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Academic year: 2021

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Stanisław Celestyn Napiórkowski

Wahrheit und Kirche

Collectanea Theologica 58/Fasciculus specialis, 21-28

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C o lle c ta n e a T h e o lo g ic a 58 (1988) fa sc. sp e c ia lis

S T A N IS Ł A W CELESTYN N A PIÓ R K O W SK I O FM C on v., LUBLIN

WAHRHEIT UND KIRCHE

Die A rb eitsg em ein sch aft c h ristlich er K irch en im K anton Bern ste h t v o r ein em Problem , das dem ö k u m e n ism u s h in g eg e b e n e n M en sch en u n e rh ö rt oft begegnet*. Allzu oft u n d leic h t w ird ihn en die „A ufw eichung" d er e ig e n e n Id en titä t vorgew o rfen ; sie w e rd e n des V e rra ts der e ig e n e n Id e n titä t zu g un sten des ö k u m e n ism u s a n g e ­ klagt, u nd m an sp rich t sogar v o n e in e r A ltern a tiv e ; „ e n tw ed e r k o n ­ fessio n elle Id en titä t oder ö k u m en ism u s". N ach dem V atican u m II w ird das Problem im allg em ein en n ich t so d ra stisc h geseh en, um das Konzil m it seinem ö k u m e n ism u s n ich t in F rag e zu stellen, ab e r die U nruh e bleib t und kom m t selb st in ö k um enisch en K reisen zu W ort. H ier nim m t sie ein e ab g e sc h w äc h te Form an: Da u n se re K irche die w ah rh aftig e ist, da w ir im Besitz d er W a h rh e it sind, k ö n n e n w ir d iese W a h rh e it n ich t zu g u n sten d er ö k u m en ischen A n n ä h e ru n g v e r­ raten , d a h e r m uss d e r ö k u m en ism u s d arau f b eru hen , dass die a n d e ­ ren zu uns kom m en; u n se re Rolle b e ste h t darin, den a n d e re n u n sere W a h rh e it nah ezu b rin g en , d am it w ir u ns in u n se re r W a h rh e it, in u n se re r w a h re n K irche treffen k önnen. Ich bin üb erzeugt, d ass e in solches D enken v iele K irchen e rfü llt (nicht n u r die k ath o lisch e K irche), auch w en n die S tan d p u n k te n u r ä u sse rst selten auf so d rastisc h e W eise fo rm u liert w erden. D eshalb m uss das T hem a „W ah rh e it und K irche" auf die Liste d e r fu n d am en talen ök um eni­ schen T hem en g esetzt w erden.

1. Besitzer der W ahrheit oder Pilger zur Wahrheit?

Ein offenherziger ö k u m en ischer D ialog ist un m öglich fü r ein en C hristen, der n ach dem e in fa ch e n Schem a d enkt; „M eine K irche ist die w ah rh aftig e — die a n d e re n K irchen sind falsch e" oder „W ir besitzen die ganze W a h rh e it — die an d e re n sind arm e O pfer des Irrtum s".

W en n obige T h esen so v e rsta n d e n w erden , dass alles, w as u n ­ se re K irche leh rt, w ah r ist, dass das, w as sie leh rt, d ie ganze W a h r­ h eit ist, dass die von ih r v e rk ü n d e te Lehre k e in e rle i K o rrek tu ren bedarf, dass sie, a n d e re b ereich ern d , selbst k e in e r B ereicherun g b e ­ darf, dass sie, an d e re v erb e sse rn d , selbst k e in e r Z ü chtig un g bedarf,

' D er h ier a b g e d r u c k te T e x t w u rd e im N o v e m b e r 1985 in B ern w ä h ren d des s c h w e iz e r is c h -p o ln isc h e n S y m p o siu m s v o r g etr a g en , das v o n der A r b e itsg e m e in ­ sch a ft C h ristlich er K irch en im K a n to n Bern o rg a n isiert w u rd e.

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22 S. C. N A P IÓ R K O W S K I O F M C o n v .

d a ss u n se re th eo lo g isc h e n F orm u lieru n g en , d ie d o g m atisch en nicht ausgeschlossen, das g anze G eheim nis zum A u sd ru ck brin gen , von dem in ih n en die Rede ist, u n d das sie auf ersc h ö p fen d e und völlig a d ä q u ate W e ise die G eheim nisse d es G laubens a u ssp re c h en — dann ist u n te r so lch en V o ra u sse tz u n g en ein offenherziger und au th e n tisc h e r D ialog unm öglich. E ntw ed er m uss auf ihn v e rz ich te t w erden, o d er ab e r w ird e r u n eh rlich w e ite rg efü h rt. Es bleib t d an n lediglich die P e rsp e k tiv e e in e r B egegnung d es „reich en B esitzers der ganzen W a h rh e it" m it dem „ b e d a u e rn sw e rte n O pfer des Irrtum s", analog zur B egegnung des g e re c h te n Sohns m it dem v e rlo re n e n Sohn. A n die A d resse se lb stsic h e re r B esitzer d e r gan zen W a h rh e it schrieb u n se r Professor für D ogm atische T heologie, d er R ekto r der K atholischen U n iv e rsitä t Lublin, W in c e n ty G ranat: „Es m uss zu g e­ geben w erd en , d ass v iele C h risten D inge v e rg e sse n haben, die klar zu sein scheinen: d ass nur G ott d ie ganze W a h rh e it k e n n t u nd der m enschliche V e rsta n d selb st n ach d er O ffen b arun g n u r F rag m en te d er W irk lic h k e it e rk e n n t, und d iese a u ch n u r auf unvollkom m ene W eise; d ah er die Schlussfolgerung, d ass die U n te rsc h ied e in d er Erfassung d e r relig iö se n W a h rh e it von d er A rt ih res A u sg e d rü ck t­ w erd en s h erk o m m en k ö n n en , w elch e im G eiste des W o hlw ollen s ü b e rw u n d e n w e rd e n können; auf d iese W e ise k om m t es zur A n n ä ­ herung..." (Dogmatyka katolicka, S y n te za , Lublin 1964, S. 477).

W e n n tro tz alled em irg e n d e in e K irche u n b e d in g t d aran festhal- te n will, sie sei „im Besitz d e r gan zen W a h rh e it", d an n m öge sie d ie ­ sen „Besitz" v o rsich tig , au fm erksam und d em ü tig in te rp re tie re n , d a ­ m it sie nich t die W o rte C hristi vom P h a risä e r betreffen, d e r nicht „w ie die a n d e re n L eute" ist. K eine ch ristlic h e K irche h a t ih ren W eg b e re its b een d et, so n d ern jed e bleib t im Z u stand des Pilger ns zur F ülle u n d v e rw irk lic h t in sich n u r teilw eise d as R eich G ottes, das ja ein Reich d e r W a h rh e it ist. Die W a h rh e it b esitzend, h ö rt die K irche n ich t auf, n ach ih r zu streb en . U b er die H eilsm ittel zu verfügen, selbst ü b e r ih re Fülle, ist zug leich h e ilig u n d sündig. Den se lb st­ sich eren „B esitzern d e r ganzen W a h rh e it", falls solche ex istieren , b leib t n u r noch die Rolle des B elehrenden, n ich t die des Schülers, und die M ög lich keit des B eschenkens m itsam t d e r U nm öglichkeit, selbst b e re ic h e rt zu w erden. M it d en K irch en u n d d er W a h rh e it v e rh ä lt es sich n a c h ein e m V erg leich d e s k ü rzlich v e rsto rb e n e n R ektors d er C h ristlich en T heolo g isch en A k adem ie in W arsch au , Prof. W o ld em ar G astp ary , w ie m it d en W a g g o n s u n d d er Lokom o­ tive: die K irch en folgen d e r W a h rh e it w ie die W ag g o n s d er Loko­ m otive, sind ab e r selb st n ich t die W a h rh e it, so w ie die W ag go ns nicht die Lokom otive sind. (Pastor G a stp ary w ie d e rh o lte einen V e r­ gleich seines P ro fesso rs K arl Serini w ä h re n d d e r D iskussion ü b e r die T aufe auf dem T reffen d e r U n terkom m ission für d en D ialog der rö m isch -k ath o lisch en K irche in P olen u n d d em P oln isch en ö k u m e ­ n isch en R at vom 20. M ärz 1980).

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W A H R H E IT U N D KIRCHE 23

2. Der dynam ische Charakter der W ahrheit der Kirche

J e d e sich für die w a h rh a fte K irche C hristi h a lte n d e K irche m uss eine b e trä ch tlic h e B erichtigu n g ak zep tieren , w elch e lau te t: „Die K irche k a n n n u r im d y n am isch en S inne w a h rh a ftig e K irche sein". Das b ed eu tet, dass die K irche h eilig ist u n d tro tzd em sündigt, dass sie eine ist und doch zu r E inheit streb t, d ass sie u n iv e rse ll ist und sich doch u n iv e rsa lisie re n m öchte, d ass sie ap o sto lisch ist und doch zu d en ap o sto lisch en Q u e lle n z u rü c k k e h ren m uss, d ass sie die F ülle d e r W a h rh e it b esitzt u nd tro tzd em stän d ig n ach d e r F ü lle der W a h rh e it strebt, d a ss sie die F ü lle d es G uten in sich h a t u n d doch n ich t aufhört, um d a s G ute zu b eten , dass sie d ie F ülle d e r H eilsm it­ te l e rh a lte n h at und d iese d u rch die Ja h rh u n d e rte im m er b e sse r e r ­ k e n n t und d e r M en sch h eit dam it im m er b e sse r dient. D ie le h re n d e K irche le rn t ständig, die g e b e n d e b rau c h t selbst G aben, die h e ilig e n ­ de ru ft den h eilig e n d e n G eist an; die das W o rt G ottes v e rk ü n d e n d e K irche m uss dieses W o rt selb st hö ren , d ie k o rrig ie re n d e v e rla n g t nach K o rrektu ren , d ie re in e v e rla n g t n a c h R ein igu ng und die züch­ tig end e v e rd ie n t selb st g ezü ch tig t zu w erden.

N u r ein dy n am isch es V e rstä n d n is d er „ W ah rh a ftig k e it" (bzw. der W ahrheit) d er K irche v e rd ie n t, als ö kum enisches, ja ganz e in ­ fach als rich tig es V e rstä n d n is b ezeich n et zu w erd en . Ein statisch es V e rstä n d n is fü h rt n o tw e n d ig e rw e ise zum K o n serv atism u s u n d ver- schliesst der K irche d e n W e g zu ein em a u th e n tisc h e n Dialog. Als einzigen W eg zur V e re in ig u n g lä sst e s die K o n v ersio n gelten, n a ­ tü rlic h „nach H au se" zu u n s e re r w a h re n Kirche.

3. Die Schädlichkeit des traditionellen Schemas von der wahren Kirche

In d er ap o lo g etisch en L ite ratu r w ird fo lg en des A rg u m en ta tio n s­ schem a w ie ein R efrain w ied erh o lt:

„Es gibt n u r ein e W a h rh e it. E n tw ed er e tw a s ist w a h r od er nicht. Entw eder sch ein t je tz t h ie r die Sonne, oder sie sc h ein t nicht. D aher ka n n es nicht zw ei (oder m ehr) w a h re K irch en C hristi geben. Es kan n nu r e in e w a h re K irche geben. W a h re K irch en k ö n n e n k ein e an d e re n K irch en als die u n se re sein, da ih n en d ies o d er d a s fehlt (bzw.: da sie d iese n o d er je n e n F eh ler bei d e r In te rp re ta tio n des E vangelium s m achen )” . D ieses v e re in fa c h te Schem a ist e in fa ch nich t totzuk rieg en. W en n es in d er E kklesiologie allm äh lich a u sstirb t, so h at es k e in e Lust, in d e n p o p u lä re n S chriften u n d im w e itv e rb re ite ­ ten P rio ritä tsd e n k e n h in sic h tlic h d er e ig e n e n K irche a u ch zu s te r­ ben. Der K atholik stellt die W a h rh a ftig k eit d e r p ro te sta n tisc h e n K ir­ chen in F rage, indem e r auf ih re M ängel v e rw e ist, d er P ro te sta n t u n te rstre ic h t die M issb rau ch e in d e r rö m isch -k ath o lisch en Kirche,

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24 S. C . N A P IÓ R K O W S K I O F M C jn v .

die ih re W a h rh a ftig k e it in F ra g e stellen. Der O rth o d o x e bem erkt, dass im K atholizism us u n d P ro te stan tism u s d iese u nd je n e E lem ente der T rad itio n fehlen, d e r P ro te sta n t u nd d e r K ath o lik k o n sta tie re n den K o n serv atism u s d er O rth o d o x ie usw.

M it e in e r so lch en T ech nik des V e rstä n d n isse s ist e s e in leich tes zu bew eisen , d ass k e in e K irche die w ah re ist. Und w en n noch dazu ein G leich h eitszeich en zw isch en d er „w a h ren K irch e” und d e r „a u th e n tisc h en K irche C h risti" g e setz t w ird (schliesslich k a n n k ein e n ich t w a h rh a ftig e K irche die a u th e n tisc h e K irche C hristi sein), dan n w ird m ühelos b ew iesen, d ass k e in e K irche die a u th e n tisc h e K irche ist. D er Bew eis d e r W a h rh a ftig k eit d e r e ig e n e n K irche n ach dem Prinzip, dass e s n u r e in e W a h rh e it gibt, e n th ä lt ein e grosse G efahr, wie die E rfah ru ng d e r J a h rh u n d e rte g ezeigt h at. Er ist ganz einfach unrichtig, sch äd lich und antiökum enisch.

Es ist w ahr, d ass e s n u r e in e W a h rh e it gibt. W a h r ist a b e r auch, d ass die K irche k e in e log isch e W a h rh e it ist n o ch ein ric h tig e r oder falscher Satz, in dem d as P rä d ik a t zum S u b je k t g e h ö rt o d er nich t gehört. Die K irch en sind e in e u n e rh ö rt ko m p lex e, gesch ich tete, reich e W irk lich k eit. Sie e n th a lte n e in e n g ro sse n V o rra t an Ü b er­ zeugungen, G la u b e n sin h a lte n und D oktrinen. A uch e n th a lte n sie das kom plexe P roblem d e r H a ltu n g e n (der M oralprinzipien, e in e ganz bestim m te G eistigkeit, T raditio nen ). In d er S ch ich t d e r Ü b e rzeu g u n ­ gen m üssen die G lau b en sartik el, die In te rp re ta tio n e n d er G lau b en s­ artikel, die an g en o m m en en M ein u n g en u n d die d e r D iskussion u n te r ­ liegenden A u ssag en u n tersc h ie d e n w erden. A u ch m uss d ie auf dem G ebiet d e r Ü b e rzeu g u n g en a u ftre te n d e E ntw icklung b e a c h te t w e r ­ den. Ä h n lich ist e s auf dem G ebiet d e r H altu n g en : e s gibt d en D e­ kalog, es gibt die k la re n e v a n g e lisc h e n H inw eise, es gibt k irch lich e In te rp re ta tio n e n , die e in e n sind prinzip iell u n d feststeh en d , an d e re d ag eg en a u sd rü ck lich h isto risc h u n d v e rä n d e rlich . Sow ohl in der S chicht d e r Ü b erzeu g u n g en als au ch in d e r H a ltu n g e n h a t C hristu s bestim m te D inge festg eleg t, a n d e re h a b e n M en sch en au fgestellt, und no ch a n d e re la sse n Zw eifel übrig, ob sie v o n C hristus, von sein en A p o steln o d er v o n sein en sp äteren , m ehr od er w en ig er b e ­ g ab te n E xegeten stam m en.

W e n n w ir d ie W irk lic h k e it d e r K irchen auf diese W eise v e r ­ ste h e n (und so m üssen w ir sie versteh en!), w as h a t d a n n das Schem a „w ahre K irche — falsch e K irche" oder „au th e n tisc h e K irche C hristi — n ic h ta u th e n tisc h e K irch en " zu b ed eu ten ? Es ist doch nich t m ög­ lich, die T h ese zu v erte id ig e n , d a ss e s w e n ig ste n s ein e K irche gibt, in der alles a u th e n tisc h ch ristlich, v o n C h ristu s und im E inklang m it seinem W illen ist. In jed e r K irche sind a u th e n tisc h n ich tc h ristlic h e E lem ente v e rb o rg e n , die n ich t v on C h ristus stam m en u n d ganz und gar n ich t seinem W ille n en tsp re ch e n , also a n tic h ristlic h sind.

D eshalb m uss u n te r an d erem d e r G edan k e e in e r H ierarch ie der W a h rh e ite n e in g e fü h rt w erden.

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W A H R H E IT U N D K IRCHE 25

4, Die Hierarchie der W ahrheiten und ihre Rolle in der G ewissensprüfung der Kirche heute

Im Lichte des o bigen V e rstä n d n isse s der W a h rh e it u nd A u th e n ­ tiz itä t d er K irche m uss g e sag t w erden, dass jed e K irche vo r dem E vangelium ste h t w ie v o r ein e m T ribunal. A usn ahm slos jed e K irche m uss näm lich die n ich t e n d e n d e A b rechn u n g v o r ih rem H e rrn v o ll­ ziehen, inw iew eit sie ch ristlich u n d in w iew eit sie a n tic h ristlic h ist, inw iew eit w a h rh a ftig und in w iew eit v erfälsch t, in w iew eit a u th e n ­ tisch und in w iew eit n ich tau th en tisch , in w iew eit sie dem W illen ih res G rü n d ers e n tsp ric h t un d in w iew eit sie das P ro d u k t w e ltlic h e r D ynam ism en d e r G esch ich te od er g ar k lein e r m en sch lich er M an ip u ­ latio n en ist.

W en n die K irchen e in a n d e r begegnen, um die K irche C hristi zu e rrich te n , d ie m eh r d ie eine, m ehr ökum enisch und d e u tlic h e r die K irche C hristi ist, d a n n m üssen sie d a n ach fragen, w as a u f ihrem W eg w esen tlich und w as p e rip h er ist, sow ohl in ih re n in n e r­ k irc h lic h e n als au ch in ih re n zw isch en k irch lich en A b rechnungen. D ieses B ew usstsein d e r K irchen im Z ustand d er A b rech n u n g findet u n tersc h ie d lic h e A usdrucksform en.

Die K irch e n v ä te r u n tersc h ie d e n in d er ch ristlic h e n D oktrin zw i­ schen w esen tlich en u n d u n w e se n tlich e n W a h rh e ite n . W e r die w e ­ sen tlich e W a h rh e it n eg ierte, w u rd e als H ä re tik e r an g eseh en . W er ein e u n w esen tlich e W a h rh e it ab leh n te, w u rd e n ich t als H ä re tik e r bzw. A u sg esch lo ssen er b e tra ch te t, so n d e rn nur als e in im G lauben Irrender.

Das M ittela lte r v e rg a ss d iese U n tersch eid u n g nich t völlig, v e r­ d u n k e lte sie ab e r b eträ ch tlic h , b eso n d ers in d er P rax is des k irc h li­ chen Lebens und d e r Fröm m igkeit.

Die R eform ation w ar e in d ram a tisch e r Ruf n a c h dem W e se n d es E vangelium s und den ihm g e b ü h re n d e n Platz im Leben der K irche. Es ist das u n b e stre itb a re u n d b leib en d e V e rd ie n st d e r R eform ation, dass sie n ach C hristus v e rla n g te , der einzigen, leb en d ig en W a h rh e it d e s Evangelium s. Das d äm m rige G estrü pp v e rsc h ie d e n e r „ W ah r­ h eiten" w o llte sie geg en e in e k lare, lebendige, e rlö se n d e W a h rh e it ein tau sch en . O h n e ü b e r e in e H ie ra rc h ie d er W a h rh e ite n zu th eo re- tisieren, a rb e ite te sie für die z e n trale W a h rh e it, die W a h rh e it a lle r W ah rh eiten , für C hristus. Die zeitg en ö ssisch en S tud ien zur R efor­ m ation, die in hohem G rade vom G eist d er Polem ik b efreit sind, fügen jed o ch die tra u rig e W a h rh e it hinzu: ,,In ihrem g ew altsam en S tre b e n v o n d en E xtrem en und R an d w ah rh e ite n zum Z entrum hin blieb die R eform ation jed o c h n ich t bei d ieser M itte stehen, sond ern ran n te ins a n d e re E xtrem und feg te v o n d er B ühne des C h risten tu m s viele w ertvo lle, w en n a u ch n ich t w e sen tlich e Dinge. M ittels e in e r H erzop eratio n heilend, b e sch n itt sie ohne zw in gen den G rund v ie le O rgane, d ie zur G anzheit und F ülle d es k irch lich en O rg anism u s g e ­

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26 S. C . N A P IÓ R K O W S K I O F M C o n v .

hörten. Sie v e rb a n n te d en G eb rau ch w eg en d es M issbrauchs: usum

propter abusum. Der die K irche rein ig en d e B esen d e r R eform ation

fegte u nd v e rw ü ste te , e n ts ta u b te u nd m achte zug leich arm ".

Das tra d itio n e lle C h riste n tum d e r R eform ationszeit sc h ü tte te G räb en auf, v o n d e n e n aus es zu v iele D inge zu v e rte id ig e n v e r ­ suchte. Es v e rte id ig te au ch das, w as d er V e rte id ig u n g nich t w e rt war. W e n n e s sich auf die Ü b e rsch re itu n g d e r G renzen d u rch d en refo rm ato risch en P ro te st berief, d a n n ü b e rsc h ritt e s in sein em k o n ­ se rv a tiv e n P ro te st selb st die G renzen. Es v e rte id ig te die P erip h e rie n als das Z entrum u nd d e u tlic h e M issb rauch e als w ich tig e P eriph erien, die zur G anzheit g eh ö rten . Der G rab en v e rtie fte sich, und h e u te ste h e n w ir im m er noch v o r diesem A b g ru n d u n d fragen, w om it w ir ihn z u sch ü tten o der w o rau s w ir e in e Brücke b a u e n kö n n ten .

— M itte des E vangelium s — a n tw o rte n die P ro te stan te n . Dies ist der e n ts p re c h e n d e Baustoff für die ö k um enisch e Brücke.

— H ie ra rc h ie d e r W a h rh e ite n — su g g e rie rt das II. V atik an isch e Konzil den K atholiken.

Sow ohl die e in z e ln e n T h eo lo gen als a u ch zw isch en kirchliche G ru pp en fü r den ö k u m en isch en D ialog g reifen d a s T hem a der M itte des E vangelium s als H offnung ein er ra d ik a le n A n n ä h e ru n g auf. Die k a th o lisc h -lu th e risch e K om m ission ste llte gleich zu Beginn ih rer A rb eit die F ra g e n a c h d e r M itte d e s E vangelium s sow ie d e r H ie r­ a rc h ie die W a h rh e ite n . Im Bericht aus M alta w u rd e als M itte des

E vangelium s ,,das e sch a to lo g isch e H eils w irk en G o ttes (bezeichnet), das in d er K reuzigung u nd A u fersteh u n g J e s u zum A usdruck kom m t":

„Das Bem ühen um d ie e in e b leib e n d e W a h rh e it in d e r M an n ig ­ faltig keit der Ü b e rlie fe ru n g en fü h rt zur F ra g e n ach dem F u ndam ent und d e r M itte des E vangelium s, d em g e g e n ü b e r sich die V ie lfä ltig ­ keit k irc h lic h e r G lau b en szeu g n isse in v e rsc h ie d e n e n g esch ich tlich en S itu atio n en als B ezeugung u n d E ntfaltu n g b e g re ife n lassen. Dieses F u ndam en t u n d diese M itte k a n n freilich n ich t in ein e th eo lo g isch e Form el e in g e fan g e n w erd en ; es b e ste h t v ielm e h r in dem e s c h a to lo ­ gischen H eilsh a n d e ln G o ttes in K reuz u n d A u fe rste h u n g Jesu , das alle V e rk ü n d ig u n g e x p liz ie re n w ill" (Nr. 24).

Das II. V a tik a n isch e K onzil gab den K ath o lik en grü n es Licht in d e rse lb en D enkrichtung. Es s te llte fest, d ass e s ein ordo seu

,,hierarchia" v e rita tu m doctrinae catholicae gibt, d.h. dass in d er k a ­

th o lisch en D oktrin die W a h rh e ite n e in a n d e r n ich t g leich w ertig sind, w as ih re B ed eu tsam k eit betrifft. Das Konzil lie fe rte auch e in K ri­ terium für die E rrich tu n g ih re r „O rd nu n g " u n d „H ierarch ie". Als K riterium w u rd e d e r Z usam m en h an g d e r ein z e ln e n W a h rh e ite n m it dem F u n d am en t d es c h ristlic h e n G laubens a n e rk a n n t:

„Beim V e rg le ich d e r L ehren m itein a n d e r soll m an nicht v e r ­ gessen, d ass es e in e R ang o rd n u n g o d er «H ierarchie» d e r W a h rh e ite n in n erh a lb d e r k a th o lisc h e n L ehre gibt, je n a c h d e r v e rsc h ied e n e n

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W A H R H E IT U ND K IRCHE 27

A rt ihres Z u sam m enhangs m it dem F u n dam en t des ch ristlich en G laubens. So w ird d e r W eg b e re ite t w erden, auf dem alle in diesem b rü d erlic h e n W e ttb e w e rb zur tie fere n E rk enn tn is un d d eu tlich eren D arstellung d e r u n erfo rsch lich en R eichtüm er C h risti a n g e re g t w e r­ den" {Dekret über d e n ö k u m en ism u s, N r. 11).

M it S ich erh eit sch liessen die W o rte des K onzils ü b e r die H ie r­ a rch ie d er W a h rh e ite n die ökum en isch e R eflexion zu d iesem Them a nicht ab, so n d ern öffnen ih r n e u e Türen. Die im u n m itte lb are n Zu­ sam m enhang m it dem F u n d am en t des G laubens s te h e n d e n W a h r­ h e ite n sow ie die lo ck e rer dam it v e rb u n d e n e n m üssen deutlich b e n a n n t und g e o rd n e t w erd en ; v o r allem m uss e n ts c h ie d e n w erden, ob für die in n erk irc h lic h e E inheit e in G ru n d k onsen s h in sich tlich a lle r W a h rh e ite n n o tw en d ig ist oder n u r h in sic h tlic h d erer, die den F u n d am en ten am n ä c h ste n liegen. W as die v o n d en F u n d am en ten e n tfe rn te n W a h rh e ite n betrifft, so ist k ein esfalls sicher, dass ein v o llstän d ig e r K onsens der K irch en h ier d as h ö c h ste G ut der C h ri­ ste n h e it b ed eu tet. V ielleich t w ü rd e ein P luralism us hier grö sseren R eichtum bringen? U nd v ielle ic h t ist das v o n d en L u th e ra n e rn v o r­ gesch lag en e M odell d e r „E inheit in v e rs ö h n te r V ersch ie d e n h eit" tatsäch lich e in e g lü ck lich ere V a ria n te als ein v ö llig er K onsens bzw. völlige Id en titä t h in sich tlich d e r In te rp re ta tio n e n selbst p e rip h e re r W ahrheiten?

W en n die p ro te sta n tisc h e n K irchen von d e r M itte d es E vang e­ lium s sp rechen, d an n sch ein en sie in b e trä ch tlic h e m M asse den R eichtum d es E vangelium s z u g u n sten des W e se n tlic h e n zu v e rn a c h ­ lässigen. O bw ohl die k a th o lisc h e K irche v o n d er H ie ra rc h ie d er W a h rh e ite n spricht, fü g t sie d en n o c h hinzu, d ass alle W a h rh e ite n im G lauben angeno m m en w e rd e n m üssen; sie sch ein t die M itte des Evangelium s e tw a s z u g u n sten des R eichtum s d es E vangelium s zu v ern ach lässig en . So w ie w ir in T eilh ard de C h ardin s Sicht d er W elt K onzentration und D ekonzen tratio n, Z usam m enfassung u nd E ntfal­ tu n g haben, so k ö n n e n w ir au ch im C h risten tu m zw ei T endenzen b eo b ach ten : Z u sam m enfassung n a c h innen, K o n zen tratio n und Be­ w eg u n g zum Z en trum (Protestantism us) sow ie E n tfaltun g v o n inn en heraus, D ek o n zen tratio n und B ew egung vom Z entrum w eg (K atho­ lizism us). Die E ntw icklung des K osm os b ed arf b e id e r D ynam ism en. Die E ntw icklung d es C h risten tu m s zieht v ie lle ic h t aus b eid e n T e n ­ d en zen N utzen. M ögen also die P ro te sta n te n d e n K ern d es E van ge­ lium s h üten, und m ögen die K atho lik en d e sse n u n au sschö pflich en R eichtum en th ü lle n . M ögen die P ro te sta n te n zugleich an die K ath o ­ lik en ap p ellieren , d am it d ie se k e in e V e rd u n k lu n g d e r M itte risk ie ­ ren, u n d m ögen die K ath o lik en d en P ro te sta n te n in E rinnerung rufen, dass d e r R eichtum des E vangelium s n ich t allein in sein er „M itte" abg esch lo ssen e n th a lte n ist. Die K ath o lik en h a b e n ab und zu Lust, ih re p ro te sta n tisc h e n B rüder zu fra g e n (das m öge ihnen v e rz ieh e n w erden), ob d ie p ro te sta n tisc h e M itte des E vangelium s

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28 S. С . N A P IÓ R K O W S K I O F M C o n v .

nicht m anchm al ein fach in e in e r an tik ath o lisch en , an tirö m isch en bzw. a n tip ä p stlic h e n H a ltu n g b esteh t. Es m uss — w ie e s sich e rw e ist — ein e „ob jek tiv e H ie ra rc h ie d e r W a h rh e ite n '' sow ie ein e „H ier­ arch ie der W a h rh e ite n im p ra k tisc h e n Leben d e r K irchen" e in ­ g efü h rt w erden.

Euer sch w eizerisch er T heologe H ans Urs v o n B althasar, zw ei­ fellos e in h e rv o rra g e n d e r K en n er d er S ach e,,sch rieb e in Buch u n te r dem T itel Die W a h rhe it ist sy m p h o n isc h (Einsiedeln 1972). Das O hr des ö k u m e n is te n h ö rt w ie e in e w u n d e rb a re S ym phonie die T hesen v o n der sy m p h onisch en W a h rh e it d e r K irchen. Der ö k u m e n is t a r ­ b e ite t ja für die Fülle, für die Ü b erw in d u ng d er k o n fessio n ellen Ein­ en g u n g en , dam it d iese E inseitig k eit d u rch V ie lse itig k eit ü b e rw u n ­ d e n w ird; die unisono sin g en d en e in z e ln e n K irchen lä d t e r zu e in e r g ro ssen P o ly p h o n ie ein, in der jed e Stim m e zählt, a b er v ollen A u s­ d ru c k u nd W e rt e rs t im ö k u m en isch en C hor gew inn t. M öge d a ra n je d e r denken, der das Them a d er W a h rh e it se in e r K irche aufgreift.

Cytaty

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