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Die Novemberrevolution 1918 : ihre Entstehung und ihre Entwicklung bis zur Nationalversammlung

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Academic year: 2022

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ember

revolution 1918

von

Dr. E. Menke-Glückert

Verlag von Dr. Werner Klinkhardt

(2)

D E U T S C H E REVOL

dient der neuen Zeit, der Zukunft Deutschlands, duH j einzelnen Schicksal ist. Die alte W e lt ging krachenH Trümmer. Neues schaffen ist die Losung. Die ungehem ^H Aufgaben, die unser aller Mitarbeit fordern, wollen durch- dacht, mit Kopf und Herz hoffnungsfroh erfaßt und mit fester Hand durchgeführtwerden. Mit einer überwältigenden Füllte neuer Probleme hat sich das deutsche Volk so oder so ab­

zufinden. Darüber Klarheit zu schaffen, den Kern dieser Probleme bloßzulegen und sie einer w eiten, wenig oder gar nicht vorgebildeten L eserw elt zu vermitteln, das diese neue Schriftensammlung versuchen. Sie die „ k Partei, nur der Sache, mit der w ir alle stehen oder fatiön.

Jeder Redner vertritt seinen Standpunkt. W ir g la u b e n einander, daß w ir nur das Beste wollen. Im übrigen lebe die Diskussion! Sie sei ein Spiegelbild dessen, w as die Gegenwart an Ereignissen und Gestalten durcheinander­

wirbelt, und eine lodernde Fackel auf dem W eg e in ein noch dunkel verschleiertes Neuland.

D er Deutsche ist der Historiker unter den Völkern. Ohne den sichern Rückhalt organischer Ent

dieser Sammlung ist daher, die Brücke

Gegenwart und Vergangenheit, zu zeigen, daß die deutsche Revolution des Jahres 1918 kein Blitz aus heiterm Himmel, sondern die notwendige Katastrophe eines Dramas war, das ein volles Jahrhundert spielt. Bekenntnisse und Er­

innerungen hervorragender Männer und Frauen, die revo­

lutionäre Stürme der Vergangenheit m it e r le b t e n , sollen beruhigend und ermutigend zu uns sprechen. Nur auser­

lesene Gäste im literarischen Festgewande werden hier zugelassen. Diese R ev o lu tio n slite ra tu r im vornehmsten Sinne des W ortes bildet innerhalb unsrer Sammler, wissermaßen das Feuilleton gegenüber dem schw politischen Leitartikel der übrigen Bände.

ins Bodenlose hinausgeschleudert

(3)

D E U T S C H E REVOLUTION

E in e S a m m lu n g z e it g e m ä ß e r S c h r if te n

Herausgegeben von Prof. Dr. H. H. Houben und Dr E Menke - Gluckert - ... ...t I. B A N D ... ..

Die Novemberrevolution

1918

Ihre Entstehung und ihre Entwicklung bis zur Nationalversammlung

Vo n

Priv.-Doz. Dr. E. M E N K E -G L Ü C K E R T

Abgeordneter zur Sächsischen Volkskam m er

B ib lio te k a J a g ie llo n s k a

1001952466

V e r la g v o n Dr. W e r n e r K lin k h a r d t, L e ip z ig

(4)

& S A G ßV (E N 8ie

Buchdruckerei Julius Klinkhardt, Leipzig.

(5)

Inhaltsverzeichnis.

Seit«

I. U rsachen und V o rgesch ich te der R evolu tion . 5

U n zu frie d e n h e it an der F ro n t. — D ie S ch rift d es F ü rste n L ic h n o w s k y . — S ch le ic h h a n d e l u nd K r ie g s ­ g e w in n e . — B o ls c h e w is tis c h e P ro p aga n d a. — D ie F r ü h ja h r so ffe n s iv e i g i 8 . — M iß trauen g e g e n d ie H e e re sle itu n g . — D ie red n erisch e O ffe n s iv e . — Ö sterreichs F ried en ssch ritt. — B u lg a rie n streckt die .W affen. — D er Z u sa m m e n b ru ch L u d e n d o r ffs. — D a s d e u tsch e W a ffe n stillsta n d sa h g e b o t. — W ils o n s F o rd eru n gen . — Ä n d eru n g der d e u tsch e n R e ic h s ­ ve rfa ssu n g. — A b d a n k u n g L u d e n d o r ffs. — A llg e ­ m einer Z u sam m e n b ru c h .

II. A u sbruch der R e v o lu t io n ... 37

D e r erste A rbeiter- u nd S old aten rat in K iel. — D ie R e v o lu tio n m arschiert. — D ie rote F a h n e in H a m ­ burg, L ü b e c k und B rem en . — K ap itu latio n der alten G ew alten . — D ie b a y e ris ch e R ep u b lik. — D ie U n ­ ab h ä n g ig e n in B erlin. — P arlam en tarisieru n g der p re u ß isch e n R e gie ru n g . — U ltim a tu m der S o zia l­

dem okratie. — A b s e tz u n g der D y n a s tie W itte ls b a c h .

III. D ie R epublik im R eich und in den E inzelstaaten 57

A b d a n k u n g des K aisers. — S ch e id e m a n n erklärt D e u tsch la n d als R e p u b lik . — D ie R e g ie r u n g der s e c h s V o lk sb e au ftra gte n . — M a sse n ab d a n k u n g der d e u tsch e n F ü rsten . — K ö n ig sw o r te . — D ie V e r - . s p re ch u n ge n der n eu en R e gie ru n g . — Spartakus u nd die P re sse . — 10000 A rbeiter- und Soldatenräte.

IV . D ie B edingungen des W a ffe n stillsta n d s. . . 75

D ie d e u tsch e n U n terh än d ler in C om pi& gne. — A n ­ n e h m e n oder ableh n en. — K e in e M ild erun g. — V e r - 1 g e b lic h e r A p p e ll an die am erikan isch e R e gie ru n g . — V e rlä n ge ru n ge n d es W a ffe n stillsta n d e s. — F in a n z- und W irtsch aftsd ik ta tu r der E n ten te . — H in d en - b u rg s A u sh arren. — R ä u m u n g in W e s t und O st.

(6)

Saite V . D er K am pf um die N ationalversam m lung . . 93

D er R a t der V o lk sb e au ftra gte n . — K a m p fa n sa g e der Spartakisten. — R o s a L u x e m b u r g s P rogram m , — D ie Internationale. — R e ic h se in h e it oder K le in ­ staaterei? V ertreterversam m lu n g der E in z e l- etaaten. — E rst S o zia lisie ru n g od er N a tio n a lv e r­

sam m lu n g ? — U m sic h greifen d e A n arch ie. — A r­

b e itslo se und Streiks. — S traß en k äm p fe in B erlin. — R u f n a c h der s o zia listisch e n R ep u b lik. — V e r sc h ä r ­ fu n g der G egen sä tze.

V I. D er A u fm arsch der P a rte ie n ...119

A b sp litte ru n g der Spartakusgrup pe. — D e u ts c h e D em o k ra tisch e Partei. — D a s Z en tru m als C h rist­

lich -D e m o k ratisch e V o lksp a rtei. — D eu tsch n atio n a le V o lksp artei. — B a y e r is c h e V o lk sp a rtei. — D e u ts ch - H a n n o v e r sc h e Partei. — M eh rh eitsso zia listen , U n ­ ab h ä n g ig e und Spartakusbun d. — S traß en k äm p fe in B erlin. — L ie b k n e c h ts und R o s a L u x e m b u r g s E n d e.

— D er A u s fa ll der W a h le n . — D ie n eue R e ic h s ­ ve rfa ssu n g. — F o rtb e ste h e n oder T e ilu n g P re u ­ ß e n s? — E r ö ffn u n g der N atio n alv ersa m m lu n g. — D ie N o tv e rfa ssu n g . — D e r erste d e u tsch e R e ic h s ­ präsident.

R egister 148

(7)

I. Ursachen und Vorgeschichte der Revolution.

Noch im m er stehen w ir ganz fassu n gslos unter dem Eindruck des Zusam m enbruchs des m onarchischen S ystem s im Innern und der m ilitärischen Front in Feindesland. Ganz betäubt fragen w ir stets vo n neuem nach den U rsachen, die dazu geführt. D ie V o rgän ge draußen und die drinnen hängen aufs engste zu- sam m en. Der Zusam m enbruch an der F ron t zw an g die R egieru ng daheim zu immer w eiteren Zugeständ- nissen an die dem okratischen Forderungen. D as M eu­

tern der F lotte in K iel w urde dann der A n laß zum A usrufen der Republik.

S ch o n lange herrschte drinnen im Lan de und draußen an der F ron t große U nzufriedenheit. N am entlich in Arbeiterkreisen, aber auch in weiten K reisen des B ürger­

tums w ar das der F all. K einem K enner der V erhält­

nisse blieb das verborgen. A u ch die R egierung w ußte 'darum B escheid. Ihren tiefsten Grund fand die U nzu­

friedenheit darin, daß mit einem V olksh eer keine K riege vo n jahrelanger Dauer, w ie früher m it einem Söldner­

heer, zu führen sind. Im stärksten M aße hatten ältere L eu te eingezogen w erden m üssen. Sie zogen begreif­

licherw eise nicht m it dem S ch w u n g und der B egeiste­

rung in den K am pf w ie die jungen vo n 1914. Sie be­

lastete sch w er die Sorge um W e ib und Kind, die o ft daheim verkam en, und das G esch äft zu H aus, das zu­

grunde ging. Besonderen Grund zur K lage gab viel­

fach das Verhalten der O ffiziere. Der M angel an O ffi­

zieren zw ang, ju n ge L eute anzustellen. Sie fanden im V erkehr mit den älteren L euten nicht im m er den rech­

ten T on . A u ch zw an g der M angel an O ffizieren zur A u fnahm e vo n Elem enten, die früher nicht so bereit«

w illig A ufnahm e in die R eihe des O ffizierkorps g e ­ funden hätten. M anche vo n den O ffizieren betrieben zum größten Ärger der M annschaften einen ausge­

dehnten Lebensm ittelversand aus den besetzten G e­

bieten nach H aus. S ie benutzten zum H eim bringen

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der W aren die ihnen untergebenen M annschaften. E in e der häufigsten K lagen der L eu te betraf das schlechte E ssen. Im L au fe der Jahre hatte sich der M angel an N ahrungsm itteln auch an der F ron t immer stärker bem erkbar gem acht. Die M annschaften hielten dafür, daß nur sie zu darben hätten, den O ffizieren in ihren K asin os dagegen alles reichlich zur V erfü gu n g stände.

E s ist hier nicht der Ort, die B erech tigun g dieses V o r­

w urfs zu prüfen. W ir stellen nur fest, es w ar der all­

gem eine Glaube.

D iese an der F ron t bestehende U nzufriedenheit unter den Truppen beutete die feindliche Propaganda in äußerst geschickter W e ise aus. Die feindlichen F lie ­ ger w arfen über den Schützengräben und in den Orten der E tappen tausende und abertausende vo n F lu g ­ blättern ab. Im M ai igi8 w urden 84000, im Juni 120000, im Juli 300000 Stück abgeliefert. D o ch w ar das nur ein bescheidener B ruchteil. Zahlreiche davon gingen zugrunde, und zahlreiche blieben in P rivatbesitz. A n ­ fän glich waren die Flugblätter inhaltlich und sprach­

lich denkbar un geschickt abgefaßt. A llm ählich wurden sie besser und paßten sich dem Seelenzustand des deutschen Soldaten sehr gesch ickt an. M an verlockte sie zum Überlaufen. A n geb lich e B riefe vo n G efangenen schilderten das gute L eb en in der G efangenschaft. Der K am pf D eutschlands wurde als aussichtslos dargestellt, und es wurde nam entlich auf Am erikas un erschöpfliche H ilfsm ittel verw iesen. A u s deutschen Zeitungen w ur­

den Stellen abgedruckt, die zum Frieden um jeden P reis rieten. Man m ußte ein sehr kritisch geschulter K o p f sein, um das T rü gerisch e der D arstellung in den aus F ein des­

land kom m enden B roschü ren zu bem erken. Mir liegen zw ei solcher B roschü ren vo r: „W ilh elm II. annoch deutscher K aiser, w ir klagen dich an! E in e A n klage­

schrift vo n Siegfried B alder“ und: „K aiser und K rieg oder R epublik und Frieden von Siegfried B ald er“ . Die vordere Seite des U m schlags trägt am K o p f die alten deutschen Farben schw arz-rot-gold. D as zuerst ge­

nannte B u c h zeigt au f der R ückseite die Inschrift: V e r­

einigung deutscher Dem okraten. B eid e Bändchen, das

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erste vo n 80, das zw eite vo n 77 Seiten U m fang, w urden im M ärz 1918 durch fran zösische Papierballons m it L un te bei A u the abgew orfen. D ie erste Schrift geht mit dem K aiser gew altig in das G ericht: „S eit Deiner Jugend“ , heißt es auf Seite 6, „hattest Du kein anderes Interesse als für Jagd und Militär, Tierm ord und M enschenm ord. M illionen D einer Untertanen haben D ich niem als anders gesehen, weder in P erson n o ch in A bbildu ng — als im G ew ände des Jägers oder des Kriegers. A ls W aidm ann zogst Du hinaus, um die Tiere, die für D ich zusam m engetrieben wurden, in M assen zu schlachten. R u delw eise H irsche und R eh e niederzu»

knallen, m ehr als tausend w ehrlose Fasanen an einem T age zusam m enzuschießen — m it D einem Freund F ran z Ferdinand vo n Österreich — das w ar ein F est für D einen Blutdurst.“ So habe der V erfasser des B u ch s den K aiser im Som m er 1888, w en ige M onate nach seiner T hronbesteigung, zum ersten M ale ge­

sehen. A lle seine Sünden, seine R eden bei Rekruten»

Vereidigungen, W eih u n g vo n R egim entsfahnen, K riegs­

schifftaufen, Generalsem pfängen, Zentenarfeiern vo n Schlachten, E n th üllun g von Denkm älern seiner A hnen werden ihm vorgehalten. D er V erfasser kom m t zu dem S ch lu ß : „N achdem D u die M enschheit in den blutig­

sten und w ahn w itzigsten aller K riege gestürzt hast, kann und darf die beleidigte M enschheit nicht eher ruhen, bis das Übel, w elch es den Frieden, die Kultur, das G lück der M enschheit bedroht, m it der W u rzel aus­

gerottet ist. N ich t nur die anderen V ölker, nein, in erster L in ie das deutsche V o lk selbst m uß darauf be­

stehen, daß die vo n D ir und D einem A n han g vertretene W eltordnung, die W eltord nung des M ilitarism us, des endlosen R ü stens und ,Säbelrasselns, vo n der Erde verschw indet.“ D ie Schrift wandte sich dann an die Soldaten: „D eutsche Kam eraden und B rüder! Eure

„F ein d e“ können und w ollen D eutschland n ich t ver­

nichten, w ie E u c h die R egieru n g vorlügt. A b er I h r s e l b s t vernichtet D eutschland, Ihr verblutet und ver­

hungert und tretet D eutschlands E hre und W eltgeltu n g in den Staub, w enn Ihr E u c h n o ch länger zu Sklaven

(10)

des K aisers herabw ürdigt. W a ch e t auf und handelt, aber rasch, ehe es zu spät ist!“

E in so gesch ickt abgefaßtes Schriftchen konnte seine W irku n g nicht verfehlen. Im zw eiten wurde den Soldaten klar gem acht, w ie D eutschland gestaltet werden müsse, damit der Friede kom m e. V o n einem zehnfachen W ah n m üsse sich der deutsche Soldat frei­

m achen: Der A n gst vor der W ahrheit, dem Autoritäts­

wahn, der V erw ech slu n g von R egieru ng und V ater­

land, dem V erfo lgu n gsw ahn , dem G rößenw ahn, dem Parteidogm a, der V erw ech slu n g vo n Gesetz und R echt, der A n gst vo r der R evolution. Die R evolu tion wurde als etw as H arm loses hingestellt. E s sei die Nieder- reißung eines m orschen baufälligen H auses, um ein besseres an seine Stelle zu setzen. „In W ahrheit herrscht jetzt der allgem eine U m sturz in Deutschland.

R ech t und Sitte, W o h lstan d und Fam ilienleben, F rei­

heit und Kultur sind um gew orfen durch den K aiser und seine H elfershelfer. Die Halunken werden reich, und die E hrlichen hungern und betteln. D ie M ord­

gesellen erhalten Orden, und die Edelm ütigen und H ochgesinnten wandern ins Zuchthaus.“ Der Frieden zw isch en der Entente und der deutschen R epublik sei u n vergleichlich viel leichter und für D eutschland gün­

stiger abzuschließen, als zw isch en der Entente und der kaiserlichen R egierung. Die ganze R iesenm aschine des M ilitarism us gründe sich nur auf die brutale Ge­

w alt w eniger und den G ehorsam vieler. R asch und entschlossen m üsse der Spieß um gekehrt und an die Stelle des G ehorsam s die G ew alt der V ielen gesetzt werden. Sie sollten sich W a ffe n verschaffen, gleich- gesinnte Freunde werben, besonders unter den B e ­ amten der öffentlichen Sicherheit und unter den A r­

beitern der W affen - und M unitionsfabriken; alle W a f­

fen- und M unitionsfabriken, M agazine und Vorräte sollten sie zerstören, Truppen- und M unitionstrans­

porte verhindern. V o r allem aber sollten sie diese Schrift verbreiten, sie abschreiben und nachdrucken.

„E in f r e i e s V o lk sollt und m üßt Ihr w ieder werden.

R e p u b l i k bedeutet Frieden und Freiheit; R e p u b l i k

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sei E u er L osu n gsw ort.“ Im fran zösischen Heer sei der B efehl ausgegeben, w er sich gefangen gebe und das L o su n gsw o rt ,Republik* ausspreche, werde n ich t mehr als kriegsgefangener Feind behandelt.

In den Schützengräben und Unterständen, in den T agen der R u he hinter der Front, war der Inhalt solcher und ähnlicher Schriften der Gegenstand des G esprächs unter den Soldaten. Die R ichtigkeit der vorgebrachten T atsachen leuchtete den einfachen L eu ­ ten ein. Sie wurden m ißtrauisch gegen die N achrich­

ten der Zeitungen aus der Heim at. Sie wußten, diese standen unter Zensur. W en n L lo y d G eorge öffent­

lich N orthcliffe, den V orsteher des Propagandadienstes fü r die feindlichen Länder, pries, so w ar das ein ver­

dientes L ob . Selten ist eine Aufklärungstätigkeit in den frem den Ländern geschickter betrieben worden.

Z u den von feindlicher Seite verfaßten Schriften kam die Verbreitung von Ausführungen, w ie die des frühe­

ren deutschen B o tschafters in L on don , des Fürsten L ich n o w sk y. D aß die Schrift „M eine L on don er M is­

sio n “ , die den Soldaten in die Hände gespielt wurde, vo n der deutschen R egierung verboten war, gereichte ihr nur zur Em pfehlung. W ie zu allen Zeiten erw ies sich die geübte Z ensur als eine h öch st gefährliche M aß­

nahm e. Sie verstärkte nur das immer lebhafter sich h ervorw agen de M ißbehagen. W ie m ußte es auf den einfachen Soldaten wirken, w enn er in den A u fzeich ­ nungen des Fürsten die Sätze las: „H eute, nach zw ei­

jährigem Kam pfe, kann es nicht m ehr zw eifelhaft sein, daß w ir auf einen bedingungslosen S ieg über R ussen, E ngländer, Franzosen, Italiener, Rum änen und A m eri­

kaner nicht hoffen dürfen, mit dem N iederringen unse­

rer Feinde nicht rechnen können. . . . D reibundpolitik ist R ückkehr zur Vergangenheit, Abkehr von der Z u ­ kunft, dem Im perialism us, der W eltp olitik. M ittel­

europa ist Mittelalter, Berlin-B agdad eine Sackgasse, nicht der W e g ins Freie, zu unbegrenzten M ö glich ­ keiten, zur W eltm ission des deutschen V olk es.“

Andere Gefahr drohte vom Osten her. N ach dem A b ­ schluß des Friedens von B rest-L itow sk im M ärz igi8

(12)

kehrten viele T ausende von D eutschen aus russischer G efangenschaft zurück. E in großer T eil vo n ihnen hatte S chw eres erlebt, sehnte sich nach R u he und Frieden und w ar aufs ärgste enttäuscht und erbittert, als jetzt die irgendw ie Verw endbaren neu eingezogen, ausgebildet und w ieder an die F ront gesch ickt wurden.

Ich vergesse nicht, w ie m ir ein solcher aus R ußland H eim gekehrter im Juli 1918 in einem E isenbahnw agen leidenschaftlich auseinandersetzte, w elches U nrecht ihm geschehe, und w ie er die erste G elegenheit benutzen werde, um zum Feinde überzulaufen. Andere brachten aus R ußland den Glauben an die R ichtigkeit der b o l­

sch ew istisch en L ehren mit. D ie Sow jet-R epublik hatte unter den deutschen Gefangenen eine außerordentlich kluge A gitation betrieben. M anche waren zu über­

zeugten Anhängern der so zialistischen R epublik und der E inrichtun g der Arbeiter- und Soldatenräte g e ­ worden. Sie nahm eh in die H eim at genaue A n w ei­

sungen mit, w ie im F a ll des A usbruchs einer R e v o lu ­ tion zu verfahren sei. A n der W estfro n t w urden sie zu eifrigen A genten der bolschew istischen Gedanken.

D ort fanden sie sch on zahlreiche G esinnungsgenossen vor. D ie R egierung handelte nach dem Grundsatz, alle revolutionär gesinnten Arbeiter, besonders die Streiklustigen, sogleich einzuziehen und in den Schützengraben zu schicken. E s war, als ob sie auf ihr eigenes V erderben hinarbeite. Die Z ahl der Über­

läufer verm ehrte sich bei einzelnen Regim entern außer­

ordentlich. E b en so die N eigu n g zur D isziplinlosigkeit.

V iele der Beurlaubten zeigten keine L u st zur R ückkehr an die Front. T ro tz schärfster K on trolle in den E isen ­ bahnw agen, die o ft zur B elästigu n g des reisenden P u b li­

kum s ausartete, entzogen sie sich der N achforschung!

und trieben sich in den Großstädten um her. S ch o n M onate vo r dem Zusam m enbruch sah derjenige, der viel m it Soldaten zu tun hatte und ihre Stim m ung kannte, m it ernster Sorge in die Zukunft.

D ie Stim m ung daheim w ar nicht besser. D ie jahre­

langen E ntbehrungen hatten den Geist m anches B e ­ geisterungsfrohen und vaterländisch D enkenden zer­

(13)

mürbt. D ie K reise des M ittelstandes, die kleinen Be-*

am ten und H andwerker führten einen verzw eifelten K am pf um ihr D asein und ihre E xistenz. D ie fleisch ­ losen W o ch en , die 1918 eingeführt w erden mußten, die Sorge um die B elieferu n g mit K ohlen, die Stockun ­ gen und U nzuträglichkeiten des Eisenbahnverkehrs, der tägliche Ärger über die vielfach versagenden B eleu ch ­ tungseinrichtungen, der M angel an Petroleum auf dem Lande erzeugten eine stets w achsende und stärker werdende O ppositionsstim m ung. D er Ärger wurde bei denen, die kaum wußten, w ie sie satt wurden, oft zur Erbitterung beim G ew ahrw erden des in B lüte stehen­

den Schleichhandels. W e r im B esitz vo n Geld war und gute B eziehu ngen zum Lande hatte, konnte sich Butter und Eier, F le isch und M ehl verschaffen. W ähren d Tausende darbten, schw elgten einige w ie in F riedens­

zeiten. W ähren d dem einen m ühelos die K riegs­

gew inne zuström ten, käm pfte der kleine Mann bei der w achsenden Entw ertung des G eldes m it täglich stei­

genden Sorgen. E in e früher nie für m öglich gehaltene Dem oralisation, eine V erw irrung der sittlichen B egriffe, eine G leichgültigkeit gegen staatliche G ebote und V e r­

bote sondergleichen griffen imm er w eiter um sich.

V ielleich t war diese G leichgültigkeit zu verstehen. Die B ehörden zogen sie selbst groß. In der F ü lle der V e r­

ordnungen, die T a g fü r T a g auf den deutschen B ü rger niederregneten, fand sich sch ließlich kein L aie mehr zurecht. Die einzelnen E rlasse w idersprachen sich oft.

E s gab w o h l sch ließ lich keinen D eutschen mehr, der nicht un bew ußt oder b ew u ß t gegen die eine oder andere Bestim m ung sich vergangen hatte. W e it schlim m er w ar die V erw ild eru ng der sittlichen Anschauungen.

Der S to lz auf unsern Beam tenstand, auf dessen R ech t­

lichkeit und Ehrlichkeit, w ar bisher fü r jeden D eut­

schen eine Selbstverständlichkeit gew esen. D er Glaube daran wurde jetzt arg erschüttert. B ei der P o st und E isenbahn häuften sich die F älle vo n U nterschlagungen und D iebstählen. Pakete, die N ahrungsm ittel enthielten, wurden häu fig ausgeraubt. G ew iß traf oft die S chu ld an so lch en V orfällen n ich t alte Beam te, sondern frisch

(14)

Und oft ohne genauere P rüfun g eingestellte Hilfskräfte.

A b er die Bestrafungen von Beam ten selbst blieben zahlreich genug. A u ch gegen B estechu n g waren viele nicht unem pfänglich. W a s früher spottw eise von russi- sehen Beam ten erzählt wurde, erlebte man jetzt m anch­

mal in Deutschland. Daß m ancher kleine Beam te der V ersuchung, sich Geld oder W aren zu verschaffen, erlag, blieb verständlich. E r kam m it seinem Gehalt nicht mehr aus. Junge Arbeiter und Arbeiterinnen in M unitionsfabriken verdienten mehr als er. In diesen K reisen griff oft eine sinnlose V erschw endungs- und V ergn ü gu n gssu ch t um sich.

So gab es auf allen Seiten U nzufriedenheit. D as deutsche V o lk fühlte sich nicht m ehr als Einheit.

Der Haß gegen die R eichen, die angeblich alles be­

sitzen und über große Vorräte verfügen sollten, schw oll von M onat zu M onat m ehr an. Die ungeschickte Z en ­ sur, die den Ausdruck dieser U nzufriedenheit mit harter H and zurückhielt, steigerte die gereizte Stim m ung nur noch mehr. M it höhnischen Bem erkungen w iesen die sozialdem okratischen Zeitungen auf die hohen D ividen­

den vieler industriellen U nternehm ungen hin. Die B e ­ schlagnahm e vieler G ebrauchsgegenstände des täg­

lichen Lebens, w ie der Türdrücker, der m essingnen Gardinenstangen, der Blitzableiter auf dem H ause, trugen den Unm ut auch in die Bürgerkreise. Das T un und Treiben der K riegsgesellschaften gab viel A nlaß zu berechtigter Kritik. Mit R ech t oder U nrecht wurden deren A n gehörige beschuldigt, daß sie vielfach zu ­ nächst für sich und ihre Freunde sorgten. Die H aus­

suchungen auf dem Lande, die B öd en und Betten nicht verschonten, reizten die Bauern. A m 17. Juli rief der Herr von Oldenburg, der durch seine drastischen R edew endungen bekannte Agrarier, auf einer L an d­

w irtschaftlichen V ersam m lung in W estpreußen aus:

„R au s aus diesem Z u ch th au s!“

D iese vielen kleinen und großen Rinnsale, in denen sich der Unm ut und die K lagen ergossen, w uchsen in ihrer Gesam theit zu einem breiten Strom. Die Haupt- Ursache aller U nzufriedenheit blieb aber: der Egoist­

(15)

m us und die G eldgier auf der einen Seite erzeugten Stets w achsende Erbitterung auf der anderen. Der harte m ilitärische Druck, die Diktatur, unter der der einzelne dahinlebte, riefen um so lebhafter den W u n sch nach freier B etätigung des Individuum s w ach. A u ch in der H eim at gingen verbotene Flugblätter von Hand zu Hand und verfehlten nicht ihre W irkung. Die russische B o tsch aft in Berlin, vertreten durch Herrn Joffe, trieb Unter den A u gen der R egierung eine ausgedehnte P ro ­ paganda für die V erbreitung der bolschew istischen A n ­ sichten. E rst als es viel zu spät war, entdeckte sie die R egieru ng und schritt dagegen ein. A m 4. N ovem ber w urden in B erlin im Gepäck eines aus M oskau ein­

treffenden Kuriers der Sow jetregierung Flugblätter in deutscher Sprache gefunden. Sie riefen die deutschen Arbeiter und Soldaten zu blutigem U m sturz auf. E ines der Flugblätter trug die U nterschrift der Gruppe „Inter­

nationale“ . E s enthielt einen A u fru f zum R evolu tion s­

kampf. E in zw eites gab nähere A n w eisu ngen für diesen K am p f und forderte zum M euchelm ord und Terror auf.

Die R egieru ng brach daraufhin am 5. N ovem ber die diplom atischen B eziehu ngen zur Sow jetregierung ab.

W ah rsch ein lich erkannte sie in diesen T agen, w ie w eit­

verzw eigt die bo lschew istische Propaganda in D eutsch­

land war. A m 6. N ovem ber hob die R egierung ein B o l­

schew istennest in D üsseldorf auf. Unter der Firm a einer russischen Telegraphenagentur waren, von hier aus auf­

w ieglerische Flugblätter unter der Arbeiterschaft der industriellen B etriebe des D üsseldorfer B ezirks ver­

breitet worden. Z w e i Flugblätter mit den T iteln : „A r­

beiter, aufgew achtI“ und: „G en ossen ! A rbeiter!“ , von denen sich zahlreiche Exem plare im G epäck des russischen Kuriers fanden, wurden m it anderen F lu g ­ blättern aufreizenden Inhalts in 30000 Exem plaren bei einem B äckergesellen in D uisburg entdeckt. Im Ok­

tober waren diese Flugblätter in der E lberfelder Gegend nachts über die E ingangstore der Fabriken gew orfen Und unter die Haustüren gesch oben worden. Eben so geschah ihre V erbreitung in den Arbeiterkreisen S olin ­ gens, K ölns, Stuttgarts, hier besonders in den D aim ler­

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werken, in D üsseldorf und Berlin. A u ßer diesen F lu g ­ blättern gin gen die D ruckschriften: „D ie W ah rheit“ ,

„L ic h n o w sk y “ , „E in zw eiter M ühlon-B rief“ , „D as Glück der Z u ku n ft: E in Friedensbund freier V ö lk er“ und

„B eerfeld es zw eiter K aiserbrief“ in deutschen Arbeiter­

kreisen, aber auch bei vielen Gebildeten, trotz aller A u f­

m erksam keit der Z en su r und aller W ach sam keit der Behörden, von H and zu Hand. B esonderen Eindruck m achte der etw as pathetische T o n Beerfeldes. Mit seiner B ehau ptung: „ W ir sind nicht, w ie E uere M aje­

stät w iederholt v o r aller W e lt sagte, mitten im Frieden von tückischen Fein den überfallen.“ „F ü r jeden, der sehen w ill, liegen die D inge nahezu um gekehrt. M il­

lionen blühender M enschenleben sind also einem ver­

ruchten W a h n auf allen Seiten geopfert,“ fand er viel B eifall. D ie U nabhängigen, die sich vo n der S o zia l­

dem okratischen Partei lo sgelöst hatten, w eil sie den K rieg als für D eutschland verderblich bekäm pften, be­

nutzten die Stim m ung, um in den Arbeiterm assen immer mehr A n hängerschaft zu gew in nen und sie zum b e ­ w affneten L o ssch lagen zu drängen. Seit Mitte des Jahres 1916 bestand bei einigen ihrer M itglieder der Plan, durch eine R evolu tion die bestehende R egierung zu stürzen. N ach dem Januarstreik 19x8 gew ann der P lan bestim m tere Form . E n ergisch traf m an die V o r­

bereitungen. B esonders w ar der U nabhängige B arth in dieser H in sicht tätig. In größerem U m fang kaufte er W a ffe n auf. Das Geld dafür stam m te zum T e il von dem V ertreter der russischen Sow jetregierung Joffe.

In einem Funkspruch vo m D ezem ber 1918 erklärte dieser, m ehrere hunderttausend Mark dafür hergegeben zu haben. S o drängte auch in der H eim at alles auf einen U m sturz der D inge hin. Im engeren K reise erst und dann im w eiteren w agte sich die Kritik immer un*

verhüllter hervor. Im Som m er 1918 sprach man schon unverblüm t vo n der V erjagu n g der deutschen Fürsten und der E inführung einer deutschen R epublik. Die Stim m ung im Lan de w ar w eithin so, w ie sie einm al ein niederer Bahnbeam ter m ir gegenüber ausdrückte: „W e r m ich regiert, ist m ir ganz egal, und w enn es der Schah

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von P ersien ist; w enn ich nur genug zu fressen habe.“

S cho n kam es vor, daß bei der V orfüh ru n g patriotischer F ilm e im K ino gepfiffen und deren B eseitigu n g ver­

langt wurde.

D ie R egieru ng w ar sich über den E rnst der L ag e und die Stim m ung im V o lk e durchaus klar. M it aus­

gedehnter Propagandatätigkeit suchte sie ihr zu b e­

gegnen. D ie E inw irku ng auf die Truppen gesch ah durch den sogenannten vaterländischen Unterricht. B ei den einzelnen Truppenteilen w ar m it ihr ein U nterrichts­

offizier betraut, dem o ft ein ausgedehnter Stab vo n M it­

arbeitern zur Seite stand. D urch Plakate und F lu g ­ schriften, durch Zeitungsartikel und V orträge suchte er die Truppen zu belehren. E in reiches L ager von Film en, vo n Apparaten und Anschauungsgegenständen, die verliehen w erden konnten, ein V erzeich n is erfolg­

reicher W anderredner standen ihm zur V erfügun g.

K ein e K osten w urden fü r die Z w eck e der A ufklärung gescheut. M it ähnlichen M itteln suchte man in der H eim at zu wirken. In den einzelnen Städten gew ann m an V ertrauensleute und Redner. D ie K in os wurden o ft durch gelinden Z w a n g genötigt, kriegerische und Propagandafilm e in ihr Program m aufzunehm en. A u ch hier suchte m an durch V erbreitung von Plakaten und aufklärenden Schriften auf die öffentliche M einung E in flu ß zu gew innen.

V ielleich t w äre diesen A n strengun gen ein E rfo lg be- schieden gew esen, w enn die im W esten am 21. M ärz begonnene O ffen sive E rfo lg gehabt hätte. In ihrem Scheitern liegt die erste U rsache zur R evolu tion . Der m ilitärische M ißerfolg übte eine N achw irkun g der un­

heilvollsten A rt auf H eer und H eim at aus. E in A n flu g der B egeisterung von ig i4 w ar durch das ganze V o lk gegangen, als im F rühjahr 1918 die O ffen sive im W esten einsetzte. D urch alle K reise gin g ein R aunen vo n S ieg und nahender, glücklicher E ntscheid ung des Kriegs.

Man setzte seine H offnun g auf die aus dem Osten her­

beigeholten Truppen und auf die langsam e und sichere W irk u n g des U nterseebootkrieges. Über die Stärke der am erikanischen H ilfe w ar man im Unklaren. Man

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glaubte, die E ntscheidung werde sich erzw ingen lassen, ehe größere Truppenverbände der Am erikaner in Frankreich gelandet waren. D ie H eeresverw altung tat nichts, um diesem Glauben entgegenzutreten. Im G egen­

teil. A ls der Unterstaatssekretär von Kühlm ann am 24. Juni 1918 im R eich stag den Ausspruch tat, durch rein m ilitärische E ntscheidungen lasse sich allein ein absolutes Ende kaum erwarten, erregte das im Großen Hauptquartier das größte U nbehagen. D ie R ede K ü h l­

m anns war sicher m it daran schuld, daß er am 9. Juli 1918 seinen A b sch ied nehm en mußte. D ie oberste H eeresleitung scheint tatsächlich den verhängnisvollen Fehler begangen zu haben, Stärke und B edeutung der am erikanischen H ilfskräfte zu gering eingeschätzt zu haben. Die O ffensiven w aren ein V abanque-Spiel.

D ie Kräfte waren auf deutscher Seite für eine O ffen sive großen Stils zu sch w ach . Man erreichte achtenswerte E rfo lge: G eländegew inn über N o y o n und M ontdidier hinaus, eine G efangenenzahl von 70000, eine G eschütz- beute vo n 1x00 Stück, aber man durchbrach die feind­

liche Front nicht. Man erzw ang keine E ntscheidung.

Der V o rsto ß kam vo r A m ien s zum Stehen. E s glückte nicht, diesen w ich tigen Punkt zu nehm en, und noch w eniger gelang es, w ie viele geträum t hatten, an den K anal vorzudringen. Die zw eite O ffensive, w estlich von L ille, die am 9. April einsetzte, brachte gleich falls keine Entscheidung. E b en so w en ig eine dritte, die am 26. Mai südlich von L ao n aus begann und die deutschen Truppen im L a u f einer W o c h e bis zur M arne und darüber hinaus führte. E in w eiterer V o rsto ß vo n N o y o n aus, am 9. Juni, brachte die deutschen Truppen bis in die N ahe von Com piegne, aber nicht, w ie viele H eim at­

strategen hofften, bis Paris. Die öffentliche Meinung]

fin g an, sich zu beunruhigen. Sie wurde damit g e ­ tröstet: sei kein D urchbrechen der feindlichen F ront erreicht worden, so doch ein A u fbrauchen aller dem Fein de zur V erfü gu n g stehenden R eserven. F ü r einen letzten E ndkam pf habe der F ein d nicht m ehr gen ug Truppen zur V erfügun g. Der K riegsm inister von Stein versicherte am 11. Juni im R eich stag: „D ie sogenannte

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F o ch sch e R eserve-A rm ee besteht zur Z eit überhaupt nicht m ehr.“ M it der größten Spannung sah man darum dem letzten O ffensivstoß entgegen. Die Freude über das bisher E rreichte erfuhr allerdings eine schw ere B eeinträchtigung durch den M ißerfolg der am 15. Juni einsetzenden österreichischen O ffensive in Italien. Die Österreicher überschritten die P iave, w ich en dann aber w ieder über den F lu ß zurück. E s war kein gutes V o r­

zeichen für den vierten deutschen Stoß am 15. Juli bei R eim s und an der Marne. Die deutschen Truppen geT langten in breiter F ront auf das Südufer der Marne, aber östlich R eim s scheiterte die O ffensive. Die feindlichen Truppen w ich en hier dem deutschen V o rsto ß aus.

U nd nun setzte am 18. Juli ein G egenangriff großen Stils von seiten der Feinde ein. M it unerhörter W u ch t dauerte er T a g um 1 T ag, W o c h e um W o c h e fort. Die deutsche H eeresleitung sah sich genötigt, dauernd zu­

rückzuw eichen und den E rfo lg all ihrer so laut g e ­ rühmten O ffensiven daran zu geben, ja sie w ich noch über die im Frühjahr 1918 innegehabte L in ie zurück.

Der A n griff des Fein des kam nicht ins Stocken. Seine R eserven waren unerschöpflich. D ie W irku n g der feindlichen O ffen sive für H eer und H eim at w ar nieder­

schm etternd. T iefes M ißtrauen gegen die H eeresleitung griff um sich. Gerade w eil im m er w ieder versichert Worden war, die R eserven des Feindes seien auf­

gebraucht, die Am erikaner spielten keine R o lle, w ar man auf einen A n griff von dieser W u ch t nicht gefaßt.

Jetzt m ußte die H eeresleitung zugeben, die Am erikaner ständen in beträchtlicher Stärke in Frankreich. E s stellte sich heraus, es waren tüchtige Truppen, aufs beste ausgerüstet. D ie A n griffe erfolgten überdies mit einer Überzahl gepanzerter Tanks. D ie deutschen Truppen waren gegen sie zunächst v ö llig w ehrlos. Ihre L in ien wurden durch die gepanzerten U ngetüm e stets vo n neuem überrannt. E b en so ungünstig für die Deut»

sehen w ar die Überzahl der fein dlichen Flieger. Das V erhältnis der fein dlichen F lieger zu den deutschen war an m anchen Stellen 15 zu 1. T a g und N acht ließen sie den deutschen Truppen keine Ruhe.

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Das M ißbehagen setzte sich gleich in lebhafte Kritik um. Besonders wurde die Arbeiterschaft unruhig. Mit Schrecken sah sie einem fünften K riegsw inter ent­

gegen. S ch o n am 3. Juli hatte Scheidem ann im R eich s­

tag unter dem Lärm der R echten erklärt: „In den M assen herrscht eine aufs höchste gesteigerte E rbitte­

rung. E s gibt nur eine Stim m e: Schluß. Selbstver­

ständlich nur ein S chlu ß in Ehren.“ In R ü cksich t auf die Stim m ung der M assen hatte die Sozialdem okratie damals den Etat abgelehnt. Der linke F lü gel der S ozial­

dem okratie, die U nabhängigen und die n och weiter links stehende Spartakusgruppe, gew annen durch ihr system atisches Eintreten für den Frieden in der A r­

beiterschaft im m er m ehr Anhänger.

D en V ersicherungen Ludendorffs am 21. Juli 1918:

der deutsche strategische A n griffsplan sei nicht ge­

glückt, die oberste H eeresleitung sei aber nach w ie vo r zuversichtlich, schenkte man keinen rechten Glauben m ehr; ebensow enig der B o tsch aft des Kaisers, am 1. A ugust, die die V ersich eru n g enthielt: „W ir w issen, daß das Härteste hinter uns liegt.“ Die E rfo lge der Fein de übten auf die Deutschland verbündeten Staaten, Österreich, B ulgarien und die Türkei, eine nicht in die­

sem M aß erwartete R ü ckw irkun g aus. A m 13. Au gust begab sich der österreichische K aiser in das deutsche Hauptquartier. E s kam den T a g darauf zu eingehen­

den Besprechungen. Die schw ierige L ag e Österreichs m uß dabei zur Sprache gekom m en sein. Die leitenden Staatsm änner sahen sich jedenfalls veranlaßt, um die Stim m ung im Lande zu heben, eine rednerische O ffen ­ sive großen Stils zu beginnen. A m 20. A u gu st sprach der Unterstaatssekretär Solf. E r betonte, die krieg- führenden N ationen m üßten zum B ew ußtsein ihrer gem einsam en A u fgaben zurückerw achen. Am 22. A u gust folgte Prin z M ax vo n B aden m it einer Rede. E r hielt sie aus A n laß der Jahrhundertfeier der badischen V e r­

fassung. E r w ies darauf hin, alle diejenigen, die das ferne Z ie l der m iteinander verbündeten V ö lk er ehrlich im H erzen trügen, sollten nicht den Glauben an ihre große H offn u n g Verlieren. D ie fortgehenden A n griffe

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der Engländer, die nam entlich E nde A u gust immer energischer wurden, Und die sich A n fan g Septem ber immer deutlicher gegen Cam brai richteten und eine neue Frontverkürzung nötig machten, dienten nicht dazu, den R eden weiteres E c h o zu verschaffen. A m 4. Septem ber erließ H indenburg eine K undgebung. E r warnte darin vor dem Inhalt der feindlichen Flugblätter.

Seine M einung gin g dahin: „W ir haben im Osten den Frieden erzw ungen und sind stark genug, es auch im W esten zu tun, trotz der Am erikaner.“ Die Kund­

gebung schloß m it den W o rten : „W eh re dich, deut­

sches Heer und deutsche H eim at!“ In ä h n lich erW eise sprach sich L u d en d o rff am 5. Septem ber aus: „ W ir sind mit der russischen D am pfw alze fertig gew orden und w erden auch m it den Am erikanern fertig werden.“

D er Kronprinz äußerte in den gleichen T agen : „D as W o rt S ieg darf nicht so verstanden werden, daß wir den Feind vernichten w ollen, sondern nur so, daß w ir uns behaupten und nicht unterkriegen lassen.“ Der frühere österreichische M inister Czernin veröffentlichte am 8. September« in der „N euen Freien P resse“ einen Artikel mit der Ü berschrift: „A brüstung und S chied s­

gericht“ und trat darin für beides ein. A m auffälligsten von allen diesen R eden war die des K aisers in E ssen am 11. Septem ber. B ei einem B esu ch der K ruppschen W erke hielt er sie an die Arbeiter. Sie bew ies, w ie gut man in den Kreisen der R egierung über den Stim ­ m ungsum schlag im Bürgertum und in der Arbeiter­

schaft unterrichtet war, und w ie ernst man ihn nahm.

D ie A n sprache ist voller Pathetik. Sie ist ganz erfüllt von der bei dem K aiser üblichen landesväterlichen A u f­

fassung seines Berufes. A u ch er unternim m t den Kam pf gegen Flaum acherei, gegen die um laufenden Gerüchte.

„W e il unsere Feinde einsehen, daß sie unser Heer und unsere Marine n ich t niederzw ingen können, deshalb versuchen sie es m it der Zersetzung im Innern, um uns m ürbe zu m achen, durch falsch e G erüchte und Flaum acherei. D as kom m t nicht aus den Kreisen des deutschen V olkes, das sind künstliche M achw erke.“

E r erinnerte die Arbeiter an seine W o rte v o m 4. A u gust

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1914: „Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur D eutsche.“ E r nahm die Kruppschen Arbeiter gleich ­ sam als Vertreter der gesam ten Arbeiterschaft und rief ihnen zu : „W e r das H erz an dem rechten F leck hat, w er die Treue halten w ill, der stehe jetzt auf und ver­

spreche m ir an Stelle der gesam ten deutschen Arbeiter­

schaft: W ir w ollen käm pfen und durchhalten bis zum letzten.“ D as Ja erfolgte, aber es w ar eine schw ere T äuschung, w enn er meinte, dieses Ja richte die g e­

samte deutsche Arbeiterschaft an ihn. Sie w ar durch­

aus anderer M einung. Der Appell, mit dem der Kaiser sch lo ß : „Jetzt heißt es: D eutsche, die Schw erter hoch, die H erzen stark und die M uskeln gestrafft gegen alles im K am pfe w as gegen uns steht, und w enn es n och so lange, dauert,“ fanden bei ihr kein E ch o . E b en so ­ w en ig w ar das m it der R ede des V izekan zlers P a yer in Stuttgart am 12. Septem ber der Fall. A u ch er w ollte sich an die A d resse des V o lk es w enden und den U r­

sachen der gedrückten Stim m ung auf den Grund gehen.

D aß die L ag e sch w er sei, gab er zu. D och schien sie ihm nicht V erzw eiflungsvoll. D ie H auptsache sei, daß kein innerlicher Zusam m enbruch erfolge. Berechtigte Forderungen m üßten erfüllt werden. E r versprach energisches H andeln der R egierung im Punkt der preu­

ßisch en W ahlrechtsvorlage.

A ber w er dachte jetzt n o ch an sie! Die W ü n sch e der M assen in P reußen und im R eich gin gen über die zugesagte E rw eiterung des W ah lrech ts längst hinaus.

N ach der O sterbotschaft des K aisers vo m 7. A pril 19x7 hätte ein energisches V o rgeh en der R egierung, hätte ein kluges N achgeben der rechts stehenden Parteien die M assen gew innen können. Jetzt w ar es dafür zu spät. A lles, w as liberal dachte, w ar des endlosen Ver- handelns, w ar des F eilsch en s um jedes Zugeständnis müde. E s rächte sich, daß der günstige A u gen blick versäum t w orden war. D ie K on servativen hatten da­

durch eine schw ere S chu ld auf sich geladen. Im B e ­ streben, sich ihre durch Jahre behauptete M acht im preußischen L an dtag zu sichern, verloren sie bei den M assen jede Sym pathie. D iese verlangten jetzt immer

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drohender nach der B eseitigu n g der verhaßten Junker­

herrschaft. Sie sahen in ihr mit R ech t oder U nrecht das eigentliche Friedenshindernis.

S o blieb die gedrückte und U nheil kündende Stim ­ mung. Der Friedensschritt, den Österreich am 14. Sep ­ tem ber unternahm , stärkte sie nur. Österreich lud die R egierungen aller kriegführenden Staaten zu einer ver­

traulichen und unverbindlichen Aussprache an einem Orte des neutralen A u slandes ein. A llgem ein faßte man diesen Schritt Österreichs als das E ingeständnis eines nahen Zusam m enbrechens auf. E s blieb unklar, w ie w eit die B erliner R egieru ng vo n dem Schritt Öster­

reichs unterrichtet w orden war. In den K reisen der K on servativen erregte das V orgeh en Österreichs arge Verstim m ung. A b er auch die M ehrheitsparteien waren mit des R eichskan zlers H ertling P olitik un«ufrieden.

E s herrschte in ihren K reisen M ißtrauen gegen die R e ­ gierung. Man brachte die R eden der Staatsm änner und den Schritt Österreichs m iteinander in V erbindung.

M an fragte, w arum m an nicht unterrichtet w orden sei.

Man fühlte in den Kreisen der M ehrheitsparteien durch­

aus den E rnst der L age. A llen w ar klar, daß unter U m ständen vom V o lk erneute große O pfer gefordert werden m üßten. Das aber konnte, nach der M einung der M ehrheitsparteien, vo r allem der M ehrheitssozia­

listen, nur geschehen, w enn das V o lk viel ausgedehnter als bisher A n teil an der R egieru ng erhielt. E s wurde Parlam entarisierung der R egieru n g im R eich und in den E inzelstaaten gefordert, P rüfun g der P olitik un ab­

hän gig vo m G roßen Hauptquartier. Die Liberalen w ünschten den Eintritt der Sozialdem okraten in die R egierung. Sie sollten dadurch für die H andlungen der R egieru ng mit verantw ortlich werden. Die Soziald em o­

kratie war nicht abgeneigt, in eine neu zu bildende R e ­ gierung einzutreten. V orbedingungen aber dafür waren ihr die A u fhebu ng des § 9 der V erfassu n g des deutschen R eichs, der bestim m te, daß niem and gleich zeitig M it­

glied des Bundesrats und des R eich stags sein könne, und der Eintritt von m ehreren Sozialdem okraten in die R egierung, außerdem B esetzung eines der w ichtigsten

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politischen R essorts — es wurde an das Staatssekretariat des Innern gedacht — mit einem Parteiangehörigen. In erster L in ie kam Ebert dafür in Betracht. A m 24. Sep­

tember veröffentlichte der „V orw ärts“ die Bedingungen der Sozialdem okratie für den Eintritt in die Regierung.

E r bezeichnete sie als M inim alprogram m . Die S o zia l­

demokraten forderten das Bekenntnis der R egierung zur R eichstagserklärung vo m 19. Juli 1917, das hieß Bekenntnis zu einem Frieden ohne A nnexionen und ohne E ntschädigungen ; einwandfreie Erklärungen über B elgien ; R evidierung der im M ärz m it Rußland und Rum änien erfolgten Friedensschlüsse von B rest-L itow sk und Bukarest; A utonom ie E lsaß -Loth rin gen s; für alle Bundesstaaten allgem eines, gleiches und geheim es und unm ittelbares W ahlrecht, A u flösu n g des preußischen L an d tag!“; R egierungsvertreter aus der Parlam entsm ehr­

heit; A u fhebu ng des Artikels 9 der R eich sverfassu n g;

völlige V ersam m lungs- und Preßfreiheit; Zensur nur in m ilitärischen Dingen.

W ie hätte sich aber m it diesen Forderungen der R eichskan zler H ertling einverstanden erklären können?

Seiner konservativen V ergangenheit nach m ußte ihm der Eintritt der Sozialdem okratie in die R egieru ng h öch st unsym pathisch sein. Die Au fhebu ng des A r­

tikels 9 der R eich sverfassu n g und die Autonom ie E l­

saß-Lothringens hatte er früher abgelehnt. Die S o zial­

dem okratie m achte ihm ferner sein zögerndes V orgehen in der preußischen W ahlrechtsfrage zum schw eren V o r­

wurf. A m 23. Septem ber erklärte der sozialdem okra­

tische R eichstagsabgeordnete M eerfeld in K öln, es sei eine radikale U m gestaltung der R egieru ng nö tig; Hert­

ling sei nicht der Mann, der mit dem preußischen P o li­

zei- und Obrigkeitsstaat brechen werde. Die S o zial­

dem okratie werde niem als in die R egierung treten, s o ­ lange ein System H ertling am R uder sei.

S o blieb nur eins übrig, falls man die Sozialdem okratie zur R egierung mit heranziehen und durch sie der M asse des V o lk s Sich versichern w ollte, und das schien bei der ernsten Gestaltung der D inge auch weiten liberalen K reisen im m er stärker notw endig, ein W e ch se l in der

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P erson des R eichskanzlers. Die R ede des R eich skan z­

lers in der Sitzun g am 24. Septem ber enttäuschte all­

gem ein. Man hatte ein E ingehen auf die Fragen des T ages erwartet, statt dessen behandelte er die w ieder­

holt erörterte Schuldfrage am Ausbruch des Krieges.

H ertling war nicht m ehr der U nterstützung seiner eige­

nen früheren Fraktionskollegen sicher. Der Zentrum s­

abgeordnete G röber beklagte den Zw iespalt zw ischen Zivilleitu n g und den A u ffassu ngen gew isser m ilitä­

rischer Stellen. Die K lagen über M ißgriffe der Zensur und Übergriffe der m ilitärischen Behörden häuften sich.

H ertling sah sich am 26. Septem ber gezw un gen zu ver­

sprechen, daß bei dem nächsten Zusam m entritt des R eich stags im N ovem ber eine allen berechtigten K lagen entsprechende Änderung eingetreten sein werde.

D ie E ntw icklun g der D inge verlief aber schneller, als er bei der A bgabe dieser V ersich eru n g ahnte. W ied er waren es E reignisse der äußeren Politik, die diese rasche E n tw icklun g herbeiführten. A m 25. Septem ber m achte der bulgarische M inisterpräsident M anilow der Entente ein W affenstillstandsangebot. Jeder Politiker in D eutschland w ar sich über die ernsten F o lgen eines solchen W affenstillstan dsangebotes klar. E s beraubte D eutschland und Österreich der direkten V erbindungen m it der Türkei. E s m ußte auf R um änien unheilvolle R ü ckw irkun g ausüben. Z u n ächst glaubte man in Berlin und W ien , n och sei nicht alles verloren. Man stellte Bulgarien deutsche und österreichische W affen h ilfe in Aussicht. A u f die ihm gem achten Anträge gin g B u l­

garien jedoch n ich t ein; am 29. Septem ber schloß es den W affenstillstan d m it der Entente ab.

U nter dem E indruck dieser N achricht trat der A u s­

schuß der M ehrheitsparteien am N achm ittag des 28. S ep ­ tembers zusam m en. Der Kanzler w ar zur R eise ins G roße Hauptquartier entschlossen. E r w ar über seine eigene L age durchaus n och nicht im Klaren. A m N ach ­ m ittag einigte sich nun der A u ssch u ß dahin, die A b ­ änderungen des Artikels 9 der R eich sverfassun g und eine V erfassungsänderung in E lsaß-Lothrin gen zu fo r­

dern, D as bedeutete das V erlan gen nach Hertlingg

(26)

Rücktritt. H ertling erklärte nach M itteilung dieses B e ­ schlusses, er werde dem K aiser sein R ücktrittsgesuch unterbreiten.

H ertling so gut w ie die R eichstagsm itglieder waren sich dessen bew ußt, daß D eutschland schw eren Zeiten entgegenging; auch dessen, daß man die M itarbeit der M assen nicht entbehren und die Sozialdem okratie in die R egierung aufnehm en m üsse, um durch sie der M assen sicher zu sein. In diesem Sinn berichtete H ert­

ling dem Kaiser. E s kam darauf zum E rlaß des Kaisers vom 30. Septem ber. E r w illigte in H ertlings E ntlassung ein und fügte hin zu: „Ich w ünsche, daß das deutsche V o lk w irksam er als bisher an der B estim m ung der G eschicke des Vaterlandes mitarbeitet. E s ist daher mein W ille, daß Männer, die vom Vertrauen des V olk es getragen sind, in w eitem U m fange teilnehm en an den R echten und P flich ten der R egierung.“

A ls N achfo lger H ertlings kam en zw ei M änner in Betracht, P ayer und Prin z M ax von Baden. A n P ayer als N achfo lger dachten zunächst die M ehrheitsparteien.

H ertling schlu g Prin z M ax ^on Baden vor. D er Kaiser entschied sich für M ax vo n Baden. A m 1. Oktober traf dieser in B erlin ein. E r brachte ein inner- und außerpolitisches Program m mit. A u ch die M ehrheits­

parteien traten ihm m it einem solchen entgegen.

P rinz M ax von Baden sah den K rieg als für D eutsch­

land verloren an. E r w ollte nur dahin streben, für D eutschland erträgliche Friedensbedingungen zu er­

zielen. D ieser G esichtspunkt bestim m te sein außer- und innerpolitisches Program m . In der äußeren P olitik be­

kannte er sich zu W ilso n s Gedanken vo m Völkerbund.

E r h offte dadurch die U nterstützung am erikanischer, englischer und fran zösischer Kreise zu gewinnen. In der inneren P olitik betrachtete er als seine H auptauf­

gabe, innere Erschütterungen, vor allen Dingen einen gew altsam en Um sturz, zu verhüten. Bürgertum und A rbeiterschaft hoffte er zu gem einsam er A rbeit g e­

winnen zu können.

Das sollte erreicht werden durch V erstärkung der B efu gn isse des R eich stags und A usschaltung der b is­

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