1 0 JAN. 1974
ARCH LEE
Einleitung
In den letzten Jahren ist die Frage nach der
Steuer-fahigkeit der Schiffe bei niedrigen Fahrtstufen aus
ver-schiedenen Granden aktuell geworden, z. B. durch
Rechts-verhandlungen ither Kollisionen durch schlechte Sicht-verhaltnisse oder wahrend Streikaktionen der
Schlepper-besatzungen in GroBhafen. Einige Linienreedereien, die im
Stiickgutverkehr neue Hafen anlaufen, aber auch Passa-gierreedereien, die Kreuzfahrten in weniger entwickelte
Gegenden durchfiihren, haben selbst verhaltnismaBig groBe Schiffe mit aktiven Steuerorganen ausgerastet, wie sie bis
vor kurzer Zeit noch ausschlieBlich Fahren und anderen Spezialfahrzeugen vorbehalten waren. Bei einer Anzahl
neuer Supertanker beabsichtigt man den Einbau von Bug-strahlrudern. Die neuen Steuerorgane sind in einer groBen
Anzahl verschiedener Ausflihrungen entwickelt worden,
jedoth fehlten bisher geeignete Richtlinien zu ihrer Dimen-sionierung.
Der erste Tell des vorliegenden Berichts enthalt eine
tibersicht der Methoden zur Dimensionierung der konven-tionellen Rudereinrichtungen sowie (Aber die GroBe der hydrodynamischen Krafte, die unter normalen
Steuervor-gangen auftreten konnen. EM Kapitel ist gewidmet der
Abhangigkeit der Manavrierfahigkeit von Anderungen der Wellenbildung und viskosen Vorgangen sowie der Ruder-wirkung konventioneller Ruderanlagen bei
Zweischrauben-anlagen unter solchen Umstanden.
Die Moglichkeiten, mit geeigneten Instrumenten die
Ruderkrafte zu registrieren sowie das Verhalten des Schif-fes unter gegebenen Voraussetzungen mit Hilfe eines
Vor-hersageinstrumentes (Prediktor) zu bestirrunen, wurden
untersucht und durch schematische Berechnungsresultate
illustriert. Auf der Grundlage einer Literaturiibersicht
wird eine kurze Orientierung
tiber die vorkommen-den Hilfsmittel zum Manovrieren bei niedrigen Fahrt-stufen gegeben. Das Bugstrahlruder wird ausfiihrlicherdiskutiert, u. a. hinsichtlich der Geschwindigkeitseinwir-kung. Einige praktische Gesichtspunkte bei der Auswahl
der erforderlichen Steuerkraft flir ,geringe Fahrt werden durch den Wunsch nach selbstandigem Manovrieren in
Hafen begriindet.- Den AbschluB des Berichtes bildet emn
Vorschlag zur richtigen Dimensionierung der speziellen
Manovrierorgane filr niedrige Fahrtstufen in freiem Wasser.
Bisher gibt es kaum Fachliteratur, die von der Technik
des Steuerns ausgeht. Gegenwartig erfolgt die Bemessung der GraBe zusatzlicher Manovrierorgane nach anderen Ge-sichtspunkten, die u. U. ebenso richtig sind z. B. wird
das Aktiv-Ruder" von Pleuger allgemein so bemessen,
daB der bier in dem beweglichen Ruderblatt untergebrachte
E-Motor fiber semen Hilfspropeller dem Schiff eine
Ge-schwindigkeit von ca. 4 kn verleiht [1]. In einigen Fallen
konnte man bereits die erhaltene Ruderwirkung durch Standarderprobungen am Modell bzw. am Schiff selbst
untersuchen, worilber in diesem Bericht Genaueres gesagt. wird. Eine Diskussion fiber die Berechnung der neuen
Ma-novrierorgane erfordert eine vorhergehende kurze
laber-sicht ither die konventionellen Ruderanlagen und ihre Di-mensionierung.
1) Diese Arbeit stellt im wesentlichen eine Wiedergabe des Allgemeinen Berichts Nr. 7 der Staatlichen
Schiffbau-Versuchs-anstalt dar, der im Januar 1964 in schwedisc.her Sprache
veroffent-licht wurde unci 1st auf einen Auftrag von Prof. Dr. techn. H. F.
Nordstrom zuriickzufiihren. Fiir die wertvolle Hilfe bei der
Ausarbeitung
sei dem Leiter der Anstalt, Herrn Generaldirektor Dr. techn. H. Edstrand sowie den ilbrigen Mitarbeitern an dieser
Stelle gedankt.
HANSA - Sc/iiffahrt - S chi ff b au - Hafen 101. Jahrgang -1964 Nr. 10
Steuern bei geringer Fahrt
Probleme und Hilfsmittel
Nils H. Norrbin
Lab,
v.
Schembouwkunde
Technische Hogeschool
Derft
Die konventionellen Ruderanordnungen
Herkomrnliche Schiffe der hier behandelten Typen in
erster Linie seegehende Fracht- und PaSsagierschiffe manovrieren mit einer oder zwei Schrauben und einem
Heckruder. Bei normaler Fahrt voraus werden
Kursande-rungen fast ausschlieBlich mit Hilfe des Ruders bewirkt, wobei man sich dariiber klar sein muB, daB die
kurs-andernde Wirkung durch die am Schiffsrumpf angreifenden
hydrodynamischen Krafte erzeugt wird, wahrend das
Ruder mehr oder weniger die Rolle eines Servos ilbernimmt,um dem Schiffsrumpf die erforderliche Anstellung zu
geben [2].
Es ist eine selbstverstandliche Forderung, daB die voile
Ruderwirkung schnell verftigbar sein mull. Aus diesem
Grunde verlangen die Klassifikationsgesellschaften, daB
das Ruder bei voller Fahrt in 30 Sekunden von Bord zu
Bord gelegt werden kann. Da die obligatorische Notruder-anlage heute -gewohnlich aus einer zusatzlichen Pumpe in
der elektrohydraulischen Rudermaschine besteht, kann
dieses Manover jetzt allgemein in ca. 20 Sekunden
ausge-ffihrt werden, d. h., daB das Ruder von der
Mittsthiffs-stellung bis zum groBten Ausschlag nach einer Seite in der
Zeit gelegt werden kann, in der das Schiff eine Strecke zuriicklegt, die etwa seiner halben Lange entspricht. Die
voile Reaktion auf em Rudermanaver, d. h. die der
Hart-lage entsprechende konstante Kursanderungsgeschwindig-keit, wird nur langsam erreicht, jedoch erhalt man ca. 95 °/0 dieser Winkelgeschwindigkeit bereits nach etwa. zwei bis sechs Schiffslangen, was effektiven Zeitkonstanten" T' von 0.6 bis 1.8 entspricht. (Zeitkonstanten bezeichnen die Zeit hier in zurackgelegten Schiffslangen ausgedriickt innhalb derer eine konstante Kurswinkelgeschwindigkeit er-reicht wiirde, wenn die Winkelbeschieunigung ihren Initial--wert beibehielte; in der Praxis nimmt jedoth die Beschleu-nigung mit wachsendem Dampfungswiderstand ab [3].) Die
obengenannte hohere Zahl gilt fiir die modernen
Tank-schiffe mit ihren volligen Rumpfformen, die eine schlechte dynamische Kursstabilitat aufweisen, oder die auf geradem
Kurs sogar dynamisch unstabil sind
im letzteren Palle verliert der Begriff effektive Zeitkonstante" seineeigentliche Bedeutung. (Man nennt em Fahrzeug dynamisch stabil, wenn es nach einer Kursstorung einen neuen geraden Kurs ohne korrigierende Rudermanover aufnimmt; das un-stabile Fahrzeug dagegen wird anfangen zu gieren, wobei
die Giergeschwindigkeit in einer Richtung zunimmt, bis die veranderten Stromungsverhaltnisse am Schiffsrumpf
eine stabilisierende Wirkung erreichen.)
Eine mit hoher Geschwindigkeit arbeitende
Ruder-maschine wird bei langsamer Fahrt relativ noch schneller werden, geringfilgige Abweichungen haben keine Bedeu-tung. Das Primare bleibt hier, daB aberhaupt eineRuder-wirkung ertielt wird, besonders dann, wenn das Ruder nicht hinter ether Schraube angebracht wird. Als einzige
Klassifikationsgesellschaft behandelt bisher Norske Veri-tas" in semen Vorschriften die GraBe der Ruderfiache. Darin wird eine VergroBerung der Ruderflache urn 20 0/0
emp-fohlen, wenn das Ruder nicht unmittelbar hinter ether Schraube angebracht wird. Filr Ruder, die hinter einer
Schraube angebracht sind, wird die Mindestruderflache als Funktion aus Schiffslange L und Tiefgang T angegeben [4].
Man kann die Funktion durch nachstehende Formel
aus-drilcken: LT 100 A, 150 0,75 + L + 75 1011 VS44,--146,4L4P.-4-4
Im rechten Glied wird L in m eingesetzt; man defmiert L als 97 0/0 der Lange in der Wasserlinie auf
Sommertief-gang, d. h. L ist etwa = L0 bei modernen Einschrauben-schiffen.
In Bild 1 und 2 werden die Mindestforderungen des
Norske Veritas" sowie andere Handbuchempfehlungen
ge-zeigt sowie einige aktuelle Werte fiir Neubauten in der
SSPA-Statistik. (Die angegebenen Ruderflachen gelten fiir bewegliche Ruderfiachen. 13ei Halbspaten- oder Mariner"-Rudertypen betragt die bewegliche Flache ca. 80 0/0 der
ge-samten Ruderflache.) Die ausgefiillten Kreise betreffen Schiffe, die
zusatzlich mit Aktivrudern oder anderen
SteuerhiLfen ausgertistet sind.Im groBen und ganzen scheinen die gewahlten
Ruder-flachen den Werten der Handl3iicher zu entsprechen. Aus den Diagrammen geht auch hervor, daB die Verwendung eines Aktivruders oder dgl. nicht die Verminderung der Flache
la
AR
rn Bad 1 GroBe der Ituderflache, Frachtschiffe oben Schiffe mit einer Schraube und einem Ruder (ausgefiillte Kreise betr. Schiffe mit Steuerpropeller od. dergl.)
unten Schiffe mit zwei Schrauben und einem Ruder
des herkommlichen Heckruders rechtfertigt. Wie spater zeigt wird, ist die Wirkung eines Steuerpropellers bei voll
Fahrt gering.
Die Dimensionierung nach den Handbuchern scheint-einen konservativen EinfluB zu haben. Was durch die
danach dimensionierten Ruderflachen bewirkt wird, blieb
lange Zeit fast unbeachtet. In [3] finden wir em
Korrela-tionsdiagramm fiir den geringsten Drehkreisdiirchrhesser" 2 (Re)min als Funktion von Ruderflache und gewissen
Form-parametern auf der Grundlage einer Statis0, die durch
Drehkreisversuche mit Motorschiff en erhalten :wurde; alle Schiffe hatten eine Schraube und em n SimplexirRader, ge-horten aber im iibrigen zu den unterschiedlichsten Schiffs-. typen. Die Mittelkurve hat folgende Gleichungl
( 2
L/T LT
Ta )-1.81L 7,25 100 Ar PP 6 T
Es ist anzunehmen, daB das Drehvermogen auch von
anderen Faktoren beeinfluBt wird, als in dieser Formel zum
Ausdruck kommt. Jedoch kann eine solche Verfeinerung nur dann eingefiihrt werden, wenn eine groBe Anzahl
verschiedener Schiffe desselben Haupttyps bearbeitet wird.
Wenn man voraussetzt, daB em vollbeladenes Sri-tiff
keinen Trimm hat, und wenn der geringste
lDrehkreis-durdunesser mit 2 (Re)min = 3 Lpp vorgeschlageh wird, was jedoch em absolut realistischer Wert ist, der keine gar zu groBe Fahrtverminderung zur Folge hat [7], dann erhalt
man die Naherungsformel
LT
PP < 2175Lpp (i\1.8
T
6" )
Fiir em n typisches Tankschiff von 34 000 tdw bei Lpp = 200 m fordert die Formel
LT
< 74Ar
und fur einen Trockenfrachter mit Lpp = 135 m
LT
59
Ar
4
A
zuneMmande dynamist:Be 51a0111811,(Ruder m111101.) ImeMares 5term ammnInend. Gesamlifiche
Bild 3 Schematische Darstellung des Zusammenhanges
zwischen Kursstabilitat und Drehvermogen
Steuereigenschaften In ihrer Abhangigkeit von Stabilisierungs-flachen und der beweglic.hen Ruderflache (Davidson & Schiff,
Trans. SNAME 54/1946).
Drehmanover von zwei Schiffen mit demselben relaiiven Vor-ausweg". A (z. B. em n zerstarer) hat groBe Kursstabilitat
(klei-nes T) und maBiges stationares Drehvermogen (ganz klei(klei-nes K). B (z. B. em n aTnker) hat wenig Kursstabilitat (gioSes T) und
groBes Drehvermogen (groBes K).
HANSA - Schiffahrt - Schiffbau - Hafen. 101. jahrgang - 1964 .Nr.10 cleRevii 1981 OM Nora* Writ.. 1960 0 rgrit.I
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--Y---;-9° °Litz' 881 BantusIMO M11111111 MNminium
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VANN 700 51:1117SWA 60 Pun-- wfagioNill
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50 40 30fIIIIII
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90 100 120 140 160 180 200 225 250 MO 90 \delleoll1981 Derkorske . 8011109 1560s lip
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11011111111111111111imilitravrtsg
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1111111111111 II
M111111111.1 NI
111111111MIIII
MINIM NB
MN 111111111111 70 80 90 100 120 140 160 180 200 225 250 300 L i m BD 90 100 163 140 150 180 220 2 5 L i mBild 2 Grade der Ruderflache, Passagierschiffe oben Schiffe mit einer Schraube und einem Ruder (ausgefiillte Kreise betr. Schiffe mit Steuerpropeller od. dargl.)
unten Schiffe mit zwei (vier) Schrauben
1012 100 LI90 AR 80 70 60 50 40 30 20 10 100 SO AR 00 70 60 50 40 30 20 10
Die Forderung nach einer guten Drehfahigkeit (wie
oben am staiionaren Drehkreis mit norrnaler Geschwindig-keit erlautert) ist somit bei derh schnellen Trockenfracht-schiff am wenigsten beriicksichtigt, wogegen sie bei dem
volligen Tankschiff weitgehend erfiillt wurde. Letzteres
reagiert jedoch oft sehr trage auf das Ruder und hat
eihe sehlechte dynamische Kursstabilitat. Da eine
Ver-groBeiUng (oder "diadem Wirkungssteigerung) der
Ruder-Bache oft die einzige Moglichkeit 1st, den Tanker kurs-stabiler zu machen, erhalt man dadurda eine verbesserte
Drehfahigkeit sozusagen als Zugabe. Vgl. die schematische Darstellung in Bild 3.) Besonders werden der Vorausweg" und der taktische Durchmesser kleiner, da das Anschwen-ken kiirzer wird.
10
5000 10000
65
Wenn zwei Ruder deSselben Typs, z. B. Simplex", die-selbe GroBe haben, dann miiBten sich die maximalen Ru-derkrafte verhalten wie die Quadrate der Geschwindigkeit,
mit der das Wasser die beiden Ruder urnstromt; haben
beide Ruder auch im wesentlichen dieselbe Form und den
gleichen Balancegrad, dann milBte dieses auch fiir die
Rudermothente zutreffen. Die genannte
Wassergeschwin-, digkeit hangt zum Teil von der Fahrt des Schiffes ala, die
alwiederum em n Produkt der Wellenleistung 1st, zum Teil
Waber ands (wenn das Ruder hinter der Schraube angebracht 1st) vom Schraubenstrom, der eine Funktion der
Schrauben-belastung 1st. Da die Riidermaschinen, wie oben gesagt
wurde, so konstruiert sind, daB sie im allgemeinen diesel-ben Manovriergeschwindigkeiten erlaudiesel-ben, mtiBte man an-nehmen diirfen, daB die vorgesehene Pumpenleistung der
Ruderanlage eine Funktion der Wellenleistung ist. EM
soldier Zusammenhang existiert im einzelnen wirklich, z. B. bei Simplex- und Mariner-Rudern (siehe Bild 4) wo die bewegliche .Ruderflache in samtlichen Fallen auf
Lp, T A,
korrigiert wurde. Fur andere Rudersysterne kann em dim-liches Verhaltnis der Rudermaschinenleistung iur Wellen-leistung nachgewiesen werden, was bei der Vorprojektie-rung sehr wertvoll sein kann.
Die hydrodynamischen Krafte beilm Stenern
in nicht niedrigen" Fahrtstufen
Wie bereits gesagt, verwendet man das Ruder hauptsach-ghlids zum Stiltzen bei Kursabweichungen bzw. zurn Einleiten Weines Manovers, Wahrend das Manover selbst von den welt groBeren,, auf den Schiffsrumpf einwirkenden Kraften
be-- HANSA - Schiffahrt - Schiff bau - Haf en 101. Jahrgang -1964 Nr. 10
wirkt wird. Diese Krafte setzen sich aus Vortrieb und Widerstand zusammen, die beide hauptsachlich in der Langsschiffrichtung wirken, sowie aus Querkraften und
Momenten, die durch Abweichungen von der geradlinigen Bewegung in Langsschiffrichtung entstehen.
Jede Bewegung des Schiffes kann man sich zusammen-gesetzt denken aus.einer Bewegung des Schwerpunktes wad aus einer Drehung des Schiffes um den Schwerpunkt, d. h. im einfachsten Falle aus einer Geschwindigkeit (u) in der
Langsschiffrichtung (annahernd gleich der Fahrt" U des
Schiffes), einer geringeren Geschwindigkeit (v) in
Quer-schiffsrichtung (Abtrift) und einer Drehgeschwindigkeit (r = 11) = Kursanderung pro Zeiteinheit). Alle diese
Ge-schwindigkeiten verandern sich mit der Zeit, und die hydro-dynamischen Krafte am Schiff sind abhangig von den Ge-schwindigkeiten und deren zeitlichen Ableitungen.
Es ist somit ofrenbar, daB die hydrodynamischen Krafte
selu. komplizierte Funktionen der Bewegung und der
Schiffsform sind. Die momentanen Bewegungskomponenten sind unabhangig voneinander, und die Krafte konnen mit jeder gewiinschten Genauigkeit durch Entwicklung in einer Taylor-Reihe, worn eine groBe Anzahl von partiellen
Ab-leitungen auftritt, formell beschrieben werden. In vielen
Fallen konnen alle Bewegungskonaponenten als klein an-gesehen werden, und es geniigt darns, in den sog.Euler'schen Bewegungsgleichungen [2] nur die Glieder einzusetzen, die Bewegungskomponenten ersten Grades enthalten und deren
Koeffizienten aus partiellen Ableitungen erster Ordnung
entstehen. Da diese sog. linearisierte Theorie besonders bei den Untersuchungen z. B. der vorerwahnten dynamischen Stabilitat verwendet wird, werden diese Ableitungen oder Derivativa auch oft Stabilitatsderivativa genannt.
Wenn der Schiffsrumpf eine gewisse Drehgesthwindigkeit r hat, dann hat die StrOmung des umgebenden Wassers eine bremsende oder dampfende Wirkung, deren GroBe von r abhangig ist, und die in linearer Annaherung N (r) NI. r geschrieben werden kann; Nr 1st also die partielle Ableitung
von N hinsichtlich r und ist immer negativ. Die Drehge-schwindigkeit verursacht ferner eine ldeinere Querkraft Y (r) Y, r. Augenfalliger ist vielleicht die Querkraft, die infolge der Abtrift am Rumpf entsteht: Y (v) Y. v. Wean
man Geschwindigkeitsanderungen auBer Ansatz lal3t, d. U konstant einsetzt, was strenggenommen bei der linearen Theorie vorausgesetzt werden muB, dann kann man anstelle
der Abtriftgeschwindigkeit den Abtriftwinkel einsetzen =v und schreibt dann natarlich Y (v) = Y (13)
(Der Abtriftwinkel ist der Winkel zwischen der
Bahn-tangente und der Langsrichtung des Schiffes und entspricht
dem Anstellwinkel eines Tragfliigels. Hierbei kann der
Rumpf des Schiffes als verformter Fliigel mit langer Sehne (L) und kleiner Spannweite (2 T) angesehen werden. Die Abtrift verursacht auch ein Moment auf den Schwerpunkt des Schiffes, N (13) = Nfl B. Krafte und Momente folgen
gege-benen Zeichenregeln in einem rechtsdrehenden Koordi-natensystem mit der x-Achse in Fahrtrichtung und der
y-Achse nach Steuerbord. Die Ableitungen Yr und Nr kann man durch Kraftmessungen an einem Modell bestimmen,
das auf einen sog. rotierenden Arm montiert wird. Dabei
ist am Modell eine Korrektur fur die Zentripedalkraft
vor-zunehmen.) Die Ableitungen Y8 und NB bestimmt man
durch Kraftmessungen an einem mit kleinem Abtriftwinkel geschleppten Modell.
Die analytischen Bedingungen fur die dynamische Stabi-litat schreibt man
N, r
U2 - Yij
Y, r m
Man kann diese Ungleichheit dahingehend deuten, daB
der Druckpunkt der Gesamtkrafte in einer reinen"
Dreh-bewegung (mit groBem Radius R, aber ohne Abtrift) v o r
1013
7
/1/
----1N-Q---4 Ii
0.4.(WPS)2/
/
,/
. Simpiex a Mariner. (Bewegt Ruder-(ladle)die entsprechenden H6chstwerte des Norske Veritas" sind 77 bzw. 68. Typische Werte der Praxis sind in beiden Fallen
LT
PP -65.20000 30000 100000
Wellenleistung i.P5
Bild 4 Anna.'hernde Korrelation zwischen der Pumpenleistung der Rndermaschine 'and der Wellenleistung bei Einschraubenschiffen
0. ..7.1300 200 100 50 30 20
r-Tabelle I 'Crane am Schiff im stationiren Drehkreis, Berechnungsresultate
Dim. . Linienfrachter L m 143,0 PP B m 20,0 T m 8,2 Ruderflache Ar ... .
..
18,0 m3Deplacement , 16 ow Deadweight tons 10 000 Wellenleistung PS 10 000 Vertragsgeschwindigkeit kn 18,0 Anlaufgeschwindigkeit kn 16,0Eff. Schraubenschub beim Anlauf Mp 41,5
Ruiierwinkel im Drehkreis oe 'Grad 15° St. Stationarer Drehkreisdurchmesser 2 R, m 955
Geschwindigkeit im Drehkreis' . . . kn 11,5
Abtriftwinkel ft, Grad 11,2
Eff. Schraubenschub im Drehkreis . . . . Mp 46
Hydrodynamischer Widerstand Alp 22
Widerstand der Zentripetalkraft Mp 24
Eff. Steuerkraft am Ruder im Drehkreis Mp
52
Totale hydrodyn. Querkraft Mp 120
Querkraft der Zentripetalkraft . . . Mp 120
Steuermoment durch das Ruder Mpm 3650
dem Druckpunkt bei geradliniger Fortbewegung mit
(klei-ner) Abtrift liegt. (Die Zentripedalkraft auf die
Schiffs-masse erkennt man im linken Nenner.)
Für dynamisch kursstabile Schiffe kann man annehmen, daB em Drehmanover mit Ruderlage bis zu 15° genau inner-halb des Gultigkeitsbereichs der linearen Theorie liegt, ob-wohl diese eigentlich nicht fiir Untersuchungen fiber Mario-ver rnit nennenswertem GeschwindigkeitsMario-verlust geeignet ist. Solange die Geschwindigkeitsveranderungen die Ver-teilung der hydrodynamischen Krafte an Rumpf und -Ruder nicht wesentlida beeinflussen, kann man dieses Verhaltnis umgehen, indem man die unabhangige Zeitvariable durch die Anzahl zuriickgelegter Schiffslangen ersetzt. "Linter kei-nen- Urnstanden gilt die lineare Theorie für schrage" Ma= /lover, bei denen der Abtriftwinkel oder die"
Drehgeschwin-digkeit nicht mehr als klein" angesehen werden kann.
Es hat sich herausgestellt, daB der Abtriftwinkel normaler-weise nicht groBer als 10° sein darf, wahrend die dimen-sionslose Drehgeschwindigkeit r' = L/R den Wert 0,3 nicht Obersteigen sollte.
Der lineare Ausdruck fur den stationaren Drehradius [2] enthalt die bereits genannten stationaren Derivativa sowie die Ruderderivativa Ya und N6; der Quotient NaI 174,ist
an-nahernd gleich der Entfernung "
Fahrteugschwerpunkt-Ruderschaft; man muB jedoch beachten, daB em groBer Teil
der Ruderkraft Ya-O nicht am Ruder selbst, sondem am
Achterschiff liegt:
Yfl + (MU Yr)
116 "
(Ng
- y6 Yll
Y,3Tabelle I vermittelt einen Eindruck von den GroBenord-nungen der hydrodynamiSchen Krafte in den. stationaren
Endphasen von DrehmanOvern mit 15° urid 35°
Ruder-winkel, berechnet für ein Frachtschiff von 10 000 tdiv und einen Tanker von 34 500 tdw, die beide einen Mindestdreh-kreishalbmesser von nicht thehr als 500 in haben. (In der Tabelle sind auch die nichtlinearen Krafte berticksichtigt
worden.)
In gewissen Pallen ist die Anwendung einer vereinfachten
linearen Theorie fur. Kursanderungen angebracht. Laut
Nomoto [9] kann man daher, anstatt mit zwei simultanen Differentialgleichungen in lijund p zu redmen, einfach
T = KS
schreiben, worm n die Zeitkonstante T die Zeit ist, welche der
im vorhergehenden Kapitel genannten dimensionslosen
Konstante T' = T U/L.'entspricht, und welche em MaB filr die Tragheit des Systems. mit Einheitsdampfung ist.
Wohl-1014 35° Stb 510 8,9 18 49 15 34
67
119 119 4600gemerkt, es gibt hier keine Federkonstante", da das Schiff ohne automatische Steuerung nicht zwischen veischiedenen
Kursrichtungen unterscheiden kann. Aus der Gleichung
geht hervor, daB gleiche K'Ele ist (Siehe auch [3]). R,
Die KoeffiZienten K und T konnen natiirlich auch mit Hilfe
der stationaren und instationaren Derivativa ausgedriickt
werden, bei denen man Geschwindigkeitsabhangigkeit vor-aussetzen darf. Das Wertvollste ist in diesem Zusammen-hang wohl, daB die angenaherte Gleichung auch!idann noch einen Sinn hat, wenn die Geschwindigkeit bis auf Null her7
untergegangen ist; in beiden Fallen karni sie klurch
Ein-fiihrung eines nichtlinearen Dampfungs,Terms verbessert werden (vgl. [10]).
Die Geschwindigkeitsabhangigkeit der Stenerfahigkeit innerhalb des wellenbildenden Geschwindigkeitsbereiches
. I
Bekarmterweise hat em ZerstOrer oft bei rnaBiger Ge-schwindigkeit schon em gutes Drehvermogen. De!rselbeZer-storer kann dagegen bei h6chsten Fahrtstufen sehr schlecht drehen. Dieses laBt sich zum Tell auf die Rude4kavitation zuriickfilhren, hauptsachlich jedoch ist es zweffellos eine Frage der dynamischen Vertrimmung durch die ipeschwin-digkeit [2]. Allgemein nimmt man an, dal3 die lylanoNirier-fahigkeit eines Schiffes von der absoluten Geschwindigkeit unabhangig ist, solange eine. Vertrimmung durch Wellen-bildung nicht stattfindet, jedenfallS nicht in bedeutendem
u
MaBe, mithin die Froude'sche Zahl FflL kleiner ist
als 0,3 (oder VI < 1. Siehe z. B. [2] und [8].) St. Denis hat jedoch herausgefunden, daB die kursdynamisch., e Stabi-litat augenscheinlich auch innerhalb des Geschwmdigkeits-bereiches 0.1 < FflL <0.3 noch Schwankungen unterworfen war, was bei Erprobungen mit festgesetztem Ruder festge-stellt wurde. (Siehe Disk. [8].) Thierne hat auf der Grund-lage von Schragschleppversuchen an Modellen vorgeschla7 gen, die kritische Froude'sche Zahl auf dem Tiefgang basie-ren zu lassen [11], was nach seiner MaBgabe so ausgedriickt
0,7
werden kann: Fo,< Takarada veroffentlichte eine T
empirische Methode zur Bestimmung des kleinsten
Dreh-kreishalbmessers und gibt dabei eine Korrekturkurve fiir
Geschwindigkeiten, die nach oben oder unten von Vg/ VL' = 1 abweichen [12].
Pung Nien Hu hat die, Querkrafte an einem chinnen"
Schiff (Mitchell-Theorie) mit Abtrift und Rotation
hinsicht-,
HANSA - Schiffahrt - S chiffb au -Hafen 101.J ahrgang 1964 Nr.10
ii
Tanker 200,0 27,0 10,75 33,0 45 000 34 500 15 000 16,5 16,0 80,5 15° Stb 35° Stb 910 490 9,5 6,8 11,9 19,2 93 97 30 20 63 7792
145 300 220 300 220 9300 14 700lich der Wellenbildung untersuch-t, jedoch unter Aufleracht-lassung von,Zahigkeitseinfitissen [13]. Sein Verfahren ergibt
Ank eine Integralgleichung fiir die Quell-Senken-Verteilung
Ober Lateralplan und Nachstrom des Schiffes, analog.,ZOn,:-Fliigeltheorie bei kleinen SeitenverhaltniSsen. Die ',timing
ergibt in der ersten Annaherung eine Querkraft, die der
Fliigeltheorie entspricht, wahrend die hoheren cordnungen Korrekturen als Folge der Wellenbildung enthalten. Es zeigt
sich, daB die vier stationaren Stabilitatsderivativa etwa
gleich stark beeinfluBt werden. Fur praktische Berechnun-gen fiihrt er drei Koeffizienten ein, a1, a2 und a3, die wie-dei-urn Funktionen der Froude'schen Zahl sind und die als
St Dr in 1 + at Re ---+ a3 N3 (N R) Y6 6 xa " 20 Antauffahrl in kri;
BM 5 FahrtabhAngigkelt des stationaren Drehkreisdurchmessers.
fffr em n Frachtschiff von 10 000 tdw
Bezeichnung der relativen Zunahme der Stabilitatsderiva-tiva, der scheinbaren Masse und der Ruderderivativa die-nen. Gemalit semen Resultaten tiberwiegta1 das von 0 bis
etwa 0,5 zunimmt, wahrend die Froude-Zahl von 0 bis 0,35
zunimmt. Danach bleibt dieser Faktor beinahe konstant,
wahrend die Froudesche Zahl weiter zunimmt. Daraus er-gibt sich: die Instabilitat eines Schiffes bei einer gewissen Geschwindigkeit kann bei zunehmender Geschwindigkeit
ebenfalls zunehmen; die Instabilitat eines wenig stabilen Schiffes kann,bei hoherer Geschwindigkeit abnehmen und em n bei einer gevvissen Geschwindigkeit bereits stabiles
Schiff kann bei Geschwindigkeitszunahme nocti stabiler
werden.
Pung Nien Hu setzt die soeben genannten Koeffizienten
auch in die im vorhergehenden Kapitel erwahnte Formel
zur Errechnung des Drehkreishalbmessers em:
f1
+a.,
Nr a9 Yr)Nfl
1 +
Nach dieser Formel mtiBte der Drehkreishalbmesser mit
zunehmender Geschwindigkeit innerhalb des erWahnten
Geschwindigkeitsbereiches wachsen.
Urn den Inhalt von Pung Nien Hu's Resultaten quanti-tativ beurteilen zu konnen, wurde die Formel hier
ange-wendet, und zwar mit den Ableitungen, die fur den vorher untersuchten 10 000-tdw-Trockenfrachter berechnet
wur-*den, wobei die Berechnungen als fir eine stationare Kreis-Wfahrt bei 12 Im geltend angesehen wurden (Tabelle I). Die gefundene Geschwindigkeitsabhangigkeit wird in Bild 5
HANSA - Schiffahrt - Schiffbau - Ha fen 101.Jahrgang -1964 Nr. 10
gezeigt, -wo auch Takaracias Korrektur eingesetzt ist. Die nach Pung Nien Hu berechnete Geschwindigkeitsabhangig, keit scheint zu markant, besonders bei niedrigen Geschwin-_digkeiten, und, dfigte kaum mehr als em n RichtWert bei ge-ringen GeschWindigkeitsanderungen seiia. In den
riiedrige-ren Fahrtstufen k6nnen andere Erscheinungen ebenfalls
nicht unberiicksichtigt bleiben.
Steuern bei niedriger Gesehwindigkeit
Da es hier urn das Steuern bei selu.niedrigen Fahrtstufen
geht, gewinnt der EinfluB der Reibungsgrenzschicht aus
verschiedenen Grtinden an Bedeufung:-Deshalb konnen die
besonderen Steuerungsprobleme bei diesen Fahrtstufen
nicht durch Experimente mit Schiffsmodellen untersucht werden. Grundlegende Versuche konnen jedoch rnit Rudern im Schleppkanal oder im Windkanal gemacht werden.
Wenn das Ruder eines Schiffes nicht hinter einer Schraube
angeordnet ist, dann vermindert sich die ohnehin schon
geringe Ruderwirkung mit dem Nachlassen der Schiffsge-schwindigkeit. Es besteht die Gefahr, daB die StrOmung sich ablest, ehe der Ruderausschlag groB genug ist, urn den Schraubenstrom wirksam werden ,zu lassen. Es kann ge-schehen, daB sich die Stromung an der Unterdruckseite des
Ruders ablost, bevor die Hinterkante des Ruders so weit
ausgeschwungen ist, daB sie vorn Schraubenstrom der Bb-oder Stb-Sctu-aube beaufschlagt wird. Bei volligen Zwei-schraubern kann kaum erwartet werden, daB sich die
Kom-bination aus Totholz und unmittelbar anschlieBendesn
Ruder wie em n Tragthigel mit Landeklappe verhalt, bei dem em n groBer Teil des Auftriebs auf den festen vorderen Tell vvirkt. Es ist deshalb -meist ratsam, das Totholz vor deM Ruder wegzuschneiden, urn eine bessere Umstromung urn das Profil zu errnoglichen, die natiirlich fur das Steuern bei RiickWartsfahrt besonders wertvoll 1st. Fahrt das Schiff je-doch mit geringer Geschwindigkeit und daminarer Umstro-mung des Ruders voraus, so wird diese Zirkulation keine nennenswerte proBenordnung erreichen, weil die Grenz-schictit Vieivon ihrer geringen kinetischen Energie durch
Reibung verliert unddeshalb nicht in der Lage sein wird,
gegen den langs der Ruderlange wachsenden Druck anzu-vvirken.
Bei einer Geschwindigkeit von ca. 4 Knoten betrOgt die Wassergeschwindigkeit, mit der das Ruder umstromt
wird, kaum mehr ,als 0,5.m/sec, Was einer Reynolds''schen Zahl von der GroBeriordnung Ree 106 entspricht. Da die
Oberflache des Ruders nicht hydraulisch glatt ist, sinkt die Querkraftahleitung wesentlich ab. Bei groBen Winkelaus
1
0.
05
Bild 6 Maximale Querkraft der Funktion der
Oberflachenrauhig-keit Und Reynolds Zahl (Beispiel eines Windkanalversuchs mit NACA-Prof11) 1015 000 ttiontire ihkre rn .. BOO sdurchmesser ' Ptinkt Tab I [ Berechneter nach 5°11__Ii_tdertgge -Fahrt Pung korr Nien,Hu nach ' 4..,.._ ...--400 ---- ---i____ --Hart Ruder 1 - r Berechnet. Punkt Tab.1 niich Pahrtkorr. Takciradanach c01004-grai CCM-gram increasing --- Decreasing it: ',.. CiarnlizhiCatedi s incidence incidence
At!
,
CL max:Argil
all ' 03 0.5 10,1cre 2 34.5 7 10schlagen wirkt sich evtl. die groBere Stromungsgeschwin-digkeit giinstig aus, jedoch ist der Maximalwert des Quer-kraftkoeffizienten noch empfindlicher gegen Oberflachen-rauhigkeit sowie gegen niedrige Reynolds'sche Zahlen [14,
15, 16]. Blld 6 wurde [14] entnommen.
Bei volligem Achterschiff treten lokale Wirbelbildungen hinter dem Steven auf, und die Rudervvirkung wird dann ganz unzuverlassig. Dasselbe gilt natiirlich auch, wenn eine Schraube vor einem Ruder gestoppt wird.
Arbeitet das Ruder eines Schiffes im Schraubenstrom,
dann wird die Ruderwirkung von der vorhandenen Schrau-benbelastung beeinfluBt, worauf in einem spateren Kapitel Bezug genommen wird.
Audi die hydrodynamischen Krafte am iibrigen Teil des Schiffes werden von Anderungen in der Grenzschiditstro-mung beeinfluBt. Die Flossenwirkung des Ruders und Tot-holzes verringert sich, d. h. das Schiff wird weniger
kurs-stabil, wenn die Geschwindigkeit herabgemindert wird. Innerhalb gewisser Grenzen f8rdert die
Grenzschidatab-losung an dem schrag angestromten Achterschiff die
Ent-stehung stabilisierender Querkrafte. Bei vollig gebautem Achterschiff entstehen hier jedoch wiederum Wirbelab-losungen, die auf geradem Kurs stabilitatsvermindernd
wirken
Rotierende Schrauben erhalten bei Schraganstromung
einen gewissen Flosseneffekt [17, 18], d. h. eine stabilisie-rende Querkraft, sowie em n geringes Trimmoment, das je-doch in diesem Zusammenhang nicht beachtet zu werden braucht. Nach Versuchen bei SSPA ist diese Querkraft un-empfindlich gegen die Schraubenbelastung (Fortschrittszahl), wird jedoch die Schraube gestoppt, dann geht natirlich der
grate Tell der Flossenwirkung verloren. Da gleichzeitig
die Gesdiwindigkeit nachlaBt, andert sich auch das Grenz-schichtprofil am Achterschiff, so daB die Ablosung angeregt wird und das Schiff weiter an Stabilitat verliert. Wird nun die Drehrichtting der Schraube geandert, win z. B. bei einem normalen Stoppmantiver, dann bewirkt die an und filr sich
unbedeutende Querkraft eine seitliche Versetzung des
Achterschiffes bei einem beladenen Schiff mit rechtsgan-giger Schraube im allgemeinen nach. Backbord.
EM Schiff, dem die axiale Propulsion" fehlt, ist bestrebt, sich quer zum Strom zu legen, was durch eine einfache
Be-trachtung der Energieverhaltnisse erklart wird [19]. Das Schiff treibt quer mit dem Strom. (Dieser Tatsache wird
auch dadurch Rechnung getragen, daB die stationare Mo-mentenableitung stets Nfi, > 0 ist, d. h. das Moment vergro-Bert die Schragstellung.)
Erfahrene Seeleute verwenden u. U. tiefe Treibanker, urn
das Schiff abzustoppen mid so eine Wasserstromung am
Ruder zu erhalten. Wird der Treibanker fiber das Heck ge-fiihrt, erhalt man entgegengesetzte Ruderwirkungen.
Bei Manovern bei sehr niedriger Geschwindigkeit oder
beim Stilliegen iiberwiegen die auBeren Storkrafte als Folge von Wind mid Strom. Da es sich darum handelt,
Steuerungsvorrichtungen filr diese Verhaltnisse zu finden, 1st eine Kenntnis von den GroBen dieser Storkrafte notig. Diesen Fragen wird em n besonderes Kapitel gewidmet.
Steuern von Zweisehraubenschiffen mit Hilfe der Propeller
Die Steuerwirktmg von Propellern an
Zweischrau-benschiffen kann in zweierlei Weise erregt werden: durch die Kontrolle des Sogs vor dem Propeller, d. h. der Quer-kraft-Komponente des Unterdruckes am Achterschiff, mid durch die Kontrolle des Moments des Propellerschubes urn den Schwerpunkt des Schiffes.Die erstgenannte Ursache ist vielleicht fiir groBere Han-delsschiffe dominierend, dá die Schraubenwellen hier
mei-stens parallel sind und ihr Abstand voneinander nur
3 bis 4,5 °/o der Schiffslange betragt, wahrend der Sog in der GroBenorodnung von 20 0/0 des Propellerschubes auftritt, undda die Querkraft am Achterschiff infolge des Stoppens eines Propellers dann ebenso groB wie der Schub werden kann.
(GemaB den Zahlenbeispielen in Tabelle I konnte die Steuerkraft als Folge des Ruderausschlages mehr als die
zweifache Gesarnt-Vortriebskraft betragen.)
Als ein Beispiel von Erfahrungen der Praxis sei folgendes
erwahnt: Nach Verlust des Ruders in schwerem Sturm wurde das Fahrgastschiff Stavangerfjord" bei frischen
achterlichen Winden hber den Atlantik gebracht [20]. Um einigermaBenauf Kurs zu bleiben, wurde abwechselnd mit
einer Schraube voll gefahren, wahrend die andere, zur
Verhinderung von Bremswirkungen, mitdrehter. Auf these
midArt
lief das Schiff 14 kn d hielt sich, in langen Bogen, un-gefahr auf der Kurslinie. Bei einer anderen Windrichturig ware em n Steuem mit den Schrauben allein vielleicht nicht moglidi gewesen.
1
Auf Sonderschiffen mit flachem Boden mid ohne Totholz, wie auf Kriegsschiffen, muB the jetzt genannte
IQuerkraft-Komponente sehr klein sein, mid zur Forderung des Steu-ems mit Hilfe der Propeller bei geringer Fahri kann man dann die Schraubenwellen divergieren lassen das wird
jedoch nur selten so gemacht.
Schoenherr hat in [21] filr solche Schiffe einfache
t7ber-schlagsberechnungen angestellt, die ebenfalls Zeigen, daB 0
die Seitenpropeller nur em n kleines Drehunoment abgeben, das mit einem Ruderausschlag von 10 aufzuhebep ist, wenn die gegentiberliegende Schraube mitlauft, bzw!, mit 5 bis 100 Ruderausschlag, wenn die gegentiberliegende Schraube gestoppt ist oder riickwarts dreht. Das Steuermonaent einer Seitenschraube 1st dann also nicht we:sentlich griper als das
Steuermoment der unsymmetrischen Druckkraft bei
Ein-schraubenanordnung.
Bei Drehungen mit Einzelruder vermindert sich der
Durchmesser des Drehkreises oft wesentlich j wenn die
innere Schraube gestoppt wird. Bei einem ZerstOrer betrug die Verringerung in einem Falle 35 0/0. Bei seegehenden Frachtschiffen, die nicht so hoch in der Fahrtwid.erstands-"curve getrieben werden, nimmt die Geschwindigkeit unter solchen Umstanden jedoch merkbar ab. I
1
Bei niedrigeren Geschwindigkeiten ergeben sich fiir alle Schiffe bessere Moglichkeiten, mit Hilfe der Schraube zu manovrieren. Oft hat man aber nur in Verbindung mit einem richtigen Rudermanover das Schiff dabei miter Kontrolle. Praktische Hinweise hierzu findet man besonders in [22].
Wenn eine Schraube bei stilliegendem Schiff aInfangt zu drehen, wird das Achterschiff nach der einen onder anderen gh
Seite versetzt, je nach Drehrichtung, Tiefgang usw. Diese MIIF ManOvrierkrafte konnen nur unter idealen auBerlen
Bedin-,
gungen ausgenutzt werden.
Die voile Ausnutzung der Schubkraft der Schraube bei
stilliegendem Schiff wird weiter unten diskutierti
Die Ruderwirkung hinter dem Propeller bei niedriger Fahrt und bei stilliegendem SChiff Hier sollen in aller Kiirze Ruder untersucht werden, die
hinter einer Schraube arbeiten. In solchen Fallen erhalt
man allgemein eine Geschwindigkeitssteigerung hber 80 bis 904/0 der Spannweite des Ruders. Bei stationarem Vortrieb ist die relative Zusatzgeschwincligkeit am groBten bei den
hochsten Fahrtstufen, wo auch die Schraubenbelastung
(ausgedriickt mit KT/T2) am grOBten ist. Die
Fortschritts-zahl und damit KT /J° sind innerhalb eines groBen
Ge-schwindigkeitsbereiches konstant; em n typischer Wert fiir Frachtschiffe ist KT / J2 0,5. Bei den niedrigsten Geschwin-digkeiten, die sich im Dauerbetrieb mit einem Dieselmotor erreichen lassen in den meisten Fallen ca. 6 Im ist
KT/J2 dagegen etwas niedriger mid die Ruderwirkung
etwas geringer, besonders wenn der ortliche Mit-strom auBerhalb des Schraubenwassers h6her ist Bei noch
nie.drigeren Geschwindigkeiten stiifit sich das Schiff vor-warts". In solchen Fallen milssen Ruder- und Schrauben-manover aufeinander abgestimmt Werden. Geeignet ist das
Festmachen am Kai oder das Gegenhalten durch einen
Schlepper, urn die Belastung der Schraube zu steigern. Die wirksame StrOmungsgeschwindigkeit am Ruder bei normalem Vortrieb wurde durch Modellversuche von Lot-veit [23] und Okada [24] untersucht, wallrend Gutsche [25] theoretische Berechnungen dartiber anstellte. Ein einfaches Diagramm wurde durch SSPA [26] abgeleitet (siehe Elld 7). Bei geringeren Geschwindigkeits- und
Belastungsanderun-gen kann die Veranderung der Ruderwirk-ung mit Hilfe eines halbempirischen, linearisierten Verfahrens
vorher-bestimmt werden [27]. 3 2 1 to 0.9 OA a? Pa 9 , Ls Kr/3
Mid 7 Annahernde Bestimmung des Strahlfaktors ke2 Bei Rudermanovern mit Schraubensto13" kann man
an-nehmen; daB das Schiff stilliegt, wozu die Tragheit des
Schiffes und der groBe Ruderwiderstand berechtigen. Bei einem Dieselmotor hat man in diesem Augenblick ungefahr dasselbe Drehmoment wie bei voll voraus" zur Verfugung. Den Schraubenschub kann man durch die Schraubenkenn-zeichnung bei J = 0, den Schraubendurchmesser D und das verfiigbare Moment Q ausdriicken:
Tj 0 =
Angenahert kann man fiir Schrauben im Bereich 0,6
<1,4 sagen: (KT/ KQ)2 =0 = 12-5
besonders
fur-= 1, T2 fur-=o fur-= 7'. . In diesem Zusammenhang kann man
dar-D
auf hinweisen, daB die negative Schubkraft = Bremskraft als unbedeutend kleiner angesehen werden kann, bei nor-malen Schrauben ca. T2=0 6 [28].
Die mittlere Strahlgeschwindigkeit ua erhalt man aus
dem Irnpulssatz
T2=0 ua2
4
(Vergleiche auch das Kapitel iiber Bugstrahlruder). Bei
UmflieBen des Ruders ist schon beinahe die voile Strahl-geschwincligkeit erreicht, jedoch liegt em n Tell des Ruders
Sganz
auBerhalb des Strahles tberschlagmaBig rechnet man hier damit, daB das wirksame Geschwindigkeitsquadrat am
HANSA - Schiffahrt - S chi ff bau - Hafen 101. Jahrgang -1964 Nr. 10
Ruder etwa 75 °/o von ua2 betragt. Wenn man ferner eine Ruderflache von 850/o der Scheibenflache der Schraube an-nimmt und der maximale Querkraftkoeffizient (vor der Ab-18sung) für das Ruder CLmax 1,1 betragt [29], dann erhalt
man beim Stilliegen eine maximale Kraft am Ruder von
ot
CLmax 0,85 D2 0,75 0,33T2= 0. Der
Rumpf-2 4
einfluB 1st in diesem Falle ohne Bedeutung, man kann des-halb einsetzen
Q
[Y ()]max 4 (1 0,4
Das verfilgbare Drehmoment des typischen 10 000-Ton-ners aus den vorhergehenden Beispielen 1st in der GroBen-ordnung von 70 Mp, dann ergibt sich bei 5 m Sdumuben-durchmesser und einem Steigungsverhaltnis 1 beim
Still-liegen eine wirksarne Steuerkraft von maximal 33 Mp,
wahrend der Schraubenschub etwa 10 Mp betragt. Der in-duzierte Ruderwiderstand 1st gleichzeitig von der GroBen-ordnung 6 Mp, entsprechend einem CD 0,2 [30]. Der Vor-trieb kann bei kurzen Manovern vernachlassigt werden.
Ein ungefahres MaB fur die Steuerkraft beim Voraus-manover erhalt man auch, wenn man den
Voll-Voraus-Wert WPS0, V00 in Knoten und ri0 U/min einfiihrt; dann ergibt sich für das maximal verfugbare Moment
D
(n0/60) H D
Q 11,9 H
WPS0
Das Produkt (n0/60) H 1st etwas groBer als die wirksame Vortriebsgeschwindigkeit des Propellers ue = 0,514 V
(1 w). Der Unterschied 1 ist der effektive
(n0/60) H
Schraubenslip, in der GroBenordnung von 0,2. Der Mitstrom-faktor variiert innerhalb eines weiten Bereiches, ein geeig-neter Richtwert ist jedoch w = 0,25 far Trockenfrachter und
w = 0,35 filr Tanker. Damit erhalt man annahernd die
maximale Steuerkraft beim stilliegenden Schiff:
;e:--% 10 bis 12 .(1 0,4
DD Vso
wobei die hOhere Zahl filr Tankschiffe gilt. Fur
Fracht-Schiffe (s. o.) erhalt man wiederum [Y ()]max ===, 33 MP den 34 500-Tonnen-Tanker (mit H/D ---- 0,7) [Y (8)]max
55 Mp.
Wiinscht man die Krafte am Rumpf auszuniitzen, um das Schiff zu drehen, laBt man erst das Ruder mittschiffs liegen
bis man Ruder im Schiff" hat, darauf Hartruder, aber nur
einen kurzen Augenblick, dann Ruder mittschiffs, Maschine zuriick und erst dann entgegengesetzte Ruderlage. Obwohl
nach dem oben Gesagten der Schraubenschub bei Riick-wartsmantivern fast gleich gra ist, so ist doch die
StrO-mungsgeschwindigkeit an der Achterkante des Ruders nur gering also jetzt an der Eintrittskante", womit auch
die Ruderwirkung gewohnlich nicht groBer ist, als daB die Drehung in dieser Phase noch eben gesteigert wird.
Wie schon gesagt, hangt die wirksame Ruderkraft in hohem Grade von der Geschwindigkeit des Schiffes und
von der Umdrehungszahl ab. Wahrscheinlich ware es fiir
das Briickenpersonal oft wertvoll zu wissen, ob in einer
gewissen Situation eine Wirkung des Ruders zu erwarten ist. In erster Linie kann man versuchen, die Krafte am Ru-- der direkt zu messen. Wahrend eine Messung des RuderRu-- Ruder-schaft-Moments allgemein keine Schwierigkeiten hereiten sollte, 1st eine Messung der statisch bestimmten Lagerkrafte wohl nur in speziellen Fallen moglich, wie z. B. auf dem Kreuzer Norfolk", dessen Spatenruder in zwei inrxenbords befindlichen spharischen Rollenlagern aufgehangt war [31]. In der Praxis dfirfte jedoch die Ausniitzung eines indirekten Abfiihlens moglich sein.
Es wurde schon gesagt, daB man die Ruderwirkung ab-schatzen kann, wenn man Ruder- und
Schraubencharakte-ristiken kennt, die durch konstante Koeffizienten
darge-1017 H WPS0 a4 \ ".., -''- ---u 02. 0./D
\
'T- --. At Ar ---0.1 A.111111111
,
An
Mr
04A111.11
as 0stellt werden, sowie durch Kenntnis der auf der Briicke an-gezeigten Geschwindigkeit, Umdrehungszahl und Ruder-winkel. In den niedrigsten Geschwindigkeitsbereichen ist die Logganzeige unsicher; es kann erwogen werden, statt
dessen das Propellerdrehmoment zu messen. Der Einbau der erforderlichen Einrichtungen wurde bereits bei
ver-schiedenen Schiffen vorgenommen. Die Gruncilagen fiir emn solches Instrument sollen bei SSPA untersucht werden. Es konnte in Verbindung mit einem sog. Prediktor" zur Steue-rung des Schiffes gebraudit werden.
Prediktoren ffir das manuelle Steuern
Wenn der wachhabende Offizier auf der BrOcke em n
Hin-dernis auf seinem Kurse bemerkt, muB er entsprechende Ausweichmanover veranlassen. Aus der Kenntnis seines Schiffes heraus kann er beurteilen, wann er em n
Ruder-manover durchfiihren nnuB und befiehlt gewohnlich einen neuen Kurs bzw. in Notsituationen Hartruder, verbunden mit einem Maschinenmanover. In engem oder vielbefalire-nem Fahrwasser werden mehrere aufeinanderfolgende Ma-nOver erforderlich werden, wobei em erfahrener Ruder-ganger natih-lich schon von selbst stiltzt". Bei modernen
Ruderanlagen und auf groBen Schiffen hat der Ruderganger
jedoch das Schiff nicht mehr in dem Sinne in der Hand",
wie es friiher der Fall war. AuBerdem erhalten weder Offi-ziere noch Ruderganger Gelegenheit, Manover in Notsitua-tionen zu Oben. Befindet sich das Schiff in einer Drehbewe-gung und soil auf einen neuen Kurs eingesteuert werden, kann der Ruderganger am KompaB bzw. an Landmarken oder dergl. die Drehgesdiwindigkeit beurteilen und das zum Stiitzen erforderliche Gegenruder abschatzen, nattirlich unter der Voraussetzung, daB das Ruder normal anspricht". Nur in selteneren Fallen hat er em Gefiihl fiir die GroBe der Abtrift.
-Wenn die aktuelle Situation spater einem Steuerungs-theoretiker vorgelegt wird, dann kann dieser, ausgehend
von den Bewegungsgleichungen (etwas spat) entscheiden, welches geeignete Rudermanover im geeigneten Augenblick erforderlich gewesen ware, um das Schiff an den fremden Objekten vorbeizufiihren. Solche Beredmungen sind, wenn
man Uberhaupt zu einem .Ende kommen will, und wenn
die Berechnung von Hand durchgefiihrt wird, auBerst zeit-raubend, weshalb man sich einiger Vereinfachungen bedie-nen mull. Z. B. mull man, urn em n so wichtiges Hilismittel vvie die Laplace-Transformation Oberhaupt anwenden zu kOnnen, die Differentialgleichungen linearisieren, was in vielen Fallen wie oben zulassig ist, in anderen nicht. Bei Vor-handensein eines Analogrechners (siehe unten) kann man
selbst sehr komplizierte Aufgabenstellungen schnell Risen, wobei der SchWierigkeitsgrad GrOBe und Preis der Anlage bestimmt. Es 1st deshalb vielleicht nOtig, wiederum
Verein-fachungen anzuwenden, wobei man jedoch nicht auf die
nichtlinearen GroBen zu verzichten braucht. Man wird dann feststellen, daB eine ansreichende Analogie ' bzw. emn
Taschenmodell durch Verwendung eines als Bordmodell
geeigneten Analogrechners erhaltlich ist, der vielleicht nur ca. 50 000 DM kostet. Warum sollte man also eine solche Anlage auf der Briicke eines Schiffes aufstellen, wo sie auf
einem Oszilloskopschirm oder vielleicht gleich auf dem
Radarschirm, so gut wie augenblicklich mit Hilfe des
ferti-gen Programms anzeigt, wie das Schiff in den nachsten Minuten auf em n veranlaBtes Rudermaniiver reagieren wird? Ein solcher bordfester Analogrechner, der die Bewegungen des Schiffes voraussagt, hat den Namen Prediktor" erhalten
und ist bereits auf U-Booten zur Anwendung
gekom-men [32].Mit einem Analogrechner meint man heute eine elektro-nische Rechenmaschine, in der die Bewegungs- oder Schwin-gungsgleichungen durch elektrische Schwingungskreise dar-gestellt werden, die wiederum Verstarker enthalten'(bei klei-nen und mittelgroBen Anlagen haufig transistorisiert)sowie andere Hilfselemente, deren GroBe nach den physikalischen Konstanten der Aufgabenstellung gewahlt wird.
Im Gegensatz zur Digitalrechenmaschine arbeitet der Analogrechner mit kontinuierlichen Losungen in Form elektrischer Spannungen, die z. B. als FunktiOn der Zeit
dargestellt werden kOnnen. Der physikalische Verlauf wird im allgemeinen in einem zeitlich kleineren MaBstab aufge-zeichnet. Soil das Resultat zur fortgesetzten Analyse ver-wendet werden, dann kann man z. B. 3 min des wirklichen Verlaufes 30 sec in der Maschine entsprechen lassen. Das Resultat kann auf einem Diagramm aufgezeichnet werden. Man kann jedoch wie schon angedeutet auch die Ma-schine das Problem in Sekundenbruchteilen inimer wieder Risen und die Losung auf einem Oszillographen anzeigen. lassen. Wenn man nun die EingangsgroBe, die von der Ru-derkraft gebildet wird, variiert, kann man die Bahn erhal-ten, die fiir das vorliegende Manover am geeignetsten 1st. (Diese GroBe kann man aLs von dem im vorhergehenden
Kapitel vorgeschlagenen Instrument erhalteu denken.)
Andere EingangsgroBen bestehen z. B. aus den sog. Initial-werten fur die Bewegung, d. h. einer Anzeige der Winkel-geschwindigkeit, die der Ruderganger selbst beim Steuern
benotigt. Der Analogrechner erhalt diese Information in Form einer elektrischen Spannung vom KreiselkompaB oder einem besonderen rategyro"; ein geeignetes
Instru-ment konnte evtl. auch eine Anzeige der Abtrift liefern. Die Bewegungen eines Schiffes in der Ebene konnen wie früher schon angedeutet mit Hilfe eines Systems von
drei Differentialgleichungen analytisch beschrieben
wer-den), wobei die unabhangigen Variabeln von den
Ge-schvvindigkeitskomponenten gebildet werden, evtl. auch aus Lage und Orientierung, und wo die Koeffizienten von der Hydrodynamik der Schiffsform abhangen. WennGeschwin-digkeitsanderungen vernachlassigt werden korinen, kann
man die Gleichung filr das Kraftgleichgewicht in derFahrt-richtung ausschalten, die Bewegung wird dann durch Kurs-winkel und Abtrift sowie deren zeitliche Ableitungen
aus-gedriickt. In manchen Fallen konnen die zwei so
er-haltenen Differentialgleichungen zweiter Ordn'ung durch eine einzige solche Gleichung ersetzt werden, deren Losung annahernd die LOsung der vollstandigeren Gleichung be-schreibt. Diese Gleichung wurde bereitsT K
Filr ein stilliegendes Schiff wird die Drehung urn den Schwerpunkt in erster Annaherung durch eine ahnliche
Gleichung bestimmt
J
+ c 11) = Ns ,in der das Tragheitsmoment J die sog. mitbeschleunigte
Wassermasse enthalt, c ein Dampfungskoeffizient 1st, Dis das vom Steuerorgan gebildete Moment. Dieses Moment kann allgemein nur durch eine Querkraft im Vor- oder Achter-schiff entstehen, und die Annaherung berticksichtigt u. a., daB die Abtaift vernachlassigt wurde. Eine bessere Annahe-rung enthalt auch die nichtlineare Dampfung.
Die obenstehende erste Annaherung kann als,
annehm-bares Modell des einfachsten Manovrierproblems bei sowohl niedrigen wie hohen Geschwindigkeiten angesehen werden,
wenn man imstande ist, die geschwindigkeitsabhangigen
Koeffizienten K und T (bzw. J, c und Ns) zu schatzen. Dieses kann jedoch bei Standardversuchen mit dem Schiff gesche-hen. Sie soil deshalb dazu dienen, die Analogietechnik und
die Leistiingsfahigkeit des Prediktors zu illustrieren, ob-wohl der einfachste Ansatz dem prediktor nidit gerecht wird. Es soil hier z. B. nicht auf die Anfangswerte der
Winkelbeschleunigung oder Abtrift eingegangen werden, was aber auch der Ruderganger keinesfalls tut. Der
wirk-lidie Prediktor kann ohne weiteres viel fortschrittlicher
gemacht werden.
Angenommen, daB sich em n Schiff mit konsthnter Ge-schwindigkeit und kleinem Ruderwinkel ell in einer schwa-then Drehung befindet, was der Kursanderung 11)1Bogen/sek entspricht. Im Augenblick t = 0, wenn das Schiff auf einem ilk Kurs .tp = 0 liegt, legt man das Ruder nunmehr in eine neue
.1
c I
ld 8 a) Rudermanover b) elektrische Analogie c) Prediktor
Lage 6.. Die darauffolgende Kursanderung
(Anderungs-schritt) bezeichnet man durch die Gleichung
t t \
v
(t)=K62(tT±Tc
T /±Tli11(1c-
TMan kann ohne Schwierigkeit in der Redmung die end-giiltige Rudergeschwindigkeit berticksichtigen, es 1st aber leicht zu beweisen, daB die beiden Rudermanover in Bild 8 nach kurzer Zeit dieselbe Bewegung des Schiffes ergeben.
Der Analogrechner kiimmert sich nicht urn die analyti-sche Form der Losung, sondern liefert eine kontinuierlich
variierende Spannung an das Anzeigeinstrument. Die
Schrittanderung der Winkelgeschwindigkeit .4) findet man auch in Bild 8 wieder. Derselbe Verlauf kennzeichnet die Spannungsanderung ve fiber einen Kondensator wahrend des Ladens, hierfur gilt
d
R C c-Tt= + Ve = E.
-Darnit liegt eine einfache elektrische Analogie vor. Der Kondensator kann von vornherein eine gewisse Ladung er-halten, die dem Initialwert in ye (oder ii)) entsPricht. Mit Hilfe eines weiteren Integrators im Blockschema in Bild 8 erhalt man dann den Winkel (t).
Dem Ruderganger ist wenig gedient, wenn er weiB, wie
sich der Kurswinkel in den nachsten Minuten verandern wird, ihn interessiert die Verandening der Position des
Sehiffes in demselben Zeitraum. Der Analogrechner wird daher mit rtp-Signalen fiber einen Sinus- und Cosinusgene-rator gespeist, tiber Multiplikationspotentiometer und Inte-gratoren erhalt man nun die zwei Signale UScosw dt und Ufsinv dt, welche an die zwei Kanale eines Oszillographen oder xy-Schreibers angeschlossen werden. (Wenn auch die Geschwindigkeit U veranderlich ist, muB man besondere NIultiplikationsverstarker anwenden.) Die so erhaltene Bahn) wurde filr den Trockenfrachter in Tabelle I berechnet, mit
K = 0,065 sek-', T = 21 sek,i)i = 0,2°/sek (Drehung nach
Backbord). Das Prediktorbild zeigt die in Bild 9 abgebilde-ten Kurven in dem Augenblick, wo der Ruderknopf in die entsprechende Richtung gedreht wird. Bei 100 Ruderlage miiBte das Schiff ldarlaufen.
Die gestrichelte Kurve zeigt den Fehler, der dadurch ent-steht, daB die Anfangsdrehgeschwindigkeit vernachlassigt wurde. Auch die iibrigen Kurven sind nicht fehlerfrei, da die-Abtrift vernachlassigt wurde. Dieses ist derselbe Fehler
wie bei den sog. plottings-boards, welche die Bahn des
HANSA - Schiffahrt - Schiffbau - Hafen 101. Jahrgang -1964 Nr.10
Bild 9 Beispiel fftr em n Prediktorbild der Bahn des Schiffes
bei verschiedenen Rudernianovern
Schiffes auf Grund der Angaben von KompaB und Log
beschreiben. Die strichpunktierte Kurve beschreibt die richL tige Balm unter Briick§ichtiging Von Abtrift undGesclawiri, digkeitsVerluSt, tind diese Balm rnaBte von dem zuktinftigen Prediktbr vorherbestimmt werden kfinnen: Dazu wird eine
weitere Messung mit Hilfe eines speziellen
pitot-Rohr--'-weridig.
Niehtltonventionelle Stenerorgane
Im Laufe der Jahre wurde eine gioBe Aniahl nichtkon= ventioneller Steuerorgane erprobt oder patentiert. In erster Linie ifiuB hier der Voith-Schneider-PrOpeller [45] erwahnt werden, der bei normaler Anbringung als Antriebssehraube ausgezeichnete Manovriereigenschaften bei alien Gesdiwin-digkeiten ergibt. Unter den gebrauchlichsten reinen Steller-organen.fuiden wir verschiedene drehbare Schirme, die den
Schraubenstrahl urn- oder ablenken sollen und. die ihre technisch gesunde Forrngebung im Kort-Dtisenruder (rnit fester Flosse in der Dtise) zur VerWendung bei Ideineren seegehenden Schiffen gefunden haben [33], sowie
Anord-nungen, die eine Ausnutzung des Schraubenstralds bei
Zweischraubenschiffen ermogliehen sbllen. Das sog.. Suez-Ruder, bestehend au§ kleineren Rtiderfiachen auf beiden Seiten des Hauptruders und mit diesern zusaltimen
beweg-lich, wurde in den zwantiger Jahren eingefiihrt land im
letzten Kriege von sspA auf die VerWendbarkeit auf
U-Booten geprfift. Im Jahre 1949 versuchte Wilson hierffirem Patent_zti erhalten [34]. Eine besondete Gruppe bilden
Mich die Bugruder der Fahren sowie die groBen
ausfahr-baren Rtiderflachen oder Mehrflachenruder" der FluB,. schiffe [35].
Beziiglich der. Steuerorgane, die besonders bei niedrigeh
Geschwindigkeiten wirken sollen, kann man folgende
Hauptarten unterscheiden: Ruder mit Steuerpropeller Ganz drehbare Vortriebschrauben
Bugstrahlpropeller (Bugstrahlruder) irn Tunnel urn Vorschiff
Querschubanlagen an anderer Stelle.
1. Diese Gruppe wird in erster Linie durch das
Aktiv-Ruder von Pleuger reprasentiert [1, 36]. Ein
Prinzipieller Aufbau
ter und wassergeschmierter
Unterwasser-Wechselstrom-motor wird in eine Birne im Balanceruder eingebaut. Mei-stens bildet die Birne eine Verlangerung der davor befind-lichen Propellernabe (Bild 10). Es ist vorteilhaft, das Aktiv-ruder so einzubauen, daB es ca. 90° nach jeder Seite gedreht werden kann, da man sonst nicht dasselbe hohe Verhaltnis zwischen Vortrieb und Querkraft erreicht wie mit dem kon-ventionellen Ruder beim PropellerstoB" (siehe oben). Pleu-gers Aktivruder wurde u. a. in eine groBere Anzahl groBer Motorfrachtschiffe eingebaut, zum Teil in Verbindung mit
Bugstrahlrudern [37]. In diesen Fallen betrugen die
Lei-stungen 500 bis 600 PS, Einheiten bis zu 800 PS werden an-geboten. Nach Angabe der Hersteller betragt der Schrauben-schub beim stillstehenden Schiff ca. 6 Mp, bei einer Anlage von 500 PS mit einem Schraubendurchmesser von 0,9 m. In Tabelle II findet man einige Daten fiber groBere Schiffe mit Aktivruder.
Kiirzlich erhielt eine Werft in Stralsund em n Patent fiir
eine Steuerschraube, die durch einen Tunnel im Ruder
arbeitet, im Nabenwirbel des Hauptpropellers, aber mit ent-gegensetzter Drehrichtung. Der Antrieb erfolgt durch eine mechanische Obertragung durch den Ruderschaft [38].
Wie einleitend angedeutet wurde, wird das Aktivruder oft so bemessen, daB es, als Hilfsmotor, dem Schiff eine
Geschwindigkeit von ca. 4 kn verleiht. Man kann natfirlich auch verlangen, daB em Aktivruder dasselbe Steuermoment ergibt wie eine konventionelle Ruderanlage bei der niedrig-sten kontinuierlichen Geschwindigkeit, resp. groB genug, um die Einflasse von Wind und Strom zu iiberwinden. Diese Fragen werden im letzten Kapitel diskutiert.
2. Ganz drehbare Schrauben lassen sich wahrscheinlich nur bei kleineren Schiffen verwenden, wo man nach dem letzten Kriege sowohl fest gelagerte, senkrechte Antriebs-wellen wie auch hochklappbare Antriebe entsprechend den AuBenbordmotoren einbaute. EM Vorschlag fiir eine dreh-bare Schraubenanordnung mit Tandemschrauben nicht gegenrotierend wird in [39] vorgestellt. Unter den hoch-klappbaren Konstruktionen ware der Schottel Navigator" zu nennen, der u. a. jetzt auf einem kleinen schwedischen Tankboot eingebaut wurde. Der Antriebsmotor von 200 PS ist bei dieser Anlage an Deck aufgestellt, die Schraube kann durch einen Steuermechanismus mit Schraubengetriebe urn 360° gedreht werden. Bei Steuerpropellem dieser Art richtet man sich bei der Berechnung natfirlich in erster Linie nach der Antriebsleistung.
3. Bugstrahlpropeller in einem Tunnel durch das
Vor-schiff gibt es in verschiedenen Ausfahrungen, einige davon
werden von Jastram beschrieben [41]. Die bekanntesten
Konstruktionen gehoren zu den folgenden Gruppen: Umsteuerbare Schrauben mit festen Fltigeln an haupt-sachlich waagerechten Wellen. Pleuger [37] (Unter-wassermotor), Jastram [41] (gegenrotierende Tandem-schrauben mit Winkelantrieb), Schattee [41] (Winkel-antrieb und Jalousie), Knief [41] (Keilriemen(Winkel-antrieb), Oschersleben [41] (die Schraubenflagel werden von
den Ankerspitzen eines Wechselstrommotors gebildet, dessen Stator den Tunnel umschlieSt!), Brown Brothers [42] (Pilgrim", Winkelantrieb, bisher groBte Einheit mit 800 PS), Vickers Armstrong [43T (Winkelantrieb,
siehe 4)
Verstellschrauben auf horizontaler Welle. KaMeWa [14] (Winkelantrieb, hydraulische
Ver-stellung)
Verstellschrauben an vertikaler Welle.
Voith-Schneider [51] normaler Antrieb, evtl. nicht im Tunnel.
Nicht umsteuerbare Schraube an vertikaler Welle.
Gutsche [46] (Direktantrieb, Ansaugoffnung im Soden, drehbare Austrittsoffnung).
Nicht umsteuerbare Schrauben mit festen Flfigeln in drehbarem Gehause.
Neesen [41] (Winkelantrieb, Schraubentunnel je nach Erfordernissen an zwei Kanalen angeschlossen).
Die Typen Jastram, Pilgrim, KaMeWa und Gutsche
wer-den in Bild 11 und 12 gezeigt. Tabelle III enthalt Daten
einiger ausgefiihrter Einbauten.
Allgemein kann man bei einem Strahlpropeller eine
Quer-kraft von ca.
1 Mp/100 PS voraussetzen. Die effektive Steuerwirkung sinkt jedoch bei Vorausfahrt Dieses und andere Probleme sollen im nachsten Kapitel untersuchtwerden.
Es ist nicht bekannt, nach welchen Gesichtspunkten Bug-strahlpropeller berechnet werden. Einige Richtlinien sollen im letzten Kapitel skizziert werden.
4. Querschubanlagen konnen, auBer Bugstrahlrudern, im
Prinzip aus irgendeiner der obigen Konstruktionen
be-stehen, scheinen aber bisher nur doppelte Voith-Schneider-Propeller auf einigen Spezialschiffen zu umfassen sowie die
sehr bemerkenswerte Anlage auf dem Passagierschiff
Oriana". Diese besteht aus vier groBen Traverse Power
Units" (Vickers-Armstrong) [43]. Erst durch eine so radikale MaBnahme kann man die Vorteile der Strahlpropeller voll ausniitzen, namlich komplettes Manoverorgan far die Quer-Irmgard Pleuger Ktisten-frachter Ocean Layer Kabel-leger Falken-stein Fracht-schiff de Nantes Linien-frachter LPP m 84,0 104,6 120,0 127 B m 11,5 15,5 16,0 18,3 T m 4,3 6,60 7,8 Deadweight t 1750 5360 5950 8700 WPS 1500 4650 6250 Geschwindigkeit . . kn 15,4 16 RuderflAche . . . .in*, 6,8 12,5 11,6 10,5 Aktivruder: Motorleistung . . PS 120 400 500 600 Dieselgenerator . PS 600 angegebens T, . . Mp 6 Prop.-Durschmesser m 0,81 0,90 Bemerkung 350 PS Bugstrahl-ruder
1020 HANSA - Schiffahrt - Schiffbau -Hafen 101. Jahrgang -1964 Nr.10
Ocean Layer", 400 PS Ville de Dunkerque", 500 PS BiId 10 Pleuger-Aktiv-Ruder
AAA l ik ilello....iilf,# \ma(k.ja r,,, AII .. i0'. - - - WW-1. 1.77 ,
1
- -
--ki-\ ,\ 45If \ IWAMEMEN( *MT MINIM \ 1 \- 1 h=-ztri'a,,,-,=t.itlliIll. 111('3(MENU UM 1:11 ) ._, Bild 13Vorschlag zur Anordnung eines Strahlrudeis irn Achterschiff
HANSA - Schiffahrt - Schiffbau - Hafen - 101. Jahrgang -1964- Nr.10
Bugstrahlruder, Finbaubeispiele
Prinsesse
Napoleon" ;Skandia" Benedikte" Motorfahre Motorfahre -1Viotorfahre:
Tabelle III . Name Wappen von Hamburg-Tyr. Motorfahre Lp0 in 93,0 99,5 B m 15,0 15,8 4,0 4,8 Deplacement m,
-
-Deadweight t-
1100 WPS 2X4480 2X(2X2000) 2X3300 V, . . . kn 21 18 18Simplex Horn Horn
Flache AR ni, 7,2 9,7 11+12 (Heck+Bug)
Bugstrahlruder Pleuger, Voith-Schneider- Voith-Schneider KaMeWa
Motorleistung . .
..
. PS 2X150 300 400 (300 kW) Abgegebener Querschub To Mp 2X2 - 4,8 4 Querschub Mp/100 . . . PS 1,33 A.T 0,36 0,42 0.40 Bernerkung 1,20 -Bugruder Jastram Pilgrim Sc hrnier61-und Saiiiiikfatttank Schmierbl-Ptirnpe Waa Leifflossi 2X3600 18 Balans 500-PS-Aktiv-ruderxpilmaiirmuliffy
14111111rar
Tunnel IllhallilfalM11111 Pi=BUd 11 mid 12 Bugstrahlruder
Canberra" Pass.:Dampfer '226,0 31a 9,15 2X42 500 27,5 Horn 30,0 Pilgrim 800 8,5 1,06 0,42 Kontroll- Ivorrat u. Sleigunasanieiger el in KaMeWa
versetzung Lind fiir die Drehung bei niedriger Fahrt voraus;
irn letzteren Falle ist ja das Steuerorgan im Achterschiff
weit wirkungsvoller.
Der Einbau eines Strahlpropellers im Achterschiff kann u. U. praktische Schwierigkeiten bereiten, die aber evtl. mit einer aus zwei vertikalen KaMeWa-Propellern bestehenden Anlage, wie in Bild 13, bei Unterbringung im Maschinen-raum bzw. in den Seitentanks zu Risen waren.
Die Witkung des Bugstrahlruders
Die Steuerkraft des Bugstrahlriidets besteht im Prinzip
aus dem Reaktionsvermogeri eines Wasserstrahles. In idealer (zahigkeitsfreier) Stromung ist es gleichgilltig, ob das Strahlentindsttick" Uber oder unter Wasser miindet, Irn
letzten Falle verursachen die Reibungskrafte jedoch eine
spurbate Herabsetzung der effektiven Kraft, was durch die
1021 96,0 (ber.) 103,7 18,5 17,7 4,6 4,50 4060 4650 Neptim" Komb. Kabel-u. Frachtschiff 134,5 8,6 11 206 2X2400 14,5 Balans 20,5 Pleuger 400
Abbremsung des Strahli und durch die Entstehung einer
Sekundarstromung in der umgebenden Fliissigkeit bedingt ist. Diese Verluste nehmen mit der Strahlgeschwindigkeit
zu und k6nnen leicht mit ether Handdusche in der Bade-wanne untersucht werden. Bereits in idealen
Stroinungs-verhaltnissen gilt, daB die Reaktionskraft am groBten wird,
wenn g r o13 e Wassermengen eine ger inge
Beschleuni-gung erfahren. Eine Schraubenpumpe ist daher irn Prinzip geeignet [47], und die einfachste L6sung ist em n in einem Querschiffstunnel irn Vorschiff angeordneter Propeller. Bei
Fahrt voraus durchs Wasser treten jedoch Erscheinungen
1022
Tlis =
Obige Ableitung ergibt also denselben Ausdruck fiir den idealen Wirkungsgrad wie man ihn mit der Antriebstheorie fiir die freie Schraube erhalt, es 1st aber offenbar, daB die
Annaherung filr den Strahlgenerator schlechter ist. Fiir
eine freie Schraube kann man in ether ersten Annaherung die Tangentialgeschwindigkeit vernachlassigen; die Axial-geschwindigkeit denkt man sich beim Durchlauf durch eine Schraube gesteigert, und die Kontinuitatsbedingungen
fiihren zu ether -ebenso in der ersten Annaherung richtigen Strahlkontraktion. Mit Mile von Bernoullis Gesetz,
ange-pant den Stromlinien vor tuad hinter der Schraube, und
mit der Bedingung, daB der Reaktionskraft mit ether
gleichforznigen Drucksteigerung fiber der Propellerscheibeentsprochen wird, kann man nachweisen, daB die halbe
Geschwindigkeitszunalune vor der Schr- aube erhalten wird
(va v)
0
2 Im Falle des Tunnels" miiBte die,Tangential-geschwindigkeit eigentlich schon benutzt werden, um die
Drucksteigerung vor dem Propeller zu erklaren. Die
Rei-bungsverluste verringern in beiden Fallen den Wirkungs-grad. In dieser Beziehung ist der Tunnelpropeller zusatzlich im Nachteil.
Da v--÷0 geht 11-3-0, aber der Strahl erzeugt
dessen-ungeachtet eine Aktionskraft und verlangt Eriergiezufuhr. Wie im vorhergehenden Kapitel kOnnen die Bezeichnungen
der Schraube bei J = 0 ztu Beredmung der Schrauben-leistung verwendet werden, da aber der .Antrieb hier
ge-wohnlich durch einen E-Motor erfolgt, kann man
voraus-setzen, daB die verfiigbare Leistung P bekannt ist, eher
als das Moment, das sich mit verandert.1
2 a n So gilt
T = D4 n2 KT P = 2 a D5. n3 KQ
und nach Elimination von n
T -
(4jr2 Y/3 (P D)2/3KT1
ICQ2/
Das friihere ideale Modell kann als aus einem Propeller ct.trid einem Rohr t;estehend angesehen werder4 letzteres so
lang, daB die
gesamte Veranderung der , Tangential-geschwindigkeit auf dieser Strecke vor sich geht und ftirwelches EM- und Ausstromungseffekte vernachlassigt
wer-den konnena Eine im Prinzip richtigere Anordnung wird
evtl. durch Skizze b in Bild 15 dargestellt. Hier werden die
Druckanderungen auf den (unendlich) groBen
Austritts-NFinkel in der resultierenden Steuerkraft berUcksichtigt.
Reine Versuche mit Tunnelpropellern dieier Art exi-4111. stieren nicht. Die Skizzen c, d und e in Bild 15 zeigen da- C
gegen ausgefiihrte Versuchsanordnungen nach van Manen [49], Pehrsson [44] sowie English und Steele [48], wahrend f
am meisten einer wirklichen Anordnung entspricht und von Helm und Mickel untersucht wurde [56]. f wad in
gewisser Hinsicht auch e erlauben auch eine Untersuchung der Einwirkung der Vorausfahrt des Schiffes9!.
In obiger Formel filr die Druckkraft ist der Quotient
KT/KQ2/3 enthalten, der bei freier Schraube etwa 2,8 bis 3
betragt. In Bild 16 wird der Quotient bei J = 0 fiir Troost
B-4.55-Propeller mit verschiedenen Steigungsverhaltnissen HID gezeigt. Nach dem Vorhergehenden braucht man fur einen im Tunnel arbeitenden Propeller nicht gaiaz dieselbe Kraft zu realisieren, was auch aus van Manens Versuchs-resultaten (gestrichelte Kui-ve) mit denselben Propellern in
einem Zylinder der Lange = D hervorgeht. An Hand
dieser Messungen glaubt man optimal H/D = 0,7 festgestellt
zu haben. (Van Manen untersuchte auch einen
Kaplan-propeller in einem ahnlichen Zylinder [49].) Die Reibungs-kraite zwischen Zylinder und Propellerstrahl wurden nicht gemessen, aber sie verstarken natiirlich die effektive
Steuer-2) Nach Entstehung dieser Arbeit wurden weitere Versuche von
I
English nachgewiesen [58].
HANSA - Schiffahrt- Schiffbau-Hafen --101. Jahrgang -1964 1Ir.10
Blld 14 Bugstrahlruder, schematische Anordnung auf, die wiederum die effektive Steuerkraft herabsetzen. Darilber spater mehr. Fiir die Ausstrahltmg fiber Wasser
sind groBere Driicke erforderlich, die Reaktionskraft wird
also geringer. Solche Anordnungen sind auch aus ganz anderen Griinden wenig praktisch. In Bild 14 wird die
schematische Anordnung eines Bugstrahlpropellers geieigt. (Es ist zu beachten, daB man selten die Moglichkeit hat, den
Tunnel als Dilse zu formen, da der Propellerstrahl in die entgegengesetzte Richtung umsteuerbar sein muB, daher
die Axialgeschwindigkeit des Wassers in der Gesamtlange des Tunnels konstant ist.)
Bei- einer Quersdmittflache A des Wasserstrahles und ether Ausstromgeschwindigkeit Va 1st die ausgestrornte Masse
pro Zeiteinheit Q A va = Q. Wir nehmen an, daB das Schiff
eine Abtriftgeschwindigkeit v (relativ zurn umgebenden Wasser) in entgegengesetzter Richtung hat. Dern Wasser
wurde im Tunnel (in der Pumpe) eine gewisse
Bewegungs-energie verliehen, die im Strahl verloren geht. Wenn wir
von den Tangentialgeschwindigkeiten absehen, 1st der pro Zeiteinheit verlorene Effekt
(va v)2
Pr = e Q
2(Dieser Effekt kann in eine Aktionskraft" umgesetzt wer-den, wenn der Strahl em n anderes Fahrzeug trifft, welches
dadurch fortgestoBen wird, dagegen kann die genannte
Kraft nicht von dem erzeugenden Schiff angewendet
werden, urn sich gegen einen festen Gegenstand abz-u7
stiitzen" im Gegenteil fiihrt die Nahe einer Kaimauer
o. a. zu einer Herabsetzung der Wirkung des
Bugstrahl-ruders [48].)
Nach dem Impulssatz ist die nutzbare Reaktionskraft T = o Q (va v)
die Steuerwirkung ist
Ps=T-v=eQ(vav)v
Der ideale Strahlwirkungsgrad ist demnach
Q Q (va v) v 2v
Q Q (va v) V,-2 V v va v
EM hoher. Wirkungsgrad wird durch eine geringe
-Bild15 Bugstrahlruder, Prinzip- und Verstchsanordnungen
173ci 2
2.
a
Bild16 Quotient beiJ = 0
Modellversuche rnit freien Propellern sowie mit Propellern in Zylindern oder Steventunneln
kraft. Eine weitere Zimahme ist die Folge der DruckVertei-lung iiber die Beplattung in der Nahe von Tunnel-Em= und -Austritt, em n VerhaltniS, das durch die Ergebnisse einer Untersuc.hung von KaMeWa irn Diagramm erlautert wird-.
Auf der Eintrittsseite veruksaoht die beschleunigte Stro,
mting em n ortlicheS Unterdruckgebiet. Ein solches karm auch auf der Austrittseite durch die Ejektorwirkung entstehen. Die Auswirkungen der Druckverteilung sind gegen die Aus-formung der Tunnelenden empfindlich und auBerdem sehr
von der Geschwindigkeit des Schiffes durch das Wasser
I abhangig.
HANSA- Schiffahrt - Schiffbau - Hai en 101. Jahrgang - 1964 Dir. 10
Beim Stilliegen oder bei sehr geringer Fahrt voraus kann
man normalerweise mit dern Erreichen einer effektiven Steuerkraft rechnen, ihre annahernde Bestimmung gibt
p
)2/3T = 1,5 D
100
T, P, und D sind in Mp (Tonnen), PS und m ausgedriickt. Der Schraubendurchmesser muB allgemeih aus konstruk-tiven Griinden klein gehalten werden, und der Ztzsammen-hang von Motorleistung und Schraubendurchrnesser wird auch von der Wirkungsgradcharakteristik des Motors be-' stimmt. Es zeigt sich, daB man irn groBen und ganzen 1 1VIp
pro 100 PS erhalt. (Vgl. auch Tab. III.)
Wenn sith das Schiff vorausbewegt, andern sich die Stro-mungen am Vorschiff und Propellertunnel. Der natiirliche Parameter hierfiir scheint der Quotient zu sein. Durch
vs
Druckmessungen an der Schiffswand an der Austrittseite [48] bei einer Anordming wie in Skizze e (Bild 15) hat man
em n ausgepragtes Unterdruckgebiet in Lee" des Strahls
feststellen konnen, welche die mit zunehmender Geschwin-digkeit abnehmende Strahlreaktion erklarte. (Vgl. die obere. Kurve in Bild 17, aus [48].) Wiinscht man auch bei Vor-wartsfahrt eine gute Wirkung, dannnniiB.alsovsgroB sein und der Strahldurchmesser klein was jedoc.h dem friihe-ren Wunsch nach geringer Beschleunigung .einer groBen Masse widerspricht. 1.5 1,7 1.6 1,5 1.4 1,3 1,2 1,1 1p
Bild 17 Saugwirkung, erzeugt durch Wechselwirkung zw. Strahl
und freiem Strom
2 211_211 0.5 0.2 0.1 Q0 061
Bild 18 Effektive Ruderleistung eines Bugstrahlruders bei Fahrt voraus Baggerfahrzeug von 104 m Lpp
(umgerechnet von Modellversuch in [50
1023 _ .) /' I I 1 5) 1 ( 1 V 11 1 ,