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Osteuropäische Zukunft : Zeitschrift für Deutschlands Aufgaben im Osten und Südosten, 1916 nr 7

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Academic year: 2022

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OSTEUROPÄISCHE i I ZU K U N FT C ZI

Z E IT S C H R IF T FÜR D E U T S C H L A N D S A U F G A B E N IM O STE N U N D S Ü D O S TE N

A m t l i c h e s “ O r g a n *des£ jjVerbandes deutscher Förderer der ukrainischen Freiheits- Bestrebungen

« U K R A I N E “ und des Donau- und Balkanländervereins in Deutschland „ D U B V I D “ E. V. München Herausgeber: Dr. Falk Scbupp, Berlin, Prinz Albrechtstraße 3. Verlag: J. F. Lehmann, München, Paul Heyse-Straße 26

H Aprilheft

1916

:: :: Diese Zeitschrift erscheint monatlich zweimal 12— 16 Seiten stark :: ::

Bezugspreis: halbjährlich für das Deutsche Reich und Österreich-Ungarn M. 8.—, für das Aus­

land M. 9.—. Einzelne Hefte 60 Pf. Anzeigenpreis: 40 Pf. für die viergespaltene Petitzeile.

Zusendungen für die Schriftleitung an Dr. F a lk S c h u p p , Berlin, Prinz Albrechtstr. 3; für den Bezug sowie für Anzeigen an J . Fk L eh r.~ a n n s V erlag, München SW. 2, Paul Heyse-Str. 26 J P o s ts c h e c k ^ K tö 2 y iü n c h e F T 2 9 ^ ^ ^ n ^ tS £ ä 7 ^ ^ ^ ö 7 ^ 9 5 9 4 ^ J Ä n U :o n to ^ ^ a v c rW ere u is b ar^

1. Jahrgang Nr, 7

Inhalt,

®rtginalarbeiten:

K- Frhr. v. G e b s a t t e l , Die Bedeutung der Ukraine für Deutsch- S. 97.

Fr ech, Die Mineralschätze der Ukraine, I. Eisenerze (Forts.) S. 100

» Donezrevier und Polen als einzige Kohlenquellen für das europäische Rußland. S. 103.

v- D i e s t , Häfen und Reeden im Kriegsgebiet der Balkanhalb- 'nsel- S. 104.

M e y e r - H e y d e n h a g e n , Ingermanland. S. 106.

Mitteilungen:

Deutsches Kapital im Bergbaubetrieb Bulgariens. — Zur Lage in der Ukraine. — Die Engländer kaufen Gold- und Platingruben im Ural. — Russische Eisenbahnpläne. S. 110. — Ein öster­

reichisches Institut für Osteuropa und Orientforschung. — Die deutschen Schulen Kurlands in den Jahren 1906—1914. S. 111.

Vereinsnachrichten: S. 112.

Büeherbesprechnngen: S. 112.

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Bohnenberger & Cie.

Niefern bei Pforzheim j

Seit Kriegsbeginn mit | der neuerstellten Fabrik

wieder im vollen Betrieb

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((unsldruckpapier

M a n v e r l a n g e M u s te r u n d K o s t e n a n s c h lä g e .

(2)

2 OSTEUROPÄISCHE ZU K U N F T N r, 7

Die Ukraine

Beiträge zur Geschichte, Kultur und Volkswirtschaft

Herausgegeben von

OTTO KESSLER.

M i t e i n e r K a r t e d e r U k r a i n e . Preis M k . 1.20.

J. F. Lehmanns Verlag, München.

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Die deutsche und Österreichisdie Kriegsflotte

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Nachtrag:

Ergänzungen und Berichtigungen bis Anfang Dezember 1 9 1 5 einschl. eines v o l l ­ s t ä n d i g e n V e r z e i c h n i s s e s d e r S c h i f f s ­ v e r l u s t e von England, Frankreich, Italien, Russland und Japan seit Kriegsbeginn. M it

91 Schiffsbildern und Skizzen.

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Weyers Taschenbuch is t infolge seiner erschöpfenden V ie lse itig ke it das reich­

haltigste Marine-Nachschlagebuch und unentbehrlich zu r Verfolgung des Seekriegs.

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tDa$ <$roftere

D e u t f i P a n f c

to e itb e fa n n te u .b e fte in g e fü b rte

S&odjenfgjriff für öeuffdje Seit- und ßolonialpolitif

begann am 1. Januar 1916 ihren

dritten ^nQrgnng

Unabhängig n a cf) oben u nb u n te n , freimütig unb fern«

beutfef) toirb bie “iDod^enfcfjrift auef) fernerhin beftrebt fein,

Dem örutfcfjcn iöeöanfen in Der $8 elf

mit allen Äräften 3U bienen. * B lag immer f ü r ”b eu tfd )e '

® f ) r e , SOfadjt u n b © r ö fje bebeutungSootl fein mag, fott in ben 'B e re if unferer Betrachtung gezogen toerben, fe rn oon a l l e r S i n f e i t i g f e t t nnb unter Beihilfe h e r “

ö o r ra g e n b e r B X ita r b e ite r .

B e z u g s p r e i s o i e r t e l i ä ö r l i c h B t a r f 3.—

Befteltnngen nimmt jebe Bucbfmnölung entgegen

Vertag „das tßrögere ©eutfeßiemö* <8 ♦ m ♦ 6 ♦ Ä _________ IDresöen-R, Saüftra^e 15.________

Ursachen und Bekämpfung des

Geburtenrückgangs

im Deutschen Reich

Bericht, erstattet an die 38. Versammlung des Deutschen Vereins für öffentliche Gesundheitspflege am 19. September 1913 in Aachen.

V on Professor D r . M a x von G r u b e r, k. b. Geheimer Rat Vollständige Ausgabe: geheftet M. 2.—, geb. M. 3.—

3. gekürzte Ausgabe: geheftet M. 1.20

T f o r t f ) f l a n z u n g , ' V r e r e r b u n g i R a s s e n h g g i e n e

herausgegeben von Prof. DR. MAX VON GRUBER, Vorstand des Hygien. Instituts in München

und Priv.-Dozent DR. ERNST RODIN, Oberarzt an der Psychiatr. Klinik in München.

Erklärender Text mi‘ 230 Abbildungen v^n M. V. GRUBER.

Nebst einem bibliographischen Anhang von RUDOLF ALLERS.

Z w eite , verm ehrte Auflage. 196 Seiten gr. 8».

Preis geheftet M . 3 .— , gebunden M . 4 . —

I n h a l t s ü b e r s i c h t : V o rw o rt. 1. Kap. Fortpflanzung. — 2. Kap.

V a ria b ilitä t. — 3. K ap. S elektion; M utatio n. — 4. Kap. V er­

erbung erw orbener Eigenschaften. *— 5. Kap. Gesetzmäßigkeiten der V e re rb u n g ; Mendeln. — 6. Vererbung beim Menschen. — 7. Kap. Degeneration. — 8. Kap. Rassenhygiene. — 9. Kap. Neo-

m althusianismus. — B ibliographie.

D IE K A SSENH YG IEN E

IN DEN V E R E IN IG TE N S T A R T E N VO N N O R D A M ER IK A

von G. vo n H o f f m an n, k. u. k. öst.-ung. Vizekonsul.

Preis geheftet M. 5.—, gebunden M. 6.—

I n h a l t s v e r z e i c h n i s : E inleitung. I. G rundlehren der Rassen­

hygiene. II. D ie V erb reitu ng rassenhygienischer Ideen in den V e r­

einigten Staaten. III, Die Regelung der Ehe in rassenhygienischem Sinn. IV . Die U nfruchtbarm achung der M in de rw ertig en. V. A n ­ staltsverw ahrung fü r M in d e rw e rtig e . V I. Auslese der Einwanderer.

A nh an g: I. W o rtla u t der Ehegesetze. IT. W o rtla u t der Gesetze über das U nfruchtbarm achen. Ill.V e rz e ic h n is der einschlägigen S chriften.

J. F. LEHMANNS VERLAG, M U N C H E iT s T w ^ T p A U L rH E m

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OSTEUROPÄISCHE Z U K U N F T

Z E IT S C H R IF T

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S Ü D O S TE N

A m t l i c h e s O r g a n des Verbandes deutscher Förderer der ukrainischen Freiheits - Bestrebungen

» U K R A IN E “ und des Donau- und Balkanländervereins in Deutschland „ D U B V I D “ E. V. München Herausgeber: D r. Falk Schupp, Berlin, Prinz Albrecht-Str.3. Verlag; J. F. Lehmann, München, Paul Heyse-Str. 26.

L Aprilheft 1916

:: Diese Zeitschrift erscheint monatlich zweimal 12— 16 Seiten stark :: ::

Bezugspreis: halbjährlich für das Deutsche Reich und Österreich-Ungarn M. 8.—, für das Aus­

land M. 9.—. Einzelne Hefte 60 Pf. Anzeigenpreis: 40 Pf. für die viergespaltene Petitzeile.

Zusendungen für die Schriftleitung an Dr. F a lk S c h u p p , Berlin, Prinz Albrechtstr. 3; für den Bezug sowie für Anzeigen an J. F. L e h m a n n s Verlag, München SW. 2, Paul Heyse-Str. 26 (Postscheck-Kto. München 129 — K. K. Postspark.-Kto. 59594 — Bankkonto: Bayer. Vereinsbank.

1. Jahrgang N r. 7

Die Bedeutung der Ukraine für Deutschlands Zukunft. >

Von K. F r e i h e r r v o n G e b s a t t e l , General der Kav. z. D., I. Vorsitzender des Verbandes „Ukraine“ . Mitten in der ernsten schweren Zeit des Weltkriegs

lst von München aus eine Bewegung ins Leben getreten, die sich an den Namen „Ukraine“ knüpft. Dieser Name

»Ukraine“ , unter dem sich ein Verband deutscher Förde- rer der ukrainischen Freiheitsbestrebungen gebildet hat, bedeutet für viele Leute, auch aus den gebildeten und welt- erfahrenen Kreisen etwas vollkommen Neues. Niemand ' ,°n Ihnen, meine verehrten Zuhörer, der allenfalls seine Unwissenheit in dieser Sache eingestehen muß, braucht sich aber dessen zu schämen: Ist es doch auch mir selbst, als ich gebeten wurde, die erwähnte Bewegung in die

^ e g e zu leiten, die den Zweck hat, Aufklärung zu schaf- i5n über die wirklichen Verhältnisse im ukrainischen Veile Rußlands, nicht viel anders gegangen. Auch ich habe nicht viel mehr von der Ukraine gewußt, als was b'e offiziellen russischen Lehrbücher darüber mitzuteilen 'lr gut finden und mußte erst lernen, daß hier eine ganz ungeheuere Geschichtsfälschung getrieben worden ist, ourch die bewiesen werden sollte, daß die Ukraine von Jeher einen Teil des großen moskowitischen — das ist Russischen — Reiches gebildet habe, ja daß das jetzige .russische; Reich überhaupt seinen Ursprung aus der Ukraine genommen habe. Eine ungeheuere Geschic’nts- a Schung habe ich das genannt und da mir leider Zeit y°d andere Umstände nicht gestatten, näher auf diese erhältnisse einzugehen, so will ich sie wenigstens strei- cn und ganz kurz erwähnen, daß das ukranische Groß- Ulstentum K ijiw älter ist als das moskowitische, daß es 11 diesem wiederholt heftige Kämpfe geführt hat, bis f eine Blüte durch den Einbruch der großen Mongolen- icere unter Dschingis-Chan und seinen Nachfolgern ge-

’ ochen wurde und daß es erst seit der zweiten Hälfte es 17- Jahrhunderts durch f r e i w i l l i g e n Anschluß lnen Teil des Russischen Reiches bildet. Freilich hatte s s^br bald Grund, diesen Anschluß zu bereuen, da die ssischen Zaren. in treulosester Weise sich über die gj'jP’Vdotionsbedingungen wegsetzten und die garantierte . sH ndigkeit dieses einer ganz anderen Menschenrasse w i r r e n d e n Volksstammes mit allen Mitteln der Ge­

he! zu unterdrücken suchten. Dem Verbot der kirch- j ••e,n Literatur in ukrainischer Sprache folgte die Unter- cmng der Schulen, die gewaltsame „Bekehrung“ zum

r L Y ? Itr?g- ^ h a lte n im Verband Ukraine am 23. Februar zu München im Richard Wagnersaal des Bayerischen Hofes.

orthodoxen Glauben — ein großer Teil der Ukraine war uniert gewesen — und der Gipfel der Vergewaltigung wurde erreicht durch den Ukas vom Jahre 1876, in dem jegliche Druckschrift in ukrainischer Sprache strengstens verboten wurde.

Nicht von jeher allerdings hat die eingangs erwähnte Unkenntnis der dortigen Verhältnisse in Deutschland be­

standen: in früherem Mittelalter war ein reger Verkehr der großen Handelsstraße Süddeutschlands und M ittel­

europas, der Donau, gefolgt. Diese war reich belebt von Schiffen, die von Ulm, Regensburg und Passau nach By­

zanz und an die Gestade des Schwarzen Meeres zogen, wo ihre Waren die Märkte den Dnjeper aufwärts bis Kijiw füllten. Tüchtige Männer bayerischen und schwä­

bischen Stammes waren es, die diese Handelsbeziehungen angeknüpft hatten, während umgekehrt die Patrizier-Kauf­

leute aus K ijiw in Regensburg bekannte Erscheinungen waren und dort sogar eine eigene Herberge hatten.

Die Mongolenstürme und später die Türkenkriege waren es, die diese Handelsbeziehungen wieder vernich­

teten; dazu kam der Umstand, daß nach der Entdeckung Amerikas der deutsche Unternehmergeist sich mehr dem Westen zuwandte. Und gerade in der letzten Zeit, seit Begründung des Deutschen Reiches, sind die weltpoliti­

schen Aufgaben des deutschen Volkes so rasch gewach­

sen, daß es nicht möglich war, auch nur alle die wich­

tigsten Probleme in ihrer ganzen Bedeutung zu erfassen.

Deutschlands Handel und industrieller Absatz nahm vor­

wiegend den Weg über den Ozean, rasch und stark wuchs die Anteilnahme, die das Volk allen Kolonialfragen ent­

gegenbrachte und während das Interesse, das w ir Nord­

amerika widmeten und den südamerikanischen Halbkultur­

staaten rasch ungebührlich hoch wurde, vernachlässig­

ten w ir zu sehr die Fragen, die politisch den Osten Euro­

pas betrafen. So konnte es kommen, daß vor etwas mehr als 100 Jahren Goethe seine Bürger mit Recht sagen lassen konnte: „Nichts Lieberes weiß ich mir, als ein Gespräch von Krieg und Kriegsgeschrei, wenn weit da hinten in der Türkei die Völker aufeinander schlagen“ , und daß Bismarck noch zur Zeit des Berliner Kongresses äußern konnte, die Balkanverhältnisse seien ihm nicht die Knochen eines einzigen pommerschen Musketiers wert — die Zeiten haben sich gründlich geändert: „da hinten in der Türkei“ hat sich der jetzige Weltkrieg ent­

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Nr. 7

98 K. Frhr. v. G e b s a t t e l , Die Bedeutung der Ukraine für Deutschlands Zukunft.

zündet und die Ereignisse lassen uns erkennen, welch furchtbare Bedeutung diese unsere Einseitigeit hatte.

Rußland, aufgehetzt von dem Brotneid Englands, finanziell ausgerüstet von Frankreich, das seine Nieder­

lage im Jahre 1870 nicht als endgültig betrachten wollte, wälzte die unerwartet großen Massen der Heere seines aus 170 Millionen Seelen bestehenden Volkes auf uns und sollte uns gleich einer Dampfwalze zerquetschen.

„170 Millionen?“ fragen viele erstaunt, „ja woher kom­

men denn so viele Russen?“ — W ir haben es eben ver­

säumt uns vor Augen zu führen, wie ungeheuer das An­

wachsen dieser Ostmacht in den letzten Jahrzehnten ge­

wesen. W ir haben die Augen geschlossen vor der Tat­

sache, daß fast drei Millionen Menschen jedes Jahr diesem Koloß neu Zuwachsen. Zwar: Russen im eigentlichen Sinne dieses Wortes sind nicht einmal die Mehrheit dieses ungeheuren Völkerkonglomerates, das von der Hand eines einzigen Menschen gegen die Kulturwelt der Mitternächte losgelassen wurde, wie eine Riesensprengung durch den Druck auf den Knopf einer elektrischen Leitung. Heute wissen wir, daß Rußland schon im April 1914 seine Sol­

datenmassen aus dem Innern des wegearmen Riesen­

gebietes unter dem Vorwand von Manövern an die West­

grenze schaffte. So war alles zu unserem Verderben meisterlich vorbereitet. W ir danken es Gott, unserem heldenhaften Heere und unseren Feldherren, nicht zuleLt dem großen Recken unserer Zeit, Hindenburg, daß wir dem furchtbaren uns zugedachten Schicksale völliger Ver­

nichtung entgangen sind.

Die schauderhafte Gefahr aber, in der wir geschwebt, hat uns die Augen geöffnet für die ungeheuere Bedeutung des Völkerproblemes des Ostens. Seit w ir unsere Auf­

merksamkeit auf die Zusammensetzung dieser Riesen­

heere gerichtet haben, erkennen w ir erst, daß der Koloß, der uns auch mit seinem eigenen Fall noch zertrümmern konnte, auf tönernen Füßen steht. Sie sind zum großen Teile zusammengesetzt aus Söhnen von unterjochten Fremdvölkern, die im Herzen glühenden Haß, gegen den Zaren und seine moskowitische Gefolgschaft tragen.

W ir müssen daher die Russen nicht nur mit dem Schwert besiegen, sondern überhaupt die russische Ge­

fahr beseitigen, die sonst unseren Söhnen in wenigen Jahren neues furchtbares Unheil bringen kann. Das kön­

nen w ir dadurch tun, daß w ir die Fremdvölker, [die unter der Knute russischer Zarenwillkür schmachten, von Rußland zu befreien suchen. W ir verstehen unter diesen Fremdvölkern, die schon seit Jahren sich immer schärfer von Rußland abgewendet haben, die Polen, die Litauer, die Balten und die Finnländer; und in der Tat wäre geo­

graphisch die- Abtrennung der von diesen Völkerschaften bewohnten Gebiete schon eine merkliche Schwächung Rußlands. Eine ernstliche Schwächung aber wäre es nicht, denn der wirtschaftlichpolitische Schwerpunkt Ruß­

lands liegt nicht in den Gebieten dieser Völker, die mehr oder minder Randgebiete von sekundärer Bedeutung be­

wohnen. Das Gebiet derselben ist Ö00 000 qkm groß und bedeutet etwa den neunten Teil des europäischen Ruß­

lands mit einer Bevölkerung von höchstens 25 Millionen Seelen — der Bevölkerung nach also etwa der siebente Teil Rußlands. Würden diese Gebiete abgelöst, so verfügt Rußland immer noch über eine Bevölkerung von 145 M il­

lionen und der jährliche Zuwachs würde immer noch über 2 Millionen Menschen betragen. Es wäre also nur eine unbedeutende Verringerung seiner Kraft eingetreten.

Diese Gebiete haben für Rußland nicht die Bedeutung eines Lebensnerves und ihre Abtrennung würde im W irt­

schaftsleben einen nicht sonderlich bemerkbaren Einfluß ausüben. Soll die russische Gefahr, die unserer Kultur und Zukunft in furchtbaren Flammenzeichen droht, gründ­

lich beseitigt werden, so muß Rußland nicht nur von der Ostsee und der Octgrenze Deutschlands abgedrängt wer­

den, sondern auch vom Schwarzen Meer aus muß ihm gründlich die Hoffnung zerstört w'erden, aus den Balkan­

völkern die Satrapen seines Vormarsches zur Adria zu machen.

Dieses stolze Ziel kann nur erreicht werden, wenn die Ukraine vom moskowitischen Reiche befreit wird, das eine weltgeschichtliche Macht erst dann wurde, als es ihm gelungen war, die Landstriche der Schwarzen Erde und das Millionenvolk der Ukraine unter sein Szepter zu bringen. Verliert es in irgendeiner Weise diese Be­

sitzungen, dessen ungeheuere Bedeutung ich im Nach­

folgenden kurz zu erklären versuchen will, so hört Ruß­

land auf, das drohende Ungeheuer zu sein, das die Kultur Westeuropas zu vernichten droht.

Von den österreichischen Kronländern, Galizien und der Bukowina aus, bis hinunter zu den Staaten des Schwar­

zen Meeres, bis hinaus an die Landbrücke des Kaukasus und hinauf bis über die Pripjetsümpfe erstreckt sich das Wohngebiet dieses größten Fremdvolkes, das unter Ruß­

lands Unterdrückung seufzt. Nach der seitherigen poli­

tischen Einteilung bilden die Gouvernements Cholm, Grodnow, Minsk, Nordwolhynien, den Nordteil der Ukraine, der vielfach von Sümpfen und unwirtlichen Wäl­

dern durchzogen ist. Die südlichen Teile von Wolhynien, von Kijiw, Podolien, dann Nordwestbeßarabien und Katerinoslaw, Tschernyhin, Poltawa, Charkiw- und Ru- bangebiet am Kaukasus bilden den Südteil und weisen das fruchtbarste Land Europas, das Hügelland der schwar­

zen Erde, auf, in dem Weizen fast ohne Düngung jahr­

aus jahrein in gleicher Güte gedeiht. Südostbeßarabien und Cherson, in denen einst herumziehende Nomaden hausten, sind heute von der Hand der Ukrainer in frucht­

bares Ackerland umgewandelt. In der nördlichen Sand­

zone etwa begrenzt von Weichsel und Ssan, im Westen bis zum Dnjipro ostwärts gedeiht hauptsächlich Roggen und Gerste und der Waldstand zeigt Fichten, Tannen und Kiefern. In den Sumpfniederungen leuchten die weißen Stämme der Birken hervor und wo eine Trok- kenkuppe aus dem Sumpf hervorschaut, schimmert das helle Grün der Buchen und trotzige Eichen strecken ihre Arme zum Himmel. Auf dem schwarzen Erdboden aber, in der mittleren Zone der Ukraine, gedeiht der beste Weizen der Welt von einer Klebe- und Bindekraft, wie ihn der beste nordamerikanische nur wenige Jahre nach frischen Rodungen aufzuweisen pflegt. Neben dem Wei­

zen wird neuerdings die Zuckerrübe angebaut und auch Mais kommt in großen Massen vor. Die südliche Note in den Landesfrüchten stellt die Melone dar, die in eigen­

artig aromatischer Beschaffenheit dort gebaut wird. Bu­

chen- und Eichenwälder sind oft in großer Ausdehnung anzutreffen.

Die Ukraine ist die reichste Provinz Rußlands, seine Korn- und Erzkammer, seine wichtigste Einnahmequelle.

Rationell bebaut kann das Gebiet der Schwarzen Erde so­

viel Getreide hervorbringen, daß neun Zehntel des Bedarfs der Mittelmächte davon zu decken ist. Die 10 ukrainischen Gouvernements von den 53, die das europäische Ruß­

land überhaupt zählt, weisen fast ein Drittel, genau 27%

der gesamten Bevölkerung des europäischen Rußlands auf. Nach den amtlichen statistischen Daten von 1908 lieferte die Ukraine 22o/0 Wintersaatgut, 50% Frühjahrs­

saatgut, an Hafer 20%, Kartoffeln 26%, im Ganzen ein völliges Drittel des gesamten Ernteertrags Rußlands. Da Weizen die wertvollste Getreideart in der ukrainischen Produktion an erster Stelle steht und 60% der gesam­

ten Weizenprodukiion Rußlands ausmacht, ist ohne wei­

ters die ungeheuere Bedeutung dieses Landgebietes zu verstehen. Was das Ausland als russischen Weizen kauft, kommt ausschließlich aus der Ukraine. Was den Vieh­

stand anlangt, so weist die Statistik nach, daß 23% des

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L A p r il 1916 K. Frhr. v. G e b s a t t e l , Die Bedeutung der Ukraine für Deutschlands Zukunft. 99

Hornviehs, 28% der Pferde, 33% des Borstenviehs und 29% des gesamten russischen Viehbestandes in der Ukraine vorhanden ist. An Kleinvieh und Geflügel weist die Ukraine 50o/0 des gesamten russischen Bestandes auf. Von der russischen Zuckerproduktion entfallen 88%

auf die Ukraine, wo der Rübenbau vorwiegend in den Gouvernements K ijir, Podolien, Wolhynien oder Tscher- nihow gepflegt wird.

Ganz unübersehbar sind die Erz- und Kohlenschätze.

Bereits im Jahre 1906 lieferte die Ukraine, vornehmlich das Gouvernement Katerinoslaw, über 219 Millionen Pud Eisenerz, 68% der gesamten Eisenerzgewinnung. An Manganerz ergab Podolien an 11 Millionen Pud. Die in der westlichen Ukraine konzentrierte Gußeisenproduk- tion erzeugte damals 102 Millionen Pud, 62o/0 der rus- r>schen Gesamtproduktion an Stahl wird mehr als die Hälfte der russischen Produktion geliefert. Das einzige Anthrazitgebiet Rußlands ist in der Ukraine gelegen.

An Stein- und Braunkohlen und anderen mineralischen Brennstoffen, wie Basut u. dgl., wurde im Jahre 1913 hauptsächlich im Donezgebiet über i 1/ 2 Milliarden Pud gewonnen, also mehr als drei Viertel der gesamten rus- s>schen Erzeugung. Die zu industriellen Zwecken un­

entbehrlichen Koks kann man überhaupt nur in der Ukraine gewinnen. Auch sonst ist die Ukraine überreich an Naturprodukten: Mehr als ein Drittel von Rußlands h>alz kommt daher, neun Zehntel seines Phosphors, der ganze Ertrag an ^Quecksilber und Kaolin. Petroleum, Naphtha und Erdwachs sind überall vorhanden, werden aber erst an einigen wenigen Stellen methodisch ausge­

deutet. Im Bergbau und in der Industrie, deren Haupt- zweige Maschinenbau, Emaille- und Glasfabrikationen um­

faßt, waren im Jahre 1909 180 000 Arbeiter tätig. In seiner Denkschrift „ L ’industrie dans le Russie Meridio- IIaH, Rapport presente a. M. le ministre ectr. Par M.

Laurvick“ , führt dieser Belgier über die ukrainische In­

dustrie folgendes aus: „Das kaum vor 20 Jahren ge­

borene Kind der Steppe nimmt Anlauf, die zum Unter­

gang verurteilten alten Eltern, vor allem das Moskauer Gebiet und Polen, gewaltsam zu untergraben. Die Koh- Unproduktion im Donezgebiet übertrifft dank der Ent­

wicklung der Eisenindustrie durch fremde Kapitalien alles, was bisher in Europa in der Hinsicht beobachtet werden konnte.“

Die üppige Entwicklung dieses jüngsten Montanzen­

rums führt der belgische Autor nach Dr. Kuschnir auf re ungeheuer billigen Heizstoffe zurück, die in keinem uderen russischen Industriezentrum zu finden sind. Für lns Deutsche ist es von besonderem Interesse, daß ein g>oßer T eii ungeheueren Kapitales, das die über­

raschend reich gewordene belgische Industrie in Ruß- a°d angelegt hat, in der Ukraine arbeitet. Dies gibt uns uien Fingerzeig, welche ungeheuren Anlagewerte und rbeitsmöglichkeiten sich dort dem deutschen Unterneh­

m e s t erschließen können. Ist es doch bis jetzt haupt­

sächlich französisches und belgisches Kapital, das dort

‘ Donezbecken mit besonderer Begünstigung durch die

\ 'lssljWhe Regierung so erfolgreich gearbeitet hat. Wenn lr Hand auf dieses Gebiet legen könnten, würden wir

\ ^*'eSen m't einer Klappe treffen. W ir würden zu- b eich auch die Franzosen strafen, die unserem russischen npein? 1 8 Milliarden zur Ausbildung und Verstärkung sei-

r Wehrmacht seit 1890 vorgestreckt haben.

hu P a^ r> daß Rußland die Ukraine trotz mehr als zwei- lJkn eHjährigen Besitzes immer noch als Fremdland, die raitler ais Fremdvolk empfindet, liefert den Beweis, ano»u1 - u8G’ aUsP° 1 itische Behandlung, die Rußland ihm Politik61 H^n e*n Axiom russischer Wirtschafts- Provi ’ C *e Ukraine auszurauben, um damit die anderen

uzen des Moskowiter Zarenreiches aufzufüttern.

sich in allen Zweigen der russi- Dio„ VT" ucs mosKoi

ese Raubtendenz läßt

sehen Verwaltung nachweisen. In der Verkehrspolitik der Bahnen, im Grund-, Boden- und Erbrecht in Stadt und Land. Obgleich die Ukraine Vorbedingungen glän­

zendster A rt besitzt, wurde sie stets aufs stiefmütterlichste behandelt. Ihre Wasserstraßen, die an Länge diejenige Österreich-Ungarns übertreffen, wurden absichtlich ohne Flußkorrekturen gelassen und dem Dnjepr und anderen Flüssen der Wasserverkehr selbst mit Sperrfrachten nach Möglichkeit entzogen. Auf den Eisenbahnen wurden für weit entlegene Ostseehäfen besonders ermäßigte Tarife eingeführt, um den Frachtverkehr von Odessa, Nikola- yew und Cherson abzulenken. Interessante Tatsachen, welche diese Tendenz grell beleuchten, weiß der Ukrai­

ner Dr. Kuschnir, der Herausgeber der Ukrainischen Rundschau, anzuführen: Der Weizentransport von Ro­

men, im Gouvernement Poltawa, bis Libau an der Ostsee beträgt samt Nebenauslagen pro Pud 21 Kopeken, ob­

wohl die Strecke 1077 Werst lang ist; auf der nur 429 Werst langen Strecke nach Nikolayew am Schwarzen Meer beträgt sie 18 Kopeken. In den Tarifbestimmungen, die für die ukrainischen Bergwerke bestimmt sind, findet man einen Ansatz von Vioo gleich 2,5 Kopeken pro Pud und Werst nach dem nächsten ukrainischen Hafen, wo­

gegen der Transport von allen ukrainischen Stationen bis Libau, Gatschina, Reval pro Pud und Werst mit ein hundertfünfundzwanzigstel Kopeken festgesetzt ist.

Das hat zur Folge, daß z. B. die Kohlen des Moskiever Werkes dreihundertfünfundzwanzigmal teuerer nach den nahegelegenen Schwarzen Meer- wie nach dem nächsten Ostseehafen geliefert werden. Das Schwarze Meer ist dabei 118, die Ostsee aber 750 Werst entfernt.

Um zu zeigen, wie Moskowien die Ukraine in steuer­

politischer Hinsicht ausbeutet, braucht nur darauf hin­

gewiesen zu werden, daß die 10 ukrainischen Gouverne­

ments 26o/o aller russischen Staatseinkünfte zahlen müs­

sen, während die übrigen 43 Gouvernements nur 74o/0 einbringen. So deckt die Ukraine nicht nur die Staats­

ausgaben für ihre eigenen Bedürfnisse, sondern sie muß auch die Hälfte aller Staatseinkünfte für die anderen moskowitischen Provinzen des Reiches hergeben.

Lassen Sie uns nun einen Blick auf das Volk der Ukrainer werfen. Schon in anthropologischer Hinsicht unterscheidet es sich von den moskowitischen Russen, die die Ukrainer spöttisch mit Moskal zu bezeichnen pflegen, völlig. Die Ukrainer bilden ein Volk von großer Einheitlichkeit des Wesens, das sich nur durch die weit zurückreichende Verschmelzung seiner verschiedenartigen Elemente erklären läßt. Die Fremdvölker, welche seit historischen Zeiten auf dem heutigen Boden der Ukraine mit den Ukrainern gerungen haben, waren entweder No­

maden, welche fast keinerlei Spuren zurückgelassen haben oder aber Slawen von ziemlich ähnlicher Körperkonsti­

tution, die ihrer Zahl nach viel zu wenige waren, um den Gesamttypus beeinflussen zu können. Im Vergleich zu ihren früheren und heutigen Zwingherren, den Polen und Russen, haben die Ukrainer den größeren Schädel­

index, den größeren Gesichtsindex, den größeren Wuchs und den größeren Brustumfang.

Diese von Iwanowskij und Wolkow erbrachten Re­

sultate widerlegen allein schon die Behauptung, daß die Ukrainer verpolte Russen oder verrußte Polen seien.

Ebenso gründlich wird die von moskowitischer Seite zu durchsichtigen Zwecken ausgestreute Behauptung wider­

legt, als seien die Ukrainer eine Mischung von Slawen und mongolischen Nomadenvölkern und zwar eine schlechtgelungene Mischung. Genau das Umgekehrte ist nämlich richtig. Gerade die Moskowiter haben einen star­

ken Einschlag mongolischen-tatarischen Blutes. Nach Denikers Anschauung müssen die Ukrainer der dinarischen Rasse zugezählt werden, die man auch als die adriatische bezeichnet, während die Polen und Russen den sogen.

(6)

100 F. F r e c h , Die Mineralschätze der Ukraine. 1. Eisenerze. (Fortsetzung.) N r. 7 Weichselrassen zuzuzählen sind. Es mag hier die Wahr­

nehmung angeführt werden, daß auch heute noch zwi­

schen Qroßrussen und Ukrainern fast keine Vermischung stattfindet; auch in den Orenzbezirken, wo sie durcheinan­

der wohnen, soll nach mir gewordener M itteilung ein Konnubium so gut wie nicht Vorkommen.

Auch in sprachlicher Hinsicht steht das ukrainische Volk als markante Erscheinung da. Die Moskowiter haben es zwar verstanden, die ukrainische Sprache als

„kleinrussischen Dialekt“ hinzustellen und ihr damit jede Existenzberechtigung abzusprechen. Dies sollte ihrem brutalen Sprachunterdrückungszwang ein wissenschaft­

liches Mäntelchen umhängen, aber schon die Forschungen von Niklositsch, Jagitsch, Ohonowskyj, Schachmatow, Korsch und anderen haben einwandfrei festgestellt, daß die ukrainische Sprache kein Dialekt der moskowitischen oder polnischen Sprache ist, sondern diesen an Eigen­

art vollkommen gleichsteht. Zuletzt hat sogar die Pe­

tersburger Akademie der Wissenschaften es freimütig an­

erkannt, daß die russische und ukrainische Sprache voll­

kommen verschiedene Sprachtypen sind. Es war dies allerdings im Revolutionsjahr 1905, wo man auch in Ruß­

land einmal eine wissenschaftliche Wahrheit äußern konnte, die nicht mit den politischen Zwecken überein­

stimmt. Die ukrainische Literatursprache hat eine mehr als tausendjährige Entwicklung hinter sich, anfangend mit der altukrainischen K ijiw er Nestor-Chronik und dem N i­

belungenlied der Ukraine, dem Igor-Epos, welches sich auf dem großen Sprachsockel des Altbulgarischen, das späterhin zum Kirchenslawisch wurde, aufbauen. Frei­

lich in den Zeiten der Tatarenstürme mußte auch die ukrainische Literatur schweigen. Aber gegen Ende des 18. Jahrhunderts bildete sich dann aus der ukrainischen Volkssprache eine neue Literatursprache heraus. Im Laufe des 19. Jahrhunderts sind in dieser einige Dichter und Prosaiker aufgetreten, als deren bedeutendster Tschew- tschenko anzuführen ist, der zugleich den Olympier und den Freiheitssänger in sich verkörpert, zugleich Goethe und Körner, wie ein vielleicht etwas kühner Vergleich behauptet. Durch den Ukas von 1875 verbot die russische Regierung den Gebrauch der ukrainischen Sprache in jeder Druckschrift. Seitdem herrschte bis zum Jahre 1905 in geistig-literarischer Hinsicht Gra­

besstille in der Ukraine. Hätten nicht die befreitem Brüder in Galizien und der Bukowina durch geheim verbreitete literarische Werke das völkische Bewußt­

sein erhalten, so wäre heute vielleicht jede Regung zur Wiedergeburt der staatlichen Freiheit erstickt.

Lassen Sie mich dem noch beifügen, daß mir eben ein Aufsatz zugängig wurde, der in Nr. 5 unserer „O st­

europäischen Rundschau“ erschien, von E. Schmid- München-Odessa. Herr S. weist darin nach, welch un­

geheure Bedeutung auch die deutsche Ansiedelung in der Ukraine hat. Nur in dem Bezirk Odessa allein ist von ca. 1 Million Deßjatinen ein Besitz von 584 929 Deß- jatinen in deutscher Hand, auf dem 78 819 Menschen wohnen — wohnten vor dem Kriege, muß ich sagen —, welcher Besitz einen Wert von 175,5 Millionen Rubel d. i. 379 Millionen Mark hatte.

Gestatten Sie mir zum Schlüsse einige kurze ge­

schichtliche Streiflichter. Als der Hetman Chmelnitzky die Vereinigung der Ukraine mit Moskowien in die Wege leitete, regierte in England Cromwell. Dieser große Staatsmann erkannte klar die Gefahr, die daraus für das westliche Europa entstehen würde und warnte — aber umsonst. Als unter Karl X II. Schweden mit Rußland um die Herrschaft an der Ostsee zum Kampf gezwungen war, g riff der in neuerer Zeit als Feldherr oft unterschätzte König aus dem Geschlechte der Wittelsbacher Rußland von der Ukraine aus an. Es ist Sitte geworden, ihn zu tadeln, daß er nicht direkt auf Moskau vormarschierte.

M it Unrecht — er erlag nicht seinen Fehlern, sondern der Unzulänglichkeit seiner Mittel und namentlich dem Umstand, daß der Hetman Maseppa ihm die versproche­

nen Hilfskräfte nicht zuzuführen imstande war. Zum Beweis hiefür mögen die Äußerungen dienen, die zwei der allergrößten Feldherren über diese Verhältnisse mach­

ten, und die ich dem Sinn nach anführe, da mir der Wortlaut nicht zur Hand ist. ln den Schriften Fried­

rich des Großen finden w ir die Klage, daß es unmöglich sei, Rußland niederzuwerfen, weil dies nur von der Ukraine aus geschehen könne und weil der Weg dahin zu weit und zu schwierig sei. Und Napoleon sagte auf St. Helena: Sein Unglück gegenüber Rußland rühre daher, daß er den Fehler begangen habe, von Ostpreußen aus auf Moskau vorzugehen, anstatt von der Ukraine aus.

Es ist nicht meines Amtes, aus dem Gesagten poli­

tische oder militärische Schlußfolgerungen zu ziehen.

Wenn es mir gelungen ist, die Bedeutung, welche das Verhältnis der Ukraine zu Rußland sowohl für dieses als auch für das Deutsche Reich hat, einigermaßen klar­

zustellen, so habe ich meine Aufgabe erfüllt.

Die Mineralschätze der Ukraine.

I. Eisenerze, Fortsetzung: D ie B r a u n e i s e n s t e i n l a g e r . Von Geh. Bergrat Prof. F. F r e c h , Breslau.

Während die im Binnenlande liegenden prozentual äußerst reichen Roteisensteine von Kriw yj Rig (die rus­

sische Schreibweise ist Kriwoj Rog) auch für die Eisen­

bahn-Ausfuhr wertvoll sind, besitzen die Brauneisenstein­

lager der Halbinsel Kertsch mehr lokale Bedeutung.

Wenngleich ihr Prozentgehalt an metallischem Eisen wesentlich geringer ist als der der Roteisensteine, so ist die gesamte verfügbare Masse an metallischem Eisen um das größer. Da ferner der Transport nach dem Donezk-Revier großenteils zu Wasser erfolgen kann, ist die wirtschaftliche Bedeutung recht erheblich.

Eine kürzere Erwähnung verdienen die im Kohlen­

gebirge des Donez-Reviers selbst gefundenen Eisenerz­

vorkommen.

D a s D o n e z - R e v i e r .

Im Bereich des Donez-Beckens sind Eisenerzlager im Gouv. Katerinoslaw und in der Provinz der Doni- schen Kosaken bekannt.

Im erstgenannten Gouvernement kennt man in den Kreisen Bachmut und Slawjanosserbsk im Westteil des Donez-Kohlenbeckens viele Eisenerzlagerstätten, die vor­

herrschend im Zusammenhang mit Kalksteinen des mitt­

leren und zum Teil oberen Abschnitts des Steinkohlen­

systems lagern. Solche Vorkommnisse befinden sich an den westlichen Nebenflüssen des Kalmius im sogenann­

ten Kalmius-Torezk-Kessel. Nördlich und nordöstlich von diesem Kessel sind längs einer Sattellinie, welche unter dem Namen Schtscherbinowsko-Nowopawlowskaja Sedlowina bekannt ist, viele Vorkommen bekannt, wo die Eisenerze Kohlenflöze begleiten, z. B. Michaj- lowka, Wolynzowka, Sophiewka, Shelesnoje, Korsunskoje.

Die Erze sind durch Brauneisensteine vertreten, welche mit wachsender Tiefe zuweilen in Spateisenerz übergehen. Anfänglich wurden diese Lager für Bänke gehalten, doch bestätigen die hier im Jahre 1881 unter­

nommenen Untersuchungsarbeiten nicht die Hoffnungen,

(7)

*• A p r il 1916 F. F r e c h , Die Mineralschätze der Ukraine. I. Eisenerze. (Fortsetzung.) 101 die man auf diese Lagerstätten setzte.*) Sie erwiesen

sich alle als nesterartig und, obgleich in Streichrichtung auf große Strecken, stellenweise bis zu * 1/ 2 km verbreitet, bloß als eine Reihe zuweilen bankförmiger Nester von einer sehr beschränkten Mächtigkeit. Ausnahmslos stehen die Lagerstätten mit Ausstrichen von Kalkstein in Zusammenhang und setzen sich nicht über 20 m in die Tiefe fort. Das Erz ist arm, mit einem Fe-Gehalt von 35—40 Prozent.

Bis heute hat sich Bergbau im Laufe von 30 Jahren nur im Satkowskaja-Kessel für die Bedürfnisse der Suli- nowskij-Hütte Pastuchows und zum Teil im Kreise Bach­

mut für die Hütte der Gesellschaft von Noworossijsk (Hughes’ ) entwickelt. Durch ununterbrochenen Abbau und eingehende Untersuchungen ist der Charakter des Sulinowskoje-Vorkommens sowie sein Erzvorrat rechi genau bekannt. Hier erstrecken sich auf einer aus­

gedehnten Fläche im Bereiche des Flusses Gniluscha bei der Station Sulin (Eisenbahn Koslow—Woronesh—

Rostow) Brauneisenerznester, welche m it unbedeuten­

den Unterbrechungen in Sandstein-, Kalk- und Ton­

schichten des mittleren Abschnitts des Steinkohlen­

systems lagern. Diese Felder sind in Streichrich­

tung nicht über 50— 70 m lang, und in 50—70 m Tiefe keilen sich die Erznester gewöhnlich aus. Es wer­

den hier drei Gruppen nestförmiger Lager unterschieden;

die südliche, die mittlere und die Mangangruppe. Durch die größte Reinheit zeichnet sich die erste aus, und ihr Erz (sogenannter toniger Eisenstein) mit niedrigem Fe- Gehalt wird verschmolzen; die Nester im Sandstein geben Erz mit höherem Kieselsäuregehalt, und es werden zum Schmelzen größere Ansprüche an den Eisengehalt der Ejze erhoben. Die Analysen ergeben: _________

Fe Mn SiO«

33— 45 1.5— 5 40— 54 0.5— 2

2 - 1 0 12— 25

AU0.

3— 5 CaO 2 - 5 0 . 5 - 3 T o n ig e r E is e n s te in . .

aus S a n d s te in e n

Das letztgenannte Erz mit Fe unter 40 Prozent wird nicht abgebaut. Der wahrscheinlich noch vorhan­

dene Erzvorrat beträgt ungefähr 20 000 000 Pud**); abge­

baut sind im Laufe von 30 Jahren über 30 000 000 Pud.

D ie B r a u n e i s e n e r z l a g e r d e r H a l b i n s e l K e r t s ch.

Auf der Halbinsel Kertsch kommt große industrielle Bedeutung den Brauneisenerzlagern zu, welche den obe- 1 en Schichten der pontischen Stufe (unteres Pliocän, so­

genannte „Erzflöze“ mit Cardium acardo***) untergeord­

net sind. Die Erzschichten lagern in mehreren Synklinal- talten, die einzelne erzführende Mulden (Nowo-Karantin- naja bei der Stadt Kertsch, Baksanskaja, Kamysch-Bu- cunskaja u. a.) bildend. Die Lager bilden 2—3 und b Faden f ) mächtige Flöze, welche konkordant auf unter- Pontischen Ablagerungen, Mergeln und Muschelkalken v aluns von Kamysch-Burun) lagern und gleichfalls kon­

kordant von mittelpliocänen Ablagerungen überdeckt wer- en. Die Erzlager sind in vertikaler Richtung nicht gleich- aptig zusammengesetzt und es treten in Lagern von größe-

~ r Mächtigkeit auch Zwischenschichten eisenschüssiger one und durch verschiedene Eisenoxyde verkittete Mu­

schelanhäufungen auf. Das Erz ist ein lockerer Braun-

ois+i ) K a r p i n s k y , Ober Untersuchungen von Eisenerzlager- dps en lm Donez-Becken. Bull. Com. Geol. B. I. 1882. Ouide

—- du V II Cong. geol. Internat. St. Petersbourg 1897.

Klarhp'l Rücksicht auf diese relative Unerheblichkeit und der vorknrT CCr Karte wurde von der Einfügung dieser Eisenerz-

— „ J’16'1 auf die Kartenskizze Abstand genommen.

Mater A n d r u s s o w , Die Geotechnik der Halbinsel Kertsch.

sur leq ZUf Qeol° g ie von Rußland, 16. 1893; B a y a r d , Note et de Tglsements des minerais de fer des presqu’iles de Kertsch

Ann. des Mines, Paris 1899, 6.

TI i Faden (Sasche) rd. = 2 m.

eisenstein von grob-oolithischem Gefüge und w ird durch einen fast ständigen Mangangehalt (5—7 Prozent und mehr) charakterisiert; in den Grenzpartien der Mulden, sowie in den oberen Horizonten der Erzfolge steigt der Mn-Gehalt zusehends, und es treten hier zuweilen Par­

tien echter Manganerze (wie bei Nikopol am Dnjepr) auf. Die Eisenoxyde scheinen eine bedeutende sekundäre Umlagerung erlitten zu haben, wie dies aus der Verbrei­

tung eisenschüssigen Zements inmitten der grobklasti­

schen Teile der Erzfolge hervorgeht; doch steht die pri­

märe Bildung der oolithischen Eisensteine gleichzeitig mit der Ablagerung der ganzen Folge außer Zweifel, da die Versteinerungen Brauneisenerzkerne zuweilen mit erhal­

tener Schale darstellen. Der durchschnittliche Eisengehalt ist selbst in einzelnen Flözen recht unbeständig (34 bis 42 Prozent), bei bedeutendem Phosphorgehalt ( i y 2 bis

2 1 / 2 Prozent), welcher sogar zur Bildung kristallisierten

Vivianits führt. Seinen physikalischen Eigenschaften ent­

sprechend gibt das Erz beim Abbau in der Regel nicht über 20 Prozent Stückerz, während die übrige lockere Masse einer vorausgehenden Brikettierung bedarf.

Die regelmäßige Lagerung der Erzflöze, ihre Mäch­

tigkeit und Verbreitung über eine bedeutende Fläche, im Zusammenhang mit der günstigen ökonomischen Lage des ganzen Reviers riefen hier eine Reihe g r ö ß e r e r U n t e r n e h m e n ins Leben. Das Erz wird im T a g e ­ b a u e n , zum Teil mittels Exkavatoren gewonnen. Im Jahre 1901 erreichte die Ausbeute eine Höhe von 420 000 T o n n e n ; 1909 und 1910 war die Erzförderung infolge des Stillstandes in der Tätigkeit der Hütte der Brjansk-Ge- sellschaft auf 300 000 Tonnen herabgesunken; die Erze werden auf Dampfschiffen nach Mariupol für die Hütten der General-Gesellschaft in Mekejewka (Kreis Tscher- kask in der Provinz des Donischen Heeres), Gesell­

schaft Russische Providence im Kreise Bachmut u. a.

exportiert.

* ^ Z e i d l e r , Bericht der X X III. Versammlung der Berg­

bauer von Südrußland. 1898.

(8)

102 F. F r e c h , Die Mineralschätze der Ukraine. I. Eisenerze. (Fortsetzung.) Nr. 7 In der Mulde Nowo-Karantinnaja (die Gruben ge­

hören der Kertsch-MetaU-Gesellschaft) unweit der Stadt Kertsch wurden die Erzvorräte auf 15 Milliarden Pud geschätzt, in den benachbarten Baksanskaja und Ossowins- kaja auf 3XI 2 Milliarden.

Die Vorräte der Mulde Kamysch-Burunskaja wurden zu 14 und 12 Milliarden Pud*) berechnet, und nach Angaben, welche Bogdanowitsch der Liebenswürdigkeit des Bergingenieurs Muchin (Brjansk-Gesellschaft) ver­

dankt, zu 20 M illiarden Pud.

Janysch-Takilskoje hat einen Vorrat von 5 Milliarden Pud**) und das Vorkommen unweit der Dörfer Kysaui und Tscherlek (40 km im Süden von Kertsch, Ge­

sellschaft Russische Providence) U /2 Milliarden Pud.***) Der G e s a m t V o r r a t („probable ore“ ) berechnet sich demgemäß auf 55 Milliarden Pud oder a n n ä h e r n d a u f 900 M illio n e n Tonnen. Dieser riesenhafte Vor­

rat entspricht bei Annahme von durchschnittlich 40 Pro­

zent Fe einer Rohei s enmenge von 360 M i l l i o n e n T o n n e n . Die Flächen der Erzverbreitung sind überall sorgfältig durch Schürfe bestimmt; das Gewicht eines kub. Fad. Erz wurde bei der Berechnung zu 1000 Pud, für die Nowo-Karantinnaja-Mulde zu 1300 Pud ange­

nommen ; sonst können die erhaltenen Ziffern nicht als übertrieben gelten; trotzdem wurde bei der Schlußberech­

nung n u r 50 P r o z e n t dieses V o r r a t s angenommen.

Genaue Analysen sind in der zitierten Arbeit des Ingenieurs Bayards zu fin d e n ; es w ird hier nur das Material angeführt, welches von den Gesellschaften Brjansk und Russische Providence m itgeteilt w urde:

Feuchtig­

k e it Si 02 AljOs M n P Fe Ca0-f-

MgO

!. Erze der B rjansk- G esellsch.,M ittel­

w e rt aus 80 A na­

lysen . , 6.91 16.25 4.94 1.22 1.56 42.03

Erze der Gesell­

schaft Providenee 2. Rotes Erz (min.

rouge) . 13— 14 14— 17 4— 6 2— 3 2-2.7 40—42 3— 5

Schwarzes Erz

(m in . no ir) 13 14 14 — 17 4 - 6 6— 8 ( sOs)

2-2-7 34—36 3— 5

Ähnliche Lagerstätten sind auch jenseits der Straße von Kertsch auf der Taman-Halbinsel bekannt, doch ist die Ausdehnung der Lagerstätten viel geringer, und es1 bleiben ihre Vorräte unbestimmt.

Der gesamte wahrscheinlich vorhandene Erzvorrat Südrußlands unter Reduzierung der Gesamtmenge auf die Hälfte umfaßt:

E r z R o h e i s e n K riw yi Rig 86 000 000 t 53 320 000 t Halbinsel Kertsch 450 000 0°0 t 180000000 t

536 000 000 t 233 320 000 t M it dem Vorkommen von Kriw vj Rig und Kertsch ist die Aufzählung der Eisenerzreichtümer Südrußlands nicht abgeschlossen ; im Kreise N i k o 1 a j e w des Gou­

vernements K a t e r i n o s l a w sind noch Brauneisen­

erzlagerstätten bekannt, welche Gesteinen von oligocänem Alter untergeordnet sind ; letztere enthalten, wie bekannt, reiche Manganerzlagerstätten (s. u.). Untersuchungs­

arbeiten wiesen eine bedeutende Folge scharf umgrenzter

*) K e p p e n , Eisenerzlagerstätten bei Kertsch. Hüttenblatt 1899, B a y a r d , 1. c. und Z e i d l e r , 1. c.

**) Eisenerzindustrie i. J. 1901, Ausgabe des Versamm- Iungsrats der Bergleute von Südrußland. 1902.

***) Von der Gesellschaft Russische Providenee mitgetei.lt.

erzführender Tone nach,*) welche unterhalb der mangan­

erzführenden Schichten lagern; diese Tone stellen nach der Meinung Sokolows nicht umgelagerte Verwitte­

rungsprodukte der alten kristallinischen Gesteine, der Basis des ganzen Gebietes dar.

Das Erz enthält metallisches Eisen 48,19—44,54 Proz.

und höher bis 50 Proz. ; in einigen Stufen enthalten sie bis zu 2 Proz. Chromoxyd.

Nimmt man bloß 20 Proz. der ganzen erzführenden Fläche (4000 Deßj. oder 7500 Hektar) in Betracht, so kann der möglicherweise vorhandene Erzvorrat auf 576 000 000 Pud oder rund 10 M i l l i o n e n t berechnet werden.

D ie M a n g a n e r z e d e r U k r a i n e .

Für die Verhüttung des Eisens ist neuerdings das M an- gan — infolge der steigenden Bedeutung von Ferroman- gan — wichtig geworden. Auch von den Lagerstätten **) dieses wertvollen Erzes findet sich im Dnjepr-Gebiet bei Nikopol ein Vorkommen, das somit möglicherweise für Oberschlesien eine Ergänzung zu dem Roteisenstein von K riw yi Rig liefern könnte.

Das Manganerzlager von Nikopol liegt in der Nähe des Dnjepr, ungefähr 200 km oberhalb seiner Mündung.

Das Manganerzlager zu Nikopol gehört wie die eben be­

sprochenen Eisenerze des Kreises Nikolaien dem Oligocän an, zeigt horizontale Lage und hat glaukonitische Tone und Glaukonitsand im Hangenden und Liegenden. Un­

mittelbar unterhalb des Oligocäns tritt Granit oder Gneis auf; bei Horodizce, 18 km nördlich von Nikopol, liegt ein tertiäres Manganerzlager fast direkt auf Granit. Das Erzlager von Nikopol, welches sehr ähnlich demjenigen von Tschiatura ist, hat eine Mächtigkeit von 0,3—1,8, im Durchschnitt 1 oder 1,5 m; das Areal der erzführenden Schichten wird zu 20 qkm angegeben. Der E r z v o r r a t soll 7,4 M i l l i o n e n t betragen.

Bei Nikopol***) sollen von 1886 bis einschließlich 1903 753 000 t gewonnen worden sein. Tschiatura und Niko­

pol lieferten bis einschließlich 1907 zusammen 8,9 Mill. t Manganerz. Die russische Manganproduktion stieg im Jahre 1906 auf 1 015 686 t, ist aber in den letzten Jah­

ren etwas gesunken.

D ie E i s e n e r z f ö r d e r u n g i n g a n z R u ß l a n d . Welche Bedeutung für den Gesamtstaat die süd­

russische Eisenerzförderung besitzt, geht aus einer Zu­

sammenstellung f ) für 1906 klar hervor.

Die Eisenförderung Rußlands verteilte sich im J a h r e 1906 in folgender Weise:

Ukraine (Südrußland) 3 656 051 t

Ural 1 242 000 t

Königreich Polen 300 905 t Moskauer Becken 137 470 t

Nordgebiet 7 710 t

Sibirien 6 940 t

Kaukasus 1 900 t

*) N. S o k o l o w , Sur le gisem. des minerai de fer dans le domaine Pokruvskaia. Bull. Com. Géeol. 19. 1900. N. K o - z o w s k y , Über Manganerzlagerstätten im Gouv. Katerinoslaw am Ufer des Flusses Solenaja. Bergjourn. 1886, II. — P o - k r o w s k i , Les gisem. métallifères dans les terres du bien Pokrowski, propr. du Grand Duc Michel Nikolaievitsch et les conditions de leur exploitation. Bergjourn. 1903, III.

**) B e y s c h l a g , K r u s c h , V o g t : Die Lagerstätten der nutzbaren Mineralien und Gesteine nach Form, Inhalt und Ent­

stehung. Drei Bände. II. ßd., 2. Hälfte. Stuttgart 1913, p. 592—593.

***) Über N i co p o l : N. Sokolow, Mem. du Comité geol.

St. Petersburg 1901, X V III; Auszug; Jahrb. f. d. Eisenhütten­

wesen 1903, II, S. 213—216.

f ) B e y s c h l a g , K r u s c h , V o g t : Die Lagerstätten der nutzbaren Mineralien und Gesteine nach Form, Inhalt und Ent­

stehung. Drei Bände. II. 2. Hälfte. Stuttgart 1913 p. 579.

(9)

!• A p r il 1916 F. F r e c h , Die Mineralschätze der Ukraine. I. Eisenerze. (Fortsetzung.) 103

Die E i s e n e r z f ö r d e r u n g in Südrußland ging im Jahre 1012 ausschließlich in den Gruben von Kriwyi Rig und Kertsch vor sich; sie betrug insgesamt 352 Millionen Pud = 5,8 Millionen t, rund 15 Proz. mehr als 1911:

Gebi et e

Südrußlands Eisenerz-Förderung 1912 Zunahme gegen

1911 Proz.

Kriwyj Rig

K e rts c h

Im Gebiete von K r i w y j R i g waren 1912 52 Gru­

ben im Betrieb; 18 im Kreise Werschnednjeprowsk des Gouvernements Katerinoslaw, 5 im Kreise Alexandria und 29 im Kreise Cherson des Gouvernements Cherson.

Beschäftigt waren 19 219 Arbeiter. Die Zunahme der Produktion im Gebiete von K e r t s c h hängt mit der Wiedereröffnung des Betriebes des Kertscher Hütten­

werkes zusammen.

Die Ausfuhr auf dem Landweg über Sosnowice und Graniza hat sich um 5 Proz. gehoben, sie betrug 17 M il­

lionen Pud. Davon gingen 15 Millionen über Sosnowice nach Deutschland und 2 Millionen über Graniza nach Österreich.

Entsprechend der günstigen Lage der Eisenindustrie war der M a r k t für Eisenerze sehr fest. Die Entwick­

lung der Preise während des Jahres 1912 zeigt die fol­

gende Tabelle:

Gehalt der Erze Proz. Fe

Eisenerz-Preise: Kopeken pro Pud Januar 1912 A ugust 1912 Ende 1912

62 7,5— 8,25 8 ,0 -9 ,0 9,0

60 7.0— 7,75 7 ,2 5 -8 ,0 8,0— 8,5

58 6,5—7,0 7,0 8,0 8,0 - 8,5

B in B l i c k a u f d i e E n t w i c k e l u n g d e r u k r a i ­ n i s c h e n E i s e n h ü t t e n .

Entsprechend dem nicht allzu weit voneinander ent­

fernten Vorkommen ukrainischer Eisenerze und verkok­

barer Steinkohle beansprucht das E i s e n h ü t t e n ­ w e s e n d e r U k r a i n e d i e e r s t e S t e l l u n g i m g a n z e n r u s s i s c h e n R e i c h e . S c h o n 1 9 0 7 wur­

den in der Ukraine über 110 Millionen Pud Roheisen*) gewonnen; das waren 64 Prozent der russischen Ge­

samtproduktion ; dazu kämmen 86 Millionen Pud Stahl, I h. 53 Prozent der gesamten Stahlerzeugung Ruß- ands. Große Eisengießereien befinden sich in Ka­

terinoslaw, Alexandrowsk, Odessa, Jelissawetgrad, Ni- olajew, Berdiansk usw.

Seitdem ist die Hochofentätigkeit dauernd gestie- g.en- Ein anschauliches Bild über die g e s a m t e

~ ' s en P r o d u k t i o n gibt folgende dem Wjestnik manssow entnommene Tabelle:

Ono *) Bergwirtschaftliche Mitteilungen. 4. Nov.-Dez. 1913, pag.

¿9° und 299.

v- , **) O t t o K e ß l e r : Die Ukraine. Beiträge zur Geschichte, i r r - un<t Volkswirtschaft. M it einer Übersichtskarte der

i r ame. München, J. F. Lehmanns Verlag. 1916. S. 48.

1911 1912

Zahl der be­

triebenen Hochöfen

Menge des ge- schmolz.

Roheisens

Zahl der be­

triebenen Hochöfen

f enge A lles df s gU in 1000 schmolz. p , Roheisens U

U kraine . . . . 45 147747 48 177379

U r a l ... 73 44867 73 50589

Moskauer Rayon . 16 5511 16 8289

Russisch Polen 11 21161 10 23945

Nach einer vom Kaiserlichen deutschen Konsulat in Charkiw zusammengestellten Tabelle hat sich die Produktion und der Absatz in der ukrainischen (süd­

russischen) Eisenindustrie im erst en H a l b j a h r 1913 folgendermaßen gestaltet:

P rod uktio n

Roheisen 1913 1912

M enge in 1000 Pud Eisen und S t a h l... 93427 84832 davon ganz b e a r b e i t e t ... 68908 62853

D a ru n te r; T räge r und Schwellen 9348 8196

Schienen fü r Eisenbahnen 11203 12314

Vor dem Ausbruche des Weltkrieges arbeiteten in der Ukraine 57 Hochöfen, die im Durchschnitte je 316 500 Pud monatlich lieferten, während im Jahre 1909 im ersten Halbjahre 53 Hochöfen arbeiteten m it einer Durchschnittsproduktion von je 294 000 Pud.

Aus diesen wenigen Zahlen ergibt sich die g a n z ü b e r w i e g e n d e u n d d a u e r n d s t e i g e n d e B e ­ d e u t u n g d e r E i s e n h ü t t e n t ä t i g k e i t d e r U k r a i n e im Vergleich zu dem übrigen Rußland.

Z u s a m m e n f a s s u n g

ü b e r E i s e n e r z v o r k o m m e n u n d E i s e n h ü t t e n . 1. Im Gegensatz zu dem Erzreichtum Schwedens, Deutschlands und des deutsch-französischen Grenzgebie­

tes ist der ©sten Europas ausgesprochen erzarm.

2. Um so größeren Wert beanspruchen die beiden einzigen reicheren E i s e n e r z l a g e r Südrußlands:

a) Der K r i w y i R i g (Dnjepr-Gebiet) m it rund 80 Millionen Tonnen, und die

b) Halbinsel K e r t s c h mit rund 360 Millionen*) Tonnen an metallischem Eisen.

3. Wenn das erstere Gebiet hochprozentigen Roteisen­

stein liefert, der sogar die Eisenbahnausfuhr nach Ober­

schlesien vertrug, so ist der größere, aber an eisenärmere Erze gebundene Vorrat der Halbinsel Kertsch für die I Verhüttung in dem Donez-Kohlenrevier um so wich­

tiger, als der Transport ganz oder zum Teil zu Wasser erfolgen kann.

4. Einige Bedeutung beansprucht auch das Mangan­

erzlager von Nikopol im Dnjepr-Gebiete.

5. Da das Erz zur Kohle reist und der prozentuale Reichtum des Erzes für die Möglichkeit eines weiten Transports entscheidend ist, ist für die hochwichtige, a l l e ü b r i g e n G e b i e t e ü b e r r a g e n d e H ü t ­ t e n t ä t i g k e i t d e r U k r a i n e der größere, wenn auch prozentual weniger wertvolle Vorrat der Halbinsel Kertsch verhältnismäßig noch bedeutsamer als der K riw yi Rig.

*) Unter Zugrundelegung der höheren Zahlen.

öonezrevier und Polen als einzige Kohlenquellen für das europäische Rußland

Von Geh. Bergrat Prof. F. F r e c h , Breslau.

f" rr**e Schwierigkeit, zuverlässige, statistische Zahlen cjUr C1f russische Kohlenförderung zu beschaffen, hatte in S- T — Märzheft eine vollkommen einwandfreie Über- Pi m U Vergleichung des Donezreviers mit dem übrigen and verhindert. Jetzt ist infolge einer freundlichen

Zusendung*) des Herrn Bergassessors Dr. Geisenheimer

*) Die Montanindustrie im Königreich Polen. Im Aufträge des Vorsitzenden bearbeitet von der Geschäftsführung des Ober­

schlesischen Berg- und Hüttenmännischen Vereins. Sonderabdruck aus der „Zeitschrift des Oberschlesischen Berg- und Hüttenmänni­

schen Vereins“ , Januar-Februar-Heft 1916. Kattowitz p. 7.

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