicheineVerstimmung bestehenmuß,undzweitens, daß in beidenLagerndieleitendeuStrategen nicht der Zeitungzunft angehörten.

EswareineergötzlicheBatrachomyomachie.AuchderkrankeHatzfeldt,dem Vieleverübeln,daßererst kurzvordemErlöschenseines Anspruches auf dasbeträchtlicheBotschastergehaltnachLondonzurückgekehrtist,wurdenicht glimpflich behandelt.Wennnichtschnell abgeblasenwurde,wareineuro- päischerSkandal zufürchten.Schon spitzteninOstundWest sichneugierige Ohren; schon hatten Scharfsichtigeeinenallzu tiefenBlick in dieSchwarze KüchedeutscherDiploniatie gethan.

Schleunig wurdedeuiGanzennunHalt geboten;und dieErinnerung

andenHader tauchte erstwiederauf,alses aneinem derletztenOktobertage hieß,derKanzler seinachLiebenberggereift,umdemKaiser,der beimFürsten Eulenburg wohne, Vortragzuhalten. Nach Liebenberg!Der Nameweckte dieeinbildnerischeKraft.WaskannGrafBülowdortwollen? SeinenVor- tragkonnteerjaein paar Stunden früherinPotsdamhalten.Damuß Merkwürdigesgeschehensein. Merkwürdigeswar wirklich geschehen;nur lagesnicht aufdemGebiete,dasdieSpürlust jetztimmerunipürscht.Der französifcheGeneral Voyron hatte seine pekinger Briese veröffentlichtund derKanzler mußtedasBedürfnißfühlen,dieärgerlicheGeschichtesofort

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Liebenderg. 21 ] mitdemMonarchenzubesprechen.Doch solcheeinfacheLösungdesRäth- selshättedenProduzentenundKonsumenten öffentlicherMeinungennicht genügt; sie hofften aufeineKrisis,eineKatastrophevonderscheinbar jähenGewalt derim Oktober 1894 erlebten. Seit Monaten reden sie, hörensienur vondemneuen ZolltarisunddenkünftigenHandelsverträgen.

Nurdarum konnteessichinLiebenberggehandelt haben.Warnichteben verbreitet worden,derKaiser habe gesagt,wenn esnichtgelinge,neue Ver- trägezuschließen,werdeer»Alles kurzundkleinschlagen«?Gewißwares jetztzumZusammenstoßgekommen,derKaiser hattedieBrotwucherpläne verdammtund dieEulenburgs... Ja,wasDiebeisoleherKrisiszugewinnen gehabthätten,warnichtleichtzu erkennen.SinddieHerren,dieinOstpreußen, Geldern, Cleve, TemplinundRuppin so großenGrundbesitzhaben, plötzlich vielleichtFreihändlergeworden? MagdieliebenbergerWirthschaftausder Biehmast auch reicherenErtragalsaus demKörnerbauziehen: fürfreie Einsuhr landwirthschastlicheeProduktekannderInhaberdeshertefelder Fideikommisseswohlkaumschwärmen. Jhm underst rechtdenKog- naten wirdderZollschutz,denderKanzler erstrebt, sicher nichtun- gebührlichhoch scheinen.Es kann demGrafenBülow unbequem sein, das-,-einBotschafter,den erDurchlauchtnennen muß,deinKaiserper- sönlichbesreundet istundsichinjedemJahrWochen langvonfrühbisspät.

in desMonarchen Nähe aufhält.Er kannfürchten,derihm dienstlichUnter- gebenewerde beisogünstigerGelegenheitmanchmaldas»höhereMaßvon selbständigerInitiativeundvonFruchtbarkeitaneigenen politischenAn- sichten«zeigen,dasVismarckandenChcfs deutscherMissionennichtliebte.

Erkannauchfinden, Fürst Eulenbnrgbedieneihn nichtimmergut, und, zumBeispiel, meinen,derBotschafterhättedem Besuchmehr Aufmerksamkeit widnien müssen,den derGroßfürftMichaelNikolajewitschdemKaiserFranz JosephabgestattethatDasAllesistmöglich;undeswärenichtwunder- bar,wenn GrafBiilowdiewichtigstenPostenliebermit Männern besetzt sähe,dieerselbstausgesucht hat.AndemVersuch,dieZollschrankefür FruchtnndViehzuerhöhen,wirdihneinEulenburgabernichthindern.

Impouleblanclie heißtein Bild vonPesne, dasimliebender-get Schloßhängt.EinschwarzerHahnwirbtbrünstigumeiniveißesHühnchenz gleich,man merkts,wirdderabgewieseneFreier wüthenddenrothenHals- lnppenschüttelnnnd denzierlichenLieblingdesHofes schrill ankrähen.

Beiden Thierleibern hatderKünstlerMenschenköpfegemalt;undanMen- schclischicksalsollen siemahnen.Wie demweißenHuhn,so gehtesnicht auf

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FederviehhöfennurdenGünstlingendesGlücks:siewerdenzuerstumworben, dannbeneidet undendlich gehaßt.SoistesauchdemHerrngegangen, der ansdenzärtlichklingendenRnfnamen Phili hört.Demin die Markver- pflanzten ZweigdeseulenburgischenStammes muß wohlEtwas vonder BannmachtalterZauberrnthen verliehen sein.DerVater desFürstenwar, alsAdjutant, so weichin WrangelsGunstgebettet,daßder alteFeldmarschall, dersonstkeinKostverachterwar,alserinRuppindasersteGliedeinerEhren- jungfernschaar abgeküßthatte,demMajorermunternd zuriesf: »Eule, küsse weiter!«DenvieljüngerenMann nannte derGreis seinen Freund, »in Leid undFreudeeineStützeundtreuen Stab.« DerSohn hat noch höhere Gunstgewonnennnddarfsichnichtdarüberwundern, daßerManchenein DornimAuge ist.DiepersönlicheStellungneidetman ihmunddichtetihm, nin dieunkleidsame Regungzubergen, politischenEhrgeiz größtenStils an. Dasbrauchteuns nichtzubekümmcrn,schreckteman ruhende Bürger nicht immer wiederdamitaus deinSchlaf.Diefahrendannverstörtaus, merken, daß sie gefopptworden sind,legen sich aufdie andere Seite und träumen,imDeutschenReich seiAlles ganzherrlich bestellt. Während sie nunaberschlafen, geschehenDinge,die denwachenSinn nachdenklichstimmen müßten. Jahre langdauert derSpuk;oberendet,wenn demTriigerdas LakenvomLeibegerissenist,dasallein ihn gespensterhaftwirken ließ?

DerFiirstzuEulenburgkannnichtimReichsanzeigerverkünden,niecrklinge inLiebenbergsMauern das leidige politische Lied, niemals;nur von schönenKünstenwerdeda,vondesWikingersMeerfahrerlustnndvomSpiri- tisntusgesprochen.SeineFreundeabersolltendaranerinnern,daßeinHerr, der,seiterdenTiteldesBotschafters trägt, so viel gedichtethat,zubösem TrachtengarkeineZeit findenkonnte. Undgenügt auch diesesArgument nicht,dann sollte derleidendeHeldderLegendeselbstnachdergutenWaffe greifenunddenSkaldtnsängenundMethliedern,denWaldmärchen,See- märchen,FreiheitmärchendasMärchenvonLiebenderg folgertlassen.Ein lohnenderStoff.MitdenUlranern könnteesbeginnen,demletzten-Hern- felderdenText gründlichlesen und,wenndasSchloßvorMenschenblicken nndHyänenaugenvonErdenrestcn gereinigt ist,mit derApotheoseschließen, diereisende JugendumdieAdventzeitungernentbehrt.

«

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Hausindnstrie. 213

Hausindustrieh

WiegesetzgeberischenMaßregeln,die dieHausindustrie berühren,lassen sichin dreiKategorien eintheilen:eine,von denGrundsätzendes Arbeiterschutzesausgehende,diegegenüberdenHausindustrielleninähnlicher Weise verfährtwiegegenüberdenFabrikarbeitern,dieSchwachenalsogegen dieallzu rücksichtloseAusbeutung durchdie Starken zuschützennnddenwir-th- schaftlichenEgoismus einzudännnensucht;einezweite,die denInteressender KonsumentenihreEntstehung verdanktundsichauf sanitäreVorschriftenbe:- schränkt;undeinedritteendlich,derenZielesist,dieHeimarbeitzuunter- drücken.VondiesendreiGesichtspunktenaus werdenwirdieeinschlägige GesetzgebungnndihreWirkungenzubetrachtenhaben.

DieAusdehnungdesArbeiterschutzesaufdieHausindustrie istdie landläufigste,oft ziemlichgedankenlosnachgesprocheneForderung, durchderen Erfüllungman ihren schädlichenAuswiichsenwirksamzubegegnenglaubt.

Sie istdennauchzumTheil verwirklichtworden, indem sieaberin den enropäischenStaaten nndauchineinemTheilderaußereuropäischenvor der Heimarbeit undderFamilienwerkstattHalt machte.JnEngland, Frankreich nndOesterreich sinddieWerkstätteninBezug aufdenArbeiterschutzden Fabrikengleichgestellt;Englandwagtsogar,diescharfgezogeueGrenzeder FamilienwerkstattzuÜberschreiten,sofernKinder undjungeLeuteiuihrbe- schäftigtwerden ;Frankreichunterwirft auch WerkstättenreligiöserKongrega- tionen und solcher,dievon Wohlthätigkeitanstaltenabhängen,demGesetz-, währendOesterreichsie nichtmiteinschließt.DieSchweiz dehntdenArbeiter- schutzaufalleWerkstättenaus, diemehralssechsPersonen beschäftigen,nnd aufalleohne Unterschied,indeneneingefährlichesGewerbe betriebenwird.

Hi)UnterdemTitel»DieFrauenfrage«erscheintnochindiesemMonat bei S.HirzelinLeipzigeinBuch,aufdasich daeinwesentlicherTheilmir aus denDruckbogenbekannt geworden ist—- schonheute hinweisenmöchte.Es gehörtnichtzudenBüchern,vondenenindenZeitungengesagtwird, sie dürften auf keinemdeutschenFamilientisch fehlen.Werkünftigaber einnichtnur auf dieOberflächegegründetesUrtheilüberdiewirthschaftlicheLagederFrauam

AnfangdeszwanzigstenJahrhundertsfällen will,Derwirdsichsmitdieser sorg- samen Sammlung allesWissenswerthenvertraut machen müssen.Dabei istdas Buch nichtetwagrauundkühl,wiemancheachtbareLeistung defkriptiverNational- ökonomie;esverräthüberalldie innereTheilnahmeeinesregsamen Geistes-, der, wenn erkeinenanderenWegansZiel führen sieht,vorderradikalstenForderung nichtzuriickfchreckt.DerAbschnitt,woüber dieMöglichkeit,dieHansindustriedurch Gesetzezuregeln,gesprochenwird,mageineProbederDarstellung bieten·

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