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ÜBER DIE ZUSAMMENARBEIT VON SCHULMANN UND KARTOGRAPH

v o n B E R T H O L D C A R L B E R G

„ W ir wissen alle, daß eigentlich kein Geograph restlos zufrieden is t und zufrieden sein kann A lt dem, was ih m als Kartenm aterial durch die K artographie geliefert w ird. W ir wissen auch, daß '■Be Kartographie selbst m it den K arten n ich t zufrieden sein kann und niemals restlos zufrieden sein w*r d, weil es eben unmöglich ist, die N a tu r maßstäblich naturgetreu wiederzugeben.“

Man w ird aus dieser Erkenntnis eines Schulmannes, vo r einer Versammlung von Kartographen 4Usgesprochen, zweierlei herauslesen: zum ersten einen Anspruch gegen die Kartographie, zum rtuderen die E insicht eines unabänderlichen Tatbestandes: daß alles „Strebend sich bemühen“ seine 111 der N a tu r der Sache liegende Begrenzung hat — auch in der Kartographie. W er nun die V er­

deutlichungen und Besprechungen der letzten Jahre auf kartographischem Gebiet verfolgt hat,

!,tl besonderen die im Zusammenhang m it den Bestrebungen um die neue Schulkarte, dem w ird Jene Bemerkung als allgemein symptomatisch erscheinen, denn er w ird festgestellt haben, wie gegen le praktische kartographische A rb e it in letzter Z eit m it verschiedenen Begründungen Stellung k o m m e n worden ist. Da g ilt der V o rw u rf der Qualitätsverschlechterung, dort allgemeiner Rück- A% digkeit, hier dem Beharren in veralteten Formen, der Unbeweglichkeit nach der Seite des Künstlerischen, dort der Verständnislosigkeit fü r die pädagogische Aufgabe der K arte. U nd hin te r a iem, gleich drohenden Gewitterwolken am H orizont die ernste Mahnung, der deutschen K a rto -

^raPhie ihre Spitzenstellung in der W e lt zu wahren. Es werden Gegensätze gefunden zur „wissen­

schaftlichen“ Kartographie, es w ird manches wohlgemeint m it der E inseitigkeit des Kartographen- andwerks begründet, dam it, daß dem „N urfachkartographen“ der Ü berblick und E in b lic k in le Vielseitigkeit und die Sonderaufgaben der K arte abgehe, oder es w ird ihm — wie sollte es anders

®6)ü — H örig ke it gegenüber dem Verleger vorgeworfen, gegen dessen angeblich gewinnsüchtige

“ sichten er n ich t genügend Rückgrat zeige. Wäre es da n ich t eigentlich nu r Temperamentssache, sich jener anfangs zitierte Anspruch über jene resignierende E insicht hinwegsetzte, sich zum 0rWurf steigerte, zum flammenden Protest, der öfters schon bei revolutionären Gedanken Pate

®e8tanden hat ?

, So wäre an sich auch n ich t wunderzunehmen, wenn dieser vermeintliche Übelstand fü r verschie- 6He Interessengruppen Anstoß gewesen ist, nun von sich aus das Ackern auf dem Felde zu versuchen, , as bislang dem Kartographen Vorbehalten war. So etwa, daß der Graphiker die „schone K a rte “ Mtivierte, die repräsentative und dekorative B ildkarte, und es darin bei der Fülle der Aufgaben

!1<i der Großzügigkeit der Auftraggeber zu künstlerisch interessanten und w ertvollen Ergebnissen rachte. So auch, daß der Schulmann in besonderen Arbeitskreisen dem Problem zu Leibe gegangen ' • wie das Schulkind am zweckmäßigsten in das Wesen der K a rte einzuführen sei, wie dem Kinde

408 B erthold Carlberg: Kartenplanung und Schale durch die K arte geographisches Kaumverständnis zu verm itteln wäre, und wie schließlich die Karte aussehen müsse, die solchen Anforderungen gerecht werden könnte.

Untersuchungen dieser A rt, lange vor dem W eltkriege eingeleitet, haben in ernsthafter und eifriger A rb e it zu Ergebnissen geführt, die zum T eil in konsequenter Anlehnung und Fortführung des Bestehenden in mehr reformatorischer A rb e it den Ansprüchen der neuen Zeit nachzukommen j suchten zum T e il aber auch zu revolutionären Neuerungen durchstoßen zu müssen glaubten. ES lag dann in der N a tu r der Sache, wenn im letzten Falle, wo ohne Tuchf ühlung m it dem A lte n man den M u t hatte, auf Neuland zu arbeiten, eine Abgrenzung gegen die Zünftigen, gegen die akademische, . d h die allzu konservative Kartographie vorgenommen wurde. Auch die U n e rb ittlic h k e it is t a dieser H altung zu verstehen, m it der gegen einen Gegner zu Felde gezogen wurde, der sich

seiner-spits dieser GeffiierscliHift ffcir n icht bewußt w ur. # i I

Die Verhandlungen der Deutschen Kartographischen Gesellschaft haben keinen Gegenstan aufzuweisen, der die Gemüter ernstlicher erregt und eine so ergiebige Aussprache ausgelost hatte, wie der Vortra°- über „Methoden wirklichkeitsnaher Landschaftsdarstellung m Landkarten nunmehr drei Jahren. Der praktisch tätige Kartograph, mochte er nun selbst in K o n ta k t m it den Problemen der Schulkartengestaltung stehen oder gar durch jahrelange E rfahrung auf diesem G ? biete sich zu eigener Stellungnahme durchgerungen haben, begegnete hier Vertretern aus alle Lagern, die sich zur T h e o rie d e r S c h u lk a r te zu äußern befugt wissen: die Lehrer als Methodiker, die Geographen als Wissenschaftler, die V ertreter der W ehrm acht als Treuhänder der Wehrertuch- tigung. Ihnen wurde nun, ganz ungewöhnlich in der Geschichte des Kartenwesens wo alle Neue- nmgen bisher aus enger und stufenweise aufbauender Zusammenarbeit zwischen Verleger Schul­

mann und Kartographen erwachsen waren, hier eine im m erhin revolutionäre Neuerung zur Stellung­

nahme unterbreitet. Mehrjährige Untersuchungen praktischer Schulmänner hatten m Verbindung m it zeichnerisch begabten K rä fte n nun einmal n ich t von der geographisch-faChwissenschaftliche»

Seite n icht in erster Lin ie von der kartographischen und reproduktionstechnischen Seite her, mch nach m ilitärisch wesentlichen Gesichtspunkten, sondern rein künstlerisch gestaltet und auf das pädagogische Problem gerichtet, eine neue Kategorie von K artenbüdern geschaffen. Da stand nun, wie es der B ericht eines Schulmannes schildert, „neben dem W is s e n s c h a ftle r , der n achK orre heit rie f der V e r le g e r , der sein K a p ita l an Drucksteinen einfrieren sah, der L e h r e r , der in seine Schülerschaft keine Geschäftskundschaft sieht, sondern das heranzubildende neue Deutschland, der P o l i t i k e r schließlich, der die Suggestivkraft der E inzelkarte einschatzt und darum jed schöpferischen neuen Weg freudig begrüßt!“ So der Bericht. Der K artograph w ird - was au fallen muß, denn es w ar doch eine Versammlung von Kartographen - n ich t als solcher erwähn Dabei w ill doch sicherlich niemand diese Männer, die Wissenschaftler, Lehrer, P o litike r usw.

jene „N urfachkartographen“ , jene „s ta rr mathematisch eingestellten Kartographen , „d ie Ka graphie selbst“ verstanden wissen, die da als Sünder z itie rt worden sind .M a n mochte darum mein >

daß die ungenaue Ansprache des Gegners n ich t zum kleinsten Teile der Unkenntnis der Arbei weise und des Aufgabenkreises des praktischen Kartographen zuzuschreiben ist. ^ _

W ie ohne Ausnahme jeder Beruf, zeigt ohne Frage auch der des Kartographen eine gewisse seitigkeit, eine Spezialisierung, die ih n aber nun auch wieder zu besonderen Aufgaben berufen mach ■ Denn irgendwie muß doch die E rfahrung des Kartographen, der sein Leben lang m F ühlung steh m it allen die K arte betreffenden Fragen, über das Allgemeinwissen anderer hinausgewachsen sei»- um nutzbringend und entscheidend in die gestaltende A rb e it an der K a rte eingeschaltet werden * können. Irgendwie muß sich doch das Lehrgeld, das jeder K artograph an Fehlversuchen geza hat, muß die g e n e ra tio n e n la n g e E r fa h r u n g eines kartographischen Unternehmens sich ta jede neue A rb e it als eine Grundlage verwerten lassen, um z. B. von vornherein aussichtslose W zu vermeiden. Gewiß mag es n ich t ohne Reiz sein, ohne jegliche Rücksicht auf Verlagstraditio und alte Plattenbestände“ an einen neuen großen Plan zu gehen. Es fra g t sich aber auch dann’

n ich t der Beistand des beratenden Fachmanns und ebenso die im A rch iv jedes Unternehmens g speicherte Erfahrung einen wenn vielleicht auch n icht so beschwingten, so doch sicheren Weg führe N ic h t ohne Grund hat Prof. B e h rm a n n in diesem Zusammenhänge auf ein A rc h iv wie das o Hauses Justus Perthes verwiesen, das seit E. v. S y d o w s Arbeiten auch die seiner i ac 1 c' fL darunter die von H a b e n ic h t und von H e rm a n n H a a c k bewahrt. Denn so wie jede prakti- >

und wissenschaftliche A rb e it aufbaut auf den Erfahrungen und Forschungen der Vorgänger, kann auch die kartographische A rb e it m it gesundem Menschenverstand allem nicht zu jener o fi gelangen und sich auf jener Höhe halten, die im W ettbewerb der Kartographie m it anderen Land erstrebt werden muß.

B erthold C arlberg: K artenplanung und Schule 409 Mag sein, daß die Arbeitsweise des Kartographen, langwährende und minutiöse Kleinarbeit, sich auch auf L e b e n s h a ltu n g u n d D e n k w e is e überträgt, oder umgekehrt, daß das Leistungs­

vermögen überhaupt von einer solchen Temperamentslage abhängt. Eine K arte ist n ich t von heute auf morgen gezeichnet. Die in ih r steckenden Arbeitswerte — n ich t das K a p ita l (wie man unter­

stellen zu müssen glaubte) is t das w ertvolle daran, sondern die eingesetzte A rb e its k ra ft! — verlangen eine zielsichere Planung, reifliches Überlegen, bevor das neue K a rte n b ild feststeht. Was dann auf­

gebaut und ausgebaut wurde, das ru h t auf einem Fundament solider Erfahrungen, aber auch mancher Fehlversuche, von denen eben bestenfalls die Archive noch Kunde geben. Is t es da n ich t verständ­

lich, wenn eine Neuerung, mag sie sich am Ende als noch so v o rtre fflic h herausstellen, vom Fach­

mann kritischer betrachtet w ird ? Noch dazu, wenn er in dieser oder jener Neuschöpfung Be­

mühungen vergangener Tage zu neuem Leben erweckt sieht? Der K artograph w ird darum auch in Z u ku n ft k o n s e r v a t iv bleiben müssen, die W erte wahren müssen, die Generationen fähiger Männer geschaffen haben. Das besagt nicht, daß er sich w ertvollen Neuerungen gegenüber ver­

schließt.

Es soll auch n ich t verkannt werden, was durch die Vergangenheit im m er wieder belegt w ird, haß ein großer Teil von Anregungen, von Erfindungen, von Anstößen zu Neuerungen und Ver­

besserungen von außen her an den Fachmann herangetragen worden sind. Diese w ertvolle M i t ­ a r b e it des A u ß e n s te h e n d e n darf n ich t unterschätzt werden. Aber wie nur der geschulte In ­ genieur die technische E rfin d u n g eines Laien zur praktischen Auswertung zu entwickeln versteht, 80 w ird in Kartendingen auch nu r der K artograph in der Lage sein, neuen Gedanken und Forde­

rungen die reifste Gestalt zu geben. A n dieser Erkenntnis mangelt es in der heutigen Zeit. U nd diesem Mangel sind Fehlleistungen zuzuschreiben, die zu jenen ernsten Bedenken hinsichtlich der Stellung her deutschen K artographie Anlaß gegeben haben mögen.

Bei der Behandlung von Fragen so grundsätzlicher A r t wie der nach einer zweckmäßigen Ge­

staltung der Zusammenarbeit von Schulmann und Kartograph w ird man allerdings irgendwelche Zeitbedingten und z e it lic h b e g re n z te n E rs c h e in u n g e n n icht heranziehen können, um aus 'hnen allgemeine Folgerungen zu schließen. D ahin gehört sowohl das Problem des „A u ch -K a rto -

§raphen“ wie das des Nachwuchses und der Nachwuchsschulung. Denn das sind Fragen, deren Entwicklung zwar gerade zur Z eit gar n ich t zu übersehen ist, die aber doch eines Tages irgendwie gelöst sein werden Es berührt auch n icht die A rbeitsqualität, wenn etwa infolge mangelnder Über­

wachung seitens der Aufsichtsbehörden minderwertige K arten an Schulen im Gebrauch sind. Dar S®gen bleibt es Sache des Kartographen, modische Geschmacksrichtungen etwa in der Farbgebung Mcht unbesehen zu übernehmen und subjektive, o ft sehr spontane U rteile k ra ft größeren Überblicks ' W h allgemeingültige Lösungen zu berichtigen. In solchen Fällen w ird, soll die gemeinsame Sache zum guten Ende kommen, die Grenze der gegenseitigen Erfahrungsbereiche geachtet werden müssen.

N icht anders wie beim Schulmann, der sich nach E in t r itt in den B eruf an der Praxis seiner W e i t dauernd weiterbildet, so is t auch der W e rt kartographischen Könnens ebenso an der Zeit praktischer E rfahrung zu messen wie an den während der Lehrzeit erworbenen Kenntnissen. Der lrtliüerhin besondere Tatbestand, daß es bis vo r kurzem keinen nach Vorbildung und Fachschulung ppiheitlieh ausgerichteten Kartographenberuf gab, h a t seinen H auptgrund in der in d iv id u e lle n ,r ä g u n g n ich t nur der verschiedenen Unternehmen, sondern man kann schon sagen: jedes emzelnen Kartographen. Denn so wie jedes Unternehmen durch T ra d itio n und „Verlagsrichtung“

ei11 besonderes Gesicht bekommt, so der einzelne M itarbeiter durch die auf Grund persönlicher Be­

gabung entwickelten Sonderbetätigungen in mathematischer, literarischer oder graphischer Rich- tUng- Gewiß is t n ich t zu vergessen, daß zur Zeit, wo alle Kartographen restlos in Wehrmachts- aü%aben eingespannt sind, dieses ideale Tätigkeitsfeld stark genormt erscheint. Man w ird auch, so Wichtig und unersetzlich diese A rb e it ist, die in der dam it verbundenen einseitigen Betätigung legende große Gefahr n ich t verkennen dürfen. Denn sie verlangt zwar letzte Sauberkeit der Zeich- ailrig und größtes Verantwortungsbewußtsein von einem jeden, ste llt ihn aber n ich t vor wechselnde jMbständige Aufgaben, wie sie die P rivatkartographie und in ihrem Rahmen die Schulkartographie W n t. Aber auch dieser Zustand gehört zu den zeitlich bedingten Erscheinungen. E r mag aller­

e s Ursache sein, daß in der Erörterung neuer Kartenprobleme weniger der praktische, als - wenn so sagen d a rf: der „angewandte“ K artograph das W o rt hatte, der von der Schule her, von der W g ra p h ie oder einer anderen Wissenschaft her, von der W ehrm acht her zwar wohl die Forderungen

?.u stellen weiß. Die Umsetzung dieser Forderungen in die K arte bleibt aber dennoch dem eigent- W e n Kartographen überlassen, der m it seiner E rfahrung das in der neuen Aufgabe liegende gra P 'ische Problem zu erkennen und zu gestalten vermag.

^©ographischer Anzeiger, 43. Jahrg 1942, H e ft 19—22 52

410 B erthold Carlberg: Kartenplanung und Schule Dabei wäre etwa auch zu erörtern, ob die Bearbeitung neuer und w ichtiger Fragen durch ein zu schaffendes Forschungsinstitut aussichtsreich erscheint. Es w ird nur dann ein E rfolg zu erwarten sein, wenn die M itarbeiter dieses In s titu ts in engster F ü h lu n g m i t d e r P r a x is , m it anderen W orten selbst noch in der praktischen A rb e it stehen. Denn wie der A rz t Fälle braucht, um sein Wissen zu mehren, so bedarf der K artograph der Praxis, um im Handwerk auf dem laufenden zu bleiben. N ur dann w ird er nicht bloß über Theorien und L ite ra tu r Bescheid wissen, sondern auch die vielerlei Wenn und Aber kennen, wie sie sich ausschließlich aus der W erkstatterfahrung ergeben.

Leider hat der Außenstehende selten Gelegenheit, über den Umfang derartiger Vorstudien einen Ü berblick zu bekommen. Sie sind kaum irgendwo s ch riftlich festgehalten und doch umfassen sie einen Schatz von Erfahrungen, deren erfolgreiche Auswertung o ft den Schlüssel zum E rfo lg bildet.

Der B lick fü r ein ric h tig wirkendes K artenbild, fü r harmonischen Ausgleich der Farbskala, fü r Schriftarten und Signaturgrößen, fü r den Grad der Generalisierung w ird durch praktische E i- fahrung und n icht durch theoretische E rörterung geschult. So w ird der geübte K artograph bei einer neuen Planung schon im Geiste eine Vorstellung haben von dem endgültigen Kartenbild, da ihm Grenzen und Möglichkeiten der graphischen Gestaltung bekannt sind, und er zudem iibex Vorarbeiten und M aterial im Bilde ist.

Demgegenüber w ird der Schulmann die Frage beantworten müssen, ob die K a rte den erwarteten Ansprüchen genügt, d. h. ob sie einerseits dem Bilde entspricht, das er sich selbst von ih r im Geiste gemacht hat, und ob sie andererseits beim Benutzer, in diesem Falle dem Schulkind, so anspricht, wie es in der Absicht lag. Ob dann der Schulmann im Einzelfalle erläutern kann, was ihm und warum es ihm nicht gefällt, im m er w ird der K artograph diesen Einwendungen nachzugehen suchen, und im Rahmen der kartographischen M itte l sie auszuwerten wissen.

Seitdem die K arte sich aus dem kostbaren Sammelobjekt von einst zu einem allgemeinen Bildungsm ittel entwickelt hat und zu einem wichtigen Handwerkszeug fü r W ehrmacht, Forschung und W irtsch a ft, hat sich naturgemäß auch die E in s t e llu n g z u r K a r te geändert. Neben dem Bewunderer des technisch wie ästhetisch vollendeten Kunstwerkes steht heute der nach V e ite i­

bildung strebende Kartenbenutzer, neben ih m der messende und planende h orscher. Ihre Ansprüche an die K a rte sind jeweils andere und bewegen sich in den Extrem en der künstlerischen W irkung, der Anschaulichkeit und der Meßbarkeit. Es geht nicht an, einen dieser Ansprüche geringer zu achten.

Aber so gewiß eine „schöne K a rte “ , ein W erbeblatt, ein Wandschmuck, ein K a rte n b la tt im Buch m it anderen Maßen zu messen is t als eine topographische Arbeitskarte, so gewiß bestehen auch fü r die Gebrauchskarte, die ,,Lese“ -K a rte und fü r Schulkarten als Lehr- und L e rn m itte l (W andkarte und Atlaskarte) bestimmte und begrenzte Forderungen. Die Abzweigung dieser S o n d e rfo r d e ­ ru n g e n an d ie S c h u lk a r te und ihre Form ulierung zu festen R ich tlin ie n ging zusammen m it dem allgemeinen F o rts c h ritt des Erziehungswesens, m it neuen Erkenntnissen der psychologischen Forschung. Sie wurde weitergetrieben durch Errungenschaften auf technischem Gebiet, die neue Möglichkeiten eröffneten. Eine E ntw icklung von der kolorierten Kupferstichkarte zur vielfarbigen K arte wäre ohne E rfindung der Lithographie n icht zu denken gewesen. E rs t sie schuf die Möglich­

keiten zur Ausgestaltung der physischen K a rte eines E. v. Sy d o w , zur Erprobung von Farbtheorien eines P e u c k e r und O s tw a ld , zu Schöpfungen wie den farbenstarken W andkarten v o n H e rm a n n H a a c k . Und so hat auch nur die W eiterentwicklung der Vervielfältigungstechnik in den photo­

graphischen Verfahren, im Rasterdruck, im Mehrfarbendruck von Farbauszügen, den Anstoß ge­

geben, um die dadurch eröffneten neuen Möglichkeiten auf ihre Eignung fü r die Umgestaltung des Kartenbildes zu untersuchen. W ir stehen deshalb seit langem in einer Z e it des E x p e rim e n ts . In allen Lagern w ird gearbeitet und noch sind die M itte l, die uns die Technik an die H and gegeben, bei weitem"3n ich t erschöpft. Neue Erfindungen, die zur Zeit der allgemeinen Auswertung noch n ich t zugänglich sind, wurden gemacht, so daß w ir erst nach dem Kriege einen Ü berblick bekommen werden. So sollte, theoretisch genommen, der Kartograph heute und mehr noch in absehbarer Zukunft in der Lage sein, jeglichen Wünschen, die der Schulmann fü r die Schulkarte hat, nachzukommen.

Aber "auch der Schulmann ist aus dem Zeitalter des Experiments noch n ich t heraus. U nd so w eit auch hier die theoretischen Erörterungen getrieben sein mögen, letzten Endes fe h lt zur en gültigen Entscheidung die - praktisch vielleicht nie erreichbare - Einigung der Geister. Es felm aber auch die E rhärtung der Ansichten durch die experimentelle Beweisführung, durch die p ra tis c h e E r p r o b u n g . A n einer Stelle ist in diesem Zusammenhang hingewiesen worden auf Ein­

richtungen der W ehrmacht. Ih r stehen zur Erprobung von Neuerungen Lehrregimenter zur Ver­

fügung, in denen nach allen Richtungen hin Erfahrungen gesammelt werden können vo r der a gemeinen E inführung bei der Truppe. Ließe sich n icht ein ähnlicher Weg beschreiten, um übel

B erthold Carlberg: K artenpianung und Schule 411 das Vielerlei und die Ungleichheit von K artenbildern an deutschen Schulen zu einheitlicher Aus­

richtung zu kommen ? Denn darin dürfte kein Zweifel bestehen, daß le tz tlic h die Entscheidung in diesen Dingen doch dem praktischen Schulmann, ja im Grunde genommen doch dem Schul­

ende selber zustehen und deshalb aus praktischen Versuchen in der Schule hervorgehen muß.

So sind denn auch Arbeiten in der angedeuteten Dichtung der experimental-psychologischen E r­

probung eingeleitet worden. Die folgerichtige Anordnung solcher Versuchsreihen w ird erweisen, Wieweit die Schulkarte von heute den Forderungen und Aufgaben der Schule gerecht zu werden Vermag.

Das ideale Ziel der Zusammenarbeit von Schulmann und K artograph wäre nun, die päda­

gogischen Belange ohne Einschränkung in der kartographischen Gestaltung zu wahren. Es geht nicht mehr wie früher darum, die K arte den schulischen Bedürfnissen anzupassen, es genügt n ich t

«lehr, daß Schulmann und Kartograph sich m it ihren Forderungen auf einer m ittleren Lin ie be­

gegnen, sondern die Schule beansprucht, seitdem sie sich in die A rb e it an der Gestaltung der Schul­

harte eingeschaltet hat, die bestmögliche E rfü llu n g ih re r erzieherischen Absichten. Es w ird praktisch haiim möglich sein, diese Zielsetzung in vollem Umfange zu erreichen, n ich t so sehr wegen der U n­

zulänglichkeit der M itte l als wegen der Schwierigkeit fü r den Kartographen, das ideale B ild, uas dem Schulmann mehr oder weniger deutlich vorschwebt, im eigenen H irn genau identisch zu

^produzieren. Es bliebe Sache geschickter Form ulierung auf der einen und umfassender E rfahrung a«f der anderen Seite. Dennoch werden im m er Wünsche offen bleiben, die jenen Grundstock bilden, Um die E rörterung der Frage im m er wieder zu beleben und weiterzutreiben.

Es ist dabei auch dies zu beachten: So unschwer es ist, eindeutig Schlechtes und eindeutig

Es ist dabei auch dies zu beachten: So unschwer es ist, eindeutig Schlechtes und eindeutig

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