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Theologisches Literaturblatt, 6. April 1900, Nr 14.

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Academic year: 2022

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Theologisches Literaturblatt.

Unter Mitwirkung

z a h l r e i c h e r V e r t r e t e r k i r c h l i c h e r W i s s e n s c h a f t u n d P r a x i s

herausgegeben

▼on

Prof. D. Chr. E. Luthardt.

E rsch e in t jeden F re ita g . E xpedition: K önigsstrasse 13.

Abonnem entspreis v ierteljäh rlich 2 Jk 5 0 Insertionsgebühr pr. gesp. P etitze ile 30 /&.

Zwanzig Predigten Novatian’ s. I.

Godet, F ., Introduction au Nouveau Testament.

Ders., Einleitung ins Neue Testament.

Ders., Bibelstudien.

Nitegen, K . F., Geschichte der Leh re vom heiligen G eist in zwei Büchern.

Lam ers, G. H ., Zedekunde.

Halevj-, J., Tobie et Akhiakar.

Kühn, Em st, und Brüssan, Oskar, Das angenehme Jahr des Herrn.

Rathmann, Dr. W ilh., Frohe Botschaft.

Neueste theologische Literatur.

Zeitschriften.

Universitätsschriften.

Antiquarische Kataloge.

Personalien.

Eingesandte Literatur.

Zwanzig Predigten Novatian’s.

i.

Im Anschluss an den A rtikel in Nr. 41 des „Theol. L ite ra tu r ­ b la tte s “ vom 12. Oktober 1894 „D rei neue S chriften N ovatian’s “ (De spectaculis, de bono pudicitiae, de idolorum v an itate oder Quod idola dii non sint) freu t sich der U nterzeichnete, auf eine w eitere B ereicherung unserer K enntniss N ovatian’s hin- w eisen zu können, die wir, wie den Zuweis der T ra k ta te de spectaculis und de bono pudicitiae, aberm als dem Scharfsinn und der G elehrsam keit C arl W eym an’s, eines M ünchener Philo­

lo g en , verdanken. W e r sollte u n te r den soeben zum ersten Mal veröffentlichten T ra c ta tu s Origenis de libris ss. scriptu- raru m (detexit et edidit P e tru s Batiffol, sociatis curis A ndreae W ilm a rt, P arisiis apud Alph. P ica rd e t Filium , 1900 [XX IV , 226 p. 8]; 16 Mk.) S chriften N ovatian’s verm uthen?

P . B atiffol, nunm ehr R ektor des I n s titu t catholique zu Toulouse, h a tte in der „Revue Biblique In te rn a tio n a le “ tom. V (1896), p. 4 3 4 — 439 m itgetheilt, dass er, älteren Spuren folgend, in der H andschrift Nr. 22 der Stadtbibliothek zu O rleans aus dem 10. Ja h rh u n d e rt (über olim S. B enedicti Floriacensis, daher m it F bezeichnet) unbekannte T ra k ta te des Origenes in la te i­

nischer U ebersetzung aufgefunden habe. E r fasste seine vor­

läufigen E rgebnisse in die sechs S ätze zusamm en: 1. Die lateinischen Homilien sind un ed irt; 2. der V erfasser is t ä lte r als die zw eite H älfte des 5. Ja h rh u n d e rts und als das Konzil von Chalcedon; 3. die Bibel, deren er sich bedient, is t n icht die V u lg ata des Hieronym us; 4. er h a t sehr m erkw ürdige B erührungspunkte m it den T ra c ta tu s in Psalm os des H ila riu s;

5. die Exegese und die Theologie des A utors sind origenistisch, haben jedoch gew altsam e A enderungen e rlitte n ; 6. eine A nzahl von Stellen findet sich w ieder in den griechischen F ragm enten, die w ir von Origenes besitzen. Bei der H erausgabe der T ra k ­ ta te konnte noch eine zw eite H andschrift, N r. 150 der S ta d t­

bibliothek von St. Omer aus dem 12. Ja h rh u n d e rt (liber olim S. B ertini, daher m it B bezeichnet), benutzt w erden, und ein jü n g e re r G eleh rter, A. W ilm a rt, th eilte sich m it Batiffol in die A rbeit. D er T itel de libris sacrosanctarum scripturarum erw eist sich als irreführend. Die T ra k ta te sind m it Ausnahme des letzten, der über A ct. 2, 1. 2 handelt, säm m tlich Homilien ü ber alttestam entliche S chriftw orte. Die T exte sind der Reihe nach Gen. 2, 7 (W iderlegung der H äresis der Anthropo- m orphiani), Gen. 18, 1 — 4, Gen. 21, 9. 10 (schliesst m it einer P olem ik gegen P ra x ea s, Sabellius, die P atrip assian er), Gen. 17, 9. 10 (de circum cisione, A nfang: Quia saepe vobis adversum Judaeos certam en est etc.), Gen. 39, 1, Gen. 49, 1— 4, Exod. 1, 8 — 10, Exod. 20, 8 — 10 (de sabbato), Exod. 12, 5. 6 (de pascha), Lev. 22, 1 7 — 2 1 , Num. 13, 2. 3 , Jos. 2, 1 , Judic. 13, 2 — 4, Judic. 7, 7, 2 Reg. 2, 2 0 — 22, Esai. 1, 1, Ezech. 37, 1— 4 (de resurrectione ca rn is, m it s ta rk e r B enutzung T e rtu llia n ’s), D an. 3, 1, Sach. 2, 13— 3, 1 (de sacerdote magno), A ct. 2, 1. 2.

D er H au p tin h alt d er Homilien is t die D arleg u n g des typischen, a u f Christum w eissagenden In h a lts des A lten T estam ents m it d urch g än g ig er Polemik gegen die Juden. „Quid ergo, Judaee, adhuc um bram futurorum ex lege sectaris, cum iam finis legis Christus adv en erit, in quo non um bra sed veritas, non figura

sed plenitudo religionis est re d d ita “ ? (p. 95). W e r is t der V erfasser? W ann sind die P re d ig te n niedergeschrieben?

Batiffol h ä lt an dem in den H andschriften als V erfasser genannten A utor, Origenes, fest, wiewohl in dem Verzeichniss seiner S chriften bei Hieronymus unsere T ra k ta te nicht m it Namen g enannt sind, und nimm t als U ebersetzer den M ä rty re r­

bischof V ictorinus von P 'ettau (c. 300) in A nspruch, auf dessen R echnung einzelne K o rrekturen der Theologie des Origenes (wie die A usführungen über die A uferstehung des Fleisches im A nschluss an T ertu llian ) g esetzt w erden. H arnack („Theolog.

L ite ra tu rz e itu n g “ 1 9 0 0 , N r. 5) stim m t im W esentlichen zu, indem er die M itarbeit des U ebersetzers, des V ictorinus, noch s tä rk e r betont und den W e rth der neuen Gabe, die eine Doppelgabe zu nennen, eben dadurch b ee in träc h tig t findet, dass man nicht wisse, was ursprünglicher In h a lt und was A enderung oder Z usatz des U ebersetzers sei.

D a t r i t t C arl W eym an im A rchiv für lateinische Lexiko­

graphie X I, 467 u. 468 m it einer überraschenden B ehauptung hervor. E r g la u b t den Beweis erbringen zu können, dass die T ra k ta te nicht eine U ebersetzung aus dem Griechischen, sondern ein lateinisches O riginal w erk seien und von niem and anders als von N ovatian h errü h rten . Indem er sich die d e taillirte philologische Bew eisführung vorbehält, m acht e r doch sofort au f eine Reihe höchst auffallender sprachlicher und sachlicher B e ­ rührungen m it den Schriften N ovatian’s aufm erksam . P rü f t man die Stellen, so kann man den einen T heil der B ehauptung, dass man es m it einem lateinischen O riginalw erke zu thun habe, schon je tz t als bewiesen ansehen. Z ur w eiteren F ra g e , ob N ovatian der V erfasser is t, sollen im Folgenden einige B e­

obachtungen m itg eth eilt und Bedenken erhoben w erden, die den w eiteren V erhandlungen über das interessante Problem nützen wollen.

Zunächst können zwei T hatsachen zu w issenschaftlicher S icherheit erhoben werden, einmal dass der V erfasser d er P re d ig te n die pseudo-cyprianische S chrift De bono pudicitiae, welche W ey­

m an und, seinen Spuren folgend, Ad. Demmler (Münchener D issertation 1893) m it guten G ründen N ovatian zugewiesen h aben, gek an n t und in grossen P a rtie n ausgeschrieben h a t;

sodann, dass die P re d ig te n selbst von H ilarius bei A bfassung seiner T ra c ta tu s super Psalm os benutzt und ausgeschrieben w orden sind. D adurch w ird als A bfassungszeit der P re d ig te n das Ja h rh u n d e rt von 250 bis 350 festgestellt. Es lohnt sich, diese A bhängigkeitsverhältnisse etwas näher ins A uge zu fassen.

H ilarius kommt bei A uslegung von P salm 129 (130), 2 : F ia n t aures tu a e intendentes in vocem orationis meae durch die Zw ischengedanken: V irtus dei qua au d it aures sunt, virtus dei qua efficit manus su n t auf die F ra g e nach der K örper­

lichkeit Gottes zu sprechen und entleh n t hierbei eine Reihe von S ätzen dem ersten der h ie r besprochenen T ra k ta te , der sich eigens und eingehend m it W id erleg u n g der A nthropo- m orphiani b esch äftig t, die sich G ott körperlich dachten (vgl.

H ilarius ed. Z ingerle, p. 650 ff. m it T ra c ta tu s I). Die Ab­

h än gigkeit des H ilarius sp rin g t in die A ugen: er kommt g e­

legentlich auf ein T hem a, das der T ra k ta t in b reiter Aus­

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führung b ehandelt; er excerpirt, zieht zusammen, b rich t dann ab (haec pro p ter aures dei, ne corporalis ex istim aretu r, trac - ta ta brevibus sunt p. 652, 17); der T ra k ta t fü h rt die U nter­

suchung, m it der er sich beschäftigt, in ruhigem F luss w eiter.

Man muss der B ew eisführung Batiffol’s , dass H ilarius der B enutzer sei, unbedingt zustimm en (Prolegom ena p. X I — X III).

A usserordentlich lehrreich is t die V ergleichung des fünften T ra k ta te s , der die E rz äh lu n g von Joseph und der P o tip h ar (Gen. 39, 1) u n te r den G esichtspunkten der Geschichte und des prophetischen T ypus behandelt, m it einigen K apiteln der S ch rift De bono pudicitiae (ed. H a rte i im 3. T heil der W erke Cyprian’s p. 19 ff.). Nachdem die E rfordernisse der K eusch­

h e it k urz d arg e le g t sind, g eh t diese Schrift zu zwei ein­

gehenden Beispielen über und w äh lt dazu das Beispiel Joseph’s und der S usanna, um dann in einem abschliessenden K apitel die in beiden Beispielen gemeinsam hervortretenden C h a ra k te r­

züge der K euschheit auszum alen. D as K apitel schliesst m it den S ätzen: D igni tan to iudicis divini praemio, quorum a lte r (Joseph) regio paene throno in lu s tra re tu r , a lte ra (Susanna) concordia m ariti d o ta ta inimicorum m ortibus redim eretur. Haec su n t et his sim ilia semper nobis ante oculos exempla ponenda, his p a ria diebus noctibusque m editanda. N ihil animum fidelem sic delectat quam in te g ra inm aculati pudoris conscientia etc.

„D er S ieger über den F eind w ar ta p fe re r als der andere; der B ezw inger der L u st h a t sich selbst b esieg t“.

Man stau n t, m it welch w örtlicher G enauigkeit der Verfasser des fünften T ra k ta te s seiner V orlage folgt. E r kann in dem geschichtlichen Theile seiner P re d ig t n atü rlich n u r den von Joseph handelnden A bschnitt brauchen; er schreibt ihn aber so genau a b , dass man von der A bschrift aus den T ex t der S ch rift De bono pudicitiae an m ehreren Stellen verbessern k ann und vor allem die v o rlängst schon von v. W ölfflin be­

tonte T refflichkeit des cod. Z (P arisin u s saec. X IV , A bschrift einer alten V orlage, vgl. A rchiv fü r la t. L exikographie V III, 3) b e s tä tig t findet. So ist z. B. p. 19, 14 zu schreiben: I s ta generositas ab uxore domini a lite r quam decebat aspecta est (aspecta Z, accepta die anderen H andschriften); vgl. T ra c t. V, p. 45, 10. U m gekehrt h ä tte Batiffol, wie die V ergleichung le h rt, den cod. F, den er h in te r B zurückstellt, stä rk e r h eran ­ ziehen sollen. W ir stossen sofort au f ein Beispiel.

Die oben angeführten Sätze lauten bei unserem P re d ig er:

Unde e t m erito ta n to divini indicii praemio dignus fuit, u t et regio throno in lu s tra re tu r e t de inimicis suis victoriam repor- ta re t. D er S atz is t abweichend von der V orlage, die von Joseph und Susanna redet, fü r Joseph allein zurecht gem acht:

er w urde vom G lanz des königlichen T hrones b e s tra h lt und tr u g den Sieg über seine F einde davon. A ber plötzlich v e r­

gessend, dass er n u r von e in e m Beispiel der K euschheit ge­

re d e t habe, f ä h r t d er P re d ig e r im Banne seiner V orlage fo rt:

Quamobrem, dilectissim i fra tre s , haec nobis e t his sim ilia debemus sem per ante (mentis a d d . B) oculos exempla pro- ponere, his p a ria diebus ac noctibus m editari. N ihil enim fidelem animam sic delectat, quam in te g ra im m aculati (so F,

Batiffol nach B: im m aculataque) pudoris conscientia . . Nam qui hostem v ic it, fortior altero fu it: qui autem libidinem inim icam compressit, se ipso fortior fu it etc.

D as is t ein stark es S tück des A bschreibe-Taum els. Is t es denkbar, dass ein g eistig so bedeutender Mann wie N ovatian so gedankenlos abschrieb und vollends, wenn er die Schrift, aus der er abschrieb, selbst v erfasst h a t, sich selbst so Bklavisch k opirte?* W eym an h a t m ir seinerzeit, als ich die

* Sehr lehrreich ist die Vergleichung mit der Art und Weise, wie der Verf. der von Caspari in „Briefe, Abhandlungen und Predigten aus den zwei letzten Jahrhunderten des kirchlichen Altertums“ (Christi­

an ia 1890) herausgegebenen pelagianischen Briefe (S. 3— 167), nach Weyman’s Nachweis ein Kenner und Benutzer der Schriften Novatian's, seine eigenen Gedanken wiederholt und sich selbst abschreibt. Es sind doch zumeist nur Gedankenparallelen, die im Ausdruck voneinander abweichen (vgl. S. 279—282, 298, 302j. Wörtliche Wiederholungen beschränken sich auf Stellen von geringem Umfang. Die Frage nach dem Verf. dieser Briefe ist von Dom G. Morin (Revue Benddicline X V 1898, p.481—493) und Künstle (Tübinger theol. Quartalschrift, 82. Jahrgang, 1900, 2. Heft) aufs neue angeregt und zu Gunsten des britischen Bischofs Fastidius (420— 430, vgl. Bonwetsch in der Realencyklopädie, 3. Aufl., V 780— 781) entschieden worden. Es bleiben indess noch einige Bedenken zu erledigen. Caspari hielt den Pelagianer Agricola für den Verfasser.

S chrift Quod idola dii non sin t dem N ovatian zuw ies, en t­

g egen g eh alten , ohne meine positiven G ründe zu e n tk rä fte n :

„D er Com pilator von Quod idola h a t in geradezu scham loser W eise den Octavius des Minucius F e lix , das Apologeticum T ertu llian ’s und Cyprian’s Ad D onatum ausgeschrieben, und wenn das M achwerk für Cyprian (der sich selbst k o p irt haben müsste) zu schlecht is t, so d a rf man es meines E ra ch ten s auch nicht dem hochgebildeten und bei aller A nlehnung an seine Vor­

g än g e r und Zeitgenossen selbständigen N ovatian in die Schuhe schieben“ („L it. R undschau fü r das k ath . D eutschland“ 1895 S. 330). W enn seine neue Hypothese zutrifft, muss man jeden­

falls bei N ovatian, w as das Abschreiben betrifft, alle modernen M assstäbe fahren lassen. A ber man strä u b t sich vorläufig gegen die Annahme. Dass man es m it einem lateinischen A utor und nicht m it einem O rigenes-U ebersetzer zu thun h a t, is t k la r. Und auch das ste h t fe st, dass der Name des A utors der N achw elt anrüchig w ar. N ach dem G rundsatz, dass brauchbare S chriften der H äretik er der K irche gehörten, wie die Gefässe der A egypter den ausziehenden Israeliten , be­

h ie lt man die S chrift selbst im Gebrauch, tilg te aber den an- stöBsigen Namen und liess die P re d ig te n u n te r unanfechtbarer F la g g e segeln. Man m erkt bei der U eberschrift, welche die beiden H andschriften d er T ra k ta te tra g e n , deutlich die Ab­

sicht. Incipit tra c ta tu s Origenis — das is t ein berühm ter Theologe und P re d ig er, aber doch nich t von zweifelloser O rtho­

doxie — darum der Z usatz: com probatus a beato Hieronymo.

Nun kann niem and Anstoss nehmen. Es is t der V orschrift des D ecretum Gelasii G enüge g e th a n : O rigenis nonnulla opuscula quae v ir beatissim us Hieronym us non re p u d ia t legenda suscipimus. W ie hiess der M ann, dessen Namen man aus­

lösch te? E s w a r w ohl, wenn es N ovatian selbst nicht w ar, ein N ovatianer, ein Mann wie der Bischof M arcianus von A rles (vgl. Cyprian’s Ep. 68 cap. 3). W ir kennen zu wenig Namen. W e r m ag da ra th e n ? Man muss sich eben m it einem novatianischen Anonymus aus der Z eit von 2 5 0 — 350 be­

gnügen.

Und doch nicht. Sobald man die U ntersuchung w eiter au sd eh n t, stö sst man auf B ew eism ittel, die schw er in die W agschale N ovatian’s faller. Ich w ill, was die F einheiten der Redeweise, des S atzbaues, des S tils, der R hetorik Nova­

tia n ’s betrifft, dem besten K enner dieses A utors n icht vor­

greifen und mich auf das theologische G ebiet beschränken.

D er le tz te T r a k ta t über die A usgiessung des heiligen Geistes (Act. 2, 1. 2) fo rd e rt zu einer V ergleichung m it dem 29. K a­

pitel des Buches N ovatian’s de trin ita te auf (Migne, tom. 3, p. 9 4 3 — 946). E in w eiteres H ilfsm ittel, den A utor n äh er zu bestimmen, ist sodann die U ntersuchung seiner B ibelzitate.

Die P re d ig t beg in n t m it einer E ntschuldigung des Redners, dass er — im peritus in verbis et rustico agrestique sermone — über so hohe Dinge rede. Sein A m t und die Liebe treiben ihn dazu; er gleicht dem Moses, der tro tz seiner schweren Zunge den Befehl des H errn ausrichten musste. Die Rede beginnt dann m it A nführungen aus der P fingstgeschichte und m it der E rm ah n u n g , Sinn und Seele zu öffnen zum E m pfang des heiligen Geistes. H ier se tzt die erste B erührung m it dem genannten 29. K apitel ein. Ich setze die T exte nebeneinander.

D e t r i n i t a t e c. 29. T r a c t . X X .

H unc autem Spiritum sanc- Hic ergo S piritus sanctus, tum dominus Christus modo qui velut ignis linguatus ad- paraclitumappellat, modo spiri- venit e t omnium credentium t um v e rita tis esse p ro n u n tia t: corda m aiestatis suae v irtu te qui non est in evangelio novus replevit, non est in evangelio sed nec nove d a tu s : nam hic novas, sed renovatus in Christo ipse e t in prophetis populum omnibus datus e s t, sicut ipse accusavit e t in apostolis ad- dominus d ix it vinum novnm in vocationem gentibus p ra e stitit. u tres novos m itti oportere.

H ic est, in q u a m , quem modo paraclitum appellat, modo spiri­

tum v e rita tis pronuntiat, qui e t in prophetis Judaeorum po­

pulum accusavit e t in apostolis ad vocationem gentibus prae­

stitit.

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Die S ätze der V orlage sind von dem P re d ig er etw as e r­

w e ite rt nnd nm gestellt. B em erkensw erth ist das eingeschobene inquam , „ich sage es, ich wiederhole es“ , das gerade an der Stelle steht, wo die H erübernahm e zu r w örtlichen wird.

Z unächst folgt in der P re d ig t eine selbständige A usführung über die F r a g e , w arum der G eist wiederum in G estalt einer T aube auf den H errn kam, da er doch schon auf die Ju n g fra u herabgestiegen w a r, da das W o rt F leisch wurde. D er Ab­

sc h n itt m ündet in Sätze au s, die m it geringen A enderungen dem 29. K apitel entnommen sind. Mit den W o rten : Hic est, i n q u a m , S piritus qui o p eratur ex aqua secundam nativi- tatem etc. g eh t der P re d ig e r zu einem zw eiten w örtlichen Z ita t über.

Nun kommt das M erkw ürdigste. An einer Stelle (Migne tom. 3, A usgabe vom J . 1844, p. 945 Zeile 6 v. o .; bei der A usgabe von 1886 sind immer 28 Seiten hinzuzuzählen) lä sst der A utor m itten aus dem Zusam m enhang folgenden S atz der V orlage au s: E ru d iu n tu r enim in illo e t per ipsum corpora n o stra ad im m ortalitatem proficere, dum ad decreta ipsius discunt se m oderanter tem perare. Die darauffolgenden W o rte ab e r: H ic est enim qui contra ca rn em d esid eratetc. w erden wieder z itir t, und wiederum, u n te r dem Einfluss der Pause, die s ta tt­

gefunden h a t, in der deutlichen A bsicht, die folgenden Sätze als einen neuen A bschnitt zu bezeichnen, schiebt der A utor ein weiteres „inquam “ ein: H ic e s t, i n q u a m , S piritus qui desid erat adversus carnem etc. Die folgenden S ätze halten sich so genau im Geleise der V orlage, dass Batiffol’s T ex t aus N ovatian k o rrig irt w erden kann. A uf S. 211, 13 is t nicht zu lesen: De hoc autem S piritu m anifeste dicit, quia in novissimis diebus recedent quidam a fide etc. (ein nicht e r­

kanntes Z ita t aus 1 Tim. 4, 1. 2), sondern m it cod. F und N o v a tia n : De hoc r e f e r t: S piritus autem m anifeste dicit, quia etc.

Das lange Z ita t re ic h t bis zum Schluss des 29. K apitels de trin ita te . D er P re d ig e r aber w ill noch nicht schliessen, m a rk irt indess den neuen A bschnitt m it einem vierten „inquam “ : H ic est, inquam , S piritus qui hac die, id est Pentecosten, a deo ecclesiae missus est. Die anfangs selbständigen Schluss­

ausführungen bewegen sich w eiterhin in S ätzen , die einer früheren P a r tie des 29. K apitels entnommen sind (a. a. 0.

p. 944 Z. 8 ff. v. o.).

Das w iederholte inquam v e rrä th den V erfasser. N icht in dem Sinne, als ob N ovatian die „dilectissim i f ra tr e s “ d ara u f auf­

m erksam machen wollte, dass und w ann er Stellen aus seinem bekannten Buche anführe. A ber ein doppeltes kommt in B etrach t.

Einm al lä sst sich beobachten, dass die rhetorische Einschiebung von inquam zu den E igenthüm lichkeiten des novatianischen Stiles gehört. W eym an h a t schon in seiner (gemeinsam m it G ustav L a n d g ra f bearbeiteten) A usgabe der S chrift de cibis iudaicis (A rchiv fü r lat. Lex. X I, 246 zu p. 236, 1) Beispiele hierfü r aas dieser Schrift, aus der S chrift de spectaculis und de trin ita te gesam m elt; auch in den neuen T ra k ta te n begegnen w ir w iederholt der W endung (p. 4 , 1 2 ; 43, 4. 6 ; 80, 1 3 ; 93, 6;

104, 1; 201, 5; 205, 12. 18; 206, 12). Zum ändern aber dürfte einleuchten, dass der w iederholte G ebrauch von inquam gerade bei den einzelnen Theilen der langen Z itate aus d er S chrift de trin ita te n u r von dem A utor selbst h errü h re n kann. Denn angenom m en, dass ein beliebiger P la g ia to r des Buches dem N ovatian die W endung m it inquam abgeguckt h ä tte und frech genug gewesen w äre, ganze A bschnitte des Buches als W e rth ­ stücke eigenster E rfindung gerade m it diesem W o rt aus­

zuposaunen — w as h ä tte er fü r einen G rund g eh a b t, die einzelnen P a rtie n , die er dem Buch entnahm , in genauer A bgrenzung m it inquam einzuführen? So eigenthüm lich g ing m it seinem früheren G eistesprodukt n u r der A utor selbst um ; er unterschied die einzelnen G lieder und zeigte in der W ied e r­

gabe die Z ärtlich k e it des V aters, d er sein literarisch es K ind liebt. Das A rgum ent is t entscheidend und s ta rk genug, eine Keihe von E inw änden zu trag e n , die gegen die H erk u n ft der P re d ig te n von N ovatian erhoben w erden können. A ndere be­

deutungsvolle Indicien, wie die ganze Atm osphäre der M ä rty re r­

zeit, in welche die P red ig ten g etau ch t sind, oder die B etonung der au sterita s severissim ae disciplinae (z. B. 126, 14) stimmen ohnehin fü r N ovatian.

W er sich an den Eingang des Briefes d. h. der geschriebenen

P re d ig t des von seiner Gemeinde g etrennten N ovatian de cibis iudaicis erinnert, w ird sich zunächst jedenfalls von den beiden dort nam haft gem achten „epistolae superiores“ eine andere V orstellung m achen, als wie sie die uns je tz t geschenkten T ra k ta te erwecken. „W ie v e rk e h rt aber die Juden sind und dem V erständniss ihres Gesetzes entfrem det, das haben w ir, denke ich , in zwei früheren B riefen vollständig gezeigt, in welchen der Beweis g eliefert w urde, dass sie ganz und g a r nicht wissen, was w ahre Beschneidung und was w ah rer Sabbat i s t “ heisst es dort. N un kann m an aber den In h a lt des vierten und achten T ra k ta te s n icht treffender angeben, als wenn man jenen de vera circumcisione, diesen de vero sabbato überschreibt.

Im G egensatz zu den Juden, die das F ig ü rlich e der Beschneidung n ich t einsehen wollen, w ird betont, dass der Glaube die w ahre und rechte Beschneidung sei (p. 38, 6), und p. 93, 16 lesen w ir geraden W egs: Sed iam nunc de vero sabbato b reviter disserendum est, n t e t partem eins e t plenitudinem prosequam ur.

Allen Bedenken zum T ro tz muss m an, zum al wenn m an auf die feineren V erbindungsfäden achtet, in den beiden T ra k ta te n die von N ovatian gekennzeichneten Briefe finden. Sie haben eine andere F orm ; es sind nicht wie die T ra k ta te de cibis iudaicis, de spectaculis, de bono pudicitiae them atische P re d ig te n , die über einen von vornherein genannten G egenstand handeln und in der A usführung dann auch S chriftw orte berühren, sondern es sind T ex tp re d ig te n , die von einem bestim m ten S chriftw ort ausgehen (Gen. 17, 9. 10 und Exod. 20, 8 — 10), dann aber den H auptbegriff des S chriftw ortes in eingehender E rö rte ru n g behandeln. Man k ann von der einen P redigtw eise nich t auf die andere ra th e n ; aber w arum sollte N ovatian nich t auf beiderlei W eise g epredigt oder seiner Gemeinde P re d ig t­

briefe von beiderlei F orm zugesendet haben? „Vos solito more allocutionibus missis in fide interp ello “, schreibt er im E in g a n g zu De bono pudicitiae. W ir haben je tz t eine reiche Anschauung von der A rt dieser A nsprachen. (Ueber P re d ig te n in Briefform vgl. E d. N orden, Die antike K unstprosa vom sechsten Ja h rh u n d e rt vor Christus bis in die Zeit der Renaissance, II. Bd., Leipzig 1898, p. 538 — ein W erk, auf das ich in diesem B la tt zurückzukommen gedenke.)

Noch bei anderen T ra k ta te n kann m an den In h a lt in kurze Ueberschriften zusammenfassen. D er neunte T r a k ta t behandelt a u f G rund von Exod. 12, 5. 6 das „venerabile ac salutiferum sacram entum paschae“, der 19. deutet den sacerdos m agnus in Sach. 2, 13 auf Christus. Nun trifft es sich doch m erk­

w ürdig, dass Hieronym us in dem K apitel seines S ch riftsteller­

k atalo g s, das von N ovatian h an d elt (de viris inlustribus cap. L X X ), und das die kleineren S chriftw erke zu e rst nennt, bis das g r a n d e volumen de trin ita te den Schluss m acht, der Reihe nach die T hem ata a n fü h rt: 1. De pascha, 2. de sabbato, 3. de circumcisione, 4. de sacerdote, 5. de oratione, 6. de cibis iudaicis, 7. de in sta n tia , 8. de A ttalo — m ultaque alia (scripsit). W enn n icht alles trü g t, sind die vier ersten Stücke durch die T ra k ta te IX , V III, IV und X IX uns w iedergeschenkt.

Man verm u th et, dass der G egenstand der zu letzt genannten S chrift der M ärty rer A tta lu s aus P ergam us w a r (Euseb. hist, eccl. V, 1, 17 u. s. f.). Es is t möglich, dass die vorausgehende das Them a von der „ B estän d ig k e it“ im H inblick auf die M ä rty re r behandelte (über in sta n tia vgl. de spectaculis cap. 2 am S chluss: ista sc rip ta sunt, u t animis nostris in stan tia m aior ex citaretur). D ann w äre man versucht, die für einen M ärtyrer- G edächtniastag geschriebene 18. Rede hierher zu beziehen, die m it dem Gebete an die M ä rty re r schliesst: E t ideo rogam us et petimus sanctitatem vestram , o beati m a rty re s, u t nostri memores esse dignem ini, u t e t n o s , qui p a ri fide in Christo D ei filio credim us, eandem vobiscum de trium pho passionis m artyrio gloriam consequi et obtinere m eream ur. Doch diese F ra g e bleibe dahingestellt. Das H auptergebniss selbst w ird durch die oben angedeutete U ntersuchung der B ib elzitate, zu der w ir nun, übergehen, n u r b e s tä tig t.

G r e ifs w a ld . Johannes Haussierter.

1. G o d e t, F . (Docteur en Theologie, professeur ä la F acu lte de l’eglise independante de N euchätel), I n t r o d u c t i o n a u N o u v e a u T e s t a m e n t. Introduction particu liere I I : Les E vangiles Qt les actes des Apotres, prem iere p artie ^

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Les trois premieres Evangiles Livr. 3. Neuchätel 1899, Attinger freres (S. 325— 442 gr. 8).

2. Godet, F. (Doktor und Prof. der Theol. in Neuchatel), Einleitung ins Neue Testament. Spezielle Einleitung:

Die Evangelien und die Apostelgeschichte. 1. Abtheilung:

Die drei ersten Evangelien. 2. Lfg. Deutsch bearbeitet von Dr. E. R e in ec k (Superintendent in Heldrungen).

Hannover 1899, L. Meyer (S. 73— 164 gr. 8). 2. 80.

3. G odet, F. (Doktor und Prof. der Theol. in Neuchatel), Bibelstudien, deutsch bearbeitet von J. E a e g i (Pfarrer am Diakonissen - Mutterhaus in Riesen). Zweiter Theil.

Zum Neuen Testament. 2. umgearb. Aufl. Hannover- Berlin 1898, C. Meyer. 4 Mk.

Die Anzeige der zweiten Lieferung der speziellen Einleitung in die Evangelien aus G o d e t’ s Isagogik war kaum gedruckt (Th. Lit.-Bl. 1899, Nr. 18, Sp. 206— 212), als uns der Fleiss des Neuchateler Forschers bereits durch eine neue Fort­

setzung erfreute. Die neue Lieferung umfasst etwas mehr als hundert Seiten und beschäftigt sich wie die zweite nur mit einem Evangelium, mit dem des Markus. Da auch der Gang der Untersuchung der gleiche wie dort, so werden nach­

einander die Person des Evangelisten (S. 326ff.), Züge, der Plan und Inhalt des zweiten Evangeliums (S. 334ff.), die charakteristischen Züge seiner Darstellungsform (S. 365ff.), die Zusammensetzung des Evangeliums (S. 376 ff.) und die patristischen Angaben (S. 419 ff.) besprochen. Bei diesem Evangelium folgt dann schliesslich noch (S. 432— 442) ein Abschnitt über sein Verhältniss zum Matthäusevangelium.

Betreffs der Person des Markus trifft G o d e t’s Abhand­

lung sehr viel mit dem entsprechenden Paragraphen in Z ah n ’ s Einleitung (I I , § 53) zusammen. Beide legen grosses Gewicht darauf, dass dieser Evangelist den Paulus und den Barnabas auf deren erster Missionsreise als Augenzeuge vom Wirken Jesu begleitet habe, ohne doch dessen derartige Stellung erweisen zu können. Beide gehen sorgfältig den Spuren der verschiedenen Reisen des Markus im Neuen Testa­

ment nach, um danach den möglichen Zeitpunkt der Ab­

fassung des zweiten Evangeliums zu bestimmen; der Ref. hält das für nutzlos, da für letztere sich nur sebr mittelbar etwas daraus ergibt. Als Abfassungsort sehen beide mit voller Gewissheit und mit vollem Recht Rom an. Bei diesen Kom­

binationen ergeben sich doch einige Meinungsverschiedenheiten.

Einmal findet G od et nämlich es um der prosaischen Schreib­

art des petrinischen Lehrschreibens und um der ganzen Aufgabe des Petrus in Mesopotamien und Eieinasien willen nothwendig, das Iv BaßoXuivi 1 Petr. 3, 13 von der Stadt am Euphrat und nicht mit Zahn von Rom zu verstehen (S. 328).

Andererseits legt G od et wohl mit Unrecht auf die unwahr­

scheinlichen patristischen Angaben über die Begründung der alexandrinischen Christengemeinde zu Alexandrien mehr Gewicht als Zahn. Schwer wird es dem Ref., einen Grund dafür zu entdecken, um des willen von beiden Isagogikern Gewicht da­

rauf gelegt wird, dass Markus in dem Philosophoumena des Hippolyt xoXoßoöaxxuXo; genannt und von ihm erzählt wird, dass er sich selbst verstümmelt habe, um als geborener Levit nicht Priester werden zu müssen. Für das Verständniss des zweiten Evangeliums wird dadurch nichts gewonnen.

Beim zweiten Evangelium geht G o d et’ s Verzicht darauf, ein division rationale in ihm zu erkennen, noch weiter als beim ersten. Er erklärt sich gegen jeden Versuch, einen historiographischen Gesichtspunkt, aus dem die Anlage des Evangeliums sich begreifen lässt, herauszufinden. So erklärt er Bich auch gegen die von Zahn vertretene Anschauung, dass Markus die Anfangsgeschichte des Evangeliums berichten wolle (Einl. II, S. 224, doch vgl. nachher), ohne indess das da­

gegen geltend zu machen, dass sich der Gedanke nicht durch­

führen lässt, muss doch Zahn selbst feststellen, im vierten und fünften Abschnitt, also bereits von 6, 14 an, trete der leitende Gedanke im Buche immer mehr zurück (S. 226 f.).

Ref. hat die Genugtuung, dass G odet erklärt, wenn man einen sachlichen Grundgedanken des Evangeliums erkennen wolle, dann müsse man sich der von mir aufgestellten An­

schauung anschliessen (S. 353). Bei G od et’ s Bemühen, das Evangelium als eine völlig objektive Berichterstattung hinzu­

stellen, ist dem Ref. das Recht nicht erkennbar, mit dem Godet Mark. 1 , 1 4 — 9 , 5 0 als eine Reihe von Exkursionen von Eapernaum aus und dorthin zurück hinstellen zu dürfen vermeint (S. 3 3 8f.).

Fast zu fein will dem Ref. G o d et’ s Bemerkung bei Be­

sprechung der Eigenthümlichkeiten der Darstellung des zweiten Evangeliums erscheinen, nach der bei Markus Jesu Arbeit sich auf die kleine Gemeinschaft der Gläubigen, die sich um ihn gesammelt haben, konzentriren soll, während bei Matth. Jesus sich durchweg mit dem Volke in seiner Gesammtheit be­

schäftige. Markus soll gleichsam die Erziehung uns vor­

führen, welche Jesus seinen Jüngern angedeihen liess (S. 3 5 6 ) .

Schwer vorstellbar ist es doch, dass Petrus in seinen Missions­

predigten, auf welche sich auch nach G od et’ s Ansicht Markus Bericht durchgängig stützt, Jesu Wirken von diesem Gesichts­

punkt aus gezeichnet haben soll, und ebenso undurchsichtig ist es, von welcher Bedeutung eine Darstellung der Geschichte Jesu in dieser Abtönung für die römische Gemeinde gewesen sein soll. Den Anlass der Abfassung des Evangeliums sucht G odet in dem Wunsche der römischen Christen, den Ur­

sprung der frohen Botschaft kennen zu lernen, die aus dem Schosse des jüdischen Volks hervorgegangen, sich in der Welt immermehr ausbreitete. Diesem Begehren soll Markus will­

fahrt haben. Das entnimmt G odet dem ersten Vers des Evangeliums. Er übersetzt mit K lo sterm an n und Zahn:

Anfang (Ursprung) des Evangeliums Jesu Christi und sieht

’ Iyjoou XpioTou mit jenen als gen. subj. an. Freilich will er trotzdem mit dem Ref. im Kurzgefassten Eommentar den ersten Vers als Opposition des äyevsxo ’ Iu x x v t]? o ßaim£u)v Vers 4

ansehen (S. 3 3 5 ) . Indessen das will sich nicht wohl zu­

sammenreimen. Auch muss Godet dabei, allerdings in Ueber­

einstimmung mit den meisten Neueren, den durch die letzten Zeugen des alexandrinischen, syrischen und abendländischen Textes gesicherten Zusatz olou Ösou opfern, der nur annehm­

bar ist, wenn ’ Jirjaou Xpiaxoö als gen. obj. aufgefast wird.

Das zufällige Fehlen des Zusatzes in einigen nur mittelbaren Anführungen der Stelle bei Irenäus und anderen Kirchen­

vätern kann die Streichung der Worte nicht rechtfertigen.

Auch an einer anderen Stelle zieht Godet zu schnell aus einer Lesart bedeutsame Folgerungen. Auch Ref. hat Mark. 1, 2 9

im Kurzgefassten Kommentar der Lesart: xal suftuc ix xfj?

aovaYtuTf^? ä£eX0ovxe<; VjXOov xxX. den Vorzug gegeben, weil Bie etwas Befremdliches hat und sich deshalb als Korrektur nicht wohl begreifen lässt. Allein Textzeugen wie der Cod.

Vat., Cantabr. und die Vers. lat. ant. (b. f. ff. 2 ) bieten den Sin­

gular dar (Wordsworth-White, Nov. Test. lat. sec. Hieron.

sagen zwar D habe venerunt, allein selbst in D heisst es:

procedeus autem de synagoga venit in domum). Der Plural kann daher nicht mit Sicherheit als die ursprüngliche Lesart betrachtet werden; auch W e is s (Textkrit. der vier Evan­

gelien, S. 7 9 ) verwirft ihn. Um so weniger ist es berechtigt, aus solcher ungewissen Lesart die Folgerung ableiten zu wollen, der mündliche Vortrag des Petrus sei von Markus nur unter Umwandlung der ersten in die dritte Person in sein Evangelium aufgenommen worden (S. 3 8 5 ) . Ein solcher Beweis balancirt auf einer Nadelspitze; das aber benimmt allen damit zusammenhängenden Ausführungen die einleuchtende Kraft. — Noch mehr hat es des Ref. Verwunderung erregt, dass G odet auch noch nach Z a h n ’ s ausführlicher und einleuchtender Dar­

legung den Schluss des zweiten Evangeliums Mark. 1 6 , 9 ff.

nicht entschieden für nicht ursprünglich erklärt, sondern seine Abfassung durch Markus für möglich hält (S. 4 1 2 ) . Allein die Authentizität der Herrenworte Vers 1 5 . 1 6 (ad 1 4 — 1 6 )

kann besonnener Weise, wie Zahn jetzt darlegt und Ref. be­

reits 1 8 8 6 urtheilte, festgehalten werden.

Bei der Besprechung der Quellen des Markusevangeliums wird Ref. einfach (S. 4 1 6 ) denen beigezählt, welche als solche das erste und zweite Evangelium ansahen. Aber mit weit mehr Recht, als von Hug und K losterm ann angegeben wird, dass sie neben dem kanonischen Matthäus die Erzählungen des Petrus als die Quelle des zweiten Evangeliums betrachten, müsste solches vom Ref. gesagt werden. Denn die ganze Anschauung des Ref. über das gegenseitige Verhältniss der synoptischen Evangelien hat seinen Angelpunkt darin, dass er

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glaubt, aus den Evangelien selber und aus den patristischen Nachrichten darthun zu können, dass alle drei Evangelisten aus der apostolischen Verkündigung geschöpft haben und ihre Verschiedenheit grundleglich aus den Abweichungen, mit denen die verschiedenen Apostel das allen Gemeinsame als lebendige Zeugen erzählten und vortrugen, erklärt, was auch Godet nach S. 387 nicht unbekannt ist. Der Ref. vermuthet nur, dass Markus bei der Abfassung des Evangeliums speziell für die römische Gemeinde nach dem Tode der beiden in Rom gewesenen Apostel, indem er aus der ihm durch Petrus’ Vor­

träge gewordenen Kunde der einzelnen von ihm berichteten Vorgänge den Stoff des Evangeliums entnahm, nichts Eigenes hinzuthun wollte, nnd deshalb die Anordnung der Vorgänge, bald aus dem dritten Evangelium (1, 14— 3, 16; 4, 33—6, 13), bald aus dem ersten entlehnte. Denn ihm ist die von Clemens Alexandrinus überlieferte Nachricht der Aeltesten, dass das zweite Evangelium nach den Evangelien mit den Stammbäumen geschrieben sei, gerade wegen ihrer Abweichung von der land­

läufigen Ueberlieferung, wie auch H ilg e n fe ld , glaubwürdig.

Bei jeder anderen Annahme bleibt das Zusammentreffen des zweiten Evangeliums bald mit diesem, bald mit jenem Evan­

gelium ein unlösbares Räthsel.

Das bisher Erörterte bestätigt wieder, dass in den Einzel­

fragen der Isagogik und der Textkritik immer viel Disputables bleibt. Dennoch wird jeder, welcher G od et’ s und Zahn’ s Erörterungen über das zweite Evangelium vergleicht, die Ueberzeugung mit hinfortnehmen, dass die positive Beurtheilung dieses neutestamentlichen Buches auf recht gesichertem und historisch nachweisbarem Boden ruht. Sieht sich doch selbst ein Mann, der auf der Höhe der modernsten religions­

wissenschaftlichen Betreibung der evangelischen Theologie steht, wie Lic. Paul Wernle (Basel), in seinem Buche, die Synoptische Frage (1899, S. 990), in allerdings übergrossem Zutrauen zu seiner Divinationsgabe zu sagen bewogen:

„Wenn wir keine Papiasnachricht über den Ursprung des Markus hätten, wäre aus seiner Disposition zu schliessen, dass ein Augenzeuge des Lebens Jesu, einer der Zwölf, am besten Petrus, „der Gewährsmann des Evangeliums ist“ .

Bei dem verschiedenen Geschmack der Leser, bei dem ein Leser eine ruhige, tiefeindringende, auch auf alle Minutien der vorliegenden Frage eingehende Darlegung wünscht, während ein anderer eine weniger stringente, leichter lesbare, aber an­

regende Vorführung des Gegenstandes vorzieht, wird die unter Nr. 2 aufgeführte deutsche Uebersetzung des G od et’ schen Einleitungswerkes in Deutschland neben Zah n’ s umfänglicher Arbeit seinen Leserkreis weiter finden. Dieselbe ist bereits bis zur zweiten Lieferung dieses Bandes fortgeschritten. Nur scheint leider die Uebersetzung in der letzten Lieferung nicht mit der Sorgfalt gefertigt zu sein, wie früher. So merkt man wiederholt (vgl. z. B. S. 93, Z. 4 v. o. S. 109 den Anfang der Abtheilung 3; S. 149, Z. 13 v.o.) an den harten Wen­

dungen zu deutlich, dass man eine Uebersetzung liest.

Solche, welche jedes tiefere Eingehen auf die isagogischen Fragen vermeiden, mögen um so mehr auf die unter Nr. 3 auf­

geführte Schrift G o d et’ s, den zweiten Theil seiner Bibel- studien, verwiesen werden. Sie bilden dadurch ein Ganzes, dass sie sozusagen eine Uebersicht über das Neue Testament und dessen Hauptinhalt, Christi Person und Werk bieten. In Darstellungen dieser Art brillirt gerade die französische Eigen­

tümlichkeit der gewandten Feder G o d et’ s. Mit der Tiefe seiner biblischen Anschauung und seiner gläubigen Hingabe an den ganzen Inhalt der heiligen Schrift verbindet sich in diesen Federzeichnungen eine bewundernswerthe Leichtigkeit der Darstellung in edelster Form. Die in diesem Bande ent­

haltenen, bei diesen ihrem zweiten Ausgange wesentlich um­

gearbeiteten Studien zu lesen, ist ein wahrer Genuss. Ref.

würde besorgen, denselben zu Btören, wollte er auf manches Einzelne in ihnen das Auge des kritischen Rezensenten richten.

Ihre Lektüre kann nur den Glauben stärken und sie wird niemals in die Gefahr bringen, Anschauungen aufzunehmen, deren Unhaltbarkeit, sobald sie später einleuchtet, bei ihrem Weg­

fall eine innere Unsicherheit in uns bewirkt. Am ehesten könnte noch die letzte Studie über die Offenbarung (S. 213— 300) zu einer Auseinandersetzung mit Godet Anlass geben. Da

der Ref. aber den Wunsch und die Hoffnung hegt, es werde Godet bald gegeben sein, seine grosse Einleitung aus dem Neuen Testament zu vollenden und ihm dann vielleicht die Gelegenheit geboten werden, sich über dessen Ansicht auszu­

sprechen, so unterlässt er auch ein Eingehen auf diesen Ab­

schnitt des Buches. Nn.

Nösgen, K. F., Geschichte der Lehre vom heiligen Geist in zw ei Büchern. Gütersloh 1899, C. Bertelsmann (VIE, 376 S.).

Nösgen pflegt in der Wahl des Gegenstandes seiner For­

schungen einen richtigen Blick für zeitgemässe Aufgaben der Theologie zu bekunden. Das bestätigt auch die vorliegende Untersuchung. Ich brauche nur an die verschiedenen Arbeiten zu erinnern, welche der Lehre vom heiligen Geist und ihrer Ge­

schichte injüngster Zeit von sehr verschiedenem Standpunktaus ge­

widmet worden sind, wie von v. Oettingen, Gunkel, Otto, Weinei.

Eine das ganze Gebiet der Geschichte der Lehre vom heiligen Geist seit der nachapostolischen Zeit umspannende Darstellung versucht nun Nösgen zu geben. Die Frage, ob es hierzu schon an der Zeit ist, wagt Ref. nicht zu bejahen. Vielmehr scheint es mir zuvor noch nicht weniger Einzeluntersuchungen zu be­

dürfen, ehe es möglich ist, eine allen Anforderungen genügende Geschichte jener Lehre zu schreiben. Andererseits aber kann eben deshalb für jetzt eine solche Geschichte beanspruchen, mit relativem Massstab gemessen zu werden, zumal wenn sie sich wie hier in bescheidenster Weise nur als Skizze bietet.

Im ersten Buch behandelt der Verf. die Zeit bis zur Refor­

mation. Ein Zurückstehen der Lehre vom heiligen Geist beob­

achtet er in Bezug auf die vornicänische Zeit, infolge des Beherrschtseins des Denkens von der philosophischen Logos­

vorstellung, aber auch im Mittelalter, durch das Vorwalten der römischen Kirchenidee. Dagegen sieht er im Orient im Gegensatz zum Arianismus, im Abendland unter dem Einfluss Augustin’s eine Entwickelung der Lehre sich vollziehen. Im zweiten, doppelt so umfangreichen Buch schildert Nösgen die Lehre der nachreformatorischen römischen Kirche vom heiligen Geist, die von Luther, Melanchthon, Brenz und Bucer er­

schlossenen neuen Momente, die Lehre der Schweizer Refor­

matoren, die verschiedenen Strömungen innerhalb der orthodox­

lutherischen Kirche in Bekenntniss, Dogmatik, Lied und Asketik, die Gestaltung in der reformirten Dogmatik und dem nieder­

ländischen Pietismus, dann im lutherischen Pietismus, der Auf­

klärung, der Philosophie, in der Schleiermacher’schen Schule verschiedener Richtung, der neueren konfessionellen und der von Ritschl bestimmten Theologie. Man wird verstehen, dass Ref. bei einer ein so grosses Gebiet umfassenden Darstellung sich in der Besprechung auf einen Theil, und zwar die vor­

nicänische Zeit, für die ich vielleicht einige ergänzende Be­

merkungen geben kann, beschränkt. Ich muss Nösgen darin beipflichten, dass er an der Ausscheidung der neutestamentlichen Schriften von der dogmengeschichtlichen Forschung festhält, während ja heutzutage die Tendenz auf Beseitigung dieser Abgrenzung immer stärker wird. Nösgen’s Darlegungen stehen im ausgesprochensten Gegensatz zu Weinel’s inzwischen er­

schienenen „Wirkungen des Geistes und der Geister im nach­

apostolischen Zeitalter bis auf Irenäus“ , dessen Auffassung der Titel bereits zum Ausdruck bringt. Auf diese Schrift kann ich natürlich hier nicht eingehen, aber ich muss doch Weinel’s Unterstellung ablehnen, dass ich nach S, 63 meiner „Geschichte des Montanismus“ meinen soll, alles in der Geschichte Wirksame entspringe einer systematisch klaren Weltanschauung; bedingt aber ist es allerdings unwillkürlich durch eine bestimmte Welt­

anschauung (sonst hätte auch die Forschung nur ein geringes Interesse daran), obschon in der Regel der von ihr Beherrschte sich ihrer überhaupt nicht bewusst sein wird; meine gerade für die Geschichte des Montanismus gemachten vieljährigen Beobachtungen des christlichen Lebens in Kreisen verwandter Religiosität und kirchlicher Bestrebungen haben mir dies durchaus bestätigt. Ebenso muss ich, nicht Cremer’s, mir unbe­

kannt gebliebenen, „Vorgang“ folgend (so Weinei), sondern den Quellen „nachsprechend“ , daran festhalten, dass die Weise montanischer Prophetie eine der Kirche ihrer Tage befremdliche

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