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Und dennoch blüht die Erde : Roman

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Academic year: 2022

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iv L

PRACOWNIA ZŁOTNICZA

P io tr Z im n y ul. Gikińskti

(w hutKiiku k^/llK-y Jh AVior/:il) 48-100 G Ł U B C Z Y C E

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Sîofe $ i a n n c r - i J k t c l i n / U n î > bennotí) biüfjt bie (£rbe

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9l ofe ^ ß l a n n c r - ^ c t e l i n

U n b b e n n o d j b i ü f j t b i e <2 r b e

9 l o m a n

Dem Ungeprüften schweigt Gott

i r j a n f e n t i f d j e i ö e r i a g ö a n f t c i i t ^ n m ß u r g

PRACOWNIA ZŁOTNICZA

P io tr Z i m n y ul Gtkiftbktt

«» budynku »^•«‘' ^ V48-100 GLUBC.ZY«~byC E

(8)

£ ru cf * r r Jg>anfeatifd)fn ‘Berlaaianftalt 91.*®. J&amfrura*28<ntMbef.

C opyright by Hanseatisdie Verlagsanstalt Aktiengesellschaft, H am burg 36.

Printed in G erm any.

PRACOWNIA ZtOTNlCZA Picitr

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D i e # e í mf e f j r

O / m ©orfauégang bon Sttaltjna ftanb am oScrften Sftanb eíneé - v i aDOicfenab^angS ein ííreug mit gtuei geraben unb einem fdjrá- gen 53alfcn. <?é ftanb ü6er bem @rab eíneé tuffífdjen Sol- baten unb unterfdjíeb fídj ín nídjté bon ben unjáfjlígen anberen ííteujen, mit benen baé 33orlanb ber .ftarpatfjen, bíe ganje (?6ene

@alÍ3¡ené feit ben großen {Jfrüljjaljréfdjladjten im ííafjte fünfjeljn überfát toar. S3on ber 6tetle, too eé ftanb, auf ber SBiefe- bie mit einem Meinen, fdjmaten 23ogen tief in ben 23ergtoaíb ftmeín- ragte, fonnte man toeít feljen. íjíer traf man immer Sftenfdjen, 33auern unb 6olbaten. Oft fagen eflücfjtíinge ftunbenínnci Ijícr o6en unb ftarrten in bie {ferne, aber baé 23ílb ánberte ficfi nídjt.

feit Slöodjen, feit Sttonaten nídjt. ©ie ¿front' toar feft unb fdjícn unerfdjútterlídj. 6íe lag feit einem Oaljr steiften ifjrer Reimet unb ben Dorfen, in benen fíe fídj berfrodjen fjatten.

Die ©olbaten behaupteten, mit bem $ernrof)r alleé feljen ?u fönnen, toaé fídj unten tat; bíe Slugen, bíe ©ott einem gegeben, reídjten baju nídjt aué. 9hir tleíne Síaudjtoolfen falj man beé íagé auffteígcn unb Ijórte mandjmal náljer, mandjmal fernst ben Son ber ©efdjütse. Sl&er táglídj (amen ©olbaten aué ben Sdjútjengrá&en, gingen burdj 9ttalt)na auégeruljte Gruppen, 3u- rücfgefeßrte Urlauber nad) born. Om Dorf fel6ft toaren mehrere mílítcírífdjc ^Betriebe untergebradjt, Üftagajíne unb ein fiajaret?.

OTaltjna toar ein Stutljenenborf, baé fídj fe^t rceít, fefjr un­

regelmäßig unb faum nodj alé €ínljeít $u erfennen ü&er bíe 316- íjñnge ber Äarpatfjen, am STCanbe ber €6ene fjínsog, fídj ín bíe QJlulben fdjmíegte, bem SBalbe auébog unb an ben eínfcfjnítten beé SQafferé berljarrte. 3m ^rieben mar eé bon jtoeí großen

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Kuppelfirdjen sufammengefjalten wotben, bie alle Hütten überragt hatten. Om grühl'aljr fünfsehn war bie eine, bie Ö5i3crne, gan3 nie- bergebrannt, bie streite, bie gum ïe il aus Steinen gebaut toar, tat auch nur noch notbürftig ifjten ©ienft, unb fo fafj SNaltjna jc$t noch Derftreuter, nod) weitläufiger aus.

iNeift Waren Me ©eflofjenen Ufrainer, Wie bie Einheimifd)en bon SNalhna audj. Nur beim Ouben SNofeS Senbiner btüdten fleh jübifdje Flüchtlinge in folgen ÜNengen herum, ba§ fein SNenjdj fidj borftellen fonnte, wie fie alle in feinem Haufe Pa fc hatten.

2luS ber beutfdjen Kolonie Vrunnental Waren fedjS Erwudjfene hier, barunter ein SNann, ber fünfunbfed'sig Oaljre alte fierd), unb mehrere Kinber. Nach ÜNalbna waren fie erft bot einigen 5Nonaten gezogen in bet Hoffnung, im nahen KraSno etwas ju betbienen. £>aS ©täbtdjen war gWat getfdjoffen, aber in ihm fpfelte fich baS ¿eben bet Etappe a6, unb bie 3iMl6ebSlferung fonnte, wenn bet eingelne ©lüd tinb @efd)irf hatte, itgenbwie baran Seil haben.

fierdjS hatten fidj bie 9ftutf)mannS, bie grau beS berfdjleppten 23runnentaler ©djuljen mit ihtet ïodjter ïljereS, bie in KraSno bei einem berheirateten Dffigiet in ©ienft war, angefrfjloffen, unb Efjriftin, bie betWaifte ïodjter beS früheren Kurators, bei KirdjenborfteljetS bon 53runnental, beten SNann itgenbwo an bet gront war. 6ie hatte ben alten rutfjenifdjen Knecht mit, ben Outfo, aber bet Jäljlte nidjt in ben Slugen ber Koloniften.

Hinter bem Kreu3 am SQiefenfaum führte ein bewadjfenet unb wenig ausgetretener 2Beg in ben SBalb hinein. 2Iuf biefen lenfte ber alte fierdj jefct fein Vfetb, mit bem et für baS llajarett H0I3 aus bem 2ßalb holen wollte.

SNargret, feine 6djwiegertodjter, butfte fidj erfchtoden ins

©ebüfeh, als fie plötjlicfj ben Sllten mit bem ©efährt 3Wifdjen ben Säumen auftaudjen fah- 6ie war gans blaß geworben, unb ber gelbwebel Stephan SNaref 30g fie fefter an fich-

„Hab' nicht gurdjt", flüfterte et in gebrochenem unb hartem

©eutfdj. „3ßaS fann er bit tun? NidjtS fann et bit tun. Eine 3ßitwe ift wie eine fiebige, fie fann ihr Hers betfdjenfen, an wen

fie will. 30atum haft bu foldje gurdjt, ßuba?"

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Margret fíefjt bem 6oíbaten fgtoeigenb in« ©efidjt, fle fieht eé ganj nafj, feine gebräunte Saut, bie fidj über ben ftarfen 23atfenfnodjen fpannt, unb bie grauen 2Iugen, in benen baé ©piel ber Sonnenftrafjlen blißt, bie burdj baé ©ebüfdj hufdjen.

Cé ift feljr ftill hier am mittäglichen burdjfonnten SDalbranb.

S ie 935get fcfjtueigen, nur fdjillernbe fliegen fumnien burch baé

©efträudj, unb mandjmal verfliegen fidj bie Sdjmetterlinge t»on ber 2ßiefe her.

„SDein' nicht, üuba, toarum toeinft bu?" Stephan gieht bie fra u su fidj auf ben moofigen ©runb.

„0 e r Söater weiß alteé, Stephan. Cr hat mir betbotcn, bie Kinbet mitjuneljmen. Cr ift 23ormunb. 0er 3afob befommt bie ÜBirtfchaft in 93runnental."

Stephan reißt ungebulbig Salme aué bem 2ßiefenboben unb faut baran. „C r toitb fidj'é überlegen", meint er nadj einer 9Bei(e.

„C r toitb'é fící) überlegen."

2lbet Margret fdjüttelt ben Kopf. „SDÖir haben uñé berjantt.

Cr ift mit bet Mutter auégejogen, hinauf in bie Sütte bon bem alten Nußnafen am großen Srunnen. — 0er hat nodj nie nadj- gcgeben".

0er Sllte nicht unb aud) ihr Mann nicht, ber toar genau fo geroefen, unb plßtjlidj ficht Margret ben Karl bor fidj. Streng war er audj getoefen, ftreng unb genau mit bem ©etb unb nur für bie 2lrbeit, aber fie hatten gut miteinanber gelebt, Margret hatte um ihn getrauert,'alé et gefallen, aber balb nach feinem Sobe hatte fie fliehen müffen, unb bon biefem 2lugenblid an toar cé, alé fei aticé orbentlidje Äeben, baé in 23mnnental fo felbft- berftänblicfj getoefen, getbtodjcn unb borbeí. Cin neueé toar et- ftanben, ein hatteé mit H u n g e r unb Kälte, bon Kampf unb Not erfüllt, aber auch bon fieibenfdjaft unb ohne 3roang. — 23on fiiebe hatte ihr Mann nie gefprodjen. 0abon fptach man in 33runncntal überhaupt nidjt biel. Nie hatte ber Karl gefagt, baß er ohne fie nidjt leben fßnne, aber Stephan M atef berfidjerte cé ihr täglich, glüljenb unb leibenfdjaftlidj.

0 ie beiben, bet felbtoebel aué Sthlefien unb bie beutfdje Koloniftenftau aué 23runnental, toaren hier in ber frembe auf-

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einanber sugetricben toie jtoci Sdjaumfronen auf betoegter See.

üiie hätten fie fidj in ruhigen 3^iten gefunden, ©djließlid^, toenn man toitl, es gab 3Dciber genug in ben 9iutfjenenljütten unfr Jüngere als bie Margret, aber Stephan toar toeidj, Poller ©efüf)lr Sftargrets Schönheit ijatte ihn Pom erften Sage an Ijingetiffen.

Söietteicfjt toar es polnifdj, fo su lieben toie Stephan. Margret toußte eS nidjt, aber es toar fdjön. 6ie lernte baS ©efidjt an baS feine. S ie toußte, in 23runnental toürben fie fie alle Peradjten, toenn fie horten, baß fie fid) einen $olen genommen. 23on 23runnen- tal aus toar bieS aud) nidjt 3U üerftel)en. 2I6er toenn fie hier in ber Perftecften SDiefenmulbe bei Stephan lag, bann Perftanb fie auf einmal nidjt, toarum fie fidj fo forgte. S a ß man fidj fo gern hatte, fo anberS toie fie unb i?arl, a6er bodj fo, baß ma*

glücflidj unb baS Heben fdjßn toar, troljbem es iirieg ift, bu lieber Jrjimmel, galt baS benn nicht Por ©ott?

„(SS foll toieber losgehen," meinte Stephan, „geftern hat'S ber iöauptmann Pom Srain ergählt, bie Muffen greifen an. (£S bauett nidjt mehr lange, üuba."

'•„Unb bie itinber?" fragte Sftargret.

3n Stephans ©efidjt trat ein leifer 3ug öon Ungebulb. „2ldj, erft ben 2ßolf, bann baS ^ell", unb fdjnell, als tooHe er alles Unbeljaglidje toegräumen, toanbte er fid) ifjt gans ju, fdjlang bm Slrm um fie unb fagte fdjtoärmerifdj, faft toie ein Süngling:

„Sen f' nidjt bran, mein ©olb, benf' nicht bran."

SRargret fdjloß bie Slugen. SDarum fagte er baS alles fo hin, fo als toüßte er nidjt, toie baS alles für fie toar. Margret, bie, Pon 3?reube unb Sdjmerj fdjneU betoegt, rafdj im SReben unb Sun toar, hatte bodj einen feften, unberührten 93eftanb in ber Sicfe ihres SßefenS, unb fefct rang fie mit fidj, um bem Stephan ettoaS baPon 3U fagen, bamit er fie Perftanb, aber eS toar fo fehr fdjtoer, fidj ridjtig auS3ubrüifen. Sie toar nidjt getoohnt, Pon folchen Singen 3U fpredjen, ihm ging bie 3unge Piel flinfer. 3a, baS fieben mit Stephan toar fc^ön, unb um alles in ber 2 M t tooHte fie fidj nidjt baPon trennen, aber es mußte noch ettoaS anbeteS babei fein, ettoaS, Pon bem in 23runnental 3u Pie! toar.

„Sreu muß man fein, Stephan, toeißt, treu", fagte fie fdjließ- lich langfam, sögernb.

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„2BaS reb'ft bu, ich bleib Mt immer treu", ladjte ber ©olbat unb fügte fíe.

21$, fo hatte fíe es nicht gemeint, fo nicht.

©er Hecfenrofenftraudj Blühte über bet Vertiefung, in bet fie lagen. ©tepljan erhob fidj in ben Knien, rig einige Vlüten ab unb ftcrfte bie garten, rötlich blaffen Vlumen SRargret in baS Haar, baS bunfel unb gelöft auf bem hellen Kopftuch lag, in bie Knopflódjer bet Vlufe, in ben HalSauSfdjnitt. Margret fah etft nadjbenflidj unb prüfenb gu ihm auf. ©oldjeS ©piel, badjte fie, unb ift bocfj ein SJłann! 2Jlein ©ott, wann wäre baś in Vrunnen*

tal einem eingefallen! 2Iber nun flog bodj ein Hädjeln über iljt

©eficht. „2lu, bie tun ja ftedjen, ©tepljan." 6ie holte bie 3^eig- lein aus bet Vlufe, unb ihre 2lugen befamen einen buntlen ©lanj.

©ie trennten fidj nodj im SBalbe. 2113 9ftargtet in bie Nabe bes KreugeS fam, gewährte fie ihre Schwiegermutter, bie mit befdjatteten 2lugen in bie gerne fah. 6ie mürbe tot, als bie 2JTte, fie etfennenb, fagte:

„0 a S hun ich mer balb benft, bag bu hier oben bift. ©er SftofcS Venbinet fagt, eS mitb immer fchlimmet g'fdjoffe, aber idj fann net fehn, bag eppeS annerS ift als fonft."

6ie fahen fchmeigenb ins SBeite. 3n meit auSlabenben Erhe­

bungen gingen hier bie Karpathen in bas fladje fianb über. 2luS ben befdjatteten, buntlen Sftulben erhoben fidj bie grünen Kuppen in bas Sicfjt bet 6onne. Hinter ber lebten breitete fidj meit unb ohne Enbe bie Ebene gegen Dften. ©ommerlidjet ©unft berwehrte bie flate 6idjt, nur baS Vanb beS gluffeS leuchtete beut- lidj unb in allen SBinbungen filbrig erhellt, bis eS fidj in ber gerne betlor. 2In ben ©eitenabljängen maren biele ©puren bet Kampfe bot gmei 3afjren gu fehen, Refte bon Vauernljütten, ger- fplitterte Vaumftümpfe unb bie buntlen ©tridje ber ©djüfcen- gráben, bie ©djriftgüge beS Krieges.

„Sftit ift arg langmeilig, mo mir jet¡t fo allein finb, Sftargtet, fannft bich benn net mieber bertrage mit bem Vater?"

Sttargret fal) bie 2Ilte nidjt an, als fie antwortete: „ E r Will fidj net mit mir betttage, ich hob ja feinen heigen fortgehn.''

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„©ei bodj net fo e ©tütjfopf, Margret. Odj fjun bit )'a ni* $u fagen, bift ¡a 6Io§ bie ©ofjnSfrau, aber tuft birf) net fdjäme?"

„£jßrt fdjon auf, Mu.tter, idj toerb bodj net polnifdj unb bie Kinber auch net. SS fann bodj jeber bleiben, toaS er ift."

„Margret, stoei ©etoiffe fotlen net liege auf einem Kiffe", fagte bie Sllte faft feierlidj unb ftanb auf.

Margret« stoei Sßdjter toaren auf bem SDiefenmeg ju feljen.

Marie, bie breiseljnjäljrige, trug bie Heine Katljt auf bem Nüden.

S ie afchblonben #aare umgaben baS Köpften ber Kleinen toie ein JÖeiligenfdjein, baS ©efidjtdjen baruntet toar rofig runb unb ben beiben grauen ftraljlenb 3ugetoanbt. ¡Da« Kinb toar in ©djeunen unb Kellern groß getoorben, feinen Söater fannte e« nidjt, abet bie fiiebe ber ©roßeltern, bie fürforge ber Mutter unb ©e- fdjtoifter hatten e« fdjirmenb umgeben. SS burfte ihm nid)t« ab- geljen, menn audj alle barbten. <5« toudj« unb gebielj, toie bie früljling«blumen im fdjüßenben ©efträudj. „S in Kinb toie ein Sngel", fagten felbft bie 93auern, unb bie ©olbaten fdjerjten mit

tfjm.

„Slber bie Marie fdjaut fdjledjt au«", meinte bie Sllte.

„¡Da« liegt am Sllter", anttoortete Margret. ¡Dag fjodjuufge- fdjoffene, blonbe Kinb Ijatte ein merftoürbig deine« ©efidjt, au«

bem eg mit großen, grauen Slugen feljr ernft in bie SBelt falj.

• „3eit toär'« fdjon, baß bie Kinber in bie ©djul' geljn täten,

©eit brei Oaljr gibt'« nii als rumlumpe."

„3eit toär'S für uns alle", anttoortete bie 2Ilte mit einem ab- toeifenben Son in ber Stimme unb nahm bie deine Katlji, bie ihr bittenb bie Srmdjcn entgegenftreefte, mit heftigem 9tud auf ben SIrm.

SS begann fdjon ju bämmern, als bie Junge Sfjriftin fidj ftölj- nenb bom SBiefenboben bor bem Kreu3 erhob, ©ie hatte hier lange auf ihren Knecht, ben alten Ourfo getoartet, aber bie ©djmerjen tourben heftiger. Mein ©ott, fie !onnte hier nidjt länger bleiben.

M it naeften f üßen ftanb fie in ben Polftern beS blühenben Xljt)- mianS. ©ie roch ben herben ¡Duft, unb auf einmal fdjoffen ihr

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Stänen in bie 2Iugen. S ie große Staurígfeít überfíeí fíe toieber.

6eit Monaten toußte fíe nidjté Don ihrem Sftann.

■ftané, badjte fíe, ^ané! On ihrer fdjtoeren Stúnbe toar fíe gons allein.

©er 21benbtoinb ftrich über bie#ölje. bem SBalb rief fuchenb ein 33ogel. Chriftin legte bie fdjmalen, faft finblitfjen £jänbe toie fdjü^enb um ihren hohen Äeib unb machte fídj langfam, fdjritt- toeife auf ben Stöeg.

©ie Jütten lagen berftreut. ©er iíríeg hatte manche toon ihnen 3um ¿Opfer gefotbert, aber bie nodj ftanben, toaren fo 311m Söerften boH bon Flüchtlingen, Solbaten unb ben eigenen Seuten, beiß fíe baé fieben in ihren Sßänben gar nicht 3u faffen bet- mochten. €é ftrahite toeit in ben Slbenb hinaué unb berbanb eine 33eljaufung mit ber anberen, ben ganjen tueiten Jöang hinauf biß hin 3um 2Rittelpunft, too gegen ben Slbenbljimmel bie fdjarfen Umriffe bet 3erfd)offenen itirdje 3U fehen traten. £iet, too S3crg unb S a l fídj begegneten, fanb man bie braunen, feften Slecf- häufer bet jTarpatfjen mit bem borfpringenben Slltan unter bem breiten Strohbach, baneben ftanben aber fdjon bie fleincn Lehm­

hütten bet Cbene, bunt gefalft unb meift mit einem Sdjornftein.

S ie boten nodj toeníget Síaum alé bie breit auélabenben SSlodhñufer. ©ie iTinber hingen in ben SJtüftungen ber Slltane ober fpielten auf ben sufammengetragenen Steinen, bie ben Ein­

gang bilbeten. 2ln bem Ziehbrunnen lachten unb fdjtoafcten bie grauen mit ben Solbaten, auó ben Ställen hotte man baé SSiel).

©reife fdjleppten fid) mit ©rünfutter, unb bie flalbtoüdjfigen jag­

ten baé ©eflügel aué bem ©efträud). fröhlicher fiätm, Singen unb Sd)et3en füllten bie Suft.

„íjfefué unb Sftaria", tief erfdjroden ber alte Ourfo, alé et feiner berrín in baé blaffe ©efidjt fah- Cr feudjte fdjtoet bom Saufen. Chriftin hatte bie Sippen feft aufeinanbergepteßt unb ihre bunflen Slugcn fahen fleljenb auf ben alten Unecht, ©et toar toíe baé Sanb hier, toie bie raud)gefd)toät3ten Jütten unb bie ganse mißhanbelte Crbe: alt, arm unb bom ©afein mit­

genommen. Gr ging gebüeft, bie eiégrauen 5)aare hingen ihm toeit auf bie Sdjultern, bet magere Körper fteefte in fieinen-

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fjofen, bie grau unb 3crtiffcn toaren. ©ie fdjmußigen, natften güße ftanben (notig unb unförmig auf bem Süeg. 2I6cr mie bie Erbe, bie ihn trug, tuie ba« iianb im 3^9 bet einfamen 93erge, im 3arten 23ogen bet glüffe unb in ben meibenumftanbenen fatgcn SDiefen troß aller üftot ba« Ääcf)eln ©ctte« fidj bemaljtt fjatte, fo ftraljtte au« bem alten faltigen ©efidjt mit bem jaijnlofen Munb finblidjeö Vertrauen, ©üte unb Srbarmen. 2Iu« ben fonft liftigen Slugen blitfte Sfjtiftin grenjenlofe« Mitleib entgegen. Ourfo toat alle«, toa« Sfjtiftin bon ben Oljten geblieben, ©ie Eltern, benen er ein £eben lang treu gebient, toaren begraben, bie Stüber, benen et bie SBeibenflöten gefc^nitten hatte, alle baljin, geftorben#

auögetoanbert. S t mar mit ihr geflohen al« einiger Knedjt au«

Srunnental. ©enn mit feinem ber Saufet toaren bie ruthenifdjen Knechte fonft fo bertoadjfen tote er mit bem be« alten Kurator«.

Stet in Malhna ging et auf Sltbeit. S r toerbiente fich fo biel, baß er leben fonnte, aber ¡eben 9l6enb fam et ?u ihr, fdjlief in bet S ie be« Keller«, in bem fie mit ben üerdj« häufte, ilnb oft brachte et ettoa« mit, Siet, ein Öätfdjen Stetfdjfa, 23udj- toeijengrütje, unb toenn et nicht getoefen toäre, Efjriftin tüäre toofjl nicht butchgefommen. Outfo hatte übet iljten Kinberfchritten ängftlidj gemacht, et mar ihr fmmet toie ein ©tücf be« Sofe«

getoefen unb be« ©tafle«, in bem er fdjlief, ber Säume unb ber alten ©cfjeune. S r mar ihr auch feßt ein Je il bet berlorenen Seimat, unb unter ©töfjnen bat fie ihn:

„Outfo, geh, hot bie alte Jlerdj, ich fann nimmer."

„3dj hun fdjon bie ganje Sßodj' benft, e« mär fo meit mit bit", fagte SJiuttet XLetcf), unb ihr ©efidjt, ba« ema« Vergilbt mit großen, flaren 3ügen au« bem Kopftuch fjerborfalj, toat mit mütterlidj miffenbem unb tröftenbem 2Iu«brucf ber jungen Shriftin jugetoanbt. S ie fdjicfte Öurfo jur alten Marhnfa, bet Stam m e bon Malt)na, unb minfte ihrem Snfelfohn, bem jtoölfjäfjtigen 3afob, bet 3lbifchen 3äunen unb Seien fjetumtoflte.

„fiauf fd)netl in euren Keilet. Die Mutter fotl alle« rid)te, irf) bring'« Sijtiftindje. ©ag'« ihr nur, unb bu paßt auf mit ber Marie, baß mit feinet 'runnerfommt 3U un«. Saft berftanbe?"

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Nein, et hatte nidjt berftanben, aber bem fttengen Sefeljl bet Großmutter wagte er nidjt gu tbiberfpredjen. E t lief alfo borauS, nicht ohne fidj burdj luftige Kapriolen, 3idgatffprünge über ben graä6ett>atf)fenen SQeg, ben 2luftrag gu erleidjtern. Statt übet bie paar Erbftufen gut l ü t heveingufommen, lieg et (ich an einem Salten in ben Keller hinunter unb lanbete wie eine Katje, ge- tuanbt unb leicht, neben feinet SRutter.

SRargret fdjrie auf. „SBillft toohl e Satfdjen hoben, Mi?" 2lber ihre Slugen lachten ben Soijn an.

grüljer hatte über biefem Keller ein SteinhauS geftanben. ©ie meiften Steine unb SRauetbroden, bie nadj bet Sefdjiefjung im Gommer fünfgehn hier herumgelegen toaren, hatten Me Säuern unb Solbaten fich geholt. SRit einem Seil beS SjoIgeS unb gefcen beS ©adjeS hatten fierdjS fich ben Keller gugcbccft. Einige Kiften, etwas Gtroh toat alles, tuaS bet eine Raum enthielt. 3n ber Ede icar eine geuerftelle unb batüber ein Hoch für ben Rauch.

3et?t im Sommer aber toar fie unbenütjt, benn bie grauen fodjten auf ben Steinen braujgen bot bet Sür.

„S u geuer madjen mit ber SRarie", fagte SRargret haftig unb jagte bie btei Kinber aus ber Sür. 3Jlarie gab ihrem Srubet einen feften Rippenftojj, als er gum gföeitenmal fragte, toaS benn eigentlich loS fei. ©er überlegene 2IuSbrud ihres fleinen ©eficfjts ärgerte ihn. „©umme SQOeibSleut", meinte er tbeglaufenb unb fprang mit bem Keffcl auf bem 2Itm bie Steppe hinauf.

©aS geuet brannte fdjon, als Me ©rojgmutter mit Ehtiftin baljctfam. ©ie grauen berfd)toanben im Keller, gleich barauf tnm feht aufgeregt ber Ourfo unb rief burdj baS Rauchloch etwas hinunter. Orgenb jemanb fei nicht ba, berftanben bie Kinber.

©a bog bie 3ftutljmann in ben ©raStueg ein, bet gum Keilet führte, unb ging eilig mit turgen, feften Schritten auf ben Ein­

gang gu. 3ßie ber Slit; toar 3afob hinter ihr het unb bertrat ihr ben 2Deg. „ S a barf man net 'nein", fagte er mit Qbergeugung Einen 2lugenblid ftutjte bie Schulgin, aber fdjon hatte fie ben Suben mit einer fdjneHen, fräftigen Setoegung toeggeftoßen.

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„D u tofcnafiger 33ub, bu merft mit gtab roaS berbiete", unb mar bie Stufen hinunter. Öafob wollte hinter iljr ^ r , aber ba fprang SJlarie auf ihn ju. Sie tippte mit bem {finget an bie Stirn unb fafj ifjn geringfdjätjig an.

„0 u Uiager, bie SOßciböIeut aus 93runnental fannft boch teiniaffe!"

Sli^enb bot 3orn über bie überlegene 2Irt bet Sdjmefter, marf tJafob ihr ben ^effel bot bie Füße.

„Sßenn bu alle« fo gut meißt, fannft ja auch baS Sßaffet felber holen!"

„® u fannft audj bon allein miffen, baß bu nur auf bie fremben unb auf DftannSleute paffen mußt, menn bie €f)riftin e .ftinb friegt", antmortete bie Sdjmefter böfe unb nahm ben iteffel auf.

3afob blieb berbutjt ftehen. Dunnerlebber, bie Shriftin friegt ein iTinb! Die 3Jlatie tut ja gtab fo, als ob baS einer miffen müßte. ¡Das mirb eine SBirtfdjaft geben im igeltet! Slbet fo ein Neugeborenes ift ja feljr dein unb nimmt nicht biel *?pia^ meg, überlebt er, unb bann fällt ihm ein, baß eine ©ebutt etwa« ift.

woran mandje grauen ftetben, auf aße fälle hat fie mit Schmersen, mit 23lut unb Stöhnen 3u tun. Sein eben nod) tto^igeS ©efidjt manbelt fith- S ie ftarf getbölbte Stirn mit ber fdjatfen falte über bet Sftafenmutsel tbitb glatt, unb bie feltfam bunilen, blauen 2lugen unter bem faft fdjmat3en 23ogen feiner bichten 33rauen werben weit unb groß, baS Grfdjrerfen beS 5}et3enS brängt fidj in fein ©efidjt. SIber als Sftarie je^t bom 'Brunnen fommt unb borfidjtig ben gefüllten Äeffel mit beiben Sjänben bot fich !jet trägt, fommt et, bie Sanb im .Qofenfarf, mit betonter ©leidjgültigfeit auf fie 3U.

„2Denn fie fdjreit, geh ich babon", fagt et nur fo leicht hin.

OTarie metft nidjt baS leichte 3itt«n ber Stimme. ¡Der ©ebanfe, baß ber S3rubet bon GhriftinS 3uftanb nichts mußte, ba fie boch la g für Sag in einem bellet mit ihr sufnmmen finb, fommt ihr got nicht. S ie hat fidj fdjon lang bamit befdjäftigt, aber audj ihr ift fetjt bang.

„2llle fdjteien nicht", gibt fie etmaS unficher unb auch fich f<16ft 3um Sroft sut Slntmott.

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©ie fíeme Katlji lief ju einem Nutfjcnenmäbcfjen am 3aun

©ie mußte noch nídjté Don ben ©ren3cn, .bie Menfdjen trennen.

Unb fíe ließ man audj gemähten, ben beiben ©roßen aber hatte ber ©roßbatet baé ©píelen mit bet ©otfjugenb betboten. 06 man im Keller häufte ober im ftattlidjen eigenen Sau«. .„S in fchmábifcfjeé Kinb fpielt net mit Nußnafenfinbetn."

Outfo humpelte mieber fort, jeßt jum Öuben, mie bie Kinber fcftfteüten. ©ie ©djünfe lag fchräg gegenüber, ettoaé erhöht,

©er Mofeé 33enbinet brühen machte gute ©efchäfte. ©ein HauS heftanb jmar nur gut Hälfte noch, mit S3rettern ünb ©troh toar ber Neft notbürftig geflitft, aber eé ging brühen 3U míe in einem Sienenftocf im grüljling. Nicht nur, baß bie geflüchteten Ouben, bie bei ihm moljnten, baé Saué füllten, eé mar bet Ort, tro man immer ¡emanben traf, ber Neuigfeiten mußte, ober mo man eigene anbringen fonnte. Sludj feßt ftanben ©olbaten unb 23aucrn fchmaßenb bot bet 2üt.

„©djnapé hat et fiel) geholt", fteHte 3afob feft, alé bet Sllte ben ©raöabljang jurüdfam.

3urfo blieb bor ben Kinbern ftehen, entforfte mit jittetnben Hänben bie glafdje, tat einen tüchtigen ©djlucf unb fteefte fie born in fein Semb, mo fie mie eine gtoße 23eule über bem fiebet- riemen hing, mit bem er feine fieinenhofe jufammenhielt. ©eit fie bon 23runnental meggegogen unb mie bie gigeuner fidj hetutn- trieben, tranf ber Sllte mehr alé ihm gut mar.

„^eilige M aria, bie Mathnfa ift nicht ba. ©et Mann fagt, faum ift ein Kinb in bie 2ßelt gefommen, fchon holen fie fie mo- anbeté hin. ©ie hat nirfjt 3eit, fich bie Nafe gu pußen. Sé finb 3U biel ©olbaten im fian'o, berfteht if)t, 3u biet ©olbaten."

©et Sitte feßte ft# fchmet aufftöhnenb neben Marie, aber fo, baß et ben Eingang beé Kelleré im Sluge behielt.

Sé mürbe bunfel. ©cíjon maren brüben am Hang bie Hütten, bie gäune, nur ungenau 3u erfennen. M an fah nur bie hellen

©eftalten bet 23auern gegen baé bunfle J90I3. ©er Sbene 3U fdjien bie 2Delt fidj su berfchleíetn. ©aé abenblidje Treiben mar in feinet SBemegung, im Kommen unb ©ehen, in all feinen ©eräufdjen mie ber laute Sltem, baé Sßott ber bunfel merbenben SBelt. M an mußte

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nicht, toohet eS !nm, unb nicht, wohin es ging. 33iele Solbaten waren unterwegs. 3Jlan hotte ifjt fiadjen, itgenbwo fpielte eine 3iefjharmonifa. Silles war laut, lebenbig unb nalj, unb bet tiefe ilnterton, ben man seitweife bon bet Ebene herauf hotte, baS fcumpfe 9M en bet ©efdjü^c, tarn Wie aus einet ftemben SDelt.

Sttatie tat fef)t gefdjäftig mit bem Hol3, setbtach es 3U teigigen Stüden, otbnete es neu, aber baS fleine ©efidjt Wat im Horchen gefpannt unb bet Sftunb leicht geöffnet. 3n ihren grauen, ängft- lichen Slugen tan3te ber 3Diberfd)cin ber ^flammen. S ie ftticfj fich immer wieber baS Haar hinter« £>ljt/ baS fich aus ben 3öpfen gelöft hatte unb in blonben glatten Strähnen übet bie Sdjuiter hing. ES War ein beflemmenbeS Schweigen 3toifchen ben ©e- ftfjwiftern. 2Xudj bet alte 3utfo fptach nicht mehr, er bewegte nur lautlos bie Sippen.

S ie Kinber fühlten fich allein gelaffen, unb eine bunfle Slhnung Dom Strom beS ßebenS burchsog fdjmetshaft ihre jungen Hersen.

3afob Oor allem graute es bot bem ©unflen, Ur.begteiflidjen, mit t>em baS ©eborenwetben bort unten im Keller sufammenhing.

E t wollte nichts mit bem allen 3U tun haben. S r feljnte fich nach hellen, flaten Singen, unb bon biefem elenben, fdjweigenben SBarten am geuer hier wäre er am liebften babongelaufen. 211S je^t bon bet gelbbäderei brüben bet gelbwebel DJiaref hetüberfam unb leife pfeifenb toie tufenb auf bie Keilertür 3uging, fptang et ihm feljt etlcid)tett entgegen.

Stephan SKatef lag mit bet gelbbäcferei feit Sftonaten in DJlalhna, unb in biefet 3eit hatte er mit äratifdjer Hilfe bie SBitwe üerch unb ihre brei Kinber ernährt, fo gut er tonnte. Es ging ihnen ¡ebenfalls beffet als bielen anbeten glüdjtlingen.

Heute paefte er mit bielbetfptedjenben Slnbeutungen fein Vafet aus. 2lh, Sßeißbrot! SDann hatten fie baS überhaupt einmal gegeffen! HödjftenS bei einer Kirmes in gtiebeiiSjciten. 3a, Ungarn toaten im ©orf, unb bie lebten wie bie dürften. ©aS Königreich bet Stephansfrone berforgte feine Söhne mit bem iöeften, toaS eS hatte. Sie litten feinen SRangel, aber abgeben taten fie nichts. S ie ftanben ¡ebenfalls in biefem Nuf, unb es loat fdjon eine große Sache, baß SJlatef bieS Q3rot hatte.

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Gá toar einen Slugenblícf ftíü um baö feuer, aber plófclítf) wat e$ ihnen, alá pórten fíe ettoaé au« bem JM e r. Oafob tourbe blaß, unb Üftarie faf) mit offenem SJhmb unb entfetten Slugen nadj bet íü r. Nun tat fie fídj auf unb jemanb fam ben fdjrágcn

©djacfjt eíííg heran. Gá toar bíe 9)iutter. Oe^t im Schein beé feuerS fonnten fíe fíe ertennen. 3fjt ©efídjt toar abgefpannt, aber ein iíádjetn Ijeílte es auf, alé fíe bíe iTínber unb ©tepíjan ent- í>etfte. 6íe hatte bíefelben bunfeíblau fprüljenben Slugen toíe 3afob, unb fíe berlíeljen bem blaffen, ettoaś fdjatfen ©efídjt eine befonbere Schönheit. 3eíst aber, ba fíe fídj übet baé f euer beugte unb ber ©lutfdjeín ihre SBangen überfdjíen, ftraljlte eé aué ihren Slugen toíe tíefe .Qímmel:

,,'é Gljríftindje e 23übdje."

„S ie hat ja gar net geftífdje", fragte Oatob jogernb, erftaunt unb toíe ím 3toeífel, ob bíe Sache nun toírflícfj borbeí feí.

„©u bíft bumm, eé fehreít bodj nídjt jebe. 6o ein üamrn toie bíe Gfjríftín, bíe hat nur gefeufjt, toíe bíe ^eiligen im feuer. — Sftaria unb 3ofeph, toaś haft bu benn?" toanbte 9ftaret fídj ber- tmęt ju 3urfo.

©er alte Ufrainer hob unb fenfte feinen Dberförper in einer merftoürbigen toie juftimmenben Setoegung unb legte immer toieber bíe auSgebreiteten Jrjanbflädjen auf ben ©raéboben neben fidj. Gr betbeugte fidj gleichmäßig unb immer bon neuem. G3 toar, alé ob ber Sdjlag feine« .ftetjená im bürren fieib feinen tRaum mehr habe unb über ihn hinaus pulfen müffe, burd) bíe Sltme in baé ©ras, in ben 93oben, in bíe toeite, bunfte Gtbe.

©er Sllte lachte babei mit feinem jafjnlofen SJhinb leife unb glüdlidj bot fich hin. ©ie SdjnapSflafdje in feinem i}emb glucffte toetneljmlidj. Gr hörte trft langfam unb toíbertoíllíg auf, als Jíatlji fich bon OftarefS Änien nieberbeugte unb ihn ettoaS ängft- lidj an ber fieinenljofe sog.

*

GS toar eine monblofe Nadjt, unb im J M e t toar eS fehr t>unfel. ©er matte 6djein ber fleinen Petroleumlampe, bíe ettoaS erhöht auf einem Sftauetbotfptung ftanb, toar nicht imftanbe,

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mc^t alé ben Meinen Sßinfel 311 etfjetlen, in bem Chriftin nr'r ihrem Kinbe lag. Cine ¡Deefe toar übet beibe gebreitet, abet baS- helle 6troh teilte toeit übet íljre Nänber herbot. Cs tafcfjclte auch um bie füge beS alten 3utfo, bet auf «inet umgeftülptc.i Kifte fag unb bei bet fungen Mutter SDadje hielt. E t hatte firfy batauf eingefteüt, bie ganje Nadjt fiiet su fißen, biefe unb bie nädjfte auch. S t batte fein lieben lang in 0tällen gefdjlafen un¡>

hatte batum feine 2Ingft bot Natten toie Cfjriftin. Slbet baß biefi líete eö auf aHeé Silflofe unb tJunge abgefehen hatten, baS toar fichet. 2IIS fie hier im Keller Unterfdjlupf gefunben hatten, toaren feine Natten ju fehen getoefen. 6ie toaren erft im ©efolge ber tfelbbäcfetei erfchienen, unb bem ©ommet gu hatten fie fid>

unheimlich bermeljtt.

„ l u fdjlafe, tu immer fdjlafe, Chriftin", fagte ber Sllte. „Ourfo toetb' aufpaffe."

Cr fptach ein merftoürbigeS Kaubertoelfcfj aus bet ©pradie feinet Setten unb ber feines 33olfeS, ^Sfälger ©ialeft uni>

Ufrainifdj.

„SDillft net habe?" Cr 30g baS SBeißbrot aus feinem Sem*, unb als Chriftin ben Kopf fdjüttelte, big et felbft hinein. ¡Die ftlafdje mit bem ßdjnapS hatte er bereits hetauSgeholt. Ct gub fich feiner M aljl3eit mit grogem ©enuß hin, unb bie SBetoegungen, bie et beim Cffen unb Itinfen machte, toarfen feljr breite unb berfdjtoimmenbe ©chatten auf bie 93alfen ber ¡Deefe unb Me blaß gefalfte SBanb. Chriftin fonnte fein faltenreiches ©efidjt nur toie butdj einen ©djleicr etfennen. 6ie toar fehr mübe. CS toar ftitl im Keller. ¡Die leifen ©eräufdje beS CffenS, bet Meine, bunfle Io n beS ©djlucfenS, bie 2ltemsüge bet üerdjS, ber Margret unb ihrer Kinber aus bet Ccfe toaren beutlich 3U hören. 6ie bet- tooben fich toie 3U einet Sülle, einem »eichen Such, in bem Chriftin fich geborgen fühlte. ¡Das £icfjt ber Meinen ííampe toar

©üte unb SDohltat in bem ©djtoeigen ber Nacht unb toie eine SBeht gegen alles 23öfe, baS im ¡Dunflen fdjlidj. S ie Natten fdjeuten es.

Chriftin hatte eine gitternbe 2lngft‘ bot ben lieten. SBäljrenb Margret unb bie Kinber fidj nie burch fie ftöten liegen, hatte

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fie manche Nacht fdjlafloö gelegen, wenn fie meinte, f(e im Sunflen 311 fjören. SDenn ba« Sicht be« «Nonbe« butch bie fiufe über ber geuerftelle ben Keller fdjwadj erhellte, fonnte man auiij erfennen, tr»ie ihre fjufcfjenben 6djatten um bie Öffnung auf*

unb nieberftiegen. SNandjmal fchrien fie ober sanften fich in ben Ecfen. 3hre fdjnellen, gltitenben unb borfidjtig fpringenben B e ­ wegungen fchienen in foldjen Nädjten überall ju fein. Ehriftin hatte manchmal bie fdjmalen bunflen Körper an bet 3Danb neben fich gehört, hatte betmeint, ba« ftahenbe ©leiten ihrer fdjnellen güge an ihrem Körper entlang, an ihrem Haar ju fpüren, un3 hatte boHet Entfefcen, ohne fich 3u rühren, 3urfo gerufen. Se r 2Ilte, bet meift auf ber geuerftelle lag, feinen ^els unter fich, fdjlief ruhig, aber er trat immer gleich toadj, wenn ihre jitternbe 6timme in ber Nacht erflang. E r fam bann ju ihr gefroren, fauerte fidj $u ihren gügen unb beruhigte fie mit aller­

lei geflüfterten ©orten, bie fie meift nicht berftanb. SIbet feine wache Nähe war wie ein fiidjt, feine fpähenben Slugen wie lauernbe glammen. ES würbe ruhiger, bie Siere betftodjen fich, unb Ehriftin war meift fdjneß eingefchlafen.

S a « Kinb rührte fich. Ehriftin fpürte feine leife ftogenben 'Bewegungen an ihrer 93ruft, unb auf einmal serrig eine unenb- lidj füge greube bie Schleier ber SNübigfeit unb Ermattung.

Ein nie gefannte« ©lücfögefühl fchlug wie eine SBoge um fie, burchftrömte fie ganj. Nicht« war mehr ba, ba« ©ewefene nicht unb ba« Kommenbe nicht. Sille« berfant, nur fie war ba unb ihr Kinb. S e t Kelch, au« bem alle« fieben auffteigt, hob feine hellen, wunbetbaren 2Bänbt um fie, fie aber lag auf feinem

©tunb. Sie taftete borfidjtig an bet Umhüllung be« Kinbe« ent­

lang, unb auf einmal hotte fie ein gügdjen in bet Hanb. E« war wie ein Blumenblatt, lebenbig, weich unb jart.

„Himmlifdjer 33ater, liebet Heilanb", fagte fie müljfam, leife wie im gtooniJ' unb eine glut bon ¡Tränen brach gans plö^lidj au« ihren Slugen. 6ie weinte ftiH unb lautlo« unb fudjte mit Sittternben Hänben ba« sweite gügdjen, bie Keinen gäufte be«

Neugebotenen. Sie ftreidjelte ben Körper järtlicfj betfunfen, lang unb wie ohne 33ewugtfein.

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(24)

©djließlidj fdjlief fíe ein, aber baé ©lüd blieb bei iljr, unb alé fíe toieber su fidj fam, toar fíe immer nodj toie bon freube getragen.

„Sané fotl er heiße, íjané, toie ber 93ater ", fagte fíe fjalblaut unb füßte baé -ftöpfdjen, baé an ihrer 6djulter lag.

Daé fiämpcfien blafte. Sé rodj bitter unb fticfig nadj bem Nuß beé Naphtha. Ourfo fprach abgeríffene SBorte bor fid) hin.

Der 2llte toar betrunfen.

„Ourfo!"

„.ßinbdje, Äinbdje, net toeine, net toeíne! Daé Oefuéfinb unb bie ^eilige SNaria tun auch liegen auf 6trofj. 21uf Stroh.

.Rinbdje, auf 6trolj, toie bu."

Ghríftiné bunfle, große Slugen fahen aué bem blaffen SlntliH ängftlidj nach bem Unecht. 6ie ftridj fídj baé -Saar sutücf, unb baé ©efidjt toar jetjt mit bem hohen ijaaranfat;, ber merftoörbig großen 6tirn unb ben fdjmalen eingefallenen ©djläfen fehr ber- änbert, fremb unb gar nicht mehr finblidj.

YOurfo, gib her bie flafdje!"

¡Oer Sllte hielt einen Slugenblicf inne, fah betroffen auf Shriftin unb reichte ihr faft bemütig bie halbteere flafdje.

„Der ©djnapé, iíínbche, ift ftarf", fagte er faft entfdjulbigenb unb erhob feine Stimme aué bem flüfterton, in bem er biéljer gefprodjen. „Der ©djnapé ift mehr ftarf alé bie Üflenfdjen, mehr ftarf alé bie 9ftenfdjen, fag ich, mit einem fiötoen fann er fertig toerben."

S r beugte ffdj su €hriftin, alé tootle er ihr ein ©eheimnié an- bertrauen. „9Rit bem Seufel auch", fagte et toieber flüftetnb. Slber alé fein 23liif bem ftiHen unb ettoaé ängftlichen ihrer 2lugen be- gegnete, lachte er berfdjmi^t in fídj hinein. „SIber mit ben ^eiligen nicht, oh, mit ben ^eiligen nicht!" S r taftete auf ber Decfe über ihre iTnie. — „SNir geben ben Dfutoit, mir geben, Gljriftin!"

Ghriftin gab feine Slnttoort. Der Sllte bettelte noch ein SBeiidjen, aber alé er im sittrigen Saften nach ber flafdje ben Körper beé .ftínbeé fühlte, fuhr er surücf unb fagte, bie Stimme ber 9Jiargret nadjaljmenb:

„'é Shriftinche hat e 23übdje, 'é Shriftinche hat e 23übdje.”

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(25)

2luf einmal fing er an ju fingen. Erft leife unb nur in einzelnen gleichen Xönen, wehmütig traurig, bann lauter, aber immer noch ohne aßorte, bis er fdjließlidj ein Keines Hieb fanb:

„Jlolomea ift fein SDinfel, Kolomea ift ein Stäbtdjen, Unb wie hetlcS SDeijenbrot Sinb barin bie 2Kábcfjcn."

93ei bem blieb es. €r fang es immer wieber, erft leife, bann laut unb fdjließlidj toie in Söetsüdung:

„Unb toie IjeHeS SBeisenSrot finb barin bie Sftäbdjen".

Ehtiftin wäre babei Woljl toieber eingefchlafen, hätte et nid)t im haftigen Sluffteljen baS fiämpdjen bon bet 2ftauer getiffen.

€s 3erfptang Kirtenb, unb eine unheimliche Dunfelljcit, in bet ber Hfrainet berftummte, umgab bie Srfdjredten.

„Oh, Outío!"

Das Jlinb fing an zu weinen, unb als müßte ber Sllte 93et- fäumteS nachholen, begann er jefct im Dunflen nadj Statten ju fudjen.

S r ftolperte über bie fdjlafenben Kinber, Katfji fchtie auf, unb audj 9ftargret würbe Wadj. 2luS einem feht tiefen «Schlaf tarn fíe erft langfam ju fidj, unb es bauerte eine SBeile, bis fie begriff, was borging. ¡Dann erhob fie fidj aber fünf unb faßte im # a l6- bunflen nadj bem Sitten.

Du Saberlump, bu mefdjuggener, bu! ©lei' legft bich bahin auf bein'n pia^! Saft gehört?"

3urfo riß fidj los. ÜDlargret padte ihn rnieber, a6et ber Sllte war nicht auf bie geuerfteüe ?u bringen, ftörrifch jog er kargtet immer wieber an €fjtiftinS Saget.

„Der hat bich wohl arg erfdjredt?" Sflargret beugte fleh über bie 9Böcfjnerin. Shtiftin aber adjtete auf nichts als auf baS Sßeinen, baS leife Quarten an iljter Schulter.

„Das- 23übdje tut ja heule", fagte fie unb falj ängftlidj auf.

„No, no, baS wirb 'S audj mal bütfe", gab Sttargret jut Slnt- wort. „©16 ihm eppeS, et hat junget."

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(26)

<?ttba« ungefdjicft unb erregt ent6Ißgtc eijriftin iljre 93ruft- bann tourbe e« ftill im Naum. Beibe grauen hatten ifjt ©eficfjt bem ttinfenben Säugling gugetoanbt.

„6t trinft, er trinft", flüfterte eijriftin. Srftaunen, gitternbe

¡freube unb ein heimliche« ©ordjen auf ba« Strömen ihre«

Körper« fdjtoangen in ber Stimme. S ie fdjlug bie bunflen 2lugen auf, unb ifjr Blicf fiel auf Margrets betoegte« Süntlitj.

„S o ll groß unb ftatf toerben, bein Bübdje", fagte Margret.

S e r ©immeláfled ü6er ber ©etblufe mar jefit blaßgtau ge­

worben unb trug an feinem Nanbe bon ben fernen unficfjtbaren ijorigonten einen lichten Siiberftreifen.

*

S e t JJarmaref, toie bie Bölferfdjaften ©aligien«, gleidjtme tbeldjet 3unge, ben SBodjenmarft nennen, íft bon alter«ljer bet Sreffpunft ber Bauern. S ie fdjeuen {einen 5Beg, um hingu- fommen, felbft toenn fie nicht« ober faum etma« gu berfaufen ha6en, benn ber Menfdj muß audj einmal fein Vergnügen haben, unb tbo fänbe er ba« au«giebiget a!« auf bem M arft?

3efct im Kriege bot ber SDeg gum M arft hier fnapp hinter bei

¡front ein beränberte« Bilb. Nur tbenige ¡fuhren ftrebten mit bem alten fierd) Kra«no gu. Kaum, baß man einmal eine Bäuerin gu ^Sferb falj. S ie meiften ^ßfetbe hatten fídj bie Sol- baten geholt, erft bie öfterreichet, bann bie Nuffen unb ben Neft nodjmal bie öfterreichet. 2l6et toer nodj ein« hefaß ober fo nah tbohnte, baß er gu ¡fuß gehen fonnte, toar untertoeg«. B iel hatte man ¡a nidjt gum M arft gu bringen, bie Solbaten tarnen in bie entferntere ©ütte um ein paar Siet, ein ©uhn. Um gu hanbeln, hatte man e« nicht nötig, auf ben M arft gu fahren. 2lber fdjließ- licf), man fonnte fídj nadj ben greifen etfunbigen, man fonnte ba« Säcfdjen Mehl, ba« 3lbifchen bem ©ätffel lag, fo teuer gu betfaufen trachten, baß e« für einen luftigen Ja g reichte. Über­

haupt, man fann nie toiffen, toa« auf bem JJafjrmarft gefdjieht unb tba« für Singe ber Menfdj ba gu hören befommt. Bielleidjt ift ber Krieg halb gu £nbe, bielleidjt hört man, ob e« toaljt ift, tba« Me Solbaten ergüljten, ob in Nüßlanb tbirflich fein 3<n

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nicht ift. Die fieute in 2lmerifa folien auch mit uñé Krieg an­

gefangen haben. Kann fídj baé ein 2Jienfdö borfteHen? ©ie woh­

nen auf ber anberen ©eite ber 2öelt, eé gibt ©efdjidjten genug, waé für Kräfte biefe Heute — bon ©ott finb fie nicht — haben, bie eé fertig 6ringen, immer mit bem Kopf nach unten su leben.

©ie anfteigenbe ©onne hat äße feudjtigfeit unb alle Kühle ber Erbe an fich gesogen, ber la ß berfpridjt heiß 3u werben, unb über ber ©trage liegt jeßt, ba bie fuljrwerfe fidj ju brängen be­

ginnen, eine breite, gelbe ©taubwolfe. ©ie wirb immer bichter, je näher man ber ©tabt fommt. ©ie liegt auch über bem großen, weit auélabenben Hof beé erften ©afthaufeé, in ben bie meiften Säuern einfahren.

©er ©rogbater unb M arie gehen auf ben Marft, Oafob muß aúf baé «Pferb adjten. Neue fufjtwetfe fommen an, bie Säue­

tinnen flettern bom Sßagen. ©ie finb barfug, aber manche holen bie toten unb braunen ©djaftftiefel aué bem ©troh unb sieben fie fidj mit Achsen unb ©töhnen übet bie nadten heigen füge, gwifdjen bem wippenben bunten Nod unb bem Nanb ber ©ticfel bleibt bie braune SDabe fichtbar. ©ie binben baé Kopftuch feftet, orbnen bie Haléfetten aué Korallen unb bunten ©laéperlen unb machen fidj auf ben 2Beg. gwifdjen ben SBagen, ben Säuern in hellen fieinenanjügen ftehen bunfel bie Ouben, berljanbeln laut unb einbtinglich ober gehen ben Neuanfömmlingen entgegen, ©ie fönnten (a hier fchon berfaufen, woju brauchten fie auf ben M arft?

JBaljr ift eé fa, man fommt fdjnetler iné SBirtéfjaué, benft mancher, bet einen weiten SDeg hinter fith hat, unb binbet feinen

©ad auf ober wühlt im ©troh-

Um Oafob fümmett fich feiner. Cr bleibt bei feinem $ferb unb Uertreibt ihm bie läftigen fliegen. 2llé ein $laß unter bem Koftanienbaum frei wirb, führt er mit feljr männlidjen Nufen unb fräftigen flüdjen fein fuljrwerf in ben ©djatten.

Sluf bem Marftplah aber Wat faum butdjjufommen. Marie hielt fidj ängftlidj an ben ©rogbater. 2luf bem feht breiten, redjtwinfligen P a h mit ben niebrigen, sum le il jerfdjoffenen Häufern am Nanbe hodte in ber Mitte baé hell gefalfte Natljaué wie eine alte, bidé ©lude, ©er fleine Jutm , an bem früher eine

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Ufjt getoefen, toar heruntergefdjoffen. Das Dadj geigte nod>

baS Hodj. Der Glat) war ungepflaftert. Sftarie berfanf bis 31t ben Knödjetn im ©taub. S t toar toeiß toie Wefjl, unb bon Sun- berten bon güßen aufgetoüfjlt, lag er toie ber 9ltem ber Meinen, etenben 6tabt in ber fiuft.

Die Gäuerinnen faßen, fnieten ober Ijocften in langen SHeiljen hinter ihren Körben, bie Slugen prüfenb ju ben Gorü&ergeljenben erhoben. Weift tbar bon ihren SBaren nichts ju fehen. (Erft, tbenn man mit ihnen ins ©efpräcfj fam, hoben fte bas Seu hoch unb geigten berftoljlen ihre 6d)ä$e. £>h/ fie toußten gut, toaS je$tr

€nbe beS britten KriegSjahreS, ein Grot toert toar ober ein Jrjuhn.

Um ben runben ©teinbrunnen, über bem auf einem ©teinfocfel nodj ber untere Seil einer jerfdjoffenen ©tatue prangte, faßen tbie bunte luftige Sühnet auf ber Stange junge Gäuerinnen bidjt nebeneinanber. ©ie hotten SBotte, ettoaS üeinen unb eine biefe, bunte Kohe ju berfaufen. Sier brängten fidj bie ©olbaten, unb baS helle ©efreifd) unb üadjen bet 2Beiber übertönte fogar ben fiärm ber Umgebung. Der alte fierdj stoängte fich 3toifd)en jtceien hinburch, um fich im Gecfen baS heiße ©efidjt unb bie Jrjänbr 3U fühlen. Das 2öaffer im Spiegel beS moofigen ©runbeS mar braun. Der Sitte hielt einen Slugenblicf erfdjroden inne. 2luS bem Sßaffer fah ihm ein Slntlit? mit großen, ftarren blauen Slugen entgegen. On allen Gerjerrungen unb SBinbungen, bie baS be- toegte Sßaffer ihm gab, toar es feltfam lebenbig. SS toar ber Kopf ber Wutter ©otteS, ber beim Serabftür3en ber ©tatue gan3 ge- blieben unb beren ©efidjt toie bie Slnflage einer Silflofen aus bem ©runbe heraufleuchtete. Das tbeiße ©efidjt toar bon ftarren Sügeln beS gelocften SaareS umgeben, bie hin unb toieber nodj ettoaS gelbe garbe auftoiefen. Die übrigen Seile beS ©tanbbilbeS lagen als Grocfen baneben. Sine Gäuerin befreu3igte fich breimal, ehe fie ettoaS SBaffer fdjöpfte.

Oe toeniger fiebenSmittel auf ben W arft famen, befto ftärfet toar ber piunber bertreten, ber Kram unb ber Janb. SBie bie Krä­

hen in fdjtoarsen ©djaren flatternb unb freifdjenb in Not3eiten beS SOOinterS auf ben ©djeunen unb Gaumen hoefen, fo betoegten ficfr in unruhigem 2luf unb Nieber fdjreienb unb anpreifenb biete

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Ouben in iljren langen, fdjmarjen Kaftanen Ü6er bemSröbel, ben alten ©djuljcn, Belsen unb 2lngügen, bie fie auf einigen Kiften, übet meuteren eifernen Öfen unb auf bem ftau&igen Boben au«- gebreitet hatten. ©a« ©ebränge ber Qberlegenben, Kaufenben unb unermüblidj ©anbelnben mar hier befonbet« groß. 2ßie arm ba« ©täbtdjen mar unb mie bettelarm bie (fülle ber Flüchtlinge, bie hier unterfrodjen, etfannte man an ben Käufen, an bem 3Bert, ben bie Menfdjen biefen jerriffenen, elenben Singen bei­

maßen, an ber erbitterten 2lrt, in ber fie miteinanber barum feilfrf)ten. ©ie ©olbaten gingen hier ladjenb hinburch, ftießen berädjtlidj gegen bie aufgereihten ©djulje, betrachteten erftaunt bie Fülle Don serbeulten Jopfen, mit benen ein feljr großer, rot­

haariger Oube fich ganj behängt hatte unb bie et laut anprie«.

Manche blieben bei ben alten Büchern ftefjen, bie gmei 3uben hinter einem Brettertifdj anboten. Ob e« mettbolle ©achen maren, bie fie feilfjielten, mußten fie nicht, benn eg maren djriftliche

©adjen unb mit djriftlidjer ©djrift gefcfjtieben. ©ie hotten bor bem Krieg gute ©efdjäfte gemadjt. Bor allem bie ^Solen, bie

©hmnafiaften unb Beamten hier am Ort maren betfeffen auf ba« fiefen. Bon ben polnifdjen ©adjen fonnte man nie genug haben. JJefit hatten fie ©olbatenfunbfdjaft. ©urdj bie große Blünberung, bie bet Stuffeneinbrucfj mit fich gebracht, mar aller­

lei ©djriftjeug bon ben Böben unb au« ben Kellern an« fiidjt gefommen.

Sine befonbere Slnjiehung ging bon bem Jifd j baneben au«.

€r mar nicht jebe 2Dodje ba, aber jebe«mal, menn er aufgebaut mürbe, ftanben bie Bauern ftaunenb babor. ©ie Fteube an ben bunten ¡fatben leudjtete ihnen au« ben Slugen. 9ln einer ©djnur hingen Bilber aufgereiljt, lauter bunte ölbrude. Bor allem

©eiligenbilber. ©ie maren fäuberlidj nadj Konfeffionen ge­

trennt. ©ie merfmürbigen ©eftalten auf golbenem ©intergrunb mit ben fdjmalen ©efidjtern, au« benen über einet fehr getaben langen Nafe fdjmarje Slugen feltfam ftarr unb einbringlich über ben M arft fdjauten — ba« maren bie ©eiligen, bie bie Siuthenen in ihre ©tuben fjängten. Sin ©eiliger mar mie ber anbere, faum, baß man unterfdjeiben fonnte, ob e« ein Mann ober eine Frau

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ront. ©ie bcc Volen maren fchon anbet«. Nidjt ju reben bon bem

€hriftu«, übet beffen geneigtem Haupt ba« 93lut fo rot unb Cebcnöig leucfjtenb flog mie -btü6en an ben fleifcfjbänfen. ¡Die feügenbe Wagbalena in bet ©rotte lieg bon ihrem fdjönen fleifdj fo biet fe^en, toie feine Säuetin bei Jage, unb toie fie ba lag mit bem aufgeftüßten, nacften 2lrm unb in einem grogen 23udi laä, man hätte benfen fönnen, fie toarte auf fiiebhabet! 2Ba«

SBunber, bag meljtete ©olbaten ficij ba« Silb tauften.

„ f ü r bie Uttainer fjaft bu etroa«, für bie Katljolifdjen, unb für bie Ouben nicht«?" fragte ein 6olbat.

„Herr Offizier", antwortete ihm ein Oube, „Herr Offizier, tbit haben nifdjt feine Silber."

©er 2Hte fchien faft empört übet bie 2Innaf)me, e« fönne anbet« fein, „ f ü r toa« brauet ein Oube ju haben ein 93ilb? Cr hat ben Jalmub."

„Nein", fagte nun ber Verlaufet, „bie Ouben haben feine Silber, fiiebet auch nicht. Slbet früher, bor bem Krieg, haben fie auf bem W arft Jempelfdjutt getauft."

„Jempelfdjutt?"

„3a, au« iJerufalem, bon ihtem jerftörten Jempel. 2I6er jefct haben fie 2lngft, man fönnte ihnen 6djutt au« ©alijien bertaufen, tüo mit boch fobiel babon haben, ©arum fommt bet 3ube nicht mehr, bet früher immer hier geftanben hat."

„6djau, Warie, unfet neuer Kaifet."

©er alte Kolonift fah überlegenb unb prüfenb in ba« tunbe

©cfidjt mit ben bollen Sippen unb bem fleinen Särtd)en.

„Unfet alter hat mir beffet g'falle, aber ernig fann ber Wenfdi net leben."

SDenn man toieber baheim in Srunnental fein tbürbe, follte man fich fo ein Silb taufen unb aufhängen. Ön jebet Koloniften ftube hing ba« Kaiferbilb. Cine tunblidje luftige Ufrainetin nahm, nadjbem fie fich beim Hanbeln in feuet gerebet, jeßt fdjon ein«

mit. ©et Hänbler hatte ihr beteuert, ihr Ja ra « mürbe gan?

auger fich bot fteube fein, toenn er e« 6eim Urlaub in ber Hütte borffinbe. SBenn bet Ja ra « nur fdjon ba märe! 6ie tueig nicht*

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bon ¡fjm. 3m Krieg ift eá fdjledjt, toenn bet Wenfdj nicht fdjteiben fann.

.S e t jtoeite Verlaufet berljanbelte feljt geljeimniäboll mit einigen Solbäten unb gibitiften. fierdj trat borfidjtig nähet, ©er Wann holte aué einet Kifte eine Schachtel herbor, unb üerdj meinte erft, eé feien fo unanftänbige Gilbet barin, toie fie maná- mal heimlich berfauft tburben. 216er mit fdjneHem 23licf ftellte er feft, baß auf roten Karten toeiße Slbler prangten, öfter- teidjifdj toaren bie nidjt, fie hatten nur einen Kopf. Gin älterer, bornehm auéfeljenber 3ibifift bezahlte ben Wann. S ie Solbaten ftecften bie Gilbet in bie 3nnentafdje ihrer Uniform. S ie pfiffen

„Noch ift Polen nicht berloren" bot fidj hin, toäljrenb fie fidj bet­

teilten. Herd) fannte baé Hieb niiht, a&er eé befdjlidj ihn ein

©efüljl, als fei ettoaé nidjt ganj in Otbnung. ©aá toirb ettoai gegen ben Kaifet fein, jebermann toeiß ja, baß bie Polen nicht für Söien finb.

9In ben gleifdjbänfen botbei, bie ben 3eiten entfptechenb feht fümmerlidj waren unb an benen getrennt „fofdjereé" gleifdj für bie Suben unb anbereé für bie €ljtiften bon mehreren 3übinnen auérufenb feilgeboten tourbe, bogen llerdj unb Watie, nod) lange bom ©erudj beé gleifdjeö unb bem Härm beé Warfte«

begleitet, in eine fleine Seitengaffe ein.

Siet toaren aué bem Schutt bet Gefdjießung einige neue fleine Säufer gebaut toorben, unb hier häufte bet Sauptmann mit feiner grau, bei bet Xhereá Wutljmann biente.

Jfjeteé toinfte ihnen fdjon aué bem Vorgarten mit einem SDäfdjeftücl fietdj überflog mit fdjneHem Glicf bie fdjlanfe

©eftalt in ber hellen Glufe unb fagte miß6iHigenb ju feinem Snfelfinb:

„SBie bie fich tragen tut, alé ob fie bem Gezirféljauptmann feine toät. ©ie fommt noch emol im Sut nach Grunnental, toitft fehn."

€t hatte nun einmal ettoaá gegen bie WutljmannS.

„Sang bleibft net!" fagte et, unb manbte fidj toiebet bem W arft 3U.

W atie faß auf bem Küdjenfdjemel unb fah ftaunenb ju, toie flinf unb gefdjicft SljeteS herumtoirtfchaftete. ©ie fleine Küdje bli^te bot Sauberfeit. 2llé fie einmal Ijinauégíng, fdjlidj Watie

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fidj an bíe Sdjtoetle beé gímmcté, ¡n bem bíc Jrjauptleute tooljnten.

Daé üidjt fiel burdj bíe -Cucfen bet angelernten grünen fenfter- laben in golbenen, langen Pfeilen in bie grünlidje Dämmerung, über bie beiben SBetten, bie Uniform, bie ü6er bem (Stuhl hing, unb ließ bie bunten färben beé 93auernfelimé ftreifenmeife auf- leudjten, ber alé einiger Sdjmucf bot bem einen 33ett lag. Sluf einmal mufjte M arie meinen.

3Bie fie baé hier allcé haben, fo fdjön unb fauber unb fo, man tunn eé nidjt fagen, man fühlt eé nur, fo toie im f rieben Sie aber toaren wie 3¡geuner, fdjlimmet alé Sigeuner.

Sränen fielen auf bie 93rotfdjnitte, bie ¡£()ereé ihr gegeöen. 3a, fo hatte 93ateré Solbatenrocf in ben Sagen, ba er auf Urlaub ba- fjeini geibefen, auch über bem Stuhl gehangen, unb jeßt fieht Marie, hinter bem Schleier ihrer Sränen berborgen, bie Stube baheim, baé 23ett ber Eltern, bie Kommobe mit ber gefjäfeltrn Decfe, ben toeijj gefalften Ofen mit ber Dfenfcanf barum. 3ljr ift fo, alé höre fie bie Mutter in ber Küdje mit bet Magb fpredjen, unb burdj bie fenftet leuchten bie 23lumcn beé Votgartené. S ic meint, ben ©erudj su fpüten, ben baheim bie Ställe, bie bunfle Siheune unb bane6en bie Holjlege an fidj haben. S ic fieht fiel) an ben ©arten, ben fchönen, hellen Säufern bie Dorfftrajje entlang

¡¡ur Scfjule laufen. fl&et ihr raufdjen bie Kronen ber alten üinben, bie ju beiben Seiten ben feljt breiten, ganä gcraben 2Beg fäumen.

2lm Enbe fieht man fdjon bie erhöhte Kirche mit bem hohen fchmalen $urm, baneben ben Pfarrgarten unb einen Seil beé Vfarrhaufeé.

„Herrjeé, toarum heulft benn?" fragt Jhereé, bie mit einigen Salattopfen im 2lrm plößlidj neben ihr fteljt. M arie tbifdjt m't bem Sanbrücfcn berlegen bie Jräncn fort.

„3a, marum? 3ft bit eppeé paffiert?"

Die Kleine fdjüttelt ben Kopf unb fdjlägt ihre grauen Slugcn boU su Jljeteé auf.

„3ch hun auf Srunnental benft", fagt fie, unb fdjon trüben Jränen toieber ben 33litf.

Einen Slugenblid ftußt íheteé, unb in ihr ©eficht tritt ein ge- fpanntcr 3ug, aber bann breljt fie fidj mit einem 3tuct um, tbirit

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Die öalatföpfe in ßoßem 23ogen burdj ben Flur, bic offene Tut, in ben ©olgbotticß am Snbe bet Kücße. M it gefttafftem Körper gielt fie unb trifft fidjer, bann nimmt fie ißren Meinen ©aft am 9ltm.

„Oefit toerft eppeS feßn", Iacf)t fie iljn an. „¡Das ßun mer in Vrunnental net."

3n bet Sde bet 6tube fteßt auf einem ©tufjl ein ©tammopßon.

M arie fperrt Munb unb Slugen auf, als plöfilicß Töne, eine Me- lobie, ein gefungeneS Hieb, au« bem großen, grünen ©otn ßertiot- quellen unb bic Ötube füllen.

„M ein ©ott, toaS ift baS?" flüftert fie erfdjrocfen.

„N i* bom Teufel, braudjft fei 9lngft net ßaben. ¡Das ljun bie üeut in 3ßien."

M it einem Meinen 6cßnatrlaut geßt baS Sieb ju ßnbe. TßereS tut einige metftuürbige ©tiffe, unb jefit erfüllt ber NßßtßmuS eine«

tminbetbaren SBalgerS ben Naum. TßeteS ift toie eleftrifiert. M it einem ©riff ßat fie bie DffigierSmüfie Pom Nagel geriffen, fie fd)ief unb fect auf iljten bunflen Kopf gefefit. 6ie paeft bie Meine M arie unb tangt burdjS 3»*rimer.

M arie ßat nodj nie gelangt. 6ie ßat nießt Me lebenbige 23e- lueglicßfeit ißrer Mutter, fie liegt ettoaS ßölgetn in ben Slrmen Don TßereS. 9lber fdjließlidj füßlt fie ben NßtjtßmuS in allen ©lie­

bem, fie tritt TßereS nidjt meljr auf bie Füße. 3n bem mageren, Derfcßloffenen, Meinen ©eficßt geigt fieß bie Froube, bie bet Menfiij erlebt, tuenn baS üieb, bet Klang bie 23etoegung feine« Körpers beftimmen.

TßeteS toutbe ganj auSgelaffen, unb eS toar nur gut, baß fie, als fie jum fo unb fobiclten M ale bie SDOalsetplatte aufjog, ben

$>etm Sjauptmann redjtgeitig burdj ben 6palt ber angelernten Fenftetlnben in ben ©arten einbiegen faß.

911$ er in ben Flut fam, faßen bie beiben Mäbdjen in ber Kücße unb bradjen bie ©alatblätter Pom Kopf. Kaum aber toat et in bet

©tube berfdjmunbcn, fptang TßeteS toieber auf unb lief, nodj glüßenb Pom Tang, an Me Tür. KnipS madjte fie an einem Meinen Sing, baß an ber Söanb fteefte, unb in bet Mitte ber Küdjc glüijte eine ©laSfugel auf, bie an einem Teller Ijing. KnipS/ madjte fie tmebet, unb bie Kugel erlcfd). Triumpßierenb faß fie in Maries

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(34)

entgeiftertes ©efidjt. 6¡e fnipfte scfjn, jtoanslg mol. ¡Die ©laS- fugel toutbe heH/ bunfeí, hell, bunfel.

' Wein ©ott, toas toar baS benn nun toiebet?

„Sleftrifdj", fagte JljereS unb fnípfte meitet. ,,0aS W ilitár ' fjat'S gemaií)t. On bera ¡Draljt, ba tuí baá fiídjt paffiere. SS fomtnt

biteft auS bem Simmel."

Der Sauptmann rief nadj feinen 6djuljen. Sertjeé, bíe hat bet 93utfcí) nod) gat nid)t geputjt!

„3et?t mußt ge^n, SJlatie! Sé ¡ft fjódjfte 3eit. íu t a6et ¡a auf mich matte, heut ßtoeb, ich fomm mit. Sffieißt, too bu auf ben 3afob paffe mußt? Siet ift baS päcfdje für bie Sfjtiftin. 3ft bas 23ü6dje h«3¡9?"

Sheteé toirbelte ihren 23efu<h jut Jü r hinaus. ©an

3

benommen ftanb W atie auf bet 6traße. 2ßaS toaren baS für fieute, biefet Sauptmann unb feine grau! fiidjt hatten fie bireft aus bcm Simmel, eine fjetilicfje Wufifa in einem fdjtoarjen Kaftén, unb für bie ©jriftin, bie fie bodj gar nicht fannten, hatte bie grau fitfj aus Sßien Kinbertoäfcfje fommen Iaffen.

Sin ©efang bon bielen Wännerftimmen fchlug an WarieS Oljt- 2In ber Scfe beS WarftplatjeS ftanb ein Kotbhänbler. Die 2Date türmte fidj gelblich unb bunt hinter bem Sllten. Wehrete 6olbaten gingen eilig auf ihn ju unb riffen W atie mit. 6ie fielen fchon im

©eljen in baS ßieb ein:

„S3on bet Üfdjarnofjota fommen Nachts fefjr biele Oungen, Weinen üiebften ?u erfennen, 3ft mir fdjnell gelungen."

W atie ftanb plötzlich bor bem alten Sänger, um fie 6olbatcn, Gauernbutfdjen unb Warftleute. SS toaren alles ilfrainer. Der toeißhaatige Sllte hatte stoifdjen ben Korben feine 23anbura her­

ausgeholt. 3et$t hob er fein gefurchtes ©efidjt, unb W atie fah, baß feine Slugen tot unb blinb toaren. S ie fdjienen in bie gerne auf etmaS gerichtet, bas fein anberer fah, unb langfam, als fudje er ein SBort sum anbetn, ftimmte er ein neues fiieb an.

(35)

„Tfdjarnoßora, Tfcßarnoßota, 93crgc fcßön unb fdjaurig,

$Benn i<ß eurer ftill gebenfe, 3ft baS ©erg mir traurig."

¿Immer meßr ©olbaten brängten ßergu. SO^arie War eS gwifdjen bem anfteigcnbcn ©ingen ber 2JlSnner beflommen gu Wut. 6ie fcnnte nicßt tuiffen, baß ßier ein 33olf fang, baS feit ßunberten ben JJaßren nur baS fiieb befaß, um gu fagen, was es meinte, unb ein beutfdjeS Kinb fonnte nidjt begreifen, warum bie ®e- ficfjter aller ©erumfteßenben fidj beränberten. 60 faßen fie manch­

mal auS, wenn ber ^ope aus ber i?irdje trat unb ben ©egen fpenbete.

S e r 2Ilte griff mit 6raunen, fnotigen ©änben in bie ©alten bet 53anbuta unb faß glüefließ, faft berflärt bor fidj ßin. ® a S fiieb fing ernft unb getragen an, würbe aber tebenbig, leibenfdjaftlidj unb ßinteißenb, es fteigerte fidj gu neuem ernft unb tieferer ©e- tragenßeit. e s war eines bet uralten ©elbenlieber, bie bon ben laten, bem Kampf beS ufrainifdjen SDolfeS berießten, bon bem

©lang beS fernen, begangenen NeidjeS. 3tt?ei ©olbaten unb bet 2Ilte allein fannten baS gange fiieb. ©ie fangen eS bor, ftropßen- weife, wäßrenb bie anberen mitfummten, fie wieberßolten es, unb balb fangen eS meßrete, fdjlicßlidj fonnten eS alle. S ie fdjßnen.

bunfien Sftännerftimmen waten wie baS Naufcßen eines ßerrlicßen

©tromeS um bas fteine beutfeße OTäbdjen.

„©ei, wer ruft bort bureß bie ©teppe?

©ett ©amalja ift'S, bet ©etmann.

Nuft: Oßt ejatfen, tapfre Ralfen,.

SDoßin wollt ißt ßeute fliegen?

Nadj ©futari, auf Vajafcn JJaßren wir ßinab ben Snjepr, Treiben burdj bie blaue 9Jieerflut,

©aß ber biefe Türfe gittert.

Ober wollt ißt gegen fiembetg, 2Bo bet ‘pole feig fid) buefet

©intet feinen Weißen Üftauern 93ot ber ©teppe fußnen ©ößnen?

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Ober tooHt ifjt i^Qarfdjopfttäget SDieber einmal gegen Norben, 2Bo toir jüngft ben KnoHennafen Sdjtoere 33eute abgetoonnen?"

Witten im Sieb unterbtadjen fidj bie Solbaten. Orgenbtoo et- flang ein Irompetenfignal. W it gelösten, giütflidjen ©efichteni Jjordjten fie nodj einen Herjfdjlag'Iang bem Sang nad), aber bam fanben fie fieft in ben 2lugenblid jurücf, einige fdjoben fiefj au«

bet ©nippe, bie anbeten blieben nodj unfdjlüffig um ben 2llten fteljen. £>er aber hatte fein Onftrument tnieber jtüifdjen bie Körbe gefchoben unb fah mit erlofdjcnem ©cfidjt toot fid) Ijin.

Söiebet toar ein Srompetenruf in bet fiuft, unb bann nod) einer.

S ie Solbaten berfdjtoanben alle in ben Nebengaffen, unb W ad e ftanb eine Sßeile betroffen neben bem bereinfamten Sänger.

¡Der Oafjrmarft mit feinet luftigen unb eifrigen SSetriebfamfeit fjatte fidj auf einmal bertoanbelt. GS toar, als fiele es ben fieuten, ben Sänblern unb Käufern ein, baß fie hier fnapp hinter bet front W arft hielten, baß ihre gan3e breite ©efdjäftigfeit bebroht toar, unb auch für bie bielen Solbaten, bie hier einquartiert toaren, fdjien bas behagliche Schauen unb 23eobadjten plößlid) ju Gnbe 3U fein. Es toar eine neue Unruhe über bem Stäbtdjen, eine, bie nichts mit Kaufen unb Verläufen, nichts mit ber Vetoe- gung gcfdjäftig unb neugierig sufammengclaufener Wcnfdjen 311 tun hat. S ie hatte ihren Urfptung too anberS, in ber fämpfenben front, unb toie ber SDinb, ber fidj aufgemacht, bie Unruhe mit fid»

bringt, fo lief fie bon ber front toeiter in bie rüdtoärtigen fiinien, in bie nahen Orte unb fdjließlidj in bas fianb hinein, £>ie Hänbler bradjen haftig auf, bie 93äuednnen fdjnatterten aufgeregt. 2ßaS toar benn eigentlich loS? Keiner toußte ettoaS, aber ba mar- fdjierten fchon Gruppen über ben Vlat?, auf ber anberen Seite taudjten auch toeldje auf. Kaum, baß bie Oubcn 3eit hatten, ihren Sröbel 3ufammcn3ufcfjieben. Gin Offisicr ritt mitten in bie auS- gebreiteten Sdjuhe hinein.

5!uf bem SDege nadj Watyna toar fdjtocr burdjsufommen, benn bas W ilitär hatte ihn toeitfjin befeßt. Ommer toieber mußten

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bie 23auern mit ihren guljren bon ber ©trage, um Truppenteile toorbeigulaffen. W an hatte fchon in ben lebten Sagen hin unb

»ieber gehört, bag es an ber gront lebhafter juging als feit langem, aber heute mugte ettoaS SntfdjeibenbeS gefchehen fein.

Die Nuffen toerben bodj nicht tiefer ins üanb bringen!

Der alte Herd) führte fein Pferb am 3ügel unb fah befümmert brein. S ie hatten fo biele Snttäufdjungen erlebt in bem einen Oaljt ihre« armfeligen glüdhtlingöbafeinö, bag er nicht an einen guten SluSgang biefer neuen militärifdjen Sefoegung ju glau&en ber- mochte. JljeteS aber unb bie beiben Kinber toaren lebhaft fröhlich unb übergeugt, bag jefct groge, fdjöne Dinge beborftänben.

„Nachtigall, ich hör' bicfj fingen, 'S Ser? im fieib mödjt mir gerfpringen, Komm, ach fomm unb fag mir fooljl, 2Die ich mich berfjalten foH!"

flang es hinter bem SBagen. Die Stimmen ber Kinber hatten fich ju ber hellen bon JljeteS bajugefunben, unb nun fang auch ber

«Strolch, ber budlige 23urfdj, ber fich ihnen angefdjloffen, mit.

2Juf bem irjof im ©etbühl unb Härm beS haftigen SlufbrudjS hatte fich ber bunfetfjaarige elmbe Wann an fierdj herangemacht, ihn auf Sdjtuäbifcfj angefprodjen unb tnar ihm nicht mehr bon ben gerfen getoicfjen. S r hatte bem 21lten fdjtoeigenb beim Sinlaben geholfen. Herd) hatte ihn mit einem Stüd 33rot entlohnen toollen, ber 23ucflige hatte es toie ein hungriges lie r gegeffen, toat aber, ohne etwas gu fagen, mit benDeutfdjen jumSor hinaus unb auf bem 3Beg nad) Wall)na mitgelaufen.

iheteS fah ihn bon ber Seite an. SluSfdjauen tat er ja tbie ber

$ob auf bem Xansboben! 3*bif«hen bem hohen Nüden unb ber getböl6ten 23ruft ftedte faft ohne JrjalS ber fchmale Kopf mit bem gelben franfen ©efidjt, in baS bunfle lange Strähnen fielen. S t trug toie ein S3ett(er einen ßeinenfad über ber Schulter. 2IuS ber Öffnung in ber Witte fah ber #alS einet giebel. Die Sofen reidjten faum bis an bie Knie, unb bie bünnen S3eine, bie fnod)igen güge toaten nadt. Slbet in bem elenben Körper ftedte eine fdjöne Stimme, fte^t erft, bn er baS Sieb mitgefungen, tourbe eS IljetcS unb ben Kinbetn (lat, bag er ein Deutfcher toar.

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