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Der Einfluss des Krieges und der Grenzveranderungen auf den Stand der Industrie in Polen

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A R G U M EN TA OECONOM ICA No 1(7)-1999 P L ISSN 1233-5835

Jędrzej Chumiński*

DER EINFLUß DES KRIEGES

UND DER GRENZVERÄNDERUNGEN AUF DEN STAND

DER INDUSTRIE IN POLEN

[THE INFLUENCE OF W A R A N D THE CHANGE O F FRO N TIERS ON THE C O N D IT IO N O F POLISH INDUSTRY]

W ar and the territorial changes being its result radically changed the econom ical situation o f Poland. D espite the war destruction and post-war devastation (caused mainly by Red Army). Poland took over great industrial possessions. The fundam ental change in econom ic structure took place. In 1946 the share o f industry, craft and serv ices in gross national incom e in com parison with 1938 increased by 9,4% (from 61% to 70,4% ). U tilization o f rescued possessions depended m ainly on the creation o f rational econom ic system. T his chance w as to the great extent dissipated. This was m ainly b ccau se o f processes o f centralization and bureaucratization of econom y management, w hich arose ju st after war and increased in tim e, as well as lim itation and next, liquidation o f p riv ate sector and preference for sectors producing means o f production.

1. E IN F Ü H R U N G

K rieg, O kkupation und die B eschlüsse der G ro ß m äch te über die territo ria le n V erschiebungen am Ende des 2. W e ltk rie g es (von Jalta und Potsdam ) bew irkten tiefgreifende V eränderungen d er E x istenzbedin gu ng en des p o ln isch en Volkes. D er V erlu st von etw a 20% d e r B ev ölk eru n g w ährend des K rieg es w ar trotz seiner traum atischen W irku ng n u r ein Elem ent des sozialen, ökonom ischen und p o litischen W andels im L an d e. Das A usm aß der V eränderungen, denen die p oln isch e G esellschaft im V e rlau f von sechs Kriegs- und O kkupationsjahren ausgesetzt war, v e rd e u tlic h t am besten die V e rrin g eru n g der B evölkerungszahl Polens von 35,2 M ill. im Jahre 1939 au f 23,9 M ill. im Jahre 1946. Dies w ar nicht nur das R e su lta t aus 6 M ill. O pfern der V ernich tu n g sp o litik der O kkupanten, sondern au ch d er T atsache, daß w eitere 6 M ill. M enschen aus ihren bisherigen S ie d lu n g szen tre n vertrieben

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w urden und sehr viele fortan in der ganzen W elt v erstreu t lebten. Nach unvo llständigen Angaben b efanden sich 1945/1946 in 34 Ländern au f verschiedenen Kontinenten etw a 3,4 M ill. Polen, die w äh ren d des K rieges dorthin g elangt waren. Eine zw eite W elle der U m sied lu n g en , die mit der V ersch iebung des polnischen S taates nach W esten verbu n d en war, betraf w eitere 4 M ill. Polen. Insgesam t w aren 10 Mill. (etw a 30% ) der polnischen S taatsb ü rg er von 1939 durch den K rieg und seine F olg en gezw ungen, ihren W ohnsitz zu wechseln. B erücksichtigt man auch die U m siedlung der

deutschen B evölkerung aus Polen und der p o ln isch en S taatsbürger

ukrainischer, w eißrussischer und litauischer N atio n alität, die nach dem Kriege den Forderungen S talins zufolg e in die U dSSR v erschleppt wurden, so erh öht sich diese Zahl um ein ig e w eitere Mill. Ein v ö llig anderes Problem war die V erschlechterung des G esundheitszustands d er B evölkerung. Erinnert sei, daß etwa 530 000 Personen aus p h y sisch en und 60 000 psychischen Gründen Invaliden w aren; 2 Mill. litten an verschiedenen K rankheiten, darunter 1,14 M ill. an Tuberkulose. V on grundsätzlicher

B edeutung für die Zukunft Polens waren die N eugestaltung der

G esellschaftsordnung und die V erschiebung seiner G renzen um m ehrere hundert K ilom eter von Ost nach W est. Obwohl Polen zum Siegerlager der A ntihitlerko alition gehörte verlor es zugunsten seines östlich en N achbarn -

der S ow jetunion - 180 000 Q uadratkilom eter, d.h. 46% seines

V orkriegsterrito-rium s; die R ekom pensation im W esten - auf Kosten D eutschlands - betrug 102 855 Quadratkilom eter. Som it wurde das w iederg eborene Polen in seinen neuen Grenzen um 77 200 Q uadratkilom eter verkleinert, also um 20% seines Vorkriegsgebiets (O sękow ski 1994, S. 30; C zubiński 1987, S. 320-321).

Die ökonom ischen K onsequenzen dieses T atbestan des sind nur schw er

einzu schätzen. Trotz der em pfindlichen V erluste durch Krieg und

O kkupation, die auf 38% des N ationalverm ögens g esc h ätzt wurden, traten günstige V eränderungen beim N iveau der In d u strialisierun g des Landes ein. Die Polen angegliederten W est- u n d Nordgebiete stan d en hinsichtlich ihrer

zivilisatorischen Entw icklung w eitaus höher als die O stgebiete der

R zeczp ospo lita (Tabelle 1). D ie Skala der V eränd erun gen zeigen die S chätzungen der Struktur des N ationaleinkom m ens, d ie vom Z entralen

P lanungsam t (C entralny U rząd Planowania; A bk.: C U P) für 1946

vorgenom m en wurden. A ngesichts eines allgem einen N ied ergan gs, der durch die b io lo g isch en und m aterialle V erluste verursacht w orden war, stieg dennoch d er Anteil der Industrie und der D ienstleistungen im V ergleich zu

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Z u g leich veränderten sich d ie Relationen zw isch en der Produktion von K onsum - und Investitionsgütern. W ährend im Jah re 1938 das V erhältnis

zw ischen der Gruppe „A ” (P roduktionsm ittel) und G ruppe „B ”

(K o n su m g ü ter) 47 zu 53 betrug, veränderte sich nach d em K rieg die R elation au f 51 zu 49. Eine K onsequenz der G renzveränderungen Polens w ar som it die M odernisieru ng der ökonom isch en Struktur des L an d es (K aliński 1993, S. 2 3 -2 4 ).

Tabelle 1

Schätzungswert des Staatsvcrm ögens der nach dem 2. W eltkrieg angeschlossenen und weggenom m enen Gebiete (in Milliarden V orkriegs-Zloty)

W ert des Vermögens in den prozentualer

Spezifizierung durch die Sow jetunion weggenom m enen G ebieten (Stand 1939) an Polen angeschlossenen Gebieten (Stand 1939) an Polen angeschlossenen G ebieten unter Berücksichtigung der Zerstörungen Wert des übernommenen Vermögens Landw irtschaft 12,8 10.2 7.8 76,5 W älder 3.8 1.6 1.4 87,5 Industrie 2.7 12,9 7.9 61.2

G e b äu d e (au sser den V erkehrs -

und Armeegebäuden) 6.6 16,3 12.2 74,8

Erschliessung

der Stadtgebiete 0.6 2,6 1,9 73,1

M ilitärgebäude 0.9 0,8 0,5 62,5

Verkehrsw esen (mit

G ebäude) 2.9 11.3 5 44,2

Schiffahrt und Häfen - 0.4 0.2 50

Post, Telegraf, Telefon 0.1 0.2 0,1 50

Kurorte 0.1 0.3 0,2 66,6

Schulw esen 0.3 0,2 0.1 50

K ultur und Kunst 0.3 0.1 0,1 100

Zusam m en 31.1 56,9 37.4 65,7

Quelle: eigene Zusammenstellung aufgrund: AAN, MZO Sygn. 1391 S. 2; Jçdruszczak 1974, S. 286.

2. DAS AUSMAß UND DIE URSACHEN DER ZERSTÖRUNGEN DER INDUSTRIE

Das A usm aß und insbesondere auch die U rsachen der Zerstörungen und V erluste, die Polen wegen des K rieges und der O kkupation erlitten hatten, sind praktisch nicht zu ermitteln. Daran ist das Fehlen, vielleicht auch die U nzugänglichkeit eines Teils der Quellen schuld. H inzu kom m t, daß auf vielen Forschungsgebieten in den 50-er Jahren eine V ervollständigung bzw. K orrektur

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der unterschiedlichen Angaben, die von den dam aligen Institutionen

veröffentlicht worden waren, zunichte gemacht w urde. Die Chancen,

wesentliche gesellschaftliche und ökonom ische V orgänge zu erkennen und wissenschaftlich darzustellen, wurden dadurch begrenzt, ja nahezu unmöglich gemacht. M it den Terminen „V ernichtungen und V erluste” wurden in der Nachkriegspropaganda sowie in der wissenschaftlichen L iteratu r nicht nur die unm ittelbaren Folgen der Kriegshandlungen und der späteren Devastation in Folge der Demontagen, der A btransporte von Kulturgütern (der „Raubzüge” durch die Sowjets) belegt, sondern auch die indirekten V erluste, die durch die Enteignungen von Immobilien, den Niedergang der Produktivität, das Fehlen von A rbeitskräften und qualifizierten Kadern, durch die gestiegenen Kosten für die G esundheit der Bevölkerung usw. entstanden waren. D ie durch die CUP nach dem Kriege geschätzten V erluste betrugen 257,58 M rd. V orkriegs-Zloty (d.h. ein 14-faches des Nationaleinkom m ens Polens im Jah re 1938). Hiervon betrugen die unmittelbaren Verluste jedoch nur 88,8 M rd. Zloty, davon infolge von V ernichtung von Sachw erten 62 Mrd. und von den Okkupanten angeeigneten Produktions- und Dienstleistungen 26,8 M rd. A uf indirekte Verluste entfielen u.a. „Produktionseinbußen in der N achkriegszeit infolge von Kapitalverlust 52,5 Mrd., durch Produktionsausfall von getöteten und invaliden Personen 74,65 Mrd. und Produktionsverluste infolge der Verringerung der A rbeitsproduktivität und der R entabilität des K a p itals 41,63 M rd.” Zusammengenommen waren das 168,78 Mrd. Zloty, also nahezu zwei Drittel des Gesam tschadens. Bemerkenswert ist, daß die festgestellten Verluste den Gesam tw ert des Nationalvermögens in der Vorkriegszeit überstiegen, das auf 163,2 Mrd. Zloty beziffert wurde. Demzufolge betrugen die Schäden in der Industrie, im Bergbau, der Energiew irtschaft und dem H andw erk 11,04 Mrd. Zloty, was etw a ein drittel ihres W ertes (33,45 Mrd. Zloty) darstellte. Dieser Wert w ar geringer als in den übrigen Bestandteilen des Nationalverm ögens, wo die durchschnittliche Höhe der V erluste 38% betrug (so z.B. bei Gütern der Kultur und Kunst 43%, beim Gesundheitsw esen 55%, bei Kom m unikation und Transport 50% , der Post 62%, im H andel 65 %) (CUP Sygn. 537, S. 5).

Der Vernichtungsprozeß endete nicht mit dem A bbruch der Kriegs­ handlungen. Erhebliche Folgen hatten die offiziellen sow jetischen Demontagen und die R äubereien von M arodeuren der Roten Armee. B etroffen wurden davon vor allem die sog. W iedergew onnenen Gebiete, in denen Eigentum sfragen hinsichtlich des vorhandenen V erm ögens durch eine R eihe von Verträgen zwischen den polnischen Kom m unisten und der Sow jetregierung geregelt worden waren. Solche Vorgänge ereigneten sich auch - und keineswegs sporadisch - in Betrieben, die in den sog. Alten Gebieten angesiedelt waren. Ein am 9. A ugust 1944 erlassener B efehl des Obersten B efehlshabers der Roten

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Armee ordnete an, den gesam ten deutschen B esitz als Kriegsbeute zu behandeln. Praktisch bedeutete dies eine weitgehende F reiheit bei Demontagen auch in polnischen Betrieben. V orw and hierfür konnten z.B. Investitionen in einer F abrik während der O kkupationszeit, die Erneuerung von Maschinen, ihre V erlagerung von einem B etrieb zu einem anderen, j a sogar die farbliche Ü berm alung - etwa der Eisenbahnw aggons - sein. A us in den Archiven bew ahrten Dokumenten geht hervor, daß A usrüstungen, Fertigprodukte, H albfabrikate und Rohstoffe aus Fabriken in den W ojew odschaften Rzeszów, Kielce, Poznań, den südwestlichen Kreisen der W ojew odschaft Kraków, dem D abrow a-Becken, Łódź, C zęstochow a und sogar aus der verwüsteten

H auptstadt Warschau abtransportiert worden sind. Aussagekräftig sind

Angaben, die Städte und R egionen des Landes betreffen, die von kriegerischen V ernichtungen verschont geblieben waren. Łódź wurde nicht umkämpft, und die deutschen Behörden waren nicht in der Lage D em ontagen vorzunehmen. Die dortigen Verluste hätten relativ gering sein müssen; dennoch hatte Łódź nach den Erhebungen des Statistischen Hauptamtes (Główny Urząd Statystyczny; Abk.: GUS) vom Juli 1945 etwa 40% m ehr oder minder verw üstete Fabriken. Dabei entfiel der Hauptteil auf technische Ausrüstungen (31% ). Diese Verluste konnten nur zwischen dem K riegsende und dem D atum der statistischen Erhebungen, also in Folge der sowjetischen Demontagen, entstanden sein. Eine ähnliche Situation gab es in der W ojew odschaft Kraków, w o 56,7% der B etriebe geschädigt wurden.

Eine Eskalation dieser Tatbestände nahm mit dem Vordringen der Front auf jene deutschen Gebiete zu, die - nach dem am 26. Juli 1944 Unterzeichneten Abkommen

zwischen den Vertretern des PKWN und der Sowjetregierung - als

Rekompensation für den Verlust von nahezu der Hälfte des polnischen Staatsgebietes vor 1939 zugunsten der Sowjetunion an Polen fallen sollten. Obwohl die sowjetische Seite in dem am 12. Februar 1945 Unterzeichneten Vertrag mit der Provisorischen Regierung Polens anerkannte, daß alle zwischen Weichsel und O der vorhandenen deutschen Besitzungen Polen gehören sollten und der Abtransport der für die Rote Armee erforderlichen Anlagen entsprechende Vereinbarungen mit den polnischen Behörden erforderte, hielten die willkürlichen Demontagen an. Die Vereinbarung vom 12. Februar 1945 bildete die Grundlage für einen von Stalin erlassenen Befehl vom 20. Februar 1945, der den Begriff „Kriegsbeute” präzisierte. Dort hieß es: „Dem Abtransport in die UdSSR unterliegen nach Vereinbarung mit der polnischen Regierung nur die für die Kriegsführung erforderlichen Anlagen, Materialien und Fertigprodukte aus deutschen, von diesen während des Krieges ausgebauten Unternehmen in Polen; dazu zählen auch Betriebe, die auf jenem deutschen Territorium liegen, das an Polen übergehen w ird” (Osękowski 1994, S. 38; Spis za k ła d ó w ... 1947).

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In einem w eiteren Vertrag, der am 26. M ärz 1945 von der P rovisorischen R egierung P olens und dem S ow jetischen O berkom m ando unterzeichnet wurde, ak z ep tierte die polnische S eite den A btransport ehem als deutscher Betriebe bzw . ih rer Teile aus den G ebieten in den G renzen von 1939. Die sow jetischen B ehörden nutzten die ihnen so gebotenen M öglichkeiten w eitestgehend aus; in den sog. W iedergew onnenen G eb ieten nahm en die D em ontagen fortan den C harakter ein er organisierten A ktion an. Nach der V erlagerung d er Front östlich d er O d er und der L ausitzer N e iß e wurde ein Netz von K riegskom m andanturen aufgebaut, das sich m it der deutschen V erw altungsstruktur deckte. G eschaffen wurden W ojew od schafts-, Kreis-, Bezirks- und S tadtkom m andanturen, in einigen Städten auch Stadtbezirks­ kom m andanturen. In E isenbahnknotenpunkten, bei W asserleitu ngen, in Häfen und großen Fabriken wurden U nterabteilungen bzw . D ienststellen der K om m andanturen gebildet. Innerhalb d er K riegskom m andanturen der Städte wurden Institutionen geschaffen, die sich mit dem A u fsp ü ren , der Lagerung

und dem A btransport von ehem aligem deutschen E igentum aus

P rivatw ohnungen, öffentlichen G ebäuden und der städ tisch en Infrastruktur in die U dS S R beschäftigten. D aneben wurden D eleg atu ren ins Leben gerufen, die deutschen Besitz auffinden sollten; sie u n terstand en unm ittelbar der A bteilung K riegsbeute der ein zeln en Fronten.

Die B efugnisse der K om m andanturen waren praktisch unbegrenzt. Eine ihrer ersten H andlungen bestand in d er Besetzung der In dustriebetrieb e. Die sow jetischen R ückw ärtigen D ienste w aren jedoch nicht in der Lage, alle Fabriken zu besetzen, und sie kon zen trierten sich deshalb a u f G roßbetriebe, die sie zur D em ontage vorbereiteten. In N iederschlesien w urden bis zum 8. Juni 1945 827 Fabriken beschlagnahm t, die Zahl nahm von T ag zu Tag zu. In W roclaw besetzte die Rote A rm ee 212 m ittlere und g rö ß ere B etriebe, die sie später den polnischen B ehörden übergab. In W estpom m ern w urden 1164 Industriebetriebe beschlagnahm t. B eso nders verw üstet w urden die Gebiete von Szczecin und Św inoujście (S w inem ünde), wo zur D em ontage sog. ehemals deutscher m ilitärischer O bjekte 28 000 früh ere sowjetische

Z w angsarbeiter eingesetzt wurden. Abtransportiert w urde alles, was

irgendeinen W ert besaß, sogar ausgegrabene Elektrokabel. E nde Juni/Anfang Juli 1945 nahm der „Abtransport” stark zu. Nach A ngaben d er Polnischen E isenbahnverw altung waren von 112 0 0 0 W aggons, die sich dam als au f den Strecken befanden, 84 000 mit „K rieg strophäen ” beladen (G O KERM Sygn. 69, S. 62; GO KERM Sygn. 491, S. 1-7; M ochocki 1996, S. 6 -7 , 2 8 -2 9; Różański 1988, S. 292; Chum iński 1990, S. 43-44).

E ndgültige Entscheidungen üb er die Beendigung der D em ontagen wurde während der P otsdam er K onferenz getroffen. Als E nd term in w urde der 7.

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DER EINFLUß DES KRIEGES UND DER GRENZVERÄNDERUNGEN AUF DEN STAND.. 49

A ugust fe stg e le g t; alle weiteren A ktion dieser Art so llten als unrechtm äßig angesehen w erden. Infolgedessen w urde am 16. A u gu st 1945 ein w eiteres A bkom m en unterzeichnet, diesm al zw ischen der P ro v iso risch en R egierung der N atio n alen Einheit Polens (die am 2. Juni 1945 u n ter E inbezieh ung von L ondoner E xilpolitikern g eschaffen worden war) und d e r R egierung der UdSSR, in d em festgelegt w urde, „d aß die S o w jetregieru ng zugunsten Polens auf alle A nsprüche auf deutsches Eigentum und andere A ktiva verzichtet, darunter auch auf Aktien deutscher Industrie- und Transportunternehm en auf dem gesamten Territorium Polens, einschließlich jen er T eile d eu tsch e n G ebiets, die an Polen ü b ergehen w erden” (Janko w ski 1989, S. 116). T ech n isch e Fragen regelte ein A bkom m en vom 14. S eptem ber 1945 zw isch en dem C hef der R ückw ärtigen Dienste der S o w jetarm ee, G eneralleutnant Fieofan Lagunow , und dem V izem in ister Henryk R óżański. Diese V erein b aru n g legte die Zahl, den C h a ra k te r und die Art der V erw endung von 158 U nternehm en, die w eiterhin d e r Roten Arm ee zur V erfügung stehen so llte n , genau fest. A lle übrigen B etrieb e sollten der p o lnischen Seite zu rück geg eben w erden (M PiH Sygn. 421 5 , S. 12-13).

M it den m ehrere M onate an d auernden V ersuchen, d ie E igentum sfragen zu regeln, g in g die A usbeutung d er sog. W iedergew onnenen G ebiete einher. U ngeachtet a ller m oralischen A nfechtbark eit standen d ie dort getroffenen

M aßnahm en bis Mitte A ugust 1945 mit den d am als form ulierten

F estlegungen in Ü bereinstim m ung. Nach offiziellen A n g a b en dem ontierten die S ow jets bis zum 17. Juli 1945, d.h. bis zur P o tsd a m er K onferenz, dort A nlagen und M aschinen im W ert von 500 Mill. D ollar, w as etw a 25% ihres G esam tw ertes und 6% des G esam tverm ögens d ieser G e b ie te ausm achte. (H ierbei han d elt es sich um sow jetische B erech nu ng en, die von den B ehörden d e r V olksrepublik P o len kritiklos ak z ep tiert w urden.) Diese Schätzungen sind stark anzuzw eifeln und scheinen w e se n tlic h zu niedrig angesetzt zu sein. In den Archiven befinden sich Hunderte von Eingaben und Interventionen verschiedener Institutionen über stattgefundene Demontagen. Es wäre jed och abwegig, auf diese gestützt den tatsächlichen W ert des verlorengegan genen V erm ögens zu bestim m en. In vielen R egionen waren die V erlu ste, die aus R equirierungen resultierten, h ö h er als die infolge von K riegshandlungen. B ezeichnend sind die S ch ätzu ng en von Dr. Egon V ielrose, die er um ittelbar nach K riegsende v o rgeno m m en hat. A uf der G rundlage ziem lich kom plizierter B erechnungen legte e r den G esam tw ert der Indu strieanlagen in dem O stg eb ieten des D eutschen R eiches im Jahre 1937 a u f 13,2 M rd. Mark fest. H iervon gingen seiner M ein u n g nach 20% als K riegsverluste ab; dem nach b etrug der W ert der v erb lie b en en A nlagen 10,6 Mrd. M ark. D em gegenüber üb ern ah m die polnische S eite ein V erm ögen im

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W erte von lediglich 5,3 Mrd. M ark. Bis zur U n terstellu n g dieser G ebiete unter p o ln isch e Verwaltung gingen dort vor allem in fo lg e sow jetischer D em ontagen technische A usrüstungen von schätzungsw eise m ehr als 5 Mrd. Mark verloren. Das war m ehr als doppelt so hoch w ie d ie V erluste durch K riegszerstörungen und nahezu vierm al m ehr als die o ffiz ie lle Summ e der V erluste (etw a 2 Mrd. D ollar nach dem Kurs von 1939), die Hilary M ine

angab (K C PPR Sygn. 2 9 5 /V II/l, S. 7 7 -7 8 ; M ine 1945, S.63; V ielrose

1947, S. 1 5 -1 8 ; M ochocki 1996, S. 33).

In O bersch lesien , bei den nicht allzu großen Z erstöru ng en, waren die mit dem Einsatz der Roten Armee erlittenen Verluste beinahe den Kriegsfolgen

gleichzusetzen. Nach den von den Operationsgruppen durchgeführten

Schätzungen (Angaben für 1559 Betriebe) entfielen auf die ersten 22,9 M ill. Zloty (V orkriegsgeld), auf die zw eiten 26 M ill., also fast 88%. Sehr ausdrucksvoll sind die Angaben bezüglich des In du striestand es in W roclaw . Von 212 B etrieben, die durch die sowjetischen B ehö rd en kontrolliert wurden, b efanden sich die m eisten (72% ) im guten o d e r ziem lich guten Zustand. U ntergebracht wurde in den Betrieben sch ätzu n g sw eise ein großes V erm ögen. D ie wurden aber d em o n tiert und von den 23 K leiderfabriken wurden 1248 M aschinen ausgeführt, was 50% ihrer G esam tzahl darstellte,

von den 18 großen F abriken der M etallindustrie wurden 3730

W erkzeugm aschinen und d arü b er hinaus auch v iele Elektrom otore,

K om pressoren, W erkzeuge abgebaut. In den C hem iew erken „S uperfosfat” betrug die E inziehung seitens d er R oten Armee 81% d er erlitten en V erluste B eispiele d e r Art könnte man leicht vermehren. V on dem A usm aß der E rscheinung zeugt der geringe W ert der M aschinen und technischen Anlagen, die im Verhältnis zu dem Gesamtwert des V erm ögens in den Betrieben gelassen wurden (A ngaben für 44). Im V ergleich zum W ert der

geretteten Fabrikgebäude, w ohlgem erkt mehr den K riegshandlungen

ausgesetzt, w ar das lediglich 57% , obwohl in n o rm aler Situation die V erhältnisse um gekehrt waren und so in Schlesien stellten die Fabrikgebäude 44,3% W ert der installierten A nlagen dar. Das ganz an d ere Problem ist die technische Q ualität der von der polnischen Seite übernom m enen M aschinen und A nlagen.

Es ist bekannt, daß vor allem m oderne und technisch gut funktionierende M aschinen ausgeführt wurden. G elassen wurden dagegen die veralteten und beschädigten Anlagen. Im D urchschnitt lag ihr V erbrauchsgrad bei 46%. In der größten F abrik von W roclaw „P afaw ag ” waren von den übernom m enen M aschinen 29% leistungsfähig, im W erkzeug-m aschinenw erk 16%, in den K leiderfabriken 75% (Stand - Juli 1946). Der Abbau und d ie spätere A usfuhr wurden nicht fachlich geführt. V iele M aschinen k o n n ten infolge der

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DER EINFLUß DES KRIEGES UND DER GRENZVERÄNDERUNGEN A U F DEN S T A N D .. 51

H andlungen nur verschrottet w erden. Das erfuhren sp ä te r auch polnische

F abriken, die im Rahmen d er Sow jetunion bew illig ten K riegs­

en tschäd ig ungen M aschinen im neuen Zustand vom W ert 61,3 M ill. Zloty (nach den V orkriegspreisen) erh ielten , derer W ert a b e r im M om ent ihrer Ü bernahm e nur 19,8 Mill. Zloty betrug - sie w urden also in über 67% abgew ertet. Zu betonen ist auch, daß die P lü n d eru n g en auch andere Bestandteile des geretteten Vermögens betrafen. Die sowjetischen Behör-den demontierten 3,2% der zweigleisigen Eisenbahnlinien und 30,8% der eingleisigen Eisenbahnlinien, die meisten Anlagen der Binnenschiffahrt, anlagen des See- und Flußhafens, Verkehrsmittel usw. (Chuminski 1992, S. 52-53).

Ein w esentliches Problem bestan d darin, daß die a u f R egierungsebene getroffenen V ereinbarungen von den territorialen B efeh lsh ab ern der Roten A rm ee nich t respektiert w urden. V erstöße waren k ein esw eg s sporadisch, w eshalb sich das von M oskau abhängige und u n terstü tzte polnische k o m m unistische Regime zu einer Intervention au f h ö c h ste r Ebene entschloß. Am 1 1. S eptem b er 1945 w andte sich das Politbüro d e r P P R (der Polnischen A rbeiterp artei) an die sow jetischen M achthaber „aus allg em ein en politischen G ründen sow ie im H inblick auf die w irtschaftliche L ag e, in der sich Polen befin d et” , mit der Bitte, w eitere „D em ontagen und A btran spo rte” zu u nterbind en. Ausgenom m en sollten M aschinen und A nlag en sein, die schon früher d em o n tiert waren. D er polnischen Seite so llte n alle U nternehm en übergeben w erden, die sich noch unter der V e rw altu n g der Roten A rm ee

befanden. G efordert w urde fe rn er der A bzug a lle r R ückw ärtigen

W irtschaftsdienste, die in Polen station iert waren. U n terstrich en wurde, „daß so gut w ie alle obengenannten F ragen form ell p o sitiv d u rch die obersten B ehörden d er Sow jetunion en tschieden worden sind; d o ch die Praxis vieler E inheiten d er Roten Arm ee in Polen ist anders, insb eso nd ere in den W estg e b ieten ” . Dabei wurde auch a u f die politischen K onsequenzen eines

solchen V orgehens hingew iesen. Die D em ontagen w urden von d er

p olnischen G esellschaft als R aub der sow jetischen B esatzungstruppen angesehen und das Fehlen entsch ied en er R eaktion seiten s der polnischen B ehörden als Beweis für ihre v öllige A bhängigkeit von M oskau betrachtet. Man w ar zunehm end davon üb erzeugt, daß diese A k tio n geplant waren m it dem Z iel, P olen ökonom isch zu schw ächen (KC PPR S y gn . 295/V /5, S. 41).

In e in e m B ericht der L on d o n er D elegatur, d e r eine fünfm onatige R eg ieru n g szeit der K om m unisten einschätzte, w urde festg estellt, „daß der polnische A rbeiter mit größter S orge beobachtet, w ie stark in Polen die A rb eitsstätten verw üstet sind und wie man plan m äßig und bew ußt auf die w irtsch aftlich e Schwäche P olens, au f A rb eitslo sig keit, die m ilitärische V erteidigung su nfäh igkeit und d ie völlige A bh än g ig k eit von den S ow jets

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52 J. CH UM IŃ SK I

hinarbeitet [...] Das Land w ird a ller Elem ente w irtsch a ftlic h er Stärke beraubt, m an konfisziert M aschinen und Rohstoffe (S ch ro tt, Kohle), man ruiniert die Industrie völlig [...] In d er ganzen Aktion eines g eplanten Raubes erkennt m an deutlich die Z iele d er sow jetischen P o litik [...] Polen soll w irtschaftlich schwach sein, ein völlig u nbedeutender Staat, der zu Zulieferungen an die sow jetische Industrie verurteilt ist, also völlig abhängig und ohne eigenen W illen” (D elegatura Rządu na Kraj Sygn. 202/11/51, S. 14). V ielen ging die M otivation zur A rbeit verloren, die A rb eitsproduktivität und die D isziplin nahmen ab, w eil m an nach allgem einer Ü berzeugung doch nur „fü r die S ow jets” arbeitete. F ür die in den Industriebetrieben

zunehm enden D iebstähle fanden die A rbeiter eine g an z besondere

R echtfertigung: „W as du nicht k lau st und nicht vertrinkst, w erden sie doch nach R ußland abtransportieren” . In einigen Gebieten des L an d es wuchs die „an tisow jetische Fronde” (z.B. in Poznań), wie die B erichte der PPR- Instanzen signalisierten. In dem oben zitierten B rief des P olitbü ro s mußte „mit V erdruß festgestellt w erden, daß im polnischen V olk antisow jetische

Tendenzen zunehm en, wobei d iese sogar auch a u f A rbeiterkreise

ü bergreifen” . D ies war um so gefährlicher, als „nach Ansicht des

D urchschnittsbürgers die Rote A rm ee ein Spiegelbild d er Sow jetunion sowie der Idee des Sozialism us” darstellte. Besondere S o rg e bereitete den polnischen K om m unisten die zunehm end gegen die PPR gerichtete Stim m ung, w as die ohnehin ableh n en d e Haltung gegen das neue Regim e verstärkte. „D ies ist eine U rsache fü r den Rückgang u n serer Einflüsse auf die breiten V olksm assen sow ie fü r den bedeutenden R ückgang der

M itgliederzahlen unserer Partei bei gleichzeitigem zahlenm äßigen

W achstum d er PPS (der P olnischen Sozialistischen P artei). D am it wächst auch die F urcht vor einer völligen Isolierung der PPR m it ihrem deutlich

praktizierten positiven V erhältnis zur UdSSR. Im G efolge dieser

E ntw icklung d ro h t die Gefahr ein er Isolierung unserer Partei nicht nur vom Volk, sondern auch von breiten M assen der A rbeiterschaft” (K C PPR Sygn. 295/V/5, S. 4 3 -4 4 ; Sygn. 295/IX /227, S. 47; Sygn. 29 5/V II/2 6 7 , S. 2).

Eine B esserung der Lage trat n ur allm ählich ein. Ü b er den Erfolg des W irkens der polnischen V erw altung entschied sehr h äu fig der gute oder schlechte W ille der sow jetischen K om m andanten, m an chm al auch eine B estechung. So wurde eine große B rauerei in W rocław n u r dadurch vorm A btransport g erettet, weil man dem sow jetischen K o m m andanten 70 000 Zloty zahlte. D as war ein übliches P rocedere, wie ein F u n k tio n ä r der PPR feststellte: „E inige Einheiten der sow jetischen Truppen n utzten die Lage im eigenen In teresse aus und nahm en B estechungsgelder an ” (R elation Sygn.

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DER EINFLUß DES KRIEGES UND DER GRENZVERÄNDERUNGEN A U F D EN ST A N D .. 53

52, S. 22). N och zu Anfang des Jah res 1947 nutzte die R ote A rm ee in W est- und N o rd p o len 490 In d ustrieobjekte und etw a 750 0 0 0 ha Land; die sow jetischen R ückw ärtigen D ien ste beschäftigten etw a 100 000 D eutsche. Es kam vor, daß einige B etriebe fo rm ell Polen geh örten , ab er von Einheiten des N K W D kontrolliert w urden und deren g esam te Produktion in die S ow jetunion geliefert wurde. In W rocław nahm die R ote A rm ee Ende 1946 507 ko m m u n ale Gebäude und e tw a 150 andere O bjekte (K asernen, M agazine usw.) in G ebrauch, „obwohl kein erlei V ertrag über den M ietzin s geschlossen w orden w a r” (M ochocki 1996, S .5 1-53; C hum iński 1992, S. 131). In W ałbrzych (W aldenburg) w aren es 242 G ebäude, in L u b sk (Lützen) 25% der Im m o b ilie n . Ä hnlich w ar e s in Gdańsk und S zcz ecin . In L egnica (L ieg n itz) gab es eine G arnison von 50 000 S o ld a te n . Insgesam t w aren gegen E n d e des Jahres 1946 in d en W est- und N o rd g e b ie te n P olens etw a 2 5 0 0 0 0 -2 8 0 0 0 0 sow jetische S o ld a ten stationiert. W e lc h e K onseqenzen hatte ih r A ufen th alt auf längere S ic h t? T atsächlich e n tfie l die H auptw elle der D em o ntagen und D evastationen au f die M onate Ju li und A ugust 1945; aber auch später waren R egion en mit so w jetisch er B esatzung einer verstärkten A usbeutung ausgesetzt. Eine Q uantifizieru n g der V erluste ist sehr sch w ierig . W ir verfügen led iglich über Daten ein e s einzigen K reises, Bytów, d essen V erw altung eig en stän d ig ein „A m tlich es V erzeichnis der S chäden” vom M ärz 1945 bis Juni 1946 anfertigte. D ie dort vorgenom m en S ch ätzungen kann man - w egen des lan dw irtschaftlichen C harakters des K reises - n ich t als re p räsen tativ ansehen. Nach den d o rtig en des L andes statio n ie rt w aren und die D e m o n tag en und Z e rstö ru n g e n in der zw eiten H älfte d es Jah res 1946 und auch 1947 anhielten, so b e tru g die Sum m e der V erlu ste w eit m ehr als eine M illiard e D ollar (M o c h o ck i 1996, S .310). E rh e b u n g en betrugen die V e rlu ste 3,588 Mrd. Z lo ty, d .h . 8,97 M ill. D ollar. Zieht m an in B etracht, daß d am als sow jetische E in h e ite n in 116 R egionen

N eben offiziellen D em ontagen, die von E inh eiten der Roten A rm ee d u rch g efü h rt w urden, muß m an auch an Z erstörungen erinn ern, die durch illegale H andlungen und W illk ü r sog. M arodeure h erb eig efü h rt w urden. Ihnen m üssen in beträchtlichem M aße Brände zu g esch rieb en werden, die in den ersten W ochen nach K riegsend e in zahlreichen B etrieben ausbrachen. Ein so lc h e s V erhalten w ar d ie natürliche F o lge d e r L ock eru ng der D isziplin und der D e m o ralisie ru n g nach dem K rie g , aber auch des sp ez ifisc h en psychologischen K lim as, das durch d ie H aß prop agan da g eg e n ü b er den D eutschen und alle s D eutsche g e sc h a ffe n w orden war. Um der h isto risc h e n W ahrheit w illen m uß gesagt w erd en, d aß Z erstörungen d er In d u strie auch von Polen selb st h erbeigefüh rt w orden sin d. Im C haos d er

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54 J. CHUM1ŃSKI

N ach k rieg sz eit haben viele M en sch en die verlassenen B e trie b e geplündert; in ein igen F ällen wurden U n tern eh m en von der eig e n e n B elegschaft ausgeraubt. S chon im O ktober 1944 alarm ierte der stellv ertre te n d e L eiter

des R esso rts für N ationale W irtsch a ft und F in an zen des PKW N,

M ieczysław P opiel, die obersten Staatsbehörden: „D ie E rk e n n tn isse aus den m ilitärischen O perationen au f dem T erritorium P o len s zeigen eindeutig, daß die V erlu ste, die die Industrie unm ittelbar nach d en K am pfhandlungen infolge von D iebstählen und sin n lo sen Z erstörungen so w o hl durch die

Z ivilb ev ö lk eru n g als auch durch M ilitärangehörige ang esich ts eines

fehlenden S chutzes erleidet, häu fig ebenso groß oder g ar noch erheblicher sind als die d urch um ittelbare K riegseinw irkungen. In d en m eisten Fällen stehen B etrieb e still, die u n m ittelb ar nach der B efreiung d es G ebiets hätten in G ang g eb rach t werden können; sie sind ausgeraubt u n d fü hru ng slos. Eine ständige E rsch ein u n g ist der D iebstahl w ertvoller und se lte n e r R ohstoffe

und P ro d u k te, von In strum enten , Treibriem en, B üro ein richtu ng en ,

w issen schaftlichen Laboratorien u s w .” (PKW N S y g n .V III/4 , S. 9). M an muß auch berücksichtigen, daß die A usw irkungen d er „ P lü n d eru n g e n ” w eit über die rein m ateriellen V erluste hinaus reichten; o b w o h l diese recht em pfindlich w aren, hatten sie a u f lange Sicht keine so n eg a tiv e n Folgen wie die p sych o lo g isch en . Das K lim a e in e r „mühelosen A rb e it” , eines „leichten G ew inns” zerstö rte sogar von G rund au f ehrliche M en sch en . V iele verloren den G lauben an den Sinn echter A rbeit. Ein „S chieber” w u rd e eher als eine clevere P erson , aber nicht als V e rb rec h er angesehen. D e r V erfasser eines A rtikels, d er in der „T rybuna D olnośląska” am 3. D ezem b er 1945

veröffentlicht wurde, schrieb u n ter dem Titel „L e g alisieru n g des

V erb rech en s” : „Ein Schieber w ird nich t etw a gehaßt, so n d ern im G egenteil

von einem eigentüm lichen G lorienschein u m g e b e n ” („T rybuna

D olnośląska” , Nr. 17, 3 XII 1945, S. 1).

Die H auptquelle unseres W issens über den Zustand d e r Industrie nach dem K riege ist eine Erhebung, die zw ischen dem 15. und d em 30. Juli 1945 durchgeführt wurde. Ihre E rgebnisse sind allerdings k ein esw eg s kom plett. Zehn K reise w urden überhaupt nicht erfaßt; dieser M angel w urde aber durch Schätzungen kom pensiert, die S tanisław Jankowski an stellte. Für 1014

B etriebe - nam entlich in den N ord- und W e stg e b ieten - fehlen

Inform ationen, da diese dam als noch von der Roten A rm e e besetzt waren

(Spis zakładów ... 1947; Jankow ski 1989, S. 120-124).

Die G esam tzahl der B etriebe, die im Sommer 1945 in Polen registriert waren, betru g 31 753; 20 005 (d.h. 63% ) wiesen allerd in g s Schädigungen ihres V erm ög ens auf (Tabelle 2).

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DER EINFLUß DES KRIEGES UND D ER GRENZVERÄNDERUNGEN A U F DEN S T A N D .. 55

Tabelle 2

Zerstörung der Industriebetriebe nach der Betrieben- und B ranchengrösse Anzahl der Betriebe eu

t: Betriebe, wo zerstört waren Grosse der Betriebe

nach der Anzahl

:0 Í2 1) <U rj fsj Q die Industrie­ gebäude die Energie­ w irtschaft die technischen Anlagen g <5 S T3 Ł) s « <UN g CU der eingestellten B eschäftigten Z u sa m m e n d a rin de r z e rs tö rt B e tri e b e A n z a h l P ro z . A n z a h l P ro z . A n z a h l P ro z . 1 bis 5 7662 4819 63 3090 41 1277 17 3830 50 6 bis 15 6611 3903 59 2431 38 1281 20 3236 51 16 bis 25 2399 1440 60 958 41 486 21 1176 51 26 bis 50 2770 1779 64 1275 48 675 25 1482 56 51 bis 200 2578 1625 63 1165 47 689 28 1343 54 201 bis 500 657 417 63 319 50 210 33 363 57 501 bis 1000 243 146 60 122 52 69 29 125 53 1001 und m ehr 235 149 63 113 49 86 38 119 52 fehlende A ngaben 8598 5727 67 4599 62 3629“ 50 5114 69 Zusammen 31753 20005 63 14072 47 8466 28 16788 56 In d u striezw eig e Bergbau 481 302 63 230 48 173 36 267 56 M ineralindustrie 2323 1816 78 1502 65 809 35 1501 65 Hütten und Metallurgie 3481 2474 71 1744 52 1071 32 2136 64 Elektrotechnische Industrie 316 199 63 134 46 83 29 166 57

Präzise und Optische

Industrie 104 61 59 44 42 27 26 55 53 C hem ieindustrie 904 560 62 399 49 233 28 448 55 Textilindustrie 1181 570 48 369 32 253 22 474 42 Papierindustrie 277 151 55 94 39 60 25 117 49 Polygraphie 507 276 54 158 31 98 19 254 50 Lederindustrie 340 205 60 171 52 122 37 168 49 Holzindustrie 3784 2700 71 1998 54 1374 37 2280 62 M usikinstrum ente und Spielzeuge 30 14 46 11 37 6 20 13 43 Landes Verarbeitung und Lebensm ittel-

idustrie 13740 8801 64 5974 44 3290 24 7328 54 Bekleidungsindustrie 830 415 50 290 36 209 26 371 46 Bauindustrie 1567 861 55 547 37 329 22 700 48 Kraftwerke, Gaswerke, Wasserleitung, Schlachthöfe 898 567 63 407 46 329 37 510 57

Betriebe der nicht festgestellten

Branche 980 33 3

Zusammen 31743h 20005 63 14072 47 8466 28 16788 56

Quelle: Jankowski, Odbudowa i rozwój przemysłu polskiego..., 1990, S. 122-123.

In der Arbeit von S. Jankowski befindet sich ein Fehler. In der Spalte fehlende Angaben wurde 3629, es soll 3693 sein. Siehe: Verzeichnis der industriellen .... 1947. Die prozentualen Angaben wurde im Verhältnis zu den Verz^eichnisangaben berechnet, ohne Berücksichtigung der zusätzlichen Schätzungen von S. Jankowski.

Diese Zahlen stimmen mit den analogen Zahlen im ersten Teil der Tabelle nicht überein, weil in der GUS [Hauptamt für Statistik]—Statistik sich ein Fehler in dem Resümee befindet.

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56 J. CHUM INSKI

W ollte m an die Zahl der B eschäftigten berücksichtigen, so waren von den Z erstörun gen m ehr oder w eniger alle B etriebe - u n ab h ä n g ig von ihrer G röße in g leichem M aße betroffen. Den geringsten P ro zen tsatz bildeten B etriebe mit 6 -1 5 M itarbeitern (59% ), den höchsten U ntern ehm en mit 2 6 -5 0 B eschäftigten (64% ). (Hierbei lassen w ir mangels A ng ab en einige B etriebe aus.) U n ter den geschädigten B etrieben hatten die m eisten (56% ) V erluste bei den technischen Einrichtungen zu beklagen, 9% m eh r als U nternehm en mit zerstö rten Fabrikgebäuden (47% ). Das ist insofern bem erkensw ert, als die letzteren weitaus mehr den F olgen von K riegshan dlun gen ausgesetzt waren. B estätig t wird dies m ittelbar durch den n eg ativ en Einfluß der verstärkten A usbeutung w ährend des Krieges, der D em ontagen und der späteren Z erstörungen der technischen Ausrüstung.

Die verbliebenen Anlagen w aren häufig abgeschrieben, beschädigt und überaltert. D er niedrigste A nteil an Zerstörungen w ar in d er E nergiew irt­ schaft zu verzeichnen (28%). Dabei war sie nicht etw a w en ig er marode. Das geht aus d er T atsache hervor, daß ein bedeutender Teil d e r B etriebe keinerlei

m echanische Kräfte besaß, w eshalb das A usm aß d er allgem einen

Z erstörungen in diesem S ektor gering er war. W enn 63% der Fabriken irgendw elche V erluste erlitten, so bedeutete dies n ich t ihren völligen A usfall. Z um eist war der Grad d er Beschädigungen nich t sonderlich hoch; ihr W ied eraufb au erforderte keine bedeutenden fin an ziellen Investitionen. (Eine A n aly se des Grades von D evastationen ist auch o hn e B erücksichti­ gung d er Schätzungen von S tanislaw Jankowski m ög lich; wir verfügen in diesem Z usam m enhang nur üb er Inform ationen über je n e B etriebe, die im V erzeichnis aufgeführt sind.) S chäden an G ebäuden, in der E nergie­ w irtschaft und bei technischen A nlagen hatten 22,7% , 15,8% und 36,4% der U nternehm en. Die übrigen w aren völlig intakt, bedurften ev en tuell kleinerer R eparaturen (Tabelle 3). In d iesem Zusam m enhang m uß hervorgehoben werden, d aß die größeren B etriebe, die mehr als 5 0 0 A rbeitnehm er besch äftigten, geringere Z erstörungen aufwiesen als d er D urchschnitt der U nternehm en; ausgenomm en die Energiew irtschaft (m it 16,8% , 20,4% und 33,6% ). T ro tz des nur tendenziösen C harakters der D aten kann man dennoch annehm en, d aß der polnische S taat in den Jahren 1944/45 etw a 77% der Industriegebäude, 84% der energ etisch en Anlagen und 63% der technischen A usrüstungen übernahm , die sich zur sofortigen N u tzu n g eigneten. D am it verfügte P olen über ein bedeutendes Verm ögen, d essen B ew irtschaftung große A nstrengungen erforderte. In den M onaten g leich nach K riegsende wurden etw a 30% der Betriebe nicht in Gang gebracht (T a b elle 4).

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Ta b e lle 3 Z ers törungen de r Industriebetriebe fa ch de r In dustriezweigen un d de n Woje wod sch af ten so w ie de m P ro /e m de r Zersio rune vo n In d u str ie ge bä ud e n, ilc r En er gi ew irt sc ha li un d de r te chn is che n A n la g e n

DER EINFLUß DES KRIEGES UND DER GRENZVERÄNDERUNGEN A UF DEN STAND . 57

co e S uaqräuv apuoiipi uoqeüuv opu3|ipj iiriqirSiiv opusiqoi U3Si!|UV uoiirKiuip.n oip oip aqaupg uo iioisjo/ jop uui!(]

— ^ I 3 2335 fl 118 09 afr 43 fr__ _ Ä _ wfl fr V. Tf<5 10 60 fl S -r"ijqf r •t •r “ c _c fr 40 fl ~ fl #N ri-r5c X r^i f r x fl n,r. tr. ft r*%- X fr n Jn rs 5 « is «\r, 00 fl h V, «t ' : ■? £ 2 i 3 ¡ 2 P J { ° ' S ^ ^ — — -r — ' t , _ rs »ff*»rr-, , «rf C h IO 3 S ^ fN ri ¡ a g » 1'i r r f l r* — -S -S s s 1 1 3 ^ c 5 ^ r t *r, r- — £ O ft X ? $ £ I oo o J r» - ri nk oc m frfr r - f l ^ OC — ^ r*. o — O' — — 5 = 3 ? ¡ 8 § P i -11 s s “ a !Q * $ § 5 55 E ^ § ft ^ N S 3 21 Cf rn 3 S S S s 3f — I f l r~ *r. «t p ^ r» v“. ^ a -" g K S 8 “ P S S — n e w so n - *tfr * § ^ 5 1 s s : a , g - 5 ® — ^ , 0* <N fr — fl fr r* gj - | s g a ps v» r** m v-> ~ ^ ^ ^ ^ ^ r) S S ? 8 | 2 f p 2 SPS r-10 I I S S — *t O P-- SR 35 Zt £ 2 ?j "" P n oo & C S h i f l = « £ 'S I «3 S 'S = 1 ! s sS f f ! 1 2 f J j j i U a f l ^ 1 f-i a E == .§ I j ; | JS d 8-§“8 t u H i J » ! - S | a § I S s S o H s ■o <9 u E g '. g | i „ U « 'S 5 ö 3 a 3) C o = S a-sg a ig -ii« ■g | e . | « s | % Tj ■n i Ifl i J u C ’ » • c = V S ‘S o n C ^ I J i J 1 03 oo u; j S ¡Q 6 § 3 8

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58 J. CHUM IŃSKI

Tabelle 4

Stand der Inbetriebsetzung der polnischen Industrie 1945 nach den Industriezweigen und den Wojewodschaften

Industriezw eige

Anzahl der Betriebe

im ganzen in Betrieb Prozent stillstehende Prozent fehlende Angaben Prozent Bergbau 481 340 71 122 25 19 4 M ineralindustrie 2323 889 38 1348 58 86 4 Hütten und Metallurgie 3481 2433 70 780 22 268 8 Elektrotechnische Industrie. 316 229 72 8C 25 7 2

Präzise und Optische

Indune 104 82 79 18 17 4 4 C hem ieindustrie 904 617 68 256 28 31 3 Textilindustrie 1181 850 72 300 25 31 3 Papierindustrie 277 174 63 100 36 3 1 Polygraphie 507 419 83 70 14 18 4 Ixderindustrie 340 235 69 79 23 26 8 Holzindustrie 3784 2072 55 1543 41 169 4 M usikinstrum ente und Soielzeuee 30 22 73 8 26 -

-lin d e s Verarbeitung und

Ix'bcnsmittelindustrie 13750 10123 74 3328 24 299 2 Bekleidungsindustrie 830 648 78 116 14 66 8 Bauindustrie 1567 1220 78 252 16 95 6 Kraftwerke. Gaswerke, Wasserleitung, Schlachthöfe 898 680 76 195 22 23 3

Betriebe der nicht

festgestellten Branche 980 2 0,2 845 86 133 13 Zusammen 31753 21035 66 9440 30 1278 4 W ojewodschaften Stadt W arszawa 1166 852 73 314 27 _ _ Warszawskie 2088 1592 76 486 23 10 0.5 Stadt Lódż 780 728 93 52 7 - -Łódzkie 2001 1489 74 510 26 2 0.1 Kieleckie 2050 1570 77 477 23 3 0.1 Lubelskie 1651 1403 85 238 14 16 1 Białostockie 709 482 68 216 30 II 2 Olsztyńskie 702 199 28 475 68 28 4 Gdańskie 1480 782 53 556 37 142 10 Pomorskie 2057 1515 74 371 18 171 8 Szczecińskie 1480 410 28 805 54 265 18 Poznańskie 3906 2854 73 1012 26 40 1 W rocławskie 4734 1787 38 2493 53 454 9 Śląskie 3361 2493 74 819 25 49 1,5 Krakowskie 2328 1912 82 339 15 77 3 Rzeszowskie 1244 959 77 275 22 10 1

Zusammen 31743ab 21027a 66 9438“ 30 1278 4

Quelle: S. Jankowski, Odbudowa i rozwój przemysłu polskiego... 1990, S. 130-131.

“D iese Z ah len stim m en mit den analogen Z ahlen im ersten Teil der T ab elle nicht überein, weil in der GUS [H auptam t fü r StatistikJ-Statistik sich ein Feh ler in dem Resümee befindet.

(17)

DER EINFLUß DES KRIEGES UND D ER GRENZVERÄNDERUNGEN A U F DEN S T A N D .. 59

Zu den Branchen, in denen die meisten Betriebe ihre Arbeit aufnahmen, gehörte die Polygraphie (83%), die Präzisions- und optische Industrie (79%), die Bekleidungsuntemehmen (78%) und das Baugewerbe (78%). Schlüsselfunktion für

die wirtschaftliche Entwicklung des Landes hatten dam als solche Zweige wie der Bergbau, die Hütten- und Metallindustrie, die Textil-, Chem ie- und elektro­ technischen Betriebe. In allen diesen Fällen war der Prozentsatz der sofort arbeit­ enden Unternehmen höher als im Durchschnitt und bewegte sich zwischen 68 und 72% (der Mittelwert für alle Branchen belief sich auf 66% ). Erhebliche Unter­ schiede stellen wir allerdings zwischen den einzelnen Regionen des Landes fest. Die wenigsten arbeitenden Betriebe gab es in den im Westen und Norden gelegenen W ojewodschaften. Das ist verständlich, weil die Kriegshandlungen hier später endeten als in den übrigen Teilen Polens. In den W ojewodschaften Olsztyn und Szczecin wurden nur 28% der Unternehmen in Betrieb genommen; in den Wojewodschaften Wrocław 38% und Gdaiisk 53% (der Durchschnittswert landesweit bei 66%). Am günstigsten gestaltete sich die Lage in den Gebieten, die weniger unter den Folgen des Krieges zu leiden hatten oder zu einem früheren Zeitpunkt befreit worden waren; so waren z.B. in Łódź 93% der Unternehmen tätig, in den Wojewodschaften Lublin 85%, Krakau 82%, Rzeszów 77% und Warschau 76% .

Ein erheblicher Teil von Betrieben, die 1945 nicht die Produktion aufnahmen, wurde aufgelöst oder unterlagen der Dekapitalisierung. Zu ihrer Arbeitsaufnahme fehlte es an Kapital, qualifizierten Kadern, einer modernen Technologie und Rohstoffen. Dabei muß man vor allem im Hinblick auf die Wiedergewonnenen Gebiete bedenken, daß sie jetzt gegenüber früheren Zeiten völlig gegensätzliche ökonomische Funktionen zu erfüllen hatten. Die Struktur der Industrie hing von jenen Prioritäten beim Aufbau und den Aufgaben ab, die diesen Gebieten im wirtschaftlichen Gesamtorganismus Polens zugewiesen wurden. Viele Betriebe wurden liquidiert oder abgewickelt. Gegen Ende des Jahres 1946 waren in Polen 22 855 Unternehmen tätig, d.h. etwa 72% der 1945 gesicherten Betriebe (31 753), also

nur 8% m ehr als der damals tätigen Betriebe (21 035). In den sog.

Wiedergewonnenen Gebieten arbeiteten von den in der Industriestatistik 9255 verzeichneten Unternehmen nach nahezu anderthalb Jahren 5121 d.h. 55%

{Statystykaprzemysłowa... 1949; Róg 1948, S. 160).

3. DIE VERÄNDERUNGEN DER EIGENTUMSVERHÄLTNISSE

DER INDUSTRIE

Eine indirekte Folge des Krieges waren tiefgreifende Veränderungen auf dem Gebiet der Eigentumsverhältnisse. D er in der Publizistik der 40-er Jahre und später durch die Historiographie übernomm ene Terminus „Drei-Sektoren-W irtschaft”, mit

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dem die Koexistenz verschiedener Eigentumsformen bezeichnet wurde, gibt keineswegs die wirkliche Dominanz des Staates in Eigentumsfragen und den Grad der Zentralisierung bei der Leitung der Wirtschaft wieder. Zu den Bereichen, die von der PPR als strategisch wichtig angesehen wurden und durch eine völlige Kontrolle die Erhaltung der Macht garantieren sollten, gehörten neben dem Unterdrückungsapparat (MO - Bürgermiliz und UB - A m t für Nationale Sicherheit) das Militär, die Außenpolitik und auch die Industrie, insbesondere ihre Schlüsselzweige. Dies wurde von Władysław Gomułka au f dem Plenum des ZK der PPR im Februar 1945, das die grundlegenden Richtlinien für die Organisation der Industrie umriß, deutlich gemacht. In diesem Zusammenhang sprach er auch von der Rolle des Auslandskapitals: „Je rascher wir die wirtschaftlichen Probleme beherrschen, aufgreifen und lenken können, umso schneller und stärker werden wir auf die in Polen ablaufenden Prozesse Einfluß nehmen können [...] Auch um den Preis von gewissen Verlusten, die unsere nationale Volkswirtschaft infolge unserer Unfähigkeit davontragen wird [...] Es darf keine für uns ungünstige politische Entwicklung zugelassen werden” (KC PPR S y gn.295/11/1, S.8-9). Ausdruck dieser Tendenz war die Zentralisierung der Wirtschaftsleitung. Schon 1945 wurde ein in seiner Struktur überdimensioniertes Industrieministerium gebildet, das aus 7

Funktionaldepartements und 14 Branchendepartements als zentralen Ämtern

bestand. Die Rolle der Leitungen in den einzelnen Fabriken wurde lediglich auf die unmittelbare Verwaltung des ihnen anvertrauten Vermögens reduziert. Bedingung für die Kontrolle der Industrie war deren möglichst umfassende Nationalisierung, die weit über die offiziellen Deklarationen hinausging. In diesem Falle wurde in der offiziellen Propaganda eine sozialistische Terminologie vermieden. Auch der eingeschränkte Geltungsbereich des im Januar 1946 angenommenen Gesetzes über die Nationalisierung war ein Täuschungsmanöver besonderer Art; es ergab sich sowohl aus der allgemeinen Strategie Moskaus in den ersten M onaten nach dem Kriege, sog. nationale Wege zum Sozialismus zu tolerieren und sogar zu unterstützen, als auch aus der Schwäche des politischen Hinterlandes der Kommunisten in Polen. In der Praxis wurde jedoch angestrebt, möglichst viele Betriebe unter die Kontrolle des Staates zu stellen; auch solche, die laut Gesetz nicht Verstaatlichung unterliegen sollten. Die damalige Taktik der PPR charakterisierte das Mitglied des PKWN und Leiter der Industrieabteilung im ZK der PPR Mieczysław Popiel so: „Unsere Formulierungen sprachen keineswegs davon, daß wir auch die mittelständische Industrie verstaatlichen oder sozialisieren würden. Theorien dieser Art gab es überhaupt nicht. Wir sprachen lediglich davon, daß wir ehemaliges deutsches Vermögen und den Besitz von Kollaborateuren übernehmen und verstaatlichen; alle übrigen Fabriken stellen wir unter zeitweilige staatliche Verwaltung (vor allem wenn der Eigentümer nicht am Ort ist). Wir wußten natürlich, daß der Löwenanteil vermögender Polen nicht im Lande verblieben war

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und vor Ort nur Kollaborateure anzutreffen waren. W ir waren uns dessen bewußt, daß wir nichts riskierten: War er ein Kollaborateur, haben wir ihn nationalisiert; war er ein ordentlicher Mensch, war er nicht anwesend. Wenn nicht mit dem Stock - so mit dem Knüppel - so oder anders bringen wir den Betrieb unter zeitweilige

staatliche Verwaltung. Auf diese Weise vollziehen wir de facto die

Nationalisierung” (Relation Sygn.172, S. 93). Versuche der Eigentümer oder ihrer Erben, die Betriebe wiederzubekommen, stießen auf erhebliche Schwierigkeiten. Die PPR initiierte Proteste der Belegschaften und übte D ruck auf die Staatsorgane aus: auf die Provisorische Regierung, die Staatsanwaltschaft und auf die Gerichte. Es kam vor, daß Eigentümer, die allzu energisch die Rückgabe ihres Vermögens forderten, infolge von Anzeigen bei der UB - den Organen für staatliche Sicherheit - eingeschüchtert oder verhaftet wurden. Gegen Ende des Jahres 1946 betrug die d u rch sch n ittlich e Anzahl von B eschäftigten in P riv atb etrieb en etw as über 10 Personen; insgesam t arbeiteten in ihnen 137 342 A rb e itn e h m er (10,6% der B eschäftigten ). Die staatliche In d u strie war schon d a m a ls A rb eitg eb er von 1 061 231 Personen (81,8%); im genossenschaftlichen und Selbstverwaltungssektor arbeiteten 98 584 Personen (7,6%). In den folgenden Jahren nahm der Anteil des privaten Sektors bei der Beschäftigung ab. 1947 betrug er 9,8% , im Jahre 1948 noch 7,3% und 1949 schließlich 3,8%. Nach 1950 ging er weiter drastisch zurück. 1955 arbeiteten in Privatbetrieben 5028 Personen, d.h. 0,2% aller Beschäftigten. Bis zum

1. O ktober 1948 wurden nach offiziellen Angaben 35 255 Unternehmen verstaatlicht. Diese hohe Zahl ergab sich daraus, daß in der Statistik Einzelbetriebe berücksichtigt wurden, die allerdings häufig zu U nternehm en mit m ehreren Betrieben gehörten. Unter solchen Umständen scheint d ie These von Janusz Kaliński und Jacek Luszniewicz völlig begründet zu sein, daß man eher von einem etatistischen System der M ehrsektorenw irtschaft sprechen kann, die schon dam als Elemente der grundlegenden Merkmale des sowjetischen M odells einer zen tral geleiteten W irtsch aft in sich barg (K C P P R Sygn. 2 9 5 /X I/164, S. 1-3; K C PPR Sygn. 295/X I/443, S. 233-234; KC P P R Sygn. 295/X III/24, S. 92; Jan k o w sk i 1989, S. 159; K aliński, L uszniew icz 1993, S. 2 3 -2 8 ).

4. SCHLUßFOLGERUNGEN

Die nach 1945 entstandene ökonom ische und so ziale Struktur Polens, die sich von der Vorkriegszeit unterschied, eröffnete trotz em pfindlicher Z erstörungen und biologischer V erluste die C hance a u f eine rasche w irt­ schaftliche Entwicklung. Die Voraussetzung bildeten hierfür die Schaffung eines effektiven ökonom ischen S ystem s sowie die erfo lg reich e N utzung der dem ographischen und natürlichen Ressourcen des L andes. Eine solche C hance wurde w eitgehend vertan. E ntscheidenden E influß hatten hierauf die

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unm ittelbar nach Kriegsende einsetzenden und im V e rlau f der Jahre zunehm enden Prozesse einer Zentralisierung und B ürokratisierung der W irtschaftsverw altung, die Einschränkung und schließliche Liquidierung des privaten Sektors, sowie die bevorzugte Förderung d er Produktionsm ittel herstellenden Zweige.

ARICHIV ALIEN

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- D elegatura Rządu na Kraj, Departam ent Spraw Wewnętrznych [V ertretung der Regierung für das Land, das Departement für Innere Angelegenheiten],

- GO KERM - Grupy Operacyjne K om itetu Ekonomicznego Rady M inistrów [Operations­ gruppen des Ökonomischen Komitees des Ministerrates],

- KC PPR - Komitet Centralny Polskiej Partii Robotniczej [Zentralkom itee der Polnischen A rbeiterpartei],

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