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Die Presse 1911, Jg. 29, Nr. 121 Zweites Blatt, Drittes Blatt

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Nr. 121

Die p rell 28. Jtthrg.

Wmärklsche Tageszeitung

A u s g a b e täglich abends mit Ansschlns; der S o n n - nnd Festtage. — A e z u g s p r e i s für Thorn S t a d t nnd Vorstädte frei ins H a n s vierteljährlich 2,26 Mk., monatlich 75 Ps., von der Geschäfts- und den Ausgabestellen abgeholt, vierteljährlich 1,80 Mk., monatlich 60 P f ., durch ! die Post bezogen ohne Znstellnngsgebühr 2,00 Mk., mit Bestellgebühr 8,42 Mk. Einzel- '

nnm m er (Belagexem plar) 10 P f .

Anzeiger für Stadt nnd Land

S c h r i f t l e i t u n g u n d G e s c h ä f t s s t e l l e : H a th a rin errstra h e Nr. 4 . Fernsprecher 57

B r i e f - n n d Telegramm-Adresse: „ P r e s s e , T h o r n . "

! (Thorrrer Presse)

A ttz e ig e « » u r e r s die 6 gespaltene Kölonelzeile oder deren Nan»n 15 P f ., für Stellenange bote nnd -Gesuche, W oh nn n g sa nz eig e n, A n - u n d Verkäufe 10 P f ., (für amtliche Anzeigen, alle A nzeigen außerhalb Westpreußens nnd P o s e n s und durch Vermittlung 16 P f.,) für A nzeigen mit P l a ß - Vorschrift 25 P f . I m Neklameteil kostet die J e tte 6 0 P f . R a ba tt nach Tarif. — Arizeigenanfträge nehmen an alte soliden Anzeigenvermittlnngsstellen des I n - und A u s la n d e s . — Anzeigen- annähme in der Geschäftsstelle bis l tthr m ittags, größere A nz eige n sind tags vorher aufzugeben.

Thorn. Mittwoch den 2^. Mai 1W .

Druck und V e r la g der C. D o m b r o w s k i ' s c h e u Buchdnlckereiiu T h o r n . Verantwortlich für die Schriftleitnng: H e i n r . W a r t m a n n in Thorn

Z usen d u n gen sind nicht an eine P e r s o n , sondern an die S ch riftleitu n g oder Geschäftsstelle zu r ic h t e n . - - B e i E in sen d u n g redaktioneller B e it r ä g e w ird gleichzeitig A n g a b e d e s H o n o r a r s erbeteli; nachträgliche F o rd eru n g en können nicht berücksichtigt w erd en . Unbenutzte E in se n d u n g e n w e rd en nicht aufbew ahrt, u n v erla n g te M anuskripte n u r zurückgeschickt, w e n n d a s P o s tg e ld für die Rücksendung b eigefügt ist.

Mehrheitrvariationeil.

Es wird uns geschrieben:

Wenn der Popanz schwarz-blauer Block se gelebt hätte, so wäre ihm jetzt ein Sterbelied­

lein zu singen. Wo sind die Vorlagen, denen in diesen Wochen nur vom geschlossenen Ein­

treten der Rechten und der M itte Heil kommt?

Die gegenwärtige Lage im In n ern erinnert stark an die letzten Stunden des konservativ- liberalen Blocks, da man am Regierungstische plötzlich entdeckte, das Zentrum sei niemals ausgeschaltet worden, und in der Weitherzig- keit schlechter Zeiten geneigt war, selbst von der Sozialdemolratie positive M itarbeit mit artigem Danke entgegenzunehmen. Bei der preußischen Feuerbestattungsvorlage spielt der Zehngebote-Hofsmann den freiwilligen Regie­

rungskommissar und hoffentlich braucht die preußische Regierung diesen „Staatsm ann"

nicht ins Herrenhaus zu berufen, um sich auch dort für Herrn von Dallwitz' Schmerzenskind eine Mehrheit von 2 Stimmen zu sichern. Im Reichstage aber sitzt Exzellenz Delbrück mit Reichsparteilern, Zentrumsleuten, Liberalen und Sozialdemokraten zusammen, um zu erfor­

schen, wie er durch eine uferlose Nachgiebigkeit eine Mehrheit für die elsaß-lothringische Ver­

fassungsreform zusammenleimen kann. Bei dem großen Werk der Versicherungsordnung wieder stützen sich die verbündeten Regierungen auf Rechte, Zentrum und Nationalliberale und wehren zusammen mit dieser M ehrheit die eifrigen Versuche der Freisinnigen und Sozial­

demokraten ab, das schon reichlich belastete Schiff durch ewig neue Mshrforderungen zum Sinken zu bringen. Die Nationalliberalen leisteten sich zwar mit ihrem Eintreten für Her­

absetzung der Altersversicherungsgrenze eine eigenartige Extratour, die die Vorlage fast zum Scheitern gebracht hätte, aber hoffentlich unterbleiben künftig solche Seitensprünge. da­

mit der große und wichtige Entwurf demnächst mit stattlicher Mehrheit verabschiedet werden kann. Möglich, daß der deutsch-schwedische Han­

delsvertrag wieder eine andere Mehrheit bringt und was nach den Neuwahlen aus der Zeiten Schoße gehoben wird, steht noch dahin.

Abwechslung erfreut. Allein es scheint, daß hier des Guten schon jetzt ein bischen viel, wenn nicht zu viel geboten wird.

Kein Verständiger erwartet, daß sich ein Reichskanzler oder eine Staatsregierung auf Wohl und Wehe mit einer bestimmten Mehr­

heit verbünde. Fürst Bülow hat diesen Fehler begangen, ja er hatte sein Schicksal schließlich sogar mit dem eines Teiles dieser Mehrheit verkettet und so waren Instrum ent wie Sänger früher oder später zum Versagen verurteilt.

Diese Spuren schrecken und so muß bei unserem vielgestaltigen Parteileben die Regierung das Recht haben, bei der Durchführung ihrer P oli­

tik unter Umständen auch auf Mehrheitsvari- ationen zu sinnen. Geschieht dies auch jetzt im Reich und in Preußen, so können aus der T at­

sache an sich Vorwürfe gegen die leitenden Re­

gierungsstellen nicht abgeleitet werden. Als Herr von Bethmann Hollweg den Kanzlerpalast bezog, stand es ja auch von vornherein fest, daß er im Gegensatz zu seinem Vorgänger mir wechselnden Mehrheiten arbeiten werde. Aber etwas anderes ist es, Notwendigkeiten klar er­

kennen und zu ihrer gesetzgeberischen Verwirk­

lichung eine Mehrheit zu bilden und etwas anderes, nach Mehrheiten zu Häschen, ein stol­

zes Unannehmbar nach dem andern, blos damit etwas zustande komme, über Nacht vergessen und zwecks einer Mehrheitsbildung selbst an diejenige Tür anzuklopfen, hinter der die Tod­

feinde der bürgerlichen Gesellschaftsordnung und die unversöhnlichen Gegner des monarchi­

schen Gedankens Hausen. Irgendwo ist S ta ats­

sekretär Delbrück der Minister mit der glück­

lichen Hand genannt worden. Rechtfertigt er diesen Ehrennamen, so sei er ihm von Herzen gegönnt. Aber wer sich eine Mehrheit für seine Vorlage nur unter Heranziehung auch der re­

volutionären Sozialdemokratie sichern kann, be­

weist wahrlich keine glückliche Hand, und besser wäre da, eine energische Hand, die lieber eine Vorlage zurückzieht, statt sie Schultern anzu­

vertrauen, die ihre Kraft nimmer zu selbstlos ausbauender Arbeit leihen. Diese Mehrheit um joden Preis, diese wahllose Annahme von Bundesgenossen gibt der augenblicklichen inne­

ren Politik im Reich ein mehr als unerfreu­

liches Gepräge, schafft unnütz Verwirrung und muß sich in den kommenden Tagen schwerer Entscheidungen vermutlich bitter rächen.

Glückauf der Regierung, die sich nicht allein auf eine feste, durch die gleichen Erundanschau- ungen geeinte Mehrheit stützen kann, sondern auch d i e s e G r u n d a n s c h a u u n g e n s e l bs t v e r t r i t t . Es scheint allerdings, als entfernen sich die deutschen Verhältnisse von diesem Id eal immer weiter, und es kommt hin­

zu, daß die Leim Wirken der Mehrheitspartei unentbehrlichen politischen Tugenden wie Selbstlosigkeit, Selbstbescheidung, Rückgrat und Verantwortlichkeitsgefühl bedrohlich zum S in ­ ken kommen. Das vom Landtagsabgeordneten von Brandenstein gelegentlich zitierte Wort

„Der eine fragt: Was kommt davon? Der andere: Ist es recht?" wirft auf diese ganzen Verhältnisse in der Tat ein bezeichnendes Licht.

Die W ahlagitation wird der Zugehörigkeit zur Mehrheit vielfach vorgezogen, und wo die Über­

zeugung einmal gebieterisch den Platz in der Mehrheit anweist, leisten sich einzelne Frak­

tionen dann doch Verneigungen vor der M in­

derheit und ihrer Wühlarbeit, die reichlich zu Lenken geben. Vor Beginn der zweiten Lesung der Reichsversicherungsordnung hätte es wohl niemand für möglich gehalten, daß es ein na­

tionalliberaler Abgeordneter über sich bekäme, die sozialdemokratischen Anträge, deren Ten­

denz doch unschwer zu erkennen ist, als zum guten Teil wohlbegründet Hinzusteller und die Prophezeiung, das Zusammengehen der Na­

tionalliberalen mit der Minderheit bei der Altersversicherungsgrenze werde das große Re­

formwerk an den Rand des Abgrundes drän­

gen, wäre überall als Beleidigung zurück­

gewiesen worden; von der Rücksichtnahme auf Industrie und Gewerbe ganz zu schweigen.

Aber solche Vorgänge sind ja im Bilde des augenblicklichen politischen Lebens ein typischer Zug. Launisch und unruhig spielt die Gegen­

w art mit Mehrheitsvariationen; wahllos in ihren Spielkameraden denkt sie nur des Erfol­

ges der Minute und nicht der bleibenden W ir­

kung in der Zukunft, und wer eine dem Lande frommende, sich selbst getreue Politik in erster Linie von einer starken Regierung erwartet, wird es mit Wehmut aussprechen müssen, daß bei den heutigen Zuständen im Reiche die Re­

gierung selbst einen Quell der Unstetigkeit dar­

stellt. '_______

Der Zormnerleutnant einst und jetzt.

Ein höherer Offizier schreibt: Seit durch eine kaiserliche Kabinettsorder (vom 27. J a ­ nuar 1907) eine endgiltige Neuregelung des bis dahin vielfach etwas genial gehandhabten Übungsganges der Unteroffiziere und Porte­

pee-Unteroffiziere des Beurlaubtenstandes ge­

schaffen worden ist, hat die achtwöchige Bade­

reise in Uniform, wjs die Herren von der Re­

serve und Landwehr gern ihre Dienstleistungen früher wähl stilisierten, für bequemer Veran­

lagte mancherlei von dem einstigen Reize ein­

gebüßt. Die Verpflichtung, die der Paragraph 46 im Absatz 9, den Befehlshabern aller Grade auferlegt, daß sie nämlich für die Heranbildung der zum Kriege erforderlichen Zahl an Re­

serve-Offizieren und -Offizierstellvertretern persönlich verantwortlich sind, wird neuerdings so genau beobachtet, daß das Stöhnen über die Anforderungen des Truppenübungsplatzes und der Garnison gelegentlich recht beweglich wird,

und

man den Weißen Hirsch als wahren Waisenknaben gegen die Entfettungskur der 66 Tage unter einem strammen Kommandeur anzusehen geneigt ist. Ein einfacher Hinweis auf die Besetzung der unteren mobilen Führer-

stellen, von denen zwei Drittel von Offizieren mit dem Kreuz im Helmadler versehen werden müssen, genügt, um die bittere Notwendigkeit der neuen Wege zu erkennen, den die Armee mit den T riariern des Kaisers geht. Sie sollen nach den Bestimmungen der Felddienstordnung zu ^vollwertigen Führern ihrer Truppe" er­

zogen werden und allen Anforderungen genü­

gen, die „an Kenntnissen und Erfahrungen, wie sittlichem Ernst und Charakterstärke" bei dem Offizier zu stellen sind. Darf nun auch zugegeben werden, daß Deutschland in seinem Offizierskorps des Beurlaubtenstandes eine an Kraft, an Zahl und an Leistungsfähigkeit von keinem anderen Heere Lbertroffene Waffe be­

sitzt, so deuten doch gewisse Anordnungen bei dem einen oder anderen Armeekorps darauf hin, daß die verantwortlichen militärischen Stellen keineswegs gesonnen sind, bei dem bis­

her Erreichten stille zu stehn, sondern daß man durch neue Verbesserungen die Ausbildung der ureigentlichen Träger der Eefechtschargen im Kriege immer weiter fördern möchte. So ist nach dem Beispiel der Artillerie, die ihre Re­

serveoffiziere nach Jüterbog zu instruktiven Scharfschießkursen einberuft, eine Sonderbeleh- rung von Infanterie- und Kavallerie-Offizie­

ren des Beurlautenstandes in der Feuerleitung und im Reiten vielfach schon eingerichtet und dürfte sich später, wenn erst die militärische Kostenfrage wieder etwas mehr Spielraum er­

halten kann, zu richtigen Kommandos an oie Jnfanterie-Schießschule und an die kleinen Reitschulen ä In Paderborn verdichten und ausbauen lassen. Einen sehr gangbaren weite­

ren Weg in ähnlicher Richtung hat der frühere Herr Kriegsminister, jetzige Kommandierende des 7. Armeekorps, General der Kavallerie von Einem, gewiesen, der eine.A rt von Austausch und Wettstreit von ziviler und militärischer Belehrung zwischen den aktiven und den Offi­

zieren des Beurlaubtenstandes angeregt und damit so gute Erfolge für beide Kategorien in seinem westfälischen Korps erzielt hatt«, daß dies Verfahren von der Heeresverwaltung allen anderen kommandierenden Generälen zur Nach- achtung empfohlen worden ist. Im letzten Kaisermanöver in Wbstpreußen hat man in sehr weitgehender Weise die Verlustausfälle der Truppe in der Schlacht geübt. Vielfach sind bei dem Sturm des 17. Armeekorps auf die rote Stellung östlich von Preußisch-Holland die Kompagnien an die Schanzen der Ostpreußen von Offizieren herangeführt worden, die dank des Helmüberzuges als zur Reserve gehörig nicht zu erkennen waren, aber, trotz ihres solda­

tischen Nur-Nebenamtes, ihre Sache so gut ge­

macht haben, daß die alte stereotype Redensart von dem Sommerleutnant, der keine drei M ann über den Rinnstein führen könne, als endgiltig erledigt erscheinen mußte. Wer die sich langsam, kriegsmäßig und zähe m it wenigen Führern heranarbeitenden westpreutzischen B a­

taillone damals gesehn hat, und des Vismarck- schen Wortes gedachte, daß der Offizier der Truppe das Gepräge gibt, der gerade durfte sich aus vollem soldatischen Herzens des einst so arg bespöttelten Sommerleutnants , Leistungen freuen, die der nimmer rastende Fortschritt und die Detailarbeit auf allen Gebieten unse­

res Heeres zuwege gebracht haben.

Politischr» TlMsschail.

Der Kaiser und die Konservativen.

Die alten T riarier der M onarchie aus der Rechten sind es gewohnt, daß m an sie „oben"

verklatscht; die neuen H erren des G eldadels rudern längst mit allen P olypenarm en zu Hofe. A ber die A rt, in welcher deren O rgane hsti und wieder ihre Geschäfte zu besorgen suchen, ist doch gar zu plum p. S o läßt sich jetzt die „Frankfurter Z eitung" au s B erlin dahin informieren, der Kaiser werde trotz des Widerspruches der Konservativen, da er von der Notwendigkeit der Reform überzeugt sei, die Verfassungsgesetze für Elsah-Loth-

ringen genehm igen; und im Anschluß an diese staatsrechtliche O ffenbarung bekommen dann die Konservativen von der Frankfurter!«

ein p aar bissige Bemerkungen, die aber nach

„oben" wirken sollen, zu hören. E tw a s Törichteres haben w ir in einem W eltblatte selten gelesen. E s gibt im Reiche (im U nter­

schied zu P reußen) bekanntlich nur zwei ge­

setzgebende Faktoren, nämlich B u n d esrat und Reichstag, und wenn der Reichstag eine V orlage des B u n d e sra ts annim m t, kann der Kaiser sie überhaupt nicht ablehnen, sondern m uß sie durch seine Unterschrift in K raft setzen. M it seiner S tellu n g zu den Konser­

vativen hat das gar nichts zu tu n ; aber auch die ist ganz anders, als „Frankfurter Z eitung" und ähnliche B lätter es — wünschen.

Denn sonst hieße der Reichskanzler ja wohl nicht v. B ethm ann Hollweg, sondern Ja m e s S im o n oder so ähnlich. D e n S ta r sollte m an sich doch ruhig stechen lassen.

Die Berwaltungsreform in Preußen.

D er S c h u l - und der F i n a n z a u s ­ s c h u ß der Jmmediatkommiffion zur V or­

bereitung der V erw altungsreform haben in den letzten T agen Sitzungen abgehalten. S ie bezweckten, die Beschlußfassung der V ollver­

sammlung der Jmmediatkommiffion über die O rganisation der staatlichen Schulaufsicht in der Bezirks- und Kreisinstanz und über die Einrichtung der V eranlagungsbehörden für Steuerangelegenheiten vorzubereiten. D er Schulausschuß hat seine vorbereitende T ätig ­ keit in der Sitzung vom 17. d. M . zum A b­

schluß gebracht und ist in der. Lage, m it be­

stimmten Vorschlägen an die V ollversam m lung heranzutreten. Auch der Finanzausschuß hat bestimmte S tellu n g zu einigen grundlegenden F ragen der O rganisation der Steuerbehörden genommen, sich aber die endgültige Beschluß­

fassung über eine der wichtigen und um- strittendsten F rag en noch vorbehalten. E r wird daher voraussichtlich vor der für die zweite Hälfte des M o n a ts J u n i in Aussicht genommenen Vollsitzung der Im m ediatkom - mission noch einm al zur abschließenden B e ­ ratung zusammentreten müssen.

Die Versicherung der Privatbeamten.

Gegen den von der R egierung seinerzeit zur Diskussion gestellten E ntw urf, der endlich auch die privaten Angestellten, die nicht ge­

werbliche A rbeiter sind, bis zu 3000 M ark Jahreseinkom m en in den S egen der V er­

sicherungsgesetzgebung einbeziehen wollte, lief m an von allen S eiten S tu rm . G enau so, wie einst gegen die sozialen Gesetze über­

haupt. Den meisten „B etroffenen" bietet das Gesetz selbstverständlich viel zu wenig andere wiederum beklagen es, daß die F re i­

heit der Selbstversicherung für Arbeitnehm er aufhöre und der Anreiz zu eigener sozialer Tätigkeit für Arbeitgeber. D er E ntw urf wird aber, wie m an jetzt erfährt, bestimmt an den Reichstag gelangen, nur mit wesentlichen Änderungen in einem P u n k t: bestehende Privatpensionskassen werden unter bestimmten Umständen als Ersatz für die S ta a ts v e r­

sicherung zugelassen, sodaß also fortan A nge­

stellte von R udolf Herzog, K rupp und ande­

ren „noblen F irm en " ihre günstigen P en sio n s­

verhältnisse nicht gegen m agere einzutauschen brauchen. F ü r das G ro s derjenigen P riv a t­

angestellten, die bisher überhaupt nichts hatten, bedeutet die V orlage aber doch unendlich viel, und sie sollten daher alles tun, um ihre A nnahm e zu erreichen. W ie viele Firm en lassen denn heute ihre Angestellten überhaupt noch bei sich alt w erd en ? Überall werden

„jüngere K räfte" verlangt, jeder drückt sich

von der Anstandspflicht, Altgedienete zu

pensionieren und für diese A rm en tritt d as

Gesetz ein. Diejenigen, die häufig ihre

S tellungen gewechselt haben, erhalten nun

doch eine Anerkennung ihrer Gesaintdienst-

zeit; und der Z w ang zur Versicherung ist

das allerbeste dabei, denn nirgendw o gab es

bisher so wenig Vorsorge für die Hinter-

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bliebenen, wie gerade bei den P rivatange­

stellten.

Der dem Reichstag zugegangene neue E n t­

w u rf eines Versicherungsgesetzes fü r Ange­

stellte

weist abweichend von der Veröffentlichung im „Reichsanzeiger" einen Abschnitt über Ersatzkassen auf (§Z 367 bis 377.) Danach bestimmt der Bundesrat auf A ntrag, daß Ersatzkassen zugelassen werden. Diese Kassen müssen vor Verkündung des neuen Gesetzes errichtet sein und sämtliche Versicherungs­

pflichtigen der Unternehmungen, fü r die sie errichtet sind, aufnehmen. Die Kassenleistungen müssen den reichsgesetzlichen Leistungen minde­

stens gleichwertig und in dieser Höhe gewähr­

leistet sein. Die Beiträge der Arbeitgeber müssen den reichsgesetzlichen Arbeitgeberbei­

trägen mindestens gleichkommen. Dabei sind besonders Zuwendungen anzurechnen. Den Versicherten muß bei der V erw altung der Kassen und bei der Entscheidung über die Gewährung von Kassenleistungen eine den Vorschriften dieses Gesetzes entsprechende M itw irk u n g eingeräumt sein.

Die M andate des Abgeordnetenhauses.

I m Abgeordnetenhause sind zurzeit 8 M andate e r l e d i g t und zwar 9 Liegnitz, 4 B e rlin , 9 Kassel, 4 Breslau, 5 B e rlin , 10 Kassel, 9 Merseburg, 12 Arnsberg.

Der deutsche Friedenskongreß

fand am 20. und 21. M a i in F r a n k f u r t a. M . statt. Neben den geschäftlichen Fragen referierte Nechtsanwalt von H a r d e r - M annheim über „A ktu a litä te n ". D r. R i c h t e r - Pforzheim sprach fü r den engeren Zusammen­

schluß der nationalen Friedensvereine. M it dem Kongreß w ar die Jubiläum sfeier des fünfundzwanzigjährigen Bestehens des Frank­

furter Friedensvereins verbunden. Die Fest­

rede hielt Geheimrat Professor D r. O s t w a l d- Leipzig über das Thema „A rb e it und K am pf".

D r. D i e tz-Frankfurt, der Verfasser der Iubiläum sschrift, gab einen geschichtlichen Rückblick und hob die Verdienste des G rü n ­ ders, des verstorbenen Patentanwals Franz W irth , hervor. Der M itg rü n d e r D r. Rößler wurde zum Ehrenmitglied ernannt. Die W eltpetition zugunsten der nächsten Haager Konferenz soll eine weitgehende Unterstützung erfahren. I n der Sonntagsversammlung sprach Professor D r. Q u i d d e-München über den Fortschritt der Rechtsideen in der Kulturentwicklung. S tadtpfa rre r U m f r i e d - S tu ttg a rt sprach über den Rllstungsstillstand und Richard F e l d h a u s -B a s e l über das Thema „D e r Friedensgedanke in der L ite ra ­ tu r". Der nächste Kongreß soll in Dresden abgehalten werden.

J u n g - und A ltlib e ra le .

Der landschaftliche Verband der N ationalliberalen in M i n d e n - R a v e n s - b e r g hat sich aufgelöst. Der Verband um­

faßte die Reichstagswahlkreise Minden-Lübbecke Schaumburg-Lippe, Halle-Herford, Bielefeld- Wiedenbrück und Lippe-Detmold. V eran­

lassung zu dem Schritt hat das M iß ve rh ä lt­

nis zwischen J u n g und Altliberalen gegeben.

Der Landtag des Fürstentums Reutz ältere L in ie

nahm am M ontag einstimmig den S ta a ts ­ vertrag zwischen dem Königreich- Sachsen und den Fürstentümern. Reuß jüngere und Lltere Linie, betreffend den Anschluß der Reußschen Fürstentümer an das sächsischeOberoerwaltungs- gericht in Dresden an. Der Staatsvertrag ist zunächst auf fünfzehn Jahre unkündbar;

er w ird voraussichtlich am 1. J u li 1912 in- kraft treten.

Zum Befinden Kaiser Franz Josefs.

A u s Gödöllö w ird vom M ontag gemeldet:

Der König, der sich des besten Wohlseins erfreut, ging heute früh drei Stunden im Park spazieren. Dann empfing er den öster­

reichischen Ministerpräsidenten D r. Freiherr»

v. Bienerth in Privataudienz. Professor von Neußer, der von dem Gesundheitszustand des Königs befriedigt ist, ist heute M itta g nach W ien zurückgereist.

Die türkisch-persischen Grenzstreitigkeiten.

Nach einer Blätterm eldung aus Teheran scheint ein Abkommen zwischen der türkischen und der persischen Regierung erzielt worden zu sein, dahingehend, daß sie dem Schieds- gerichtshof im Haag jeden Punkt überweisen wollen, über den auf der demnächst in Kon­

stantinopel stattfindenden Konferenz zur B e i­

legung der Grenzfragen keine E inigung er­

reicht werden kann.

Der türkisch - bulgarische Grenzzwkschenfall.

Die von türkischer Seite eingeleitete Unter­

suchung über die Erschießung eines bulgarischen Hauptmanns durch türkische Soldaten hat er­

geben, daß der Hauptmann zuerst auf die türkischen Soldaten Revolverschüsse abgegeben hat. — Eine M eldung aus S ofia besagt:

Die bulgarische Untersuchungskommission hat entgegen der türkischen Darstellung festgestellt, daß Hauptmann Io rg ie ff seinen Revolver nicht benutzt habe und daß der M o rd auf

bulgarischem Gebiete geschehen sei, wo der Leichnam des Hauptmanns m it Kugeln im Rücken aufgefunden wurde. — Der bulgarische Gesandte in Konstantinopel S arafow über­

mittelte schriftlich folgende Forderungen B u l­

gariens wegen der Erschießung des Haupt- manns Io r g ie ff: Bestrafung der schuldigen Soldaten, Genugtuung und Entschädigung für die Fam ilie des Hauptmanns. Der M i ­ nister des Äußern teilte S a ra fo w m it. daß drei türkische Soldaten vor das Kriegsge­

richt gestellt worden seien.

Die M arokkow irren.

Nach einer M eldung der Agence Havas wurde der Posten von T a u r i r t ain S o n n ­ tag 4 Uhr morgens von 200 Fußgängern und 60 Reitern angegriffen. Der Feind wurde in die Flucht geschlagen und ging über den M u lu ja zurück; er ließ fünf Tote zurück. - - Nach einem weiteren Telegramm aus T a u rirt haben die Batterien ih r Feuer auf 6000 M eter entfernte D uars eröffnet in denen die Feinde Deckung gesucht hatten. — A us M e r a d a w ird unter dem 19. d. M . ge­

meldet: Eine Erkundungsabteilung eröffnete Feuer auf Marokkaner, die auf dem linken Ufer der M u lu ja gestohlenes Vieh zur Tränke führten. — Der s p a n i s c h e M inister des Äußern erklärte auf eine Anfrage S orianos in der Deputiertenkammer, daß A l k a s s a r zur spanischen Einflnßzone gehöre, da es nicht weit van Larrasch liege, wo Spanien die Polizei auszuüben habe. Die spanischen Truppen würden dort einzuschreiten haben wenn die Ruhe gestört werden sollte. Der M inister fügte h in z u : Die von uns besetzten Stellungen werden geräumt werden, sobald alle Bestimmungen des spanisch-marokkani­

schen Vertrages vom 16. November 1910 erfüllt sein werden. — Der Generalgouver- nenr von Ceuta hat einer Notabelversamm- lung der umliegenden Duars, die er hatte einberufen lassen, erklärt, Spanien werde keine militärischen Operationen unternehmen, sich vielmehr darauf beschränken, die S te l­

lungen, die es kraft, des m it dem Wachsen unterzeichneten Vertrages inne habe, besetzt zu halten. Weiteren Nachrichten aus Ceuta zufolge begangnen die spanischen Truppen M ontag früh eine Vorwärtsbewegung von den besetzten Stellungen aus, die sie verstärkt hatten. — Ministerpräsident Canalejas be­

stätigte, daß spanische Truppen den Berg Negro südlich von Ceuta auf der Straße nach Tetuan besetzt haben, Canalejas fügte jedoch hinzu, daß es sich n u r um eine ur- wichtige Bewegung handle.

Deutsches Reich.

B e rtt« . 22. M a i 1911.

— Die norwegische Regierung hat der B erliner Telefunkengesellschaft eine funkentele- graphische Verbindung zwischen Bergen, Hammerfest und Spitzbergen überlragen.

— Die Beratung des aus 23 M itgliedern bestehenden Sachverständigenausschusses der deutschen Stenographieschulen zur Schaffung einer deutschen Einheitsstenographie, die in den ersten Tagen des nächsten M o n a ts unter dem Vorsitz des Geheimen Regierungsrats D r. K la tt im Reichsamt des In n e rn statt­

finden sollte, ist auf einen späteren Term in verschoben. Die Beratungen werden am 23.

J u n i stattfinden.

— Die Residenzstadt Schwerin w ird vom 7. bis 9. J u li das Fest ihres 790jährigen Bestehens feiern.

Oels, 22. M a i. Der Kronprinz und die Kronprinzessin sind heute Nacht hier einge­

troffen und haben sich sofort nach dem Jagd­

schloß Klein-E llguth begeben.

Dresden, 22. M a i. Der Großherzog und die Großherzogin von Mecklenburg-Schwerin sind heute M itta g hier eingetroffen und am Bahnhof vom König und vom Prinzen und der Prinzessin Johann Georg empfangen worden. Nach herzlicher Begrüßung erfolgte die F a h rt nach dem königlichen Residenz- schlosse.

M annheim , 22. M a i. Die Rheinische Creditbank hat m it der Pfälzischen Bank in Ludwigshafen eine Interessengemeinschaft be­

gründet, die auf die Dauer von 30 Jahren festgelegt ist und ihren äußeren Ausdruck in der aus diesem Anlaß vereinbarten Personal­

union findet.

Hauptversammlung -es Vereins deutscher Kaufleute.

B e r l i n , 20. M a i . U n te r zahlreicher B e te ilig u n g von D elegierten aus allen T e ile n des Reiches t r a t h ier der 7.

ordentliche D elegiertentag des V e re in s deutscher K a u fle u te zusammen. V e rtre te n w aren 220 O r t s ­ vereine. Nach Vegrüßungsw orten seitens des V o r ­ sitzers. K a u fm a n n S o m m e r - B e r lin , erstattete der Schatzmeister M e n z e l - V e r l i n den Geschäfts­

bericht. D a ra u s ist hervorzuheben, daß der V e re in zurzeit ein Gesamtvermögen von 367160,83 besitzt.

A n Unterstützungen fü r a lte oder in v a lid e M i t ­ glieder w urden 11 913,45 M a rk , an Unterstützungen fü r Stellenlosigkeit der M itg lie d e r 196 338,44 M a r k aufgew andt. E s folgten dann R eferate zu den jetzt am meisten interessierenden Gesetzen: der Reichs­

versicherungsordnung und der P riv a tb e a m te n v e r- sicherung. Nach einem längeren R e fe ra t des K a u f­

mann H e n n i g - B e r l i n wurde eine Resolution angenommen, die m it Bedauern davon Kenntnis nim mt, daß die R e i c h s v e r s i c h e r u n g s o r d ­ n u n g nach den bisherigen Beschlüssen des Reichs­

tages den gehegten Erwartungen nach Vereinheit­

lichung der deutschen Sozialversicherung nicht ent­

spricht. D ie Reichsversicherungsordnung, so heißt es dann weiter, kann nur dann als Fortschritt in der sozialen Gesetzgebung angesehen werden, wenn die Gehaltsgrenz'e beseitigt oder mindestens der gesunkenen Kaufkraft des Geldes entsprechend er­

höht w ird, die Selbstverwaltung der Krankenkassen nach den bisherigen Vorschriften des Krankenver­

sicherungsgesetzes aufrecht erhalten bleibt und den Versicherten auch in der U n fall- und der Jn vtliden- versicherun-g eine weitergehende M itw irk u n g an der Verw altung gewährt wird.

Z u r P r i v a t b e a m t e n v e r s i c h e r u n g wurde sodann nach einem Referat des Kaufmanns B o r c h a r d t - B e rlin eine Resolution ange­

nommen, in der es u. a. heißt, daß der der öffent­

lichen K ritik übergebene E n tw u rf nicht den Wünschen der Privatangestellten entspricht und umsoweni-ger als brauchbare Grundlage angesehen werden kann, als Beiträge und Leistungen infolge der für eine Sonderkasse kostspieligen Organisation und V erw altung in einem durchaus ungünstigen V erhältnis zu einander stehen. Durch dre hohen Beiträge ist die Grenze dessen erreicht, in den unteren Gehaltsklassen sogar überschritten, was die überwiegende M ehrheit der Privatangestellten ohne bedenkliche Einschränkung ihrer Lebenshaltung für eine staatlicheZwangsversicherung aufzubringen ver­

mag. D ie Resolution stellt weiter noch andere M ängel fest, wie namentlich das Fehlen der ver­

sprochenen Selbstverwaltung und den bureau- kratischen Verwaltungsapparat, die Erschwerung der freiw illigen Fortsetzung der Versicherung, den Verlust der Anwartschaft u. a. m. und schließt m it der E rw artung, daß der Reichstag bei der W eiter- Leratung der Reichsversicherungsordnung die Wünsche der Privatangestellten für einen Ausbau der Invalidenversicherung berücksichtigt.

D a ra u f referierten die K a u fle u te H ä m m e r ­ st e i n - B re s la u und G ö r l - N ü rn b e rg über den Abschnitt 5 des H a n d e l s g e s e t z b u c h e s , der als dringend verbesserungsbedürftig bezeichnet w urde. E s w urden Abänderungen zu den 59, 62, 63, 66, 73, 74. 75. 76. 77 und 80 gefordert und in einer besonderen Entschließung festgelegt.

E rw ä h n e n s w e rt ist ferner der Beschluß des D e le ­ giertentages, daß der V e re in der deutschen K a u f­

leute a u s d e m V e r b ä n d e d e r H i r s c h - D u n c k e r s c h e n G e w e r v e r e i n e a u s ­ s c h e i d e t und nunm ehr eine selbständige gewerk­

schaftliche O rg anisatio n b ild et. E in dahingehender A n tra g w a r von mehr a ls 30 O rts v e re in e n gestellt worden, da der F ü h re r der deutschen Gewerkvereine, der S tadtverordnete Goldschm id-Verlin in der A r b e i t s k a m m e r f r a g e nicht den S ta n d ­ punkt des V erein es der deutschen K a u fle u te , sondern den des deutschnationalen H andlun gsg ehilfen ver­

bandes vertreten habe.

Nach Behandlung von iirternen Vereinsan­

gelegenheiten wurde sodann die Tagung geschlossen.

Ausland.

Kopenhagen, 22. M a i. Das älteste M i t ­ glied des Königshauses, der Onkel des Königs, P rin z Hans, ist an einer leichten Lungenentzündung erkrankt.

Provinzialuachrichten.

Schlochau, 12. M ai. (E in böswillig ange­

legter W aldb rand ) entstand im Jagen 188 des Schutzbezirkes Schönberg, Oberförsterei Schulzen­

walde, und vernichtete zirka 12 M o rg en Fichten- dickung.

Konitz, 22. M a i. (Z u r diesjährigen Hauptversamm- lung des westpr. Rektoren-Vereins) hatten sich gestern zahlreiche Herren aus allen Teilen der Provinz in Eberts Hotel eingefunden. Die Versammlung wurde eröffnet und geleitet durch den 2. Vorsitzer Herrn Rektor D a m m i n-Elbing. Nach Begrüßung der auswärtigen Herren durch Herrn Rektor T o d t e n h ö f e r wurde eine umfangreiche Tagesordnung erledigt. Aus dem Jahresbericht ist zu entnehmen, daß mehr als drei Viertel sämtlicher Rektoren der Provinz dem Verein angehören. Die Tätigkeit des Vereins, der es sich zur Alisgabe gestellt hat, alle Neuerscheinungen aus dem Gebiete des Unterrichts und der Erziehung zu prüfen und das Gute in der Schule nutzbar zu verwerten, ist auch rm verflossenen Vereinsjahre segensreich gewesen.

Herr Rektor S m o l i n s k i - Danzig hielt einen sehr interessanten und lehrreichen V o rtra g : „D er Werk­

unterricht in der Volksschule". Der Vorstand wurde neu gewählt und als Ort der nächsten Versammlung D i r s c h a u bestimmt. Die Jahresversammlung des preußischen Rektoren-Vereins, welche vom 5. bis 7.

Juni in B erlin stattfindet, wird von 2 Delegierten be­

sucht werden. — Nach einem gemeinsamen Mittagessen wurde dann die hiesige Prozinzial-Besserungs- und Landarmen-Anstalt, sowie die Fürsorgeerziehungsabtei­

lung besucht.

Marienburg, 22. M a i. (Leichenfund.) Die Leiche des am 14. M a i beim Baden in der N o g at ertrunkenen 12 jährigen Knaben Woschikowski wurde gestern bei W iedau angeschwemmt und ge­

borgen.

D t . Eylau, 20. M a i . (V o m Tode des E r ­ trinkens) rettete der erwachsene Sohn des P riv a t- sekretärs L ew in seinen vierjährigen B ruder, der vom Bollw erk herab in den Geserichsee gefallen w ar. Der Z u fa ll wollte es, daß der N etter ge­

rade an der Unglücksstelle vorüberging. Kein Mensch hätte sonst den zu ertrinkenden Knaben bemerkt.

Braunsberg, 21. M a i. (E in G ew inn) von 40 000 M a rk der preußischen Klassenlotterie ist in die Kollekte des Lotterieeinnehmers Koch ge­

fallen.

Sensburg, 22. M a i. (Unterschleife.) B e i der in Sensburg in Garnison liegenden Maschinen­

gewehrabteilung sind Unterschleife mit A ltm aterial- Patronenhülsen entdeckt worden. Die daran be­

teiligten Personen, zwei Unteroffiziere sowie die In h a b e r eines Alteisengeschäftes in Sensburg sind verhaftet worden. W ie verlautet, sollen die Unter- schleife schon längere Z e it hindurch begangen sein.

Hohensalza, 22. M a i. (Selbstmord durch E r ­ hängen) verübte am Freitag Nachmittag auf seiner Arbeitsstätte der hier Thorner Chaussee wohnhafte Arbeiter Keller. Der G rund scheint Lebensüber­

druß zu sein. Um 5 Uhr äußerte K . noch zu einem seiner M itarb eiter, daß ihn auch bald der-

„Teufel holen" werde. K. wurde dann später im Trockenschuppen tot aufgefunden. Die Leiche wurde einstweilen beschlagnahmt.

* Gnesen, 22. M a i. (Militärisches. Diebstähle.) Z u r Besichtigung des ersten und dritten Bataillons des hiesigen Infanterie-Regim ents und der 2., 3. und 4.

Eskadron des hiesigen Dragoner-Regiments trifft am 24. d. M ts . P rin z Friedrich Leopold von Preußen, der Generalinspekteur der 1. Armeeinspektion, hier ein.

Gleichzeitig treffen auch der kommandierende General des 2. Armeekorps, General der Insanterie von Linsingen und der Kommandeur der 4. Division, Gene­

ralleutnant Kolewe hier ein. — Zahlreiche Diebstähle wurden in der vergangenen Woche hier verübt, so wurden aus einem Putzgeschäft ein Posten Hüte, einer F rau vom Lande das Pferdegeschirr, aus einem Stalle 3 Kaninchen und ein Huhn gestohlen. Einem ange­

trunkenen M an n , der in einer Bedürfnisanstalt einge­

schlafen war, wurde aus seiner Tasche seine Barschaft von 57 M ark gestohlen.

Posen, 19. M a i . (Prozeß wegen Unterschla­

gung.) V o r der 1. Strafkam m er begann heute die Verhandlung gegen den früheren Posener Stadtverordneten, Schriftsteller D r . phil. Thad- däus v. Ia w o rs k i, der seinerzeit plötzlich sein Stadtverordnetenm andat niederlegte und kurz darauf nach Rußland fluchtete, wo er verhaftet wurde. E r wurde nach Deutschland zurückgebracht.

Z u r Verhandlung, die voraussichtlich drei Tage dauern w ird, sind über 30 Zeugen geladen. Der Angeklagte, der Geschäftsführer des Strazvereins w ar, soll in den Jahren 19 08— 10 über vier Fonds, deren Geschäftsführer er w ar, eigenmächtig verfügt und in zahlreichen F ällen Gelder unter­

schlagen haben. E in Ehrengericht hat s. Z t . fest­

gestellt, daß der Angeklagte, der viel getrunken und gespielt hat, allein den Slowacki-Fonds um 1040 M a rk geschädigt hat. v. Ia w o rs k i bestreitet die Unterschlagungen und entschuldigt sich mit Arbeitsüberlastung, die ihm eine geordnete Buch­

führung unmöglich gemacht hätte.

22. M a i. I m P rozeß gegen D r. v. Ia w o rs k i beantragte der S t a a t s a n w a l t wegen der Unterschlagung von etwa 2000 M a r k bezüglich des D rzym ala-F on ds ein J a h r, bezüglich der Unter­

schlagungen von etwa 5000 M a rk des Slowacki- Fonds 4 M o n a te und bezüglich der Veruntreuung der 250 M a rk Beihilfe von H errn von Kosckelski zwei M o n a te Gefängnis. Diese S trafen sollen auf eine Gesamtstrafe von einem J a h r zwei M o ­ nat Gefängnis zusammengezogen und dem A n ­ geklagten, der sich seit dem 27. J a n u a r d. I s . in Untersuchungshaft befindet, zwei M o n a te Unter­

suchungshaft anzurechnen sein. D er V e r t e i ­ d i g e r hält den Angeklagten für nichtschuldig und beantragt seine Freisprechung. Sonnabend nachts

2/48 Uhr verkündigt das Gerücht folgendes U r t e i l : Dem Angeklagten habe nicht nachgewiesen werden können, daß er irgend welche Gelder veruntreut oder unterschlagen habe, er werde daher freige­

sprochen. W en n sich Fehlbeträge herausgestellt haben, so müsse dies auf die mangelhafte Buch­

führung zurückgeführt werden. D ie Schuld hier­

für träfe die verschiedenen Komitees, weil sie jahrelang eine solche Buchführung duldeten. Der Haftbefehl wird aufgehoben und der Angeklagte sofort aus der H a ft entlassen.

Posen, 22. M a i . (D e r deutsche V e re in fü r K n ab enh and arb eit) ist zu seiner diesjährigen H auptversam m lung zusammengetreten. A u s allen G auen Deutschlands sind Fachgenossen herbeigeeilt.

D e r gestrige erste V erh a n d lu n g sta g nahm m it der E röffnu ng der Ausstellung fü r K n abenhandarbeit im „Zoologischen G a rte n " seinen A n fan g. D ie A u s ­ stellung ist sehr gut beschickt und erregt das I n t e r ­ esse a lle r Kongreßteilnehm er. I h r A rra n g e u r ist der L e ite r unserer städtischen Knaben-Handsertigkeits- schule, O oer-Realschullehrer E ä r tig . Nach einer nach 5 U h r abgehaltenen gemeinschaftlichen Sitzung des Vorstandes, des Ausschusses und des O rts a u s ­ schusses begann um 6 U h r im S a a le des „Z oo lo ­ gischen G a rte n s " die H auptversam m lung, Lei der der Vorsitzer des V e re in s , H e rr v. Schenckendorff die zahlreich erschienen M itg lie d e r herzlichst be­

grüßte. D a n n h ie lt Gewerbeschullehrer B a u ­ m a n n aus H ildesh eim einen V o rtra g über

„Methodische R ic h tlin ie n fü r den erziehlichen K n ab enh and arb eits-U nterrich t". A n die sehr in te r­

essanten A usführungen, die lebhaften B e ifa ll fa n ­ den. schloß sich eine eingehende D ebatte an. A n den Kaiser w urde folgendes T ele g ra m m abgesandt:

E u re r k. k. M a je s tä t bringen die zur Hauptversam m ­ lung des deutschen V e re in s fü r K n abenhandarbeit und W erkunterricht aus a llen T e ile n Deutschlands h ier überaus zahlreich vereinig ten M ä n n e r und F ra u e n begeisterte H u ld ig u n g dar, freudigst geden­

kend der lebhaften Fürsorge, die E u e r M aje s tä t a llze it der gesamten Jugenderziehung zuwenden, v. Schenckendorff. O berbürgerm eister D r . W ilm s . Schmeoding. Ebenso wurde an den K u ltu s m in is te r ein T ele g ra m m abgeschickt. A m Abend versammel­

ten sich die K ongreßteilnehm er bei einem gemüt­

lichen, von der S ta d t Posen a ls Gastgeberin ver­

anstalteten B ierab end im H auptbrerrestaurant der Ausstellung.

22. M a i. I n der Heute fortgesetzten Hauptver­

sammlung des deutschen Vereins für Knabenhand»

arbeit und Werkunterricht zu Posen hielt nach Be­

grüßungsansprachen von Vertretern staatlicher und städtischer Behörden zunächst der Generalsekretär der Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung T e w s einen interessanten V o rtrag über „Die er­

ziehliche KnabenhandarLeit in ihrer Bedeutung für die deutsche Volkswirtschaft." A n der Hand von Tatsachen wies er überzeugend nach. daß unter den vorhandenen wirtschaftlichen und sozialen V erh ä lt­

nissen für unsere gesamte Jugend der erziehliche Knabenhandarbeitsunterricht eine dringende N ot­

wendigkeit sei. Alsdann sprach der Lehrer L a n g - g u t h aus Leipzig über den „Werkunterricht in seiner praktischen D urchführung/ D ie Verhandlung darüber würbe in einem größeren Lehrerkreise fort­

gesetzt, woran sich die Generalversammlung der V er­

einsmitglieder anschloß. A ls nächstjähriger Kom gretz wurde E h a r l o t t e n b u r g gewählt. Nach satzungsmäßigen Neuwahlen schloß der Vorsitzer von Schenckendorff m it einem Hoch auf die S tad t Posen die Versammlung.

Landsberg a. W., 21. M a i. (D er M a g is tra t hat den Stadtverordnetenbeschluß abgelehnt,) wo­

nach die Veteranen unter 1200 M k . Einkommen jährlich einen Ehrensold von je 30 M a rk erhalten sollten.

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vative Zeitungen sich zu einem Gerichtsurteil äußern müssen, dann nämlich, wenn es ihnen in objektiver Betrachtung nach irgend einer Richtung bedenklich erscheint;

blatt sich keinen Illusionen hin: „M an sieht nicht, wie es möglich sein soll, unsere Truppen, sobald sie erst einmal in Fez sein werden, wieder von dort

^nr e?/^vdlungen über ein Zusammengehen m it M a^^besitzerverein dies verheimlicht habe. o aber, daß die damalige Versammlung Zilter^ ^usicht gewesen ist. Kersten

Dieses alles aufzuessen, werden wir beide wohl nicht imstande sein!" Ber dem weiteren Rundgang über den großen Platz ZU den übrigen Hallen und dem Turm, wo

rücken. Z u bemerken ist noch, daß, durch den großen Feuerschein angeregt, auch ein Militär-Löschzng des Ulanenregiments sich auf dem Kasernenhofe bereit hiesi'

den war, war nicht persönlich erschienen. Dagegen ließen sich die Agnaten durch zwei Nechtsanwälte aus Posen vertreten. I n längeren Ausführungen beantragte

wesen ist. Denn dadurch nehmen die Depressionen ihre Bahn über das Festland, wogegen sich über dem noch kalten Nordatlantik hoher Luftdruck verlagert, der uns

lich weite Verbreitung gefunden, und wenn der Vermehrung dieses Schädlings nicht schnell und gründlich entgegengetreten wird. daß diese Plage, von welcher unser