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Theologisches Literaturblatt, 8. November 1912, Nr 23.

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Theologisches Literaturblatt.

U nter M itw irkung

z a h l r e i c h e r V e r t r e t e r d e r t h e o l o g i s c h e n W i s s e n s c h a f t u n d P r a x i s

herausgegeben von

Dr. t h e o l . L u d w i g I h m e l s

P rofessor der Theologie in Leipzig.

Nr. 23. Leipzig, 8. November 1912. XXXIII. Jahrgang.

Erscheint vierzehntägig Freitags. — Abonnementspreie jährlich 10 M. — Inaertionsgebühr pr. gesp. Petitzeile 30 4- — Expedition i KOrngstraese 13.

Das N eue T estam ent un d der Talm ud. IV . H a rn a c k , A dolf, U eber den privaten Gebrauch

der heiligen Schriften in der alten K irche.

F ie b ig , P a u l, Jü d isch e W undergeschichten des neutestam entlichen Zeitalters.

FleM g, Lic. Paul, A ntike W undergeschichten.

B enz, D r. K arl, Die E th ik des Apostels Paulus, ttoodspeed, Edgar J . P h . D., In d e x apologeticus.

Jesu s C hristus, Apologetische Vorträge.

C a th re ln , V iktor., S. J ., G lauben un d W issen.

W u n d t, W ilhelm , H ypnotism us u n d Suggestion.

B asc h , K r. K . A., W illiam Jam es als KeBgions- philosoph.

Nielbergall, Prof. D. F r., D er Schulreligions- u n d der K onfirm andenunterricht.

E c c a rtu s , D r., U nser aller B orgenkind, die Volksschule.

V oigt, Paul, Der 1. Brief P etri.

Die V erhandlungen des 23. Evangelisch-sozialen K ongresses.

S c h m id t, Lic. H a n s, Die Geschichtschreibung im A lten Testam ent,

v . B ezzel, D. D r. H ., C hristentum un d Kreuz.

N eueste theologische L iteratur,

Das Neue Testament und der Talmud.

IV .

Zn dem A rtikel in N r. 21 Bendet nns Herr Prof. D . Holtz- m ann in G iessen folgende E rw iderung*:

Obgleich ich den Streit mit Herrn Prof. D . Strack (s. diese Z eitung Nr. 16. 17), den ich ausserdem noch in der „Theol.

Literaturzeitung“ (Nr. 2 0 ), im „Reichsboten“ (Nr. 2 3 9 ), in der

„K reuzzeitung“ (Nr. 4 7 6 ) und kleinen Provinzblättern zu führen h atte, herzlich m üde b in , zw ingt m ich die „Korrektur“, die H err Strack m einer A usgabe von T osephta B erakot in N r. 21 d i e s e s B lattes zuteil w erden liess, zu folgenden sachlichen F est­

stellungen, die ich absichtlich kurz halte:

1. D ie A usgabe w ar n i e m a l s anders gem eint, denn als ein Hilfsm ittel, sich in die T osephta hineinzulesen und mit der Art der T osephta den Fernerstehenden bekannt zu m achen. D es­

halb war von A nfang an auf alles verzichtet, w as den A nschein einer kritischen A usgabe erw ecken konnte. Leider spricht Herr Strack m it keinem W orte von der E in leitu n g, in der ich das V erhältnis zu der entsprechenden Mischna genau erörtert habe, von der übersichtlichen G liederung, die der ganze T ex t durch Haupte und Titelüberschriften und ein besonderes Zählungs- Bystem erhalten h a t, von dem bequem en N ebeneinanderstehen der beiden T ex te und dem Kursivdruck der MiBchnastellen.

D a s sind l a u t e r V o r z ü g e , d ie m e i n B u c h a u c h v o r d e r g e r ü h m t e n L a i b l e s c h e n U e b e r s e t z u n g v o r a u s h a t . D ass das Buch dadurch teurer w erden m usste, bedaure ich; Herr Strack kann sioh ja dessen freu en , da der hohe P reis einer grosBen Verbreitung entgegensteht.

2 . D ass beim Abdruck des T ex tes eine A nzahl U ngenauig­

keiten vorkam en, ist gew iss zu beklagen. Zuckermandel hat den ersten B ogen seiner T osephta — gerade den T raktat B erakot — zw eim al drucken lassen m üssen, und in seinem zw eiten D ruck sind nach Zählung des H errn Strack über 1 7 0 V erbesserungen später noch nötig gew esen. D em gegen ­

* Aul ausdrücklichen W unsch des H errn Einsenders und um ihm jedes Entgegenkommen zu beweisen — nicht wegen des Pressgesetzes,

•auf das er sich irrtüm lich berufen h at —, bringen wir diese Erwiderung

„an derselben Stelle“ und „in derselben DruckgrösBe“, die der in Frage

■stehende Artikel in N r. 21 gehabt hat. Di® Redaktion.

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über ist die von Herrn Strack mir zugebilligte Liste von Corrigenda im T ex te nicht allzu gross, w enn sie freilich besser gar nicht nötig wäre. E s kom m t aber hinzu, dass e i n e g a n z e A n z a h l d e r v o n S t r a c k g e m a s s r e g e l t e n F o r m e n s o w i e b e i m ir in d e m T e x t e v o n Z u c k e r m a n d e l (S. 1— 17) w i r k l i c h s t e h e n : z. B . S. 2 0 , Z. 12 hat auch Zuckermandel k eine D ^ n , Z. 1 5 hat auch Zuckermandel p T r r und nicht das Perfekt.

Anderes betrifft die V okalsetzung: so schreibe ich den N am en Josua mit "i, w ie auch in der B ibel beide Schreibw eisen Vor­

kom m en. A bgesehen von ganz w enigen Stellen — am m eisten schm erzt mich die L ücke S. 4 4 , Z. 1 — wird der S i n n durch die andere Lesart kaum berührt.

3. W as den stichischen D ruck anlangt, so habe ich den natürlichen R hythm us beach tet, aber w i r k l i c h n i c h t die W orte gezählt. Jeder B enutzer kann ja feststellen, ob ich naoh 4 bis x W orten den Teilungsstrich gem acht habe. D en R hythm us ahmte ich auch im D eutschen n ach , und deshalb findet wohl Herr Strack m eine U ebersetzung von I, 1 undeutsch. E s ist eben nicht jederm anns Sache, einen R hythm us zu hören.

4 . D ie V okalisation habe ich w eniger für eine g u te, als für eine den m eisten Benutzern nützliche L eistung gehalten.

U nd das bleibt sie auch, obgleich m anche Fehler vorgekom m en sind. Aber hier handelt es sich m ehrfach um verschiedene, nebeneinander bestehende M öglichkeiten, w o Herr Strack die von mir gew ählte regelm ässig für falsch erklärt. B eisp iel.

A ls Fem ininum von n t gib t das L exikon von J. L e v y die Form w, die auch schon im A lten T estam ent für beide G e­

schlechter vorkom m t; ebenso hat L ev y nebeneinander die Form en r&'ij und rfcsna, die auch beide im A lten T estam ent und damit in jedem L exikon zum Alten T estam ent zu finden sind.

5. D a ss m eine U ebersetzung „teilw eise buchstäblich, teilw eise zu frei und ausserdem nicht im mer richtig“ is t, das ist ein delphischer Orakelspruch, den Strack auf jede ihm nicht w ill­

kom m ene U ebersetzung w ird anw enden können. W as Strack z. B . an I, 1 bem än gelt, ist einfach Geschm acksache. H eute sagen wir: „Freitag A bend“ ; „die Sabbatnacht“ ist aber ein religiöser Ausdruck, den ich beibehalten w ollte. W as den Aus-

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drnck „das Brot essen“ an lan gt, so isst vielleicht anch Herr Strack täglich sein „Abendbrot“. D ie Korrektur von I b ist einfach falsch. I, 1 0 heisst u m durch Forschung ergründen, das ist in e in e m deutschen W ort „verstehen“. S. 11, Z. 19 ff. ist tpoi» stiin freilich 2 sg. act., aber die 2. sg. act. steht im Sinn der unpersönlichen oder passiven Konstruktion. Meine Ueber- Betzung S. 15, Z. 2 ff. (Mose ist Mose) ist durch das V oraus­

gehende und N achfolgende absolut siohergestellt. D ie gew öhn­

liche U ebersetzung von in n s t o ist mir w ohl bekannt; aber ich glaube duroh m eine U ebersetzung nicht bloss den Sinn getroffen , sondern auch den W ortlaut erklärt zu haben. W as die P artikel fctn anlaugt, so m ag sich Herr Strack beruhigen:

anch ich besitze das L evysch e und das D alm ansche L exikon.

Meine U ebersetzung von “n p bsa habe ich hier nioht begründet, w eil ioh das gleichzeitig in meiner Mischna Berakot getan habe.

6. In der Erklärung findet Strack m eine D eu tu n g des Gottesnam ens oip an falsch mit B erufung auf zw ei Autoritäten, d ie mir seit lan ge w ohlbekannt sind. Ich halte aber m eine Er­

klärung für richtiger. D asselbe gilt von meiner B ehandlung der G ottesbezeiohnung rw'attfi. D en Ausdruck “raix twri habe ich m ehrfach nach Stracks W unsch gedeutet und übersetzt; dass aber in der redenden Schrift Gott selbst spricht, verlangt ein­

fach der jüdische Monotheismus, der die Schrift nioht als zw eiten G ott neben Gott duldet. W enn Strack die Spekulationen über M annweiber und Verschlossene nicht als „schm utzige Spielerei“

em pfindet, so streite ich m it ihm nicht darüber.

A lles in allem m eine ich: peocatur intra muros et extra.

Aber der geschlossene K reis intra m uros, der bisher die talmudisohen Studien allein getrieben h a t, tut wirklich nicht g u t, mit K eulensohlägen jeden niederzusohmettern, der in sein geh eiligtes G ehege einzudringen versucht. A uch damit „schadet m an nicht nur seinem eigenen E u fe, sondern bringt auch das wissenschaftliche Arbeiten (seines jüdischen oder christlichen Kreises) in V erruf“.

G ie s s e n , 17. Oktober 1912. Osoar Holtzmann.

A n t w o r t a u f v o r s t e h e n d e E r w i d e r u n g .

D a Herrn H oltzm ann zu belehren ioh keine Lust habe, auoh k ein e A ussicht vorhanden, beschränke ioh mich auf fol­

gende B em erkungen:

1. D en A u szu g, w elchen „D er R eichsbote“ und „kleinere Provinzblätter“ aus m einer Erklärung in N r. 1 6 d. Bl. gebracht haben, habe ich w eder veranlasst noch auch nur gesehen; auoh von der N otiz in der „K reuzzeitung“ erhielt ich nur zufällig K enntnis.

2. W er m it der Art der T osephta Fernerstehende bekannt m achen w ill, muss vorher diese Art selbst kennen gelernt haben.

3 . W arum ioh der „E inleitung“ zum B uche deB Herrn H oltzm ann m it keinem W orte gedacht h abe? Einfach, w eil ioh am B ach e selbst schon allzuviel zu tadeln hatte und der Satz

„D ie T osephta Berakhoth ist also ein e A rt K ollegh eft zu der Mischna Berakhoth“ bei jedem auoh nur etw as Sachkundigen nur ein m itleidiges A chselzucken oder schallendes Gelächter hervorrufen kann.

4. Herr H oltzm ann hat nioht b ew iesen , dass „eine ganze A nzahl der von Strack gem assregelten Form en“ w irklich bei Zuckerm andel fitehen. S. 3 0 , Z. 15 p*’m*’ H oltzm ann hat Zucker­

m andel p im n , w ie ich angab. D a s F ehlen von dhü» S. 3 0 , Z. 12 hätte ioh in A bsatz I, 1 statt in A bsatz I, 2 erw ähnen sollen. D ie Schreibung su rm findet sioh im A lten T estam ent m ehr als 2 0 0 m al; Herr H oltzm ann hatte daher kein Recht,

das nur zw eim al (D eut. 3, 2 1 ; Rieht. 2, 7) vorkom m ende snirirp g eg en die handschriftliche U eberlieferung in seinen T e x t ein ­ zusetzen.

5. D as U rteil über die sinnstörende „Sticheneinteilung“

überlasse ich jedem Leser.

6. D er m isslungene V ersuch, die falsche U ebersetzung (Mose ist Mose, xn usw .) zu verteidigen, bew eist nur die g eg en ­ w ärtige U nfähigkeit des Herrn Holtzm ann, neuhebräische T exte zu erklären. Ferner zu H oltzm anns Schlusssatz in Nr. 4 : Im A lten T estam ent sind nur die Schreibungen rte'ia und m it D agesch b ezeugt. D as Fem ininum von nt lautet trotz J. L ev y iT, nioht *it. Auch das über die falschen Erklärungen G esagte halte ich aufrecht.

7. G egenüber der persönlichen A nzapfung am Schluss er­

innere ich an das N r. 2 1 , Sp. 4 8 2 B em erkte: D ie V eröffent­

lichung m eines U rteils sei „veranlasst duroh die K u nde, dass seitens jüdischer Gelehrter g eg en solchen Betrieb der W issen ­ schaft . . . scharfer W iderspruch zu erwarten ist“. D iesen W iderspruch wird Herr H oltzm ann noch zu lesen bekom m en.

A usserdem verw eise ich auf das von mir N r. 5 , Sp. 97 G esagte: „E s ist mir seit lan ge ein H erzensw unsch gew esen und ist es noch, einen jüngeren Gelehrten, sei es heranzubilden, sei es zu finden, der in nüchternem G eiste hier w eiterarbeitet.“

W as ioh nach dieser R ichtung w ohlw ollend und neidlos getan habe und noch tue, w ill ioh hier nioht darlegen. E s ist mehr, viel mehr, ala m eine „K ollegen“ ahnen.

8. D ass ioh Herrn H oltzm ann nicht zu hart behandelt habe, dafür einige B eleg e. Zwar das schärfste U rteil, das ioh von einem mir persönlich unbekannten ordentlichen Professor des N eu en Testam ents erhalten h a b e, w ill ich mit Rücksicht auf Herrn H oltzm ann noch zurüokstellen. D ie folgenden U rteile dürften auoh genügen. So schreibt ein anderer Professor des N eu en Testam ents: „Ea unterw inde sioh nicht jeder­

mann, Lehrer zu sein. D as volle R echt dieser W ahrheit wird darin in der T at überzeugend nach g e w iesen. Zugleich aber ist in mir der Eindruck w ieder recht lebendig gew orden, dass die U nbildung auf dem G ebiete des Judentum s b ei uns N eutesta- mentlern in der T at eine Misere ist, die vor allem der A bhilfe bedarf.“ Ein dritter: „Ihre A usstellungen sind gan z berechtigt.“

E in A lttestam entler schreibt: „Ihre B esprechung b estätigt nur m eine U eberzeugung: m an darf nioht nur m it dem üblichen R üstzeug der christlichen T h eologen an eine selbständige B e­

schäftigung m it der rabbinisohen Literatur gehen w ollen. . . W enn ioh wieder anzufangen hätte, w ürde ich von B egin n an mich gerade auf dieses Studium verlegen.“ (Ein anderes Schreiben desselben sagte, dass er gern ein Jahr sioh von mir in diese Studien hätte einfOhren lassen.) Ein anderer: „loh b egreife 0 . H oltzm ann nicht.“ E in dritter: „V os m agistrales recensions des ouvrages de F ieb ig et de 0 . Holtzm ann. . . . V ous avez soum is ces deux ecritB ä une oritique dont la pre- cision et l ’örudition sont admirables, et vous avez relev£, de la fagon la plus ooncluante, les däficits et les insuffisanoes du travail sur les Berakhoth. II sem ble q u e, pour aborder des publications de ce genre, on devrait, ä tont le moins, posseder les connaissances pr6paratoires späciales qu’elles n^cessitent et preaupposent.“ E in vierter: „Ich freue mich, ein so kom petentes U rteil zu hören.“ Ein fünfter: „Ihren Artikel habe ioh m it grossem Interesse und m it V erblüffung über das von H oltzm ann G eleistete gelesen.“

Auoh ein ige Stim m en hervorragender jüdischer Gelehrter:

„J a , H oltzm ann hat sich gründlich blam iert!“ E in anderer:

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„Sie haben m it der K ritik von H oltzm ann eine H erkulesarbeit g e le iste t, — um nicht zu sagen: einen A ugiasstall gereinigt.“

E in dritter: „D ie A bfertigung des Prof. 0 . Holtzm ann, die w ohl­

verdient w ar, bew irkt hoffentlich, dass endlich solche Art von A rbeiten über R abbinica unterbleibt.“ E in vierter: „H erzlichen -jna “*'*’ [Glückauf!] dafür, dass Sie enbnrra ö^sub

[H oheslied 2, 1 5 ] , die die deutsche W issenschaft diskreditieren, züchtigen. Herrn Holtzm anns L eistungen sind grotesk. Sein ia und Eselsdienst wird unvergessen bleiben.“ E in fünfter:

„T os comptes rendus sont excellents et faits de main de maitre.

II faut encore louer votre Science süre et votre courage ind£- fatigab le; car il faut du cou rage, pour exprim er son opinion, en bravant la m auvaise humeur de oeux qu’on fustige.“

Zum Schluss w ill ich nur noch zw eier Rezensionen ge­

denken. Dr. H. V o g e l s t e i n , Orientalist. Literaturzeitung 1 9 1 2 , N r. 8: „völlige U nzulänglichkeit für Arbeiten auf dem G ebiete des talm udischen Judentum s . . . m angelnde B eherrschung des Stoffes . . . souveräne N ichtachtung aller einschlägigen L ite­

ratur . . . nioht einmal elem entare K enntnis der jüdischen Ge­

bete und ihrer Term inologie. . . . W as w ürde Herr H oltzm ann sagen, w enn jem and m it so unzulänglicher Ausrüstung an eine A rbeit auf neutestam entlichem G ebiete gehen würde! . . . Er [Holtzmann] leistet der W issenschaft keinen D ienst und kann nicht erw arten, dass seine A rbeit ernst genom m en wird.“ — Prof. H a n s B a h r (Christ) urteilt im „D eutschen Philologen- B latt“, 3 0 . Oktober 1 9 1 2 : „H oltzm anns Schrift ist eine w issen­

schaftliche L eistu n g, die nioht tief g en u g eingeschätzt w erden kann. . . . Sie verrät auf jeder S eite, dasB ihr Verfasser mit einer N aivität an den im merhin recht schw ierigen T ex t ge­

gan gen ist, die ihresgleichen nicht hat. Darum sind die Fehler kaum zu zählen. N icht allein, dass H oltzm ann falsch punktiert;

nein, er verstössl sogar g eg en die A nfangsgründe der hebräischen Grammatik. . . . Auoh die sachlichen Erörterungen bew eisen, dass der V erfasser von dem T alm ud nur w en ig versteht.“

D am it für heute gen u g. W enn n ö tig , sind noch einige P feile im Köcher.

D a der Herr H erausgeber die vorstehende Auseinander­

stellung m it der Uebersohrift „D as N eu e T estam ent und der Talm ud. IV .“ ans Licht treten zu lassen w ünschte, w ill ich ein kurzes W ort über M ischna-U ebersetzungen an fü gen , damit die L eser auch etw as Positives finden. E ine für ihre Zeit aus­

gezeichnete und nooh im mer brauchbare Arbeit, leider jetzt sehr selten , ist des w ackeren Onolzbaoher (Ansbaoher) Stadtkaplans J o h a n n J a c o b R a b e „Mischnah oder der T e x t des Talm uds . . . aus dem H ebräischen übersetzt und . . . erläutert“, Onolzbach 1 7 6 0 — 1 7 6 3 , 6 T eile, 4°. In den A nm erkungen ist auch auf die Gemara Rücksicht genom m en. Bequem zu benutzen sind die gew öhnlich nach I. M. Jost genannten n^aa)» ]Mi§najoth], w elch e, gleichfalls in 6 Quartbänden, den vokalisierten T extus receptus der Misehna darbieten und ihm gegenüber die m it hebräischen Quadratbuchstaben gedruckte deutsche U ebersetzung, unten gan z kurze hebräische A nm erkungen, Berlin 1 8 3 2 — 3 4 . (D iese A usgabe h at E m il Schürer in seiner G eschichte des Jüdischen V olkes besonders benutzt.) W esentlich denselben T e x t haben auoh die bei H . Itzkow ski in Berlin erscheinenden Misohnajoth; jedoch sind in den A nm erkungen Varianten be­

rücksichtigt, die sich aus der D iskussion im T alm ud ergeben;

auBserdem sind, allerdings in sehr verschiedener W eise, auch .alte D rucke und Handschriften benutzt. B esonderen W ert für Christen hat diese A u sgab e, der gleichfalls eine Ueber- setzung b eigefü gt is t, dadurch, dass die traditionelle jüdische

A uffassung, die zu kennen doch W ert h at, sorgfältig dar­

g eleg t ist. Ich habe daher dieses W erk gern als E rgänzung zu den von mir herausgegebenen aasgew ählten Mischnatraktaten (Leipzig, J. C. Hinrichs) empfohlen, zum al ich in dieser Sam m ­ lung einerseits teilw eise andre Z w ecke im A uge habe (philo­

logische Erläuterung, B erücksichtigung des N euen Testam ents), andrerseits aber nur ausgew ählte T raktate (etwa ein Dutzend) bringen, bezw . bringen lassen w ill. Zu bedauern ist nur, dass erst zw ei der sechs Bände fertig sin d : I. Zera'im von A. Sammter, 1 8 8 7 , und IV . N eziqin von D . Hoffm ann, 1 8 9 8 . An den anderen Bänden arbeiten Ed. Baneth, M. Petuchow ski, D . H offm ann nnd J. Cohn. D er V erleger hat mir versprochen, er w erde alles aufbieten, um zunächst die B ände II. Mo'ed (11 Lieferungen fertigt und III. Naäim (9 L ieferungen fertig) bald vollständig zu m achen. — E ine gute „Gram matik des N euhebräischen auf Grund der Misehna“ von Prof. Dr. Karl Albrecht erscheint noch in diesem Monat München, C. H. B eck (9 B ogen).

B e r l i n - L i c h t e r f e l d e W ., Herrn. L. Straok.

2. November 1912.

H a r n a o k , A dolf, U e b e r d e n p r iv a t e n G e b r a u c h d e r h e i l i g e n S c h r if t e n in d e r a lt e n K ir c h e . (Beiträge zur E inleitung in das N eu e T estam ent 5. H eft.) L eipzig 1 9 1 2 , J. C. Hinrichs (V III, 111 S. gr. 8). 3 Mk.

A dolf H arnack maoht durch diese kleine Schrift einm al w ieder darauf aufm erksam, dass die F rage nach dem Gebrauch heiliger Schriften innerhalb der christlichen Kirche neben der F rage nach ihrem gottesdienstlichen Gebrauch auoh die nach ihrem Gebrauch in der H and des einzelnen Christen in sich schliesst. E s ist natürlich, dass das H auptinteresse der Forscher auf jene erste F rage sich konzentrierte, aber w enn m an Harnaoks Buch gelesen h a t, so em pfindet m an die zw eite F rage doch sehr stark nach ihrer allgem ein kirohengeschichtlichen B edeutung.

H arnaok w eiss die B edeutung der F rage noch dadurch b e­

sonders eindrücklich zu m achen, dass er in der E inleitung das m annigfache Interesse an der F rage darlegt. Er verw eist zu­

nächst auf die K ontroverse zw ischen K atholizism us und Pro­

testantism us hinsichtlich des B ibelleseverbots oder besser g esa g t hinsichtlich des Gebundenseins von Bibollesen und B ibelauslegung an die kirchliche Autorität. E s ist durchaus richtig, w enn H ar nack darauf aufm erksam macht, dass die G egensätze hinsichtlich des privaten Gebrauches der B ibel zw ischen K atholizism us und Protestantism us feiner gefasst werden m üssen, als es in der land­

läufigen Polem ik geschieht, und den G egensatz dahin präzisiert, dass „nach protestantischer A uffassung die B ibel der Gem einde und den Einzelnen gegeb en sei und keine H ypothek und keine Kontrolle diesen freien B esitz belastet“ , dagegen nach katho*

lischer A uffassung „die B ib el im B esitz der organisierten Kirche“

sei, die „ihr Eigentum w ie auch die Gnadenm ittel nach pflicht- m ässigem Erm essen m ütterlich-pädagogisch-kontrollierend zu­

gunsten der Einzelnen“ verw altet. E s fragt sich nun aber, ob die katholische K irche im Rechte ist m it ihrer A nnahm e, dass diese Stellungnahm e zum privaten Gebrauch der Schrift auoh die Stellung der alten Kirohe gew esen ist, w obei natürlich eine verneinende A ntwort bedenklich g eg en die H altbarkeit des katholischen Standpunktes ins G ew icht fallen würde.

In sehr interessanter W eise g ib t Harnaok sodann eine Skizze der Kontroverse zw ischen G oeze, L essin g und W alch über den Gebrauch der h eiligen Schriften in der alten Christenheit der ersten vier Jahrhunderte. Harnaok zeigt, w ie L essing in seiner

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H auptthese von dem. kirchlichen B ibelverbot in den ersten Jahr­

hunderten w iderlegt wurde, w ie aber W alchs B ew eis trotz aller Gelehrsam keit eine W iederaufnahm e erfordert.

Endlich aber zeig t H arnack, w ie das Problem auch vom Gesichtspunkte der gegenw ärtigen religionsgeschichtliehen F rage­

stellung insofern von B edeutung w ird, als sich fra g t, ob das Christentum von A nfang an den W e g der Mysterien- und Priesterreligionen gegan gen ist, indem es die H eilige Schrift a ls Arcanum nur fflr das Priestertum zugänglich behandelte.

B ei der B eantw ortung dieser F ragen geh t H arnack natür­

lich zeitlich vorwärts, indem er jedesm al die Zeit bis Irenaeus, d ie Zeit von Irenaeus bis E usebius und dann die Zeit von E usebius bis T heodoret, also etw a bis zur Mitte des fünften Jahrhunderts zusam m enfasst. B is zur Zeit des Eusebius wird das ganze Quellenm aterial entfaltet, im letzten A bschnitt da­

g eg en aus der grossen Quellenliteratur nur das geb o ten , w as besonders w ichtige G esichtspunkte in eich enthält. H ier emp­

fangen w ir die w ichtigsten N achrichten über die V erbreitung, A ufbew ahrung usw. der Bibeln, dann über den unterschiedlichen Gebrauch von kanonischen, apokryphen und häretischen Schriften im Privatgebrauch, über die Besonderheiten der privaten B ibel­

lektüre und über das allgem eine V erhältnis der Bibelw issenschaft zum Laientum e.

D ie H auptergebnisse der U ntersuchung sind folgende:

1. D ie Behauptung des K atholizism us, dass bereits in den ersten vier Jahrhunderten die Kirche in das V erhältnis des Einzelnen zur Schrift, abgesehen von der K anonisierung eines bestim m ten Schriftenkreises, eingegriffen habe, ist hinfällig.

2 . D ie heiligen Schriften w aren in den ersten Jahrhunderten jederm ann zugänglich ohne jede Erlaubnis des Presbyters.

3. E s bew ährt sich hier der Charakter des Christentums als durchaus andersartig als der der M ysterienreligionen, m ochte es auch in seiner Peripherie von ihnen berührt werden.

D a s D azw ischentreten der Kirche zw ischen B ib el und ein­

zelnen Christen ist sonach erst das E rgebnis einer E ntw ickelang, w elche geleitet ist von der E ntw ickelung des katholischen K irchenbegriffes überhaupt.

D en E rgebnissen dieser A rbeit wird in allen H auptthesen Euzustimmen sein. E s ist in eindrucksvoller WeiBe der N ach­

w eis des engen V erhältnisses zw ischen den einzelnen Christen der alten Kirche und der B ib el geführt worden. Hinsichtlich einzelner D in ge, w as die K anonsgeschichte, die Geschichte der ältesten lateinischen B ibelübersetzungen, E inleitungsfragen, Inspi­

rationsfragen usw. anbetrifft, sehe ich m anches anders, aber das berührt die Substanz des G esam tergebnis nur mehr peripherisch.

D a v o n , dass „das dogm atische Prädikat der Inspiration (der B ibel) gefallen“ sei oder je fallen k ö n n e, Bolange w ir von Christentum und Protestantism us reden, würde ich bestreiten, aber dem N achw eise ist zuzustim m en, daBs ein erBt durch die K irche verm itteltes und reguliertes N äheverhältnis des Einzelnen zur Schrift nicht dem ursprünglichen Christentum entspricht.

E r l a n g e n . Herm ann Jordan.

F i e b i g , P aul (Lic. theol., G ym nasialoberlehrer in Gotha), J ü d i s c h e W u n d e r g e s o h i o h t e n d e s n e u t e s t a m e n t l ic h e n Z e it a l t e r s unter besonderer B erücksichtigung ihres V er­

hältnisses zum N eu en T estam ent bearbeitet. Ein B eitrag zum Streit um die „Christusm ythe“. T übingen 1 9 1 1 , J. C. B . Mohr (Paul Siebeck) (V III, 1 0 8 S. gr. 8). 2 Mk.

U eber die vorliegende A rbeit, die von zw ei T exth eften des­

selb en V erf.s b egleitet wird („A ntike W undergeschichten“ and

„ Rabbiniöche W undergeschichten“ , beides in den „ K lein en T ex ten “ von A. Marcus und E. W eber in Bonn 1 9 1 1 ) , haben kundige R ezensenten bereits so v ie l M assgebendes gesagt, dass zum Referieren nioht viel übrig bleibt. E s versteht sich von selbst, dasa w ir die neutestam entlichen W undererzählungen bzw . den neutestam entlichen W underglauben in religionsgesohicht- liche Zusam m enhänge stellen m üssen, um das O riginale und Charakteristische an den W undern Jesu herauszufinden. J. W end­

lands A rbeit (1 9 1 0 ) hat dies (Kap. II) nnr w en ig getan, 0 . W 6in- reichs gelehrte Studie über A ntike H eilungsw under (1 9 0 9 ) am deutlichsten g e z e ig t, w iew eit und w ohin es führt, w enn man nur form ale A ehnlichkeiten, w ie hier z. B. besonders eindrucks­

voll die H andauflegung b ei W underheilungen (S. 1 4 ff.) sam m elt.

E s ist mir nicht ganz klar gew ord en , ob dem V erf. der vor­

liegenden A rbeit alle diese Schw ierigkeiten zum B ew usstsein gekom m en sind oder die neuere, zum T eil doch sehr w ertvolle w issenschaftliche Literatur über das W under auch nur b e­

kannt gew orden ist (S eeberg usw.). Er glaubt (S. 96) seine Arbeit „nicht besser (!!) abschliessen zu können“, als m it ein paar grobschlächtigen Sätzen von T r a u b (!) aus den

„R eligionsgeschichtlichen V olksbüchern“, d. h. er geh t m it dem feststehenden D o g m a , dass es W under nicLt geben könne, geradezu nivellierend über die Feinheiten der w issenschaftlichen D ifferenzierungsfragen h in w e g , so dass nur Plattheiten noch übrig bleiben. W er zuerst diesen Schluss liest, w ird das fleissig gesam m elte Material nur m it B edauern und Zweifeln aus der H and legen. E s handelt sich um 2 3 zum T eil recht interessante Parallelen zu neutestam entlichen W undererzählungen aus Philo, Josephus und dem T alm ud, darunter D äm onenaustreibungen, Brotverm ehrung, K rankenheilungen aus der F ern e, T oten- erw eckungen, Stillung des SturmeB u. a. m. Aubdiesem Material hätte sich etw as m achen lassen. A ber das D ifferenzierungs­

verm ögen des V erf.s reichte offenbar dazu nicht aus.

N ooh anderes stim m t den L eser bedenklich. W ir sind es seit Jahren gew oh n t, D . S t r a c k als dem Führer auf dem G ebiete der T alm udkenntnis zu folgen. D ie Zahl der T h eo­

lo g en , die den T alm ud selbständig und nutzbringend zu lesen verstehen, ist gerin g (in m einem Bekanntenkreis könnte ich nur zw ei bis drei K ollegen n en n en , ausser den A lttestam entlem ).

Aber gerade D . Strack spricht sich an dieser Stelle (T hL Bl.

1 9 1 2 , N r. 5) sehr ungünstig über die philologischen Qualitäten des V erf.s aus. Mir steht kein U rteil darüber zu, w enn Strack sogar von „unzureichender K enntnis der Elem entargram m atik“

(Sp. 1 0 0 ), von „m angelhafter Sachkenntnis und Sorgfalt“ (Sp. 1 01), von ganz tendenziöser A rbeit spricht (indem das M irakelhafte, V erschiedenartige offensichtlich zum V ergleichen n i c h t m it v orgelegt ist). D ieser gan ze A rtikel von Strack (Th. L.-Bl. 5) gehört überhaupt zum B esten , w as über den G egenstand g e ­ schrieben worden ist.

Von seiten der neutestam entlichen E x eg ese hat der ver­

ew ig te D . B a r t h in Bern protestiert (ThLBer. 1 9 1 1 , S. 3 3 5 ).

Seine ausserordentlich grosse T oleranz in solchen Streitfragen ist bekannt und verleugnet sich auch hier n io h t Aber auch er nennt die M ethode des Verf.s „schon mehr n aiv“ und n agelt die T h ese fe s t, dass Jesu W underglaube „unserer heutigen norm alen Fröm m igkeit nicht entspricht“ (S. 9 7 ). Er sohliesst:

„Also w i r sind die N orm alen, J e s u s dagegen der Abnorm e.“

W ir dürfen an seiner Fröm m igkeit Zensur üben und ihm vor- schreiben, w as und w ieviel er von G ott habe erwarten dürfen, indem w ir „ m i t B e w u s s t s e i n “ an diesem Punkt von ihm.

abw eichen (S. 9 7 ).

(5)

N achdem nun alt- und neutestam entliche E x eg ese zn W orte gekom m en ist, m ag aneh Geschichte und System atik noch knrz etw as zur Sache sagen. E s war D av. Fr. Strauss, der die T h ese verfocht, dass der W underglaube und die Messianität bei Jesus m iteinander stehe und falle, dass, w enn es keinen T eu fel nnd keine D äm onen gebe, auoh Jesus nicht zu kom m en brauche, um die W erke des Satans zu zerstören. In der neuesten religionsgesohiohtlichen Forschung sind solche konsequenten Ge­

danken w ieder zu Ehren gekom m en, die der gesam ten Leben- Jesu -F orsch u n g von Schleierm acher bis B ey sch la g , Bousset, W ein ei usw . entgegenstehen. D er V erf. m öchte das liberale Jesusbild vor allem gegenüber den Angriffen von A . D rew s retten (Christusmythe). D ass dies ein ganz vergebliches B e ­ m ühen ist, hätte ihm Grützmachers A rbeit (Ist das liberale Jesqsbild modern?) bereits zeigen können. D och auch hier ent­

täuscht der V erf.; Beine W affen gegen D rew s sind völlig stumpf, und damit fällt der unm ittelbare Zw eck seiner Sam m lung dahin.

Aber w er von anderer S eite Bich Orientierung verschafft, kann m it G ew inn die deutschen T ex te der 2 3 W undererzählungen neben die O riginale legen und selbst B eobachtungen an dem recht w ertvollen Material m achen.

B r e s l a u . F . Eropatscheok.

F i e b i g , Lic. Paul (Gym nasialoberlehrer in G otha), A n t ik e W u n d e r g e s c h i c h t e n zum Studium der W under des N euen T estam entes. (K leine T ex te für Vorlesungen u. U ebungen, herausg. von H ans L ietzm ann. 79.) Bonn 1 9 1 1 , A. Marcus

& E. W eber (27 S.). 8 0 P f.

D a s H eftchen stellt 22 kleinere T ex te zusam m en, auB Philo, Josephus, P lin iu s, T acitus usw . Hauptsächlich ist Apollonius von T y a c a berücksichtigt, ferner A sklepiades Totenerw eckungen, V espasians H eilungen, zw ei indische Stücke aus der V ita Apollonii nnd griechische Zauberformeln (nach D ieterich , Abraxas). Es w äre überflüssig, zu b eton en , dass b ei jeder solchen Auswahl ein subjektives E lem ent m itspricht, w enn der V erf. nicht in der oben an gezeigten Schrift Zeichen grösser dogm atischer E inseitigkeit g eg eb en hätte. D a er ausserdem dort in der Vorrede eine höchst unnötige Erm ahnung an seine „orthodoxen“

und „positiven“ K ritiker richtet, ist es leider nötig, w ie D . Strack es gegenüber dem rabbinischen P arabelheft getan hat, den B e­

nutzer der hübschen und bequem en Sam m lung an die Voraus­

setzungen zu erinnern, von denen aus der V erf. arbeitet.

B r e s l a u . F . Eropatsoheck.

B e n z , Dr. K arl, D ie E t h ik d e s A p o s t e l s P a u lu s . (Bibi.

Studien, herausg. v. Prof. D . 0 . Bardenhewer, X V II. Bd., 3 . u. 4. Heft.) Freiburg i. B . 1 9 1 2 , Herder (X II, 1 8 7 S.

gr. 8). 5 Mk.

„Im Jahre 1 8 6 4 hat Simar seine „T heologie des hl. Paulus”

der Oeffentlichkeit übergeben und damit — abgesehen von un­

bedeutenden Versuchen — zum erstenmal auf katholischer Seite die dogm atischen Gedanken des W eltapostels system atisch dar­

gestellt, w ie es für ein rasches und tieferes Eindringen in die paulinische Lehre unerlässlich ist. D ie Ethik w ollte Simar im Interesse der Uebersichtlichkeit einer speziellen B earbeitung Vor­

behalten. N iem and unterzog Bich dieser Aufgabe. V orliegendes W erk soll nun diese L ücke ausfüllen und die Ergänzung zu SimarB T heologie des hl. Paulus bilden.“ „D ie D arstellungen der paulinischen Gedankenw elt seitens protestantischer Gelehrten sind zahlreich und wurden von uns eingehend b erü ck sich tig t/

In diesen Sätzen des Vorworts ist bereits eine treffende

Charakteristik des vorliegenden W erkes gegeben. E s ist eine — geschickt angelegte und gut geschriebene — in vielfacher Aus­

einandersetzung mit der protestantischen Forschung verlaufende Darstellung der paulinischen Ethik vom korrekt römischen Stand­

punkte aus. D ie Verhandlung mit den protestantischen Ge­

lehrten (von denen Clemen der „ A lt-T ü b in g er“ Schule zu­

gew iesen wird!) ist in durchaus freundlichem T one gehalten, lässt aber doch keinen Zweifel darüber, dass der Verf. neben dem historischen auch ein konfessionell-polemisches Interesse ver­

folgt. Es tritt dies nioht bloss in den Abschnitten über die Rechtfertigungslehre und die sittlichen Motive, sondern vor allem in dem ständigen Bestreben unseres Verf.s, Annäherungen evan­

gelischer T heologen an die katholische Auffassung zu konstatieren, zutage. D em gegenüber muss ich mir hier an der trivialen B e­

merkung, dass formelle Annäherungen noch nicht notw endig eine sachliche Annäherung zu bedeuten brauchen, sow ie dem H inw eis darauf genügen lassen, dass das Problem , w elche der beiden Konfessionen den grossen Apostel m it höherem Hechte für sich reklamieren könne, sich überhaupt schwerlich so rasch erledigen lassen dürfte, w ie B enz anzunehmen scheint. D am it aber berühre ich bereits das H auptbedenken, das mir seine Darstellung im ganzen einflösst. Sein Verfahren ist vielfach etwas gar zu summarisch. Ueberall beschränkt er sich auf eine rein thetisohe D arlegung der paulinisohen A nschauungen, die bei der B e­

handlung der konkreten Ethik stellenw eise fast einen elementaren Charakter annimmt. D ie Frage nach dem Ursprung der panli- nisohen Ethik wird nirgends ernstlich aufgew orfen, vom sitten- gesohichtli,chen V ergleiche so gut w ie gar kein Gebrauch g e ­ macht. Am gelungensten erscheinen mir die Erörterungen über die anthropologischen B egriffe, die B edeutung des Gesetzes und das Problem: der Christ und die Sünde. — Von Einzelheiten, die mir aus dem einen oder anderen Grunde besonders auf­

gefallen sin d , hebe ich folgende hervor: die SixatooüvTj ö sou ist w ahre, innere G erechtigkeit (S. 29 ). Als rechtfertigendes Prinzip muss der Glaube durch die L iebe formiert sein (S. 43 ).

D er Satz „D er Gerechte wird aus dem Glauben leb en “ be­

zeichnet den Glauben als die Quelle alles sittlichen Lebens (S. 57 ). D ie paränetischen T eile der Briefe gelten nur den K atechum enen, sow ie den schwachen und den mit Sünden und Lastern beladenen Christen (S. 80 ). D ie Selbständigkeit der Ge­

meinden hat Paulus nicht unumwunden anerkannt (S. 97 ). Indem der Apostel 1 Kor. 7 die gem ischten Paare nur ol Xoiitol nennt, zeigt er, dass er sie nicht voll und ganz unter die Verheirateten rechnet (S. 1 7 0 ).

D ie Gliederung ist folgende: Erster H auptabschnitt: Prin­

zipielle Ethik. I. D ie ethischen Kräfte im Menschen und ihre anthropologische Grundlage. II. D ie sittliche Erneuerung des Menschen. R echtfertigung. III. D as neue L eben und die alte Ordnung. D as G esetz. IV . D ie Entfaltung des neuen Lebens V. D as Ziel des neuen Lebens. V I. D ie Hindernisse und Förderungsmittel auf dem W eg e zum Ziele. Zweiter H aupt­

abschnitt: Konkrete Ethik. I. D ie Pflichten gegen Gott. II. D ie Pflichten der Christen gegen sich. III. D ie Pflichten gegen den Nebenm enschen. IV . D ie Pflichten hinsichtlich der Gem einschafts­

formen.

K ö n i g s b e r g i. P r . Jnncker.

G o o d s p e e d , E dgar J. Ph. D ., I n d e x a p o l o g e t i o u s sive olavis Jnstini m artyris operum aliorumque apologetarum pristinorum. L eip zig 1 9 1 2 , J. C. Hinrichs (V III, 3 0 0 S.

gr. 8). 7 Mk.

(6)

Goodspeed hat ans vor einigen Jahren einen sehr sorg­

fältigen W ortindex der Schriften der apostolischen Väter geliefert.

E r hat diese A rbeit nun fortgesetzt und liefert nns nun einen In d ex der griechischen W orte der Schriften der A pologeten. Er beschränkt aber den K reis dieser A pologeten auf die Zeit bis zum Jahre 180, so dass die Schrift ad A utolykum des T heo­

philus kein e B erücksichtigung findet. E s handelt sich also um das Q uadratusfragm ent, die A pologien des A ristides, Tatian, Athenagoras, Justin, die M elitofragmente und den D ialogus des Justin. E s w ürde nun noch in einem dritten B ande ein griechischer W ortindex über eine etw as bunte Schar von Schriften und F ragm enten auoh gnostischer P rovenienz zu geben sein, so würden w ir dann sorgfältige und zuverlässige K onkordanzen über die ganze griechisch erhaltene christliche Literatur der Zeit bis 1 8 0 haben; und unser nächstes D esiderat w äre dann, dass uns jem and ein sorgfältiges lateinisch-griechisches L exikon des Irenäus lieferte, dessen N otw en d igk eit und N utzen ja ohne w eiteres deutlich ist.

G oodspeed hat natürlich die neuesten besten A usgaben b e­

n u tzt, aber er hat auch — das ist sehr dankensw ert — den V ariantenapparat mit berücksichtigt. U eber die Sorgfalt der Ausarbeitung im einzelnen wird sich erst nach längerem G e­

brauche urteilen lassen. Goodspeed hat sich einiger im Vorwort aufgeführter Mitarbeiter bedient. Goodspeeda eigen e A rbeit ißt von seinem index patristicus her des besten U rteils sicher.

E in ige Stichproben und gelegentlicher eigener Gebrauch aber bestätigen schon jetzt durchaus die Z uverlässigkeit des G e­

botenen. E s m ag ja des Guten manchm al recht viel getan sein, w enn die etw a 2 0 0 jiev, die etw a 5 0 0 Ss der apologetischen Schriften einzeln aufgeführt und von ihnen noch genau das Vorkom m en von o’ geschieden w ird; aber man w ird ja gew iss gerade bei diesen lexikographischen D in g en eiu zu v iel eher in K auf nehm en können als ein zu w enig.

M öchte die fleissige A rbeit an ihrem T eile dazu beitragen, alle die so notw endigen Studien zu unterstützen, w elche die G eschichte der V erw endung und B edeutung griechischer A us­

drücke in den Schriften der ältesten Christenheit betreffen.

E r l a n g e n . Hermann Jordan.

J e s u s C h r is t u s . A pologetische V orträge auf dem 2. theol.

H ochschulkursus zu F reiburg im B reisgau im Oktober 1 9 0 8 , gehalten von B raig, Esser, H oberg, K rieg, W eber.

Zweite, verbesserte A uflage. Freiburg 1 9 1 1 , H erder (V III, 5 8 2 S. gr. 8). 6. 50.

V on den durch die C ongregatio Mariana Sacerdotalia heraus­

g egeb en en V orträgen behandeln die beiden ersten Gruppen (H oberg-W eber) in exegetisoh-isagogisoher W eise den „geschicht­

lichen Charakter der vier E van gelien “ und die „G ottheit Jesu im Z eugnis der H eiligen Schrift“. In der dritten Gruppe:

„Jesus Christus aueserhalb der katholischen Kirche im 19. Jahr­

hundert“ w erden m it scharfer Polem ik die akatholischen M einungen dargestellt (B raig); in der vierten: „D as christologisohe D ogm a unter B erücksichtigung der dogm engeschichtlichen E ntw ickelung“

w ird das D ogm a von der hypostatischen U nion mehr positiv im katholischen Sinn entw ickelt (Esser). Praktische B etrachtungen über „Jesus Christus, die W ahrheit, der W e g und das L eben“

(K rieg f ) bilden den Abschluss. A ls A nhang sind zw ei öffent­

lich gehaltene V orträge über die M odem ism usfrage (Hoberg- B raig) b eigegeb en . D ie w ichtigste E rgänzung der zw eiten A uf­

la g e ist für die dritte Gruppe als E inführung eine B ekäm pfung der n euesten B estreiter des päpstlichen Prim ats und als N ach ­

trag eine solche der T hese vom Unterschied zw ischen dem Christus des Glaubens und dem Jesus der Geschichte.

Säm tlich auf streng katholischem Standpunkt stehend, haben die V erff. ein W erk von im ponierender G eschlossenheit m it nicht w enigen Identitäten auoh in E inzelheiten geschaffen. N eu e R esultate der Forschung zu erzielen, w urde von ihnen w ohl gar nicht erstrebt. D am it erübrigt Bich die ohnehin unm ögliche A ufgabe einer Inhaltsübersicht des Buohes. D och war w enigstens mir z. B. die E x eg ese von Joh. 2, 4 (S. 33 ) unbekannt. Jede U ntersuchung genau am kirchlich festgestellten Ziel landen zu lassen, ist die T endenz der geschickten A pologetik. D ie neuesten päpstlichen Erlasse m it Einschluss ihrer disziplinären M assregeln erscheinen durchw eg als Grosstaten des kirchlichen Lehramtes- E inen guten Eindruck vom T iefsinn des katholischen D ogm as gib t w ohl besonders der dritte und vierte Vortrag von Esser.

D ie tem peram entvollen Vorträge B raigs zeigen in interessanter W eise, w ie sich die W issenschaft des Bog. N euprotestantism us in katholischer B eleuchtung ausnimmt. D ie Behauptung, dass die reichlich h erangezogene liberale und modernistische T h eo­

lo g ie nicht rein geschichtlich, sondern stark philosophisch (neu- kantisch) bestim m t, also durchaus nioht voraussetzungslos sei, erscheint auoh uns vollberechtigt, ebenso der energische A bw eis der V erstiegenheiten D rew s’ in der Christusmythe und die B e ­ tonung der w eitgehenden historisch-dogm atischen U ebereinstim - m ung in den positiven K reisen aller K onfessionen.

Trotzdem wird kein Protestant von dem B uche ohne p ein ­ liche G efühle scheiden. B ei allem ehrlichen E m st, b ei aller scharfsinnigen und gründlichen G elehrsam keit ist es auf Schritt und Tritt ein B e le g dafür, dass Rom einen G eist h a t, in den sich unser G eist nioht finden kann. W enn auch in m eist vor­

nehm er F orm , kehren alle alten V orw ürfe der katholischen Polem ik w ied er, z. B . g eg en das Schriftprinzip (Bibliolatrie), das B ekenntnis, den „Enthusiasm us“ Luthers, vermehrt um neue z. B . g eg en das Spruchkollegium (S. 5 2 8 ). D ie A rbeit unserer positiven T h eologie ist zw ar benutzt, aber ihre Vertreter werden nur ganz selten zitiert, und selbst gu t Orthodoxes w ie die communioatio idiom atum oder jeglich e K enosentheorie wird abgelehnt. Schliesslich ist dooh der Protestantism us an allem U nheil schuld; denn der M odernismus ist nicht auf katholischem Boden erw achsen, sondern von uns her eingedrungen. D ie A nsätze zum V erständnis der „rationalistischen“ G egner sind äusserst schw ach (z. B. S. 5 2 1 ), dagegen die Polem ik g eg en ihr „Antiohristentum“ desto maasloser, aber nicht kraftvoller.

D ie m oderne Pentateuchkritik z. B . wird mit der Behauptung ab getan , dass sie nichts als eine K onsequenz aus den An­

schauungen H eg els sei. Mit Em phase wird bew eislos konstatiert, dass es ohne päpstlichen Primat keinen B egriff eines theistisoh- trinitarischen G ottes gebe. In der F rage nach der Fortdauer der V irginität Marias kann man doch nicht m it sarkastischen oder pathetischen B em erkungen gegen ihre „gelehrten“ B e­

streiter auskom m en. W ir glauben, dasB g eg en H ugo K och und Joseph Schnitzer von katholischer S eite m anches gesa g t w erden kann und auch in dem B uche gesagt ist. Aber die an­

geknüpften persönlichen V erdächtigungen können ihres miss­

lichen Eindrucks nicht verfehlen. H ingew iesen sei noch auf die Stellung, die das B uch zu einigen E rscheinungen des T a g es einnim m t. Frensaen wird trotz der E inrede eines Kritikers der ersten A u flage als charakteristischer T yp u s der liberalen Jesus- vorstellung festgehalten. A us den religionsgeschiohtlichen V olks­

büchern w ird „der Liberalism us erkannt als ein R eligionsglaube des Antichristentum s unter christlicher V erkleidung“. D ie Ge­

(7)

schichte des katholischen Modernismus von Johannes K übel er­

fährt eine im ganzen vernichtende Kritik. E tw as besser komm t K arl H oll (R eligionsg. V . IV , 7) w eg . V on Grisara Luther wird erhofft, dass dadurch endlich das „Fabelw esen“ werde aufgelöst w erden, das man bisher aus dem Reformator gem acht habe.

D a s N eu e Jahrhundert w ird nur ala Organ der deutschen M odernisten erwähnt.

A lles in allem ist die Lektüre des reichhaltigen, nicht im m er leichten B uches em pfehlensw ert für jeden, der sich rasch ein B ild von L age und Verhalten der katholischen T h eo­

lo g ie in der durch Pius X . geschaffenen A era m achen will.

M ü n c h e n . Lic. L auerer.

C a t h r e in , Viktor, S. J., G la u b e n u n d W is s e n . E ine Orien­

tierung in den religiösen Grundproblemen der G egenw art für alle Gebildeten. 4. und 5. bedeutend verm ehrte Aufl.

Freiburg i. Br. 1 9 1 1 , Herder (X, 3 0 5 S. 8). 3 Mk.

D as B uch w ill eine A pologie gegenüber dem Modernismus sein, wird aber, da dieser von dem „Kant-Schleierm acherschen G efühlsglauben leb t, der seit einem Jahrhundert den Prote­

stantism us beherrscht“ , zu einer Polem ik gegen die deutsche Philosophie und den Protestantism us. E s ist stilistisch fein g e ­ schrieben und zeichnet sich daroh grosse Klarheit der Dar­

stellung aus. D er Verf. verfügt über eine bedeutende Gelehr­

sam keit und Belesenheit. D as B em ühen, „alle verletzende Schärfe“ zu verm eiden, kann ihm nicht abgeBprochen werden.

E s gib t Partien in dem B u ch e, denen auch Protestanten zu­

stim m en w erden: auch w ir brauchen O bjekte des Glaubens, historische Tatsachen, vor allem die T atsache der Auferstehung Christi, und wir bedauern, dass K ant und mit ihm fast die ganze m oderne Philosophie für das O bjektive kein Verständnis hat; auch wir m achen unsere Fragezeichen hinter die V oraussetzungslosig­

k eit der W issenschaft; auoh w ir lehnen sow ohl den sym bolischen Christus als auch den bloss historischen Jesus ab. Aber freilich überw iegen die Einw endungen. D ie O ffenbarung wird als Mit­

teilung übernatürlicher T atsachen gefasst, w ährend es sich doch nach der Schrift um etw as viel H öh eres, um eine Selbst­

m itteilung Gottes in Christo handelt. Man sieht auch nicht ein, warum eine O ffenbarung noch notw endig sein soll, da doch nach dem Verf. die m enschliche V ernunft im stande is t, nicht bloss das objektive Sein im allgem einen (gegen Kant), sondern auch übernatürliche T atsachen, vor allem die E xistenz Gottes (G ottesbew eise!) zu erkennen. A ufs E rkennen läuft alles hinaus. A uch der Glaube ist dem V erf. w eiter nichts alB ein FQrwahrhalten der von der Kirche verm ittelten Offenbarung, w obei es ihm nicht g elin g t, für diesen Glaubensbegriff die persönliche Freiheit zu retten (S. 151 ff.). D ann freilich besteht eine w esentliche Harm onie zw ischen W issen und Glauben, und da auoh die O ffenbarung W issen m itteilt, so ist es eigentlich zu w enig, dass die W issenschaft im Glauben nur ihre negative N orm haben soll. D em gegen ü b er versäum t es der Verf., den evangelischen G lanbensbegriff zu entw ickeln (wo er es tun sollte, S. 1 0 3 ff., gib t er eine D arstellung des G la u b e n s in h a lts ):

evangelischer G laube ist w eder lediglich eine Sache des Ver­

standes, noch des Gefühls, w ie behauptet wird, sondern ist zu oberst fiducia, also ein persönliches Verhältnis zu Gott. Aber freilich für daB subjektive Moment im Protestantism us und in der von ihm beeinflussten Philosophie fehlt dem Verf. auoh das leiseste Verständnis. N iem and w ird die Gefahren verkennen, die es birgt. In der T a t ist der gegen w ärtige Zustand der Philosophie nicht erfreulich. D a g eg en aber die „philosophia

perennis“ des T hom as em pfehlen, heisst das B ad der W elt­

geschichte rückwärts drehen. U nd dass daB subjektive Moment zum religiösen N ihilism us führen m ü sse, ist nicht wahr.

Gerade nach dem evangelischen G laubensbegriff (-Anschluss an Christus) ist Christus die Norm . „W as Christum treibet“ — dieser Gesichtspunkt Luthers (der ohne Verbalinspiration aus­

kam !) entscheidet auoh für uns über die Autorität der biblischen Schriften. D er Verf. m acht es sich sehr leicht, w enn er, um die V ersubjektivierung des Protestantism us zu bew eisen, dessen radikalste R ichtungen herausgreift. E bensow enig ist Paulsen der Philosoph des heutigen Protestantism us. D ie fort­

währende Polem ik gegen Paulsens Philosophia militans lässt übrigens darauf schliessen, dass die Schläge, die dieses Büchlein bereits im Jahre 1 9 0 0 gegen den Ultram ontanismus führte, heute nooh recht schm erzlich sind! In dem K apitel über Glaube und Kultur setzt der V erf. alle Kulturförderungen, die die W elt dem Geiste C h r is t i verdankt, einfach auf R echnung des K atholizism us. E s ist m indesteus küh n , angesichts der Lehre von der höheren Sittlichkeit des Zölibats, der Armut, des Mönchs- und Priesterstandes dem K atholizism us die H ebung des Fam ilienlebens nnd der bürgerlichen Arbeit zuzusohreiben.

E benso verkehrt ist e s, Luther w egen einer aus dem Zu­

sam m enhang gerissenen B em erkung Kadavergehorsam gegen den Staat zuzutrauen (S. 2 3 8 , Anm.). D er kulturelle R ück­

stand des K atholizism us hat seinen Grund eben in dem Mangel an persönlicher Freiheit und V erantwortlichkeit. D em K atholi­

zism us fehlt das subjektive Moment, der Protestantism us ist in Gefahr, das objektive zu verlieren. Für beides die höhere E in­

heit zu finden, das ist die A ufgabe der G egenw art. D er Verf.

m ag uns zeigen, w ie nötig ihre Lösung ist. Insofern gebührt seinem Buch B eachtung. Freilich trägt es positiv gar nichts zur B eantw ortung der Frage bei, die eigentlich im T itel liegt:

w ie nämlich der G laube die objektiven Tatsachen sich an­

eignet. Darum bereitet das B uch schliesslich eine Enttäuschung:

ein Zusam m enarbeiten, eine V erständigung ist auf solcher Grundlage ausgeschlossen. E s ist der alte K am pf des Jesuitism us gegen evangelisches Glauben und deutsches D en k en , nur modernisiert mit literarischen W affen. Auch dies Buch m ahnt:

caveant oonsules!

L e ip z i g . Soherfflg.

W u n d t , W ilhelm , H y p n o t is m u s u n d S u g g e s t io n . 2., durch­

gesehene A uflage. L eip zig 1 9 1 1 , W . Engelm ann (69 S.

gr. 8). 1. 4 0 .

D iese Schrift ist ein Sonderdruck aus dem zw eiten B ande der „ K lein en Schriften“, in dem W undt zu verschiedenen aktuellen Streitfragen der P sych ologie Stellung nimmt. E ine zw eite A uflage ist sie insofern, als sie schon 1 8 9 2 als Sonder­

druck aus dem achten B ande der „Philosophischen Studien“

erschien. D a s V orwort gib t a n , dass die Aenderungen im ganzen unerhebliche seien, „da w eder unsere Kenntnis der Er­

scheinungen selbst noch die H ypothesen über ihren U rsprung w esentlich andere gew orden sind, seit die hypnotischen E xperi­

m ente im vorletzten Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts die A ufm erksam keit auf sich zogen “. K urz w erden die für die Theorie w ichtigen T atsachen der H yp n ose dargestellt und die bisherigen physiologischen und psychologischen Theorien kritisch abgelehnt. Besonders hart wird die Theorie vom „doppelten B ew u sstsein “ oder „U n terbew usstsein“ getadelt. Sie sei ein m ystischer B eg riff, der unzw eifelhaft vom alten D äm onen­

glauben abstam m e, ein atavistischer R est uralter B esessenheits-

(8)

Vorstellungen (S. 2 6 ). S. 2 8 — 3 0 berichten über einen halb- w achen Zustand, den W undt im W inter 1 8 5 5 /5 6 erlebte und w eg en seiner besonderen U m stände ungew öhnlich treu in der Erinnerung bew ahrt hat. Er m eint, dass derartige gelegentliche B eobachtungen, sobald sie von psychologisch geübten Personen herrühren, einen grösseren W ert besitzen als die Selbst­

beobachtungen beabsichtigter H ypnosen. Jenen Zustand hält er für einen „leichten Grad spontaner Som nam bulie“. D ann folgt seine eigene psychophysische Theorie. Zunächst die psychologische Seite: „ S u ggestion ist Assoziation mit gleich­

zeitiger V erengerung des Bew usstseins auf die durch die A ssoziation angeregten V orstellungen“ (S. 3 3). Sie erklärt sich negativ durch die verm inderte Em pfindlichkeit gegenüber allen E indrücken, die nicht zum U m kreis der durch A utosuggestion oder F rem dsuggestion erw eckten V orstellungen gehören, positiv durch eine gesteigerte Reaktion gegenüber den überhaupt w irksam w erdenden R eizen. D ieser Tatbestand erhält dann eine physiologische D eu tu n g (S. 3 7 ff.) durch die A nnahm e eines Prinzips der fanktionellen A usgleichung, w onach bei einem Zu­

stande funktioneller L atenz eines grösseren T eiles des Zentral­

organs die Erregbarkeit des funktionierenden R estes für die ihm zufliessenden R eize gesteigert ist. A ls physiologische Grund­

la g e dieses G esetzes sei eine doppelte W echselw irkung, eine neurodynam ische und eine vasom otorische anzunehm en. V on diesen Prinzipien aus werden dann die Einzelerscheinungen der H yp n ose gedeutet (S. 4 3 ff.). D en Schluss bilden einige in dieser A uflage neu hinzukom m ende Ausführungen über die Ver­

w endung der Suggestion für das psychologische Studium der A ffekte (S. 5 8 — 69). D ie E xperim ente mit hypnotischer Sug­

gestion erfahren eine ablehnende K ritik. Sie gehören nach M einung W undts nicht in das p sychologische, sondern in das psychiatrische Laboratorium , w o sie nicht ohne W ert sein m ögen.

D a g eg en könne die norm ale S uggestion b ei wachem B ew usst­

sein zw ar nicht zu einer experim entellen Methode w erden, w ohl aber b ei der A nalyse der A ffekte alB nützliches H ilfsm ittel dienen.

D iese Schrift gleicht in ihren V orzügen und N achteilen im allgem einen den vielen anderen kritischen A bhandlungen, in denen W undt neuerdings zu den von seiner persönlichen P sycho­

lo g ie abw eichenden Ström ungen Stellung genom m en hat. D ie K ritik der G egner ist viel zu summarisch, um überzeugend zu wirken. K einer von den Kritisierten wird in ihr ein adäquates V erständnis seiner A rbeit finden. D ie eigen en Gedanken W undts dagegen sind w ie im m er scharfsinnig und von anziehender innerer G eschlossenheit. D och b ietet gerade diese kleine Schrift grössere A ngriffsflächen, als w ir sie sonst b ei W undt finden.

Erstens kom m en, scheint es, derartige physiologische D eutungen psychischer V orgänge, w ie sie hier versucht w erden, in steigendem Masse in M isskredit, da wir doch im m er deutlicher einsehen lern en , w ie w en ig wir über die tatsächlichen V orgänge im Zentralorgan während dieser Zustände w issen. Man vergleiche hierzu die vortrefflichen kritischen E rw ägungen b ei Erich Becher,

„Gehirn und S eele“, H eidelberg 1 9 1 1 , S. 1 6 1 ff. Z w eitens ist mir auch der benutzte psychologische B egriffsapparat doch gar zu einfach für diese kom plizierten V orgänge. W orin die E in­

en gu n g des B ew usstseins b esteh t, die b ei der H yp n ose statt- fin d et, w elche feineren Funktionen dabei beteiligt und nicht­

b eteiligt sin d , w ird noch v iel genauer und gründlicher unter­

sucht werden m üssen, ehe man darüber eine befriedigende T heorie w ird aufstellen können. D rittens endlich darf ich w ohl auch den doppelten Massstab nioht übergeh en , m it dem die

Schrift misst. D ie G egner werden streng dafür g eta d elt, dass ihre Arbeit nicht gen ü gen d exakt se i, dass ihre E xperim ent»

nicht w irkliche E xperim ente seien. W orauf ruht aber die eigen e D arstellung? N ich t auf eigenen E xperim enten, sondern auf einer Kritik der in der Literatur m itgeteilten Fälle (S. 1 0 f.) und auf einer E rinnerung von 1 8 5 5 /5 6 , von der nicht einm al m itgeteilt wird, w ie genau sie dam als protokolliert worden ist!

E s ist sicher, dass W undt ein ähnliches Verfahren bei jeder seinen Lehren w idersprechenden T heorie aufs schärfste ver­

urteilen würde.

D o r p a t . E a r l Girgensohn.

B u s o h , D r. K . A. (S. Theol. Bacoal. der Harvard-Universität,.

Stadtvikar in Frankfurt a. M .), W il li a m J a m e s a la R e lig i o n s p h i l o s o p h . G öttingen 1 9 1 1 , Vandenhoeok &

Ruprecht (V III, 8 8 S. gr. 8). 2 . 4 0 .

W illiam Jam es war einer der K ön ige wissenschaftlichen D en k en s, die unbeküm m ert um die herrschenden Vorurteile neue W eg e gehen und stark g en u g an G eist sin d , um auch alte W eg e w ieder zu neuen W eg en zu m achen. T apfer holte er, der Fortgeschrittensten ein er, alte W ahrheiten hervor, die den „Fortgeschrittenen“ für abgetan g a lten , und z e ig te , dass sie besser seien als d as, w as der Fortschritt an die Stelle g e­

le tz t hatte. W er sich an dem sprühenden L eben seiner Schriften erfreut hat und ihn nicht nur als hervorragenden D en k er und Forscher, sondern auch als glänzenden Schriftsteller schätzte, wird nicht unbedingt erfreut sein , w enn der unabänderliche L auf der D in ge es m it sich b rin gt, dass mit der steigenden B erühm theit referierende A bhandlungen über W illiam Jam es reichlicher zu erscheinen beginnen, besonders für D issertations­

zw ecke. Man sehnt Bich im mer w ieder nach dem O riginale zurück, w enn man sich daroh E xzerp te dieser Art hindurch­

arbeiten muss.

D ie vorliegende A bhandlung ist eine der besten und ver­

dienstlichsten ihrer Art. E r s t e n s b ietet sie uns den v o l l ­ s t ä n d i g e n Jam es ohne A bstriche, w as man von den deutschen U ebersetzungen des „W ill to b elieve“ und der „V arieties“ leider nicht sagen kann. D er darstellende T eil (S. 1 7 — 79) w ürdigt daher nicht blosB richtig die grossen V erdienste Jam es’ um die R eligionspsyohologie (S . 1 7 — 4 2 ) , sondern beschäftigt sich eingehend m it der erkenntnistheoretisohen Grundanschauung Jam es’, dem Pragm atism us (S. 4 2 — 65 ) und bietet auch ein R eferat über seine pluralistisohe M etaphysik (S. 6 5 — 79). D ie

„polytheistischen“ E lem ente der G otteslehre Jam es’ berühren den deutschen L eser gew iss am frem dartigsten, Bind aber sicher nicht w eniger originell und kühn als die anderen Z w eige sein es D enkens. D ie christliche Gotteslehre hat an zw ei Stellen Interesse für pluralistisohe W eltansohauungsm otive: b ei der Trinitätslehre und b ei der T eufelslehre. U nter V oraussetzung der R ichtigkeit von Jam es’ M etaphysik könnte man alle Schw ierigkeiten, die diesen Lehren für das m oderne D en k en anhaften, spielend leicht überw inden. A llerdings ist gerade hier JameB’ D enken

bo sprunghaft und phantaBiereich, dass auf eine Eroberung w eiterer K reise für seine A nsichten kaum zu rechnen ist.

Z w e i t e n s ist lobend hervorzuheben, dass der V erf. sich in englische T h eo lo g ie, Literatur und D en k w eise w eit gründ­

licher eingearbeitet bat, als sonst im günstigsten Falle m öglich und üblich. Er hat ein Jahr an einer am erikanischen H ochschule studiert, ein am erikanischer theologischer Grad ziert seinen N am en auf dem T itel, und das V orwort berichtet über persön­

liche Berührungen mit W illiam Jam es. U nter diesen Voraus-

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