• Nie Znaleziono Wyników

Die Zukunft, 5. August, Bd. 28.

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Share "Die Zukunft, 5. August, Bd. 28."

Copied!
40
0
0

Pełen tekst

(1)

Berlin, den 5.August 1899.

fd ssIs If

Die Reizeund das Leben.

Wennman wissenwill, obein bewegunglos daliegendesThier noch lebt, so reiztman es, indemman esberührtoderimNothfall auch sticht, kneift,brennt oder ätzt Bleiben auch diese drastischerenReizmittel ohneErfolg,dannsagtman, dasThier ist nicht mehr reizbar,esist also tot. DiePhysiologenaberbesitzenindenelektrischenStrömen nocheinen besondersempfindlichenundsein abgestuftenGradmesser fürdie vitaleJrri- tabilität. Manreizt alsoz. B. einenausgeschnittenenFroschmuskeloder dessenNerven mitHilfederElektroden einergalvanischenBatterie;undwenn esauchmit denstärkstenStrömennicht mehrgelingt,eineZuckungzuerzielen, dannsiehtman darinden Beweis,daßdasLebenausdemMuskel gewichenist.

WährendaberbeimMuskel dersichtbareReizerfolginseinerForm- Veränderungbesteht,giebtesauchOrgane,dieaufeinenReizin andererWeise reagiren- Reiztman z. B. eineSpeicheldrüseunmittelbar oderdurchVermittelung ihres Nerven, so produzirtund entleert sieihr Sekret; andereOrgane antwortenaufdenselbenReizmiteinerLichtwirkung,andere wiedermitder AbScibeeineskräftigenelektrischenSchlages.Aberalle lebendenGebildeohne AusnahmeproduzireninFolge ihrer Reizung mehr Kohlensäureundmehr Wärme als imungereiztenZustand;unddawirgewöhntsind,überall,wo

Kohlensäureunter WärmeentwickelungzumVorscheinkommt,aneinen Ver- brennung-oderOxydationprozeßzu denken,sofolgernwirdaraus, daß die« vitaleOxydation durchdenReizinmächtigerWeise angefachtwird.

Wasverbrennt nun aberbei der vitalenOxydation?

Auf dieseFrageantwortet dieheutigeWissenschaft,daßbeidieserVer- brennungentwederdieeingeführtenNahrungstoffeoderdieimKörperan- gesammelten Reservestosfeverbrannt werden;undsie stütztsichbeiihrerAus-

16

(2)

,-

226 DieZukunft-

sage auf folgende Thatsachen,diedurchdietäglicheErfahrungunddasEx- periment übereinstimmendfestgestelltsind.

Wird einThierzuangestrengterArbeitgezwungen, werdenalso seine Muskeln durch äußereReizezuhäufigenKontraktionen angeregt, sokann esseinen Körperund dieinihm enthaltenenReservestoffenur danner-

halten,wenn man ihmdabeireichlicheNahrung gewährt;unddaindiesem FalledieElemente derNahrunginVerbindungmit dem eingeathmeten SauerstosfindenAuswurfstoffenzumVorscheinkommen,so schließtman, daßinFolgederReizungeineVerbrennungderNahrungstoffestattgefunden hat.Bekommt aberdasThierinderArbeitzeitkeine odernur ungenügende Nahrung, so verschwindennachund nach seineReserven, zumeist alsodie Stoffe, dieeine ähnlicheZusammensetzung habenwiedas Brennmaterial in unserenOesen, VeleuchtungapparatenundMaschinen.Dasarbeitende undhungerndeThierverliertseinFett, das wiePetroleumundLeuchtgas vorwiegendausKohlenstosfundWasserstofsbesteht,derausgeschnitteneFrosch- muskelverliertdurch häufigwiederholteZuckungenseinGlykogen,eine der Stärke ähnlicheSubstanz,die dieselbenElementeenthältwieCelluloseundHolz;

und daauch hier KohlensäureundWasseralsVerbrennungproduktedes KohlenstoffesundWasserstoffesingesteigertemMaße produzirtwerden,so nimmt man ohneWeiteres an, daßdieangewandtenReizeeinestärkereVer- brennungderReservestoffe herbeigeführthaben.Man istabernochweiter gegangen undhatgesagt:WieinunserenMaschinendasHeizmaterialver- brennt und beidieser Verbrennungdie inihm enthaltenen chemischenSpann- kräfteinverschiedeneFormenderEnergie, alsoinWärme,mechanischeArbeit, LichtschwingungenoderelektrischeStrömung übergehen,soverbrennen die lebenden Organismen ihre Nahrung-undReservestoffe;undauch hierver- wandelt sichdiedabeifreiwerdende chemischeEnergieinmechanischeArbeit, Wärme,LichtoderElektrizität.

Jn Wirklichkeitistaber dieSache keineswegsso einfach.Denn wir verstehenzwarsehr gut,wiedieVrennstoffein unserenMaschinenangezündet werden, wirhabenaberkeineAhnung,wieunsere Nahrung-undReservestoffe durcheinenReizinBrand gestecktwerdensollen.Wenn wirHolz, Kohle, Oel oderLeuchtgas anzünden, sobenutzen wir dazueinenZünder, dessen energischeWärmeschwingungennachderVorstellungderChemikerdieMoleküle derBrennstosfeinihreAtomezerlegen.Dabei werdendieAfsinitätenoder Verwandtschastkräfte,mitderenHilfe dieseAtomebisher zusammengehalten waren, freiunddieKohlen-undWasserstoffatomekommen dadurchindie Lage, ihren mächtigenDrangzudemumgebendenSauerstoffzubefriedigen- Sie«werdenalsoverbrannt oderoxhdirt,esentstehenwieder neue kräftige Wärmeschwingungen,diesekönnen wiederdiebenachbartenTheiledesBrenn-

(3)

DieReizeunddasLeben. 227 stossesanzünden, undauf diese WeisekanndieVerbrennungderbrennbaren SUbsttmzenweiterschreiten,bis entwederdieseaufgebrauchtsindoder dieZufuhr desSauerstoffesauf irgendeineWeise abgeschnittenunddamitderBrand wiederersticktwird.

Ganzanders verhältessichmitdervitalen Oxydation.Wenn ich einThier leise berühreundesinFolge Dessen davonläuftoderdavonfliegt, soerfährtderVerbrennungprozeßinseinen zahlreichenMuskeln eine bedeutende

SteigerungundeswerdendabeientsprechendeTheiledesMuskelglykogens, desBlutzuckersundvielleichtauchdesReservefettesverbraucht.Aberdurch eineeinfacheBerührungkannichwederFettnochGlykogenoderZuckerin Brand steckenoderzersetzen,ja, ichkann Dasnichteinmaldurchdiegewalt- snmsteErschütterungdieser Stoffe erreichen;undebenso wirkunglosbleiben auf dieseSubstanzenaußerhalbderlebenden Organismen jene schwachen elektrischenStröme und jene chemischenoderthermischenReize,mitderen Hilfe ichindenreizbaren OrganismendieselbeWirkung erzielewiedurch eineleiseBerührung.

Dazu gesellt sichabernocheinezweite, mindestensebenso großeVer- leklenheitWenn man denbrennenden Substanzeninunserenkalorischen Maschinendadurchmehr Sauerstoff zuführt, daßman in demHeizraumeinen starkenLuftngerregt odereinGebläseinGang bringt, solodertderBrand ganzgewaltigindieHöhe. Bringtman aberdasganzeThiermitallen seinen reizbaren Organen,in denen ja fortwährendeineschwacheVer- brennungunterhaltenwird,ineineAtmosphärevonreinemSauerstoff,in derbekanntlichselbst schwerverbrennbare Körper z. B.einglühender Eifelldmht inlebhafte Verbrennung gerathen, sowirddadurchdievitale

VerbrennungnichtimMindesten gesteigert,währendDas dochaugenblicklich geschieht,wennicheinenReiz aufdie irritablen Theiledesselben Organismus ausübe undsie dadurchzurArbeitleistungzwinge.

AuchdieZufuhrvonneuern Brennmaterial, dasAufschüttenvonKohle Oder dasEinlegenneuer Holzschcite,steigertinunseren OefenundMaschinen dieVerbrennunginauffälligerWeise. Füttere ichabereinThiermitnoch so großenMengenvon Fett oder Brot,soerziele ichdamitnichtetwaeine stärkereVerbrennungdieserSubstanzen, sondernnur eineMästungdesThieres, da derUeberschußdieserbrennbarenStoffeinmitten derlebenden unddaher nnchinfortwährenderlangsamer Verbrennung begriffenenOrgane nichtver- brennt,sonderninFormvonFettoderGlykogen aufgespeichertwird.

Wirsehenalso: dieüblicheVorstellung,die dieNahrung-undReserve- stessezUMBehufderArbeitleistungindenreizbaren Organendirektver- brennen läßt, stößtüberallauf unüberwindlicheSchwierigkeiten;und wirwissen daher vorläufignur Einsbestimmt, nämlich, daßvoneinerunmittelbaren

169e

(4)

228 TieZukunft.

VerbrennungdieserSubstanzeninFolgederEinwirkungdervitalenReize unmöglichdieRedeseinkann.

Man wirdnun vielleichtsagen:DieReizemüssenja nicht geradedirekt ausdie verbrennenden Substanzeneinwirken,sondernderenZersetzungkönnte auch durch VermittelungdeslebendenProtoplasmasvor sichgehen.Die Reizewenden sich also zunächstandiereizbare Substanz,daseigentlich LebendeimOrganismus,understdasgereizteProtoplasmawäredann im Stande, dieZersetzungdertoten Brennstoffezubewirken.

DieseVoraussetzungscheintallerdingsannehmbarer, aberesscheintdoch

nur so. Denn andieStelledes einenRäthsels,wiederReiz dieAnzündung so schwerverbrennlicher SubstanzenzuWege bringen soll,wären nur zwei neue,mindestensebenso schwerzu deutendeRäthselgetreten. Erstens möchten wir nämlich wissen, welche WirkungderReizimlebendenProtoplasma hervorbringt,und dann stehenwirwiedervor derschwierigenFrage,wie das gereizte ProtoplasmadieAnzündungundZersetzungderschwerver- brennlichenundschwerzersetzlichenNahrung-undReservestoffeherbeiführensoll.

Manhat versucht,beideFragenzubeantworten;aberkeine derAnt- worten kannvor einerstrengerenKritikbestehen.

Gewöhnlichgingman vonderErscheinungderReizfortpflanzungaus, die z. B. zuTage"tritt,wenn einThier, durcheinGeräuscherschreckt,seine GliederinBewegung setztunddavonläuftoderdavonfliegt. Hier trifftder Reiz zunächstdieEndigungendesHörnervenundpflanzt sichdurch diesenNerv zumGehirnundweiterdurchdasRückenmark und dievonihmausstrahlenden Nerven zudenMuskeln fort,diesichdannaufdenReiz hin kontrahiren unddieGliederinBewegung setzen. Währendman sichnun über die Ver- änderungen,die derReizdirektanseiner Angriffsstellehervorruft,keine be- sonderenGedankengemachthat, sind fürdenMechanismusderFortpflanzung desReizes verschiedeneErklärungenversuchtworden,von denenabernur

zwei, nämlichdieelektrodynamischeunddieSchwingungtheorie,einegewisse Bedeutung erlangt haben-

Dieerste dieserbeidenTheorien,diedurchdieAnalogiedeselektrischen Telegraphen auchdemLaien geläusiggeworden ist, stelltdenVorgang so dar,daßindenNervenbahnen elektrischeStröme fortgeleitetwerden, die die Muskeln und dieanderen innervirten OrganewieTelegraphenapparatein Bewegung setzen.AbertrotzihrergroßenPopularität ist diese Auffassung ganzsicherunrichtig.Denn erstens verlangt jede elektrischeLeitungeinenge- schlossenenStromkreis; dieser istaberinden lebendenOrganismen nirgends vorhanden. Zweitens fehltdenNerveneineVorrichtung fürdieJsolirung elektrischerStröme; vielmehr hat sich herausgestellt,daßdieMarkscheidege- wisserNerven,derman wegenihrer äußerenAehnlichkeitmitdenisolirenden

(5)

DieReize unddasLeben. 229 HülleneineselektrischenKabels ohneWeiteres eineisolirendeFunktion zu- schlieb,geradebesondersgutleitet;undüberdiesbesitzendiewirbellosenThiere AarkeineundauchdieWirbelthiere nicht durchwegmarkhaltige Nervenfasern.

Ferner findetdieFortleitung elektrischerStröme durchdenNervauchdann noch Ungehindert statt,wenn man ihnaneiner Stelledurchschneidet,während eineFortleitungdesReizes nacheinersolchenDurchschneidunggänzlichunter- bleibt.Endlich istaber dieGeschwindigkeit,mit der im NervderReizweiter- schreitet,imVergleichmitderjenigendeselektrischenStromes geradezube- schämendlangsam;dennwährendderelektrischeStrom ineinerSekunde 464MillionenMeterdurchmißt,kannderNervenprozeßbeimMenschenin dei-felben Zeitnur diekurzeStreckevon34Metern zurücklegen;und bei den niederenThieren ist seine Geschwindigkeitnochbedeutend langsamer, so daß siez. B.indenNervenderTeichmuschelnur nochzweiCentimeter in derSekunde beträgt.NachAlledemist also nichtdaranzu denken,daßdie

FoiipfilliizungderReizeausderFortleitung elektrischerStrömeberuhenkönnte.

JiiFolge solcherBedenken istnun diese Vorstellung heutzutagevon denmeisten Physiologen,wenn auchkeineswegsvon allen, wiederfallenge- lafer worden;und dieMehrzahlbekenntsichzu derVibrationtheorie,diean- nimmt- daß jede LebensthätigkeitmitgewissenSchwingungenderMoleküle deslebendenProtoplasmas einhergehtund daßdieReizungundReiz- iokipfiatizungauseinerVerstärkungdieser Schwingungenund auf ihrem welleiifiiitmigenWeiterschreitenberuhen. Diesem Gedankengangfolgend, hat z. B. duBois:ReytnonddieUebungaufeinGeläusigwerdengewisserMolekular- ichwiiigiiiigenimCentralnervenshstembezogen;nachVirchowsollendieNerven- moleküle bei derErmüdungaus ihrer gewohntenLage heraustretenundbei derEiholungwiederallmählichinihre Lage zurückkehren;undHaeckelwill sogaridiepsychischenVorgängedurchverwickelteMolekularschwingungenim Protoplasmader»Seelenzellen«erklären. AberauchbeiderAnalysirung dieser Hypothekstoßenwirsofortan unüberwindlicheSchwierigkeitenVor Allem giebtesin der ganzen bekannten Natur keineeinzigemolekulareBewegung VVUfvlcherLangsamkeitwie dieReizfortpflanzungindenNerven;und ebenso wenig istuns einemolekulare Bewegungbekannt,diedurchErwärmung Uichibeschleunigt,sondernimGegentheil verlangsamtwürde, wie Das bei

dirFortpflanzungderNervenerregungderFallist,wenn dieTemperatur

"

eine gewisseHöhe überschreitet.AberalledieseSchwierigkeitentreten weit in denHintergrund gegenüberdenjenigen,diesich erheben, sobaldman VcisUchi-sich aufGrund derSchwingungtheorieeinekonkreteVorstellung vonderWirkungderReizeimProtoplasmaundvon den mitderReizung verbundenen Stosfzersetzungenzu bilden. Dennsogering unsere Kenntniß VOUderchemischenStruktur desProtoplasmasbisjetzt noch seinmag, so

(6)

230 « DieZukunft.

wissenwirdochEinsbestimmt: nämlich,daß seine chemischenEinheiteneine ganzaußerordentlicheLabilitätbesitzenmüssen,weilunsdieErfahrunglehrt, daß protoplasmatischeGebilde, wie z. B. dieKörperderAmöbenoderdie weißenBlutkörperchen,schon durch dynamische Einwirkungenvon mäßiger Stärke getötetund in ihreZerfallsproduktezerlegtwerden. Nunkönnen aberallediejenigenEnergien,die eineZersetzungdes lebendenProtoplasmas herbeiführen,also: mechanischeErschütterung,«chemischeAgentien,Wärmeund Elektrizität,zugleichauchalsReize wirken;unddochsollen wir der Vibration- theoriezu Liebeannehmen, daß,wenn DasderFall ist, siedie Moleküle desProtoplasmas nicht zerlegen, sondernnur inSchwingungen versetzen;

undauchbei demZusammenstoßdieserMoleküleunter einander dürftedie lose Bindung ihrerAtomebeiLeibenicht gestörtwerden,sondernsiemüßten wievollkommen elastischeBälledieihnen durchdenReizanstoßübertragene Bewegung auf ihre Nachbarmoleküleübertragen.

Nochwunderbarer müßteesabernachderVibrationtheorie zugehen, wenn dieschwingendenProtoplasma-MoleküleaufdieMoleküle derNahrung- stosfe stoßen. DieseNahrungstoffebestehennämlichausrelativ stabilenVer- bindungen,denn esgelingtnur mitHilfe sehr hoher Temperaturen oder durch besonders gewaltsame chemischeEinwirkungen,dieEiweißstoffe,Fette undZuckerineinfachereBestandtheilezuzerlegen.Wennaber diekomplizirt gebautenund außerordentlichlabilenMoleküle deslebenden Protoplasmas beiihrenSchwingungen aufdieeinfacher gebautenund schwer zersetzlichen Moleküle derNahrungstoffestoßen,dannmüßte sichnachderBibrationtheorie dasunverständlicheWunder vollziehen, daßbeidiesem Zusammenprall nicht diehochgradig zersetzlichenProtoplasma-Moleküle,sondern justdie relativ stabilenMoleküle derNahrungstoffe zerfallenund daßdieProtoplasma- Moleküleihre zerstörendeThätigkeitgegenüberdenschwer zersetzlichenMolc- külen derNahrungadljbitum fortsetzenunddabeidennochdaslockere Ge- füge ihres eigenenmolekularen Baues völlig unversehrt erhalten.

Dazukommtdannnoch, daßdieNahrungstoffe keineswegsimmerder ZersetzungundVerbrennung anheimfallen, sondern daß sie auchzum Auf- baulebender Theileverwendet werden müssen,daeinWachsthumdieser Theile dochnur auf KostenderNahrungstoffe erfolgenkann. Nunsindet abereinAufbauneuer TheilederlebendenSubstanz stetsnur inderun-

mittelbarsten Nähebereits vorhandeneralterTheile statt—- eine Generatio spontanea wirdjetztvonkeinemBiologen mehr für möglichgehalten—;

wenn alsodieNahrungstoffezumAufbauneuer Proto plasmatheileverwendet werdensollen, müssensie unbedingtindiemolekulareNähederschwingenden Molekülegerathen;undwenn esalso wahrwäre,daßdieNahrungstosfedurch diese Schwingungen zerstörtundinAuswurfstoffeverwandelt werden,dann

(7)

DieReize unddasLeben. 231 wäre einWachsthumdesProtoplasmas auf Kosten dieser Nahrungstoffeein- fachundenkbar.

DasSchönstedabeiistaber,daßdiesetho thesefüralle dieaufgezählten Unwahrscheinlichkeiten,ja, Unmöglichkeiten,diewirmit ihrindenKauf nehMen sollen,unsnichteinmil einehalbwegs brauchbare Formel fürdie iaFolgederReizezuTagetretenden vitalen Leistungenzugebenvermag.

Vielmehrhörenwir von einem ihrerhervorragendstenVertreter,Professor Karl Voit inMünchen, daßdieLehrevonderErnährungmitdenWirk- Ungea imKörper nichtdasMindestezuthunhabe.DieZersetzungender StoffeimKörper solautenseineeigenenWorte finden nicht statt, weilmechanischeArbeitoderWärmegeliefertwerden soll, sondernnur des- halb,weilunter denBedingungenderOrganisationdiechemischenVer- bindungenderNahrungstoffenicht mehr zusammenhalten. Also:dieVer- bindungenderNahrungstosfezerfallen,weilsiein denBereichderschwingenden Moleküle gelangen;wiesichaberaus diesenStoffzersetzungendievitalen LeistilngenderOrganeableiten: Daszu erklären oderauchnur zubesprechen, lehlitdieVibrationtheoriemitallerEntschiedenheitab.

DerMißerfolgderbisherigen Versuche,dasWesen derReizprozesse mechanischanzudeuten, liegt also ziemlichklarzuTage;und dieser Miß- erfolgwirdauchvon namhaften Physiologen expressisverbis zugegeben.

Soerklärte dervor wenigenJahren verstorbene leipzigerPhysiologe Ludwig, daßwirdieFrage,mitwelchenchemischenUmwandlungendieErregungund dieErregbarkeit,d.h. alsodieReizungunddieReizbarkeit, steigtundfällt Undan welchemWegediesogenanntenErregungmitteldieVeränderungen indenreizbaren Organen hervorrufen,beimjetzigen Standpunkt unserer Kenntnissenichtbeantworten können und daßwirnichteinmaldieHoffnung haben,zueinerschärferenFragestellungzugelangen.AuchHoppe:Seyler, gleichfallseinhervorragender Forscher,erklärteesfürvölligräthselhast,wie dieReizungderOrganebeidenUmsatzendesStoffwechselszur Geltung gelangt; nach Hermannkenntman wederdieNatur derKräfte,diebei der ThätigkeitderNervenfreiwerden,nochdiechemischenProzesse,dieihrzu Grundeliegen;undselbsteinForscher,dermit absoluter Gewißheitbe- hauptenzukönnenglaubte, daßdiegeistige Thätigkeitineiner konstanten BeziehungzugewissenSchwingungenimNervensystem stehe Professor HerzeninLausanne—, mußtestch dochwiederzu demGeständnißbequemen, daßWir garnichtsüber die Art undWeiseaussagenkönnen, wie dieäußeren EindrückeindieNerventhätigkeitübergehen.

Bevorwirunsnun entschließen,dasProblemderReizung fürun- lösbarzuerklären,solltenwir aberdochauchdieMöglichkeitinsAuge fassen, daß VielleichtdiebisherigenLösungversuchealleirgendeineVoraussetzungge-

(8)

232 —- DieZukunft.

meinhatten, dievon vorn hereindenKeim desMißerfolgesinsichtrug; und wenn wirdiebisher aufgestelltenTheorienindiesemSinne einerPrüfung unterziehen, fo sindenwirin derThat, daßsie allevoneiner undderselben, inhohemGradefragwürdigenPrämisseausgegangen sind,nämlichvon der Annahme, daß Nahrungstoffeunter demEinflußdesProtoplasmas zerfetzt undverbrannt werdenkönnen,ohne vorherzumAufbau dieses Protoplasmas verwendet worden zusein.

Jchnenne dieseVoraussetzungaus demGrunde fragwürdig,weil dieMöglichkeiteinersolchenStoffzersetzungzwartheoretischnicht geleugnet, ihrewirkliche Existenzaber durchdiedirekteBeobachtungniemals sicher- gestellt werdenkann. Wirkennennur eineArtvitaler Stoffzersetzung,die sicherexistirt,undDasistdiejenige,die zu Stande kommt,wenn Nahrung- stoffezumAufbauneuer Körpertheileverwandt werdenunddiese Theile sich wieder intoteZerfallprodukte auflösen.Wird einOrganismusodereiner seiner Theile größerundschwerer,dann wissenwirbestimmt, daßDasnur

aus KostenvonNahrung-oderReferveftoffen möglich·ist,und wenn der selbe Körpertheilabmagertoderschwindet, so wissenwirwiedergenau, daß lebendeTheileinAuswurfstosseverwandelt wordensind. Hier sind alsodie Nahrungstoffenichtunter dembloßen»Einfluß«,sondern durchdasZwischen- glieddes lebendenProtoplasmas zerfetztworden,dieses hat alsodie Male- küle derNahrungftoffe nicht durchdieSchwingungen seiner eigenenMoleküle zerklopftoderinanderer mysteriöfer,Weise zerstört,sonderneshat sieda- durchinAuswurfstoffeverwandelt, daßessiezuseinem Aufbau benutzte und dieAuswurfstoffebeiseinem Zerfallvon sich gab. DieseArtder Stoffzersetzung ist also nichtalleinvollkommen verständlich,sondern besitzt aucheinewirkliche,von Niemand inZweifelgezogeneExistenz;unddie Fragekannsich alfonur darum drehen,obDasdieeinzigeArtdervitalen Stoffzersetzungistoderob danebenauchnochdie andere vorläufigblostheoretisch konstruirte direkteZerlegungderNahrungstoffeuntereinem unbekannten und undesinirbaren EinflußdesProtoplasmas aufrechterhaltenwerden kann-V) Umdiese Fragezuentscheiden,wollenwireinmalversuchen,uns den VorgangderReizungunter Ausschlußjeder hypothetischen Stoffzerfetzung, alsovoneinemstreng metabolifchenStandpunktaus,vorzustellen;dennwenn es sichherausstellenwürde,daßwirunsdiesen Vorgangunddie vitalenProzesse überhauptaufGrund einer solchen streng metabolischen Auffassung besser t) Jneinem kürzlicherschienenen Buche (Allge1ncine Biologie,I.Band, Aufbau undZerfalldesProtoplastnas. Wien 1899)habe ich vorgeschlagen, denStoffwechseldurchVermittelungvonAusbauundZerfallder lebendenSubstanz alsMetabolismus, diedirekteZerlegungderNahrungftofseunter einem hypo- thetischen EinflußdesProtoplasmas dagegenalsKatabolismus zubezeichnen-

(9)

DieReizeunddasLeben. 233

Undwiderspruchlosererklären können als nachderheutigen Methode,die gerade diesicher existirenden metabolischen Prozesse vernachlässigtundden stark problematischenKatabolismus indenVordergrund stellt,danndürften wirkeinenAugenblickmehr zögern, aufeineungewisse,schwer verständliche undüberflüssiggewordeneVorstellungzuverzichten.

Nehmenwiralsoeinmalan, dieNahrungstoffewürden niemalsdirekt verbrannt, sondern zunächstimmerzumAufbauneuer Protoplasma-Moleküle verwandt, so müßtedaraus vor AllemeinegründlicheAenderung unserer VorstellungenvonderchemischenStruktur dieserMoleküleresultiren. Wäh- rendnämlichdiemeisten Physiologennoch heute für selbstverständlichhalten, daß dieseMoleküleaus Eiweiß bestehen, müßtenwirnunmehr annehmen, daßzuihrem Aufbau außerdemEiweiß auch nochdieanderen Nahrung- stosse-alsonebenZuckerundFett auchdiemineralischenBestandtheileunserer Nahrung,verwandtwerden,vondenenwirbishernurEinsbestimmtwußten:

nämlich-daß siefür Leben undWachsthum nichtnur derPflanzen, sondern auchderThiere unentbehrlichsind, ohneaberzubegreifen, woraufdenn eiLieUtlichdieseUnentbehrlichkeitberuht. Dawirnun aberaußerdemwissen, daßeitlechemischeVerbindungum sozersetzlicherist,je mehrAtomeund AtoIllgruppenzuihrem Aufbauverwandt werden,so besäßenwirdamit auchschoneinenSchlüssel fürdiehochgradigeZersetzlichkeitallerprotoplas- matischen Gebilde,tieso lange unverständlichbleibenmußte, alsman diese Gebilde sichblosausdenschwerzersetzlichenEiweiß-Molekülenaufbauen ließ.

Von denEiweiß-Macekn1enwissenwiejaganzbestimmt,daßsiewederdurch leichtemechanischeErschütterung,schwacheWärme-oderLichtschwingungen nVch durch elektrischeStröme oderdieschwächerenchemischenReagentien zerfetzt werden, währendesjedemChemiker geläufigist, daß hochgradigzer- fetzlicheVerbindungendurch jede dieser Potenzen zerlegtwerdenkönnen.Da aber diehieraufgezähltendhnamischenEinwirkungen zugleichmit denenidentisch sind,die alsReize aufdielebenden undreizbarenGebilde wirken, sobesäßen Wirnun miteinemMale einebestimmteundmechanischverständlicheVor- stellungvonderWirkung dieserReizeindemlebendenProtoplasma,indem wireinfachannehmenwürden,daßjeder wirksame ReizeineZersetzungder komPlizirtenchemischenEinheitendesProtoplasmasinihre einfacherenBe- standtheilezurFolge hat.

Aber mit dembloßenZerfall derjenigenMoleküle derreizbarenSubstanz, die direktvondemReiz getroffenwerden,wäreuns noch wenig gedient.

Denn,was denReizprozeßalssolchen charakterisirt,Das ist javorAllem dieauslösendeWirkungdesReizes,die darin zumAusdruck gelangt, daß geringfügigedynamischePotenzeneineWirkung erzielen,dieihren eigenen Energiegehaltum einVielfaches übertreffen.Unddann wäredamitauch

(10)

234 DieZukunft.

noch nichterklärt, wie dieWirkungdesReizes so oftingrößererEntfernung von seinerAngriffsstellezuTagetritt.

Dakommtunsnun eineGruppevonThatsachenzuHilfe,dieich hier noch nicht genügendzuwürdigenGelegenheit hatte, nämlichdasdrängende Sauerstoffbedürfnißdermeistenlebenden Organismenundferner besonders derUmstand, daß geradedienervösenOrgane,alsderenFunktion wir die FortleitungderReizprozesseansehen müssen,ihre Thätigkeiteinstellen,wenn ihnendieZufuhrvonSauerstoff abgeschnittenwird. Wenn wiruns außer- demdaran erinnern,daßdievitaleVerbrennung durch jedenReizprozeßund durch jede aufeinenReiz hin erfolgendeLebensarbeit inauffälligerWeise verstärktwird,so stellt sichuns dieAusbreitungundFortleitungdesReiz- prozefsesinfolgender Weisedar:

Sobald ineinemderdirektenReizwirkung ausgesetzten Protoplasma die MoleküledurchmechanischeErschütterung,Wärmeschwingungen,Elektrizität oderauf irgendeineandereWeisezumEinsturz gebrachtwerden,müssendie BruchstückederzerfallendenMoleküleanzahlreichenStellen freie Afsinitäten darbieten, die denSauerstoffderumgebenden Atmosphäreoderderum-

spülendenSäfteansich reißen,unddabei werden vorAllemdieKohlenstoff-

·undWasserstoffatomederzerfallenenMoleküle zuKohlensäureundWasser verbrannt. Esgeschiehtalsoeigentlichdas Selbe,wasbeijederanderenVer- brennung geschieht,nur mit demUnterschiede,daßessichbei dengewöhnlichen Verbrennungenum nicht besonders zersetzlicheVerbindungen handelt,dieerst durcheinenbereits brennenden Körper angezündetwerden müssen, während wirdemProtoplasma so hochgradiglabileMolekülezuschreiben,daß siezu ihrer Spaltungnicht erstdiehoheTemperatureinesZünders benöthigen, sondernschon durch jene schwachendynamischenEinwirkungen zerlegtwerden, diewiralsReizezubezeichnengewöhntsind.Jstabereinmal derZerfall dieserMoleküle eingeleitetundhabensichdieKohlenstoff-undWasserstoff- atome anderenRißstellenmit demSauerstoffunter Wärmeentwickelungver- bunden, dannwerden durch diese heftigen Wärmeschwingungenauchwieder diezunächstgelegenenProtoplasma-Molekülezerlegt, auchderenBruchstücke verbrennendannunterWärmeentwickelang, undauf dieseWeisekannsichder oxydativeZerfall,derdurcheinenReizandemperipherenEndeeinesProto- plasmafadens eingeleitetwurde,wiedasGlimmen einer Lunte durchdie ganzeLängedesFadensfortpflanzen,undzwarmitjener nicht besonders großenGeschwindigkeit,diedurchdieberühmtenVersuchevonHelmholtzfür dieNervenleitungeruirt worden ist.

Jchdenke miralsodieNervenbahnalseinenProtoplasmastrangvon außerordentlichgeringer Querdimension, eingebettetineinevon nichtlabilen Theilen durchsetzteunddaherreizfesteSubstanz,dieesverhindert, daß sichder

Cytaty

Powiązane dokumenty

Kognitiv insofern, als es sich um sprachliches und diskursiv konstruiertes Wissen handelt und somit auch um das subjektive Wissen der Sprecher einer Gemeinschaft, und

Ale „Zaratustra" stanowi szczyt twórczości Nietzschego, a myśl o przezwyciężaniu (Überwindung) była jego myślą najdojrzalszą. Błąkając się w metafizyce

Using another set of Carnoy's distinctions — between competitiveness- driven reforms', 'finance-driven reforms' and `equity-driven reforms' in higher education (Carnoy 1999, p. 37;

Das srey Von Lastern isix und nichts als Tugend hegt-- Wo Frömigkeit END-w deinHer-gen eingepragw Die minder Mutter- sich See leitest-schon eingesogen s O über grossesGlück- wenn

Analiza danych statystycznych wykazuje przewagę liczby studentów kształcących się w systemie studiów niestacjonarnych w roku akademickim 2010/2011 (56,17% wszystkich

Kirchengebiets” umbenannt werden, weil „der Name der Evangelischen Kirche von Schlesien aus staatspolitischen Gründen im Interesse der Beziehung der DDR zur VR Polen nicht mehr

Ponadto na terenach miast największy odsetek osób rozwiedzionych i separowanych zanotowano wśród ewangelików, zaś na terenach wiejskich - pośród wyznawców

Sam fakt, że w narracji nie pojawia się imię ani Maryi, ani Jana, sugeruje, że obie postacie mogą być widziane figuratywnie: Maryja staje się Matką rodzącego się Kościoła,