No. 13. Dienstag, den 1. April 1919. Einzelpreis 15 Pfg.
DER
Geschäftsstelle: Oderstr. 6. (Buchhandlung der„Gazea Opolska“. — Verkauf: Buch- und Papier
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Oberschlesien ein Elsass-Lothringen?
Der Hechtsanwalt Strzybny hat in der Zentrums
zeitung „Schles. Volksztg.“, die nebenbei bemerkt mehr polenfeindlichen Geifer als selbst die hakati- stische „Schles. Ztg.“ in ihren Spalten zurzeit ver
spritzt, die Behauptung aufgestellt, dass Oberschle
sien im Falle seiner Einverleibung nach Polen ein zweites Elsass-Lothringen abgeben wird, mit anderen Worten: Oberschlesien wäre dann eine Wunde am deutschen Leibe, die nie vernarben würde, und dafür eine Eiterbeule am Leibe Polens. Oberschlesien wür
de ein Zankapfel zwischen Deutschland und Polen und eine stete Gefahr für den Frieden werden. Ist das wahr? Nein, das reine Gegenteil ist Wahrheit.
Warum? Oberschlesien ist ein durch und durch polnisches Land, dem nur die deutsche Gesichts
maske aufgestülpt worden ist und das nur einen dünnen deutschen Anstrich erhalten hat. Durch die ganz deutsche Verwaltung, durch das Heer der deut
schen Beamten, durch deutsche Schulen, durch deut
sche Aufschriften täuscht es nur ein deutsches Land vor. In Wirklichkeit ist Oberschlesien ein Fremd
körper in Deutschland, das Deutschtum ist in Ober
schlesien nicht bodenständig, sondern nur zugewan
dert. Oberschlesien wird von den Deutschen als eine Kolonie, eine Art von Kamerun angesehen. Stets ha
ben die Deutschen das abfällige Urteil über Ober
schlesien ihres Dichterfürsten Göthe mit Wollust citiert. Wenn jetzt, auf einmal der „deutsche Cha
rakter“ Oberschlesiens betont wird, wenn jetzt auf einmal man sein Herz deutscherseits für Oberschle
sien entdeckt, so ist diese Erscheinung gar zu durch
sichtig; man will den Sklaven Deutschlands, die melkende Kuh'nicht verlieren. Falls Oberschlesien dem polnischen Reiche zugeschlagen würde, so wür
de sofort der deutsche Firniss brüchig werden und zur Erde fallen.
Das polnische Antlitz Oberschlesiens würde der Welt entgegenlachen. Der polnische Sklave könnte seinen Nacken von dem deutschen Joche abschütteln.
Die hakatistischen Beamten würden zum Wander
stabe greifen und in ihre deutsche Heimat zurück
kehren. Die einheimischen, zwar germanisierten Be
amten würden sich sofort repolonisieren, die Schu
len würden in der polnischen bis jetzt so verachte
ten; und verfolgten Muttersprache unterrichten, die Kirchen würden sich nicht mehr zur Magd der Ger- manisierung missbrauchen lassen, sondern das pol
nische Volk zum Lobe Gottes in reiner, gebildeten polnischen Sprache anleiten. Die Folge davon wäre, dass in einem Dezennium höchstens in einem Men
schenalter von dem künstlich gehegten Deutschtum in Oberschlesien fast keine Spur vorhanden wäre.
Wer sollte denn auch in Oberschlesien sehnsüchtig nach den deutschen Grenzen schielen? Wer sollte denn schmerzlich nach der Germania rufen? Ger
mania war tills nie die leibliche Mutter! Im Gegen
teil würde Oberschlesien nach der jahrhundertlangen Unterdrückung glücklich aufatmen, es könnte sich seiner Natur gemäss frei entwickeln, die Vergangen
heit der preussischen Sklaverei würde ihm als ein böser Traum vorkommen.
Nehmen wir aber den Fall an, dass Oberschlesien weiter bei Deutschland bleiben sollte. Ja, dann hätte H. Rechtsanwalt Strzybny aus Breslau Recht, dann würde Oberschlesien ein zweites Elsass-Lothringen werden; denn es würde sich nie national beruhigen.
Wie ein Kind seine Händchen zur Mutter ausstreckt, Wenn es sich in den Armen einer fremden Person befindet und erst aufhört zu weinen, wenn die Mut
ter es an ihr Herz drückt, so würde auch Oberschle
sien als Kind Polens nie ruhen, als bis es zur polni
schen Mutter zurückkäme. Da Oberschlesien nun
mehr Halt an dem neuerstandenen Polenreich haben würde, śo würde in Oberschlesien eine rührige Irre
denta sich ein stellen, zumal die Erbitterung über die Nichterfüllung der durch das Wilson’sche Pro
gramm geweckten Hoffnungen und Herzenswünsche sich ins Unermessliche steigern würde. Dazu würde Deutschland nicht imstande sein, Oberschlesiens na
tionale Sehnsucht zu stillen, ja es würde ihm nach den bisherigen Erfahrungen an gutem Willen dazu fehlen. Betrachten wir nur die sogenannten deut
schen Erleichterungen und Zugeständnisse uns Ober
schlesiern gegenüber. Der deutsche Bureaukratis- mus hat die „Güte“ gehabt und das „grosse Entge
genkommen“ den oberschlesischen Polen gemäss den Worten des ehemaligen Regierungspräsidenten von Oppela v. Miquel bewiesen, dass er für die polnischen
Kinder den fakultativen polnischen Religionsunter
richt in den Schulen eingeführt hat, aber dabei die Bedingung als Falle für das Zugeständnis gestellt, dass die Eltern ihren Wunsch eines solchen Unter
richts schriftlich bescheinigen müssen. Diesen Unter
richt lässt man die Lehrer erteilen, die bis jetzt jedes polnische Wort in der Schule als staatsgefährlich bekämpft haben und die im hakatistischen Geiste erzogen nur ungern sich zur Erteilung des Unter
richts in der verpönten Sprache verstehen, umso
mehr als sie überzeugt sind, dass dies nur eine vor
läufige Machenschaft, ein Beruhigungspulver für das polnische Oberschlesien in dieser unsicheren Frie
densverhandlungszeit sei. Dazu kommt es, dass fast alle diese Lehrer die polnische Sprache nur rade
brechen. Man kann es wirklich den Eltern nicht verdenken, dass sie ihre Kinder nicht neuen Chika- nierungen aussetzen wollen und deshalb sie dem polnischen Lehrkursus fernhalten. Wenn selbst in dieser Uebergangszeit sich die deutsche Regierung zu keinen grösseren Zugeständnissen auf schwingen konnte als zu diesem poln. Brocken des fakultativen Religionsunterrichts, ferner zu der kommissarischen Besetzung der Oppelner Regierung mit einem deutsch - katholischen Präsidenten mit einigen deutsch-katholischen Regierungsräten und mit der Ernennung eines fürstbischöflichen utraquistischen Delegaten für Oberschlesien, so können wir uns leb
haft ausmalen, wie der alte hakatistische Geist der Verfolgung und Unterdrückung erst recht aufleben würde, wenn diese Periode vorüber wäre. So hätten wir weiter auf der einen Seite Vergewaltigung und auf der anderen Unzufriedenheit und Klagen. Dies wollte aber Wilson Programm Deutschland angenommen hat, für die Zukunft verhindern. Die Deutschen sollten deshalb doch bedenken, dass sie an Oberschlesien ihre Freude nie mehr haben könn
ten. Die Schätze Oberschlesiens würden sie nicht beglücken, wenn sie das Herz der Oberschlesier nicht besässen. Das Herz zieht aber den polnischen Ober
schlesier nach Polen, resp. nach freier, unabhängiger Betätigung seiner poln. Kultur und seines nationalen Lebens. Oberschlesien wird nur dann kein zweites Elsass-Lothringen werden, wenn es zum polnischen Mutterlande zugeschlagen wird.
Wenn die Deutschen gemäss dem Nationalitäten
prinzip für sich Deutsch-Oesterreich verlangen, so dürfen sie nicht dagegen ankämpfen, dass auch der poln. Oberschlesier zu Polen gehören will und dass der Friedenskongress in Paris herüberruft: Ober
schlesischer Lazarus, steh auf und singe zu Ostern mit allen vom fremden Joche befreiten Völkern dein
frohes Alleluja! Bo żywo j.
Nachhilfe für den ,,Helfer".
Arn zweiten Frühlingstage (22. März) habe ich zu
fälligerweise die Nr. 2 des „Helfer“, Wochenschrift der Freien Vereinigung zum Schutze Oberschle
siens“, zu Gesichte bekommen. Ich finde darin einen Artikel „Aus der Rüstkammer“ über „Schlesien als geschichtliche Einheit“ — ein mustergültiges Mei
sterstück zum Beweise, wie feststehende geschicht
liche Tatsachen einfach auf den Kopf gestellt wer
den können. Der „Helfer“ will eben durch diesen Artikel simplen Gimpeln zu dem Glauben verhelfen, dass das heutige Schlesien seit jeher eine „geschicht
liche Einheit“ war. Er bringt aus der geschichtli
chen Rüstkammer alle, sogar die dürftigsten Klein
lichkeiten heraus, die ihm zu der von ihm beabsich
tigten Gauklerei irgendwie dienlich sein können, u.
verheimlicht in derselben Rüstkammer gerade die beweiskräftigsten, geschichtlich feststehenden Tat
sachen, die ohne allen Zweifel dartun, dass das heu
tige Ober- und Niederschlesien viele Jahrhunderte lang zwei verschiedene und getrennte Länder wa
ren. Ich will nun dem „Helfer“ zum Auf klären der Sache etwas nachhelfen.
„Der Helfer“ wird wohl in der geschichtlichen Rüstkammer auch die grosse geschichtliche „Prese- ka“ gesehen und ihre Bedeutung erfahren haben.
Das Wort „Preseka“ ist eine latinisierte Form der polnischen „Przesieka", u. bedeutet in der Geschich
te Schlesiens einen breiten Streifen Urwald, der sich von der Umgegend von Neisse bis in die Gegend zwischen Kreuzburg und Namslau hingezogen hat.
Dieser Urwald, ein beinahe undurchdringliches Dickicht, wurde durch Verhaue von gefällten Bäu
men noch undurchdringlicher gemacht. (Daher auch der Name vom polnischen „przesiekać“, d. i. durch
Zwischenverhaue scheiden und sperren; im Polni
schen ist das Wort „zasieka" mit ähnlicher Bedeu
tung noch heute üblich). Der polnischen Sprache unkundige Geschichtschreiber haben nach langem Kopfzerbrechen das Wort „Preseka“ endlich richtig mit dem Ausdruck Grenzhag (Grenzwald-Gehege) gedeutet. Und tatsächlich bildete die Preseka viele Jahrhunderte hindurch die Landesgrenze zwischen dem eigentlichen Schlesien (heute Niederschlesien) und dem Opole (heute Oberschlesien). Diese Pre
seka ist der Kronzeuge, dass Ober- und Niederschle
sien von alters her als zwei getrennte und verschie
dene Länder anzusehen sind; bei unseren alten Vorfahren war es eben üblich, die äusseren Gren
zen einer für sich bestehenden Landeseinheit durch breite Waldungen zu markieren und zu sichern.
Aber auch dann, als die Preseka im XIII. Jahr
hundert bereits der Kolonisation teilweise zum Opfer gefallen war, blieb das heutige Oberschlesien noch lange ein Land für sich. Die Fürsten Ober
schlesiens nannten sich bis zum XV. Jahrhundert stets nur „Herzöge von Oppeln“ und nie „Herzöge von Schlesien“, und erst im XV. Jahrhundert wird diese letzte Titulatur auch in das heutige Oberschle
sien eingeführt. — Es ist zwar richtig, und ich gebe es dem „Helfer“ gern zu, dass bereits im Jahre 1327 Bolko II. von Oppeln sich „Herzog von Schlesien“
schrieb. Das geschah aber in nur einer einzigen Urkunde; dieser Fall ist für die schlesischen Ge
schichtsforscher eine so merkwürdige und unauf- klärliche Ausnahme, dass sie vermuten, der herzog
liche Notar Johann habe sich beim Schreiben dieser Urkunde ein Versehen zu schulden kommen lassen.
T- Solche Ausnahmen bestätigen übrigens nur die Regel, und die Regel in diesem Falle lautet für ein ganzes weiteres Jahrhundert allgemein wie folgt:
Opole ist ein Land für sich und bildet mit dem zwei
ten Lande, das Schlesien heisst, keine geschichtli
che Einheit.
Es ist auch wahr, und ich gebe es dem „Helfer“
wiederum zu, dass die Herzöge von Opole und Schle
sien untereinander heirateten, und bemerke weiter, dass dieselben Herzöge (besonders aber diejenigen von Opole) sehr oft auch Fürsten- und Magnaten
töchter aus Polen geheiratet haben — aber das alles beweist für den vorliegenden Fall rein nichts.
Auch der letzte Zar hat eine deutsche Fürstentoch
ter geheiratet, aber eine „geschichtliche Einheit“
zwischen Deutschland und Russland kam dadurch nicht zustande; das wird soger der „Helfer“, nach den Vorfällen der letzten Jahre, bei einigem guten Willen schliesslich doch noch begreifen können.
Also mit Heiraten ist nichts bewiesen. — Tausend
mal wichtiger jedoch, als alle Heiraten, ist das Er
ben; darin werden mir alle Leute vom „Helfer“, de
nen Vermögensangelegenheiten nicht gleichgültig sind, ohne weiteres zustimmen. Es zeigt sich hier aber wieder, dass Opole von Schlesien ganz verschie
den ist. Die Herzöge des heutigen Oberschlesiens erbten nur untereinander und konnten in Nieder
schlesien nicht erben, weil letzteres für sie ein fremdes Land war. Ebenso die niederschlesischen Herzöge erbten nur untereinander, nicht aber im heutigen Oberschlesien. Dies geschah trotz der stark empfundenen Zugehörigkeit der ober- und nieder- schlesischen Herzöge zu einer und derselben Dyna
stie, ja. sogar zu einer und derselben dynastischen Linie! — Also auch diese geschichtlich feststehenden Erb Verhältnisse sind ein schlagender Beweis dafür, dass unsere Vorfahren jahrhundertelang von ihrer
„geschichtlichen Einheit“ mit den Niederschlesiern nichts wussten. Sie mussten es der schwindlerischen Einbildungskraft, in geschichtlicher Einheit mit Verdummungstrieb eines nachkommenden „Helfers“
überlassen, diese Merkwürdigkeit aufzudecken.
Weitere Nachhilfe für den „Helfer“ in dieser Sache ist vorläufig wohl überflüssig. Die obigen Beweise erhellen zur Genüge die geschichtliche Tat
sache, dass unser heutiges Oberschlesien (Opole) bis zum XV. Jahrhundert zu Schlesien nicht gehörte und es auch den Namen „Schlesien“ nicht führte.
Alle Gaukelei, in geschichtlicher Einheit mit Vor
spiegelung falscher Tatsachen, ändert daran nichts.
— Ich muss nur noch bemerken, dass erst später die
ser geschichtliche Zwiespalt zwischen Schlesien und Opole langsam äusserlich überbrückt und über
tüncht worden ist, dass aber innerlich grosse Unter
schiede zwischen diesen beiden Ländern weiter be
standen haben und noch heute vorhanden sind, ob-
Unsere Freiheit
Wir Oberschlesier, Kinder Polens, wurden von dem preussischen Junkertum Jahrhunderte lang mit allen Mitteln unterdrückt. Wir sind wohl das einzige Volk, das unter der preussischen Junker
peitsche so schwer gelitten hat. Auf Schritt und Tritt wurden wir verfolgt, mit aller Gewalt versuch
te man uns zu germanisieren, alles was polnisch hiess, mit Stumpf und Stiel auszurotten. Wir fühl
ten uns nicht wobler, als der Unschuldige im Zucht
haus.
Diesem Zweck diente eine hakatistische Beam
tenschaft, nicht nur im Verwaltungsdienst,, auch im Dienst der Post und der Eisenbahn. Beamter im Verwaltungsdienst konnte ein Oberschlesier nicht werden, mag er noch so begabt gewesen sein.
Nur als Bürogehilfe, Hilfsarbeiter und Stift, wie man uns gern nannte, konnten wir uns im Verwal
tungsdienst betätigen. Für Sklavendienste waren wir immer gut.
Jeder Bedarf an Beamten wurde mit Bewerbern aus deutschen Gegenden gedeckt. Das war auch anders nicht zu erwarten, denn an der Spitze der Kreise, der Städte, der Gemeinden — ausgenommen die kleinen ländlichen Gemeinden — stand — steht heute noch! — eine hakatistisch durchgebildete Persönlichkeit. Mag der stockdeutsche Bewerber noch so dumm gewesen sein, er bekam stets den Beamtenposten, wenn er nur ein guter Hakatist ge
wesen ist. Dummheit war kein Hindernis. Er brauchte auch nicht zu arbeiten, die Arbeit leisten die als Bürogehilfen etc. tätigen polnischen Sklaven.
Der Beamte übernimmt nur die „Verantwortung“
für die Arbeit.
So setzt sich die Beamtenschaft zu 90% aus wah
ren Hakatisten, zu 10% aus Oberschlesiern. Von diesen 10% sind 4 Sechstel Militäranwärter, die ge
setzlichen Anspruch auf Anstellung haben, weil die Behörden verpflichtet sind, die mittleren Beamten
stellen zur Hälfte mit Militäranwärtern zu besetzen;
2 Sechstel sind Renegaten, die ihre polnische Natio
nalität verleugnet und zur Bekräftigung dafür ihren polnisch klingenden Namen verdeutschen liessen.
- Von dieser Beamtenschaft, deren Herz keine Lie
be, wohl aber Hakatismus birgt, wird das oberschle
sische Volk beherrscht.
Stets von diesen Hechten im Karpfenteich ver
folgt, konnten wir nie unsere Talente entfalten, un
seren Drang nach geistiger Betätigung befriedigen.
Aber diese Zustände gehören noch nicht der Ver
gangenheit an. Sie dauern heute noch und bleiben solange wir unter der preussischen Herrschaft sind.
Auch die deutsche Revolution hat uns nicht die Freiheit gebracht. Die neue Regierung hat uns Oberschlesiern die Freiheit versprochen. Ja, sie ver
spricht uns alles, was wir uns wünschen, aber wer glaubt an die Versprechungen, die nur aus der Angst vor dem Verlust Oberschlesiens geboren sind?
Den Anfang hat die Regierung,zwar gemacht.
An die Spitze der Regierung in Oppeln hat sie einen Oberschlesier als Regierungspräsidenten gesetzt und der Kreis Rybnik erhielt einen Oberschlesier als Landrat. Dieser Anfang scheint auch alles und das Ende zu sein.
Wie ehrlich die preussische Regierung mit der Freiheit meint, sieht man zu deutlich. Es ist auch ein Akt der Freiheit, wenn die preussische Regie
rung die Gemeindewahlen für Oberschlesien, wie auch für alle anderen preuss. Landesteile mit polni
scher Bevölkerung aufhebt. Die Freiheit ist noch erweitert durch den Belagerungszustand, durch den
„Grenzschutz“ und die Einschränkung im Eisen
bahnverkehr, die nur im oberschl. Bezirk besteht.
Ist denn der Begriff Freiheit wirklich so dehnbar?
Und das alles geschieht unter einer „sozialisti
schen“ Regierung. Wie wird nur unsere Freiheit unter einer aus Rechtssozialisten, „Demokraten“ und Zentrumsleuten zusammengesetzten Regierung aus
sehen? Wir wollen diese Zeit nicht erleben!
Wer kann uns die Freiheit in wahrem Sinne des Wortes geben? Nicht Preussen — nein — Polen, wo
hin Oberschlesien gehört. Nur dann kann sich das unterdrückte oberschlesische Volk frei, ungehindert entwickeln. Nur in dem Land unserer Väter ist uns die Freiheit gewiss!
Oberschlesier! Seht ihr nicht, der deutsche Mi
chel kommt mit Versprechungen. Was sind diese Versprechungen? Nichts weiter als Schlafpulver, mit dem das erwachte, nach Freiheit rufende ober
schlesische Volk wieder in den Schlaf eingelullt werden soll. Verschläft es die passende Zeit, die Zeit der Selbstbestimmung, dann ist zu spät, eine zweite Gelegenheit kommt nicht wieder.
Verdeutschte Polen! Wacht auf aus dem poli
tischen Schlaf! Reibt euch den Schlaf aus den Augen!
Freilich sind wir viele verdeutscht und haben unsere Muttersprache zum grossen Teile vergessen.
Aber was hat das zu sagen! In unseren Adern rinnt polnisches Blut, und das genügt. Unsere liebe Mut
tersprache werden wir schon wieder beherrschen lernen, und sie wird uns so geläufig werden, wie uns die deutsche Sprache geläufig ist.
Oberschlesien ist polnisches Land und gehört zu
Polen! Sch...
Wozu der Belagerungszustand gut ist.
Während des „Protest“-Rummels gegen den An
schluss Oberschlesiens an Polen, den die Ostmarken- vereinler in öffentlichen Versammlungen veranstal
teten — andere Vereine dürfen bekanntlich während des Belagerungszustandes nur Mitgliederversamm
lungen abhalten —, richtete ne an sich so ein. dass
bei der Eröffnung der Versammlung freie Ausspra
che zugesichert wurde, die aber für die Gegner nie
mals in Anwendung kam. Entweder redeten die offi
ziellen Redner so lange, dass die Versammlung we
gen „vorgerückter Stunde“ geschlossen werden musste, oder die gegnerischen Stimmen wurden ein
fach niedergeschrieen und die Diskussionsredner dann noch insultiert. So erging es zwei Diskussions
rednern in einer Versammlung des Ostmarkenvereins in Sohrau, dem Apotheker Baldyk und dem Organi
sten Samulowski. Aber nicht nur das. Man hat sie auch noch in „Schutzhaft“ genommen und später verhaftet, um ihnen wegen Hochverrats, Hausfrie
densbruchs, Aufruhrs und Störung einer Versamm
lung vor dem Kriegsgericht den Process zu machen.
Die ersten Anklagepunkte erwiesen sich als revolu
tionärer „Freiheits“blech und mussten fallengelas
sen werden. Es blieb nur die Anklage wegen Störung einer Versammlung übrig. Da es sich somit um eine Lappalie handelte, durfte man annehmen, dass sie mit einer geringen Geldstrafe gesühnt worden wäre.
Aber weit gefehlt! Sechs Monate Gefängnis erhielten dafür die bedauernswerten Opfer der „freien Aus
sprache“ der Qstmarkenvereinler. Dieses Urteil ist umso unerhörter, als nur der Belagerungszustand die Möglichkeit schaffte, die Angeklagten überhaupt zu bestrafen. So schreibt der „Oberschlesische Ku
rier“ (Nr. 65 vorn 19. d. Mts.) mit Recht:
„In gewöhnlichen Zeiten ist „Störung einer Versammlung“, soweit nicht Hausfriedensbruch mit vorliegt, kein strafbares Delikt. Nur der Um
stand, dass z. Z. Belagerungszustand besteht, gab die Möglichkeit, eine Strafe zu verhängen.
Nun wissen wir, wozu der Belagerungszustand f gut ist und weshalb ihn der rote Staatskommissar Hörsing so über den grünen Klee lobte. Den Ost- markenvereinlern gibt er die volle Freiheit für die Veranstaltung eines künstlichen „Protest“-Rummels, dem sogar militärischer Schutz gewährt wird. Die polnische Bevölkerung Oberschlesiens aber soll er nicht nur knebeln, sondern ihr auch noch zu schwe
ren Gefängnisstrafen verhelfen für Vergehen, die sonst überhaupt nicht strafbar sind. Und man bil
det sich noch ein, auf diese Weise die Liebe zu dem alten Preussen der Bedrücker und Expropriateure heben zu können. Vielleicht kommt die Entente doch endlich zu der Einsicht, dass man diesen Wüterichen die polnische Bevölkerung Oberschlesiens nicht schutzlos überantworten kann. Es wäre wirklich die höchste Zeit.
Das Ausbeutungsobjekt des oberschlesisehen
„Sehiaehtschitzentums“.
Die sattsam bekannte „Schlesische Volksztg.“
das freiwillige Organ des jetzt nicht mehr moder
nen Ostmark en Vereins, bringt in ihrer Nr. 141 vom 18. März einen wutschnaubenden Artikel, in dem sie ein Memorandum des Referenten für polnische Fra
gen beim französischen Ministerium für auswärtige Angelegenheiten behandelt und es dann recht
„schwungvoll“ kommentiert. Dabei begeht sie die Unvorsichtigkeit, indirekt daran zu erinnern, wer j e t z t eigentlich Oberschlesien ausbeutet. Sie sagt, Oberschlesien wolle kein Ausbeutungsobjekt für das
„grosspolnische Schlachtschitzentum“ sein. Das war unvorsichtig, denn der Oberschlesier wird dadurch direkt auf den Gedanken gestossen, sich zu fragen, wer denn eigentlich jetzt Oberschlesien ausbeutet u.
dabei noch das Volk in der schmählichsten Weise behandelt. Es sind das überall bekannte Namen, für die die „Schles. Volksztg.“ ein besonderes Ver
ständnis hat, weil sich darunter manche Zentrums
grafen befinden und diese lauten: Ballestrem, Schaff- gotsch, Donnersmarck, Hohenlohe, von Giesches Er
ben, Fürst Pless, Lichnowsky usw., und alles das sind höchst feudale preussische „Schlachtschitzen“, zu de
nen sich noch verschiedene Geldsack-Schlachtschi- tzen hinzugesellen, deren Urväter Wiege einst in Pa
lästina stand, wie Friedländer-Fuld, Cäsar Wollheim dessen Namen so lebhaft an das Handelsobjekt sei
ner Vorfahren, die Wolle, erinnert, Silberstein und Hunderte anderer, kleinerer Nutzniesser der schwe
ren, gefahrvollen Arbeit der polnischen Oberschle
sier. Alle diese Leute haben seit 1870 bis zum Aus
bruch des Krieges und auch während desselben das goldene Zeitalter durchgemacht, von dem der Rek
tor Piechatzek in Versammlungen sprach, während das Volk oft hungerte. Diesen „Schlachtschitzen“
soll Oberschlesien als warmes Nest und reiche Fut
terkrippe verbleiben, deshalb will man die Ober
schlesier mit dem Gespenst des „grosspolnischen Schlachtschi tzentums“ schrecken. Das neue polni
sche Reich ist aber als Volksstaat im besten Sinne des Wortes erstanden und weder der Adel, noch sonst eine Kaste kann da so, wie in Preussen, vor
herrschend sein. Dort regiert eben das Volk, dem auch die Früchte Oberschlesiens zugute kommen würden, und nicht einzelnen hochstehenden Persön
lichkeiten, wie es jetzt in Oberschlesien der Fall ist.
Also mit dem „grosspolnischen Schlachtschitzen
tum“ ist es wieder mal nichts, dagegen hat die „Schl.
Volkszt.“ unwillkürlich die Erinnerung daran wach
gerufen, unter was für einer Herrschaft Oberschle
sien heute noch zu seufzen hat. Ihre Hinweise auf den von deutsch-hakatistischer Seite geleiteten „Pro
testrummel“ gegen den Anschluss an Polen und die Wahlergebnisse brauchen hier garnicht erst erwähnt zu werden, da es sogar jedem Kinde bekannt ist, wie diese zustande kamen. Gegen eine Volksabstimmung aber brauchte man nichts einzuwenden haben, Vor
aussetzung wäre nur, dass die gegenwärtigen Be
hörden und Machthaber beseitigt würden, die schon anlässlich der Wahlen an den Nationalversammlun
gen; den grössten Missbrauch ihrer Amtsgewalt ge trieben haben (unbegründete Verhaftungen, Belage rungszustand, amtliche Flugzettel usw.) und sich so gar den Belagerungzustand leisteten, damit die Ober schlesier auch „richtig“ wählten. Eine Volksab Stimmung unter der Herrschaft dieser Gesellschaf wäre selbstverständlich undenkbar, sie könnte nu unter dem Schutze neutraler oder der Ententeheer vor sich gehen, um ein zutreffendes Ergebnis zu zei tigen. Aber ein solches Befragen des Volkes durcl die Entente würde wahrscheinlich die „Schl. Volks ztg.“ selbst nicht wünschen, denn das Volksurtel würde für ihre Genossen voraussichtlich noch zei schmetternder sein, wie die Niederlage Deutsch lands im Weltkriege, in dem man ja nicht besieg sein will.
Deutsche Volkswehren in Ober Schlesien.
Die „Schlesische Zeitung“ berichtet was folgt:
„Gleiwitz, den 22. März. Ein schönes militari sebes Bild bot sich in diesen Tagen in unserer Stadl Unter den Klängen einer Jäger-Kapelle marschiert wohlgeordnet die Gleiwitzer „Freiwillige Volkswehr Kompagnie“ die Hauptstrasse entlang. Die Kompa gnie ist 300 Mann stark, untersteht der 117. I. E und sorgt in der Stadt für unbedingte Ruhe um Ordnung.“
Der deutschen Bevölkerung wird also die Bil dung von Volkswehren von der Regierung, welch ihr die Waffen liefert und sie auch offenbar ent lohnt, gestattet. Ende Dezember hatte der Regie rungspräsident in Oppeln eine von ihm selbst unter zeichnete Warnung veröffentlicht, Inhalts deren di Bildung polnischer Volkswehren sich als Hoch- ode Landesverrat darstelle. Nach Verhängung des Bela gerungszustandes im Industriebezirk wurde eine voi dem Regierungspräsidenten und dem Zentral-, Ar beiter- und Soldatenrat unterzeichnete Warnung ebenfalls desselben Inhalts, veröffentlicht.
Die polnische Bevölkerung weiss also heute we nigstens, dass die heutige Regierung berechtigt zi seii} glaubt, die deutsche Bürgerschaft zu bewaff nen, das polnische Volk, das aber die grosse Mehr beit darstellt, soll nach wie vor wehrlos bleiben.
„Polengreuel.“
Nach den „Pol. Pari. Nachrichten“ vom 16. Ja tiuar 1919 hat der Bürgermeister Block in Schubii zu Protokoll gegeben, dass die Polen am 11. Janua’
d. Js. bei der Besetzung der Stadt Schubin deutsch«
Frauen und Kinder in unmenschlicher Weise nieder gemacht hätten.
Die Nachricht ist vom „Vorwärts“ und änderet Zeitungen wiedergegeben worden.
Jetzt nehmen deutsche Bürger in Schubin it nachstehender Erklärung hierzu Stellung:
„Der „Vorwärts“ und andere Berliner Zeitungei bringen die Nachricht, die Polen hätten nach dei Eroberung unserer Stadt am 11. Januar d. J. deut
sche Frauen und Kinder . niedergemacht, wie dei Bürgermeister Block zu Protokoll gegeben hat.
Wir Endesunterschriebenen erklären unaufge
fordert diese Aussage als eine Lüge.“
Deppe, Veterinär-Rat. Krüger, Pastor.
Eieick, Distrikts-Kommissar.
Vereinigte Staaten.
13 e r n. Zu der Wolffmeldung über eine Behaup
tung der „Deutschen Allgemeinen Zeitung“, wonach die vom „Committee on Public Information of the United Staates of America“ (einem von Präsident Wilson geschaffenen offiziellen Nachrichtenbureau, dessen Publikationen mit der vollen Autorität der amerikanischen Regierung gedeckt sind) in. einem Berner Verlag herausgegebenen Dokumente über die
„Deutsch - bolschewistische Verschwö
rung“ Fälschungen seien, wird uns von diesem Verlag mitgeteilt: Die „Deutsche Allgemeine Zei
tung“ bezieht sich dabei auf einen Bericht der „New- York Evening Post“, vergisst jedoch ihren Lesern mitzuteilen, dass die von diesem Blatte gegen die Antenzität dieser Dokumente angeführten Argumen
te durch den zum Zwecke ihrer Prüfung eingesetzten Spezialausschuss des Nationaldepartementes für Ge
schichtswesen in Washington als völlig unbegründet und haltlos festgestellt worden sind. J. Franklin Ja
meson und Samuel N. Harper, die bekannten ameri
kanischen Gelehrten, erklären nach Mitteilung der
„Public Information“ in diesem Gutachten, dass eine nach allen Methoden der Geschichtsforschung voll
zogene Prüfung der Dokumente deren unanfechtbare Aechtheit und Autenzität ergeben habe.
^etsellschem.
Der Unterzeichnete bestellt hiermit bei dem Postamt für die Monate April. Mai und Juni 1919 die in Oppeln erscheinende Zeitung
„Der Weisse Adler “
für 1,50 Mk., mit Abtrag 1.62 Mk.
Herr ...
Quittung,
öbige ...Mark...'..Pf. erhalten zu haben, bescheinigt
-...,den.. .... ...,,....,«.„191#.
An die Redaktion
der „Schlesischen Volkszeitung“
in B r e s 1 a u.
In Ihrer Nummer 199 vom 18. d. M. machen Sic in dem Artikel „Verhandlungen mit den Posener Gross pol en?“ einen Zusatz zu dem Bericht der „Dtsch. Allgem. Ztg.“ in so gehässiger Weise, dass ich mich immer wieder fragen muss, wie es denn möglich ist, dass gerade ein katholi
sches Blatt, welches doch nach der Lehre Christi redigiert werden sollte, sich schon so oft solch schmä- licher Gehergriffe in Beurteilung der Polenfrage er
lauben konnte. Ich kann dies wohl nur darauf zu
rück führen, dass in der Leitung dieser politischen Abteilung entweder ein aus einer anderen Weltge
gend eingewanderter Herr sitzt, der keine blasse Ahnung von der oberschlesischen Bevölkerung hat, oder es sitzt eben auf diesem Redaktionsschemel ein Hakatist, wie denselben der Ostmarkenverein sich nicht besser zu wünschen braucht. Auf all die un
gerechten Schmähungen will ich nicht näher ein
gehen, aber soviel kann ich dem ungläubigen Thomas schon verraten, dass alle die im Protest des Unter
kommissar Justizrat Czapla, Beuthen, zur Sprache gebrachten Anklagen auf Wahrheit beruhen. Auf die
„freie Meinungsäusserung der Presse“ aber will ich etwas näher eingehen. Seit dem ersten Januar er
schien in unserem Verlage eine Wochenschrift unter dem Titel „Der Weisse Adler“. Derselbe brand
markte alle Auswüchse in der Polenpolitik und geisselte in scharfen, aber wahren Worten die Ma
chinationen der „Freien Vereinigung zum Schutze Oberschlesiens“, deren Mitglieder sich zum grossen Teil aus einer grossen Zahl von Regierungs- und anderen Beamten und Personen zusammensetzen, welche von der Regierung zu Oppeln abhängig sind.
„Der Weisse Adler“ wurde am 29. März nachmittags
%5 Uhr durch nachstehendes Schreiben verboten:
VI. Armeekorps.
Generalkommando. Bresla u, d. 29. März 1919.
Abtl. IcJ. Nr. 2503/19.
An die Schriftleitung des „Weissen Adler“
in O p p e 1 n.
Mit Rücksicht auf die aufhetzende Tendenz des Blattes sehe ich mich im Einvernehmen mit dem Volksrat zu Breslau, Zentralrat für die Provinz Schle
sien, genötigt, das Erscheinen des „Weissen Adler“
für die Dauer von 4 W oche n, und zwar vom 1. 4.
1919 ab, zu verbieten.
Das Verbot des Weitererscheinens darf dem Le
serkreise der Zeitung nur in folgender Weise bekannt gegeben werden:
„Auf Grund eines Verbotes des Militär-Befehls
habers müssen wir das Erscheinen unserer Zeitung vom 1. 4. 1919 ab auf die Dauer von 4 Wochen ein
stellen. (Unterschrift.)“
Jede andere Art der Bekanntmachung, sowie jede öffentliche Erörterung des Verbotes wird aüf Grund des § 9 b des Gesetzes über den Belagerungszustand vom 4. Juni 1851 (Gesetz-Samml. S. 451 ff.) in Ver
bindung mit dem Gesetz vom 11. Dezember 1915 (Reichsges. Bl. S. 813) unter Hinweis auf die dort angedrohten Strafen verboten.
Der Kommandierende General des VI. Armeekorps I. V.: W. Friedeburg.
? Aus vorstehendem Schreiben kann sich jeder I überzeugen, dass das Generalkommando und der Volksrat zu Breslau sich als Paravant den Militär
befehlshaber ausgesucht hatten. Da ein Zeitraum von 4 Wochen für ein Wochenblatt eine lange Zeit ist, fuhr ich am 10. d. M. persönlich nach Breslau, um gegen das Verbot Beschwerde einzulegen. Im Generalkommando wurde ich nach Zimmer 49 zum Herrn Hauptmann Krüger verwiesen. Diesen Herrn fragte ich, welches Artikels wegen das Verbot des
„Weissen Adler“ erlassen sei und warum denn nicht vorher eine Verwarnung erfolgte, da dies doch bei dem Generalkommando des alten Regimes stets der Fall gewesen sei. Herr Hauptmann Krüger erklärte,
„dass nicht ein, sondern mehrere Artikel zu dem Verbot geführt hätten“ und zeigte als Beweis dea mit roten Strichen versehenen „W. Adler“. Ich er
klärte ihm, „dass doch der Inhalt dieser Artikel auf Wahrheit beruhe“, darauf antwortete Herr Krüger:
„Das kann alles wahr sein, wir wollen die Artikel gar nicht darauf prüfen, aber das dürfen Sie nicht schreiben!“ Als ich mich darauf berief, dass doch viele von diesen Artikeln und noch viel schärfere in deutschen Zeitungen veröffentlicht waren, sagte der Herr: „Aber Sie dürfen es nicht bringen, denn so lange Oberschlesien noch zu Preussen gehört, haben wir die Macht und auch den Willen, alles zu unter
drücken, wodurch das Volk aufgehetzt würde!“ (Rich- j tiger wäre: „aufgeklärt“.) Der Herr Hauptmann teilte ' auch mit, dass noch mehrere polnische Zeitungen verboten werden würden, denn die „Gazeta Ludowa“
ist schon verboten (über 4 Wochen dauert schon die Sperre), andere Verbote würden folgen. Dazu haben wir ja den Belagerungszustand! Ich antwortete da
rauf: „Also dazu haben wir den Belagerungszustand, damit Sie polnische Zeitungen unterdrücken können, j — eine schöne Freiheit!“ (In Oppeln, Kreuzburg,
¡ Rosenberg, Lublinitz haben wir den Belagerungszu- / stand seit dem 11. März, trotzdem eine Ruhe herrscht i wie in Friedenszeiten. Äusser den wüsten Ausschrei- i fungen, welche sich der Grenzschutz am 3. Januar i in Lublinitz, die Sozialdemokraten am 12. Januar in I Oppeln gegen die Polen leisteten, kam nichts vor, I und trotzdem wird dieser Zustand nicht aufgehoben.)
¡ Herr Krüger teilte noch mit, dass er 4 Jahre im Ge- Í neralkommando (den Krieg mitgemacht) polnische ' Zeitungen zensuriert habe, er wisse also, was in die-
; sen Blättern gebracht wird.
Dass ist nun ein kleines Bild über die Freiheit
¡der polnischen Presse, welche jetzt noch : schlimmer daran ist, als in den Kriegsjahren..
Die „Schlesische Volkszeitung“ feierte vor kur I zem ihr 50-jähriges Jubiläum, zu welchem sie viele I Glückwünsche erhielt. Die Polen konnten sich daran I nicht beteiligen, da die „Schl. Volksztg.“ ihre Spalte»
Í nicht zur Verteidigung, sondern zur Verhetzung der Polen offen hatte. Anders war es noch zur Zeit de»
Chefredakteurs Nowäk, der, wenn er auch oft auf irriger Grundlage polemisierte, wenigstens bestrebt war, den katholischen Standpunkt nicht zu verlasse».
Auch der verstorbene Redakte r Neise von der
„Neisser Ztg.“ wäre wohl kaum imstande gewesea, so zu verfahren, wie es die jetzige Redaktion der
„Schl. Volksztg.“ tut.
Selbst die deutschfreundlichen Oberschlesier le
gen jetzt die „Schlesische Volkszeitung“ mit Schau
dern aus der Hand, da dieselbe fast in jeder Nummer Schmähartikel gegen die Polen bringt. Ich bin Ober
Schlesierin und kenne meine Landsleute sehr genau.
Vor der Zukunft ist uns nicht bange, da dieselbe sich nach § 13 der Wilson’schen Punkte gestalten wird. Die wahren Freunde des oberschlesischen Vol
kes sind weder bei der vorigen noch jetzigen Regie
rung zu suchen, auch nicht in der Redaktion der
„Schles. Volksztg.“, welcher ich jetzt in der Char- woche bei Betrachtung des Leidensweges Christi die Worte des Heilandes zurufen möchte: „Weinet nicht übei- mich, sondern über Euch und über eure Kin
der.“ Denn Polen wird jetzt, nachdem es über ein Jahrhundert im Grabe gelegen hat, glorreich auf
erstehen, während für Deutschland, wie es dieselbe Nummer 199 der „Schles. Volkszeitung“ unter den Titel „Was kann uns retten?“ selbst zugiebt, '
eine traurige Zukunft besehieden ist. Da Sie kann so loyal sein werden, diese Erwiderung in die Spal
ten Ihrer Zeitung aufzunehmen, habe ich dies Schrei
ben gleich an einige Ihrer Leser, besonders Geist
liche, abgesandt.
Oppeln, Charfreitag 1919.
Fr. V. Koraszewska aus der Redaktion der „Gazeta Opolska" und
des „W ei ss en Adle r“.
P. S. Eben wird uns vom Breslauer General
kommando die Nachricht zuteil, da§s auch die täg
lich erscheinende „Gazeta Opolska“ vom 20. April er.
atif vier Wochen gesperrt ist. Das Verbot ist gleich-
’ lautend mit dem oben angeführten.