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Stahl und Eisen, Jg. 59, Heft 9

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Academic year: 2022

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STAHL UND EISEN

Z E I T S C H R I F T F Ü R D A S D E U T S C H E E I S E N H Ü T T E N W E S E N

H erau sgegeb en vom \ erein D eutscher E isenhüttenleute G e le ite t v o n Dr.-Ing. D r. m ont. E. h. O . P e t e r s e n

unter Mitarbeit von Dr. J. W. Reichert und Dr. W. Steinberg für den wirtschaftlichen Teil

HE F T 9 2. M Ä R Z 1939 59. J A H R G A N G

Eisen und sein e Verarbeitung auf der T ech n isch en M esse in L eip zig 1939.

Von F r i e d r i c h O lk in Berlin-H ennsdorf.

D

ie G r o ß e T e c h n i s c h e M e s s e u n d B a u m e s s e in L e i p z i g ist seit jeh er m it der E i s e n - u n d S t a h l ­ in d u s t r ie v e r b u n d e n . A lles, w as es in der Eisen- und Stahlindustrie an technischen F ortschritten gibt, sei es die kontinuierliche Erzeugung von Blechen au f den neuen B re it­

bandstraßen, die H erstellung von endlosen Rohren nach besonderem V erfahren, die anschließend an die selbsttätige Fertigung auf Sonderm aschinen Gewinde und M uffe er­

halten, oder die phantastische L eistu n g unserer neuen Radialw alzw erke, alles das spiegelt sich a u f der Technischen Messe wider, die als technische Zentralausstellung in der Durchführung des V ierjahresplans überragende Bedeutung gewonnen h at und fü r sich in A nspruch nehmen kan n, der g r ö ß te t e c h n i s c h e M a r k t d e r W e lt zu sein. A uch auf der kommenden Messe in Leipzig, der ersten im Zeichen Großdeutschlands, w ird sich, eine ganze W oche hindurch, die entwicklungstechnische R egsam k eit und der A u sfuh r­

wille unserer H üttenleute in w enigen H allen, vo r allem in der neuen schönen W erkstoffhalle, zusam m enballen. E s wird eine Schau in Stah l und E isen entstehen, die in ähn­

lichem Maße wohl nirgendwo anders erreicht wird.

So m ancher F o rtsch ritt in der E isen - und Stahlindustrie, auf den w ir heute stolz sind und den jedes K in d kennt, ist auf der Technischen Messe in L eip zig a u s d e r T a u f e g e h o ­ ben worden. So erschienen zuerst u. a. die H artm etalle vor ungefähr einem D utzend Ja h re n au f der Technischen Messe.

Damals wurde ein gesintertes und hochw ertiges H artm etall vorgeführt. D er Nam e „W id ia “ , den m an dem neuen M etall gegeben hatte, w ar vö llig unbekannt. M an m ußte ihn auch Leuten vom B a u erst dahin erläutern, daß „W id ia “ soviel wie „h art wie D iam an t“ bedeutet. E s folgten dann J a h r für Jah r Vorführungen m it anderen, ebenfalls neu entw ickelten H artm etallen, m it denen a u f allen m öglichen W erkzeug­

maschinen geschnitten w urde. D ie hohen Leistungen, die man m it den neuen Schneidw erkzeugen gegenüber den Schnellarbeitsstählen erzielte, w irkten au f die Messebesucher überzeugend; jeder, der sich a u f der W erkzeugm aschinen­

schau in Leipzig von der L eistu n gsfäh igkeit der neuen H a rt­

metalle überzeugen konnte, w urde fü r diesen technischen Fortschritt begeisterter W erber.

Im Zuge der D urchführung des V ierjahresplan s kom m t es bekanntlich nicht nur d arau f an, gute Erfin dun gen zu machen. Die verschwiegene A rb eit und der stille K a m p f in den Forschungsanstalten und V ersuchsw erkstätten müssen darin ergänzt werden, daß jed er technische F o rtsch ritt, der zu der erstrebten Leistu ngssteigeru ng beitragen kann, m ög­

lichst schnell in die B etrieb e, in die F ertigu n g hinein­

getragen wird. D as ist eine der u r e i g e n s t e n A u fgaben der Technischen Messe in L eip zig und zugleich ein gutes

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Stü ck Rationalisierung. M an kann es der Technischen Messe in Leipzig bescheinigen, daß sie in diesem Sinne beste R ationalisierungsarbeit geleistet h at und leistet. Um ein Beispiel dafür anzuführen: A n den großen Ausstellungs­

stücken der rheinisch-westfälischen Stahlfirm en erkannte m an auf der Technischen Messe in Leipzig wohl zum ersten­

m al die ungeheuere Bedeutung der p l a t t i e r t e n G r o ß ­ b le c h e fü r unsere W irtschaftsbilanz im allgemeinen und fü r den deutschen Gerätebau im besonderen.

Im Zeichen des Vierjahresplans steht die deutsche Eisen- und Stahlindustrie vo r riesigen Aufgaben. E s ist aber so, daß ih r m it den gesteigerten Ansprüchen, die die Nation an sie stellen muß und stellt, auch verm ehrte K ra ft fü r die not­

wendigen Entw icklungsarbeiten w ird, so daß sie aberm als in Leipzig in der L a g e ist, n e u e L ö s u n g e n s c h w i e r i g e r A u f g a b e n v o r z u f ü h r e n . W as deutscher Forschergeist im R ahm en des Vierjahresplans zu schaffen verm ag, dafür sind z. B . die C h r o m - M o l y b d ä n - S t ä h l e ein gutes Beispiel, die sich u. a. in der K raftw agenin dustrie eingebürgert haben und seit langem dabei sind, auch als B a u sto ff in die F e rti­

gung einzudringen. H üttentechniker und W erkzeugm a­

schinentechniker arbeiten H and in H and und überwinden die Anfangsschw ierigkeiten. Wo sich z. B . gegenüber dem üblichen W erkstoff längere Maschinenzeiten ergaben, ist es dieser Zusam m enarbeit und Gem einschaftsarbeit gelungen, zu durchaus üblichen Verarbeitungszeiten zu kommen.

Säurebeständige Stähle sind neu geschaffen worden und geben dem B a u von neuen Geräten, von chemischen M a­

schinen und Pum pen fü r die Förderung angreifender F lü ssig ­ keiten eine erweiterte Grundlage. W as durch Steigerung der K orrosionsbeständigkeit unserer Stähle w ährend der letzten Ja h re an Volksverm ögen erspart worden ist, und w as b ei Verw endung dieser neuen beständigen Stäh le noch er­

spart werden kann, m acht recht ansehnliche W erte aus.

Zu der Bedeutung vo n S tah l und Eisen als B a u sto ff tritt die A u s w i r k u n g d e r S c h n e i d s t ä h l e . W enn sich in D eutschland seit 1900 eine überragende W erkzeugm aschinen­

industrie entw ickelt h at, die auf der W erkzeugm aschinen­

schau in L eip zig ih r Können vo r aller W elt unter Bew eis stellt, geht diese E n tw ick lu n g nicht zuletzt m it au f die Leistu n g unserer Stahlindustrie zurück. M it dem Erscheinen der bekannten Schnellarbeitsstähle um die Jah rh u n d e rt­

wende w urde der ganze W erkzeugm aschinenbau von Grund auf um gew andelt. Die durch die Schnellarbeitsstähle ermög­

lichten, um etw a 50 % höher liegenden Schnittgeschw indig­

keiten verlangten eine ganz andere W erkzeugm aschine, die die B eanspruchung durch die höhere A rbeitsgeschw indigkeit und A rbeitsleistu ng aufnehm en konnte. D eutschland w ar das L a n d , das w ohl als erstes theoretisch und prak tisch die

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2 4 6 S ta h l u n d E is e n . E isen und seine Verarbeitung auf der Technischen M esse in L eip zig 1939. 5 9 . Jahrs;. N r.

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W echselbeziehungen nicht nur zwischen Schnittgeschw in­

digkeit der W erkzeugm aschine und dem W erkstoff unter­

suchte, sondern auch r e c h n e r i s c h e K l a r h e i t in d ie W e c h s e lb e z ie h u n g e n z w is c h e n d e r A u s f ü h r u n g d e r M a s c h in e u n d d e m v e r w e n d e t e n K o n s t r u k ­ t i o n s b a u s t o f f brachte. In dem Maße, wie die E n tw ick ­ lung verbesserter Lagerungen usw. die neuzeitliche W erk­

zeugmaschine möglich m achte, h at auch die Entw icklung entsprechender K onstruktionsbaustoffe zu ihrem Werden und zu ihrem A ufstieg beigetragen. Die H artm etalle, die erst nach dem W eltkrieg erschienen, und nicht weniger die Leichtm etalle, Alum inium legierungen und Magnesiumlegie­

rungen, haben die Ansprüche an die W erkzeugm aschine w eiter gesteigert und dam it auch die Anforderungen an den K onstruktionsw erkstoff. Leichtm etalle bedürfen an sich höherer Schnittgeschw indigkeit. H artm etalle müssen schnell arbeiten, wenn sie w irtschaftlich arbeiten sollen. Aus dieser Verbindung ergab sich fü r die neuzeitliche M etallbearbei­

tungsmaschine eine Geschwindigkeit, der nicht nur antriebs­

technisch, sondern a u c h w e r k s t o f f m ä ß i g g e n ü g t w e r ­ d e n m u ß te . Angesichts des heutigen Standes der deutschen M etallbearbeitungsm aschine darf man nicht übersehen, daß der Stahlm ann an ihr in doppelter H insicht beteiligt ist, einm al durch den Schneidstahl, des anderen durch den K onstruktionsw erkstoff.

D ie Einflußnahm e der Rohstoffindustrie auf die neuzeit­

liche W erkzeugm aschine ist heute keineswegs abgeschlossen.

D am it hängt zusammen, daß auch jede Technische Messe in Leipzig eine Fülle von Verbesserungen und neuen B a u ­ arten zu bieten hat. Zergliedert m an den technischen F o rt­

schritt auf diesem Gebiet, dann komm t m an auf die A nre­

gungen aus der Stahlindustrie. Im m er w ieder ist es die Seele der neuzeitlichen W erkzeugm aschine, die Schnittleistung und m it ihr der Stahl, die den technischen Fortsch ritt bei der M aschine als Gesam tes weitertreiben. Man kann ruhig sagen, daß die A n r e g u n g e n v o n d e r S t a h l s e i t e a u s d ie H a u p t e n t w i c k l u n g s r i c h t u n g in d e r M e t a l l ­ b e a r b e i t u n g s m a s c h i n e bedingen.

A uch fü r den Stahlm ann dürfte diese Entw icklungs- rieh tu rg viel Beachtensw ertes haben. E s ist heute ganz selbstverständlich, daß m an bei neuzeitlichen M etallbearbei­

tungsmaschinen Drehzahlen- und Vorschubbereiche vielfach un terstuft und feinstufig unterteilt, wenn m an es nicht vor­

zieht, der M aschine überhaupt eine stufenlose Regelung zu geben, nicht nur fü r den Drehzahlbereich, sondern auch für den Vorschubbereich. H ier stellt sich die Anpassung des W erkzeugm aschinentechnikers an den Stahltechniker dar.

M it der stufenlosen Regelung und der feinstufigen Regelung des A rbeitsan griffs des Stahles am W erkstoff kom m t m an erst zu jenem E in klan g, der erstklassigem W erkstoff durch die Uebereinstim m ung m it D rehzahl und Vorschub jene O berflächengüte gibt, die nach Tausendsteln von Millimetern gemessen w ird, und die auch das W erkstoffgefüge schont.

Anderseits werden die Drehzahlen- und Vorschubbereiche äußerst w eit gehalten, m it dem Zw eck, auf derselben M a­

schine h a r t e u n d w e ic h e M e t a lle bearbeiten zu können.

U eber neuzeitliche D rehbänke gehen heute z. B . m it dem gleichen guten E rfo lg Leichtm etalle und Preßstoffe w'ie aber auch Stah l und Guß. B ei Bohrm aschinen m it minütlichen Umdrehungszahlen bis 8000 erfaßt man einen Arbeitsbereich, der früher m it drei Einzelm aschinen auszufüllen w ar. Diese Maschinen m it großen Drehzahlen- und Vorschubbereichen sind in ihrer volksw irtschaftlichen A usw irkung nicht zu unterschätzen. A ls U niversalm aschinen geben sie auch dem

kleinen B etrieb die M öglichkeit, durch saubere Bearbeitung aus dem R oh stoff herauszuholen, w as der Stahlmann in diesen W erkstoff hineingelegt hat.

Anderseits ist eine E n tw ick lu n g recht beachtenswert, die gewisserm aßen z w is c h e n d e m h a r t e n M e t a ll und d e m w e ic h e n M e t a l l e in e n T r e n n u n g s s t r ic h zu z ie h e n s c h e in t . Im m er m ehr und m ehr erscheinen Werk­

zeugmaschinen auf dem M arkt, z. B . bei kleineren Bohr- werken, die bei sonst gleicher A usführung einmal darauf abgestellt sind, eine M aschine im oben ausgeführten Sinn fü r die B earbeitung von harten und weichen Metallen zu bieten, des anderen eine Maschine fü r ausgesprochen hohe D rehzahlen, also vorzugsw eise fü r die Bearbeitung von Leichtm etallen, zur V erfügung zu stellen. In der Folge deutet diese Entw icklu ngsrich tun g an, daß sich neben der M aschine zur B earbeitung von harten Metallen eine aus­

gesprochene Leichtm etallw erkzeugm aschine herausbildet.

Auch fü r die S c h m e l z - u n d V e r g ü t e t e c h n i k bietet die Technische Messe in Leipzig durch ihre Industrieofenschau einen sehr guten U eberblick. H ier ist es die Automatik fü r die Bedienung des Ofens und fü r die H altung der benö­

tigten schnell erreichbaren Tem peraturen, die den Fach­

mann anzieht, w eiter die Entw icklu n g der Sicherheitsvor­

richtungen, die heute so w eit entw ickelt sind, daß Unglücks­

fälle nach menschlichem Erm essen kaum eintreten können.

W as aber der Industrieofenschau in Leipzig dieses Mal das besondere B ild gibt, sind neue B au arten , die zum Teil auf neuen V erfahren aufbauen.

H ier finden w ir u. a. auch die Kohlestabschmelzöfen, die m it G raphitstäben, einem oder auch mehreren, arbeiten.

D er Strom verbrauch solcher Oefen w ird fü r Grauguß mit 500 bis 600 kW h/t angegeben, fü r K u p fer beispielsweise mit 300 bis 500, fü r Messing m it 200 bis 250 und fü r Aluminium m it 500 bis 550 kW h/t. D anach läge der Stromverbrauch etw a auf der gleichen Höhe wie bei den Lichtbogenöfen;

gegenüber diesen Oefen liegt jedoch der Graphitverbrauch niedriger. B each tung verdien t auch der Niederfrequenz- Induktionsofen, der sich in neu durchgebildeter Ausführung in den letzten Jah re n zum Schm elzen von Leichtmetallen eingebürgert hat. W ie die B au firm a dazu m itteilt, sind be­

reits einige Oefen m it Abstichleistungen bis 1000 kg in Betrieb.

Auch auf dem Gebiete des H ä r t e n s , des A n la s s e n s usw.

gibt es eine Reihe von Fortsch ritten. D ahin gehört die Vor­

führung eines O berflächenhärteverfahrens unter Anwen­

dung von Leu ch tgas und Sauerstoff. Vorgeführt wird u. a.

auch ein Elektroden-Salzbad-W annenofen, ein elektrisch innenbeheizter Ofen m it M etallw anne, fü r Zementier- und H ärtesalze und fü r Tem peraturen bis 930°. Diese Oefen m it einem großen Nutzraum dürften sich vor allem aus tech­

nischen Gründen wohl fü r solche Betriebe eignen, die in drei Schichten arbeiten. Daneben h at m an ein neues Elektroden­

salzbad, kom biniertes Elektroden-Tiegelsalzbad, entwickelt, aus der N otw endigkeit heraus, die früher benutzten kera­

mischen B au stoffe vo r den A ngriffen der Zementations­

bäder zu schützen. Diese A u fgab e ist in überraschender Weise dadurch gelöst worden, daß m an den keramischen B a u sto ff überhaupt w egfallen ließ und eine Metallwanne verw endet.

Alles in allem werden, wie auch in den früheren Jahren, so auch dieses Mal wieder von der Leipziger Messe starke Anregungen ausgehen, die nicht nur das technische Schaffen in D eutschland, sondern auch unsere A usfuhrw irt­

sch aft befruchten werden.

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2. März -1939. E . H. S chidz: Di«. Werkstoff-Frage im Großstahlbau. S ta h l u n d E is e n . 247

D ie W erkstoff-Frage im Großstahlbau.

Von E r n s t H e r m a n n S c h u lz in D ortm und*).

(Der Fortentwicklung der Stähle fü r den Großstahlbau [ Brücken, Hallen. Schiffe, Eisenbahnen, Kessel]einmal durch

\ erbesserung der Kohlenstoffstähle, zum anderen durch Ausbildung schwachlegierter Stählesteht gegenüber die steigende Verwickeltheit der Beanspruchungen [Schwingungsbeanspruchung, Schweißen, höhere Temperaturen, Korrosion, E in flu ß der Form und der Abmessungen]. Ausw irkung dieser Verhältnisse auf die Prüfung und Abnahme. E insatz von Betriebs- und

Laboratoriumsforschung in Zusammenarbeit m it dem gestaltenden Ingenieur.)

A

ls W erkstoff fü r den G roßstahlbau, d. h. als Stahl . für Brücken, H allen, Schiffe, Eisenbahnen, Kessel, herrscht bei w eitem vo r der unlegierte Sta h l, besonders der weiche Stah l, dessen H au p tvertreter w iederum der St 37 ist. E s ist aber nicht zu verkennen, daß seit etwas mehr als einem Jah rze h n t ein dauernd steigendes E in ­ dringen von Sonderstählen a u f diesem Gebiet stattfin d et, und diese E n tw icklu n g dürfte durchaus noch nicht ab­

geschlossen sein. D as h eiß t: W ir b e f i n d e n u n s b e im W e r k s t o f f f ü r d e n G r o ß s t a h l b a u w e n i g s t e n s t e i l ­ w e ise in e in e r U m s t e llu n g . B e i dieser L a g e erscheint ein R ückblick und ein A u sb lick über grundsätzliche F rag en des W erkstoffs im G roßstahlbau zweckm äßig, wobei auch angeknüpft werden soll an die D arlegungen von K . D a e v e s zur F rage der F orsch u n g1).

Wenn im folgenden dieser V ersuch einer solchen B etrach ­ tung gem acht w ird, so ist vorw eg m it aller K la rh e it eine bedeutsame Feststellu n g zu m achen: D er g e w ö h n li c h e B a u s t a h l S t 3 7 ist infolge der M öglichkeit einer sehr gleichmäßigen H erstellung, seiner guten V erform barkeit und Verarbeitbarkeit, seines hohen W iderstandes gegen Stoß- und Schlagbeanspruchung und nicht zum letzten wegen seiner geringen E m p fin d lich keit gegen die beim S tah l­

gebraucher nicht selten vorkom m ende M ißhandlung unserer Erzeugnisse e in im g r o ß e n u n d g a n z e n r e c h t i d e a l e r W e r k s t o f f, der fü r eine U nzahl von Verw endungszwecken in jeder Beziehung vollkom m en ausreicht und — hin­

sichtlich des G esam tbildes seiner E igen sch aften — schwer von einem anderen W erk sto ff zu übertreffen ist. Diese Tatsache darf nicht dadu rch verd u n kelt w erden, daß der S t 37 sich zum „M assen stah l“ entw ickelt h a t; schließlich konnte er das eben n u r au f G rund seiner guten E ig e n ­ schaften. W enn fü r eine R eih e einzelner V erw endungs­

zwecke im Großstahlbau Sonderstähle erforderlich w aren und entwickelt w urden, so sollte das nicht dazu verführen, nun auch von anderen Gebieten nach Sonderstählen A u s­

schau zu halten un d ohne besondere N otw endigkeit zu überlegen, ob und w ie nun Sonderstähle benutzt werden könnten. U nd w eiter: E in e W erkstoffverw echslung, die an sich bedauerlich ist un d nicht Vorkommen sollte, bei der also vielleicht durch U n achtsam keit sta tt S t 37 ein Stü ck Schienenstahl geliefert w urde, sollte nicht zum A nlaß genommen w erden, den S t 37 a b fä llig zu beurteilen. Ebenso sollte ein gelegentliches V ersagen eines Stückes aus St 37 — vielleicht überhaupt durch falsche B eh an dlun g beim V er­

braucher — nicht A nlaß sein, den Stahlw erken eine zw eck­

mäßigere Zusam m ensetzung des S t 37 vorschreiben zu wollen.

Dieser H inweis au f die L e istu n g sfäh ig k e it und B ew ährung des St 37 muß un bedingt an die Spitze gestellt werden.

Auf der anderen Seite kan n die Stahlerzeugu ng sich selbst­

verständlich der N otw endigkeit der teilw eisen U m stellung durchaus nicht verschließen — diese b ed arf im Gegenteil ganz besonderer B each tu n g und B eh an dlun g.

*) Vortrag in der Hauptversammlung des Vereins Deutscher Eisenhüttenleute zu Düsseldorf am 5. November 1938. -— Sonder­

abdrucke sind vom Verlag Stahleisen m. b. H., Düsseldorf, Post­

schließfach 664, zu beziehen.

•) Stahl u. Eisen 58 (1938) S. 1397/1403.

Um zu erkennen, welche Schw ierigkeiten aber m it einer solchen U m stellung verkn ü p ft sind oder wenigstens sein können, sei ein kleiner R ü ck blick gestattet und daran erinnert, daß d e r so g ü n s t i g zu b e u r t e i l e n d e S t 3 7 a u c h e in m a l e in n e u e r B a u s t o f f w a r , a u f d e n u m ­ g e s t e l l t w e r d e n m u ß t e , und zw ar vom Puddelstahl, vom Schweißeisen aus. F ü r uns heutige Eisenhüttenleute sind die w irklich nicht geringen Geburtswehen des F lu ß ­ stahles bereits eine rein historische Erinn erun g — so sollte m an meinen, in W irklichkeit reicht aber jene U m stellung hinein bis in unsere T a g e ! Noch v o r wenig m ehr als zehn Ja h re n gab es ein bedeutsam es Verw endungsgebiet, auf dem der Puddelstahl sich trotz der m annigfachen Schw ierig­

keiten, die seiner V erw endung entgegenstanden, w irklich

„eisern “ behauptete, näm lich bei den schweren Sch iffs­

ketten. E r s t in allerjüngster Z eit h at sich hier der Ueber- gang vom Puddelstahl zum Flu ß stah l vollzogen. E s bedurfte recht um fangreicher Arbeiten sowohl der Forschung als auch des Stahlw erks und der K e tten fab rik , um diese U m stellung zu ermöglichen, d. h. einen besonderen weichen F lu ß stah l zu entwickeln, laufend in gleichm äßiger Güte herzustellen und zu verarbeiten, der als K ettenglied und in der Benutzung als K e tte durchaus dem Pu d delstah l entspricht, also das Siegel der Betriebsbew ährung erhielt. U nd das, obwohl der weiche F lu ß stah l bereits seit Jah rzeh n ten vorher auf H underten von anderen Verwendungsgebieten seine leichte V erarbeitbarkeit und Schw eißbarkeit durchaus unter Bew eis gestellt h a tte .

Dies B eispiel leh rt:

1 . daß es schw ierig sein kann, a u f einem Sondergebiet einen W erkstoffaustau sch vorzunehmen,

2. daß tro tz günstiger L a g e hinsichtlich der gebräuch­

lichen K urzprüfungen die Betriebsbew ährung fü r E in zel­

verw endungszw ecke schwer zu erringen sein k an n ; denn die H erstellung eines F luß stahles, der in chemischer Zusam m ensetzung und Festigkeitseigenschaften dem P u ddel­

stah l fü r K e tten entsprach, w a r schon vo r zwanzig Ja h re n durchaus kein K un ststück, nur konnte m an daraus keine brauchbaren schweren K e tten herstellen.

So stellt dieser R ü ck blick auch gleich ein B eispiel auf dem Gebiet des Großstahlbaues d ar fü r die grundsätzlichen A usführungen von K . D a e v e s zur F ra g e der K urzprüfun gen und der B etriebsbew ähru ng1). Zugleich aber können diese Einzelcntw icklung und die daraus gezogenen Leh ren zum Teil richtungw eisend sein fü r die B etrach tu n g von Gegen­

w artsfragen au f dem Gebiete des W erkstoffs fü r den Groß­

stah lbau .

W elche G egenw artsfragen, oder besser, w e lc h e F o r d e ­ r u n g e n s t e l l t nun d e r G r o ß S t a h lb a u a n d e n F o r s c h e r u n d d e n S t a h l e r z e u g e r ? G rundsätzlich dürften F ragen vorliegen nach zwei R ichtungen.

E in m a l besteht au f einer außerordentlich großen Zahl von Gebieten die N eigung zum L e ic h tb a u ; es werden B a u ­ stoffe verlan gt, die sich höher beanspruchen lassen, um m it w eniger M asse, w eniger G ew icht als b islang a u s­

zukom m en. D iese F o rd eru n g ist au f m anchen Gebieten von entscheidender B ed eu tun g. E s sei nur daran erinnert,

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2 4 8 S ta h l u n d E ise n . E . H . Schulz: D ie Werkstoff-Frage im Großstahlbau. 5 9 . J a h rg . N r.

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daß unseren B rücken in der zulässigen Spannw eite bei der A usführung in S t 37 bestim m te Grenzen gesetzt sind, da sonst das Eigengew icht zu groß w ird. Diese F o r d e r u n g n a c h d e r E r h ö h u n g d e r z u l ä s s i g e n B e a n s p r u ­ c h u n g e n ergibt aber auf der anderen Seite auch eine wesentliche Gegenforderung, die der Stahlerzeuger zu stellen h a t: die genaue K läru n g und Feststellung der ta t­

sächlichen Gebrauchsbeanspruchungen. E s darf dazu bei­

spielsweise festgestellt werden, daß allein schon durch die größenmäßige Fortentw icklung im Großstahlbau die B e ­ anspruchungen offenbar unter gewissen Umständen viel verw ickelter geworden sind, ohne daß diese Verhältnisse bereits klargestellt sind. Im m erhin stehen hier im V order­

grund noch verhältnism äßig einfache Forderungen, die sich au f die mechanische Beanspruchbarkeit beziehen, also auf die Festigkeit schlechthin, m ag es sich nun um die statische Streckgrenze oder die Schwingungsfestigkeit handeln.

Daneben steht aber die zweite Forderung des Groß­

stahlbaues — richtiger gesagt eine V ielheit von F ord e­

rungen; es handelt sich um die A u s b ild u n g v o n S t ä h le n m it S o n d e r l e i s t u n g e n n a c h g a n z b e s t im m t e n R i c h ­ tu n g e n . E in ige Beispiele dafür. M it am bedeutungs­

vollsten erscheint die Forderung der Schweißbarkeit in dem Sinne, daß der Stah l sich nicht nur durch die Schweißung zusamm enfügen lassen soll, sondern daß die Schweißung ihrerseits nun wieder den Beanspruchungen b ei Benutzung des Bauw erkes genügen soll. H ier handelt es sich aber teilweise um Beanspruchungen, die einerseits selbst noch der K läru n g bedürfen, anderseits besondere Maßnahmen nicht nur hinsichtlich des W erkstoffs, sondern auch hinsichtlich der Gestaltung und des Schweißens ve r­

langen. W eitere solche Einzelforderungen sind die Erhöhung des Verschleißwiderstandes bei der Eisenbahnschiene, die H erabsetzung der Neigung zur Alterung, besonders bei Kesselbaustoffen, die Erhöhung des W iderstandes gegen korrodierende Einflüsse verschiedener A rt und anderes mehr.

Hierzu ist nun zunächst ein Moment herauszustellen, das bei fa st allen diesen Einzelfragen eine Erschw erung der Lösu ng darstellt. E s liegt begründet in einer Gesetz­

m äßigkeit, die aber leider in den K reisen der Stahlbenutzer oder wohl der M etallbenutzer ganz allgemein noch nicht ausreichend anerkannt w ird — K . D aeves h at sie auch bereits angedeutet — : W ir d im S t a h l e in e E i g e n s c h a f t durch Maßnahmen des H erstellers a b g e ä n d e r t , fü r unseren F a ll auf eine höhere Leistung in einer bestim mten R ichtung gebracht, so ä n d e r n s ic h d a m it m in d e s t e n s z u m T e i l a u c h d ie ü b r i g e n E i g e n s c h a f t e n , auch solche, die fü r den Gebrauch bedeutsam sind. Diese also an sich ungew ollt eintretenden Aenderungen können aber im un­

günstigen Sinne verlaufen. D ie Streckgrenze im Stahl läßt sich ohne große Schw ierigkeit gegenüber der des S t 37 erhöhen, um dem gestaltenden Ingenieur die Anw endung höherer statischer B elastungen zu gestatten ; aber dam it steigt auch die H ärte, die der B earbeitbarkeit entgegen­

steht, dam it w ird das Schweißen weniger leicht als bei S t 37, dam it w ird der Stah l em pfindlicher gegen fehler­

h afte B ehandlung bei seiner Benutzung. A u f dem Gebiete der Sonderstähle fü r bestim mte Leistungen sind diese V er­

hältnisse teilweise noch krasser und daher klarer. So mußte bei der En tw icklu n g der Legierungen fü r hochwertige D auerm agnete m it der steigenden m agnetischen Leistung zunächst statt der einfachen H ärtung durch Abschrecken eine verw ickelte W ärm ebehandlung in K a u f genommen werden und schließlich sogar auf die W arm verform barkeit, also die V erarbeitung durch Schmieden und W alzen, v e r­

zichtet werden.

Im Sinne der A usführungen von K . D aeves könnte für die m eisten F ä lle in diesem Zusam m enhang der Satz auf­

gestellt w erden, daß m it E r h ö h u n g d e r L e i s t u n g auch die F eh leran fälligkeit oder, besser gesagt, d ie E m p fin d ­ l i c h k e i t b e i d e r V e r a r b e i t u n g u n d V e rw e n d u n g s t e i g t . E s m ag verstän dlich erscheinen, daß der Ver­

braucher Stähle haben m öchte, die z. B . in der Höhe der Streckgrenze den S t 37 w eit überragen, dabei aber die­

selbe U nem pfindlichkeit, m an m öchte sagen dieselbe Unver­

w üstlichkeit des S t 37 haben. D ies dürfte aber ein frommer W unsch bleiben, und es ist eben Sache der Stahlver­

braucher, sich in ihrer V erarbeitung und Gestaltung auf die fü r sie ja w ertvolleren W erkstoffe einzustellen, was naturgem äß am zw eckm äßigsten in gemeinsamer Arbeit m it dem Stahlerzeuger geschieht.

Besonders schw ierig w ird die A u fgab e naturgemäß dann, wenn der Stahlbenutzer gleich zwei oder mehr neue Forde­

rungen stellt, w ie das beim S t 52 der F a ll w a r: Einmal sollte die Streckgrenze, die statische Beanspruchbarkeit erhöht werden, zum anderen wurde gleichzeitig in einem außerordentlichen A usm aß das Schweißen eingeführt und die A npassun g des Stahles an diese Verarbeitung verlangt.

Diesen Forderungen der Stahlverb rau ch er sei nun gegen­

übergestellt, w e lc h e M ö g l i c h k e i t e n d e m E is e n h ü t t e n ­ m a n n zu ihrer E rfü llu n g z u r V e r f ü g u n g stehen, um in S t a h l b e s o n d e r e L e i s t u n g e n h e r a u s z u b ild e n . Es sind grundsätzlich zwei W ege:

1 . D urch besondere M aßnahm en beim Erschmelzen, teil­

weise auch bei der w eiteren B eh an dlun g, kann der Eisen­

hüttenm ann in einem bestim m ten Ausm aß Eigenschaften des unlegierten Stah les — selbstverständlich auch des legierten Stahles — w illkürlich beeinflussen.

2. F ü r Sonderzwecke können an die Stelle des St 37 oder auch anderer K ohlenstoffstähle schwachlegierte Stähle treten, eine Entw icklu n g, die, w ie bereits gesagt, noch nicht abgeschlossen ist und der neuzeitlichen Erzeugung des W erkstoffs fü r den G roßstahlbau teilweise ein besonderes Gepräge gibt.

D er erste W eg scheint a u f den ersten B lick schwieriger oder sogar w enig aussichtsvoll zu sein; man ist geneigt zu fragen : W ie kann am gewöhnlichen Kohlenstoffstahl, und zw ar am Stah l fü r den G roßstahlbau, noch etwas verbessert w erden? D as eingangs gebrachte Beispiel des Fluß stahles fü r schwere K etten dürfte bereits beweisen, daß auch beim K ohlenstoffstahl in unserer Zeit noch Entw icklungsm öglichkeiten vorliegen — es können auch weitere B eispiele angezogen werden. D u r c h S c h m elz­

f ü h r u n g m it M anganreduktion im Siemens-Martin-Ofen wird eine G e s a m t g ü t e s t e i g e r u n g des Stahles erreicht2), und die E rzielun g einer Sondereigenschaft, der verringerten Neigung zur R eckalteru n g, ist ebenfalls rein der Schmelz- behandlung zu verdanken3). M an m ag weiterhin zu den Vorschlägen besonderer Schlackenreaktions-Maßnalunen, begonnen m it dem A ston -V erfahren 4) bis zu den neueren A rbeiten von R . P e r r i n 5) verschieden Stellung nehmen — sicher dürften auch hier noch gewisse Entwicklungsmög­

lichkeiten vorliegen. Besondere Maßnahmen beim Er­

2) P. K ühn: Westdtsch. Techn. Bl. 45 (1935) Nr. 12, S. 2/3, 12 u. 13.

3) A. F ry: Z. bayer. Rev.-Ver. 32 (1928) S. 137/40, 150/53, 164/66 u. 183/84; O. B auer: Z. bayer. Rev.-Ver. 32 (1928) S. 23/31 u. 41/44; DRP. 545 166 (1926).

4) J. A sto n : Trans. Amer. Inst. min. metallurg. Engrs..

Iron Steel Div., 1929, S. 166/78; vel. Stahl u. Eisen 49 (1929) S. 666/67.

6) R. P errin: Bull. Soc. Enc. Ind. nat., Paris, 135 (1936) S. 499/509.

(5)

2. März 1 9 3 9 . E . H . Schulz: D ie W erkstoff-Frage im Großstahlbau. S ta h l u n d E is e n . 2 4 9

schmelzen sind des weiteren un ter U m ständen auch erforder­

lich bei der A u sb ild ung besonders h arter oder weicher Kohlenstoffstähle fü r Sonderzw ecke. Die Erzielun g eines hohen Verschleißw iderstandes b ei Eisenbahnschienen durch Erhöhung des K ohlenstoffgehaltes scheiterte zunächst te il­

weise an dem gleichzeitig fallenden W iderstand dieser harten Schienen gegen Stoß- und Schlagbean spruchung; besondere Maßnahmen beim Erschm elzen behoben diese Schw ierig­

keit. Die E n tw icklu n g dieser Schiene g ib t aber auch noch einen H inweis nach anderer R ic h tu n g : D er B estw ert im Verschleißwiderstand w urde auch bei diesem erhöhten Kohlenstoffgehalt erst dann erreicht, als durch besondere Walz- und W arm behandlung der G efügeaufbau die zweck­

entsprechende F o rm erhielt. E in w eiteres B eispiel fü r die Verbesserungsmöglichkeiten, die eine besondere W ärm e­

behandlung auch bei einfachen Stählen bietet, ist die erfolg­

reiche B ekäm pfung der B ru ch g e fah r bei dicken geschweißten Stücken aus S t 52 durch vorheriges N orm alglühen.

Allerdings w erden sich durch M aßnahmen beim E r ­ schmelzen und bei der N achbehandlung des unlegierten Stahles im großen und ganzen w eniger Spitzenleistungen nach bestimmten R ichtu ngen ausbilden lassen, eher w ird eine Hebung der gesam ten G üte und wohl auch der Gleich­

mäßigkeit zu erzielen sein. D ie G l e i c h m ä ß i g k e i t aber wird sicherlich auch im G roßstahlbau a n B e d e u t u n g noch w e it e r h i n g e w in n e n in dem M aße, w ie besondere Ansprüche an den B a u sta h l gestellt w erden. So dürfte im besonderen fü r die Schw eißtechnik die weitestgehende Gleichmäßigkeit auch der K ohlenstoffstäh le eine erheb­

liche Bedeutung haben.

F ü r d ie H ö h e r z ü c h t u n g e i n z e l n e r E i g e n s c h a f t e n für die B enutzung zu besonderen Zwecken w ird dagegen d er z w e it e W e g — der ü b e r d a s s c h w a c h e L e g i e r e n — m e ist e r f o l g r e i c h e r sein. D as bedeutsam ste B eispiel dafür ist der St 52. U eber die N otw endigkeit seiner E in ­ führung dürfte im H in b lick a u f die kühnen B a u te n unserer Brückenkonstrukteure E in ig k e it bestehen, aber ebenso dürfte E in ig keit herrschen darüber, daß der E n tw ick lu n gs­

gang des S t 52 m it recht vielen „L eid en sstation en “ besetzt war. Gerade diese Leidensstationen aber sollten von allen beteiligten Seiten au fgefaß t w erden als M ahnzeichen fü r die Notw endigkeit einer in m ancher Beziehung anderen Betrachtung und B eh an d lu n g des W erkstoffproblem s im Großstahlbau.

Der B a u s t a h l S t 5 2 w urde — entsprechend den Wünschen der gestaltenden Ingenieure — au fgeb au t rein auf der Grundlage einer K u rzp rü fu n g, näm lich der S tre ck ­ grenze6). E s erscheint hinreichend b ekannt, w ie dann v e r­

schiedene Momente nacheinander die B etrieb sb ew ähru ng gefährdeten oder w enigstens zu gefährden schienen; die Frage der Schw ingungsbeanspruchung un d die teilw eise vorhandenen, teilw eise verm eintlichen Schw ierigkeiten beim Schweißen standen dabei im V ordergru nd. E s d a rf dazu w'ohl ausgesprochen werden, daß in dieser E n tw ick lu n g der Metallurge fü r sich m annigfache Anerkennung beanspruchen darf; denn an ihn w urden die Schw ierigkeiten, die beim benutzenden Ingenieur entstanden, herangetragen, und er hat sie überwunden, sow eit dies üb erh au pt im R ah m en des ihm Möglichen lag.

Ueberwunden w ird außer allem Zw eifel auch die kritische Lage, die beim S t 52 teilw eise im A u gen blick w ieder v o r­

hegt. E inige Schadensfälle haben gezeigt, daß beim V er- 6) G. Sehaper: Bautechn. 4 (1926) S. 237/38; O. K o m ­ mereil: Bautechn. 4 (1926) S. 686/88. H. K u lk a : Stahl und Eisen als Werkstoff, Vorträge Werkstofftagung Berlin 1927, Bd. II (Düsseldorf 1928), S. 5/11; vgl. Stahl u. Eisen 47 (1927) S. 2169/70.

schweißen dicker Abm essungen aus St 52 eine bedenkliche R iß gefah r besteht7). R estlos geklärt sind diese Erscheinungen und ihre U rsachen zw ar noch nicht — eines kann aber w ohl festgestellt w erd en: W enn zunächst die U rsache in der Zusam m ensetzung oder Beschaffenheit des verwendeten Stahles gesucht w urde, so w a r das fa lsc h ! D abei wurde auch in grundsätzlicher W eise gegen die von K . D aeves dargelegten Forderungen über K urzp rü fverfah ren und B etriebsbew ährung verstoßen. E s w urde eine besondere P rü fu n gsart entw ickelt oder übernom m en: A u f eine recht­

eckige Stahlprobe bestim m ter dicker Abm essung wurde eine Schweißraupe gelegt und diese Probe dem F a ltve rsu ch unterw orfen. A us dem erzielten Biegew inkel sollten dann Rückschlüsse gezogen werden au f die größere oder geringere Neigung des geprüften Stahles zu R issen auch b ei der betriebsm äßigen V erarbeitung un d Beanspruchung8). In keiner W eise w urde jedoch ein Zusam m enhang zwischen dieser K urzprü fun g und der tatsächlichen B ew äh rung im Brückenbau festgestellt. D ie außerordentlich großen Streu ­ ungen, die sich bei dieser Schweißraupen-Biegeprobe ergaben, verleiteten aber leider teilw eise dazu, schon Schlüsse über die W irkung bestim m ter Legierungselem ente im S t 52 auf die G efährdung schwerer geschweißter B rücken zu ziehen. D abei w urde eine K lein igkeit übersehen: D as Legierungselem ent, das nach dieser K urzprü fun g sich besonders gefährlich ausw irken sollte, w a r in keinem der Stähle vorhanden, die im praktischen Brückenbau Brüche erlitten, so daß also dieses Legierungselem ent an den praktisch vorgekom m enen Brüchen nicht schuld sein k a n n ! Die Probe ließ dagegen ganz einw andfrei erkennen, daß die Neigung zum B ru ch unter kleinen und kleinsten Biegew inkeln und zum spröden B ru ch m it zunehmender D icke der Probe stieg, sie erwies sich überhaupt durchaus abhängig von den Abm essungen. D am it hatte die Probe also ergeben, daß bei Stücken m it Schweißraupen die plastische V erform barkeit unter statischer B elastu n g m it steigender Abm essung abnim m t; das aber hatten bereits die Schadensfälle an den B rücken selbst erkennen lassen.

E s soll hier nicht w eiter eingegangen w erden auf die weiteren Theorien, die a u f diesen Versuch aufgebaut w urden; zu erwähnen w äre höchstens noch, daß auch die Annahm e der verschieden hohen schädlichen A usw irkung der harten U ebergangszone zwischen Schweiße un d G run d­

w erkstoff eingehenderen U ntersuchungen nicht standhielt.

D agegen spielen nach U ntersuchung von K . S c h ö n - r o c k 9) ganz offenbar die Spannungsverhältnisse in den dicken geschweißten Abm essungen eine ganz aussch lag­

gebende B ed eu tung fü r die Fehlererscheinungen, wobei die Zusam m ensetzung des Stahles innerhalb der heute fe st­

gelegten Grenzen keine R olle spielt; auch der so geduldige S t 37 verh ält sich näm lich bei dieser Probe grundsätzlich nicht anders als der S t 52, und aus dem A u slan d ist auch ein F a ll bekanntgew orden, in dem an einer geschweißten B rü cke aus weichem unlegiertem S tah l B rüch e ein traten 10).

D a ra u f w eist auch eine w eitere von allen Seiten b estätigt gefundene T atsache h in ; wenn die Schw eißraupe nach einer E rh itzu n g des Probestückes a u f etw a 30 0 ° gezogen w ird oder wenn nach dem Ziehen der Schw eißraupe ein Erh itzen au f diese Tem peratur erfolgt, so w ächst die V erform barkeit dieser Probe ganz außerordentlich.

7) G. Sch ap er: Bautechn. 16 (1938) S. 346/47; vgl. Stahl u. Eisen 58 (1938) S. 807/09, 980 u. 1094 ; 0 . K om m ereil:

Stahlbau 11 (1938) S. 49/54.

8) 0 . K om m erell: Stahlbau 11 (1938) S. 49/54; G. B ie r e t t und W. S te in : Stahl u. Eisen 58 (1938) S. 427/31 (Werkstoff - aussch. 417).

9) Bautechn. 16 (1938) S. 652/53, Abb. 11 bis 14.

(6)

2 5 0 S ta h l u n d E is e n . E . H . Schulz: D ie Werkstoff-Frage im Großstahlbau. 59. J ah rg. N r.

9

. E s darf als erfreulich bezeichnet werden, daß auf der

letzten H auptversam m lung des Deutschen Stah lb au ver­

bandes auch G. S c h a p e r den Stan dpunkt vertra t, daß bei den hier erwähnten Rißerscheinungen im S t 52 wohl die W erkstofffrage nur eine sehr untergeordnete Rolle spielte1 1). Wenn so die Aufgabenstellung sich dahin v e r­

schiebt, daß vor allem Maßnahmen der Stahlgebraucher als Gegenm ittel gegen solche Schadensfälle in F rag e kommen, so w ird anderseits die w erkstoffkundliche und schweiß­

technische sowie die Spannungsforschung bei den S ta h l­

erzeugern ebenso unablässig wie bisher bemüht bleiben, zur A u fklärun g jener Schadensfälle beizutragen und für Behebung der G efahr Sorge zu tragen.

Im übrigen haben die Erfahru ngen und Forschungen zur F rag e der Schwingungsfestigkeit gerade in den letzten Jah re n in aller K larh eit gelehrt, welche bedeutsam e Rolle beim E rtrag e n von Beanspruchungen die F o rm und die Abm essung der B auteile spielen. Die Schadensfälle an den B rücken aus geschweißtem St 52 geben den H inw eis, daß die F aktoren F orm und Abm essungen sich offenbar auch bei der statischen Beanspruchung ausw irken können. Und so w ird der W e r k s t o f f - F o r s c h e r aus dieser Einzelent­

w icklung auch den Schluß ziehen müssen, daß er ü b e r s e in e m e h r p h y s ik a l i s c h - c h e m i s c h e i n g e s t e l l t e B e t r a c h t u n g s w e i s e h in a u s g e r a d e im H i n b l i c k a u f d ie B e t r i e b s b e w ä h r u n g v i e l m e h r n o c h e in - d r in g e n m u ß in b e n a c h b a r t e G e b ie t e , in die M echanik oder, um fassender gesagt, in die P h ysik. D adurch werden dann von seiner Seite zu der notwendigen Zusam m en­

arbeit m it dem gestaltenden Ingenieur die notwendigen Schritte getan ; er w ird sich dabei bewußt bleiben müssen der Grenzen, die ihm fü r die Einw anderung in das N ach bar­

gebiet gesetzt sind.

Anderseits w äre es wünschenswert, wenn die Sta h lv e r­

braucher sich auch der ihnen gesetzten Grenzen in der K ritik des von uns erzeugten W erkstoffes m anchm al klarer werden. Insbesondere ist zu w a r n e n v o r e in e r e i n ­ s e i t i g e n B e u r t e i l u n g d e s S t a h l e s n a c h s e in e r c h e m is c h e n Z u s a m m e n s e t z u n g . E s müßte m ehr auch zum Bew ußtsein der Stah l verbrau eher kommen, daß der C harakter, das Wesen und die Eigenschaften eines Stahles nur zum Teil durch die chemische Zusam m ensetzung, zu einem großen anderen Teil aber durch die m etallurgischen Vorgänge bei seiner H erstellung und bei seiner Verarbeitung im H üttenw erk bestim m t werden. In diesem Zusam m enhang sei hingewiesen au f die Feststellungen von A . R i s t o w , K . D a e v e s und E . H . S c h u l z 12) über die W irkung des Phosphor- und Sauerstoffgehaltes im Stah l, die erkennen ließen, daß die von den V erbrauchern so vielfach angestrebte H erabsetzung der obersten zulässigen Grenze fü r den Phos­

phorgehalt ein Austreiben des — obendrein vielfach nur ve r­

m eintlichen — Teufels durch Beelzebub darstellt. D azu sei w eiter verm erkt, daß die gerechte B eu rteilung des Phosphor­

gehaltes im Stahl im H inblick auf die Bedeutung der E r ­ zeugung von Thom asstahl in unserer Z eit von außerordent­

licher W ichtigkeit ist. Diese Ucberlegungen sollten sinn­

gemäß auch erhöhte B erücksichtigung finden in der A u f­

stellung und Anwendung von Abnahm evorschriften.

Dem H inweis — das liegt auch im Sinne der Forderung der Ganzheitbetrachtung von D aeves — au f die stärkere Beachtung des Einflusses von Abm essung und F orm ist noch ein w eiterer anzufügen auf einen F a k to r, der wohl

10) Vgl. Stahl u. Eisen 58 (1938) S. 807/09, 980 u. 1094.

u ) G. Schaper: Bautechn. 16 (1938) S. 649/55.

12) Mitt. Kohle- u. Eisenforschg. 1 (1935) S. 49/84; Stahl u. Eisen 56 (1936) S. 889/99 u. 921/30 (Stahlw.-Aussch. 314 u.

Werkstoffaussch. 347).

m ehr in unseren Forschungen berücksichtigt werden müßte, obwohl er fü r die D urchführung unserer Forschungsarbeiten eine E rschw erung darstellt, es ist der F a k to r „Z eit“ . Ihr Ein flu ß ist uns geläu fig in der A lteru n g; immerhin kann hier in ziem licher A nnäherung ih r Einfluß im Versuch ersetzt w erden durch die E rh itzu n g. E in weiteres Gebiet, auf dem der E i n f l u ß d e r Z e i t a u s s c h la g g e b e n d für d e n A b l a u f d e s G e s c h e h e n s ist, ist die Korrosion, das Rosten, hier kann in der Forsch u ng der Langzeitversuch nicht ersetzt werden. A u f die B edeutung des Faktors

„ Z e it“ auch bei der B eu rteilun g und Bewährung warm­

fester Stäh le ist E . H o u d r e m o n t 13) eingegangen.

Zum Schluß noch ein kurzes W ort im Anschluß an die D arlegungen von K . D aeves zur F ra g e der A r t d er W erk­

s t o f f o r s c h u n g a u f d e m G e b ie t e d e s G r o ß s ta h l­

b a u e s . Gewiß w ird hier die Zw eckforschung wohl über­

wiegen, gerade die E n tw ick lu n g der letzten Zeit hat ja vielfach F rag en im engsten Zusam m enhang m it der Ver­

w endung neu aufgew orfen. E s ist dabei wiederum hin- zuweisen a u f die F rag en der Schwingungsfestigkeit, des Schweißens usw. A b er dabei darf die B edeutung der Grund­

lagenforschung auch hier keinesfalls unterschätzt werden.

E s handelt sich zunächst um die wissenschaftliche Unter­

m auerung und Sicherung der bereits technisch oder durch Zw eckforschung gewonnenen Erkenntnisse. Gewiß genügt es in vielen F ä lle n fü r die reine P ra x is, wenn eine neue Tatsache, ein neues Geschehen als solches festgestellt wurde, m an könnte den Stan dpunkt einnehmen, daß das „Warum“

dieses Geschehens und seine A u fk läru n g durch Forschung eine besondere B ed eu tu n g nicht h at, sogar eine Vergeudung von A rb eit, Geld und G eist darstellt. E in m al wehrt sich aber wohl unser ganzes D enken dagegen, einen technischen V organ g als gegeben hinzunehm en, ohne seine Ursachen, seine inneren Zusam m enhänge zu klären und zu erkennen.

W eiterhin w ird es schneller, besser und klarer möglich sein, sich m it dem S tah l verbrau eher zu verständigen, wenn auch die w issenschaftlichen Grundlagen fü r den Vorgang offen­

liegen. Schließlich das A llerw ich tigste: In sehr vielen Fällen wird die U nterm auerung durch die K läru n g des „Warum“

und „W ie “ uns auch erst die volle Sicherheit geben für die grundsätzliche R ich tig k e it unserer äußeren Beobachtung, sie kann auch zeigen, inw iefern Störungen eintreten können oder wie eine Forten tw icklu n g noch möglich ist.

Die G r u n d l a g e n f o r s c h u n g f ü r d ie M a sse n stäh le ist aber darüb er hinaus a u s s c h la g g e b e n d w ic h tig bei d e r N e u e n t w i c k l u n g s c h w a c h l e g i e r t e r S t ä h le für b e s o n d e r e B e a n s p r u c h u n g e n . Sie w ird sich zu einem großen Teil vollziehen durchaus zusammen mit der für die legierten Stähle. E s w erden sich zw ar naturgemäß in der legierungskundlichen B ehandlung erhebliche Verschie­

denheiten ergeben, besonders im H inblick auf das Aus­

maß des Legierens. A b er auch auf diesem Gebiet gehen die A rbeiten fü r die M assenstähle und fü r legierte Stähle vielfach durchaus parallel oder sogar einheitlich. Erinnert sei nur an die E rforsch u n g der Ausscheidungsvorgänge, die fü r die M assenstähle ihre Bed eu tung h at hinsichtlich der Ausscheidungshärtung etw a durch K u p fer oder Stickstoff, hinsichtlich der Alterungserscheinungen u. dgl. m. Auf dem Gebiete der legierten Stäh le sind sie w ichtig für die warm­

festen Stähle und die neuzeitlichen Magnetlcgierungen. Für die E n tw ick lu n g unserer schwachlegierten Massenstähle erscheint es dabei w ich tig, sich bei den legierungskund­

lichen Forschungen besonders der F rag e der Auswirkung geringer Zusatzm engen von Legierungsm etallen auf die Eigen sch aften des Stah les anzunehmen.

1S) S ta h l u . E is e n 5 9 (1 9 3 9 ) S . 1 /8 u . 3 3 /3 9 .

(7)

2. März 1939. E . H. Schulz: THe WcrhHoff-Frruje im frroßstahlbau. S ta h l u n d E is e n . 251 Im übrigen ist K . D aeves durchaus darin zuzustim m en,

daß man über die zw eckm äßigste A rt der F orschu ng nicht streiten solle, daß es au f den E in sa tz des einzelnen V er­

fahrens am rechten P la tz ankom m t und schließlich die verschiedenen Forsch u n gsarten zusam m engefaßt werden müßten. V or allem gilt aber auch a u f diesem Gebiet ein Satz, den m an fü r alle B etätigu n gsgebiete schlechthin prägen d arf: Gewiß ist das H andw erkszeug — in unserem Falle die Forschu ng — in seiner A r t und A u sbild ung fü r die Erledigung von A rbeiten von großer B ed e u tu n g ; — das W ic h t ig s t e aber f ü r d e n E r f o l g d e r A r b e i t i s t u n d b le ib t d o c h d e r M e n s c h , der sie d u rch fü h rt.

Z u s a m m e n f a s s u n g .

Einsatz und E rfo lg der F orsch u n g in der F o rten tw ick ­ lung der legierten Stäh le m it besonderen Leistungen ist unstreitig viel augenscheinlicher als bei den Stählen, die im Brücken- und H allenbau, im Sch iffb au , im Eisenb ahn­

bau, in Großkesselanlagen benutzt werden. D urch die a ll­

gemeine technische E n tw ick lu n g ist aber auch hier an Stelle des früher ganz vorw iegend verw endeten weichen unlegierten Stahles eine V ielfältig k e it von Stählen herausgebildet worden, denn die B eanspruchungen des W erkstoffs auf diesem Gebiet sind im m er höher u n d — w as besonders wichtig ist — verw ickelter geworden.

D ie F o r s c h u n g a u f d e m G e b ie t e d e r W e r k s t o f f e fü r d en G r o ß s t a h l b a u vollzog sich vorzugsw eise in zw ei R ic h t u n g e n . E in m a l w urden die unlegierten B a u ­ stähle durch besondere M aßnahm en bei ihrer Erzeugun g verbessert, w obei entw eder die H ebung der Güte ganz

* *

Zu den Vorträgen von K. D a e v e s 1), E. H o u d rem o n t13), E. H. S c h u lz 14) und A. T h u m 14) gab Professor Dr. F. K orber, Düsseldorf, folgendes Schlußwort:

Wir haben soeben vier ausgezeichnete Vorträge gehört, die das Thema „Gegenwartsfragen auf dem Gebiet der Eisenwerk­

stoffe“ zwar nicht erschöpfend — was bei der Fülle und Viel­

seitigkeit der Aufgaben begreiflich ist —, aber mit einer bemerkenswerten Geschlossenheit behandelt haben. Leitend, wenn nicht gar beherrschend zog sich durch die Ausführungen aller Vortragenden die Erörterung über die Bedeutung, die der Werkstofforschung zur Lösung der aufgezeigten Fragen zufällt;

und einheitlich klang immer wieder die Betonung der über­

ragenden W ic h tig k e it e in e s m ö g lic h st h o h en , aber auch richtig g e le ite t e n E in s a t z e s der F o rsch u n g hindurch.

Dieser Zusammenklang ist um so bemerkenswerter, als die Vor­

tragenden, ihrem persönlichen Aufgabenkreis angepaßt, von ganz verschiedenen Standpunkten aus die Werkstofffrage und die Stellung der Forschung innerhalb derselben beleuchtet haben.

In den Rahmen, den Herr Daeves in seinen grundsätzlichen Aus­

führungen über Ziel und Wege der Werkstofforschung umrissen hat, fügen sich die von den anderen Vortragenden entwickelten Auffassungen und Gedankengänge zwanglos ein.

Wenn es mir erlaubt sei, dieser zusammenfassenden Betrach­

tung über das Gehörte noch ein Wort meiner persönlichen Ein­

stellung zu den durch Herrn Daeves so klar und überzeugend aufgezeigten Grundlinien einer richtig geleiteten Werkstoff - forschung anzufügen, so möchte ich von vornherein mit allem Nachdruck betonen, wie sehr auch ich mich in Uebereinstimmung mit den entwickelten Gedankengängen fühle. Wenn ich das hier ausdrücklich hervorhebe, so geschieht es aus dem Wunsch, die Wichtigkeit und grundlegende Bedeutung der Ausführungen des Herrn Daeves zu unterstreichen. Gern und aus voller Ueberzeugung bekenne ich mich zu gleicher Grundauffassung über die Werkstoff- forschung. Diese Meinungsäußerung erscheint mir darum zur Be­

leuchtung der von Herrn Daeves behandelten Aufgaben nicht ohne gewissen Wert, weil ich doch zu der Gruppe von Werkstofforschem gehöre, die in ihrer Arbeit, von einem Ausgangspunkt aus und damit auf einem Weg marschieren, die sich von denen unter­

scheiden, die Herr Daeves bei der Gewinnung so mancher wert­

voller Forschungsergebnisse bevorzugt hat. Gewiß bestehen U n tersch ied e z w isc h e n ein er A r b e its w e is e , die sich vor-

41) Seite 247/51 dieses Heftes.

ls) Seite 252/63 dieses Heftes.

allgem ein oder die H erausbildung besonderer Eigenschaften das Z iel sein kann. D er zweite W eg w a r die Entw icklu n g schw achlegierter Stäh le, und es steht w ohl außer Zw eifel, daß die B en utzun g dieser Stähle im Großstahlbau dauernd steigt. N icht außer acht gelassen werden d arf dabei die w eitere Erforsch u n g der V erform ungsvorgänge und der W ärm ebehandlung. Besondere W alzverfahren können die Gefügeausbildung und dam it den W iderstand gegen Brüche gü nstig beeinflussen, und die Ausscheidungshärtung z. B . in kupferlegierten Stählen dürfte noch ausb aufähig sein.

In diesem Zusam m enhang ist auch der E rfo lg der N orm al­

glühung bei dicken Teilen fü r geschweißte B rücken zu erwähnen.

W esentlich ist bei allen diesen E n tw icklu ngen, daß die F o r s c h u n g e n d e s W e r k s t o f f a c h m a n n e s über den engen R ahm en der Legierungskunde und der M etallphysik hinausgehen müssen, um die r i c h t i g e B e r ü h r u n g oder sogar U eberschneidung zu f i n d e n m it a n d e r e n F o r ­ s c h u n g s g e b i e t e n , v o r allem denen des gestaltenden Ingenieurs. D as g ilt beispielsweise a u f dem Gebiete der Schw ingungsfestigkeit, des Schweißens und auch fü r die Korrosionsforschung. D am it kennzeichnet sich auch die hier fü r den W erkstoffachm ann vorgeschriebene F o rm der Forschu ng. E in e ganze R eihe von F ra g en müssen bearbeitet werden durch Betriebsforschung, viele andere durch L a b o ­ ratorium sforschung. D er richtige W eg w ird selbstver­

ständlich der sein, daß diese beiden A rbeitsrichtungen nicht in einen Gegensatz zueinander, sondern zum gesunden Zusam m enwirken gebracht werden.

*

nehmlich auf eine Grundlagenforschung im Laboratorium stützt, und einer solchen, die in überragendem Maß auf planmäßiger Auswertung von Betriebsergebnissen beruht. Diese methodischen Unterschiede aber etw a in ein e G e g e n s ä tz lic h k e it u m ­ z u d e u te n , muß e n ts c h ie d e n a b g e le h n t w erden. Ich freue mich, daß die Ausführungen von Herrn Daeves, ergänzt durch die Darlegungen der Herren Houdremont und Schulz, in so über­

zeugender Weise die Einheitlichkeit der Zielsetzung und die gegenseitige Ergänzung der abweichenden Arbeitsweisen zur Dar­

stellung gebracht haben.

Noch einmal besonders hervorheben möchte ich hier die M ahnung zu ein er G a n z h e itb e tr a c h tu n g auch in der W e r k sto ffo r sc h u n g , daß wir uns freimachen müssen von der Einseitigkeit der Blickrichtung, wie sie durch die besondere Aus­

bildung und Einstellung, sei es als Werkstofforscher, Gestalter, Erzeuger oder Verbraucher, nur zu leicht nahegelegt wird. Bei uns zünftigen Werkstofforschem soll und darf diese Mahnung nicht ungehört verklingen, und wir müssen die mancherlei Ansätze aus den letzten Jahren zu einer solchen umfassenderen Betrach­

tung der Fragen und zur Zusammenarbeit aller Beteiligten pfleglich entwickeln.

Auch ich habe vor nicht langer Zeit in einem Vortrag1*), der sich mit, ähnlichen Fragen befaßte, darauf hingewiesen, daß von der w e r k sto ffk u n d lic h e n S e it e a lle in d ie L ösung der v ie le r le i und sc h w ie r ig e n W e r k sto ffa u fg a b e n unserer Z eit und der Z u k u n ft n ic h t e r w a r te t w erd en darf. Bei aller Würdigung der erstaunlichen E-folge in der Entwicklung besserer Werkstoffe auf Grund metallkundlicher Erkenntnisse während der letzten Jahrzehnte muß man sich bewußt bleiben, daß der Entwicklung der metallischen Werk­

stoffe in den naturgegebenen Eigenschaften der Grundstoffe gewisse Grenzen gesetzt sind, die bei manchen Werkstoffklassen vielleicht schon mehr oder weniger erreicht sind. Für die tech­

nische Weiterentwicklung eröffnen sich aber weit größere Mög­

lichkeiten, wenn sich mit dem Bemühen des Werkstofforschers um die Vervollkommnung und Weiterentwicklung der Werk­

stoffe die Bemühungen des Metallurgen, des Gestalters und des Betriebsingenieurs vereinen, die schon entwickelten und noch zu schaffenden metallischen Werkstoffe in höchster Güte zu erzeugen und durch konstruktive und betriebliche Maßnahmen die den Werkstoffen zugemuteten Beanspruchungen auf ein den Werkstoffeigenschaften angepaßtes Maß herabzusetzen. Vom Gestalter ist zu fordern, daß er sich noch mehr als bisher in das

l s ) J e r n k o n t. A n n . 1 2 1 (1 9 3 7 ) S . 6 7 6 /9 0 .

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25 2 S ta h l u n d E is e n . A . Thum : D er W erkstoff in der konstruktiven Berechnung. 5 9 . J ah rg. N r.

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Wesen und die Eigenheiten des Werkstoffs hineinarbeitet und hineinfühlt, zum mindesten sich bei kritischen Fragen vom Werk­

stoffachmann beraten läßt. An den Verbraucher ganz allgemein geht die auch schon vom Vortragenden erhobene Forderung, dem Erzeuger und Werkstoffachmann in vertrauensvoller Zusammenarbeit seine Erfahrungen über das betriebliche Ver­

halten der Werkstoffe zur Kenntnis zu bringen — und zwar nicht nur die schlechten, die ihm Anlaß zu Beanstandungen geben. In der Auswertung von guten Erfahrungen und von erfolgreichen Maßnahmen zur Behebung von anfänglichen Schäden und Mißerfolgen eröffnen sich nicht minder wichtige Einblicke und Anregungen für die technische Weiterentwicklung der Werkstoffe und ihre zweckmäßigste Verwendung. Wie auch die medizinische Forschung sich nicht begnügen darf mit einer Erforschung der Krankheitserscheinungen und -Ursachen und der Heüung akut auftretender Erkrankungen, sondern darüber hinaus die Aufgabe hat, die Lebens- und Umweltbedingungen für die Entwicklung gesunder und gegen Krankheiten nicht anfälliger Organismen zu erforschen, so darf auch die Werk­

stofforschung nicht nur als Kritiker und Berater bei Schadens­

fällen eingesetzt werden und, überschüttet mit einer Unzahl von aus irgendwelchen rätselhaften Ursachen schadhaft gewor­

denen Werkstücken, auf das Gebiet einer pathologischen Anatomie der Werkstoffe eingeengt werden.

Die Zusammenfassung aller Kräfte des Erzeugers und des Verarbeiters, des Verbrauchers, des Gestalters und des Werk­

stofforschers ist dringende Forderung zur Sicherung der Erwei­

terung und Vertiefung unserer Erkenntnisse, die ja das Ziel der Werkstofforschung und, wie Herr Daeves zum Schluß betonte die Vorbedingung für die schöpferische Tat des technischen Fortschritts ist.

R. K ü h n ei, Berlin (nachträgliche schriftliche Aeußerung)- Ich kann den Ausführungen von Herrn Schulz nur mit einer gewissen Einschränkung zustimmen. Die entwickelte Biege­

probe eignet sich meines Erachtens ganz gut zum Nachweis des Einflusses der Konstruktions- und Weikstoffverhältnisse wie sie bei den beiden gerissenen Brücken bestanden haben.

Auch Stähle anderer Zusammensetzung hätten dabei versagen müssen. Dagegen scheint mir der Schluß, daß Stähle St 52 die bei dieser Probe versagen, nun überhaupt nicht zum Schweißen geeignet seien, nicht angebracht; hierin stimme ich dem Vor­

tragenden zu, und zwar gilt das für alle jetzt zugelassenen Arten St 52. Weitere Versuche werden also noch zeigen müssen wie weit die Folgerungen, die man aus dem Verhalten des St 52 oder St 37 bei dieser Probe ziehen kann, noch eingeschränkt werden müssen.

E. H. S ch u lz: Zu der Zuschrift von Herrn Kühnei darf ich feststellen, daß unsere Ansichten durchaus nicht weit aus­

einandergehen, da auch er die Möglichkeit sicherer Rückschlüsse aus der Schweißraupen-Biegeprobe auf das Verhalten der ver­

schiedenen Arten des St 52 in der Schweißpraxis offenbar als noch nicht gegeben betrachtet.

D er W erkstoff in der konstruktiven B erechnung.

Von A u g u s t T h u m in D arm stadt*).

(Entwicklung der konstruktiven Berechnung. Spannungszustand im belasteten Körper. Kerbwirkung und Spannungsspitze.

Die Formziffer a S p a n n u n g s o p tis c h e Untersuchungen. Feindehnungsmessungen. Innere Vorgänge im Werkstoff. A u s­

wirkungen einer Kerbstelle. Zeitfestigkeit und Schadenslinie. Schlagbeanspruchung. E in flu ß des Vergütens. E influß der Oberflächenbeschaffenheit. Schmelzbedingungen und Dauerfestigkeit. Zweckentsprechende Werkstoffäuswahl. Steigerung der

Dauerhaltbarkeit durch Oberflächenhärten.) Entwicklung der konstruktiven Berechnung.

D

ie Voraussetzung fü r das Gelingen einer K onstruktion ist die richtige Bem essung. In den Anfängen der Technik w ar man mangels jeglicher G rundlage einer kon­

struktiven Berechnung ausschließlich auf ein gefühlsm äßiges Abschätzen angewiesen, das durch gute und schlechte Erfahrungen einigermaßen in richtige Bahnen gelenkt wurde.

Die Forderung nach genügender Steifh eit und B ru c h ­ sicherheit suchte man vo r allem durch eine reichlich starke Bem essung zu erfüllen, und der K on stru kteur w a r deshalb nur zu leicht geneigt, aus Sicherheitsgründen viel zu schwer zu bauen. W erkstoff Verschwendung und Gew ichtsverm eh­

rung spielten noch keine maßgebende Rolle.

E s w ar ein großer F o rtsch ritt der konstruktiven Technik, als durch die E n tw icklu ng der elementaren Festigkeits- und Konstruktionslehre eine Berechnungsgrundlage geschaffen wurde, auf der sich eine bewußte Bem essung einfacher B auteile aufbauen ließ. Die elem entare K onstruktionslehre stützte sich aber auf allzu einfache Annahm en. Sie suchte alle praktisch erforderlichen Festigkeitsw erte auf den ein­

fachen Zugversuch an glatten Probestäben zurückzuführen.

Die H öchstbeanspruchungen wurden von der elementaren K onstruktionslehre m it H ilfe von ebenfalls viel zu einfachen Annahm en über die Spannungsverteilung, z. B . m it dem Geradliniengesetz, berechnet. Man beachtete nicht, daß das Festigkeitsverh alten eines W erkstoffs nicht nur durch seinen inneren A u fb au , z. B . seine K ristallstru k tu r, bedingt ist, sondern auch in hohem Maße von der geom etrischen F orm des fertigen M aschinenteils abhängt. Die tiefe K lu ft, die sich zwischen der technischen W irklichkeit und den grund­

legenden Vorstellungen von der F e stig k e it a u ftat, suchte man durch Sicherheitsfaktoren zu überbrücken. Die allgemeine

*) Vortrag in der Hauptversammlung des Vereins Deut­

scher Eisenhüttenleute zu Düsseldorf am 5. November 1938. _ Sonderabdrucke sind vom Verlag Stahleisen m. b. H., Düsseldorf, Postschließfach 664, zu beziehen.

E in fü h ru n g von Sich erheitsfaktoren h a t aber den Fortschritt der kon struktiven Tech nik oft sehr gehem m t. Sie gewöhnte den K on stru kteu r daran, nicht genügend sorgfältig in der B erücksich tigung von Z usatzkräften zu sein, sie verleitete ihn dazu, die Form eln der Festigkeitsleh re rein mechanisch anzuwenden und den K ra ftflu ß v e rla u f im Maschinenteil ganz unberücksichtigt zu lassen. So kam es, daß trotz hoher Sicher­

heitsfaktoren sich oft nöch B rüche an B auteilen einstellten.

Man tra t deshalb, als der ständige F o rtsch ritt der Technik im m er höhere Leistungen und Geschw indigkeiten verlangte, an den W erkstofferzeuger, besonders an den Stahlerzeuger, heran m it der Ford erun g, durch bessere Stähle dem Kon­

stru kteur die M öglichkeit zu leistungsfähigeren Masthinen zu geben. A llein bei der H öherzüchtung der Stähle erreichte man bald eine Grenze, über die eine W eiterentwicklung der K onstruktionen anscheinend nicht m öglich war. Dies kam daher, daß man den Grund fü r das Versagen einer Konstruktion oft an falsch er Stelle suchte. B e i richtiger Betrachtungs­

w eise erkennt man näm lich, daß in solchen Fällen nicht der W erkstoff die Schuld trä g t, sondern daß er bisher vom Kon­

stru kteu r ungenügend ausgenutzt wurde. Wenn also eine Verbesserung und Leistu ngssteigeru ng erreicht werden soll, so muß der Stah lerzeuger von der ausschließlichen Verant­

w ortung fü r die Sich erh eit einer K onstruktion befreit und d afü r der K o n stru k teu r zu einer zweckmäßigen und werk­

stoffgerechten G estaltun g erzogen werden. D er Konstruk­

teur muß sich von dem G rundsatz leiten lassen, den Werk­

stoff rich tig auszunutzen, er muß den Ausgleich finden zwischen den sich oft widersprechenden Forderungen nach L eich tbau und W erkstoffersparn is au f der einen und nach Sich erh eit der K onstru ktion au f der anderen Seite. E r muß sich die E rgebnisse der neuzeitlichen Werkstofforschung zu eigen m achen und bei seiner G estaltun g berücksichtigen, daß der gleiche W erkstoff bei verschiedener Beanspruchung und verschiedener F orm geb un g sich durchaus verschieden verh alten kann.

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