Theologisches Literaturblatt.
Unter Mitwirkung
z a h l r e i c h e r V e r t r e t e r d e r t h e o l o g i s c h e n W i s s e n s c h a f t u n d P r a x is
herausgegeben von
Dr. theol. L u d w ig I h m e ls Dr. theol. E rn st S o m m e r la th
Landesbischof in Dresden. Professor in Leipzig.
Nr. 23. Leipzig, 9. November 1928. XLIX. Jahrgang
Erscheint vierzehntägig Freitags. — Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postämter sowie vom Verlag. — Inland-Bezugspreis: Rm. 1.86 monatlich,
Bezugspreis für das Ausland vierteljährlich: Rm. 3.76 und Porto; bei Zahlungen in fremder Währung ist zum Tageskurse umzurechnen.—Anzeigenpreis: die zwei-
gespaltene Petitzeile 40 Goldpfennige. — Beilagen nach Uebereinkunft. — Verlag und Auslieferung: Leipzig, Königstr. 18. Postscheckkonto Leipzig Nr. 62878.
Qoetz, Earl Gerold, Petrus als Gründer und Ober
haupt der Kirche und Schauer von Gesich
ten nach altchristlichen Berichten und Le
genden,
WelB, Earl, Dr., Die Frohbotschaft Jesu über
Lohn und Vollkommenheit zur evangeli
schen Parabel von den Arbeitern im Wein
berg.
Mledema, R., Dr., Albrecht Dürer en de reformatie.
Müller, Lydia, Dr., Der Kommunismus der mäh
rischen Wiedertäufer.
Scherer, Emil Clemens, Geschichte und Kirchen
geschichte an den deutschen Universitäten.
Vierzig Jahre „Christliche W elt“.
Leese, Kurt, Lic. th., Der deutsche Idealismus
und das Christentum.
Underhfll, Evelyn, Mystik.
Seifert, Friedrich, Dr., Psychologie, Metaphysik
der Seele.
Bechtolshelmer, Heinr., Die Seelsorge in der In
dustriegemeinde.
Befiler, Willbrord, P., 0 . S .B ., Der frohe Pre
diger.
Zeitschriften.
Goetz, Karl Gerold (Prof. D. in Basel), P etrus als G ründer und O berhaupt der Kirche und Schauer von Gesichten nach altchristlichen B erichten und Legenden. (Win- disch, Untersuchungen zum N. Test, 13.) Leipzig 1927, Hinrichs. (IV, 106 S. gr. 8.) 7 Rm.
Eine scharfsinnige Untersuchung, von der aber doch zu fürchten ist, daß sie zur Klärung der erö rterten Fragen nicht zu viel beitragen wird. Infolge einer v erkeh rten Ein
stellung zu den neutestam entlichen B erichten (er glaubt überall Tendenz w ittern zu müssen) geht Verf. an den natürlichsten Erklärungen vorbei und sucht andere, bei denen er machmal selbst zugeben muß, daß sie als nicht sehr wahrscheinlich anmuten. P etri Führerstellung soll nicht in erster Linie auf seiner Persönlichkeit oder auf seinem Bekenntnis vor C äsarea Philippi oder seinem Pfingstzeugnis beruhen, sondern darauf, daß er die e r s t e A uferstehungsvision gehabt und dadurch den Anstoß ge
geben haben soll, daß auch die anderen Jünger sich aus ihrer Niedergeschlagenheit aufrafften und zu Visionen ge
langten. Verf. sieht selbst ein, daß dann doch die Erschei
nung Jesu vor P etrus nicht nur gelegentlich einmal hätte erw ähnt, sondern als grundlegende ganz besonders genau h ätte geschildert w erden müssen. W arum ist das nach seiner Ansicht unterblieben? W eil Paulus sich für sein A postolat auf eine Christuserscheinung berief und man ihm kein W asser auf seine Mühle gießen wollte. Da erhebt sich doch die Frage: W ie konnte man die Bedeutung der Christuserscheinung bei Paulus b estreiten und bei P etrus schon dem Umstande, daß ihm die erste zuteil wurde, solch em inente Bedeutung zuschreiben? — W eil nun die Evan
gelien über die so wichtige erste Christusvision des P etrus nach der A uferstehung hinweggehen, muß dieselbe nach der Ansicht des Verf.s sich anderswo versteckt haben, nämlich in der Verklärungsszene. Ohne G ew altsam keiten und große U nw ahrscheinlichkeiten geht es auch bei der Begründung dieser Vermutung nicht ab. W enn die Christus
vision des Paulus der Grund war, P etri erste Vision nach der A uferstehung zu übergehen —, blieb die Vision des Paulus bei einer Verklärungsvision P etri v o r der A ufer
stehung nicht ebenso bedeutungsvoll wie bei einer Vision P etri n a c h der A uferstehung? — W eil M arkus, der grundlegende Evangelist, m ehrere W orte Christi von P etri späterer Vorzugsstellung nicht bietet, sieht Verf. diese W orte als vaticinia ex eventu an. Die nächstliegende E r
klärung, daß M arkus die Predigt P etri wiedergab, und P etrus in seiner M issionspredigt aus sehr verständlichen G ründen seine Vorzugsstellung nicht hervorgehoben haben wird, wird ebensowenig erw ähnt, wie die natürlichste E r
klärung der A ntw ort Jesu auf P etri Bekenntnis (nämlich daß Jesus hier ein W ortspiel gebraucht und bei dem
„Felsen” weniger an P etri Person, deren Schwächen er gut kannte, als an P etri Bekenntnis von seiner G ottessohn
schaft dachte). Daß Paulus 1. Kor. 15 einen geschichtlichen Beweis für die A uferstehung des am Kreuz gestorbenen Jesus aus dem G rabe bringen will, erkennt Verf. an. S ta tt nun aber den logisch allein richtigen Schluß zu ziehen:
Darum muß es sich bei den v. 5 ff. berichteten Erschei
nungen um wirkliche Erscheinungen des A uferstandenen handeln, und zw ar ebenso wie bei den anderen auch bei Paulus (denn sonst w äre der Beweis nicht geliefert), b e
hauptet er um gekehrt: weil Paulus nur eine Vision gehabt hat, können auch die anderen Erscheinungen nur Visionen gewesen sein. So wird hier im Banne Holstens die richtige Erklärung übersehen und der Nerv des Beweises Pauli durchschnitten. — Der unberechtigten Skepsis an der Zu
verlässigkeit der evangelischen B erichte steht ein über
großes Zutrauen zur apokryphen L iteratur und zur Beweis
kraft ganz entfernter religionsgeschichtlicher Parallelen gegenüber. — W ährend der Druck im übrigen k orrekt ist, hat sich auf S. 67 (Zeile 9 von unten) eine Umstellung zw eier Zeilen eingeschlichen. S c h u l t z e n - Peine.
W eiß, Karl, Dr. (Professor der Theologie in Passau), Die F rohbotschaft Jesu über Lohn und Vollkom menheit zur evangelischen P arabel von den A rbeitern im W einberg (Matth. 20, 1— 16) (= neutestam entliche A b
handlungen, herausgegeben von Prof, Dr. M. M einertz,
369 370