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Theologie und priesterliche Existenz

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Academic year: 2021

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Alfons Nossol

Theologie und priesterliche Existenz

Collectanea Theologica 56/Fasciculus specialis, 5-18

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C o lle c ta n e a T h eo lo g ica 56 (1986) fase, sp ecialis

ALFONS NOSSOL, OPOLE

THEOLOGIE UND PRIESTERLICHE EXISTENZ

So w ie das Christentum stets etw as mit Christus zu tun haben muss, ähnlich sollten auch wir, aus der Theologie komm enden Priester, irgendw ie immer und überall an die „G laubensw issen­ schaft" gebunden sein. Ja, unsere priesterliche Existenz muss von ihr getragen werden. Unser priesterliches W issen, W ollen und Füh­ len sollte auf jeden Fall nach der Erfahrung G ottes im A lltag stre­ ben. Und o b 'e in M ensch G ott erfährt, ist einfach nicht nur G lück­ sache, Erfahrung G ottes ist lernbar. Erfahrung G ottes kann auch heilende W irkung haben, w enn man das Erfahren zu deuten weiss. Solch einer Deutung dient zw eifelsohne die Theologie. A ber sie darf es keinesfalls dabei bew enden lassen, denn zu ihrem W esen gehört näm lich auch ein kreativ er Einfluss auf unsere priesterliche For­ mung, unsere „geistliche" G esinnung. A nstatt darüber von vorn­ herein, a priori, zu spekulieren, lassen w ir uns in diesem Fall vom.

Servus servorum Dei belehren. In seinem G ründonnerstag-Brief an

alle Priester der Kirche redet Johannes Paul II. 1979 deutlich von einer uns allen durch die Kirche auferlegten f o r m a t i o p e r ­

m a n e n s 1.

W ichtig scheint vorerst der K ontext zu sein, in dem er dies tut. Die Nr. 10 seines Briefes träg t eben den bem erkensw erten Titel: Tag

für Tag m üssen wir uns bekehren. Und hier bitte der W ortlaut sei­

ner A usführungen: Und gerade „deshalb müssen wir uns alle Tag für Tag bekehren. W ir wissen, dass dies eine G rundforderung des Evangelium s ist, die sich an alle M enschen richtet. Um so mehr m üssen w ir sie als an uns gerichtet betrachten. W enn uns die Pflicht auferlegt ist, anderen bei ihrer Bekehrung zu helfen, so sollen auch w ir dasselbe in unserem eigenen Leben tun". W eiter fährt der Papst fort: „Uns bekehren bedeutet «allzeit beten und darin nicht nach- lassen». Das G ebet ist in einem bestim m ten Sinn erste und letzte V orbedingung der Bekehrung, des geistlichen Fortschritts und der H eiligkeit". Und gerade m it dem G ebet sollte stets unsere Selbst­ formung, die formatio perm anens verbunden sein. W enn somit der Priester andere zur Bekehrung hinführen soll, und zwar durch sein

1 S c h re ib e n s e in e r H e ilig k e it Jo h a n n e s P au l II. zum G rü n d o n n e rsta g 1979 a n a lle B ischöfe d e r K irche, a n a lle P rie s te r d er K irch e, L 'O ss e rv a to re Rom ano (W o c h e n a u sg a b e in d e u ts c h e r S p rach e) 13. A p ril 1979, N r. 15— 16.

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priesterlich-seelsorgliches W irken; w enn er sie dazu bew egen soll, die M ühe der täglichen „Bekehrung", des täglichen N euanfanges auf sich zu nehmen, muss er notw endigerw eise selbst in dieser H insicht M eister sein, ein M eister der Umkehr, des Sichbekehrenkönnens. Und eben darin soll ihm die Theologie behilflich sein. Sie lehrt uns ja das Bedürfnis und die N otw endigkeit dieser täglichen Bekehrung auf entsprechendste W eise zu erfassen und sie auch in der konkreten Bedingtheit unseres A lltags zu verw irklichen.

Der H eilige V ater hebt in seinen A usführungen hervor: „Für die M enschen, denen die erfreulichen A usw irkungen dieser Ent­ w icklung zugute kommen, m üssen w ir Zeugen Jesu Christi mit en t­ sprechender Q ualifikation sein. Als Lehrer der W ahrheit und der M oral ist es unsere Aufgabe, ihnen überzeugend und w irksam Re­ chenschaft von der Hoffnung zu geben, die uns erfüllt. A uch dies m acht einen Teil der täglichen Umkehr zur Liebe d u r c h d i e W a h r h e i t aus". Dabei denkt der Papst auch an den A ussenaspekt unserer form atio permanens, der gerade in der V ertiefung des eige­ nen geistigen Lebens, u.a. durch die Theologie, besteht. Dabei geht es sowohl um die innere Formung, die auf eine V ertiefung des geistigen Lebens des Priesters hinzielt, als auch um die intelektuelle, d.h. die philosophische und theologische zugleich. „W enn auch unsere pastorale Tätigkeit, die V erkündigung des W ortes und die G esam theit unseres priesterlichen Dienstes von der Lebendigkeit unseres eigenen inneren Lebens abhängen, so brauchen sie doch ebenso eine Stütze durch unser ständiges W eiterstudium . Es genügt nicht, bei dem stehenzubleiben, w as wir einmal im Seminar gelernt haben, selbst w enn w ir dam als auf U niversitätsniveau studiert h a­ ben, w orauf die K ongregation für das katholische Bildungswesen entschlossen hinw irkt. Dieser Prozess der geistigen Bildung muss das ganze Leben hindurch w eitergehen, zumal in der heutigen Zeit, die — w enigstens in vielen G egenden der W elt — durch einen allgem einen Fortschritt im öffentlichen Schulw esen und in der Kul­ tur gekennzeichnet ist". In jenem Zusam m enhang stehen auch die folgenden W orte: „Für die M enschen, denen die erfreulichen A us­ w irkungen dieser Entwicklung zugute kommen, m üssen w ir Zeugen Jesu Christi mit entsprechender Q ualifikation sein. Als Lehrer der W ahrheit und der M oral ist es unsere Aufgabe, ihnen überzeugend und w irksam R echenschaft von der Hoffnung zu geben, die uns er­ füllt. Auch dies m acht einen Teil der täglichen Umkehr zur Liebe d u r c h d i e W a h r h e i t au s"2.

Schon allein diese F eststellungen dürfen als ein ausreichender Beweis dafür dienen, um mit Grund die N otw endigkeit eines Ein­ flusses der theologischen A usbildung auf die priesterliche Existenz herauszustellen. Damit jedoch dieser Einfluss fürw ahr in die Tiefe

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ginge und als solcher effektiv wäre, muss unsere Theologie — ganz allgemein genommen — folgende V orausetzungen erfüllen, bzw. sich dadurch auszeichnen, das sie eine authentisch christliche Theologie ist (I), und als solche eine anthropologisch integrierte christozen- trische G laubensw issenschaft darstellt (II), die stets im D ienste des Glaubens, Höffens und der Liebe steht (III); ferner sollte sie sich keinesw egs darauf beschränken, um nur von Gott zu reden, ohne bem üht zu sein, immer auch mit ihm und zu ihm zu sprechen (IV); und schliesslich muss sie als christliche Theologie eine frohe W issen­

schaft sein (V).

W ir w ollen es nun versuchen, anhand einer U m schreibung all dieser unentbehrlichen M erkm ale unserer „erneuerten’' postkonzi- lären Theologie, kurz ihren tatsächlichen Einfluss auf die innere Formung des Priesters, w enn auch nur rein postulatorisch, umzu- reissen.

I. Eine authentisch christliche Theologie

1. Ihrer etym ologischen Definition nach bedeutet Theologie ein­

fach Lehre von Gott: per) tou Theoù logos, bzw. — w ie es A ugu­ stinus haben möchte: de d ivinitate ratio sive sermo (De civ. Dei, VIII, 1). Bei dieser rein verbalen D efinition der Theologie dürfen wir nicht stehen bleiben. Sobald w ir jedoch an ihre Realdefinition denken, muss sofort ihre conditio sine qua non hervorgehoben w er­ den, die im Phänomen der O f f e n b a r u n g beruht. All unser W issen um Gott, ist näm lich ein W issen durch Gott. Dieses Faktum muss die Theologie stets im A uge behalten, denn bevor w ir befugt sind, etw as über G ott zu sagen, muss er zuvor zu uns gesprochen haben. Das unentbehrliche Deus dixit muss somit gleich am Anfang einer w ahren Theologie stehen. Die christliche O ffenbarung ist dabei von vornherein integral zu begreifen. Bildhaft gesprochen bedeutet dies u.a., dass w ir O ffenbarung niem als als einen auf der Erde auf- gestellen Scheinw erfer betrachten dürfen, um dam it den Himmel abzuleuchten. Sie ist näm lich ein am Himmel befestigter Reflektor, der von oben aus integral unsere ganze Erde beluechtet. A ndershin, d.h. im Falle w enn w ir die O ffenbarung als auf der Erde aufgestellte „übernatürliche Scheinw erfer" versteh en w ollten, w ären w ir des öfteren gewillt, dam it n u r jen e H im m elsregionen abzuleuchten, an denen es uns speziell gelegen sein mag, und die eben in ein b e­ stim mtes Schema hinein passen. Auf dieser Basis dürfte sodann jedoch nur von verschiedenen H ypothesen und theologischen Theo­ rien die Rede sein, nicht aber von einer echten W ort G ottes-Theo­ logie. Gott hat sich in seinem ew igen W ort aus-gesprochen, sich uns in ihm als dem „Licht der W elt" (Joh 8,12) offenbart. Aufgrund dessen dürfen w ir alles als G ottes W erk und Schöpfung betrachten,

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wobei ganz besonders unsere Erde als „Gottes Milieu" aufzufassen ist3.

2. G ottes W ort ist Fleisch gew orden und hat in Jesu s Christus unter uns W ohnung genommen (vgl. Jo h 1,14). V on daher aus darf christliche Theologie nicht mehr von einer c h r i s t o l o g i s c h e n K o n k r e t i s i e r u n g G o t t e s A bstand nehm en. Ä hnlich w ie unser G laube um keinen Preis platonisierend verharm lost w erden kann. Er muss stets ein G laube sein, der die Erde liebt, w ie w ir dies noch später w iederholen w erden. Auf die Frage, w er G ott sei, ge- ziehmt es einem Christen nicht nur w eltanschaulich bzw. philoso­ phisch zu antw orten, er sei das höchste W esen, die U rsache der W elt, oder der absolute Geist, sondern er hat, theologisch zu a n t­ w orten: G ott ist der, der im C hristusereignis hervortritt. Der leben­ dige G ott als solcher — verhüllt, offenbart sich eben vollkom m en erst in Christus. Jesu s Christus ist die Ephiphanie Gottes. W er ihn sieht, sieht den Vater*. Kurzum: „Es gibt von Ewigkeit keinen an d e­ ren G ott als den, der sich in Jesu s m anifestiert hat: Das Gesicht, das er in Jesus gezeigt hat, ist w irklich sein w ahres und einziges G esicht''5.

W enn G ott selbst sich in der Tat in Jesu s Christus definitiv, rückhaltlos und unüberbietbar ausgesagt, geoffenbart und m itgeteilt hat, gehört in gew isser H insicht Jesus in die D efinition des ewigen W esens G ottes hinein. Aus dem eschatologischen C harakter des C hristusereignisses ist zu schliessen, dass Jesus von Ewigkeit her G ottes Sohn und Gott von Ewigkeit — „V ater unseres H errn Jesus C hristus’ ’ — ist. So sind auch Jesu Geschick und Los im W esen G ottes v erankert; wobei sich das W esen Gottes selbst als ein „Ereig­ nis" erweist. Vom Standpunkt des Realismus der M enschw erdung aus darf in diesem K ontext auch von einer „V ergeschichtlichung G ottes in Jesu s Christus" die Rede sein. C hristliche Theologie sollte somit stets um die Einzeichnung des Christusgeheim nisses in das G ottesgeheim nis bem üht sein. Dieser Prozess w äre gerade gleichbe­ deutend mit der A uffassung von Christus „als der K onkretisierung des dreieinigen G ottes"6.

Die auf dem Konzil von Nizäa (325) in itiierte und stringent „theologisch" begründete Enthellenisierung hob von vornherein die radikale A ndersartigkeit des christlichen Gottesbegriffs hervor. A ufgrund dessen wird dieses Konzil mit Recht als ein A kt der

De-3 M an k ö n n te dies au ch in S inne v o n P. T e ilh a rd des C h a rd in s m ilieu d ivin deu ten .

4 Vgl. R. G u a r d i n i, Die O ffen b a ru n g , W ü rz b u rg 1940, 79. 5 H. К ü n g, C hrist sein , M ü n c h e n 1974, 437.

3 W . K a s p e r , J e su s d er C h ristu s, M ain z 1974, 207 (vgl. h ier: K . - R e i n ­ h a r d t , N e u e W e g e in der C h risto lo g ie d er G eg en w a rt, In te rn a tio n a le k a th . Z e it­ sch rift — C om m unio 6(1977)16 f.); H. U. v. B a l t h a s a r , Der a n tirö m isch e

A ff e k t, F re ib u rg 1974, 112; vgl. au c h P. S c h o o n e n b e r g , Ein G ott der M e n ­ sc h e n , E in sie d e ln 1969, 89 ff.

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hellenisierung, d.h. der Befreiung des christlichen G ottesbildes von hellenistischer Engführung und A ufspaltung betrachtet. N icht die G riechen haben N izäa gemacht, w ie man dies immer — der Homo- ousios-Formel w egen — zu bew erten wusste, sondern N izäa hat in seiner dogm aitschen A ussage die griechische Philosophie überw un­ den. Dort w urde näm lich der Grund für den echten christlichen Mo­ notheismus gelegt, begriffen als „Synthese von Einheit und V erschie­ denheit in G ott"7. Die neutestam entlichen A ussagen über die Prä­ existenz des G ottessohnes und seine M enschw erdung m ussten k on­ sequent zu einer konzentrierten und zugleich revolutionären Rein- terpretation des bis dahin allgem ein bekannten G ottesbegriffs füh­ ren. Für einen dreieinigen und im C hristusereignis geschichtlich ko nkretisierten Gott w ar im hellenistischen Denksystem kein Platz, er stellt einfach ein absolutes Novum d ar8.

Dieses Novum kommt auch im intertrinitarischen und heilsge­ schichtlichen Dynamismus, als einem unbedingten Element der chri- stologischen K onkretisierung Gottes, zum Ausdruck. Er v ertieft und radikalisiert eben enorm das A nderssein unseres Gottesbegriffs, eines Gottes, der Liebe ist (1 Jo h 4,8.16). Auf solch eine Umschrei­ bung des W esens G ottes w ürde sich keine authentisch griechische Philosophie einlassen. Liebe im Hinblick auf die theologische Drei­ einigkeit m ündet näm lich in die Selbstm itteilung G ottes in Jesus C hristus durch den H eiligen Geist, und als solche im pliziert sie die interpersonale Beziehung, die Relation, das Für-die-anderen-sein. O ntologisch gesehen ist aber die Relation das schw ächste Sein im Sinne der antiken Philosophie. Und gerade diese K ategorie w ird zum theologischen A usdruck des W esens des allm ächtigen christlichen Gottes. In diesem Zusam m enhang haben w ir es h ie r mit einer Um wertung der gesam ten antiken M etaphysik zu tun, w eil eben nicht mehr die in sich ruhende und seiende Substanz das Höchste ist, sondern die R elation9.

Das m enschliche Sein. Jesu Christi und seine einzelnen M yste­ rien haben in der Tat im totalen Sein für die anderen, in der abso­ luten Proexistenz, einen sichtbaren K notenpunkt. Gott h at die W elt

7 A. G r i l l m e i e r, J e su s v o n N a za reth — „Im S c h a tte n des G o tte s so h n e s”?

Zum G ottes- u n d C h ristu sb ild , in: D isku ssio n über H ans K ü n g s „C hrist sein ",

M ainz 1976, 81; vgl. d e r s., J e su s C h ristu s in P alästina, H ella s u n d andersw o.

Zum P roblem der H e lle n isie ru n g der B otschalt v o n J e su s C h ristu s a u f d en K on­ zilie n der g rie c h isc h -b y za n tin is c h e n R e ic h sk irc h e , L ebendige S e elso rg e 28 (1977)

H. 1, 16—26; K. L e h m a n n , D o g m e n h e rm e n e u tik am B eisp iel d er k la ssisc h e n

C h risto lo g ie, in: J e su s — Ort der E rfahrung G ottes, F re ib u rg 1976, 202; G. S e -

g a l l a u.a., U p ro b lem a c h risto lo g ico oggi, A ssisi 1973, 178— 185.

8 Vgl. J. M o l t m a n n , K a teg o rie N o v u m in der c h ristlic h e n T h eo lo g ie, in:

P e r s p e k tiv e n d er T h eo lo g ie, M ü n ch en 1968, 188 ff.

9 W . K a s p e r, E inm aligkeit, u n d U n iversa litä t Jesu C hristi, T h eo lo g ie der G e g e n w a rt 17(1974)10 f.; d e r s.. W e r ist J e su s C h ristu s fü r u n s heute? T h eo lo ­ g isch e Q u a rta lsc h rift 154(1974)218 f.

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so geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab (Joh 3,16) und ge­ rade daran haben w ir die Liebe erkannt, dass er sein Leben für uns gegeben hat (1 Joh 3,16). Das G eheim nis dieser absoluten Proexi­ stenz Jesu, dessen, dass er ausschliesslich „ein M ensch für die an d e­ ren" war, ist sein vorausgehendes Sein in Gott, seine absolute A us­ richtung auf den, der ganz anders ist (totum aliud). Man könnte dies auch so sagen: die die Essenz des C hristusereignisses ausm achende radikale heilsgeschichtliche Proexistenz offenbart uns völlig das W esen G ottes als Liebe nur auf Grund dessen, dass sie sich in der Kraft des G eheim nisses der Präexistenz des G ottessohnes vollzieht10. — A ber nicht nur das W esen Gottes allein enthüllt uns Jesus, son­ dern auch die einzelnen göttlichen Eigenschaften. O hne die Auf­ nahm e jenes göttlichen Lichts, das auf dem A ntlitz Jesu Christi aufleuchtete, kö nn te von einer G otteserkenntnis kaum die Rede sein. Er allein ist das sichtbare Bild des unsichtbaren V aters und erst, wer ihn sieht, kann den V ater „sehen". Für uns Christen w äre es einfach theologisch unmöglich, G ottes A llm acht zu umreissen, w enn w ir nicht zuvor die M acht C hristi begreifen, die Sünde, Tod und alle U nheilsm ächte in der W elt überw and. Ä hnlich verh ält es sich z.B. mit der Barm herzigkeit Gottes, sowie überhaupt aller göttlichen Eigenschaften und V erhaltensw eisen. Sie m üssen von der Tat Christi am Kreuz beleuchtet w erden. A uch w as G ottes G erechtigkeit ist, kann der M ensch nicht entsprechend erfassen, w enn er sich nicht vor A ugen hält, dass gerade Gott zur Sühnung der Sünde den Tod Christi w ählte.

W ir w ären überhaupt ausserstande, die in der O ffenbarung ge­ schehene N eigung G ottes zur W elt auszusagen, w enn w ir sie nicht im Licht dessen sehen w ollten, in dem die G üte und M enschen­ freundlichkeit G ottes (Tit 3,5) leibhaft erschienen ist. Erst Christus gibt uns Aufschluss über den Sinn dessen, w as G ott für uns tu t und ist, und auch darüber, w as er eigentlich in sich selbst ist11. Denn Gott w ar in Christus, als er durch ihn die W elt mit sich versöhnte (2 Kor 5,19), und in der Kraft des H eiligen G eistes ist er auch „Gott mit uns".

Als Emmanuel ist Gott auch geschichtlich. U nter den bis dahin genannten K om ponenten trägt zu der G eschichtlichkeit Gottes, n e ­ ben der M enschwerdung, vor allem das K reuzesereignis bei, w eil es einfach die heilsgeschichtliche definitive V erzeitlichung der Liebe G ottes ausm acht12. W enn man somit von der U nausw eichlichkeit

10 Vgl. h ie r H. S c h ü r m a n n , D er p r o e x is te n te C h ristu s — d ie M itte des

G laubens v o n m orgen, D ia k o n ia 3(1972)147— 160; d e r s., Jesu u re ig e n e r Tod,

F re ib u rg 1975, 121— 155; K. R a h n e r , Je s u G o ttg e h e im n is —· G rund se in e r ra­

d ik a le n N ä c h ste n lie b e , in; D. D ü s t e r l e i d , u. H. R o 1 f e s, U nsere H o iin u n g ,

M ainz 1976, 36— 38.

11 L. S с h e f f с z у k, Der e in e u n d d reiia ltig e G ott, M ain z 1968; vgl. auch Y. С ο n g a r, J é su s C hrist n o tre M ed ia teu r, n o tre S eig n eu r, P aris 1966, 7—48;

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einer Einzeichnung des G eheim nisses C hristi in die Definition des christlichen Gottesbegriffs spricht, darf man auch die H ärte des Kreuzes C hristi nicht ausser acht lassen, w eil an ihm am tiefsten Jesu G ottheit — sub contrario — offenbar wird. Indem w ir selbst­ verständlich dieses Geheimnis im integralen Inhaltsbereich des gan­ zen m ysterium paschale, insbesondere der Auferstehung, fassen, dürfen w ir sodann mit Recht theologisch von einem „gekreuzigten Gott" sprechen13.

3. Eine authentisch christliche Theologie w eist sodann eine

strikt p n e u m a t o l o g i s c h e D i m e n s i o n auf. H eute haben wir näm lich Zugang und H eilskontakt mit Christus allein im H eili­ gen Geist: en pneûm ati hagió. Übrigens sagt es die Bibel klar aus, dass keiner sagen kann: Jesus ist der Herr, w enn er nicht aus dem H eiligen G eist red et (vgl. 1 Kor 12,3). Jesus Christus w ird jetzt in seinem H eilshandeln durch den H eiligen Geist aktualisiert und v er­ gegenw ärtigt. Der Geist Gottes ist eben seine aktuelle, heutige G egenw art. Insofern gehört die pneum atologische Dimension zur notw endigen Struktur der christlichen Theologie14.

4. Mit dieser Dimension kommt endlich auch der genuin t r i - n i t a r i s c h e C h a r a k t e r unserer Theologie zum Ausdruck, w eil gerade der dreieinige Gott das zutiefst theologische specificum Christianum ausm acht. Eine stringent trinitarische Struktur w eist somit auch der G laube auf, der selbstverständlich als das w esen t­ liche E rkenntnisorgan der ganzen Theologie anzusehen ist. Der heilsgeschichtliche G laube vollzieht sich näm lich stets in Spiritu,

cum Christo et ad Patrem, und insofern bestimmt er im Gesamt

unserer Theologie überhaupt ihren grundsätzlichen trinitarischen Zug1*.

5. W ahre christliche Theologie hat auch immer das Bedürfnis, k i r c h l i c h e T h e o l o g i e sein zu müssen. Die O ffenbarung ist in der Kirche und allein die Kirche interp retiert sie authentisch, w eil sie sich in ihrer G anzheit der A ssistenz des H eiligen G eistes

F. M i l d e n b e r g e r , H err, ze ig e u n s d e n V a ter. Je su s als E rw eis der G ottheit

G ottes, S tu ttg a r t 1970.

12 H. M ü h l e n , Die V e rä n d e rlic h k e it G o ttes als H o rizont e in e r z u k ü n ftig e n

C h risto lo g ie, M ü n s te r 1969, 25.

13 J. M o l t m a u n , D er g e k r e u z ig te G ott, M ü n ch en 1972, 185 ft. ü b e r K arl B a r t h s E in zeich n u n g des K reu zes in d en c h ristlic h e n G o ttesb eg riff vgl, B. K l a p p e r t , Die A u fe r s te h u n g des G e k re u zig te n , N e u k irc h e n -V lu y n 1971,

180—-192.

14 S iehe: J. R o s a t o , Spirit C h risto lo g y , T h eo lo g ical S tu d ies 38(1977)430 ff ; P. S c h o o n e n b e r g , S p irit C h risto lo g y and Logos C h risto io g y , B ijd rag en 38 (1977)351 ff; A. N о s s о 1, D er G eist als G eg en w a rt J esu C hristi, in: G egenw art

des G eistes, F re ib u rg 1979, 132— 154.

15 V gl. J. T r ü t s c h , T h e o lo g isc h e E x p lik a tio n des G laubens, in: M y s te ­

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rühmen darf. Soweit es um die unentbehrliche K irchlichkeit unserer Theologie geht, drängt sich sogleich ein ,,ökum enisches" Beispiel auf. Karl Barth, „Doktor beider Theologien" genannt, begann sein Lebensw erk als Christliche D ogmatik zu schreiben, und als er kaum mit dem, als Prologumena bedachten, 1. Band fertig war, erkannte er die N otw endigkeit, das ganze W erk noch einmal von vorn als

Kirchliche Dogmatik beginnen zu müssen. — In der theologischen

Lebenspraxis kommt dies u.a. darin zum V orschein, dass sogar aus­ gesprochen grosse Theologen extra muros Ecclesiae recht bald w e­ nig zu m elden haben und bedeutungslos werden. Ihre ganze schöpfe­ rische Dynamik, ihre Grösse und Bedeutung hört einfach auf, Ein­ fluss auszuüben, w eil den Träger ihrer echten G rösse eben der konsequent kirchliche K ontext ausmacht. Deswegen kommt der K irchlichkeit der authentischen Theologie, als einer W issenschaft

sui generis, solch grosse Bedeutung zu16.

6. Eine fürw ahr christliche Theologie h ätte schliesslich noch eine Bedingung zu erfüllen: Ihr darf niem als die D ialektik des G ot­ tesbegriffs abhanden kommen. Diese D ialektik lässt sich allgemein anhand von drei Regeln um schreiben: Deus sem per maior, Deus sem ­

per minor, und Deus super omnia. Jede theologische Präzisierung

muss von vornherein dam it rechnen, dass sie sich auf die A nalogie stützt. Jen e aber akzentuiert stets mehr die U nähnlichkeit als Ä hn­ lichkeit. Deswegen müssen es auch die stringensten theologischen Begriffsumschreibungen in Kauf nehmen, dass Gott stets grösser ist. Gottes lebendige R ealität übersteigt näm lich alle unsere theologi­ schen Fassungen und möglichen D arstellungen; kurzum: Deus sem ­

per maiori

Demgegenüber steht die H eilsgeschichte unter dem Gesetz: Deus

semper minor. Je mehr sich Gott in seiner G nädigkeit dem M en­

schen nähert, um ihn heilsvoll zu „umarmen", sich ihm hinzugeben, bedarf er einer desto w eitreichenderer „V erm inderung" seiner selbst. Die ganze H eilsgeschichte ist ein klarer Beweis dafür. Obwohl das erw ählte G ottesvolk Israel wusste, dass Gott Geist ist und als solcher nur „in der W ahrheit und im Geist" vereh rt sein soll, drängte es jedoch auf konkrete, d.h. sichtbare Beweise für seinen G lauben und seine Hoffnung. Solch ein Zeichen stellte am Anfang, tagsüber die weisse und nachts die lodernde Feuerw olke dar. Später w aren es der Blitz und Donner vom Berge Sinai; ferner die steinernen G ebots­ tafeln, die Bundeslade, bis schliesslich der Jerusalem er Tempel entstand, in dem Jahw e „wohnte". Im N euen Bund erreicht Gottes K onkretisierung in seiner heilgeschichtlichen A nnäherung an den M enschen ihren H öhepunkt im Geheimnis Jesu Christi, in dem Gott

1(i Vgl. K. B a r t h , KD 1/1, VIII; „... d ass ich zum v o rn h e re in d arau f hin- w e ise n m ö ch te: D o g m atik ist k e in e «freie» so n d e rn e in e a n d en R aum d er K irche g e b u n d e n e , d a u n d n u r d a m ö g lich e u n d sin n v o lle W is s e n s c h a ft'1.

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zum „Emmanuel" wird. Um von nun an schon immer mit uns M en­ schen zu bleiben, w eitet er sich durch seine Kirche in Raum und Zeit aus. Die Kirche vollzieht sich w iederum in sichtbaren H eils­ zeichen göttlicher Gegenw art, in den Sakram enten. U nter ihnen v er­ dient gewiss die Eucharistie unsere besondere Aufmerksamkeit, weil Gott anders als in der G estalt von Brot und W ein uns nicht mehr näher treten kann. W ie sehr er sich dabei zu „verm indern" hat; Deus

semper minor!

Beide hier genannten A spekte der G ottesum schreibung in der christlichen Theologie müssen jedoch eine Synthese anstreben, de­ ren Fassung lautet: Deus super omnia. Alles, w as w ir als gläubige Theologen von Gott zu sagen w agten; egal w ie w ir seine heils­ geschichtliche A nnäherung uns zu präzisieren gedachten, übersteigt G ott stets alle unsere V ersuche, er steht erhaben über ihnen, mögen sie uns theoretisch noch, so einhellig sein, oder auch sich praktisch für unsere G laubensexistenz überzeugend erw eisen, dennoch sind wir ausserstande, rein menschlich Gott in. Begriff zu bekommen;

Deus super omnia!17

IL Eine anthropologisch integrierte Theologie

1. Vom Zeitpunkt der M enschw erdung an w ird eigentlich der M ensch zum „Ort G ottes", locus theologicus. Deswegen muss unser Reden von Gott stets auch ein Reden vom M enschen sein. Darin beruht u.a. der christliche Inkarnationism us und der für uns v er­ bindliche Realismus der M enschw erdung. Die Theologie muss dies stets neu bedenken und aufzeigen, dass es überhaupt nicht möglich sei, sich gegen den M enschen Gott zu nähern. Der heute immer mehr an Bedeutung gew innende Humanismus schliesst somit auch keinesw egs Gott aus; im Gegenteil, w eil er gerade dadurch au th en ­ tischer und zugleich göttlicher wird. In dieser H insicht darf m an je­ doch niem als die T atsache der heilsgeschichtlichen K onkretisierung Gottes ausser acht lassen18.

2. In Jesus C hristus gehen w ir stets dem M enschen und Gott entgegen. In letzter Zeit erwries dies besonders deutlich die Enzy­ klika Redemptor hominis, in der Johannes Paul II. hervorragend und überzeugend herausstellt, dass „alle W ege der Kirche zum M en­ schen hinführen", und dass der M ensch einfach „den ersten und grundlegenden W eg der K irche" ausm acht. Dem Papst geht es je­ doch um den konkreten M enschen. Die Enzyklika stellt nämlich fest: „Es geht um jeden M enschen in all seiner unw iederholbaren

17 Die so u m risse n e D ia le k tik des G o ttesb erg riffs läu ft e in fach auf eine N eu fa ssu n g d er k la s sic h e n Ä n a lo g ie u m sc h re ib u n g aus.

18 S iehe h ie r b e isp ie lsw e ise das S am m elw erk : J e su s — Ort der E rfahrung

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W irklichkeit im Sein und im Handeln, im Bewusstsein und im H er­ zen". ,,Es geht also um den M enschen in seiner vollen W ahrheit, in all seinen Dimensionen. Es geht nicht um einen «abstrakten» M en­ schen, sondern um den realen, den «konkreten» und «geschicht­ lichen» M enschen. Jed er «einzelne» M ensch ist gemeint; denn jeder ist vom Geheim nis der Erlösung betroffen...''10. In der Tat lehrt uns die christliche Theologie, dass unsere Sorge der M ensch und unser Heil — Gott ist. D eswegen muss sie uns auch in ihrer Konsequenz zu einer integral verstandenen Seelsorge als Sorge um den M en­ schen hinführen. Die Seelsorge ist näm lich ihrem W esen nach nicht so sehr eine partiell verstan den e „ S e e l e nsorge", als vielm ehr eine sich integral vollziehende M e n s c h e nsorge.

III. Theologie im Dienste des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe

1. W ir hoben es bereits schon hervor, indem von der O ffenba­

rung die Rede war, dass der Glaube das grundlegendste E rkenntnis­ organ der Theologie ist, und zwar ein trinitarisch strukturierter Glaube. Die christliche Theologie muss es mit verstärk ter Kraft zum A usdruck bringen, dass es dem authentischen Glauben stets an p e r­ sonalen Relationen gelegen ist. Und gerade dadurch unterscheidet er sich w esentlich von allen Formen und Typen der Ideologie, der es an erster Stelle um gegenständliche R elationen geht. Im Glauben handelt es sich also immer um „Jem anden", dem gegenüber geht es in der Ideologie um „Etwas", beispielsw eise um eine Grundidee, ein Prinzip, oder auch ein System. Die Ideologie ist bemüht, mit allen ihr zur Verfügung stehenden W eisen und M itteln, eine Idee zu be­ w ahren, manchmal sogar auf Kosten des M enschen; die Idee darf in der Ü berzeugung der Ideologie absolut nicht bedroht sein. Und w enn dies der Fall wäre, ist Ideologie nicht selten gewillt, ihrer R ettung w egen sogar den M enschen preiszugeben. Dabei vergisst sie gänzlich, dass eben Ideen in den Dienst des M enschen gestellt w erden sollen, ihm zu dienen haben.

Dem G lauben kommt es auf personale R elationen an; ihm ist es am personal-dialogalen A spekt des K ontakts zwischen dem M en­ schen und Gott gelegen. Leider kam es in unserer K irchengeschichte auch schon zur V erideologisierung des Glaubens, w obei man den Glauben mit der Ideologie einfach identifizierte. Ein jedes Mal lo­ derten jedoch sodann die Scheiterhaufen auf. Uns sollte es niem als um die Rettung der Idee gehen, der „Institution" als solcher, wobei man sich des M enschen als M ittel bediente. Der M ensch darf nie zum blossen M ittel abgestem pelt werden, w eil er in sich selber das Ziel ist; er ist das einzige Geschöpf, das Gott seinerselbst w ollte.

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Aufgrund dessen schuf ihn Gott unm ittelbar auf sein Ebenbild (vgl. Gen 1,27).

Hier muss durchaus noch eins hervorgehoben w erden, und zwar: Theologie ohne Glauben ist überhaupt nich möglich. Ein N ichtglau­ bender, ein A theist darf höchstens Religiologie bzw. Religions­ wissenschaft betreiben, aber niem als echte Theologie, w eil eben nur der G laube ihr ausschlaggebendes Erkenntnisorgan ist. Insofern muss auch Theologie stets im D ienste des G laubens sein und ihn schützen. Sie muss den Glauben „verm ehren" und nicht vermindern, oder gar zerstören. Selbstverständlich kommen in der echten Theo­ logie auch verschiedene H ypothesen oder gar D eviationen vor, aber solange sie es nicht darauf abgezielt haben, den G lauben zu zerstören, sondern auf ihre W eise in seinen Dienst gestellt zu w er­ den, brauchen wir nicht A larm schlagen. A uthentische Theologie darf sich sogar diesen „Luxus" leisten, zumal er sowieso zeitbedingt ist. Dazu ist u.a. auch das Kirchliche Lehramt da, um uns vor einer D estruktion solcher D eviationen zu bew ahren. Es muss uns somit Stütze und W egw eiser sein, der die entsprechende Entw icklungs­ richtung der christlichen Theologie aufzeigt.

2. Der Theologie obliegt es auch die Hoffnung zu stärken. Ein Christ ist vor allem ein M ensch der Hoffnung und als solcher sollte er die Zukunft nicht fürchten, w eil zugleich mit ihr und durch sie sich Gott selbst dem M enschen nähert. Zukunft, w enn w ir sie näher ins A uge fassen, darf in der K ategorie Futurum und A d ve n tu s be­ griffen w erden. Als Futurum stellt sie in gew isser H insicht das Fazit der V ergangenheit und der G egenw art dar, und als solche ist sie auch im Prinzip unser W erk und bildet den G egenstand verschiede­ ner Futurologien. Die Zukunft enthält aber noch eine andere Kom­ ponente, die w eder vorauszusehen noch zu präparieren ist. Sie be­ ruh t näm lich in der ihr eigenen K ategorie A dven tu s, in der Gott an uns heilsgeschichtlich herankom m t. W enn wir auch ausserstande sind, sie näher zu präzisieren, brauchen wir sie jedoch in keinem Fall zu fürchten. U nsere christliche Hoffnung besagt schliesslich, das Gott selbst unsere „absolute Zukunft" ist. Früher ist es uns nicht selten so ergangen, dass wir uns, vor der Zukunft bangend, in die Religion flüchteten. Kairologisch gesehen ist aber die Zukunft T rägerin Gottes, ähnlich wie er selber ihr Träger ist20.

3. Die Theologie hat schliesslich auch die Liebe zu entzünden, wobei stets bedacht w erden muss, dass — gemäss dem christlichen Inkarnationsprinzip — jeder G ottesliebe auch eine anthropologische Dimension zu eigen ist. W ir w erden endgültig einmal von unserer

20 V gl. J. M o l t m a n n , K a teg o rie N o v u m in der c h ristlic h e n T h eo lo g ie, in:

P e rsp e k tiv e n der T h eo lo g ie, M ü n ch en 1968, 174— 188; O. B e t z u.a., Z u k u n ft der T h eo lo g ie, T h eo lo g ie d er Z u k u n ft, F re ib u rg 1971.

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Liebe Rechenschaft ablegen müssen, w ie dies die eschatologischen Evangelium sberichte klar zum Ausdruck bringen (vgl. Mt 25,31 — 40). Mit anderen W orten: alle unsere W ege zu Gott, alle Pfade von der Erde zum Himmel, führen m itten durch das Herz des M itm en­ schen. Unsere m enschliche N ächstenliebe konkretisiert uns somit auch die Gottesliebe.. Die beiden Liebes-Gebote gehen im C hristen­ tum eine Synthese ein. Auf dieser Basis ist die christliche Theologie zu jeder Zeit gezwungen, eine radikale Proexistenz zu ermöglichen und zu verw irklichen, w eil in ihr einfach am deutlichsten die N ach­ folge C hristi zur Sprache kommt. Vor allem sollte dies die Theologie der priesterlichen Existenz berücksichtigen, weil eben Jesus C hri­ stus, unsere H ohepriester, die Radikalität seiner Proexistenz bis zum Tode am Kreuze hinauszog. Unser Priesteram t ist zutiefst ein D ienst­ amt; wir haben Diener anderer zu sein, und das keinesw egs nur im überhobenen Sinne des W ortes, sondern ganz reell genommen. W enn der Papst sich als servus servorum Dei bezeichnet, und ein jeder Bischof vorerst servus presbiterorum sein muss, haben wir alle. Priester, ein jeder von uns, als servus om nium fidelium zu gelten. Ohne der Dienstfunktion mit Leib und Seele nachzugehen, w ürde dies einer langsam en priesterlichen Selbstvernichtung gleich­ kommen. Damit jedoch die W elt durch keine Entropie der Liebe bedroht wäre, tut eine besondere R adikalität der priesterlichen Proexistenz Not. Die christliche Theologie hat dies eindeutig klar zu m achen und dem entsprechend unsere Existenz zu beeinflussen21,

IV. Beiende Theologie

Gemäss ihrer nom inalen Definition ist Theologie einfach Rede von Gott. Die „erneuerte" christliche Theologie darf sich aber um keinen Preis damit zufrieden geben. W ir w issen es bereits, dass im Ereignis der O ffenbarung zuvor G ott zu uns gesprochen, und sich vollkommen in seinem ew igen W ort, Jesus Christus, ausgesagt hat, indem er mit der M enschheit einen heilsgeschichtlichen Dialog einging. Dieser Dialog w ird heute in der Kirche Jesu Christi fort­ gesetzt, vor allem in der W ortverkündigung in ihrem sakram entalen Leben und der liturgischen Versammlung. G ottes W ort tritt in drei G estalten auf, und zwar: als das geschriebene, v erkündete und fleischgew ordene W ort. Für die Theologie ist G ottes W ort etw as unentbehrliches. Von Anfang an ist es auch in der H eilsgeschichte auf den Dialog angelegt. Aufgrund dessen sollte sich unsere Theolo­ gie niem als mit dem puren Reden von Gott zufrieden stellen; sie muss stets bem üht sein, vom Reden über Gott zum Reden mit ihm

21 Vgl. Das P roblem e in er „ a n th ro p o lo g isc h e n " In te g ra tio n des T h e o lo g ie ­

stu d iu m s, T rie re r Theol. Z eitsch rift 81(1972) 228—239; C h ristsein als ra d ika le P ro existen z. C h risto lo g isc h -e th isc h e E rw ägungen, in; P erson im K o n te x t des S itt­ lich en , D üsseldorf 1979, 22—29.

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und zu ihm überzugehen. Mit anderen W orten, im V organg ihres theoretischen Begriffsverfahrens und G ottesergreifens sollte sie uns auch Gott n äher bringen, es G ott g estatten uns selbst zu „ergreifen" und den M enschen befähigen, mit Ihm einen w ahren Dialog einzu­ gehen, d.h. das Beten ermöglichen. N ur einer betenden Theologie, einem „knieenden" Reden von G ott kommt H eilsbedeutung zu. In diesem Zusam m enhang ist es gut, uns noch einm al auf die W orte des H eiligen V aters zu besinnen, die das G ebet als „erste und letzte V orbedingung der Bekehrung, des geistlichen F ortschritts und der H eiligkeit" nennen22. Schon in m onastischen K reisen des christlichen A ltertum s pflegte m an das G ebet als „göttliche Philosophie" zu be­ zeichnen, die als solche für die „W issenschaft der W issenschaften" galt. H ier kommt auch die oben erw ähnte pneum atologische Di­ m ension zum tragen, denn man w ar immer schon bemüht, in dieser „göttlichen Philosophie" eine „V ergöttlichung des G eistes" zu sehen. Berühmt ist in diesem K ontext die A ussage des orientalischen Theo­ logen Evagrius Pontius (¥ 319) gew orden: „W enn du ein Theologe bist, w irst du im Ernst beten, und b etest du w irklich, so bist du ein Theologe". Dabei sollte schliesslich auch bedacht w erden, dass das G ebet als „Form und G estalt unseres G laubens" zu gelten h at und einfach zur inneren Struktur der G laubensw issenschaft gehören m uss23.

V. Theologie als frohe Wissenschaft

M an w ar früher kaum an der Freude, die zur W esensstruktur der christlichen Theologie gehört, interessiert. U nsere G laubensre­ flexion gründet eben im Evangelium. Eine sich auf die Frohbotschaft stützende W issenschaft darf somit niem als den V erdacht einer Droh- botschaft, bzw. Fronbotschaft erw ecken, w ie dies h eutzutage nicht selten die sog. „G enetivtheologien'' aufzuw eisen versuchen, w obei vor allem an verschiedene radikale Formen der Befreiungstheologie zu denken sei. Freude an der Theologie und die aus der Theologie erw achsende Freude gründet u.a. auch in unserer G laubensüber­ zeugung, dass wir C hristen endgültig eben nicht „an die Sünde" glauben, sondern „an die Sündenv e r g e b u n g". Die A uferste­ hungsliturgie unserer K irche leh rt sogar den Begriff der îe lix culpa. Daraus fogt ein ungew öhnlich w ichtiger praktischer H inw eis. Ein von N atur aus zur T raurigkeit und zum Pessimismus neigender Mensch, ist eigentlich unfähig w ahrer Theologe zu sein. W enn daher der Pessimismus ein S trukturelem ent seiner Persönlichkeit ausmacht,

22 S iehe h ie r d as G rü n d o n n e rsta g ssc h re ib e n v o n 1979 ; vgl. N o te 1.

23 S iehe R. L e 11 m a n n, F en ster in d e n M a u ern d es A llta g s. A n re g u n g e n

zu u n serem tä g lic h e n B eten, K e v e la e r 1981, 106 f. Vgl. h ie r au c h K. B a r t h , E in fü h ru n g in die e v a n g e lisc h e T h e o lo g ie , B erlin 1965, 163 ff.; G. G r e s h a k e , P riester sein , F re ib u rg 1982, 168 ff.

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sollte er es durchaus lassen Priester zu werden, w eil er in diesem Fall ausserstande ist als überzeugter K ünder der Frohbotschaft zu handeln und G ott als die Liebe aufzuzeigen, auf ihn als unsere h eil­ bringende absolute Zukunft hinzuweisen.

Jed er Priester h at gew öhnlich auch Religionslehrer zu sein; er muss somit in gew isser H insicht existentiell als ,,Professor" in S a­ chen Theologie auftreten. Dies bedeutet jedoch, in A nalogie zum Konfessor, erster Bekenner, eben genuiner ,,Pro-fessor", der verk ü n ­ deten Lehre zu sein, und zw ar vor allem dann, w enn es um das eigene existentielle Bekenntnis zur Frohbotschaft geht, auf der — w iederholen w ir es noch einmal — unsere ganze Theologie grün­ det24. W enn also jem and dazu von H aus aus unfähig ist und sich dieser U nfähigkeit auch bew usst w erden kann, sollte er es lassen, sowohl P riesteram tskandidat als auch Berufstheologe zu w erden. In diesem Fall besteht näm lich die Gefahr, der K irche und M enschen in der K irche einen nicht mehr reparablen Schaden zuzufügen. Ein Christ, vor allem jedoch ein P riester und Theologe, ist einfach zur Hoffnung und Freude „verdam m t". Sich dessen gew iss zu w erden, daraus heilbringende K onsequenzen zu ziehen, tu t insbesondere heute Not, d.h. in der Zeit einer m assiven Suche nach dem Sinn des Lebens. W ir Priester und Theologen sind eben gezw ungen dem heutigen M enschen das christliche Glauben, Hoffen und Lieben nicht nur zu ermöglichen, sondern auch „schm ackhaft" zu m achen und es als A ntidotum der immer mehr Raum gew innenden Sinnlosigkeit und V erzw eiflung in der W elt darzubieten. Dies können w ir jedoch nur unter dieser V oraussetzung überzeugend tun, w enn w ir unsere priesterlich ursprüngliche Freude und „die Lust an G ott und seiner Sache”25 zurückgewinnen!

24 Vgl. K. B a r t h , a.a.O ., 18; K. R a h n e r , E in ü b u n g p rie ste rlic h e r E x is­

te n z , F re ib u rg 1970, 180; K. H o l l m a n n , W a s n ü tz t d er G laube? P a d e rb o rn

1980, 211—231.

26 So la u te t d e r T itel e in e r S tu d ie v o n L: W e i m e r zum T hem a: L assen sic h G nade u n d F reiheit, G laube u n d V e r n u n ft verein b a ren ? , F re ib u rg 1981.

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