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Handbuch der Physiologie des Menschen. Bd. 3, Physiologie der Sinne

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WŁIjłTEKl

o. k. kursirń^owego gimnastycznego

(6)

HANDBUCH

DER

PHYSIOLOGIE DES MENSCHEN

IN VIER BANDEN

BEARBEITET VON

CHR. BOHR-Kopeniiagen, R. du BOIS-REYMOND-Beblin,

H. BORUTTAIJ-Góttingen, O. COH NHEI M-Heidelberg, M. CREMER-Munchen, O. FR ANK-Munchen, M. von FREY-Wubzbubg, A. GtJRBER- Wurzbubg, F. B. HO F M A N N-Leipzig, J. von K RIE S - Fbeiburg i. br.,

O. LANGENDORFF-Rostock, R. METZNER-Basel, W. NAGEL-Beblin,

E. OVERTON-Wubzbubg, J. PAWLOW-St. Petersburg, K. L.

SCHAEFER-Berlin, FR. SCHENCK-Marbubg, P. SCHULTZ-Beblin, H. SELLHEIM-

Freiburg i.br , T. THUNBERG-Upsala, R. TIGERSTEDT-Helsingfors, A. TSCHERMAK-Halle, E. WEINLAND-Munchen, O. WEIS S-Konigsberg,

O. ZOTH-Graz

herausgegeben von

W. NAGEL

IN BERLIN

MIT Z AHLREICHEN ; iE GE D R U C K T E N ABBILDUNGEN

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DRITTER BAND

PHYSIOLOGIE DER SINNE

BRAUNSCHWEIG

DRUCK UND VERLAG VON FRIEDRICH VIEWEG UND SOHN

(7)

HANDBUCH

DER

PHYSIOLOGIE DES MENSCHEN

HERAUSGEGEBEN VON

W. NAGEL

IN BERLIN"

DRITTER

BAND

PHYSIOLOGIE

DER

SINNE

BEARBEITET V O N

J. v o n. KRI E S - Freiburg i. br., W. N A G E L - Berlin,

K. L. SCHAEFER-Berlin,FR. SCHENCK-Marburg, T.THUNBERG-Ufsala,

O. WEISS-Kónigsberg, O. ZOTH-Graz

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BIBLIOTEKI

te. k. kursu naufoyfoy gj.pnflst.yezrutgn W KRAKOWIP

MIT 134 EINGEDR UCKTZEN ABBILDUNGEN UND 2 TAFELN

BRAUNSCHWEIG

DRUCK UND YERLAG VON FRIEDRICH VIE

(8)

Alle Rechte, namentlich dasjenige der Ubersetzung in fremde Sprachen. Yorbehalten

(9)

V O R W O R T.

Fiinfundzwanzig Jahre sind gerade verflossen, seit L. Hermann sein groBes Handbuch der Physiologie herausgab, das uns allen unent- bebrlich geworden ist und es noch lange bleiben wird. Wenn ich es jetzt unternehme, ein neues Sammelwerk iiber Physiologie den Fach-genossen vorzulegen, so bin ich wenigstens darin der Zustimmung Vieler sicher, daB es keine iiberflussige Arbeit war, wieder einmal unter Zusammenfassung der Krafte mehrerer Forscher das jetzige Wissen auf physiologischem Gebiet festzulegen. VielNeues haben die Jahre, die seit dem Erscheinen des Hermannschen Buches dahin- gingen, uns gebracht, die Anschauungen iiber manche Dinge haben sich von Grund aus geandert, auf mąnchen Gebieten ist die erregte Erórterung zurRuhe gekommen und hat einer verhaltnismaBigen Klar-heit Platz gemacht. Neue Forschungsmethoden und neue Forschungs- gebiete sind uns erschlossen worden; ein modernes Lehrbuch muB an- sehnliche Kapitel iiber Gegenstande enthalten, die man noch vor 20 bis 30 Jahren kaum mit einem Worte beriihrte.

Fast noch wichtiger ais fiir den Fachphysiologen erschien mir die Schaffung eines neuen Handbuches der Physiologie fiir die Vertreter der Nachbargebiete. Der Zoologe, der Anatom, der Pathologe, Neu-rologe, Psychologe, Psychiater, der Ophthalmologe, sie alle kommen haufig genug in die Lagę, sich iiber die Stellung der Physiologie zu dieser oder jener Frage genauer unterrichten zu wollen, ais es aus den fiir Studierende geschriebenen Lehrbiichern geschehen kann. Die physiologischen Zeitschriften und die monographische Fachliteratur sind nicht leicht genug zuganglich; ein gróBeres Handbuch ist in solchem Fali das erwiinschte Hilfsmittel.

Diese Erwagungen veranlaBten mich, ais die Verlagshandlung Friedr. Vieweg & Sohn an mich mit der Anregung zur Herausgabe eines Handbuches der Physiologie herantrat, diesem Piane lebhaftes Interesse entgegenzubringen und den Versuch zu machen, ob ich unter den Fachgenossen dieentsprechendeUnterstiitzung fande. Ein

(10)

Sammel-VI Yorwort.

werk mit Beteiligung nicht zu weniger Autoren konnte von vornherein nur in Betracht kommen, wenn die einigermaBen gleichwertige Durch-arbeitung der verschiedenen Gebiete gewahrleistet sein sollte.

Ich batte das Gliick, in Deutschland und im Auslande hervor- ragende Forscher zur Mitarbeit bereit zu finden, und so unternahm ich die Herausgabe des Werkes, dessen Veróffentlichung nun beginnt und, wenn kein unvorhergesehenes Hindernis eintritt, binnen Jahres-frist beendigt sein diirfte.

Das ganze Werk soli aus vier Banden zu je etwa 40 Bogen be- stehen. Es soli eine Zwischenstufe bilden zwischen unseren verschie- denen Lehrbiichern fur Studierende und den umfangreichen Dar-stellungen der Physiologie, wie sie das franzósische Dictionnaire de physiologie gibt und wie sie sich aus dem verdienstvollen Werke von Asher und Spiro, den „Ergebnissen der Physiologie", in gewissem Sinne entwickeln wird. Vollstandigkeit der Literaturzitate muB Werken der letzteren Art vorbehalten bleiben, das Handbuch dagegen soli eine von zustandiger Seite getroffene Auswahl aus dem vorhandenen Materiał an veróffentlichten Untersuchungen bieten, die wichtigsten Werke zitieren und demjenigen, der tiefer in das Studium der Physio­ logie eindringen will, die Wege ebnen. Inwieweit uns dies gelungen ist, werden die Fachgenossen zu entscheiden haben.

So manches wird an einem derartigen Buche auszusetzen sein. In erster Linie wird die Anordnung des StofEes nicht jedermanns Beifall finden. Doch ich getróste mich der. Nachsicht der Fachgenossen, denen es allen bekannt sein wird, daB es eigentlich unmóglich ist, das Gesamtgebiet der Physiologie in einer wirklich befriedigenden Weise einzuteilen, und nun gar noch, wenn es sich um die Verteilung des Materials an eine gróBere Zahl von Mitarbeitem handelt. Mannigfache Griinde, dereń Erórterung nichthierher gehórt, nótigten zuweilen, ein Gebiet der Physiologie zu teilen, den einen Teil diesem, den anderen jenem Autor zur Bearbeitung zu iibergeben, wahrend es am wiinschens- wertesten gewesen ware, das ganze Gebiet ungeteilt in einer Hand zu lassen. Auch Hermann bat ja seinerzeit die gleiche Schwierigkeit gefunden, wie er in seinem Vorwort erwahnt. Immerhin habe ich mich bemiiht, das einzelne Arbeitsgebiet, wo irgend móglich, so abzu- grenzen, daB es sich zu einem abgeschlossenen Ganzen rundete. Dies schien mir wichtiger und fur Autor wie Leser befriedigender, ais wenn das Hauptaugenmerk darauf gerichtet worden ware, zu vermeiden, daB ein und derselbe Gegenstand in verschiedenen Kapiteln, von verschie- denen Autoren besprochen und verschieden beurteilt wird.

(11)

Yorwort. VII

Die Reihenfolge, in der die einzelnen Kapitel sich aneinander- schlieBen, war in vielen Fallen durch den sachlichen Zusammenhang- ohne weiteres gegeben. In anderen Fallen, wo man iiber die zweck-maBigste Art der Aneinanderreibung im Zweifel sein konnte, babę ich auBere Griinde entscheiden- lassen, die Reihenfolge des Eingangs der Manuskripte, den Umfang der einzelnen Kapitel usw. Die beiden ersten Bandę, die den Stoffwechsel und die Ernahrung behandeln, bilden eigentlich ein einheitliches Ganzes, und der Schnitt, der notwendig war, um einen zu volumindsen Band zu vermeiden, ist hi er natiirlicli ganz bedeutungslos.

Die Physiologie des Menschen sollte das Handbuch behandeln; die Untersuchungen an Tieren sollten nach unserer Verabredung nur insoweit herangezogen werden, ais das Tier bei denVersuchen gewisser-maBen fiir den Menschen substituiert gedacht ist. Das geschieht nun bekanntlich in sehr vielen Fallen, groBe Abschnitte stiitzen sich fast ausschlieBlich auf Tierversuche. Nur die eigentliche vergleichende Phy­ siologie, so interessanteErganzungen sie vielfachgeboten hatte, muBten wir, von einigen speziellen Fallen abgesehen, beiseite lassen, um das Werk nicht allzusehr anschwellen zu lassen. Das Prinzip, die Physio­ logie des Menschen in den Vordergrund zu stellen, hat mich auch bei der Bemessung des relativen Umfanges der einzelnen Kapitel ge- leitet, die in einzelnen Punkten von der in vielen Lehrbiichern iiblichen abweicht. Denjenigen Kapiteln wurde mehr Raum gegeben, die fiir die Kenntnis der Lebensvorgange im menschlichen Organismus besondere Bedeutung haben und demnach den Arzt am nachsten be- riihren. Einzelne Kapitel freilich sind stark iiber meine Veran-schlagung hinaus angewachsen.

Eine Eigentiimlichkeit der durch Zusammenarbeit Vieler ent-standenen Werke ist und bleibt ja immer die Ungleichartigkeit in der Darstellung der einzelnen Gebiete. DaB diese Ungleichartigkeit sich auch auf rein AuBerliches erstreckt, ist in gewissem Sinne bedauerlich, aber wohl kaum zu vermeiden. Das MaB der Literaturangaben und der nótigen Abbildungen bemessen die einzelnen Autoren bekanntlich sehr verschieden. Der Herausgeber kann hier nur ungefahre Anhalts- punkte geben, nicht aber seine eigenen Grundsatze durchfiihren. Hin-sichtlich der Abbildungen habe ich im allgemeinen auf Sparsamkeit mit solchen Figuren hinzuwirken gesucht, die, ohne das Verstandnis des Textes wesentlich zu fórdern, mehr nur zur Dekoration gedient hatten. An wirklich instruktiven Abbildungen aber ist nicht gespart worden. Die Yerlagshandlung hat in dieser wie in jeder anderen Hin-

(12)

VIII Yorwort.

sicht ein weitgehendes Entgegenkommen bewiesen und dem Heraus-geber die nicht immer ganz leichte Aufgabe in verscbiedener Richtung nacb Móglicbkeit erleichtert. Icb benutze gern diese Gelegenheit, der Verlagshandlung Friedr. Vieweg & Sohn auch an dieser Stelle meinen warmsten Dank zu sagen.

Herrn Dr. Pip er habe icb fiir wirksame Unterstiitzung bei der umfangreichen Korrekturarbeit bestens zu danken.

Zu herzlicbem Dank bin ich den Herren Mitarbeitern verbunden, die sich bereit finden liefien, gemeinsam mit mir dieses neue Hand­ buch der Physiologie zu verfassen. Móchte es uns gelungen sein, ein Werk zu schaff en, das Vielen gute Dienste leistet.

Berlin, im Juli 1904.

(13)

INHALTSYERZEICHNIS.

Allgeineine Einleitung zur Physiologie der Sinne.

Seite

1. Die Lehre yon den spezifisehen Sinnesenergien von W. Nagel . . 1

2. Zur Psychologie der Sinne von J. v. Kries...16

Raumliche und zeitliche Ordnung der Sinneseindrucke...16

Grenzen der Wahrnehmung und Unterscheidung. Schwellenwerte ... 18

Spezifische Vergleichungen...22

Theoretisehes. Messung der Empfindungsstarken. Fechners psycho-physisches Gesetz...23

Theorie der spezifisehen Vergleichungen. Psychologische Analyse ... 25

Der Gesichtssinn.

1. Dioptrik und Aceommodation des Auges von Fr. Schenck . . . . 30

I. Physikalische Vorbemerkungen ...30

1. Ma 13 der Konvergenz eines Strahlenbiindels...30

2. Brechung an einer spharischen Flachę... 30

3. Konjugierte Punkte, Knotenpunkt, Hauptpunkt und Hauptebene . . 32

4. Brennpunkte und ihre Beziehungenzur Brechkraft...32

5. Objekt- undBildgrbISe... . 33

6. Brechung in einem zentrierten System von mehreren spharischen Flachen...33

7. Berechnung der Kardinalpunkte eines Systems...36

II. Die Lichtbrechung im normalen ruhenden Auge...38

A. Die optischen Konstanten des menschlichen Auges...39

s 1. Die Brechungsindices der Medien...39

2. Die Badien der Flachen...41

Der Radius der vorderen Hornhautflache...41

Der Radius der hinteren Hornhautflache...42

Der Radius der vorderen Linsenflache...43

Der Radius der hinteren Linsenflache...44

3. Die Abstande der brechenden Flachen ...44

Die Dicke der Hornhaut ...44

Die Tiefe der vorderen Kammer...44

Die Linsendicke...45

B. Die Kardinalpunkte des Auges...45

C. Emmetropie; Refraktionsanomalien...47

III. Die Aceommodation des Auges...49

A. Die bei der Aceommodationtatsacblich nachweisbarenVeranderungen 50 1. Veranderung der Linsenkrummung...50

(14)

X Inhaltsverzeichnis.

Seite

3. Linsenschlottern ... 52

4. Vorriicken der Ciliarfortsatze ... 53

5. Konstanz des intraokularen Druckes... 54

B. DerMechanismus der Accommodation... 54

C. Mali der Accommodation ... 57

Bestimmung des Nahepunktes und Fernpunktes... 60

D. Innervation des Accommodationsmuskels... 60

1. Anhang. Aphakie ... 68

2. Anhang. Accommodation in der Tierreihe... 68

IV. Unvollkommenheiten des dioptrischen Apparates des Auges 69 A. Polychromatische Aberration... 69

B. Monochromatische Aberration ... 70

1. Spharische Aberration... 70

2. Astigmatismus ... 72

Astigmatismus beisenkrechter Inzidenz derStrahlen, aber bei nicht genau spharisch gekriimmten Flachen... 72

Astigmatismus bei schiefer Inzidenz eines Strahlenbundels . . 73

Astigmatismus durch mangelhafte Zentrierung... 75

3. Mangelhafte Homogenitat der Medien ... 76

Anhang. Die Menge des zur Netzhaut gelangenden Lichtes . 76 V. Kompensation der ungenauen Abbildung im Auge durch physiologische Einrichtungen... 77

VI. Die Iris... 79

A. Dioptrische Bedeutung der Iris... 79

B. Mechanik der Irisbewegung ... 81

C. Innervation der Irismuskeln ... 82

Die Pupillarreflexbahn... 85

VII. Theorie des Augenspiegels 89

2. Die Wirkungen des Lichtes auf die Netzhaut von W. Nagel . . . 91

I. Die objektiven Erscheinungen der Netzhauterregung .... 91

1. Veranderungen des tinktoriellen Verhaltens und der chemischen Re-aktion der Netzhautelemente unter dem Einflufi des Lichtreizes . . . 91

2. Bewegungserscheinungen an den Netzhautelementen... 92

a) Die phototrope Reaktion des Pigmentepithels... 92

b) Die Kontraktionder Netzhautzapfen unter dem Einflufi des Lichts 94 3. Der Sehpurpur... 95

4. Die elektromotorisehen Wirkungen der Netzhaut...101

a) Der Ruhestrom (Dunkelstrom)...101

b) Die Stromesschwankungen bei Reizung durch Licht...102

II. Der Ortder Reizwirkung des Lichtes beim Sehen...105

3. Die Gesichtsempfindungen von J. v. Kri es... 109

I. Die Gesetze der Lichtmischung...110

Physikalische und technische Vorbemerkungen...110

Die einfachen Lichter...•...112

Begrenzung des sichtbaren Spektrums ... 113

Allgemeine Gesetze der Lichtmischung... 113

Die Purpurtone... 114

Misehung zweier langwelliger Lichter. Schwerpunktskonstruktion . 114 Mischung beliebiger Lichter. Farbentafel ... 116

Aichung eines Spektrums... 119

Komplementarfarben. Rot-Grun-Mischungen...120

(15)

Inhaltsyerzeichnis. XI Seite

Anomale trichromatische Systeme... 124

Die Theorie der Gęsich tsempflndungen von Th. Young und Helmholtz...127

II. Die Gesichtsempfindungen und ihre psychologische Ordnung 132 Benennungeu objektiv definierter Lichter...132

Aufgabe einei' subjektiven Betrachtung der Gesichtsempfindung . . 133

Dreifache Bestimmtheit der optischen Empflndungen...134

Gegenseitige Beziehungen der optischen Empflndungen ...135

Die Prinzipalempfindungen. Auberts Vierfarbentheorie...137

Beziehung der Ubergangsempflndungen zu den prinzipalen. Psycho-Jogische Analyse ... 139

Ergebnisse der psychologischen Betrachtung in bezug auf die physio-logischen Vorgange ... 142

Heriiigs Theorie der Gegenfarben . ... 144

III. Die dichromatischen Farbensysteme...149

Angeborene partielle Farbenblindheit... 149

Allgemeine Gesetze der Lichtmischung. Dichromatisches Sehen . . 151

Spezielle Verhaltnisse der Lichtmischung. Das protanopische und das deuteranopische Sehorgan...152

Indiyiduelle Unterschiede physikalischeń Ursprungs... 156

Lagę des neutralen Punktes im Spektrum. Bot-Griin-Verwechslung 157 Beziehungen der dichromatischen zum normalen trichromatischen Farbensystem... 159

Ergebnisse fiir das normale Sehen...161

Erklarung der Farbenblindheit aus der Helmholtzschen Theorie . 163 Empflndungen dei- Dichromaten... 164

Blaublindheit...166

IV. Die Adaptation des Sehorgans. Dammerungs- und Tages-sehen. Die angeborene totale Farbenblindheit ...168

Die Adaptation des Sehorgans. Schwellenwerte und Empflndlichkeit 168 OrtlicheUnterschiede der Empflndlichkeit imdunkeladaptiertenAuge 170 Das Sehen des dunkeladaptierten Auges. Dammerungs.-ehen .... 172

Unterschiede des Dammerungs- und Tagessehens. Purkinj esches Phanomen...176

Isolierung des Dammerungssehens. Schwellen des Tagessehens. . . 179

Isolierung des Tagessehens. Fehlen des Dammerungssehens im Netz-hautzentrum...181

Absolute und speziflsche Schwellenwerte. Farbloses Interyall . . . 183

Hypothese iiber die Funktion der Stabchen. Duplizitatstheorie. Be-deutung des Sehpurpurs...184

Ortliche Unterschiede der Stabchen- und Zapfenfunktion ...187

Grofie des stabchenfreien Bezirks... 187

Qualitat der durch die Stabchen heryorgerufenen Empflndungen . . 188

Die angeborene totale Farbenblindheit...189

Herings Lehre von der spezifischen Helligkeit der Farben .... 192

V.Das Sehen der exzentrischen Netzhautteile...193

Ausdehnung des Gesichtsfeldes...193

Abweichung des Farbensystems der exzentrischen Teile vomzentralen 194 Ortliche Ungleichheiten des Dammerungssehens...195

Ortliche Unterschiede des Tagessehens. Allgemeines ... 196

Die Farbenblindheit derPeripherie; dichromatischeundtotal farben-blinde Zonę...197

Farbengesichtsfelder . ...199

Exzentrisches Sehen der Dichromaten ...2U0 Theoretisches...202

(16)

XII Inhaltsyerzeichnis.

Seite VI. Positiye und negatiye Nachbilder. Lokale und

Farben-umstimmungen des Sehorgans...205

Positiyeund negatiye Nachbilder...205

Fechner-Helmholtzsche Auffassung der positiyen und negatiyen Nachbilder ...206

EinfluB der Stimmung auf das Verhalten des Sehorgans bei Ab-wesenheitvon auBeren Reizen ...208

EinfluB der Stimmung des Sehorgans auf die durch Lichtreize her- yorgerufenen Erfolge... 208

Persistenz dei‘ optischen Gleichungen...209

DerKoeffizieutensatz... 211

Umstimmung durch farblose Lichter...212

Farben-Umstimmung... 213

Zeitliche Verhaltnisse der Umstimmung ...215

Theorien derUmstimmung...217

VII. Zeitliche Verhaltnisse der Lichtwirkung...220

Wirkung kurz dauernder Reize ...220

Theoretisches...226

Das Ansteigen der Erregungsyorgangebei dauernder Belichtung . . 226

Das Abklingenpositiyer Nachbilder...228

Wirkung periodischer Reize...230

VIII. Induzierte Licht- und Farbenempfindungen...232

Licht- und Farbeninduktion. Simultaner Kontrast...232

Gleichsinnige Induktion...236

Successiye Licht- und Farbeninduktion... 237

Theorien derLicht- und Farbeninduktion ... 237

Zur Kritik der Kontrasttheorien...241

Farbeninduktion durch weilies Licht...245

IX.Grenzen der Wahrnehmung undUnterscheidung. Spezifische Vergleichungen...246

Einfache Schwellen...246

Unterschiedsschwellen... 249

Zeitliche Unterscheidungsfahigkeit. Verschmelzungsfrequenz .... 252

Spezifische Vergleichungen. Helligkeit ungleichfarbiger Lichter . . 256

Sogenannte Methoden der heterochromen Photometrie...258

Andere spezifische Vergleichungen...260

X. Krankhafte und experimentell erzeugte Modifikationen des Farbensinnes... 261

Erworbene Storungen des Farbensinnes...261

Wirkung des Santonins auf den Farbensinn ... 263

XI.Wirkung nieht adaąuaterReize auf das Sehorgan...264

XII. Ubersicht der Tatsachen. Ergebnisse fiir die theoretische Auffassung des Sehorgans ... 266

Hauptgruppen der Tatsachen. Sonderung des Tages- und Damme- rungssehens... 266

Trennung der farbigen Bestimmungen vom farblosen Sehen .... 267

Dreikomponentige Gliederung des Sehorgans... 268

Zonentheorie...269

Andere Theorien der Gesichtsempfindungen und des Sehorgans . . . 274

(17)

Inhaltsyerzeichnis. XIII

Seite

4. Augenbewegungen und Gesichtswahmehmungen von O. Zoth . . 283

I. Die Augenbewegungen ...283

A. Mechanik der Bewegungen des Augapfels ...284

1. Lagerung des Augapfels... 284

2. Formen des Augapfels... 285

3. Die Augenmuskeln... 287

4. Hemmende Mechanismen ...290

5. Lagę der beiden Augen zueinander... 291

6. Drehpunkt des Auges ... 292

7. Wirkungen der Augenmuskeln...296

8. Schemata, Ophthalmotrope . . . ...304

B. Physiologie der Augenbewegungen...307

1. Allgemeines, Terminologie...307

2. Drehungsgesetze... 309

3. Augenbewegungen bei Konvergenz der Blicklińien... . 316

4. Augenbewegungen und Kopf bewegungen... 317

5. Assoziation der Augenbewegungen ... 319

6. Ungewbhnliche Augenbewegungen... 321

7. Prinzipien und ITrsprung der Augenbewegungen...323

C. Inneryation der Augenbewegungen...325

1. Die Augenmuskelneryen und ihre Urspriinge...325

2. Gegenseitige Beziehungen derUrsprungskerne...329

3. Beziehungen zum Sehneryen ...329

4. Beziehungen zur GroBhirnrinde . ... 331

5. Zusammenfassung ...332

II. Das monoculare Sehen ... 335

A. Raumsinn und Sehscharfe...336

1. Wabrnehmung einzelner Punkte...336

2. Sehscharfe im direkten Sehen (zentrale Sehscharfe)...339

3. Sehscharfeim indirekten Sehen... 353

B. Monoculare Projektion... 356

1. Das monoculare Gesichtsfeld...356

2. Lokalisation mit unbewegtemAuge...359

3. Das monoculare und das binoculare Blickfeld...362

4. Lokalisation mit bewegtem Auge...364

; 5. Wahrnehmung von Bewegungen...365

C. Monoculare Tiefenwahrnehmung ...374

1. Erfahrungsmotiye der Tiefenwahrnehmung...374

2. EinfluB der Accommodation...376

3. EinfluB von Bewegungen ...379

D. Monoculare GroBen- und Entfernungsschatzung...380

1. Das AugenmaB... 380

2. Tauschungen des AugenmaBes... 384

III. Das binoculare Sehen...393

A. Einfachsehenund Doppeltsehen...394

1. Korrespondenz der Netzhaute...394

2. Binoculare Projektion...397

3. Horopter ... *...404

B. Binoculare Tiefenwahrnehmung...407

1. EinfluB derKonyergenz...407

2. Binoculare Parallaxe. Tiefensehscharfe...412

3. EinfluBder Blickbewegungen ...417

4. Tauschungen der binocularenTiefenwahrnehmung...418

C. Stereoskopie...421

.1. Grundziige der Stereoskopie...421

2. Verschiedene Apparate und praktische Anwendungen...426

(18)

XIV Inhaltsverzeichnis.

Seite

5. Die Ern.ah.rung und die Zirkulation des Auges von 0. W ei13 . . . 438

I. Die Ernahrung des Auges...438

1. Die Ernahrung des X. opticus...438

2. Die Ernahrung der Netzhaut...438

3. Ernahrung der Chorioidea, des Corpus ciliare und derIris...440

4. Die Ernahrung der Sklera... 440

5. Die Ernahrung der Cornea...440

6. Die Ernahrung der Linse...443

7. Ernahrung der Conjunctiva... 446

Der EinfluB von Nemn auf die Ernahrung des Auges... 446

1. EinfluB des Sehnerven...446

2. EinfluB des Sympathicus ... 447

II. Die Zirkulationsverhaltnisse des Auges... 448

A. Die Blutzirkulation...448

1. Die Zirkulation in der Netzhaut...448

1. Arterien...448

2. Venen... 449

2. Die Zirkulation in der Aderhaut...451

3. Die Zirkulation in den ubrigen Teilen der Orbita...452

Die Innervation der Betinagefafie...452

Die Innervation der GefaBedesAderhauttractus... 454

Die Innervation der ConjunctivagefaBe...455

B. Die lymphatische Zirkulation des Auges...456

I. Humor aąueus... 456

Griinde, welche fiir eine Strómung in der vorderen Kammer sprechen... 457

Die Herkunft des Humor aąueus ... 458

Der AbfluB des Humor aąueus...461

UberdenEinfluB des Sympathicus und des Trigeminus aufden Humor aąueus... 463

Veranderungen der Zusammensetzung des Humor nach ver-schiedenen Eingriffen...463

H. Humorvitreus...464

Der Fliissigkeitsweohsel im Glaskbrper...464

Die ubrigen Lymphraume des Auges...465

ni. Der intraoculare Druck... 465

EinfluB von Nerven auf die Hohe des intraocularen Druckes 467 6. Die Sehutzapparate des Auges von O. WeiB...469

1. Die Brauen und die Wimpern... 469

2. Die Augenlider...469

3. Der Tranenapparat ... 471

Der GeŁórssinn.

Von K. L. Schafer. I. Von den Tonempfindungen... 476

a) Untere und obere Horgrenze...476

b) Die Unterschiedsempflndlichkeit fiir Tonhohen ...483

c) Die Tonfarbe... 485

d) Intensitatsschwelle und Horscharfepriifung ... 488

e) Die Unterschiedsempflndlichkeit fiir Tonstarken...500

f) Kiirzeste Tonę...500

g) Anklingen und Abklingen... 504

h) Nachempfindungen...508

(19)

Inhaltsyerzeichnis. XV Seite

II. Von der Klangwahrnehmung... 512

a) Die mathematische und graphische Klangzusammensetzung und -zer-legung... 512

b) Die physikalische Klangzerlegung...514

c) Die physiologische Klangzerlegung...515

d) Die Klangfarbe . ... 516

III. Von den sekundaren Klangerscheinungen... 522

a) Die Schwebungen...522

b) Die Kombinationstone... 525

c) Die Variations- und sog. Unterbrechungstone...532

IV. Von den Tonęmpfindungen in musikalischer Beziehung .... 536

a) Konsonanz und Dissonanz...537

b) Tonverwandtscbaft und Leiterbildung...539

c) Intervallsinn und absolutes Tonbewufitsein...540

V. SpeziellePhysiologie des Gehororgans...542

a) Anatomische Vorbemerkungen ...542

b) Die Funktion des aufieren Ohres...547

c) Die Funktion des Mittelohres...550

d) Die Funktion der Schnecke. Die wichtigeren Hbrtheorien...562

e) Kopfknochenleitung. Diotisches Horen.Schallokalisation...573

VI. Von den Gerauschen...579

a)Physikalisches und Physiologisches...579

b) Psychophysisches... 586

Der Ger uclissinn.

Von W. Nagel. I. Das Geruchsorgan. Die Eiechnerven...589

II. Von den Eigenschaften der Riechstoffe...593

III. Der- Weg des Luftstromes beim Riechen... 596

IV. Die Reizung des Riechorganes...600

a) Die Reizung des Riechorganes mit adaąuaten Reizen...600

b) Die Reizung des Riechorganes mit inadaąuaten Reizen...602

V. Olfactometrieund Odorimetrie... 603

VI.Die Qualitaten der Geruchsempfindung. Klassif izierungs-versuche... 606

VII. Die Unterschiedsempfindlichkeit...612

VIII. Die zeitlichenVerhaltnisse der Geruchsempfindung...612

IX. Ermiidung des Geruchssinnes... 613

X. Mischungs- und Kompensationserscheinungen auf dem Ge- biete des Geruchssinnes...614

XI. Umstimmungs- undKontrasterscheinungen...616

XII. Lokalisation der Geruchsempfindungen...617

XIII. Geruchswahrnehmungen und Geruchsreflexe...617

XIV. Geruchssinn undAffekt ...619

I)er Gesclimackssiiiii.

Von W. Nagel. I. Das Geschmacksorgan; die Geschmacksnerven...621

II. Von den Eigenschaften der schmeckbaren Stoffe ...628

III. Die Mechanik des Schmeckens...629

IV. Die inadaąuaten Reize des Geschmacksorgans. Der

(20)

XVI Inhaltsyerzeichnis.

Seite

V. Gustometrie und Saporimetrie...634

VI. Anomalien des Geschinackssinnes. Toxische Einfliisse . . . 638

VII. Die Qualitaten der Geschmacksempfindung... 639

VIII. Die spezifische Disposition der einzelnen Geschmackspa-pillen. Die spezifische Energie der Geschmacksneryen . . 641

IX.Umstimmungs- und Kontrasterscheinungen...642

X. Mischungs- und Kompensationserscheinungen...643

XI.Die zeitlichen Verhaltnisse der Geschmacksempfindung . . . 644

XII. Die Unterschiedsempfindlichkeit...645

XIII. Gefiihlsbetonung der Geschmacks empfindungen...645

Physiologie der Druck-, Temperatur- und Schmerzempflndungen.

Von T. Thunberg. I. Geschichtliche Ubersicht ...647

II. Klassifikation der Hautempfindungen... 649

III. Sinnespunkte der Haut... 651

Die Methoden zur Aufsuchung der Sinnespunkte...652

Die Zahl und Anordnung der Sinnespunkte... 653

Die anatomischen Bildungen, welche den Sinnespunkten entsprechen . 654 IV. DieDruckempfindungen...656

Der adaąuate Beiz der Druckneryen und seine Wirkungsweise . . . 658

Die Abhangigkeit derDruckempflndung,insbesondere ihres Schwellen- wertes, von yerschiedenen Faktoren... 659

Der MeilSnersche Versuch...663

Die Nervenkranze der Haarscheiden... 663

Die Unterschiedsempfindlichkeit fiir Druckreize ...664

Der zeitliche Verlauf der Druckempfindungen...667

V. Die Kalte- und Warmeempfindungen... 669

Die Adaptationserscheinungen...670

Der adaąuate Beiz...673

Die paradoxen Temperaturempfindungen...678

Die Abhangigkeit der Temperaturempfindungen, besonders ihres Schwellenwertes, von yerschiedenen Faktoren...679

Die Eigenschaften des aufieren Beizes, welche auf den Beizerfolg von EinfluB sind...683

Die Unterschiedsempfindlichkeit fiir Kalte- und Warmereize...685

Der zeitliche Verlauf der Temperaturempfindungen...688

VI. DieHautschmerzempf indungen...688

Die Schmerzpunkte...690

Summationserscheinungen bei der Auslosung des Schmerzes...693

Die yerschiedenen Schmerząualitaten ...693

Die bei schwachster Erregung derSchmerznerven entstehenden Emp- findungen...695

Die ■ Schmerzempfindlichkeit yerschiedener Hautstellen. Algesimetrie 696 Schmerzempfindlichkeit der Mundhbhle...699

VII. Die Schmerzempfindlichkeit innerer Teile... 699

VIII. Die Empfindungen von Kitzel und Jucken...703

IX. Zusammengesetzte Hautempfindungen undihre Analyse . . 706

X. Die Apperzęptionszeiten der Hautempfindungen...708

XI. Die Lokalisation der Hautempfindungen...711

Lokalzeichen. Orts- oder Baumsinn...711

DieUntersuchungsmethoden ... 713 Die Abhangigkeit der Simultanschwellen von yerschiedenen Faktoren 723

(21)

Inhaltsyerzeichnis. XVII Seite

Wahrnehmung der GrbBe und der Gestalt der Objekte...726

Die Lokalisation der Temperaturempfmdungen...727

Die Lokalisation der Schmerzempfindungen...728

Mitempfindungen und yerwandte Erscheinungen ...728

Verwechslungen durch fehlerhafte Lokalisation ... . 729

XII.Die Subj ektiyierung und O bj ektiyierung der Hautempfin-dungen ... 730

XIII. Die Physiologie der Hautsinne und das Gesetz der spezifi-schen Sinnesenergien... 731

I)ie Lagę-, Bewegungs- und Widerstandsempfindungen.

Von W. Nagel. I. Die Lageempfindungen... 735

1. Die Empfindung der Orientierung des unbewegten Kbrpers gegen die Vertikale...736

2. Die Beziehungen zwiscben den Lageempflndungen und der optischen Orientierung ... 741

3. Die Orientierung des bewegten Kbrpers gegen die Vertikale .... 742

4. Die Empfindung der Lagę der einzelnen Kbrperteile...743

II. DieBewegungsempfindungen...748

1. DieEmpfindung der Bewegung des ganzen Kbrpers...748

2. Die Empfindung der Bewegung einzelner Kbrperteile ...751

III. Die Wider standsempfindungen... 755

IV. Theoretisches iiber die Bewegungs- und Lageempfindungen nicht-labyrintharen Ursprungs, sowie iiber die Wider- standsempf indungen...758

V. Der Schwindel und die Drehungsref lexe...762

1. Die Arten des Schwindels und dieBedingungen fiir seine Entstehung 762 2. Die Reflexe bei Schieflagen des Kopfes oder des ganzen Kbrpers . . 770

3. Die sog. objektiyen Schwindelerscheinungen...774

a) Augen- und Kopfnystagmus bei Rotation...775

b) Nachbewegungen des ganzen Kbrpers nach Rotation...777

VI.Erfahrungen iiber die Funktionen des Labyrinths... 778

1. Historische und anatomische Vorbemerkungen . ...778

2. Die Wirkung des Labyrinthyerlustes bei Tieren...782

3. Die Labyrinthreflexe...784

4. Der Labyrinthtonus...786

5. Die Wirkung derAusschaltung undReizungeinzelner Bogengange . 786 6. Storungen der Bewegungs- und Lageempfindungen ais Folgę von La-byrintherkrankungen...788

VII. Theoretisches iiber die Funktionen des Labyrinths...790

1. Die Mach-Breuersche Theorie...•...790

2. Andere Auffassungen von der Funktion des Labyrinths...801

VIII. Anhang. DieZentralorgane der Bewegungs- und Lageemp­ findungen ...804

(22)
(23)

Allgemeine

Einleitung

zur

Physiologie

der

Sinne.

1.

Die Lehre von den spezifischen Sinnesenergien

von

W. Nagel.

Monographien, in denen die altere' Literatur gesammelt ist:

Goldscheider, Die Lehre von den spezifischen Energien der Sinnesnerven. Berlin 1881.

Weinmann, Die Lehre von den spezifischen Sinnesenergien. Hamburg und Leipzig

(VoB) 1895.

Die landlaufige Einteilung der Sinne nach der Funfzahl — Gesichtssinn, Gehorssinn, Geruchssinn, Geschmackssinn und Gefiihlssinn — ist von der Wissenschaft seit langem verlassen worden L). Man hat erkannt, daB unter

dem Namen Gefiihlssinn mehrere Sinnestatigkeiten zusammengefaBt wurden, dereń wichtigste gemeinsame Eigenschaft darin liegt, daB der gróBte Teil der Haut ihr gemeinsames Organ ist, wahrend die Empfindungen, die den einzelnen Hautsinnestatigkeiten entsprechen, sich deutlich genug ais ungleich- artig erkennen lassen, um eine Spaltung des sogenannten Gefiihlssinnes in mehrere Sinne einigermaBen zu rechtfertigen. So laBt sich von einem Tast- oder Beriihrungssinn sicher der Temperatursinn abspalten, kaum weniger sicher der Schmerzsinn. Ob weitere Spaltungen angezeigt sind, soli an dieser Stelle zunachst nicht erortert werden.

Lange schon spricht man von einem Zeitsinn, einem Raumsinn, Orts- sinn, neuerdings auch von einem Orientierungssinn. Es leuchtet ohne weiteres

ein, daB in solchem Zusammenhange das Wort „Sinn“ in einer etwas anderen

Bedeutung gebraucht wird, ais wenn beispielsweise von Geruchs- oder Ge­

sichtssinn gesprochen wird. Raumsinn bedeutet die Fahigkeit der raumlichen

Vorstellung und Wahrnehmung, die Eigenschaft, unter geeigneten Umstanden

die Objekte der Wahrnehmung ais im Raume verschieden lokalisiert und

’) In betreff der hier erórterten Fragen sei auch auf die interessante Arbeit

von H. Ó li rwa 11, „Uber die Modalitats- und Qualitatsbegriffe in der Sinnes-physiologie0 (Skandin. Arch. f. Physiol. 11 (1901) verwiesen.

(24)

o Einteilung der Sinne.

voneinander getrennt vorzustellen und zu erkennen. Analog ware der Begriff Zeitsinn zu umschreiben. (Vgl. hieriiber unten S. 16.)

Geruchssinn, Gehbrssinn usw. dagegen bedeutet zunachst nicht mehr ais die Fahigkeit, eine bestimmte Kategorie von Empfindungen haben zu kbnnen.

Auf dieser Grundlage erwachst eine Einteilung der Sinne nach psycho- logischen Gesichtspunkten, nach der Qualitat der Empfindungen. Wahlt man also verschiedene Namen fiir die Sinne, teilt man sie uberhaupt ein, so setzt man bei dieser Betrachtungsweise voraus, daB die Empfindungen in geniigend scharf trennbare Kategorien zerfallen, um daraufhin die Sinne, mag man nun fiinf oder mehr annehmen, begrifilich festzulegen und abzugrenzen.

Viele glauben, daB unsere iiblich gewordene Einteilung der Sinne auf diesem Prinzip beruhe; sie irren sich jedoch. Wiirden wir nach dem Grund- satz der scharf trennbaren Empfindungsąualitaten die Sinne trennen und ein- teilen, so wiirde unsere Einteilung der Sinne in mehrfacher Hinsicht ganz anders ausfallen, ais es iiblich ist.

Man kónnte auch die Sinne nach der Art der ihnen entsprechenden Reize definieren und klassifizieren, was sich tatsachlich fiir die vergleichende Sinnesphysiologie empfehlen diirfte.

Der iiblichen Annahme von fiinf Sinnen liegt eine Einteilung zugrunde, die an die ganz auBerlich betrachteten Sinnesorgane ankniipft: der Gesichts- sinn ist der Sinn des Auges, das Gehor der des Ohres, der Geruch der der Nase, der Geschmack der der Zunge, der Gefiihlssinn der Sinn der Haut ais Ganzes betrachtet. So urteilt im allgemeinen der Laie. Die Wissenschaft hat zunachst vom Gefiihlssinn schon sehr friih ein Gebiet abgespalten, das im wesentlichen die Muskel- und Gelenkempfindungen umfaBt, irti weiteren Sinne die Empfindungen, die uberhaupt von den innerhalb der Haut liegenden Organen ausgelbst werden kbnnen (,,Organempfindungen“). Man sieht, es ist hier zunachst das Prinzip der raumlichen Teilung nach den empfindlichen

Organen beibehalten.

Von ganz anderem Gesichtspunkte aus hat man spaterhin den Tempe- ratursinn vom Tastsinn abgespalten, trotzdem man zunachst die gesamten Hautnerven fiir gemeinsame Organe beider Sinne hielt. Man nimmt wohl meistens an, daB die Temperaturempfindungen von den Beriihrungsempfin- dungen scharf abtrennbar sind, und beriicksichtigt ferner, daB auch die Reiząualitaten beider Sinnesgebiete begrifilich getrennt werden kbnnen und miissen, wie es ja auch in der allgemeinen Nervenphy Biologie iiblich ist. Erst spater kam dann durch Blix’ Entdeckung der Temperaturpunkte die Er- kenntnis hinzu, daB sogar die Organe des Temperatur- und des Tastsinnes wahrscheinlich raumlich getrennte sind. Also Griinde genug, das Zusammen- werfen von Tast- und Temperatursinn zu einem „Gefiihlssinn11 aufzugeben.

Eine Abspaltung, iiber die die Akten noch nicht geschlossen sind, ist die des Schmerzsinnes. Friiher behandelte man den Schmerz unter dem recht unbestimmten Sammelbegrifi „Gemeingefiihle11 zusammen mit Hunger, Durst usw. Die Trennung von diesen wie auch vom Tastsinn ist gewiB richtig. DaB zwischen schmerzhaften und nicht schmerzhaften Empfindungen unzweifelhaft kontinuierliche Ubergange bestehen, hindert nicht, die Schmerz- empfindung ais eine eigene Empfindungsąualitat anzuerkennen. In neuerer

(25)

Einteilung der Sinne. 3

Zeit wird von v. F r e y x) und anderen auch die Existenz besonderer Schmerznerven behauptet. .

Mir scheint die Frage, ob man von einem eigentlichen „Schmerzsinn11 sprechen kann, von geringerem Interesse zu sein ais die Entscheidung dar- iiber, ob die v. Freyscben „Schmerznerven“ wirklich auf jede Art von iiberhaupt wirksamem Reiz mit Schmerzempfindung antworten, oder ob sie auch andere Empflndungen nicht schmerzhaften Charakters zu vermitteln imstande sind, schmerzhafte dagegen nur bei solchen Eingriffen, die an der Grenze des Verletzenden stehen, oder endlich, ob die sogenannten Scbmerz- nerven bei normalen, nicht zu heftigen Reizen wohl auch zentripetale Er- regungen leiten, die aber nicht ais Empflndungen ins Bewufitsein gelangen; starkę Reize wiirden dann gleich schmerzhafte Empfindung erzeugen. Da ich die letzte Eyentualitat fiir die wahrscheinlichste halte, kann ich es nicht sonderlich glucklich finden, wenn man von Schmerznerven spricht.

Noch in einem anderen Gebiete der Sinnesphysiologie kann man ernst- lieh im Zweifel sein, ob die von der neueren Physiologie (allerdings nicht einstimmig) gewiinschte Neuschaffung eines „Sinnes“ ganz einwandfrei ist. Ich meine den sogenannten statischen Sinn, der das Gebiet der Bewegungs- und Lageempfindungen umfafit. Es kann ja wohl keinem Zweifel unter- liegen, dali ein besonderes Organ, ein Teil des Labyrinths, inneryiert vom N. vestibularis, seine normalen Reize durch Bewegungen des Kórpers ais eines Ganzen oder des Kopfes erhalt; auch dali Veranderungen in der Lagę des Labyrinths relativ zur Schwerlinie in jenen Teilen des Labyrinths besondere Erregungen setzen, kann nicht bezweifelt werden. Ais fraglich mufl aber bezeichnet werden, ob vom Labyrinth aus direkt bewuBte Bewegungs- und Lage­ empfindungen ausgelóst werden, ob es nicht vielmehr iiberwiegend oder aus- schliefllich ein reflexauslósendes Organ ist. Das jedenfalls ist ganz sicher, dali die Wahrnehmung yon Bewegungen und bestimmten Lagen des Kopfes und des ganzen Kbrpers nicht allein vom Labyrinth besorgt wird, sondern an dem Zustandekommen dieser Wahrnehmungen vielerlei zentripetale Neryen beteiligt sind. Creieren wir also einen statischen Sinn oder einen Sinn der Bewegungs- und Lageempfindungen, so miissen wir uns dariiber klar sein, dal.i wir damit einen yon den ubrigen Sinnen fundamental verschiedenen Sinn aufstellen, einen Sinn, der mit einer ganzen Anzahl yerschiedenster, nach grundyer- schiedenen Gesetzen wirkender Organe arbeitet. Das nur kann in Frage kommen, ob etwa aus dem Gesamtgebiete der Bewegungs- und Lageempfin­ dungen sich ein engeres Gebiet herausnehmen lafit, das einen wirklichen Sinn in des Wortes engerer Bedeutung darstellt und in dem eigenartig ge- bauten Labyrinthorgan sein spezifisches Sinnesorgan besitzt. Ich glaube, diese Frage darf, allerdings mit einem gewissen Vorbehalt, im positiven Sinne beantwortet werden; das Nahere hieriiber wird in dem speziellen Kapitel iiber Bewegungs- und Lageempfindungen abzuhandeln sein.

In den yorstehenden Erbrterungen iiber die Einteilung der Sinne kónnte der eine oder andere yielleicht zunachst eine miitiige oder unfruchtbare Arbeit erblicken. Ich habe jedoch nicht ohne bestimmte Absicht einleitend

') Beitrage zur Physiologie des Schmerzsinnes. Ber. d. mathemat. - physikal.

Klasse d. Sachs. Akad. Leipzig, Dezemher 1894.

1 *

(26)

4 J. Miillers Gesetz.

auf einige der eigenartigen begrifflichen Schwierigkeiten hingewiesen, denen wir auf dem Gebiete der allgemeinen Sinnesphysiologie begegnen. Unklar- heiten in Fragen der allgemeinen Sinnesphysiologie auBern sich in unlieb- samerWeise bei der Behandlung speziell sinnesphysiologischer Fragen. Man ist, wie mir scheint, allzusehr an einen unheilvollen Schematismus in der Einteilung und Abgrenzung der Sinnestatigkeiten gewóhnt worden. Die Folgę zeigt sich darin, daB in der ublichen Lehrbuchbehandlung der Sinnes­ physiologie iiber wichtige Fragen falsche Vorstellungen erweckt werden.

Die Quelle des Ubels liegt in nicht ganz richtiger Auffassung des Ge- setzes der spezifischen Sinnesenergien, in dessen nahere Betrachtung wir hier eintreten mussen.

Johannes Muller1) druckte die Grundtatsache, die mit diesem Gesetze bezeichnet werden soli, zuerst mit den Worten aus: „daB die Energien des Lichten, des Dunkeln, des Farbigen nicht den auBeren Dingen, den Ursachen der Erregung, sondern der Sehsinnsubstanz selbst immanent sind, daB die Sehsinnsubstanz nicht affiziert werden konne, ohne in ihren eingeborenen Energien des Lichten, Dunkeln, Farbigen tatig zu sein“.

Spaterhin formulierte dann Muller2) diesen Satz allgemein:

„I. Zuerst wird dies festzuhalten sein, dafi wir durch aufiereUrsachen keine Arten des Empfindens haben konnen, die wir nicht auch ohne aufiere Ursachen durch Empfindung der Zustande unserer Nerven haben.

II. Dieselbe innere Ursache ruft in verschiedenen Sinnen verschiedene Emp­ findungen nach der Natur jedes Sinnes, namlich das Empfindbare dieses Sinnes, liervor.

III. Dieselbe aufiere Ursache erregt in den verschiedenen Sinnen verschiedene

Empfindungen, nach der Natur jedes Sinnes, namlich das Empfindbare des be­ stimmten Sinnesneryen.

IV. Die eigentiimlichen Empfindungen jedes Sinnesnerven konnen durch mehrere innere und aufiere Einfliisse zugleich hervorgerufen werden. (Gemeint ist

die Tatsache, dafi die fur einen Sinnesneryen spezifische Empfindung durch ver- schiedene Reizarten hervorgerufen werden kann.)

V. DieSinnesempfindung ist nichtdie Leitung einer Qualitat oder eines Zustandes der aufieren Kor per zum Bewufitsein, sondern die

Leitung einer Qualitat, eines Zustandes eines Sinnesneryen zum Be­ wufitsein, yeranlafit durch eine aufiere Ursache, und diese Qualitaten sind in den yerschiedenen Sinnesneryen verschieden, die Sinnes­

energien.

VI. Ein Sinnesnerv scheint nur einer bestimmten Art der Empfindung und nicht derjenigen dei- iibrigen Sinnesorgane fahig zu sein und kann daher auch

keine Vertretung eines Sinnesneryen durch einen anderen, davon yerschiedenen

stattfinden.

VII. Ob die Ursachen der yerschiedenen Energien der Sinnesneryen in ihnen

selbst liegen oder in Hirn- oder Riickenmarksteilen, zu welchen sie hingehen, ist unbekannt, aber es ist gewifi, dafi die Zentralteile derSinnesneryen im Gehirn, un-abhangig von den Neryenleitern, der bestimmten Sinnesempfindungen fahigsind."

Diese meisterhaft formulierten Satze haben noch heute ihre yolle Giiltig- keit, und es sind im Verhaltnis zur Bedeutung des Mullerschen Gesetzes nur unbedeutende Erganzungen, die dem von Muller Gesagten hinzuzufiigen sind.

’)Zur yergleichenden Physiologiedes Gesichtssinnes usw. Leipzig 1826. Wider-spruch gegen Miillers Lehreist namentlich von W.Wundt mit besonderem

Nach-druck erhoben worden (Physiologische Psychologie, Leipzig 1893 (4. Aufl.)). — *) Handb. d. Physiologie des Menschen fur Vorlesungen 2 (1840).

(27)

Spezifische Disposition. 5

Ungliicklich ist ja der Ausdruck Energie, unter dem wir heute etwas ganz anderes yerstehen, ais was Muller meinte. Da indessen zu ernsten MiByerstandnissen kein AnlaB gegeben ist, liegt kein Grund vor, den einmal gangbar gewordenen Ausdruck „spezifische Sinnesenergien“ fallen zu lassen.

Naturlich ist das Materiał an tatsachlichen Beobachtungen seit Miillers Zeiten wesentlich yergróf.iert worden!).

Es ist iiblich geworden, die Reizarten, durch die ein Sinnesnerv zu seiner spezifischen Empfindung angeregt werden kann, in „adaąuate11 und „inad- aquate“ Reize einzuteilen. Tatsachlich sind ja die Sinnesnerven und Organe des Menschen fiir ganz bestimmte Reizarten besonders angepaBt. Diese Reize heiBen die adaąuaten, alle iibrigen Reizarten sind fiir das betreffende Sinnesorgan inadaąuat. Wahrend die adaąuaten Reize zumeist durch Ver- mittelung des peripheren Nervenendorgans (Sinnesorgans), in yielen Fallen durch Vermittelung besonderer Sinneszellen zurWirkung auf die Sinnesnerven gelangen, wirken die inadaąuaten Reize, soweit hieriiber etwas bekannt ist, yorzugsweise auf die Leitungsbahnen an irgend einer Stelle ihres Verlaufes.

Ich habe schon friiher gelegentlich betont, daB neben der Gruppe von Tatsachen, die mit mehr oder weniger Berechtigung ais Stiitzen des Gesetzes der spezifischen Energien genannt zu werden pflegen, eine Reihe anderer Tatsachen in der allgemeinen Sinnesphysiologie hervortritt, die ich unter der Bezeichnung des Prinzips der „spezifischen Disposition11 der Sinnesorgane zusammengefaBt habe2). Jedes Sinnesorgan ist fiir eine Reizart besonders disponiert, es ist fiir sie besonders empfanglich, fiir andere Reiząualitaten dagegen absolut oder relatiy unempfindlich. Man findet die hierhergehórigen Erscheinungen zuweilen in einer Weise besprochen, ais bildeten sie einen Teil des Prinzips der spezifischen Sinnesenergien, was eyident unrichtig ist. Die Tatsache, daB die Geschmacks- und Geruchsorgane auf Licht und Druck gar nicht reagieren, hat mit dem Gesetz der spezifischen Sinnesenergien direkt eigentlich nichts zu tun; sie bedarf, wie eine ganze Reihe analoger Tatsachen, einer besonderen Erklarung, die wir freilich zurzeit nur in einer recht unbefriedigenden Form geben konnen. Die Empfindlichkeit oder Reiz- barkeit der peripheren Sinnesneryenendigungen ist ja im Grunde eine Eigen- schaft, die sie mit jedem Teilchen lebender Substanz, mit jeder Zelle teilen.

')Auf diezumTeil sehr ausgedehntenkritischenErorterungen iiber dieLehre

Miillers von seiten anderer Autoren (Lotze, Stumpf u. a.) kann hier nicht eingegangen werden. In denoben zitierten beiden Monographien von Goldscheidei- und Weinmann findet man die darauf beziigliche Literatur zusammengestellt und kritisch gewiirdigt. — Nur kurz erwahnt sei an dieser Stelle, dafi Stumpf (Ton-

psychologie, Leipzig 1890) neben den qualitativen oder ąualitatserzeugenden noch lokale oder ortserzeugende spezifische Energien annimmt. (Bei der Lehre vom

statischen Sinn komme ich auf diesen Punkt zuriick.) Ebenfalls nur kurz anfiihren

kann ichdie Erweiterung des Prinzips der spezifischen Energien, die Hering (Lotos, Neue Folgę 5 (1884)) ahnlich wie Rosenthal (Biolog. Zentralbl. 4 (1885)) vor-genommen hat. Fiir Hering ist die Produktion der Galie durch die Leber, des

Harns durch die Nieren ebensogut eine spezifische Energie dieser Organe, wie die

Lichtempfindung die Energie des Sehorgans. Abgesehen davon, dafi die Parallele

nicht einwandfrei ist, kann ich in dieser Verallgemeinerung des Begriffs keinen

rechten Vorteil erblicken. — 2) W. Nagel, Vergleichend physiologische und ana-tomische Untersuchungen iiber den Geruchs- und Geschmackssinn usw. Bd. 18 der Bibliotheca zoologica von Leuckart und Chun, Stuttgart 1894.

(28)

6 Spezifische Disposition.

Die Reize, die wir ais Sinnesreize kennen, sind samtlich auch fiir gewisse Zellen auBerhalb des Neryensystems, auch fiir gewisse einzellige Organismen, ais wirksame Reize bekannt. Wollte man sagen, sie seien alle allgemeine Neryen- und Muskelreize, iiberhaupt Reize fiir jegliche Art von Zellen, so diirfte man beziiglich des Lichtreizes yielleicht teilweise auf Widerspruch stoBen, und es ist unbedingt zuzugeben, daB manchen reizbaren Geweben gegeniiber die Lichtreizintensitat ins Kolossale gesteigert werden mufi, um etwas zu erzielen, was man ais eine Erregung bezeichnen kónnte.

Es ware eine iiberaus wertyolle Erweiterung unserer Kenntnisse, wenn festgestellt wiirde, welchem Umstande gewisse Zellen ihre aufierordentliche Empfanglichkeit fiir den Lichtreiz verdanken 1), und wodurch andere fur be- stimmte chemische Reize sołche enorme Empflndlichkeit zeigen. Im Bereich des Moglichen liegen solche Untersuchungen ja sicherlich, doch bis jetzt fehlt meines Wissens jeder Anhalt. Hatte man solche Erfahrungen erst einmal an besonders geeigneten Objekten gewonnen, etwa an groBen freilebenden Protisten, so eróffnete sich die Aussicht, auch zu erfahren, welchem Umstande (welcher „Sinnessubstanz“) z. B. ein Teil der Geschmacksknospen die Emp- findlichkeit fiir SiiBstoffe, ein anderer fiir Bitterstoffe verdankt usw.

Einstweilen ist unsere Ilenntnis vom Wesen der spezifischen Disposition der Sinnesorgane iiberaus diirftig. Sie beschrankt sich darauf, daB in vielen Fallen die Einwirkung anderer ais der adaąuaten Reize durch die raumliche Anordnung der Sinnesorgane erschwert oder unmijglich gemacht ist, der Hór- nerv vor Licht, Beriihrung und difierenten Dampfen, der Sehnery vor mecha- nischer und chemischer Reizung ziemlich geschiitzt ist usw. Anderseits sind die Sehzellen dem Licht, die Riechzellen der Atmungsluft frei dargeboten. Aber das alles ist unbefriedigend, es sind grobe Aufierlichkeiten; sie erklaren nicht, warum ein so allgemein wirkender Reiz wie der mechanische die Schmeck- und Riechzellen und die peripheren Endigungen der zugehórigen Sinnesneryen nicht erregt, wahrend doch von den Schmeckneryen jedenfalls die Chorda tympani in ihrem Verlaufe in der Paukenhóhle durch den mechani- schen Reiz unzweifelhaft erregt wird und Geschmacksempfindung auslóst. Ware es anders, hatte das Geschmacksorgan nicht die spezifische Disposition fiir den chemischen Reiz, reagierte es auch auf Druck oder gar auf Licht oder Warme mit seiner spezifischen Energie, so karne eine groBe Verwirrung unserer Sinneswahrnehmungen heraus. So zweckmaBig also die Einrichtung ist, so bleibt sie darum nicht minder dunkel. Wohl ais die seltsamste Er- scheinung auf diesem Gebiet darf es bezeichnet werden, daB die letzten Aus- laufer der Chordaschmeckfasern, die in den Papillen der Zungenoberflache nahe kommen, allem Anschein nach schon unempfindlich fiir den mechani- schen Reiz sind, der den Chordastamm doch erregt. Es kónnte angenommen werden, daB die Einbettung der Neryenfasern im Zungengewebe die Wirkungs- bedingungen eines Druckreizes sowohl fiir die Schmeckfasern wie fiir die ver- schiedenen zentrifugalen (motorischen und sekretorischen) Neryen so ungiinstig

’) Friiher brachte man immer das Pigment mit der Lichtempfindlichkeit in

Zusammenhang. Wie unzutreffend dies, jedenfalls in derVerallgemeinerung, ist,

zeigt das Auge der Albinos und Engelmanns bekannter Versuch an Euglena,

einemGeiBelinfusorium, dessen Lichtempfindlichkeit in dem pigmentfreien Zellen-ende ihren Sitz hat.

(29)

Spezifische Energie.

gestaltet, dafi eine merkliche Erregung beim Driicken der Zunge nicht ein- tritt. Die Tastfasern der Zunge miissen anderseits fur den mechanischen Reiz besonders disponiert sein, in einer uns unbekannten Weise.

Im Gebiete der Physiologie des Auges kniipfen sich besonders schwierige Probleme an die Frage der spezifischen Disposition der Sehzellen. Wir finden hei den Netzhautstabchen einerseits die Lichtempfindlichkeit enorm hoch, haben aber anderseits Grund zu der Annahme, dafi der elektrische, sonst iiberall so wirksame Reiz gerade die Stabchen nicht zu erregen scheint. Hierfur spricht die Entdeckung G. E. Miillers, dafi Dunkelaufenthalt, der bekanntlich die Lichtempfindlichkeit der Netzhaut um mehr ais das Tausend- fache steigert, die Empfindlichkeit fur den galvanischen Reiz nicht merklich beeinfluBt; dabei werden die Stabchen von dem galyanischen Strome natiir- lich ebensogut durchstrómt wie die Ganglienzellen. Hier handelt es sich ebenso wie bei den Differenzen zwischen normalen und farbenblinden Seh- organen um verschiedene Erregbarkeitsverhaltnisse.

Spezifisch verschiedene Erregbarkeit gegenuber den einzelnen Reizarten und spezifisch verschiedene Zuganglichkeit fur die yerschiedenen Reizeinwir- kungen sind also die Umstande, welche die spezifische Disposition der Sinnes- organe bestimmen.

Von den hier besprochenen Tatsachen scharf zu trennen **) ist diejenige, die J. Muller in seinem Gesetze der spezifischen Sinnesenergien festgelegt hat, die Tatsache, daB ein Sinnesnery immer nur mit einer Empfindung des ihm eigentiimlichen Qualitatenkreises auf Reizung antwortet, gleichyiel ob der Reiz der dem Neryen adaąuate oder ein beliebiger ihm inadaąuater ist.

’) Diese Trennung nachdrucklich betont zu haben, ist ein besonderes Verdienst

R. Weinmanns, dessen am Beginn dieses Abschnittes zitierte Monographie iiber-

haupt in yorziiglicher, yorurteilsfreier Weise das Richtige undFalsche an der Lehre von den spezifischen Energien, wie sie sich allmahlich entwickelt hat, sichtet. —

*) Das hat zuerst Lotzebetont (Allgem. Pathol. u.Therapie, Leipzig 1848, 2. Aufl.

Medizin. Psychologie, Leipzig 1852).

Mit der strengen Beweisbarkeit dieses Satzes steht es nicht so giinstig, wie man es wohl zuweilen dargestellt findet2). Freilich liegt das zum Teil daran, daB gerade die hóheren Sinnesneryen infolge ihrer geschiitzten Lagę fur inadaąuate Reize schwer zuganglich sind.

Meines Wissens fehlt zurzeit noch der Beweis, daB mechanische oder elek­ trische Reizung des SehnervenstammesLichtempfindungerzeugen. Die hei forcierten Augenbewegungen und bei Durchschneidung des N. opticus auftretenden

Licht-erscheinungen konnen sehr wohl von mechanischer Reizung der Netzhaut her-

riihren. Gerade die Sehnervendurchschneidung beim Menschen kann unmoglich ohne heftige Zerrung der Netzhaut erfolgen, wodurch der iibereinstimmend von

den Operierten angegebene Lichtblitz zur Geniige erklart ware. DaB inadaąuate

Reizung des Sehnerven keine Lichtempfindung erzeuge, will ich hiermit

keines-wegs behaupten, sondern nur betonen, daB die Erregbarkeit dieses Neryen gegen

inadaąuate Reize offenbar auffallend gering ist, weil sonst auch die Operierten bei

derTamponade derAugenhóhle und bei der Verheilung des Opticusstumpfes

An-gaben iiber starkę subjektive Lichterscheinungen machen miiBten, was meines

Wissens in der Regel nicht der Fali ist.

Die Angabe, die Durchschneidung des Opticus mache keinen Schmerz, ist

un-zutreffend und wohl mehr der Theorie zuliebe gemacht worden. Tatsachlich geben

die Patienten, die ohne allgemeine Narkose operiert. werden, beim Schnitt durch

(30)

8 Spezifische Energie.

lange nicht so heftig zu sein, wie er etwa bei Durchschneidung einesebenso dicken Hautnerven auftreten wiirde, und riihrtwohl nicht von der Durchschneidung der

Sehfasern her, sondern von der Mitverletzung von sensiblen Nervenfasern, die im Sehnerven oder in seiner Nachbarschaft liegen.

Intensive Reizung der Netzhaut, selbst solche, die bis zur Vernichtung der

Gewebe fiihrt (Blicken in die Sonne!) macht keinen Schmerz durchOpticusreizung. Wenn beiin plótzlichen Blick in helles Licht Blendungsschmerz auftritt, was nicht bei allen Menschen der Fali ist, beruht dies offenbar auf mechanischer Beizung

der sensiblen Ciliarnerven durch die heftige Iriskontraktion, denn bei Lahmung der Iris durch Homatropin bleibt der Blendungsschmerz aus (Nagel1)).

Bei den iibrigenSinnesnerven scheint ebenfalls, wie beim N. opticus, Schmerz durch heftige Beizung nicht erzielt werden zu konnen, sondern, wenn uberhaupt

eine Empfindung, dann die ihnen spezifische Sinnesempfindung, die unangenehm

sein kann, ohne schmerzhaft zu sein.

Die eleganteste, ja die einzige wirklich klare Bestatigung fiir das Miillersche Gesetz ergaben die schon erwahnten Versuche an der Chorda tympani in der eróffneten Paukenhóhle; mechanische, chemische und elek- triscbe Reizung des zentralen Stumpfes erzeugt Geschmacksempfindung.

Schwierigkeiten bietet indessen wieder die Erklarung der bei elektrischer Reizung des Geschmacksorgans gefundenen Verhaltnisse. Galvanische Reizung der Zungenschleimhaut bewirkt, wie bekannt, bei geeigneter Anordnung (an der Anodę) leicht und sicher saure Empfindung, bei anderer Anordnung (an der Kathode) einen etwas unbestimmten, scharfen, zuweilen etwas bitterlichen Geschmack. Wie kommt es, daB bei elektrischer Reizung, wenigstens der Zungenspitze, niemals SiiBempfindung oder Salzigempfindung auftritt? M eines Erachtens kann dies nur durch die Annahme erkliirt werden, daB die peripheren Enden der Geschmacksneryen bei der Applikation des elek- trischen Reizes uberhaupt nicht direkt erregt werden, sondern der „elek- trische Geschmack14 in chemischer Reizung der Neryenenden oder der Schmeck- zellen durch Elektrolyte begriindet ist. Bei dieser Auffassung bleiben wir auf dem Boden des Gesetzes der spezifischen Energien und konstatieren nur wieder- um eine Besonderheit in der spezifischen Disposition der peripheren Schmeck- neryenendigungen, die geringe Zuganglichkeit fur den elektrischen Reiz.

DaB auch die fiir SiiBempfindung spezifisch disponierten Geschmackspapillen

auf den galvanischen Anodenreiz mit Sauerempfindung reagieren, ware eine An­ nahme, die das urspriingliche Miillersche Gesetz der spezifischen Sinnesenergien

zwar nicht umstoBen wiirde, wohl aber unvereinbar mit der Weiterbildung des

Gesetzes ware, die die neuere Physiologie erstrebt hat und auf die wir alsbald zu

sprechen kommen werden. Eine solche Annahme muB bei dem jetzigen Stande unserei-Kenntnisse ais nicht notwendig bezeichnet werden, und wir werden sie

ver-meiden, solange es irgend móglich ist.

Inadaąuate Reizung des Neryenstammes ist bei keinem der hóheren Sinnesneryen so leicht zu erzielen wie bei den Hautsinnesnerven. Darum erscheint es zunachst ais eine nicht unbedenkliche Tatsache, daB gerade bei diesen sich der exakten Bestatigung des Miillerschen Gesetzes Schwierig­ keiten in den Weg stellen. Es gelingt nicht, nach Belieben Kaltempfindung, Warmempfindung, Beriihrungs- oder Schmerzempfindung von Neryenstammen aus auszulósen. Die Empfindungen tragen hier, wenn sie durch schwache Reize bewirkt sind, den Charakter der durch mechanische Hautreizung er-

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Theorie von Helmholtz. 9

zeugten „Beruhrungsempfindung11. Bei starker Reizung kommt Schmerz- empfindung hinzu. Temperaturempfindung aber bleibt meistens aus. Bei naherer Betrachtung erscheint dies indessen nicht so auffallend. Es ist ja eine Eigen- tiimlichkeit des Teinperatursinnes (wenn man diesen ais einen Sinn be- zeichnen will, was nicht ganz einwandfrei ist, s. u.), daB zwischen Kalte- und Warmereiz ein deutlich gegensatzliches Verhaltnis besteht, das nach der Meinung mancher auch in den Empflndungen bis zu einem gewissen Grade zum Ausdruck kommt. Wenn die hypothetischen Kalte- und Warmeneryen im allgemeinen zusammen in einem Nervenstamm verlaufen, ist es nicht tiberraschend, wenn bei Reizung eines solchen Stammes die antagoni- stischen Empflndungen sich aufheben und keine deutliche Temperatur­ empfindung entsteht.

Die Labyrinthneryen, die wir ais Vermittler der Bewegungsempfindungen betrachten, sind von inadaąuaten Reizen wenigstens dem elektrischen zu- ganglich und reagieren auch mit ihrer spezifischen Empfindungsąualitat: Galvanisierung der Ohrgegend bewirkt Bewegungsempfindung.

J. Muller lieB es, wie der oben zitierte Satz aus seiner Formulierung des Gesetzes der spezifischen Sinnesenergien zeigt, .zunachst unentschieden, ob die spezifische Energie durch eine besondere Eigenschaft des einzelnen Sinnesneryen oder der zentralen Endorgane desselben bestimmt sei. Die letztere Auffassung, der auch Muller mehr zuneigte, kann heute wohl ais die allgemein angenommene bezeichnet werden. Man wiinscht die yerschie- denen zentripetalen Neryen des Korpers ais etwas funktionell Gleichartiges, Einheitliches, ais lauter indifierente Leiter ansehen zu kbnnen, dereń spe­ zifische Erregbarkeit durch das periphere Endorgan bestimmt ist, wahrend die spezifische auslosbare Wirkung auf Sensorium oder Reflexapparat durch die Natur des zentralen Endorgans festgelegt ist. Gerade darin sieht man den Hauptvorteil des Mii 11 ersehen Gesetzes, daB es uns von der Notwendigkeit entbindet, anzunehmen, der Sehnerv leite eine andere Art von Erregungs- yorgang ais der Hor- oder der Riechnery.

Nun bleibt freilich hiermit immer noch die Frage unentschieden, wie es der Sinnesnery fertig bringt, die yerschiedenartigen Empflndungen auszulbsen, die den „Qualitatenkreis“ eines Sinues (wie Fichte die Gesamtheit der in einem Sinne mbglichen Erscheinungen bezeichnet hat) zusammensetzen. Hat der Homery, je nach der ihn erregenden Tonhbhe, yerschiedene Formen von Erregung zu leiten, so ist das Gesetz der spezifischen Energien eben doch nur in beschranktem Sinne giiltig.

Helmholtz yersuchte diese Schwierigkeit zu beseitigen, indem er in seinen Theorien des Gehbrs und des Farbensinnes eine Gliederung innerhalb des einzelnen Sinnesorganes yoraussetzte, die der Gliederung unseres gesamten Sinnesapparates analog ist. Nach ihm reagiert jede Horneryenfaser mit einer spezifischen Empfindung, einer Tonempfindung bestimmter Hóhe, die sie von den ubrigen Hbrfasern unterscheidet. Jede hat also eigentlich eine eigene bestimmte spezifische Energie.

Anders liegen die Yerhaltnisse beim Farbensinn. Helmholtz nahm wohl die Youngsche Theorie der Gliederung nach drei Komponenten auf und sagte auch, daB man sich diese Komponenten anatomisch durch drei Sorten von Sehneryenfasern reprasentiert denken kónnte.

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10 Óhrwalls Standpunkt.

Hatte sich die Existenz solcher drei Arten von Fasern bestatigen lassen, so lagę die Sache klar: Das Gesetz der spezifischen Energien hatte sich dann auch innerhalb des Gesichtssinnes durchfuhren lassen. Dies ist indessen nicht eingetroffen, die Existenz von dreierlei auf verschiedene Netzhautzapfen und Fasern verteilten Energien ist unerwiesen und unwahrscheinlich, und wenn auch jetzt noch haufig von einer „Dreifasertheorie“ gesprochen wird, so nimmt doch wohl die groBe Mehrzahl der Forscher an, daB die drei Komponenten durch dreierlei yerschiedene Erregungsprozesse reprasentiert sind, die sich in einem und demselben Zapfen abspielen konnen. (Auch Helmholtz hatte sich iibrigens keineswegs auf die Annahme von drei Faserarten festgelegt).

Hierin liegt der Verzicht auf die Durchfiihrung des Gesetzes der spezifi­ schen Energien innerhalb des Farbensinnes, der Verzicht auf die Annahme, daB jede Faser des Sehnerven nur einerlei Erregung zu leiten habe. Der Anhanger der Gegenfarbentheorie befindet sich iibrigens dieser Schwierigkeit gegeniiber in der gleichen Lagę.

Wesentlich anders liegt das Verhaltnis beim Geschmackssinn. Hier ist durch Óhrwalls Untersuchungenx) zum mindesten sehr wahrscheinlich ge- worden, daB den vier Geschmacksąualitaten yiererlei perzipierende Endorgane entsprechen. Laufen die von diesen ausgehenden Neryenfasern zu getrennten und yerschiedenen Teilen des Schmeckzentrums, dereń Eigenart die Qualitat der Geschmacksempfindung bestimmt, so ist das Prinzip der spezifischen Energie gewahrt, die Schmeckfasern sind indifferente Leiter, dereń Beschaffen- heit fur die Empfindungsąualitat ohne Belang ist und dereń Erregung ein immer gleichartiger, nur quantitativ wechselnder ProzeB ist.

Ais eine der seltsamsten Tatsachen auf dem Gebiete der Sinnes­ physiologie ist es mir immer erschienen, daB zwischen den in gewisser Hinsicht so nahe yerwandten Sinnen Geruch und Geschmack ein so wesent- licher Unterschied hinsichtlich der Durchfiihrbarkeit einer Gliederung nach Komponenten besteht. Auf der einen Seite der Geschmackssinn mit seinen wenigen scharf getrennten ąualitativen Unterscheidungen, auf der anderen Seite dei' Geruchssinn mit seiner fast unendlichen Mannigfaltigkeit der Geruchsempfindungen. Wie ich im AnschluB an Aronsohn2) und Zwaar- demaker3) schon friiher betont babę und in dem Abschnitt iiber Ge­ ruchssinn naher ausfiihre, konnen wir auch fur den Geruchssinn eine Komponentengliederung annehmen und dadurch die Hypothese yermeiden, daB die Geruchsneryenfasern in sehr viele yerschiedene Formen der Erregung geraten konnen, je nach der Qualitat des Reizes. Indessen die Qualitaten der Empfindung sind hier nicht wie beim Geschmackssinn ubergangslos, sie bilden yielmehr infolge der Mischungsyerhaltnisse, die zwischen den einzelnen Empfindungsąualitaten bestehen, ein Continuum, sie gehen in- einander iiber. Hierin liegt eine Ahnlichkeit mit dem Farbensinn; nur kommt man sicherlich nicht mit so wenigen Komponenten der peripheren Reizbarkeit aus wie beim Farbensinn. Der bisher griindlichste Versuch, eine Komponentengliederung des Geruchssinns durchzufiihren, der von Zwaarde- maker3) herruhrt, fiihrt auf mindestens neun Komponenten, unter den en

’) Skandinay. Arch. f. Physiol. 2 (1890). — 2) Arch. f. Anat. u. Physiol.,

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Ohrwalls Standpunkt. 11

aber noch weitere Teilungen sogleich fiir nbtig befunden werden. Kritische Betrachtung der Zwaar de ma ker sehen Hypothese fiihrt zu dem Resultat, daB sie die Zahl der innerhalb des Geruchssinnes zu fordernden spezifischen Energien eher zu klein ais zu groB annimmt. 30 bis 40 verschiedene Arten von Sinneszellen und Fasern im Geruchsorgan anzunehmen (so viele miiBte man in konseąuenter Durchfiihrung der Zwaar dem a ker sehen Ideen mindestens yoraussetzen), erscheint gewiB unannehmbar, ehe nicht sehr starkę Grunde dafiir ins Feld gefiihrt werden; solche fehlen aber bis jetzt. Da ware es noch plausibler, anzunehmen, daB das Geruchsorgan eine kleinere Zahl von spezifisch yerschiedenen Endapparaten enthielte, ahnlich dem Geschmacksorgan, daB diese Apparate aber, im Gegensatz zu den Geschmacks- organen, eine gewisse Variabilitat der auslósbaren Empfindungsąualitaten auf- weisen, ahnlich wie wir es fur die farbenperzipierenden Sinneszellen notwendig fanden, fiir die wir drei yerschiedene Erregungsarten fordem muBten.

Es diirfte hier der richtige Ort sein, die bemerkenswerten Uberlegungen Hj. Ohrwalls1) zu erwahnen, durch die zum ersten Małe seit Helmholtz’ Eingreifen wieder neue Gesichtspunkte in die Erórterungen iiber die spezifischen Energien gebracht wurden, nachdem in bedenklicher Weise sich die Tendenz geltend gemacht hatte, das M ii 11 e r sche, durch die Helmholt zsche Hypothese erganzte Gesetz ais ein fertiges Dogma gelten zu lassen. O h r - wali greift zuriick auf die von Helmholtz2) geschafiene Unterscheidung zwischen Mo dalit a ten und Qualitaten der Sinnesempfindungen. Ais Qualitaten werden die yerschiedenen Arten von Empfindungen innerhalb des Gebietes eines Sinnes bezeichnet, wahrend die gesamten Empfindungs- kategorien, die je einen Sinn bilden, ais Modalitaten der Empfindungen einander gegeniibergestellt werden. Zwischen den einzelnen Qualitaten eines Sinnes sollen Ubergange bestehen (rot—blau, hohe—tiefe Tóne usw.), zwischen den Modalitaten nicht (Lichtempfindung, Schallempfindung usw.) Ohr- wall will das yonFick 3) gegen diese Betrachtungsweise geltend gemachte Be- denken nicht gelten lassen, daB z. B. zwischen der brennenden (also gewisser- maBen taktilen) Empfindung, die Pfefier auf der Zunge erzeugt, und dem Geschmack des Salzes ein Ubergang bestehe, obgleich die Empfindungen yer­ schiedenen Sinnen angehbren, also nach Helmholtz yerschiedene Moda­ litaten sind. Ohrwall wendet hiergegen ein, daB es sich hier nicht um einfache Sinnesempfindungen, sondern um Mischempfindungen handle, die natiirlich in allen Ubergangen zwischen den beiden Extremen denkbar sind. Mir scheint hier in Ohrwalls sonst yortrefilichen Ausfuhrungen eine gewisse Inkonsecjuenz yorzuliegen. Er betont mit Recht, daB man die Sensationen, die zur Bildung des Begrifies „naB“ fuhren, oder die Eindriicke, die uns Senf oder Essigsaure und Gerbsaure machen, „oft ais eine einzige Empfindung auffaBt“. Wir kónnen sagen, man tut das immer, so lange man nicht bewuBt analysiert. Gerade bei dem von Fick gewahlten Beispiele, Pfefier- und Salzmischung, hat man eben, wenn man unbefangen, yon theoretischen Vor- stellungen unbeeinfluBt, beobachtet, meines Erachtens einen einheitlichen

Ł) Skandinav. Arch. f. Physiol. 2 (1890) u. 11 (1901). — 2) Die Tatsachen in der Wahrnehmung. Berlin 1870. — 3) Lehrbuch d. Anat. u. Physiol. d. Sinnesorg.

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12 Energien des Geschmackssinnes.

Sinneseindruck, keine Empfindung, die ohne weiteres ais gemischt erkannt wird; darum stimme ich Fick darin bei, dali die Helmholtzsche Unter- scheidung der Modalitaten und der Qualitaten nicht streng durchfuhrbar ist. Ich mbchte diesen Satz naher dahin prazisieren, daB ich den Helmholtz- schen Gedanken durchfuhrbar finde fiir die beiden sog. hoheren Sinne Gesicht und Gehór in ihrem Verhaltnis zueinander und zu den sog. niederen Sinnen, un dur c hf iihr b ar dagegen im Yerhaltnis dieserletzteren zueinander.

Hiermit komme ich auf den Punkt zu sprechen, in dem meines Erachtens die heute noch iibliche Behandlungsweise der Sinnesphysiologie eine zu sche- matische ist. Der Physiologe, welcher weiB, daB die „Scharfe“ des Senfs, Pfeffers und Essigs von anderen Nerven perzipiert wird ais der reine Geschmack schwacher Chinin- oder Saurelósungen, bildet sich zuweilen schlieB- lich ein, er konne die Empflndungen ais verschiedenen Sinnen angehórig, ais verschiedene Modalitaten direkt erkennen. Das ist ein Irrtum. Nicht nur darum (wie Oh rwa 11 im ubrigen treffend hervorhebt), weil diese verschie- denen Empflndungen erfahrungsgemaB haufig am gleichen Ort und unter den gleichen Bedingungen hervorgerufen werden, werden sie von uns zusammen- geworfen, sondern weil sie sich wirklich sehr viel ahnlicher sind ais die Gesichts- und Gehórsempfindungen.

Das klarste Beispiel haben wir in den Beziehungen zwischen Geruchs- und Geschmacksempfindungen. Waren das wirklich verschiedene Moda­ litaten , waren die beiden Sinne durch verschiedene spezifische Energien scharf getrennt, wie ware es dann móglich, daB nicht nur der Laie, sondern auch der geubte Beobachter erklaren mufi, daB er nicht imstande ist, aus der Beschaffenheit einer Empfindung zu erkennen, ob die Physiologie sie zum Geruch oder zum Geschmack rechnen wird? Man mag sich noch so oft durch den bekannten Versuch — Kosten bei zugehaltener Nase — von der experimentellen Trennbarkeit der Geruchs- und Geschmacksempfindungen uberzeugen, beim Kosten mit offener Nase kann man nie anders die Unterscheidung machen, ais indem man sich klar macht: „was ich wahrnahm, war eine Empfindung, die ich auch beim bloBen Beriechen der betrefienden Substanz habe“. Der Physiologe weiB, daB diese Uberlegung irrefuhren kann: man nennt den Chloroformgeruch siiBlich, und doch ist es nur die Wirkung auf die Geschmacksnerven, die der Empfindung das SuBliche verleiht. Psycho­ logiach, nach dem Empfindungscharakter betrachtet, stehen also die Geruchs- empfindungen den einzelnen Geschmacksempfindungen so nahe wie die ein­ zelnen Geschmacksąualitaten einander.

Nun hat ja allerdings Óhrwall die vier Geschmacksąualitaten ais iibergangslos bezeichnet und sie darum im Helmholtzschen Sinne ais Moda­ litaten bezeichnet. Erkennt man dies an, so miiBte man den Geschmacks- sinn eigentlich in vier Sinne zerspalten. Indessen ist die tatsachliche Grund- lage fur Ohrwalls Uberlegungen nicht mehr unerschuttert, seit Kieso w1) Mischgeschmacke, wenn auch nur von geringer Intensitat, nachweisen kónnte (eine Beobachtung, die ich bestatigen kann). Hiernach wiirde Ohr­ walls sehr anschaulicher Vergleich der Gesamtheit der Geschmacksempfin­ dungen mit einem vdllig diskontinuierlichen Spektrum, das aus vier Linien

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