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Von EDUARD WEHNER, A rchiteK t.

»Das Schicksal der Künste, w o rü b er Sie sehr gedie gen philosophieren, er­

scheint mir doch noch um einen G rad dunkler, nicht nur, weil es auf die bedenklichste Weise ins allgemeine Weltschicksal möchte verflochten w erd en, sondern weil die möglichen Besteller und Abnehmer ein g a r zu meliertes Korps g e w o rd e n sind und Kirche und V orn ehme nicht m ehr den G rundto n angeben.« So schrieb im Jahre 1884 J a k o b B u r c k h a r d t , der Baseler G e ­ lehrte für Geschichte und Kunstgeschichte, an seinen Bekannten, den Archi­

tekten M a x A l i o t h , der in Paris damals der Malkunst oblag. W as Burck­

hardt vor 34 Ja h r e n vorausahnte , ist einget reten. D er W eltb ran d ist ü b e r die gan ze Erdkugel hinübergesc hlagen, b edroht nicht nur die Kultur und Kunst, sondern brin g t gan ze Völker an den Abgrund, in den sie samt ihrer lOOOjähri- gen K ultur hinabzus türzen drohen. Das Schicksal ihrer Kunst ist ohne Zweifel eng verk nüpft mit dem jenigen d,er W elt und ihrer Völker. Und es kön nte den Anschein haben, als ob das Alte für im mer uns entschw indet und ein u n g e ­

wisses N eues auch in d e r Kunst an seine Stelle zu treten berufen ist, ein Neues, h e rau s g eb o ren aus dem gew altigen Erlebnis der. bis aufs ä u ß ers te g e ­

quälten und sich au fb äu m en den Volksseelen.

Doch wie w ar es vor dem Ausbruch des K rieges? Rang damals nicht auch schon die Kunst nach ne uem Ausdruck, w ar damals nicht bereits d e r Spiegel der Kunstkultur vom Sturm und D ra nge der Ju ngm annen des künstlerischen Nachwuchses beun ru h ig t und hochgepeitscht? Sollte das Schicksal d e r Kunst wirklich von d e r E rlösung od er Verdam m nis des Volks- und Weltenschicksals getr agen sein ? Die Geschichte der Kunst vor dem Kriege w ürd e dem Un­

recht geben. Betrachten wir mit ruhigem Blick die Kunstentwicklung vor und während des Krieges, so kann man eine stete Bewegung im Kunstlager der verschiedenen Richtungen erkennen, die im Kriege anfangs etw as abgeebbt, dann ab e r wieder voll in die Erscheinung g e tr e te n ist, und zwar mit allen früher bereits eingenom m enen Kampfstellungen der verschiedenen Ü berzeu­

gungsgruppen. An sich ist alles beim Alten geblieben. Die Kriegsereignisse haben wohl den Darstellungsinhalt, aber nicht die Kunstrichtungen beeinflußt.

Die Pole blieben dieselben. M itu nter könnte man glauben, daß die G e g e n ­ sätze sich un te r den Ereignissen gem ild ert hätten, wenn man nicht aus der Tagesp resse eines ändern belehrt würde, keinesfalls ist neuer Wein in neue Schläuche gegossen worden.

W ie w enig eigentlich die M arschro ute der Kunst von dem W eltkrieg b e ­ einflußt scheint, mag d e r alte, nun wieder aufs neue von den Parteien an g e ­ regte Streit um das hohe od e r flache Dach, um »Biedermeier o d e r Kraft­

meier« ’) o d e r andere Rezeptv ersc hre ibungen für unsere Stadtbaukunst und Kriegersiedelungen zeigen, mögen die Ausein ander setzungen über das Problem der sparsam en Bauweise mit ihrem vermutlichen künstlerischen o d e r nicht­

künstlerischen ganz neuen Form enau sd ru ck, ü b er die Bedeutu ng des H o ch ­ baues o d e r Flachbaues, über m oderne und historische Richtung dartun. Ändern erscheint es von b e sonderer Wichtigkeit, tiefgründig zu untersuchen, ob nun

>) T ä g l. R u n d s c h a u Nr. 189, 191, 192, 194, U n t.-B eilag e 1918.

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d e r »Geist der Gotik«, d e r Renaissance, des Barocks o d er des B iederm eie rs und Klassizismus uns die ersehnte E rlö sung aus aller W ir rnis bringen wir Diese S treitpunkte bestanden damals und b esteh en h eu te weiter, eig en t ic g anz unbeeinflußt von dem G a n g e der Ereignisse. O d e r e tw a doch.-' Yi e l e i c i t insofern, als die Besinnung auf den W e r t d e r T raditio n e h er z u g e n o m m e n at, was nicht im Sinne d e r g anz links ste h e n d e n M od ern en ist, die trotz d e r e r ­ bra chten Unfähig kei t im m er noch die Revolu tio nieru ng d e r K unst mit puls- schwachen Mitteln erhoffen. Immerhin kann man im E inklang mit den Be­

fürchtu ngen des Burc khard t d e r 80er Jahre bedauern, d aß w ir heu te insofern einen Rückschritt zu verzeichnen haben, als tatsächlich d e r Kreis der Bestelle!

se h r meliert w urde und Kirche und V o rn e h m e nicht m e h r den G ru n d to n a n ­ geben. D aran ist nicht zu zw eifeln: so lange die Kirche ihren w eittragenden kulturellen Einfluß au sü bte, h atten wir das, w onach wir uns h eu te sch m erz­

lich sehnen, einen Stil, eine T ypisierung, einen einheitlichen Ausd ru ck des künstlerischen Willens aller, und als Folge eine w enigstens in gew issen Zeit- interwallen stetig fortlaufende S te i g e ru n g d e r K unstw erte. An die Stelle der Kirche und d e r F ürs te n m a c h t ist d e r m o d e r n e V e r f a s s u n g s s t a a t g e ­ treten, d e r es w egen seiner B eam tenhie ra rchie und der dam it zusam m en­

hän g en d en Bure aukratis ie rung und d e r fehlenden Schw ungkraft, die eben nur b e d e u te n d e Einzelpersönlichkeiten ein e r g ro ß e n Id ee verleihen kö nnen, nicht zu Kunstleistungen bringen kann, die m e h r sind, als d e r Ausfluß m ittelm äßig er B egabung und Geschmacksbildung. Die g ro ß e n Aufgaben w erd en recht und schlecht von V erw a ltu n g s b e a m te n und ihren eb e n ­ falls vorw ie gend verwaltungstechnisch, a b e r nicht eben b e d e u te n d kün st­

lerisch disziplinierten Gehilfen auf d e m P a p ie r erz eichnet und in die W ir k ­ lichkeit übersetzt , a b er zu einer k u n ststeig ern d en Lösu ng im Sinne ein er T y p i­

sieru ng nicht em porgeführt. Die im G egente il e in g e tre te n e Verknöcheru ng des amtlichen Bauschaffens übte einen unheilvollen Einfluß auf die Künsten - wicklung aus, indem sich d e r amtliche Stil im ganzen Lande v e rb r e ite te und zun.

Teil auf städtische und andere U n te rn e h m u n g e n A n w e n d u n g fand, wen n nicht die A uftraggeber, in sbeso ndere die S tä d t e ä bei Zeiten b ed eu te n d e, noch frei schaffende, nicht schon bure aukratisie rte Künstler mit d e r L eitung d e r s t ä d ti­

schen Bauaufgaben b etr aute n, wie das u n te r än d e rn etw a die S ta d t Berlin tat, als sie sich den h e rv o r ra g e n d ste n und feingebildetsten Künstler u n s e r e r Zeit verpflichtete, d e r das amtliche Bauwes en d e r M illio nenstadt fü r u nsere Zeit geradezu vorbildlich ge staltete . Solche A usn ahm en, zu denen aucii München und andere Städte zählen, bestätigen n u r die Regel.

Da die staatliche O rganis ation tr otz aller M ängel ihrer heuti gen K unst­

übungsm eth ode und trotz des Kampfes, den auch die P rivata rc hitekten gegen die Monopolisierung der Baukunst durch d e r Sta at (die im m er da ist, so lange die g rö ß ten Aufgaben nur vom Staate ihre »Erledigung« finden) führ en, uns verbleiben wird, und zw ar — das muß einmal g anz deutlich ausgesprochen w erd en — zum Schaden einer einheitlichen V olk sb aukunst, so ist es von Interesse, zu sehen, wie sich an derseits die Künstler und ihre W o r t f ü h r e r mühen, das Schicksal u nserer Kunst mit und en tg e g e n den E rfah ru n g en der W eltkriegsrevolutionie rung verbessern zu wollen. Da finden sich dann die v e r­

schiedensten Bestr ebungen und Vorschläge, un te r denen die Bauth eo rien b e ­ so nderer und allgemeiner Art eine H auptrolle spielen.

E N T WI C K L U N G S F R A G E N DER BAUKUNST

W'ie bereits oben g esagt, spielt sich das alles innerhalb der äu ßerste n Pole d e r nach wie vor mannigfaltigen und der einheitlichen Richtung e n t ­ behrenden S trö m u n g en ab, Str öm ungen, die trotz allen g u te n W illens zur T ypisieru ng und zum Stile w egen ihrer V ers chiedenartigkeit dem Kinde zur G e b u r t bisher nicht verholten haben und vielleicht w e g e n des eifrigen Ver- fechtens meist schlagw ortartiger Begriffe nicht, verhelfen können. Denn die Frage, ob flaches od e r steiles Dach das völkischste und dam it national- stilischstc Förderungsm ittel sein dürfte, ist ziemlich müßiges G ere de. W e r sich auf solche Theorie n verbeißt, zeigt, daß das eigentliche W esen der Bau­

kunst ihm fr em d ist.

W as haben unsere doch g ew iß recht umfassenden und e r n s t ’ gem einte n Bemühungen, für den G edanken d e r K riegerehru ngen wirklich künstlerisch Brauchbares und W ertvolles von D auer zu schaffen, bisher g e f r u c h te t ? W e d e r i n S t e i n n o c h i m B i l d h a b e n w i r e t w a s g e s e h e n , w a s d e n S t e m ­ p e l d e r g r o ß e n Z e i t u n d w a h r e n g r o ß e n K ü n s t l e r t u m s t r a g t ! Die meisten W e tt b e w e r b e erbringen bis zu 99 vH Minderw ertiges. Man wird daher gesp an n t sein dürfen, wie das Erg ebnis des W e tt b e w e r b e s um Kriegs- erinneru ngsblätter \sein wird, den der Evangelische Bund neuerd ings in der Absicht der F ö rd eru n g einer deutschen Volkskunst erlassen hat. Auch das jetzt sc hlagw orta rtig empfohlene s p a r s a m e B a u e n wird uns kein eswegs in der Kunstentwicklung besonders v o rw ärts bringen. Dies aus dem sehr ein­

leuchtenden G ru nde, weil das h a n d w erk sm äß ig e Bauen — denn d aru m handelt es sich, da es eigentlich ohne den Künstler, wüe es in frühere n Zeiten war, gestaltet w erd en m üßte wohl eine dem Auge ang en eh m e Bauweise, aber keine der Kunstentwicklung ernstlich einzufügende Kunstform als solche brin­

gen wird und kann. O d e r glau b t wirklich jemand im Ernst, das unsere Ar­

beiterkolonien in dieser Beziehung m ehr geben können als das, was sie sind und sein k ö n n e n : auf technisch-wirtschaftlich günstig ste Art herg es tellte Dörfer, bei denen die Zweckm äßig keit beherrschender G rundsatz ist, wie wir das auch bei den Siedelungen Friedrichs des G ro ß e n schon finden, die aber doch in keiner Weise auch nur den geringsten Einfluß auf die Kunstentwick­

lung der damaligen Zeit, die bekanntlich in Sanssouci und sonstw o zu stu- ctieren ist, a u sg e ü b t haben und der niedrigen Kunstform wegen auch gar nicht ausü ben konnten.

Wohl darf nicht verk annt w erd en, daß die V erbin dung der technisch-wirt­

schaftlichen Org an isatio n und des künstlerischen Gestaltungsw illens bei den Koloniebauten zu einer Befriedigung auch gew isser ästhetischer Bedürfnisse führen kann und soll. Z unächst ist die Verbilligung der Bauten aber überhaupt noch ein vielfach ungek lärtes Problem und b ed arf der w eiteren Forschung

\ iclleicht auf beso nderen technisch-wirtschaftlichen Forschungsinstituten oder durch neu zu errichten de Lehreinrichtungen für dieses Sonderg ebiet auf den Technischen H o c h sc h u le nl).

Kunstfördernd sind g ro ß e treibende Kräfte, wie fr üher Kirche und F ürs te n­

macht (Friedrich der G ro ße, Karl T h e odor, A ugust der Starke u. a.). H eute heißt diese M acht: Großwirtschaft, von der Namen wie Siemens, Krupp, Rathenau u. a. eine Vorstellu ng geb en . Die großen Fabrikanlagen mit ihren

]) S ieh e a u c h d e n b e a c h te n s w e r te n A u fsa tz v o n P ro f. M a t s c h o ß in Z. 1917 S. 695 u n d d e s ­ g le ic h e n von B a u ra t H a g e r in D e u tsc h e B a u z e itu n g Nr. 69, 1918.

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Hallen, die dem gew altigen Umfang der G ro ß u n te r n e h m u n g e n e n ts p re c h e n d e n V erw altu ngsgebäude, ferner die V erk aufs organisatio nen mit ihren baulichen B e ­ dürfnissen an g roßs tädtischen Bureaugebäuden, das w erden T r ä g e r u n s e r e r zukünftigen K unst sein. Dazu treten o d er sollten tr ete n die ge w a ltig e n B au­

aufgaben eines auf G ro ß w irtsc h a ft gestellten S taatsw esen s mit seinen V e r ­ w altungsgebäuden, Kasernen, V erkehrsbauten für Eisenbahnen und W a s s e r ­ wege, Postbaute n.

Auch die Kirche könnte mit ihren noch im m er g r o ß e n Bauaufg aben - wenn es auch leider keine D om e m ehr sind — ihren ge w a ltig e n Anteil sich sichern, es sei, daß sie den g u te n Willen hätte, dem Tüch tig en freie Bahn zu schaffen. W eitere T rä g e r d e r K unst sind die G em ein d e n mit Baubedürfnissen für V erw altu ng, Schule, industrielle W e rk e und a ndere A ufgaben sozialisti­

scher Z entralo rg anisation, v o r allem a b er d e r W o hnungspolitik , die hoffentlich einmal dahin ko m m t, daß das W ohn p ro b lem d e r Städ te in die allein praktisch und ästhetisch zum Erfolg fü h ren d e Bahn geleitet wird, nämlich in diejenige der Z entralisie ru ng des Blockbaues, dera r t, d aß es dem einzelnen nicht m ehr überlassen bleiben darf, zum Schaden seiner N ach b arn und so d e r G e s a m t ­ heit das Stadtbild mit eig ens innigen A rchitektu rgebilden verschandeln zu können. Die jetzige B auberatung d e r Städ te ist infolge d e r g anz unzure ichen­

den gesetzlichen H a n d h a b e n ein Schlag ins W asser. Erfolg b rin g t nur die O r g a n i s a t i o n d e s B a u w i l l e n s , u n d z w a r n i c h t n u r d e s p r a k ­ t i s c h e n , s o n d e r n a u c h d e s k ü n s t l e r i s c h e n B a u w i l l e n s , a u s g e ­ sta tt e t mit den Machtmitteln des Sta ates o d e r ein er Behörd e, a b e r a ufge­

baut auf sozialistischer G ru n d lag e (Z w angs-B aublo ckgenossenschaften oder ähnliches). D i e S i e d e l u n g e n s p i e l e n b e i d i e s e n m o d e r n e n B a u ­ p r o b l e m e n , k ü n s t l e r i s c h g e n o m m e n , e i n e v e r h ä l t n i s m ä ß i g u n t e r g e o r d n e t e R o l l e . D er so g en an n te Flachbau, d. h. die Kolonie der Einzelhäuschen in G ärten, wird in hygie nischer und a n d e r e r B ezie hung von b e ­ s o n d erer B ed eu tu n g sein, im Rahmen der g e s a m te n städte baulic hen Kunst­

entwicklung wird er ir gendwelchen w e se n tlic h e n Einfluß kau m auszuüben in d e r Lage sein. D esh alb kann es denn auch g a n z gleichgültig sein, o b wir uns h e u te für das steile Dach o d e r eine andere o b e r e A bschlußform des H ause s begeistern. Das Volksempfinden weiß nichts von einem neuerdings a u s g e ­ klügelten Unters chied vom »nordalpinen H üttenhaus« und .südalpinen Höhlenhaus«, es wird sich schließlich auch mit einem flachen Dach befr eunden, wenn es n otw endig ist und ihm dadurch das W o h n e n im Eig en heim ermöglicht wird. W as unseren Kleinwohnungskolonien bis zum Kriege eh e r gesch m ack s­

ve rw irre nd anhaftet, das ist die Ü b e rtr a g u n g mittelalterlichen M osaik b au es mit Steildächern auf eine durch einheitlichen Willen als G anzes e n ts teh en d e m oderne Kolonie, deren H orizontalismus zw in gen d ist. D a h e r ne h m e n sich auch die anein anderg ere ihte n winzigen Gie belm ötive in d e r gew o llten gleich ­ artig en Mehrzahl im V erhältnis zu den gro ß zü g ig en Str aß en an lag en , Tür- und F e n sterg rö ß en usw. recht gezw u n g en und g e k ü n ste lt aus. Die meisten Kolo­

nien im rheinisch-westfälischen In dustriegebie t, auch Staaken, zeigen d e ra r tig e U nstimmigkeiten in d e r Ü b e rtr a g u n g überlieferter G e sta ltu n g sm itte l auf m o ­ derne Raumgebilde.

Durch unsere bau- und feuerpolizeiliche G e s e tz g e b u n g ist eigentlich dem mittelalterlichen Steildach mit seiner unwirtschaftlichen R au m au sn u tzu n g längst

E N T WI C K L U N G S F R A G E N DER B AUKUNS T

d a s Todesurteil gesp rochen. W ir sollten den Mut haben, allgemein unsere Bauweise nach den einmal g eg eb en en Verhältnissen zu entwickeln und die An­

knüpfung an die Tradition da zu suchen, wo Ähnliches zur W eitere ntw icklu ng bereits in ziemlich reifer A usbildung vorh anden war. Verfolgt man diesen G e ­ danken, so kann man dem zu früh vers to rb enen O s t e n d o r f — er fiel vor dem Feinde — nur beipflichten, wenn er in seinen »6 Büchern vom B auen«3) die Anknüpfung an die Bautradition des 18ten J ah rh u n d erts empfiehlt, das t a t ­ sächlich in vielen Fällen f ü r uns Vorbild sein kann. Das W esentliche seiner revolutionierenden G edanken ist seine »Theorie des Entwerfens« üb erh aupt, die manchem Architekten wie eine gütige O ffen b aru n g willkommen sein muß.

O s te n d o r f ist von vielen Seiten vielleicht nicht im m er aus sachlichen G rü nden w egen seiner Theorie n angegriffen w ord en. Ich glaube, daß seine G edanken von ganz g e w a ltig e r B edeutu ng für unsere Baukunstentwicklung sein werden.

D er Entw urf soll eine unte r den g e g e b e n e n Verhältnissen einfachste Er­

scheinungsform darstellen. Die ä ußere Erscheinung eines H auses beru h t auf räumlichen von der Situation, d. h. in der Regel von d e r Straße, dem Platz o d er dem G a rte n a usgehenden Vorstellungen. Dabei ist es für den künst­

lerischen Erfolg von nebensächlicher Bedeutung, welche obere Abschlußform des H auses etw a g e w ä h lt wird. A u c h d e r G r u n d s a t z d e r s p a r s a m e n B a u w e i s e , w i e e r j e t z t a l s F o l g e d e r T e u e r u n g p r o p a g i e r t u n d a l s a l l e i n s e l i g m a c h e n d e s M i t t e l f ü r e i n e n e u e K u n s t e n t ­ w i c k l u n g d a r g e s t e l l t w i r d , k a n n u n s d a s H e i l u n m ö g l i c h b r i n ­ g e n . Das spar same Bauen kann uns wohl dahin führen, allen vermeidbar en Schmuck fortzulassen und uns auf die einfachste Erscheinungsfor m zu b e ­ schränken. D am it tun wir a b er nur das, was sowieso das W esen der Bau­

kun st vom entw erfenden Künstler verlangt und was ernsth afte Künstler auch schon vor dem Kriege und dem Eintritt der jetzigen Verhältnisse angestrebt haben. Aber man h ü te sich doch davor, nun die Spars amkeit als kunstfö rd ern­

des Mittel hinzustellen. Das wird sie nur da sein, wo sie bisher nicht zu fin­

den war, d. h. bei den Snob-Bauten, dem pseudo-prunkhaften m odernen G r o ß ­ stadt-Miethaus und manchem öffentlichen G ebäude, das von schwachen, aber kunstlü sternen H änden gebaule itet wurde. Geld, welches dem Aufwund e n t ­ sprechenden Kunstw ert nicht erschafft, ist herausgew'orfenes Geld. In d e m Sinne kann die sparsam e Bauweise zur Selb stbesinnung zwingen und allenfalls kunstförder nd wirken, a b er auch nur dann, wenn in Zukunft nur echte Bau­

künstler Bauaufgaben meistern. Keinesfalls aber wird gera de der Klem- w ohn u n g sb au auch mit seiner ne uesten sparsa men T heorie (die w ar übrigens bei ihm stets vorherrschend) auch n u r den allergeringsten Einfluß auf unsere Kunstentwicklung ausüben. Ebensowenig, wrie bisher das Stadtbild unserer V o r­

städte d a z u.i rgend beig etragen hat! Gelingt es allerdings, die einheitliche Block­

b eb au u n g durchzuführen, so m ag auch hier allmählich u n te r der Leitung g u te r Künstler üb e r den reinen Zweckbau hin ausgehendes W ertvolleres sich gestalten.

Ein Z u sa m m e n h a n g mit sp arsam er Bauweise kann dann in der Hinsicht e n t­

stehen, als durch die großwdrtschaftliche gem einsam e Bebauung sämtliche Baustoffe gem einsa m und billiger beschafft w erden können. Daß auch v e r­

schiedene gleichzeitig an einer Blockfront arbeite nde Künstler nicht nur zur

I) v. D r.-In g . F rle d r. O ste n d o rt, P ro f. d. T e c h n . H o c h s c h u le K arlsru h e, B erlin 1914, W ilh. B m st

& S ohn.

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künstlerischen Z u sam m en arb eit und taktvollen Rücksichtnahme, so n d ern auch zur gem einwirtschaftlichen Anschaffung gew isser Baustoffe u n t e r einen H u t zu bringen sind, dafü r ist u. a. als Beispiel die Beb auung d e r E sse n e r S traße in Düsseldorf mit K le in w ohnungsbauten an ein er plat zartig e rw e ite rte n S traße zu nen nen , an der der V erfasser bete iligt w ar und einige E r f a h r u n g e n s a m ­ meln konnte. B auherr w ar die Stadt. Es w'aren sieben zusam m enges chloss ene G ru p p e n von etw a je 40 bis 50 m Fro n t zu schaffen. Leider h a t die Stadt Düsseldorf diesen in mancher H insicht w o h lg elu n g en e n V ers uch nicht w ie d e r­

holt. V o rb e d in g u n g zu D e rartig em ist allerdings die juristische Einzelperson des Bauherrn, die auch sonst bei Blockbebauungen zu erw ir ken die G e s e tz ­ g e b u n g mit Nachdru ck b e s t r e b t sein m uß, wenn in Z u k u n ft d e r K leinw ohnungs­

bau im Stadtbild w ie d e r erträglich w erd en soll. Auch m ü ß te dieselbe Bin­

d ung konform auch für Baublöcke mit offener B eb au u n g Platz greifen kö nnen, wo sie zur Erzielung einheitlicher S tr a ß e n rä u m e g e n a u ebenso n o tw e n d ig ist.

Die Bau th eo rien sind o h n e engste Z u s a m m e n a rb e i t m it G esetzg eb u n g w enig stens bei d e r gesch lossen en Bauweise schlechte rdin gs nicht durchzuführen.

E i n z e l n e b a u p o l i z e i l i c h e E r l e i c h t e r u n g e n i m H i n b l i c k a u f d i e E r z i e l u n g v o n E r s p a r n i s s e n z u r B e h e b u n g d e r W o h n u n g s ­ n o t s i n d d a b e i z u n ä c h s t u n t e r g e o r d n e t e r Ar t . Solche Kräfte b ew egen sich nur an der Peripherie d e r P ro b le m e und d rin g en nicht zum Kern der D inge vor, von dem aus erst die eigentliche, neue W e r t e bildende Kraft ausgehen kann. W ir m üsse n von den zu ständig en Behörden erw arten, daß sie den b ed eu te n d en städ tebau lichen Baufragen V ers tändnis e n tg e g e n b rin g t und sie durch sinngem äße G e s e tz g e b u n g in je der W eis e fö rd ert. D ie b au ­ polizeilichen V erfügungen sind von G ru n d aus um zugesta lte n. U n te r Mitarbeit von Fachvereinen ist seinerzeit in D üssel dorf vers ucht w o rd en , die Baupolizeiver­

o rd n u n g auch auf ästhetisc he F ra gen zuzuschneiden, w as a b e r nicht durchdrang, einmal w egen des W id ersta n d es am g rü n en Tisch und dann w e g e n d e r H a r t ­ leibigkeit dieses Para g rap h en in stru m en tes, ln an d e re n Städten liegen die V er­

hältnisse ähnlich, man h a t im m er versucht, zu verbessern, a n statt zunächst um­

zustoßen, um neu aufzubauen, und so sind die Krankheitsstoffe verblieben. Um nur ein Beispiel zu nennen: W a ru m sind die Balkons o d e r die L oggie n aus d e r G ro ß stad tfro n t noch nicht ve rs chwunden, ebenso die E rkerkäs ten, diese bitter­

bösen Feinde jed w ed er T ypisierung d e r Str aßenfront, mit de n e n diese nie eine gu te Erscheinungsform abgeben w ir d ? Pra ktisch sind sie schon la nge d u ic h a u s abgängig gew esen. Ich streife nur die Bra ndm auervorschriften, die bei unserem modernen F eu erw eh rb etrieb eine weit u n te r g e o r d n e t e r e Rolle spielen, als zur Zeit, da sie ents ta nden, usw. Ü b e r all das ist schon viel T in t e verschrieben word en , aber nun wird es auch Zeit, anzufassen, und zu'ar gründlich.

Möge die g ro ß e umwälzende W eltkriegszeit den baupolizeilichen P a r a g r a ­ phenschwulst hinw egfegen , daun ist dem städtischen K le in w o h n u n g sb au schon sehr viel geholfen. Und nicht n u r ihm. U nsere g e s a m te m o d e r n e Baukunst

Möge die g ro ß e umwälzende W eltkriegszeit den baupolizeilichen P a r a g r a ­ phenschwulst hinw egfegen , daun ist dem städtischen K le in w o h n u n g sb au schon sehr viel geholfen. Und nicht n u r ihm. U nsere g e s a m te m o d e r n e Baukunst

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