Aufgabenstellung
Schiff und Wasserstrage stehen miteinander in engster Beziehung in dem gemeinsamen Streben nada einer wirt-schaftlichen Transportleistung. Nadadem sie jedoch organi-satorisch voneinander getrennt sind und nach eigenen wirt-schaftlichen Gesichtspunkten planen, kann nur eine enge Zusammenarbeit zwischen Binnenschiffbau und Wasserstra-Benbau zu verniinftigen Losungen im Sinne des genannten gemeinsamen Ziels fiihren.
Die Ebene, auf der sich Schiff und Wasserstrage begeg-nen, ist der Schiffahrtsbetrieb; aus ihm leiten sich immer wieder die Gesichtspunkte fiir den B a u von Schiff und Wasserstrage ab.
Fahrt auf der freien Strecke
2.1 Fahrwasserbreite
Ein Schiff fahrt auch in der sogenannten Geradeausfahrt mit wechselndem_Driftwinkel um eine Mittellinie; die in Anspruch genommene Fahrbahnbreite ist groger als die
Schiffsbreite am Hauptspant.
Vom Wasserbau her ergibt sich em n erhohter Platzbedarf durch einen unsymmetrischen Querschnitt; die verschiedenen Riickstromgeschwindigkeiten zu beiden Seiten des Schiffes haben em n Gieren des Schiffes und damit eine grogere be-n iitigte Fahrbahbe-nbreite zur Folge.
Die Regelfalle fiir die Bemessung der Fahrbahnbreite sind die Begegnungs- mad Oberhobnan8ver. Die Erfahrung zeigt, clag die erforderliche Breite nur unmittelbar durch Naturversuche ermittelt werden kann. Die groge Zahl der
Einfliisse auf die Kurvenfahrt macht dazu umfangreiche Untersuchungen notwendig. Der Ausbau der Wasserstrage fiir den maggebenden starren Schubverband wird oft durch die ortlichen Verhaltnisse erschwert und nimmt nicht zu-letzt wegen des hohen Aufwandes an Mitteln lange Zeit in Anspruch.
Von der Seite des Schiffbauers kann em n entscheidender Beitrag zu einer sicheren und platzsparenden Kurvenfahrt durch die Erhohung der Steuerfahigkeit geleistet werden. In diesem Punkt sind die Schubboote mit zwei nebeneinander-liegenden Antrieben im Vorteil, wahrend das schiebende Motorschiff mit nur einem Antrieb vorwiegend auf den seitlichen Wasserwiderstand angewiesen ist. Die
augenblidc-fiche Entwicklung neuartiger Rudertypen mit grEogeren
Querkraften tragt erheblich dazu bei, auch dem Motor-schiff mehr Steuerfahigkeit zu geben.
2.2 Fahrwassertiefe
Die Riickstromung fiihrt zu einer Absenkung des Was-serspiegels und des Schiffes je nach dessen Tiefgang, Lade-zustand und Geschwindigkeit (Abb.
1). Dem mug der
Wasserbau bei der Bemessung der Fahrwassertiefe Rech-nung tragen und unter dem Boden des voll abgeladenen
Schiffes em n ausreichendes FIottwasser sicherstellen. Beob-achtungen in der Natur zeigen, dag das Einzelschiff im Vergleida zu den Verbanden starker absinkt und damit eine grogere Fahrwassertiefe bedingt.
Faculty WbMT
Dept. of Marine Technology
Mekelweg 2, 2628 CD Delft
The Netherlands
Binnenschiffbau und WasserstraBenbau
Von Prof. Dr.-Ing. Rudolf Kuhn, Munchen
2.3 Lichte Durchfahrtshohen
Fiir den Wasserbauer ist die Angabe der gewahrleisteten Lichthohe oft schwierig, weil sic eine Funktion der Wasser-spiegelhohe und ihrer Veranderungen ist und diese nicht immer in ihrer letzten Auswirkung erfagt werden konnen. Besonders in Kanalen mit verhaltnismagig hohen Stufen und kurzen Haltungen konnen Schwallerscheinungen em vorgesehenes Sicherheitsmag ganz aufzehren.
2.4 Beanspruchung der Wasserstrage durch
die Fahrt des Schiffes
Die Stromung urn das fahrende Schiff greift im allge-meinen die Wandungen des Profils nicht an. Dagegen hat der Wandel im Antrieb der Schiffe sich ungiinstig auf den Wasserbau ausgewirkt. An die Stelle des friiheren, hydrau-lisch giinstigeren Prinzips, durch langsam laufenden Antrieb
eine grligere Wassermasse langsam zu bewegen, sind die
schnelldrehenden Propeller mit stark gebiindeltem Strahl hoher Geschwindigkeit getreten. Besonders die Boschun-gen sind in hohern Ma& gefahrdet, wenn der Schrau-benstrahl unmittelbar auf sic gerichtet ist; die Praxis zeigt,
dag em n solcher Fall nicht nur an Liegeplatzen, sondern auch bei Manovem auf der freien Strecke eintreten kann. Diese Angriffe veranlassen den Wasserbauer, in Zukunft nur noch zusammenhangende Deckwerke zu verwenden, bei denen der konzentriert angreifende Strahl grogflachig aufgenommen und damit unschadlich gemadat wird.
Schlieglich erfordert noch der Angriff des Ankers auf das Profil der Wasserstrage einen besonderen Schutz der Auskleidung bzw. der Dichtung.
2.5 Radar
In neuerer Zeit werden die Schiffe besonders im
Hin-blick auf den durchgehenden Tag- und Nachtbetrieb in
zunehmendem Mage mit Radargeraten ausgeriistet Abge-sehen von der Bestiickung der Schiffahrtszeichen mit Reflek-toren miissen in der Konstruktion von Briicken iiber den Schiffahrtsweg die Eigenheiten des Radarverfahrens be-riicksidatigt werden.
Fahrt durch die Stufenbauwerke
Vor der Einfahrt in die Kammer einer Schleuse oder in den Trog eines Hebewerkes mug das Schiff in der Regel warten, urn einen ausfahrenden Begegner vorbeizulassen. Dazu sind beiderseits des Stufenbauwerks Vorhafen mit seitlich angeordneten Warteplatzen eingerichtet. Von ihnen mug sich das Schiff seitlich versetzen und in die Einfahrt zur Kammer einfadeln. Dabei wird es durch Leitwerke zwischen Warteplatz und Einfahrt unterstiitzt
3.1
Lei twerke
Die Leitwerke, die den tlbergang vom breiten Fahrwas-ser des Vorhafens zur engen Einfahrt am Tor vermitteln, sollen stetig sein. Mit der Entwicklung des Bugs von der konventionellen Spitzbogenform zur rechteckigen Form des Pontonbugs ist die schon seit jeher bestehende Gefahr des Hangenbleibens an einem Dalben noda groger geworden; verbindende Holme zwischen den Daiben vermindern zwar die Gefahr, aber beseitigen sic nicht ganz.
Das Schiff fihrt m verminderter Geschwindigkeit und daher mit verminderter Steuerfihigkeit in die Kammer em. Die wasserbaulichen Anlagen miissen also Querstromungen und den Einfluf3 von Seitenwind von den em- und aus-fahrenden Schiffen moglichst fernhalten.
Die groBe Lange der Schubverbinde steigert die Schwie-rigkeit des Einfidelns in die Torenge der Schleuse. Die Anordnung eines Leitwerks in gerader Verlingerung einer Kammerwand (Schubmole) findet bei der Schiffahrt emn
recht unterschiedliches Echo. Dagegen haben Leitwerke nada hollindischem Vorbild allgemeine Zustimmung gefunden. Diese belassen die schrigen Leitwinde, runden aber den Vbergang zur Kammerflucht in einer solchen Form ab, da13 dem schrig anfahrenden Schiff eine stetige Fiihrung zu einem adasenparallelen Kurs geboten ist.
Urn beim Einfahrrnanover keine wasserbaulichen Anla-gen, insbesondere im Bereich der Torfiihrungen und -auf-lagerungen, zu gefihrden, mug die Lange des ersten
kam-EUROPAKAHN TIEFGANG 2,50m TRIMMWINKEL 8
a---",
TRIMMWINKEL 0 (MINUTEN) ABSENKUNG sz 24 (cm) 6 7 9 Oben:Abb. 1: Kenai- und Schlffahrtsversuche Bamberg Absenkung und TrImmwInkel
Rechts:
Abb. 2: Sehleusen-StoBschutz
merparallelen Tells aullerhalb des Tores ausreidiend groB sein; auf der Schiffbauseite mufi die Ecke des Bugs durch eine gut abgerundete Form mit nur allmihlichem Ubergang zur parallelen Begrenzung des Schiffskorpers ersetzt werden.
3.2 Schleusenkammer und Hebewerkstrog
Hebewerke werden heute bis zu einer Troglinge in der Groflenordnung von 100 m gebaut. Das Trennen und Wiederzusammenfugen lingerer Verbinde mindert den Vor-teil der rascheren Befarderung gegeniiber der Schleuse.Dariiberhinaus bieten 100 m Nutzlinge dem Schubverband nur beschrinkte Entwicklungsmi3glichkeiten, weil nach der notwendigen Trennung wenigstens das Schubboot mit einem Leichter zusammen gefordert werden mu&
Damit ist em n Problem von groSer Bedeutung
angespro-chen, nimlich die Beziehung zwischen Schiffsgroile und
Nutzlinge des Stufenbauwerks. Die Abmessungen, die in neuerer Zeit im Schiffbau verwirklicht wurden und nodi geplant sind, Rosen im Wasserbau nidat geringe Sorgen
aus. Wird nimlich die dargebotene Nutzlinge der Schleu-sen zwischen den Begrenzungsmarken vollkommen
ausge-nutzt, dann erfordert
die Belegung der Kammer einen nicht zu vertretenden Zeitaufwand. Mit zunehmender Aus-nutzung milflten von der Schiffahrtsseite her Mittel und Wege gefunden werden, urn den Zeitaufwand fiir die Bele-gung der Kammer auf em n MindestmaB zuriickzufiihren.Die immer zahlreicher werdenden Unfalle von Schiffen, die bei Oberwasser in die Kammer einfahren, durch
Auffah-ren auf das Untertor bzw. den
unterstromigen Kammer-abschlull erfordern einen StoBschutz am Kammerende.10
die bisher iibliche Bugform mit senkrechter Vorderkante geniigte em n StoBschutzbalken, der auch bei verinderlicher Wasserspiegelhohe wirksam ist und fiir eine waagerechte Aufprallast konstruiert und bemessen wird (Abb. 2). In
neuerer Zeit hat der Schiffbau den Pontonbug
welter-entwickelt und in den Bau nicht nur von Leichtern, son-dern auch von Motorschiffen iibernommen. Den tedanischen und wirtschaftlichen Vorteilen dieser Enrwicklung im
Schiffbau stehen nicht vorausberechnete Schwierigkeiten im Wasserbau gegeniiber. Der iibliche StoBschutzbalken wird von dem auffahrenden Pontonbug nach unten durchge-driidct. Man hat deshalb den StoBschutz mittels Ketten oder
Seilen in die Planung einbezogen; er vermag auch den Pontonbug zu fassen und das Schiff zu bremsen. Wegen des
1m VV.S11 ABSENKUNG sz 12 13 Vs(Km/h) SCHIFF MIT IOTRECH TER 81 IGKA 1 I I SCHIFF 1111 PONION8116 STOSSSCHUTZ -RAISER
. 4m
Ill STOSSSCHL117-SP SI OSSSCH111Z -SEIL I 8m ACHSE 085_z
I SIOSSSCHUTZESgrogen Oberstandes des unterschnittenen Pontonbugs iiber die Haltevorrichtung hinaus muB jedoch der Sicherheits-abstand zum Tor vergroBert und damit die ganze Schleuse verlingert werden.
4. Zusammenfassung und SchluB
Die Fragen und Probleme im Grenzgebiet
zwischenSchiffbau und Wasserbau miissen aufeinander abgestimmt werden. Dabei erscheint es wesentlich, daB sie jeweils auch aus der Sicht des anderen Partners
und vor allem von
einer hoheren gesamtvolkswirtschaftlichen Warte aus gese-hen werden.Dies setzt einen Kontakt zwischen Schiffbauer und Was-serbauer voraus, der enger sein sollte, als er in der Ver-gangenheit war und oft auch heute noda ist. Eine frucht-bare Zusammenarbeit setzt aber
bei jedem der beiden
Partner eine klare Konzeption voraus, damit dem anderen Tell verbindliches Material fiir die Li3sung seiner Aufgabenin die Hand gegeben werden kann.
Die Diskussionsteilnehmer machten einerseits die Diskre-panz deutlich zwischen den berechtigten Forderungen der Schiffbauer und den MOglidakeiten filr die Wasserbauer, wobei moglich nicht technisch, sondern selbstverstindlich wirtschaftlich gemeint war, andererseits wurde auch hier hervorgehoben, dal?. die Zusammenarbeit zwischen beiden
Bereichen d i e Voraussetzung ist, um das Bestmogliche fiir den kiinftigen Verkehrsanfall auf den Binnenwasserstrden zu erreichen und cid, wenn man auf diesem Gebiet den Sparstift ansetzt, dies den Tatbestand der Verkehrsgefihr-dung erfiillen konnte.
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