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W ie der Sinn der Renaissance dem Malerischen zugeneigt w ar, ist schon am Vorwalten dieser Richtung in der S kulptur zu erkennen. Die Malerei selbst, als die K unst, die dem Streben nach Darstellung der W ahrheit und Mannig­

faltigkeit des äußerlich und innerlich bewegten Lebens ungleich m ehr genügte, brachte diese Neigung vollends zum Ausdruck. Stütze und H alt aber erhielt sie ihrerseits durch die Einw irkung der Schw esterkünste: durch die P lastik, die auf Durchbildung der Körper- und Gewandbehandlung hinwirkte, und durch die Archi­

te k tu r, in deren Dienste sie zum guten Teil die Gesetzm äßigkeit der

Sitditalieu und Sizilien 153 sition und Großzügigkeit der Linienführung sich aneignete. Denn was gerade der italienischen Malerei dieser Epoche einen entscheidenden Vorzug gewährt, ist das dauernde Bedürfnis nach Ausführung großer F r e s k e n . Dadurch ge­

langte ein freier, monum entaler Stil zu lebendiger Entwicklung. Das durch die W andgem älde erforderliche Komponieren im Großen bewahrte die Maler Italiens vor der Klippe der nordischen K unst, dem Untergeben ins Einzelne, Zufällige und Kleinliche. Dabei gewann aber auch d e r Umstand der Malerei den Vorzug einer freieren S tellung, daß sie von vornherein weniger als die P lastik an die N achahm ung der antiken Kunst gekettet w ar, daß die frische, unm ittelbare Auf­

fassung der W irklichkeit ihr H auptziel wurde, dessen Erreichung den verschiedenen künstlerischen Individualitäten je nach ihrer besonderen Begabung in mannig­

faltiger Weise möglich war. Aus diesem Grunde erklärt sich die Vielseitigkeit der Malerei dieser Epoche, die auch hinsichtlich des Stoffgebietes der Plastik weit überlegen ist.

Fig. 161 Die Taufe Christi Fresko von Masolino in Castigliono d’Olona

Ausgangs- und M ittelpunkt des neuen Stils bildete auch je tz t wieder die Schule von F l o r e n z 1) als erste an Reichtum und Kraft künstlerischen Schaffens.

Schon Giotto und Orcagna hatten der toskanischen Malerei die Richtung auf Schilderung lebendigen Handelns gegeben, ihr den W eg des Realismus gewiesen.

W as sie nach ihren K räften, mit den m ehr andeutenden, symbolischen Mitteln ihrer Zeit angebahnt hatten, nahm en die Meister des XV. Jahrhunderts wieder auf m it einer allmählich bedeutend erweiterten Herrschaft über die D arstellungs­

m ittel, vornehmlich durch anatomische und perspektivische Kenntnisse. W enn je tz t die Maler die heiligen Geschichten — und das blieben noch lange hin die bevorzugten Motive — erzählen, ist ihnen nicht m ehr der Vorgang selbst die H auptsache, sondern er dient gleichsam nur als Vorwand für die lebensvolle

i) B. Berenson, Die llorentinischen Maler der Renaissance. Deutsche Ausg. Oppeln- Leipzig 1898.

Auffassung und Darstellung der diese Gestalten trotz ihrer zeit­

lich bedingten Erscheinung ei­ bis auf Lionardo, Michelangelo, Raffael wallfahrteten, um hier sich Anregung und Belehrung zu holen.

Fig. 162 Der Sündeniall Fresko von Masaccio in der Brancaceikapelle

!) A. Schmarsow, Masaccio, der Begründer des klass. Stils der ital. Malerei. Kassel 1900.

Anfänge in Florenz 155 Ein Vorspiel zu Masaccios Schaffen, wenn auch nicht in streng zeitlichem Sinne, bildet die Tätigkeit seines angeblichen Lehrers, Masolino. Dieser „kleine“

Tommaso di Christoforo Fini ist 1383 in Panicale geboren, tra t 14-23 in die Flo­

rentiner Gilde der Ärzte und Spezeristen, zu denen damals die Maler gehörten, m alte 14-25 an der Decke im Chor der Collegiata zu C a s t i g l i o n e d ’O l o n a am Comersee eine H i m m e l f a h r t , und K r ö n u n g M a r i ä , die V e r k ü n d i g u n g , das S p o s a l i z i o , die G e b u r t C h r i s t i und die A n b e t u n g d e r K ö n i g e , und zehn Jahre sp äter, nach einem langjährigen Aufenthalte in Ungarn im Dienste des Filippo Scolari (Pippo Spano), eines florentinischen F eldherrn, ebenfalls in C a s t i g l i o n e d ’O l o n a , aber im B a p t i s t e r i u m , W andbilder aus dem Leben J o h a n n e s d e s T ä u f e r s (Fig. 1G1). Mehr kennen und wissen wir nicht von ihm. Er ist ein Künstler des Übergangs von der mittelalterlichen Auffassung zur neuen R ichtung, „in dessen Kunstweise die Elemente des n euen, die er sich in wiederholten Anläufen zu erwerben strebt, m it den verschwimmenden Resten des E rbgutes nicht zu vollkommener Ausgleichung gekommen, geschweige denn ganz

Fig. 163 Petrus heilt den Lahmen und erweckt Tabitha Fresko von Masaccio in der Branexiccikapcllc

fertig geworden sind“ (Schmarsow). Selbst in seinem letzten, fortgeschrittensten W erke liegen Fehler in der Komposition, in den Proportionen der Figuren, in der Perspektive, Mängel an seelischer Empfindung und dram atischer Ausdrueksfähig- keit noch im Kampfe m it dem Streben nach N aturwahrheit und liebevoller Durch­

bildung überraschend gelungener Einzelheiten.

Als entscheidender Bahnbrecher zeigt sich erst sein jün g erer Zeitgenosse, Landsm ann und Schüler, Masaccio, der „große“ Tommaso di Ser Giovanni. E r ist auch im oberen Arnotale, in Castello S. Giovanni, 14-01 geboren und starb, nachdem er Florenz in großer Schuldenbedrängnis verlassen, nach 1428 in Rom.

In dieser kurzen Lebensfrist durchmißt er rasch die Entw ieklungsstadien der früheren Kunst und dringt in kühner Sicherheit und m it staunensw erter Herr­

schaft über die Körperformen, Perspektive, Licht- und Schattenwirkungen zu Kom­

positionen von edler Einfachheit und charaktervoller Größe durch, die sein W erk vorbildlich gem acht haben für die gesam te Kunst des 15. Jahrhunderts.

Schon sein Jugendwerk, die zwischen 1421 und 1425 entstandenen Fresken in der Cappella della Passione in S. C ie m e n t e in Rom, eine K r e u z i g u n g und Szenen aus der K a t h a r i n e n l e g e n d e , gehen über die etwas späteren Leistungen

seines Lehrers in Castiglione Fresko von Masaccio in der Brancaccikapelle Auferweckungswuilder aus, die andere wie der gesam te Rest des Zyklus wurde erst Jahrzehnte später von Filippino Lippi vollendet.

Mit dem Fortschreiten der Arbeit wuchs auch die K raft und das Können Masaceios. Am besten kann m an das aus einem Vergleich des „Sündenfalls11 m it der „Vertreibung aus dem P aradiese“ sehen. Beidemal sind nackt die ersten Menschen in demselben hohen, schmalen Raume zusam m engestellt, dort steif und

Masoliüo und Masaccio 157 unlebendig, befangen und ausdruckslos auch in den Bew egungen, ohne jede Beziehung zueinander, m angelhaft in den berechneten Proportionen gotischer S chultradition, hier als Gruppe m eisterhaft in den Raum kom poniert, getreu der W irklichkeit nachgebildet und doch nicht bloße Aktfiguren — die ersten der modernen Zeit — sondern in der lebendigen Bewegung ist der seelische Ausdruck der Scham beim Manne und der des Schmerzes beim W eibe überwältigend zur Darstellung gebracht, dazu die vollendet verkürzte Gestalt des Racheengels m it dem Schwerte in den Lüften über ihnen. F aß t m an alles zusam m en, stehen den Typen hier Individuen dort gegenüber. Dieselben Vorzüge zeigen die P etrus­

bilder : überall w ahre Empfindung und eingehende Naturbeobachtung in der Raum ­ schilderung, den Gestalten, ihrer Gesichts- und Gebärdensprache, dem freien und kühnen W u rf ihrer Gewänder. Die elenden Krüppel und K ranken, die Petrus m it seinem Schatten h eilt, verdienen dieselbe Bewunderung, die der fröstelnde Jüngling auf der „Taufe P etri“ von jeher gefunden hat. Auch die beiden Breit­

bilder „Erweckung der T abitha“ und „Heilung des Lahm en“ einerseits und das

Fig. 165 Das Wunder vom Zinsgroschen Fresko von Masaccio in der Brancaccikapelle

vollendetste, das W under vom „Zinsgroschen“ andererseits zeigen m iteinander verglichen die Fortschritte, die Masaccio allmählich in der Linien- und Luft­

perspektive, in der Komposition, in der Landschaftsschilderung machte. Nur m ühsam halten auf dem ersten zwei F allfiguren, zwei modisch gekleidete Jü n g ­ linge, den Zusammenhang- zwischen den beiden Szenen rechts und links auf­

recht. Vollkommen geschlossen dagegen erscheint die Gruppierung der idealen Charakterfiguren voll Hoheit und W ürde auf dem zweiten, trotz der drei in einem Bilde vereinigten Momente der Handlung: der Zöllner fordert von Christus den Zinsgroschen, und Petrus erhält den Befehl, ihn aus dem Rachen eines Fisches zu nehm en; Petrus führt den Befehl am Ufer des Flusses aus, und Petrus zahlt dem Zöllner die Münze. Als ein besonderes Zeichen des Realismus Masaccios ist darauf hingewiesen worden, daß er als Erster die Nimben als wirklich im Raume schwebende Scheiben behandelte und sie demnach der Bewegung der Köpfe folgen ließ. Viel höher aber natürlich ist das Schönheitsgefühl zu preisen, die geistige Beseelung aller Form en, der wahrhaft historische, große S til, die echt malerische Behandlung, die er m it dem Realismus verband.

In den Brancacci-Fresken hatte sich Masaccios ganze K raft offenbart. W as sonst noch von ihm stam m t, das Fresko der D r e i f a l t i g k e i t in S. M a r i a N o v e l l a in F l o r e n z oder von Tafelbildern die Stücke eines für die Karmeliter­

kirche in P i s a gem alten Altarwerks in der B e r l i n e r Galerie reicht, obwohl in seiner Art gleichfalls groß und bedeutend, nicht an sie heran.

W ie m an den Realismus auch in einseitiger W eise verfolgen kann, indem man sich nur die w irklichkeitsgetreue Nachachtung der N atur m it allen der Malerei zu Gebote stehenden Mitteln zum Ziele se tz t, zeigen Paolo Uccello und Andrea del Castagno, zwei ausgesprochene Naturalisten.

Paolo Doni (1397— 1475), Uccello genannt, nach seiner Vorliebe für die Dar­

stellung von Vögeln, von Tieren ü berhaupt, können wir sagen, w ar m ehr ein Mann der W issenschaft, dem Studium der Perspektive zeit seines Lehens zu­

gewandt, als ein Maler, der echt künstlerisch empfindet. Ihm kam es vor allem

Fig. 166 Schlachtdarstellung von Paolo Uccello

darauf a n , seine Geschicklichkeit und seine Kenntnisse zu zeigen, er übte die Kunst um der Kunstfertigkeit willen. Im m erhin ist seine Persönlichkeit wertvoll für die Entw icklung der Malerei dadurch, daß er das Stoffgebiet, das profane ausschließlich, bedeutend erweiterte. So ist er der 'erste Schlachtenm aler der neueren Zeit. Von einer Serie von Schlachtenbildern für die Villa Bartolini in Gualfonda bei Florenz sind drei erhalten: in den U f f i z i e n (Fig. 166), im L o u v r e und in der L o n d o n e r N a t i o n a l g a l e r i e , das letztgenannte die S c h l a c h t b e i S. E g i d i o (1416). Bei dem Mangel an Gliederung und Klarheit der Kom­

position, der Flächenhaftigkeit der Körper, der flauen F arb e, ist der erste Ein­

druck verwirrend; erst bei näherem Zusehen stau n t m an über die Sorgfalt des Naturstudium s an Menschen und Tieren, die treue W iedergabe der Trachten und W affen, die Kunst in der D arstellung der Bewegungen und Verkürzungen der Kämpfenden und der Toten. Und doch fehlt dieser Schaustellung der schwie­

rigsten perspektivischen Problem e das innere Leben, die wahre H andlung; es sind „ausgestopfte Figuren, deren m echanische Bewegungen durch ein Hindernis

Uccello mid Castagno 159 Reihe von überlebensgroßen Bildnissen berühm ter Männer und Frauen geschm ückt.

Nur eine W and ist erhalten und im Refektorium des ehemaligen Klosters von S. A p o l l o n i a (jetzt G a s t a g n o - M u s e u m ) aufgestellt. In Nischen, die durch

Fig. 1(57 Farinata degli Uberti Fresko von Andrea del Castagno

Pilaster geschieden sind und durch einen Architrav und Puttenfries darüber einst am vornehmsten Farinati degli U berti, der breitbeinig dastehende Pippo Spano nicht ganz frei von Großtuerei. In demselben Kefektorium befindet sich des Künstlers auch in der Farbe reifstes W erk, das Fresko des A b e n d m a h l s . Von einer so beziehungsreichen G ruppierung der Apostel wie bei Lionardo ist freilich noch nicht die R ede; jede einzelne dieser robusten, charaktervollen Gestalten ist m ehr für sich behandelt, und m erkwürdigerweise bildet nicht C hristus, sondern Judas den beherrschenden M ittelpunkt der Szene. Trotz seiner Mängel ist Castagno doch als eine der einflußreichsten Persönlichkeiten unter den Malern der ersten Generation nach Masaccio zu betrachten.

An einer „M ordgeschichte“ V asaris, daß Andrea einen Genossen, Domenico

den Brokatkleide gegen den tiefblauen Himmel gestellt.

Gegenüber dieser Gruppe von einseitigen N aturalisten und geschickten Tech­

nikern steh t ein Zeitgenosse Masaccios diesem gleich in der harm onischen Ab­

geschlossenheit einer echten K ünstlernatur, doch nicht am Anfang einer Epoche wie je n e r, sondern am Ende der vorangegangenen und diese glanzvoll krönend. allein der Verherrlichung Christi diente.“ Diese untrennbare V erbindung von K unst und Religion, die ganz aus m ittelalterlichem Geiste, aus dem m ystischen Geiste eines Franziskus und Dominikus geboren war, ist das Ausschlaggebende bei diesem kunstliebenden Klosterbruder. Zu dieser allgem einen K unstauffassung gesellen sich noch besondere Merkmale seines Naturells. Heitere F arb en , das von ihm besonders bevorzugte W eiß, ein lichtes Blau, ein frisches Rot, helle Köpfe m it roten W angen und blanken Augen zeugen von seiner Freudigkeit und Freundlichkeit, die n u r seiner tiefinneren Religiosität wegen sich nicht zu r Lebens­

lu st entw ickelte; er ist milde und w eich, nur innig und anm utig kann er sich

!) St. Bcisse!, F ra Giovanni Angelico da Fiesole. Freiburg i. Br. 2. Aufl. 1904. — L. Douglas, F ra Angelico. London. — J. Suptno, Beato Angelico. Firenze 1898.

F ra Angelico da Fiesole 161 ausdrücken, alles H äßliche, alles Leidenschaftliche, alles Gewalttätige ist ihm fremd bei der völligen Abgeklärtheit seines im Glauben gefestigten Gemüts. Die heftigsten Herzenswallungen sind für ihn Trauer und Schmerz. „Friede auf Erden und den Menschen ein W ohlgefallen“, diese himmlische Botschaft verkündet auch Fiesoles Kunst in ihren schönsten Äußerungen.

Daß sie ganz der Inspiration entsprang, können wir nicht g u t annehmen, doch wissen wir über seine künstlerische Schulung nichts Sicheres. Die sorg­

fältige D etailarbeit hat er vielleicht von einer anfänglichen Beschäftigung mit der Illum inierkunst m it herübergenommen in seine T ätigkeit als Fresko- und

Fig. 1HS Gcfangennahmo Christi von Fra Angclico da Fiesole

Tafelbildmaler. Sie beginnt m it seinem Aufenthalt in den Klöstern Cortona und Fiesole, von der nicht allzu viele Früchte erhalten sind, wie die K r ö n u n g M a r i ä im L o u v r e und 35 Füllungstafeln eines Sakristeischrankes m it dem L e b e n C h r i s t i in der F l o r e n t i n e r A k a d e m i e . San Marco erst, das 14-36 den Dominikanern übergeben wurde, bezeichnet den Aufstieg zur Höhe. Durch zahl­

reiche W andgem älde in den Kapitelsälen, Kreuzgängen und Mönchszellen des Klosters h at er es seihst zu einem Fiesole-Museum gestaltet. Im Kreuzgange sehen wir u. a. einen h l. D o m i n i k u s a m K r e u z e s f u ß und eine P i e t a , in der Lünette der T ür zur Pilgerherberge eine innige B e g r ü ß u n g Christi im Pilgerkleide m it zwei Dominikanerbrüdern, im oberen F lu r eine rührend schlichte

L ü b k e , Kunstgeschichte Renaissance 13. Aufl. 11

V e r k ü n d i g u n g und und holdseligen musizierenden Engeln, die auch außerhalb Italiens geradezu volks­

tüm lich geworden sind, und die K r ö n u n g M a r i ä , die viele für das schönste Bild des frommen Meisters halten.

In Florenz ist Fiesole nicht geblieben, P apst Eugen IV. berief ihn 1446 nach Rom. Doch schon ein Jah r nachher starb der P a p st, und F ra Giovanni w andte sich nach O r v i e t o , wo er in der C a p p e l l a n u o v a des Doms m it Unter­

stützung seines Schülers Benozzo Gozzoli zwei Gewölbefelder m it D arstellungen des Jüngsten Gerichts schm ückte, Malereien, die später durch die großartigen Fresken Signorellis ihre Vollendung erhalten sollten. Nach 1449 begann Fiesole sein letztes größeres und künstlerisch vollendetstes Freskenwerk im Aufträge Nikolaus’ V., die Geschichten aus dem Lehen der Heiligen S t e p h a n u s und L a u ­ r e n t i u s i m V a t i k a n , von denen der hl. L a u r e n t i u s a l s A l m o s e n s p e n d e r (Fig. 171) hier abgebildet ist. In der Figurenbildung und Gewandbehandlung, in der Klarheit der Komposition, im perspektivischen Verständnis, in der Schatten- gebung und Modellierung zeigt sich hier deutlicher als bisher der Einfluß Masaccios.

Auch die reinen Renaissanceformen der Architektur des Bildes lassen ihn am Ende seines Lebens als Ü bergangsm eister vom Mittel alter zur neuen Zeit erscheinen.

In der Mitte zwischen F ra Angelico und den konsequenten Realisten steht F ra Filippo L ippi. ') E r ist um 1406 in Florenz geboren und kam frühzeitig ins

') E, C. S tru tt, Fra Filippo Lippi. London 1901. — J. B. Stipino, F ra Filippo Lippi. Florenz, Alinari, 1902.

E ra Filippo Lippi

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K arm eliterkloster, wo er 1421 Mönch wurde. Im Jahre 1456 als Kaplan des Nonnenklosters in P ra to , entführte er dort die ju n g e , hübsche Nonne Lucrezia Buti, die er später heiratete, nachdem der P ap st beide ihres Gelübdes entbunden hatte. Hauptsächlich in Florenz ist er tätig gewesen und 1469 in Spoleto ge­

storben. W ie die persönlichen Erlebnisse, verschiedene lockere Streiche dieses w eltfrohen, lebenslustigen F rate, der „gern mit fröhlichen Menschen verkehrte, im m er vergnügt und guter Dinge w ar“ , den Erdensohn und Sinnenmenschen zeigen, so auch seine künstlerischen Werke. Er führt die heiligen Gestalten und

Fig. 170 Dio Kreuzabnahme von Fra Angelico da Fiesole

Ereignisse ganz auf den Boden wirklicher Existenz, er greift aber auch so tief in die einfach menschliche Em pfindung hinein, daß Züge von zartester Innigkeit in seinen W erken dicht neben frischer, keck naiver Sinnlichkeit stehen. Dabei verklärt er die Farbe zu demselben fröhlichen, heiteren G lanze, der das Dasein seiner Gestalten umfließt. Unter seinen Monumental werken sind die W and­

gem älde im Chore des Domes von P r a t o (Eig. 172) die wichtigsten. An der rechten W and sind es die G e s c h i c h t e n J o h a n n e s d e s T ä u f e r s , an der linken die des h l. S t e p h a n u s , voll Ausdruck und Leben, wunderschön das Gast- mahl m it der tanzenden Ilerodias (Fig. 172 a), feine, kluge, etwas wehmütige Köpfe, schöne Männergestalten in großartig stilisierter Gewandung, alle in einer warmen,

milden Klarheit der Farbe gehalten. Auf der anderen Seite sehen wir die Steini­

gung des S tephanus, ergreifend w ahr, hei dem getötet daliegenden Heiligen die herrlichsten klagenden Gestalten und prächtige Porträtfiguren voll W ürde und einfacher Strenge. Dem Ende seiner T ätigkeit gehören die Fresken in der Apsis des Chores vom Dom zu S p o l e t o an m it der lebendig und anziehend kompo­

nierten K r ö n u n g d e r M a r i a und drei anderen Szenen aus ihrem L eben, bei denen sich Filippo der Hilfe F ra Diamantes bediente, von dem wir sonst wenig Sicheres wissen. W ichtiger noch als F ra Filippos Fresken für die allgemeine Entw icklung der Malerei sind seine Tafelbilder. Den Schritt vom Andachtsbilde in

der A rtFiesoles zum Genre­ Von Fra Angélico da Fiesole Christuskinde, das von zwei Flügelhuben hochgehoben

nehm lich der m untere E rzähler und begeisterte Schilderer weiblicher Schönheit und Anmut zum W ort. Ein Chor von schönen Frauen und liebreizenden Engeln m it Rosenkränzen im H aar und Lilienstengeln in den Händen an den Seiten des Bildes drängt die Ilaupthandlung völlig in den Hintergrund.

Neben den Genremaler der Seele, wie m an Filippo genannt h a t, ist ein Genremaler des Körpers zu stellen, Benoszo Gozzoli, der Florentiner (1420—98), ‘)

') M. Wingenroth, Die Jugendwerke des Benozzo Gozzoli. Heidelberg 1902.

Benozzo Gozzoli 165 der Gehilfe und Nachfolger Fra Giovannis. Im Naturstudium und in theoretischen K enntnissen steht er hinter seinen Zeitgenossen zurück und ist überhaupt nur m äßig begabt. Aber an wirklich hervorragenden Talenten war um die Mitte des 15. Jahrhunderts Mangel in Florenz, und Gozzoli wußte durch eine Fülle von Einzelheiten in seinen Bildern die Menge zu unterhalten und durch genrehafte Züge zu fesseln. So konnte er bei großer Leichtigkeit des Schaffens eine er­

staunliche Fruchtbarkeit entwickeln, ohne die Malerei wirklich vorwärts zu bringen.

Anfang der fünfziger Jahre hatte er sich von seinem Lehrer zurückgezogen nach

bringt, wird jedem etwas p jg ¡fä Johannes’ Abschied von seinen Eltern von Fra Filippo Lippi bringen" schafft. Haben ” Teil aus den Fresken im Dom zu Prato

schon die Szenen aus dem Leiten des hl. A ugustin heute hauptsächlich ein sitten­

geschichtliches Interesse, so treten bei den Cam posanto-Fresken die biblischen Vorzüge sogar völlig zurück. Sie fesseln als B lätter eines Bilderbuchs der K ultur­

geschichte von Florenz im Quattrocento. Zahlreiche Porträtköpfe tauchen auf aus einem Ileere von jugendlich anm utigen und m ännlich würdigen Gestalten im reichen Kostüm der Zeit. Die Geschichte des Erzvaters Noah verwandelt sich in eine fröhliche W einlese in Toskana (Fig. 174); wie beim Turm bau zu Babel m ag es beim Bau der Domkuppel zugegangen sein; die V erm ählung Jakobs m it Rahel ist eine lustige Florentiner Hochzeit.

Zur Schule Fiesoles gehören auch Cosimo Ilosselli (1439— 1507) und sein Schüler Piero di Lorenzo oder Piero di Cosimo (1462— 1521).

Rosselli war ein unbedeutender Nachahm er. Das zeigt sich in einigen Tafel­

bildern ( A p o t h e o s e d e r hl. B a r b a r a in der Akademie in Florenz, K r ö n u n g M a r i ä von 1486 in S. M a r i a M a d d a l e n a d e i P a z z i ) und seinen Fresken in

Fig. 172a Das Gastmahl ilcs Herodcs Fresko von F ra Filippo Lippi in dem Dom zu Prato

der Cappella del miracolo in S. Ä m b r o g i o in Florenz und in der Sixtinischen K apelle, wo er in einem noch öfter zu erwähnenden Zyklus von W andgemälden zwei M o s e s b i l d e r , die B e r g p r e d i g t und das A b e n d m a h l ausführte.

Piero di Cosimo, ') in seinen Lebensgewohnheiten ein Sonderling, zeigte sich als P h an ta st nicht nu r in den von ihm arrangierten Karnevalsaufzügen in Florenz,

Piero di Cosimo, ') in seinen Lebensgewohnheiten ein Sonderling, zeigte sich als P h an ta st nicht nu r in den von ihm arrangierten Karnevalsaufzügen in Florenz,

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