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Psychologie des Volksglaubens insbesondere der volkstümlichen Natur- und Heilkunde des Weichsellandes

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Academic year: 2021

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Mensch-isten

derHistoan Kpmmiffivn für oft-·undweftpreußifkhe« Landesforfchuns

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; Königs-vernakao-«

.» 1930.-

(2)

Gedvuckt

·mit«UnterstützungderRotgemeinithaft der DeutschenWissenschaft

(3)

Einzelfchriften der Historifchen Kommission für oft-und westpreußifche Landesforfchung

40

PsychologiedesVolksglaubens

insbesonderedervolkstümlichen Natur- und Heickmtde desWeichfellandes

Herausgegeben von

FranzHempler

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KönigsbergLPr. "

KommissionsverlagGräfeundUnser 1930

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(4)

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Druck: Ostpreußifche jDkzcckeluiund Verlag-anstatt A.-G.

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(5)

Inhalt

1.DasWissen, feine LückenhaftigkeitundAltertümlichleit Fehlengefchichtlicher Kenntnisseinderhistorischen Sage13, geringesfptachgefchichtlichesVerständnisinderetymologischen Sage14,altertiimliche AnfchauungeeinMeteoroslogieund Optik14——16.

11..DieWahrnehmungen..

NaiveGläubigkeit gegenüberdemSchein 17, Sinnestäuichungen unbekannt 17, besondersdiefreiaufsteigendenHalluzinationen 17,-durch Doppelgängertumerklärt19;dieSinnegtäuschungen derHexenbekannt,aberdieseKenntnis unvollkommen aus-

sgewertset19f. -

UL über-machtdesGefühlsimAberglaubifchen .TodundErkrankung .du-rch-Angst 21, RoseundKrämpfevon

Schreck21, Beschänden 22; Verwachsene, HäßlicheundNerven- krankesind Zauberer22f, böserBlick23,Furchtvorungewöhn- licher Haut-undKleiderfarbe23,sinnlofe HandlungenzurEnt- IpannungvonAngstundZorn 24,derAffektalsHeilmittel25, Stimulantia 25,Dreckapothieke 26,dieLeichealsHeilmittel27, derzauberkräftige Verbrecher (27)unddessen Leiche 28; affektive

Perfpektive 29. «

IV.DieBegriffsbildungI.

a)-Überbewertungdesauffälligften Merkmalg30 fSchlüssel Zo,

-

SalzundNessel 30, Urogeniialapparat31).

-b) Gattung--undArtbegriffeimPflanzen-(31)undTier- reich (32 f).

chParthenogesnelis 33,BerwandlungeneinerTierait indie andere34, Wertiere34,Mischgeftalten35.

d) PersonifizierungvonAnokganifchem.

V.DieBegriffgbildungII.

Höhete AbstraktioneninderVolkgmedizin..- a) Versteinerung:-Lähmung 36, mangelhafteAusbildungder

;Begriffe »tot« und ,,lebendig«37,mordendeTote 40, untuhige Tote41.

b) BegriffderAnfteclung, ansteckenderTod42, Krankheits-über- tragung42.

(6)

c)Krankwerden undSterben eineBezauberung43,ungewollt verbreiten Zauber:dieWöchnerin 43,dieHexe 43.diedämo- nischen Berufe:derreicheGuts-undFabritbesitzer44, Künst- ler45, Heerführer45, Geistliche 45, d) zauberhaltigeDinge:Bücher 46, Uhr 46, Besen 47, e)zauberische Pflanzen(48)undTiere[48), i)dieambivalente Atznei49—53, g)WürmerimKranken,meist hineingehext54f, h)KrankheitsbilderderhauptsächlichstenZauberleiden:Weichsel-

zon 55,Koolk56,Kage 56,

i)die»Elemente« alsKrankheit-verursachen Wirbelwind 57, Wasser 57,Erde58,Himmel 59,FeuerundBaum60, Wald

62,Steine 62, Frost 62, .

Ic)dasdurch Wunderentstehende Heilmittel 62-t.

VI.Urteilen UndSchließen.

Konkreteg DenkenundmangelndeEntwicklungderKategorien 65,diebeliebtesteVerbindung zweierVorgängeistdieun- mittelbare Bewirkungdeseinendurchdenanderen 66,ange- boreneFunktionenunbekannt 67,naive Berkniipfungvonin FarbeundGestaltähnlichen Erscheinungen68, dasselbe Ding alsUrsacheundGegenmittel68,WirkungfixerEinstellung69, magisch-e Gigenschaftgübertrasgung,besondersbeiZeusgung70, Taufe(71)undEheschließung 72, Vorzeichen zugleich- Ursache 73,tötendeTöne74,LevyzBruhlsPartizipationggesetz, seine GültigkeitimVampirglauben (74)undinderBiehbezauberung 75, ZusammenfließendesZauberersunddesbezaubertenObjekts

76,BildundMaske79. «

VII.KurzeAnatomie, PhysiologieundTherapie der Volk-medizin.

HaareundNägel sind SitzvonLebenundZauberkraft81; Fuß- spur,Ausscheidungen, Spiegelbild,SchattenundNamegehören zumJch 82,dieOrganeundihre-Funktionen ungenügend bekannt83,TierealsOrganeimMenschen 87, Parasiten88’, durchDämonenveranlaßteAbnormitäten 89,Vererbungund angeborenegGlück90,Glück undKrankheithaftendenWesen oberfliichlichianundlassen sich abstreifen91, Gehirnfunktionen92,Diagnostik 93,Eigenschaftsiibertragungim Heilmittel94,HerauglassenderKrankheitdurchAderlasz 94,

»tierische«Mittel95;Tanzen, Schaukeln, Schlittensahren96.

V 111.PhantasieundSage.

Bewußtegundunbewußt-es »Kohlen« 98, SiegderIügenhaften, abergenauen undinteressantenAngabe 99,derNewenkranke unddiedämonische Landschaft 100,Entstehungsagenumwobener -Stellen102,Mehrdeutigkeitder Dämonen undGottheiten103H-

(7)

Verzeichnis

derfolkloristifchenLiteratur desWeschsellandeQ

B r a n dstä te r.DanzigerSagenbuch.ng 1883.

Behrend,Westpr. Sagenschatz.6Bde.ng 1906ff.

Märchenschatz, ng08.

Berstoßene Kinder.Kgb1912.

Bronisch, Kaschubische Dialektstudien.2Bde.Lpz.1896n.1898.

B r u n n e r,Ostdeutsche Volk-kaude.Lpz.1925.

Ceynowa, Deterrae Pucensis incolarum swperstitione inremedjca, med.Diss.Berlin1851,abgedrucktinGryf11I.S.187-—208.

Fris chbi e r,

HexensszkztuchundZauberbann,Berlin1870, abgekürzt:H.u.Z.

Preußischesörtetbuch.2 Bde.Berlin 1882J83, abgekürzt: Pr. Wh.

Fc y d r ycho wi c z.WestpreußischeSagen. Pelplin1914.

G-ryk,PismodlaSpraw ka.szubskich,Berent1908ff- G u l go w g li,Voneinemunbekannten VolkeinDeutschland, Berlin1911,

abgekürzt: Gulgowski.

Hessische Blätter fürVollskunde III.112ff»abgekürzt Hess Bl.

Knoop, VolkssagenausdemöstL Hinterpommetn, Posen 1885, abgekürzt:

noop .-om.

Sagen

ZeiiProvinzPosen(Berlin 1913),abgekürzt: Knoop Sg. o.

SagenundErzählungenausderProvinzPosen=Sondern-eröff- d.hist. Gesell. f.d.Prov.Pos.Nr.2, abgekürzt: Knoop11.

Jahn, ll., VolkgmärchenausPommernundRügen,1891.

Mitteilungeanjkaereinsf.Kaschubische Volkskunde.Lpz.. abgekürzt: Kasch.

os-

Krause, R.,Sitten, Gebräucheund Aberglauben inWestpteußen, Berlin1904.

ngowski [Pseud.: Nadmorgky Kaszuby iRegieij abgekürzt:

Legowski.

Le mke.IVtålkstümlicheginOstpreußen,3Bd»1884—1899,abgekürzt:

eme.

Loren tz,Slovinzische Texte, St. Petergburg1905, abgekürzt: LorentzSloo.

TekstyPomorskje, Krakau1913—1924,abgekürzt: Lorentz Pom.

Fjjgleanezdzevskjich gburov ng.1920.

Mannliardt. diepraktischenFolgendesAberglauben5.mitbesonderer BerücksichtigungderProvinzPreußen,Berlin 1878, abgekürzt:

Mannhardt,Abergl.

MühlradL DieTuchler HeideinWortundBild(1908 ff.), abgekürzt:

Mühlradt.

5

(8)

Negele i n.AberglaubenaufderKurifchen Nehrung (augGlobugBd.82) 1902, abgekürzt:Negeleikr.

Philipp, BeiträgezurermliindiichenBolkgkunde (Diss. Greifgw.1906), abgekürzt: Philipp.

Plenzat,Dieost-undweit-preußischenMärchenundSchwänke nach Typen geordnet. Elbing1927.

Preu ß,Th» Tierfagem ng.1912.

Ramu It,Slownik jqzykaPomorskiego, Ktakau1893, abgekürzt:Namult Reufch,SagendsesPreußifchenSamlandes 1865, abgekürzt:Neusch.

N i n k,HeimatblätterdesDeutschen HeimatbundesDanzigII.4:»Deutscheg Volks-gutinderKoschneiderei.«

Tattedi,ng. 1924.

Schemke,WatOhmke vertällt. ng.1924.

Schmidt, Hundertalteundneue Volkstätsel aus Weftpreußen ng.1924.

Schnippel, BolkskundevonOft-undWeftpreußen,2Bde., ng.1921ff.

Stanitzki. HeimatsfagenausDanzigundPommerellen,ng.1924.

HeimatmärchenausDanzigundPommerellen,ng.1924.

Szrtlczewgki,AllerhandfahrendegVolkinKujawien,Lissa 1906, abge- kürzt: Szulczewgci.

T e t t a uu ndT e m m e,DieVolkssagenOstpreußen5, Litthauensund

-

Westpreufzen 1843» abgekürzt:Tettauu.Temme.

T.reichel, Alex»inBerichtendesBottZoologVer.f.Westpr. 18802——85, instichtHist.Vet.Marienwetder.

T ö p pe n,AberglaubenausMasurem Danzig 1867, abgekürzt: Töppen.

Tetzner, DieSlovinzenundLebakafchuben,Berlin 1899.

AbkürzungenderOrtsnamem

Bt.=Berent M.=Mewe

Di.=Dir-schau Mrwd.=Marienwerder Wpr.

ng.=Danzig Nbg."=Neidenburg

ng.H.=Danziger Höhe th.=NeustadtWpr.

ng.ng.=Danziger Niederung Opt.=Oftpreußen

G.=Elbing Pu.=Putzig.

Hohft=Hohenftein Opt. Nsbg=NosenbergWpr.

Ka.=Karthaug Th.=Thorn

Ko.=Konitz W.=Großes Werder

Kgb.=Königgberg Wpr.=—Weftpreußen.

Laubg.=LauenbnrgPom-

(9)

UnsereGebildeten undJugendbildner fühlen sich heute demur- müchsigen Bolkstum unendlichvielnäher als vorzwanzig Jahren.

Ilberalhbesonders in denGroßstädtenwerdenindenHeimatbünden alteTänze, Märchen und mundartliche Volkspoesie gepflegt. Jn keinem Schullesebuch dürfen HeimatsagenundplattdeutscheRätselfehleir.Es istnurmerkwürdig,daß sich in diesen SagenprobenvielfachFälschungen undKitfchbreitmachen,je länger, desto mehr.Fälltesnicht sauf, welch breiten RaumdiehistorischeSageeinnimmt, diedoch in denbesten wissenschaftlichenSagensammlungenwieMeiehesSächsischenSagen und Kühnaug Schlesischen Sagenfast verschwindet.Obendrein begegnen ung indenJugendbiichernhistorische Sagenmittragischen Liebes- geschichten, großen historischen NamenundmitJahres-zahlengespickt.

Jedermann,derausdemVolksmund gesammelthat,weiß, dasur- wüchsig-naiveVolk erzählt sich nie und nirgendsolcheGeschichten. Nein, hier istetwasfaulimStaate Dänemark.

Warum treten dieGeschichtenvon Wassermännern, Werwölfen undTotenseelenso zurück, die doch denGrundstock dergroßen wissen- schaftlichen Sammlungenbilden? Sieriechen nach Aberglaubenund verderben derfröhlichenSchülerschardurch ihrenpessimistischen,AuS- gangdieLaune.UndderheimatliebendeDeutschlehrer erklärt:»Unsere dummenostdeutschenBauern erzählen sichnurblöde, grufelige Spuk- geschichten; soetwasFeineswieRotkäppchen,Dornrögchen unddenge-.

stiefelten Katerschafftnurdieechte deutsche VolksseelezwischenElbe undNhein.« Jn solchunklarenundoberflächlichenÄußerungentritt dieganzeBegriffsoerwirrungundSchauspielereizutage. Abgesehen davon,daß geradejene dreiMärchen französischen Ginschlag haben (v. d. Leyen, dasMärchen S. 141), übersiehtderHerr Heimatgkenner auch, daß nureinTeilderÜberlieferungen UnterhaltungundSpaß ist, dergrößere Teilaberbesteht in Glaubensbekenntnissen derniedere-n - Neligiositätunderstem Vermächtnis praktischen Wissens.

DasMärchen istfreilich Geflunker,willspannen nnderfreuen,ist ungedruckteUnterhaltungsliteratur, literature orale (scs-hjllot-).Die Sage abergibtWahrheit,willernstlich geglaubtwerdenundGlauben erwecken, Glauben aneinegrausige, dunkle WeltdesSchicksals und-der Dämonen. Ein Jugendbildner, derdem SchülerdieSagenurals phantastische, spannendeErzählungnäherbringt, der-denGlaubendes VolkesnebenseinerDichtung nichtzuWortekommenläßt, ist vielleicht eine Kuriosität in der Zeit derKulturkundeundbegeht eineHalbheit.

Magerweiterzeigen, daß die,,geistig Armen«bunte,kraftvolleund 7.

(10)

spannendeKunstwerke schaffen, die oft einenVergleich mit der höheren Literatur aushalten,aberinengsterNachbarschaftmitderSagege- deihen Aberglauben,abergläubiskheBräuche, QuacksalbereiundSpuk- geschichten. Unddieser ernste TeilderVolksüberlieferungen spieltim realenLebeneinegrößere Rollealsderfabulierend-spaßige undist ungleich wichtigerzur-Erkenntnisdermenschlichen Seele.

DieSpukgeschichten verdienen mehr die BeachtungdesMenschen- undHeimatkenners alsdiehistorischenSagenundMärchen.Diese plumpen,quälend unästhetischenErlebnisberichte, denenjeder anmerkt, daß nicht Unterhaltung undSpaßihr Zweck sein kann, geben den tiefsten Einblick indieEmpfindungs-undGedankenwelt desurwiich- sigen Volksundmüßten dem gebildeten Heimatfreundschon deshalb wertvoll sein, weilsie die Mutter derSage sind.

DieSage entwickelt sich nämlichaus demErlebnisbericht, wenn einDutzendDorfgenossendiesen weitererzählen.Ererhält dabeiim MundeguterErzählerdramatische Formung,undesmengen sich ihm ungewollt Erklärungen undÜberzeugungenderVerbreiter bei.»Der Säuferz.B.siehtimDelirjum tremens weißeMäuseundweiße Menschengestalten.Nunbetrachten aberunserechristlichen Schäfer und Fischer solcheängstigenden Visionen als Teufelswerk, und ihre Farben- snmbolik verlangt,daß böse Erscheinungenrotoderschwarz sind.Folglich findenwirindenwestpreußischenTeufelssagen,wojeneErlebnisse, dramatisiertundindieMasseniiberzeugungeneingereiht,landen,nur

iGeschichtenvonroten undschwarzen Dämonen, die denSäufer heim-

uchen. -

SchondiesBeispiel zeigt, wiedieVolksmedizinvom Volksaber- glaubennichtzutrennen ist. »Auf keinemGebietunseres Volkslebens hat sich...soviel bedeutsamerNestdesGlaubens undderAnsichten unserer ältesten Vorfahrendurchgerettetbisauf unsere Tage wieauf demdervolkstümlichen Heilkunde.«(Seysarth,sAberglaubenund ZaubereiinderVolksmedizinSachsens,S.III.) DieVolksmedizinist dergefährlichste undbarbarischsteTeildesAberglaubens. DerAn- hänger des Naturheilverfahrens wirddiesUrteil ungerecht finden, und hatz.T.recht.Erdenktin erster Linieandiegute, alteKräutersrau.

JhreKunst ist auf erfahrungsmäßiges Wissen ausgebaut,undsieist dieVorläuferindesApothekers.Die Kräuterkundespielt aberheute in derVolksheilkundekeineRollemehr.Einlandfremder Abkömmling altrömischerHeilkunst (Franz, Die Benediktionen imMittelalter I.394), hat sie der vollkommeneren akademischen Medizin weichen müssen,Und lebengebliebensind urtümlichster Köhlerglaube unddiealtenmagi- schen Vräuche.

DaderVerfasser hauptsächlichandiesem Material dieganzab- weichende Formvolkstümlichen Denkens undFühlens aufzeigen will undimmerdenGlaubendes VolkeshervorkehrtimGegensatzzurPoesie undzuminhaltsleeren Brauch,möchteerkurz dasVerhältnisvon Brauch und Glauben streifen, da hierüber viel Unklarheitherrscht.

Derexakt rechnendeMenschsteht ratlos da,wenn erfolgendesich usidersprechende Neujahrsbräuche vernimmt:

8

(11)

-

Jm Oberland werdenSilvesterÄpfel gegessen,umimneuen Jahr vorFieber sicherzusein (LemkeI.21, bei Neuenbürg Westpr. werdensie geradegemieden[Hr.V.72);dennmanbekommtimneuen Jahrsoviel Krankheiten,wieman Äpfelißt. Und im Samland essen die jungen Leute inderNeujahrsnachtÄpfel,umsich Liebesdrakel zuhole-n (FrischbierH.u.Z. 164).

JndereinenGegend werden SilvesterGrbsen gegessen, damitsie imkommenden Jahrgutgeraten(Gilgenburg,Töppen 67).Jnder andernLandschaft schützensie den, der sie ißt, dasganzeJahrvorUn- fällen(Marienwerder,Hr. I. 86), anderswo vorPrügel(Hohenstein, Töppen 63), Geschwüren(Willenberg,Töppen63;Dt.-EylauHr. I. 89), Ausschlag[Kahlbude-ng. H» Hr.IV.97), Hautkrankheiten (Lemke II.273); inSalleschen, Kr.Neidenburg,endlichdürfen sie Silvester geradenicht gekochtwerden,sonst gedeihendieErbsennächstes Jahr schlecht (Hr. IV. 100)."

Weitverbreitet istamNeujahrsabenddasPeitschenknallenund Schießen.Aberwährend im Kreise BütowüberdieObstbäume ge- schossenwird, damitsie nächstes JahrfleißigFrüchte tragen(Knoop 177) undüber die Felder geschossenwird, damitdie Halme volleÄhren bekommen (Gulgowski210), schießen undpeitschen dieKnechte bei Danzig das alteJahrtot[Ohra 1V. 92), und im Oberland glaubtman sogar,demNachbar so durch eineZaubereidasFutterwegknallenzu können(LemkeI.7).

DerselbeBraucherfährtalsohiereine andere Ausdeutung alsdort· Manch BrauchistursprünglichSpielgewesen oderhat einenganzbanalpraktischenCharaktergehabt. Alssich dieZeiten änderten,fielerals unverstandenes Überlebsel aufund reizte zuErklärungen, undnunwerden ihmzahlreiche, widersprechende,ge- heimnisvolle Deutungen gegeben; z. B. »deutlich tragendiemeisten PraktikenderDivination spielmäßigen Charakter-« (Ganszyniec in PaulyWissowa,Real-Gnc. »Nitus«, S. 930).OdereinSakrament, dasderGebildetealssymbolische Handlungauffaßt, ist für den kul- turellTiefstehendeneinmagischer Götterzwang DerPrimitive kennt keineSymbole

Unsere Kaschuben stecken wiediealtenGriechen denToten Geld oderTopfscherben in den Mund. Deraltgriechische Tote sollte bekannt- lichdiesenGroschen demCharonalsFährgeld zahlen.DerGebildete glaubtleicht,nun schon denursprünglichenSinn desBraucheszu wissen, undhält unsern einheimischen Brauch vielleicht sogar für Ent- lehnungausAlt-Hellas. Erwirdstutzig,wenn derTotenpfennig anderswo alsAbfindungfür die auf der Oberwelt verbleibende Habe desTotengilt.DerKaschmbe erklärtgar,derTotesoll sichandem GelddieZähne ausbeißen undnichtdieLebendenausfressen CRamult 385,Ceynowa in Gryf Ul.200, Gulgowski161).Keinedieser Erklä- rungen gibtdenursprünglichen Sinn desBrauch-es wieder,woraus treffend Leim-Brühl (Das DenkenderNaturvölkerS. 9) hinweist.Der primitive Mensch spekulierte sicher abweichendvomheutigenfolgender- 9

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maßen: die Unverweslichkeit jener Scherbenund Metallstiicke sollaus

den Totenübergehen; - . - -

Wirkönnenheute wohl noch dieWurzel der meisten Volksüberzeu- gungen aufdecken unddabei dieSeeledesUrmenschen wieder er- schließen,wie derJndogermanistdieSprachenvor4000 Jahrenrekon- struiert·Imangeführten Fall mit demTotenpfennigwar dierichtige Deutungnoch heute mancherortslebendig, undgerade inderUnter- schicht höher gesitteterVölker. Esist Unsinn, daß in einemVolk, und seiesauch daskultioierteste,derAberglaubenaus-gestorbenist;erbüßt nichteinmal seineUrspriinglichkeit ein. Freilicherstseiteinem Menschenalterweiß der Volkskundler,daß auchinunsererUmgebung indentiefstenSchichten etwas vonewigemUrmenschentum lebt.Leider hatman noch vielzuwenigdiesurmenschliche Denken undFühlen geradeimVollsglaubenderHeimatbeleuchtet Unsereuropäischer Gelehrterhat sich gewöhnt,inSitte,Sage undVolksmedizinunver- standene, versteinerteReste oergangener Zeitenzusehen.Vielesim Volksglauben ist aber tatsächlichverstandene,lebendigeWeltanschauung.

DerVerfasser hat15JahrelangimpreußischenWeichselland Sagen undAberglaubengesammelt.Esdrängte ihn ständig stärker, in das versteckte Fühlen und Denkender»geistigen undsozialenTiefenschicht«

hinabzuschauen. DasahervollVerwunderung,daßderVolksglauben allenthalbendie Leutenoch. tief innerlich ergreift,krankängstigt, aber auch wiederGegenmittelhergibtUndaufrichtet. Selbst diesagenbil- dendeKraftist noch langenicht erloschen, wieNegeleinbehauptete fAbergLauf d. Kur.NehrungS.3,).Versuchen wirnurredlich,uns in dienaiven Gedankengänge desprimitivenLandsmann-; einzufühlen, dannkommtbaldOrdnungindasscheinbar widerspruchsvolleChaos,

undüberalltrittGesetzmiißigkeithervor. -,

Vielleichteignetsich unserWeichsellandbesondersgutzueiner Durchdenkung(Erfassung)undDeutungdesVolksglaubens. Lippert Christentum S.404) hatvonihmdasschmeichelhafte Urteil gefällt:

»Jmmer istOstpreußendasklassische Landderverständnisvollundun- geschminkterhaltenenFormen.« NurmußteOstpreußen östlichvom 21.-LängengradmangelsschriftlicherQuellenunberücksichtigt bleiben.

Dafür ist die Westgrenze desOrdenslandessoweit gesteckt,wiesie«nur je war,amEndederDeutschordensherrschaft,alsoeinschließlichder Kreise LauenburgundBütow.UndimSüdenist alsGrenze die Netze genommen, fernerist dasandieWeichsel unddassKulmerland ange- lehntesprachverwandteKujawienindieUntersuchung miteinbezogen.

Dievolkslundliche Literatur diesesLändergebietesenthält wertvolle Materialsammlungen(siehe LiteraturperzeichnisS.5und6),freilich nurfür kleinere Teilgebiete.« Verhältnismäßig schlecht fortgekommen wardabeidasKernstück längs der WeichseLDHier schöpftder Verfasser auseigenenhandschriftlichenAufzeichnungen, zitiertTit-mitrömischer Band-nndarabischerSeitenzahly - - -

"

«

Eine Unterscheidungvondeutschemundslavischem Volksglauben hat der Verfasser inder Regelunterlassen.Daserfordertfür den des Landesunkundigen Leser eine kurze Erklärung:Deutsche undpolnische 190

(13)

Bevölkerung wohnt im SüdenundWesten desGebietes buntdurch- einander. Ständigsind TausendevoneinemLagerinsanderehin- übergewechselt.JnderNordeckeWestpreußens spricht die Grafschaft Krockowdeutsch, dieNachbardörferkaschubisch Unddoch istesmitder Herkunft umgekehrt. Zur Zeit der Nesormativnsprachen die Vorfahren jener Kaschuben deutsch und die Krockower slavisch (Lorentz, Geschichteder Kaschuben 117 f. Jm deutschen Oberland undindenWeichselwerdern stammt ein großer Teilder deutschsprachigen Bevölkerung von polnischen Landarbeitern (Lemke Ill.87).überhauptwar vordemWeltkrieggut einDrittel der»unzuverlässigen«WestpreußenimwahrstenSinne doppelsprachig,der-art,daß derKaschube mit seinenPferdenund Hundendeutsch,mitdenKühenslavischsprach (Legowski S. 148).

Weder nach Artnoch nachStärkedesAberglaubens bestehen zwischen deutscher undvposlnischerBevölkerung erhebliche Unterschiede Ebenso istimWeichsellandderVolksglaubevonderKonfession kaum nennen-wert abhängig (vgl. S. 64).DieEvangelischenbesorgen sich bisauf den heutigenTag katholisches WeihwasserundgeweihteKerzen (Pehsken, Kr. Mewe, Hr. XVII. 191ff;ng.H. HavaL 467f.; vgl.

Bludau, Oberland 201u.202).DieProtestanten etwain derDanziger Gegend erzählten fast ebensovielTeufelgeschirhtenwiedieKatholiken Hexen-undBampirglaube spukt inevangelischen Hirnenfast noch ärger alsinkatholischen (Knoop 11. S. le). DenKatholikenbe- ruhigtnoch dasVertrauen aufdiekirchlichen Abwehrmittelgegen Geister undZauberei.

Esliegtauch nicht so einfach, daßmanabergläubisch mitdumm, stumpfsinnig oder unkultiviert gleichsetzen kann. Jm Gegenteil;da der AberglaubenvielBerbindungslinien zwischen denDingen undEreig- nissen zieht, ebennurzuviel, erhälterdenGeistinSpannungund macht ihnrege.DerAberglaubehängtzumgroßen Teil mit dem Beruf zusammen.Berufe, die dem Zufall unddemEingriffelementarer Ge- waltenvielSpielraumlassen, begünstigen den Aberglauben,etwader Beruf desFischerg,Kleinkrämers oderSchauspielers.NotundKrank- heit sind wichtige BundesgenossendesAberglaubens.DerselbeMensch neigtinGefahrenvielstärkerzuMystizismusundMagiealsin ruhigenTagen.Ganz fern stehtdemVolksglaubendergrößere Be- sitzer, etwaderbehäbige, nüchtern rechnende Niederungsbauer.

Trotz alledemist eineunerklärlichestärkere NeigungzumAber- glaubenfiirgewisse Landschaftenfestzustellen, z. B. für die Kaschubei, dieDanzigerHöhe, dieHaffuferundMasuren. AufderDanziger Höhe wohnendiegroßenHexeriche,dienochheuteaus Braunsberg, PutzigundBütow, überallepolitischenGrenzenhinwegausgesucht werden.

11

(14)
(15)

l.

DasWissen.

WenneinDurchschnittsgebildeteraufgefordertwird,zusagen,was amVolks-glaubenvomsonstigen Denkenabsticht, wirderin erster Linie diePhantasterei unddieUnwissenheit bemängeln.Welch schlimme Meinungbekämeererst,Wenn erungeschminkte,volkstümliche Ge- schichtsüberlieserungenhörte! Jn BehrendsWestpreuszischemSagen- schatzlesenwir Sagen,diesich dasheutige VolkvonKämpfen der Ordensritter mitdenheidnischenPreußen oderdenPolenerzählen soll;aberdassindnurErinnerungenandieSchulstunde.Untersich wissen die Leuteimmer nur: »Hier ist einmal eineKirche,daist ein Schloß·versunken.« AlseinzigenZusatzhörtman,daß dortdaser- lösungsbedürftige Schloßfräulein umgeht.DieOrdensritter lebenim Andenken desVolkshöchstens alsgottlose Raubritter fort(Boden- winkel-ng.Ndrg. Hr.Vl.171—-BehrendI.53ff.) oderalsRiesen (Schönwalde-Nst., Kasch.Volksk.I.157.210—- Ramult283).Kaum vom AltenFritz gibteseinewahre Kunde, dasmeiste sind Schnurren undSchwänke,dieanderswo vonPetrusoderTillEulenspiegeler- zählt werden.

Für die Masse des Volkes ist schon dieZeitvon1870intrübe Nebelentrückt.Dahat derstrafendeGottvor50JahreneinRaub- ritterschloßin die Erdesinkenlassen(Karwen-Putzig. Hr. x1.245). Das verschiwundene Schloß (Burgwall) inAltstadtbeiChristburghaben dieFranzosen1870zerschossen (Hr. III.50).DieBurg im Mär-ken- dorferSee, einenBurgwall,haben dieselbenFranzosen181311814zer- stört (Miiskendorf-Ko.HrIV.62).Ausderselben Zeit stammen die

»französischenGranaten« imMarienwerderer DomundimDanzker, essind Steinkugeln(Garnsee-Mrwd. Hr.XVI.142).

JmWaldnördlichvonGilwe(Kr. Marienwerder Hr.XIV.57) soll 1870einGefecht gewesensein, davondievier»Franzosengräber«·Die WachsmutherKirche ist 1868vondenFranzosenzerschossen Gr.X1V.

191);andere meinen,dashabendieSchwedengetan,ihreGeschsiitze schossenvonhinter Grausdenz,40lim!Gr.XIV.191). Von einerheid- nischen Vorzeitundvon Vor-deutschen Bewohnern hatman keine Ahnung:dieSaalselderKirche istaus Kappe-n herübergebracht, dort stand sie»vonAnbeginnderWelt« CLemke11.5fs.).Jn den»Asch- töppen«—-Urnen—-liegenverbrannte Kohlen-begraben (Schiiddel- kau-ng.H«. HI. xV1L 153s.) oderkrzezoey =riesenhafteKreuz- ritter (Schönwa-lde-Nst.,KaschVolksk.157). !

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Allerdingssind diesnur dieAnschauungenvonkleinen Eigen- tümernundGutsarbeitern, aber etymologische Sagenwerden selbst vonAkademikern kritikloshingenommen: Ladekopp(-Großes Werder Hr. xIv.166) hat seinen Namen davon,daß inaltenZeiten,alsdas Haffbisdorthinreichte, dieSchiffer sprachen: »Hjeloade wyopsz WoBiesterfeldesteht, »verbiesterte« sich einst ein Ritter(=verirrte sich) Gr.XIV.165).Im Krug »Bösenfleisch«bei Schwarzwasser (Kr. Star- gard,Behrensd IV.42f.) wurdeden«Gästen einmalMenschenfleischvor- gesetzt. Konitzheißt nach einem Kuhnest(Tettauu.Temme233).

Berentist Bär-End',einVaterundseinSohn tötetenauf derStelle, wojetzt die Stadtsteht,einen Bärenundbenannten darnach den Ort, densie gründeten(Tettauu.Temme263).Guinbinnen hatseinen Namenseit der Ankunft derSalzburger.Vordem hatteeskeinen.Die alten BewohnerstandenandenStadttoren undriefen:»Kummt binnen!·«Gr.III.31).EinTurminElbing heißtheute »dasNoß«, dortließeineMutterihren ungeratenenSohn auf ein hölzernes Pferd bindenundverhungern(BehrendV.51).Zum BaudesButtermilch- turms inMarienburgist Buttermilchverwandt; tatsächlichhatseine Milchkannenformihm denNamen gegeben,vgl.dieTürme»Milch- kanne«und»Sahnentopf«in Danzig.

Dutzendesolcher Sagenerzählen sich heute nochDeutschewie Slawen aller Stände,dabeilassen dieDeutschengernmangelnde Kenntnisse im Polnischen spielen:woheutellsznitzsteht,warfrüher Einöde,-dieSiedlungentstand,,usnie«=»ausnicht-« (Pieckel-W.

Hr. XIV. 166).Aufeiner RevisionsreisekamderAlteFritz nach Kowalewo (poln.=Schönsee Hr.x1v. 134).Abends tanzteermit derTochter desSchönseer Schmiedes.BisherhattederOrtnoch keinen Namen,jetzt wurdeernachdemdenkwürdigen Tanz »Schmied-links«

=,,kowa1lew0«benannt.

Diese albernen Fabeleiensindnur möglich beieinem frassen Mangelansprachlichem undhistorischem Verständnis.Aufandern Wissensgebieten,z.B.Physik,Chemie undOptikwerden auch unge- heuerlicheDinge erzählt. Aberhier liegt, genaubesehen, nichtWissens- mangelvor,sondern altertümliches Wissen, dasaus demStande von 1800n.Chr.oder1800v.Chr. stehengebliebenist.Das«Zeitalter derElektrizität« leuchtet nicht in jede Hütte hinein!Oftmischt sich ge- schichtlicheundphysikalische Unkenntnis zu einemreizenden Gemengsel.

InBudzin[-Mrwd.Hr. xIv. 189f.) fandman mehrereMenschen- schiidel»DereinehatteeineblaueStirn,dahatteersich wohl ge- stoßen; ein anderer hatteroteHaare,daswareinGermane.« Auf demRussenberg beimKronenhof(-Danzig-Ndrg.Hr. XIV.170J fand man Menschenknochen,darunter einenKopfmit-rotem Haar;dieLeute sagen: »Das muß derOberste gewesen sein.« Also derFeldherr-hat nichtnur einenroten Mantel,alleseine TeilesindvonderGesamt- qualität»rot« überstrahlt.NeinphysikalischeErscheinungenwieder Regenbogen, welch urzeitliche Ausdeutungerfahren sie! Jn ganz West- preußen lebtdieüberzeugung, derRegenbogen- ziehe Wasseraus Seen,Sümpsen undFlüssenindieGewitterrvolten empor.

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Gut-tau- III

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