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Theologisches Literaturblatt, 15. August 1919, Nr 17.

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Theologisches Literaturblatt.

U n te r M itw irk u n g

zahlreicher Vertreter der theologischen Wissenschaft und Praxis

herausgegeben von

Dr. t h e o l . L u d w i g I h m e l s

P ro fesso r der Theologie in Leipzig.

Nr. 17. Leipzig, 15. August 1919. XL. Jahrgang.

E rsch ein t vierzehntägig F reitags. — Bezugspreis vierteljährlich 3.75 J t. — A nzeigenpreis: die zweigespaltene Petitzeile 40 «J. — Verlag und A uslieferung: Leipzig, KOnigstr. 18.

z i m m e r n , H e in ric h , Zum babylonischen N eu­

jahrsfest.

Z e l l t n g e r , Dr. Johannes, Die Genesishom ilicn des Bischofs Scverian von Gabala.

J o r d a n, D. H e rm a n n , L uthers Staatsauffassung.

H e u s s i . K a r l , K om pendium der K irchengeschichte.

E n g e r t , D r.Thaddäus, W ege zur deutschen K irche.

L e n m e n , Alfons, S .J ., L ehrbuch der Philosophie auf aristotelisch-scholastischer Grundlage.

iatSCh, Dr. Josef, Das Evangelium dor W ahrheit und die Zweifel dor Zeit.

R o ll e , Dr. H e rm a n n , Die Bedeutung Schleier- m achers.

G l e s e b r e c h t, D. F r., Die Gruudzüge der israeli­

tischen Keligionsgesehichtc.

F r l c k , Carolus, S .J ., Logica in usum scholaram . L e h m a n n, D r. E d v ., M ystik in H eidentum und

C hristentum .

H e ll m a n n , Dr. Alfons, S tunden der Stille.

H a c k e n s c h m l d t , D. K ., L ic h t-u n d Schattenbilder aus dem A lten Testam ent.

Philosophische Bibliothek. Bd. 152: Platons Dialog Phaidros.

L e i b n i z , G. W ., Ausgewählte philosophische S chriften.

K l i m k e , P . Friedrich, S. J ., Schule und Religion.

N eueste theologische L iteratu r.

Z im m ern, Heinrich, Zum b ab y lo n isch en N eujah rsfest, Zweiter Beitrag. (Berichte Aber die Verhandl. der sächs.

Gesellsch. d. Wissensoh. zn Leipzig. Philol.-histor. Klasse.

70. Band, 1918, 5. Heft.) Leipzig 1918, Teubner (52 S.

gr. 8). 1. 80.

Unter den Knltuszeiten der Babylonier ragte das Neujahrs­

fest, das im Anfänge des Monats NiBan, also in der Nähe der Frühlings-Tag- und Nachtgleiche gefeiert wurde, weit hervor.

An demselben wnrde aber hauptsächlich der Gott Marduk, der Stadtgott von Babylon, verherrlicht, dessen hebräischer Name Merodakh (Jer. 50, 2) doch, wie in meinem Hebr. Wörterbuch angegeben ist, mit ’adonaj zusammenklingt und weder aus boscheth „Schandding“ (Theis, Sumerisches im A. T. 1912, 39) noch aus dem babylonischen Genetiv (a)mar-uda-ge (0. Sehroeder in ZATW. 1914, 73) abznleiten ist. Sein Bildnis wurde an jenem Feste auf der ProzessionBstrasse dahingefahren, die von den deutschen Ausgrabungen an daB Licht gezogen wurde.

Neuestens ist nun aus einem Texte, der bei den deutschen Forschungsarbeiten in der alten Residenzstadt Assur gefunden wurde, festgestellt worden, dass bei der Mardukfeier am Neu­

jahrsfeste dieser Gott, wie es von Tammuz (Hes. 8, 14) und von Adonis schon vorher bekannt war, als ein Verschwundener und wieder zum Vorschein Gekommener gefeiert wurde. Dies ist der Hauptpunkt, den Hnr. Zimmern in seinem zweiten „Bei­

trag zum babylonischen Neujahrsfeste“ ans Lioht gestellt hat.

Das geschieht so, dass er den erwähnten, zu Assur gefundenen Text zuerst nach seinem Gedankengang vorführt und dann auoh in Umschrift und Uebersetzung mitteilt. Zur weiteren Be­

leuchtung des Neujahrsfestes analysiert er aber auch noch Texte über die Neujahrsfeier zu Ereoh (Gen. 10, 10), gibt aus weiteren Eeilschrifttafeln den Verlauf der Kultushandlungen an, die am 2. bis ö. Nisan vollzogen wurden, und steuert auch noch andere Materialien zur Kenntnis jenes Festes bei, wobei auch die be­

sonders interessante Frage, ob es im babylonischen Religions- wesen „Mysterien im engeren Sinne“, d. h. Anteilnahme des Verehrers der Gottheit an deren mythischen Erlebnissen, die ihm zum Unterpfand seines eigenen Erlebens werden (S. 45), gibt, besprochen und geurteilt wird, dass diese Frage nicht ein­

fach verneint werden kann.

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Die Nebenabsicht aber, die der Verf. tnit Beiner Darlegung verfolgt, besteht darin, dass er die Verwandtschaft aufzeigen will, die zwischen den babylonischen Vorstellungen vom Schicksal des Gottes Marduk und dem Jesu Christi bestehe (S. 9—13).

Nämlich wir fänden da folgende Akte, zu denen der Leser selbst sich das Gegenstück aus Jesu Leidensgeschichte hinzudenkt:

Bel-Marduks Gefangennahme; Bels Verhör im Hause am Rande des Berges (an der Gerichtsstätte); Bel wird geschlagen; Bel wird nach dem „Berge“ abgeführt; zugleich mit Bel wird ein Verbrecher abgeführt und dann getötet. Ein anderer (?), gleichfalls als Verbrecher angeklagt, wird losgelassen (?) und daher nicht mit Bel abgeführt. Nachdem Bel in den „Berg“

gegangen ist, gerät die Stadt darüber in Aufruhr, findet Kampf darinnen Btatt. Bels Kleider werden weggebraoht. Eine Frau [wischt] das vergossene Herzblut (Bels?) ab, das, wie es scheint, von einem herausgezogenen [Speere] herrührte. Bel musste in den „Berg“ hinabsteigen und wird wie in einem Gefängnis fest­

gehalten. Wächter bewachen den in der Bergfestung ein­

geschlossenen Bel. Eine Göttin, wohl Bels Gattin, weilt bei Bel. Sie ist seines Befindens wegen gekommen. Man sucht Bel, wo er gefangen gehalten wird. Bel kommt (wie die Frühlingssonne) wieder aus dem „Berge“ heraus. Aber erstens stehen diese Momente nioht in dieser Reihenfolge im Texte (S. 11). Zweitens sind sie nicht alle sicher, wie schon die bei­

gesetzten Fragezeichen beweisen. Drittens ist die Gleichheit der aufgeführten Momente mit denen der Geschichte Christi auch nicht immer deutlich, wie denn z. B. „die unmittelbare Aussage von einem Sterben des Gottes Bel-Marduk vermieden ist“ (S. 9), und es an anderen Verschiedenheiten nicht fehlt. Ausserdem ist viertens dies die Hauptsache. Wenn auch wirklich mehr gleiche Momente in jenem babylonischen Mythus und in der neutesta­

mentlichen Erzählung vorkämen, so dürfte dooh letztere nioht aus Nachahmung erklärt werden. Denn die urohriatlichen Autoren haben s e lb s t vor dem Horchen auf mythologische Fabeln g e w a rn t (Kol. 2, 8; 1 Tim. 1, 4; 4, 7; 2 Tim. 2, 16;

Tit. 1, 14; 3, 9; 2 Petr. 1, 16). Ausserdem waren die in Jesu Leidensgeschichte auftretenden Momente ganz natürlich, und endlich darf bei solchen Vergleichungen die Tatsache der Parallelersoheinungen in der Kulturgeschichte n ic h t ü b er-

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s e h e n werden, wie ieh dies freilich aach bei der Ausarbeitung meines neulich erschienenen Genesiskommentare mehrfach habe

beklagen müssen. Ed. K önig-B onn.

Z ellin g er, Dr. Johannes (Sabregens des Georgiannms in München), Die G enesishom ilien des B ischofs Severian von G abala. (Alttest. Abhandl. VII. Band, 1. Heft.) Münster i. W. 1916, Aschendorff (128 S. gr. 8). 3. 40.

In der neueren Schriftforschung ist die Geschichte der Exe­

gese hinter den Untersuchungen Aber Quellen und Text zurück­

getreten, da sie für diese Gebiete wenig Aasbeate bot. Doch ist za wünschen, dass sie nunmehr, nachdem für Quellen and Textgeschichte feste Grandlagen gewonnen sind, wieder mehr gepflegt wird. Denn in der Geschichte der Exegese spiegelt sich die Geschichte der Theologie überhaupt wider. Darum ist eine Arbeit wie die von Zellinger über Severian von Gabala sehr dankenswert. Und mit Sachkunde und Umsicht hat der Verf. seine Aufgabe angegriffen. Severian, dessen Bischofssitz Gabala in Syrien zur Metropole Antiochia gehörte (S. 2), ge­

hört zur antiochenischen Exegetenschule. Er war Zeitgenosse von Chrysostomus (f 407), gegen den er als Gast in Konstan­

tinopel aus Eifersacht weidlich intrigiert hat. Ein Günstling der Kaiserin Eudoxia, ist er an ChrysostomuB1 Sturz (403) mit­

beteiligt gewesen. Erhalten sind von ihm die sechs Homilien über die Schöpfungsgeschichte (Migne, Patrologia Graeca t. LVI), die zuerst von Savile in seiner ChrysoBtomuBausgabe heraus­

gegeben sind (Tou . . . . XpoaoaTojj.ou tojxo; 2ßöojj.o; 1612), später von Montfaucon (Chrysostomi opera omnia VI. 1724) anf besserer handschriftlicher Grundlage. Sie Bind besonders bei Procopias von Gaza in Beinem Oktateuchkommentar nnd in der anonymen Oktateuchkatene benutzt, über deren Verhältnis zu Procop Zellinger in ausführlicher Vergleichung handelt (S. 28 ff.). Zellinger schreibt Severian ansserdem mit guten Gründen noch eine Homilie zu „icuj? o ’Aöajj. eXaße xr,v (S. 4 0 ff.), die gleichfalls von Procopius ausgeplündert worden ist; und severianische Schule zeigt auch die Homilie el; xov aotuxov otov (Savile, a. o. V, 720ff.), gleichfalls von Procopius verwertet.

. Als Exeget steht Severian ganz anf den Schultern Ephraims (f 373), hängt aber auoh von Chrysostomus stark ab, ist also ein Zeuge der syrischen Exegetenschule, die in Antiochia zu so hoher Blüte gelangte. Entgegen der allegorischen Methode drang sie auf Wiedergabe des wirklichen Schriftsinnes. Zur Geschichte der antiochenischen Exegese, deren Anfänge schon bei dem von Severian benutzten Theophilus (c. 180 n. Chr.) beobachtet werden können, mit der auch Ephraim Zusammen­

hänge ist Zellingers Arbeit über Severian ein wichtiger Beitrag.

Gern würde man die Wurzeln dieser Exegese noch bis ins JudenchriBtentum und Judentum genauer verfolgt sehen. Das Weltbild der Homilien kehrt vor allem bei KosmaB Indicoplenstes wieder; ea ist von der griechischen Natur Wissenschaft ganz un­

berührt, steht ihr feindlich gegenüber. Die von Zellinger be­

handelten Beispiele zeigen, dass Severian immerhin wissenschaft­

liche Fragen zu Btellen wusste, bo über das Verhältnis des ersten zum vierten Tagewerk (S. 86), und auoh originelle Ge­

danken hatte, bo über den Erkenntnisbaum als Wahrzeichen der Gegenwart des unsichtbaren Gottes (S. 106). Es wäre er­

freulich, wenn Zellingers Studie zu neuem Stadium der antioche- nisohen Exegetenschule anregte. Unseres Dankes iBt seine Arbeit sicher. 0. P ro cksch-Greifswald.

J o rd a n , D. Hermann (Professor in Erlangen), L u th e rs S ta a ts­

auffassung. Ein Beitrag zu der Frage des Verhältnisses von Religion und Politik. München 1917, Müller & Fröh­

lich (VIII, 202 gr. 8). 3.50.

Die moderne Diskussion über das Verhältnis von Christen­

tum und Politik hat mit grossem Ernst die Frage in den Mittelpunkt gerückt, ob nicht vom Standpunkte der „Ethik der Bergpredigt“ aus überhaupt jede Machtpolitik verbannt werden müsse, and daraas teils die Folgerung gezogen, dass hier nur durch die Scheidung zwischen Privatmoral und Staatsmoral zu helfen sei, wobei die Privatmoral ihre Direk­

tiven aus der Bergpredigt zu gewinnen habe, dagegen die Staatsmoral nur als Maohtmoral der Wirklichkeit gerecht werde, oder sie hat sich überhaupt im Namen des Christentums gegen jede Art der traditionellen Politik gewandt und damit unter den heutigen Verhältnissen der jedem Vaterlandsfreunde als unbedingt nötig erscheinenden Machtpolitik den Rückhalt zu nehmen gesucht. Die hier vorliegenden Probleme sind , schwer und ernst und nioht aus dem Handgelenk zu entscheiden.

Es iBt vielfach ein Fehler der vorliegenden Lösungen, dass sie zu wenig geschichtlich orientiert sind. Der Verfasser dieser sehr lehrreichen Schrift hier will dadurch, dasB er in Luthers für die Neuzeit grundlegende Staatsauffassung einen gründ­

lichen Einbliok gewährt, einer Lösung den Weg bahnen, die anf eine Trennung hinausläuft zwischen geistlicher und welt­

licher Sphäre, die auf der einen Seite den ganzen Ernst der christlichen Ethik zur Geltung bringt und doch die Eigen­

gesetzlichkeit des Staatsbegriffes behauptet.

Der Verfasser gibt nicht einen Querschnitt durch die An­

schauung Luthers, sondern lässt uns die Entwickelung seiner Staatsauffassung erkennen. Allerdings ist von einer eigent­

lichen Entwickelung kaum etwas zu spüren. Im Grunde ist sioh Luther schon sehr früh darüber klar gewesen, dass es der Verderb der Kirche Bei, wenn sie in die Aufgaben der Obrig­

keit sich hineinmenge, und dass es ein Unrecht des Staates sei, in die Kirche hineinzuregieren. Nur der Ton verändert sich. Im Anfang liegt das Interesse ganz auf dem Evan­

gelium. Die Herrlichkeit des Evangeliums herauszustreichen und unvermengt von aller Verwirrung durch Staatsbegriffe zu halten, das sieht er als seine Aufgabe an. Allmählich aber gewinnt der Staat selbst, die Obrigkeit, ihm auch ein positives Interesse ab. Infolgedessen vermehren sich die Stellen, in denen er nun auoh auf die positiven Aufgaben der Obrigkeit näher eingeht.

Es ist ja Luthers Staatsauffassung allgemein bekannt. Ihm ist die Obrigkeit die von Gott gesetzte Ordnungsgewalt, die deshalb mit Rücksichtslosigkeit für die Ordnung nach innen und nach aussen sorgen soll. Sein Staatsbegriff ist also durchaus religiös begründet. In dem Begriff der Gottesord- nung zur Bestrafung des Bösen ist die Begründung des gött­

lichen Rechtes der Obrigkeit in ihrer Wirksamkeit gegeben.

Die Obrigkeit hat unmittelbar göttliche Würde und göttliche Aufgaben. Die Voraussetzung dieser göttlichen Einrichtung ist die Existenz der Sünde als der tatsächlich das Leben der menschliohen Gemeinschaft beherrschenden Macht. Um ihret­

willen ist sie nötig; denn die Sünde ist Unordnung, Gott aber ist ein Gott der Ordnung. Wie diese Ordnung z w e c k m ä ssig zu s c h a ffe n sei, das herauszubringen ist im wesentlichen Sache der menschliohen Vernunft, dafür hat der Jurist zu sorgen, und von der menschlichen Vernunft, die ja Gott dem Mensohen dazu gegeben hat, die Sünde zu beherrschen, haben

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sieh infolgedessen auch die Fürsten führen zn lassen. Als Mittel der Ordnung ist, da die Sünde Btreng behandelt werden muss, der Zwang nicht zu entbehren. Die Obrigkeit soll des­

halb ein gutes Gewissen haben, wenn sie auch Gewalt an­

wenden muss. Auch die Notwendigkeit der Eriegsgewalt ist in der Existenz der Sünde gegeben. Deshalb soll die Obrig­

keit die Kriege auoh mit gotem Gewisssen im Dienste der Ordnung führen. Das Fredigtamt aber hat es nioht mit der äusseren Ordnung zu tun, sondern mit dem Herzen, mit der Gesinnung. Das Predigtamt hat aber deshalb allerdings auch die Aufgabe — als Seelsorger erfüllte sie Luther selber — , das Gewissen der Obrigkeit zu schärfen und ihr zu sagen, dass Bie ihre Aufgabe als göttliche treu zu erfüllen habe, aber nicht minder der Predigt des GotteBwortes Bich bengen müsse.

Aber vor allem ist es doch die Aufgabe deB Predigtamts, das Evangelium zu predigen, zum Glauben zu führen, mit anderen Worten: das Trostamt der evangelischen Predigt zu vollziehen.

DaBB es sich bei dieser Scheidung nioht um eine prinzi­

pielle „Anschauung“ , sondern um eine seelsorgerliohe Auf­

fassung handelt, ist vom Verfasser sehr gut herausgearbeitet.

Luther hat keinen S ta atsb eg riff, aber er will der Obrigkeit ein gutes Gewissen geben, er will der Christenheit vor allem die göttliche Stellung des Staates zum Bewusstsein bringen.

Dabei geht er im wesentlichen über die Stellung des Paulus in Römer 13 nicht hinaus. Und Belbst die Töne spezifisch vater­

ländischer Freude scheinen doch keinen so grossen Platz bei ihm einzunehmen, als man im allgemeinen annimmt.

Was die Darstellung des Verfassers besonders lehrreich macht, ist, dass er im wesentlichen Luther Belbst sprechen lässt. Seine Worte werden in Auszügen dargeboten, so dass man eine ganz hervorragend gute und vollständige Auswahl aller der Stellen, die sich auf das Problem des Themas be­

ziehen, hier bekommt. Die Darstellung iet auch im wesent­

lichen klar, obwohl ich nicht ganz die Unsicherheit des Ver­

fassers auf Seite 126 verstehe über das Recht der Obrigkeit zur Ordnung der Kirohe, da er dooh Seite 173 ff. die Luther- sohen Gesichtspunkte vollständig beibringt. Dagegen ist mir ein Punkt in der Darstellung des Verfassers doch zweifelhaft.

Hat nioht die moderne Kontroverse über die Ethik der Berg­

predigt im Verhältnis zur Eigengesetzliohkeit des Staates etwa dooh die ganz streng historische Auffassung der Luthersohen Position durchkreuzt? Luthers Evangeliumsbegriff hat niohts mit unserem heutigen zu tun. Ihm ist Evangelium nioht Lehre Jesu, sondern Inbegriff der christlichen Predigt vom Glauben, vor allem von der Vergebung um Christi willen, ihm ist also Evangelium gar nicht zuerst Ethik, sondern Gnadendarbietung.

Natürlich hat ihn das Verhältnis zwischen den sittlichen Forde­

rungen Jesu und der Staatspraxis beschäftigt, und er hat daB Problem der Notwendigkeit staatlicher Zwangsdurchführung des Rechtes im Verhältnisse zu der Forderung Jesu, sioh als Christ Unrecht gefallen zu lassen, empfunden; obhat ihn auch dieser Gegensatz zweifellos darin bestärkt, eine reine Scheidung zwischen Predigtamt und Obrigkeit, zwischen christlicher Inner­

lichkeit und staatlicher Zwangsherrschaft herzustellen. Aber diese Scheidung wird ganz allgemein durch den Gegensatz:

Aufgabe des Predigtamtes: freie Gnadendarbietung — Aufgabe der Obrigkeit: Bekämpfung der Unordnung duroh den äusseren Zwang der Ordnung bestimmt. Gegenüber der zwangsmäsBig herrschenden Kirohe des Mittelalters das Wesen der rechten Kirche sicherzustellen und darum auch den göttlichen Wert der staatlichen Obrigkeit gegenüber der Überschätzung der­

selben im Mittelalter herauszuarbeiten, daran lag ihm. loh glaube aber nioht, dass für Luther der Begriff „Ethik der Bergpredigt“ irgendwie existiert hat. Eben deshalb ist es aber auch zweifelhaft, ob man mit dem Ausdrucke „Eigen­

gesetzliohkeit“ ganz richtig die Stellung Luthers zum Staate bezeichnet. Mir erscheint ob viel richtiger, die eigentümliche Stellung Luthers der Welt gegenüber im Gegensätze zum Mittel­

alter als „Entprofanisierung“ aufzufassen. Im Mittelalter war die Welt das Profane, die Familie und auoh der Staat ge­

hörten für das Bewusstsein des Volkes zum Profanen, dem man infolgedessen als Christ misstrauisch gegenüberstand.

Luther gibt dem Christen das gute Gewissen diesen Grössen gegenüber, indem er sie als Gottesordnungen verstehen lehrt, in denen man Gott mit gutem Gewissen in Bernfstreue dienen kann. Damit wird aber die Obrigkeit etwas Heiliges. Auch das Handeln der Obrigkeit wird heilig. Damit, dass er das Handeln im einzelnen sioh naoh den Grundsätzen der Vernunft richten lässt, will Luther keine Eigengesetzliohkeit auf dem Gebiete des Staatshandelns begründen, vielmehr beziehen Bich ja diese Vernunfterwägungen nur auf die Frage nach der zweckmässigen Art, daB Böse zu bezwingen. Da hat der Jurist zu entscheiden. Dagegen die grossen Grundsätze Belbst für das Staatshandeln, für seine ganze Arbeit werden doch als wesentlich im Dekalog gegeben aufgefasst, also als vom gött­

lichen Willen festgesetzt gedacht. Man kann infolgedessen nur sagen, dass Luther allerdings Behr entschieden geleugnet hat, daBS das Predigtamt sich mit der obrigkeitlichen Funktion zu befassen habe, und dass er dem Staate seine Grenzen in der äusseren ZwangBgewalt gegeben hat, die auoh die Grenzen deB Predigtamtes zu respektieren habe. Ist damit wirklich auoh eine grundsätzliche Lösung fü r uns gewonnen? W ir sehen doch die christliche Ethik bo nicht vom Standpunkte des Deka­

logs, sondern der Bergpredigt aus und empfinden damit die Schwierigkeiten deB StaatsmaohtgedankenB viel mehr. Und wer nnn, wie ioh, nicht die Scheidung zwischen Privat- und Staatsmoral mitmaohen kann, dem hilft eine noch so reinliche Scheidung der zwei Gebiete nichts für die Lösung des Pro­

blems. Sie ist nur zu finden durch die richtige Auffassung der Bergpredigt, die überhaupt nicht den passiven Charakter trägt, den man ihr so oft beizulegen pflegt, und duroh eine Vertiefung deB Staats- und MachtgedankenB. Es ist hier nioht der Ort, das näher auszuführen; das ein e kann man immerhin sagen, dasB gerade darin mir Luther eine bleibende Bedeutung für den StaatBgedanken zu haben scheint, dass er die selb­

ständige Heiligkeit der Obrigkeit anB Licht gebracht hat. Nioht in ein Zweoksystem ordnet er sie ein, indem er sie etwa als dienendes Glied deB Reiches Gottes oder der Kirche nur schätzt, sondern sie hat ihre eigene göttliche Aufgabe be­

kommen, in der sie treu Bich zu bewähren h a t Wenn man das unter Eigengesetzliohkeit verstehen will, dann hat aller­

dings Luther in dieBer Beziehung uns viel zu sagen.

Lic. H upfeld-B onn (Rhld.).

H eussi, Karl (Lic. theol. Dr. phil.), K om pendium d er K irchen­

g eschichte. 4., verbesserte Auflage. Tübingen 1919, Mohr (XV, 639 S. gr. 8). 15. 60.

Der Verfasser kann mit Recht stolz darauf Bein, dass sein Kompendium nun schon in vierter Auflage erscheint. Wie hoch die Auflage ist, erfahren wir nioht. Aber jedenfalls liegt ein grösser buchhändlerischer Erfolg vor. Wie sehr musB dann

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aber die hier gegebene Darstellung der Kirchengeschichte, welche dem Studenten die erste Grundlegung seines kirchengeschicht­

lichen Wissens erleichtern will nnd die Mitte einhält zwischen den grösseren Werken und den ganz knapp gehaltenen, einem tatsächlichen Bedürfnis entsprechen! Ich darf hinzufügen, dass meine Kurzgefasste Kirchengeschichte für Studierende, die ähn­

liche Zwecke verfolgt, und deren erste und zweite Auflage in je 2000 Exemplaren erschien, nun auch der dritten entgegen­

geht. Der Vorwnrf der Uawissenschaftlichkeit ist gegen beide Lehrbücher nur von solchen erhoben worden, die wissenschaft­

lich und unpraktisch gleichsetzen. Von anderer Seite ist es um so dankbarer anerkannt, dass die Studenten, wo sie Bich nioht mehr mit dem „Grossen Kurtz“ und ähnlichen unmög­

lichen „Lohnbüchern abzuquälen brauchen, desto mehr Zeit gewinnen für das Studium grÖBserer wissenschaftlicher Werke.

Die Verbesserungen der vierten Auflage beziehen sich nicht auf tiefgreifende Umarbeitungen, sondern auf Aenderungen im einzelnen. Die Literaturangaben brachte Heussi bisher zwischen Inhaltsangabe und Text. Das war nun sehr unpraktisch. Aber ich kann mir denken, wie er dazu gekommen. Er wird ge­

schwankt haben zwischen Ratgebern, die von jeder Literatur­

angabe abrieten, damit der Schein vermieden würde, als wolle das Kompendium den grossen kirchengeschichtlichen'Werken Konkurrenz machen, und solchen, die jedes Buch ohne Literatur*

angaben als unwissenschaftlich hinBtellten. DasB er jetzt, wie ich es in der zweiten Auflage getan, zu jedem Paragraphen die ent­

sprechende Literatur bringt, war das einzig Sachgemässe. Sehr viel Verständnis habe ich auch für das, was Heussi über die für seine Zwecke gebotene Zurückhaltung gegenüber neuen Hypothesen Bagt. Dass mancher dann das Buch für wissen­

schaftlich rückständig erklärt, muss man tragen und kann man tragen. D. H. A ppel-K ieve (Mecklbg.).

E n g e rt, Dr. Thaddäus, W ege z u r d eu tsch e n K irche.

Schlichte Gedanken ü|>er Katholizismus und Protestantis­

mus. Tübingen 1919, Mohr (130 S. gr. 8). 3.90.

Eine ungemein fesselnde und anregende Schrift! Zwar bietet sie demjenigen, der mit der komparativen Symbolik ver­

traut ist, nichts wesentlich Neues. Aber ein Gesichtspunkt, der in der Symbolik längst anerkannt ist und tatsächlich doch viel zu wenig berücksichtigt wird, wird vom Verfasser durchgeführt, nämlich der, dass für das Verständnis des Katholizismus weniger die Lehre als das Leben entscheidend ist. In der Tat hat für viele Katholiken vermöge des Auktoritätsprinzips und der fides im- plioita die Lehre nur nebensächliche Bedeutung: Verfassung, Kult und Devotion bestimmen die Religiosität. Engerts Kenn­

zeichnung der katholischen Frömmigkeit ist darum von beson­

derem Wert, weil er als früherer Modernist diese selbst durch­

lebt hat. Er schildert sie, indem er, vom Gottesgedanken und der Christologie ausgehend, in bezug auf die katholischen Sa­

kramente den Abstand katholischer und protestantischer Religio­

sität darlegt und mit einer Betrachtung über den Kultus schliesst.

Mit diesen Ausführungen verbindet sich nun ein ganz anders­

artiger Gedanke, nämlich das Ideal einer einheitlichen deutschen Nationalkirche. Wer möchte diesem Gedanken nicht Sympa­

thien entgegenbringen? Aber wer kann sich auch die entgegen- stehenden Schwierigkeiten verhehlen? Die lutherische Konfession denkt nicht daran, ihre Eigenart aufzugeben. Und wo sind denn im Katholizismus die Elemente für die Bildung einer Nationalkirche vorhanden? Die meisten Katholiken sehen im

PapBttum den Hort ihrer Kirche. Und die Voraussetzung für die Bildung einer deutschen Kirche wäre doch die Lossagung der deutschen Katholiken von Rom! Also macht Engert in einem Schlusswort den Vorschlag der Gründung einer Akademie für vergleichende KonfeBsionsforschung zum Zweck der An­

bahnung der Einigung der Konfessionen. So verständlich dieses Ideal bei Engerts Lebensentwickelung ist, muss man doch fragen:

sind wir wirklich auf dem Wege der Annäherung an dasselbe?

Engert hat sioh vom Modernismus her der kritischen religions- geschichtlichen Richtung zugewandt; obwohl er den Christus­

kult zu schätzen weiss, vertritt er eine ebjonitische Christo­

logie; auf Grund der kritischen Hypothesen über die Entstehung deB Abendmahls ist ihm das Abendmahl kein Sakrament. Kann er wirklich meinen, dass sich von solchen Anschauungen aus eine christliche EinheitBkirohe schaffen laBse? Es kann ihm doch unmöglich unbekannt sein, dass gegenwärtig in vielen Kreisen die kirchliche Tendenz auf Scheidung von liberal und positiv geht, also die evangelische Kirche mit Zerklüftung be­

droht. Kann er da wirklich im Ernst meinen, dass der religions­

geschichtlichen Richtung die Kraft der Verwirklichung des ut omnes unum innewohne? Lemme-Heidelberg.

L ehm en, Alfons, S. J., L e h rb u c h d e r P h iloso ph ie au f a risto te lis c h -s c h o la s tis c h e r G rundlage. 4. (Schluss-) Band: Moralphilosophie. 3., verbesserte und vermehrte Auflage, herausgegeben von V. Cathrein, S. J. Freiburg 1919, Herder (XIX, 370 S. gr. 8). Geb. 11. 60.

Mit dem vorliegenden Bande wird das Lehmensohe Lehrbuch der Philosophie zum Abschluss gebracht. Der Band umfasst 363 Seiten — ein Zeichen dafür, dass die Probleme und Lösungen der katholischen Moralphilosophie hier nur in kurzer Zusammenfassung erscheinen. Formal teilt das Werk alle die Vorzüge, die wir bereits an den vorhergehenden Bänden zu rühmen hatten. Es ist klar und übersichtlich geordnet. Der Stoff ist in zwei Teilen, nämlich in der allgemeinen (I) und in der besonderen Moralphilosophie (II) untergebracht. Die all­

gemeine Moralphilosophie wird in vier Abhandlungen vorgetragen, vom Endzweck des Menschen, von der Moralität der mensch­

liohen Handlungen, vom natürlichen Sittengesetz, die Lehre vom Recht. Die besondere Moralphilosophie wird in zwei Büchern vorgetragen, von denen das erste Buch die Pflichten und Rechte des Menschen als Privatperson, das zweite die GeBellschaftslehre enthält. Das erste Buch hat dann folgende vier Abhandlungen:

die Pflichten des Menschen gegen Gott, die des Menschen gegen sich selbst, die des Menschen gegen seine Mitmenschen, vom Eigentumsrecht. Das zweite Buch schliesst dann mit zwei Ab­

handlungen ab, von der Familie, vom Staate, vom Völkerrecht.

Vergegenwärtigt man sioh dies Schema, so wird man mit der Anerkennung nicht zurückhalten können, dass der so überaus reichhaltige Stoff der Moralphilosophie hier in geschickter Weise zusammengefasst ist.

DasB in der Ausführung nun, im ganzen und einzelnen, auch hier der Ton herrscht, wie wir ihn von der katholischen, jesuitischen Moralphilosophie gewohnt sind, ist ja klar. Immer wird das Moralische auf eine exakte und juristisch bestimmte Formulierung gebracht. Man hat das Gefühl, sich in einem bis ins kleinste und grösste geordneten Rechtssohematismus zu be­

wegen. Und damit ist dann das Scholastisch-Unlebendige, das Geschichtslose gegeben, das gegen das Freie und Bewegliche, in jedem Fall geschichtlich Orientierte der protestantischen

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Moralphilosophie so empfindlich abBtioht. Indessen, das liegt nun eben in dem ganzen System der katholischen Kirche. Man kann es deshalb dem Buche nicht zum Vorwurf machen.

Was nun materiell auch hier wieder mit der katholischen Moralität uns eint, das ist ihr theocentischer Charakter, die Ver­

ankerung des Moralischen in Gott, nicht im Menschen und irgend welchem Menschlichen, nein, durchaus in Gott. Diese UebereinBtimmung wird immer wieder, gerade gegenüber der kantisch-anthropozentristisch gerichteten modernen Moralphilo­

sophie gesehen und anerkannt werden müssen. Von dem Ge­

meinsamen dieser Stellung aus versteht es sich dann, dass wir z. B. auch in der Beurteilung der modernen Staatsidee wie der sozialistischen Gesellschaftslehre mit dieser katholischen Moral­

philosophie einigermassen konform gehen können. Wir werden mit ihr sagen müssen, dass über der Autonomie die Theonomie schweben bleibt, und dasB erst in der Theonomie die Autonomie zu ihrem Rechte kommt. Freilich kann dieser Satz dann nicht dahin ausgedehnt werden, dass die Kirche omnipotent gegenüber dem Staat gestellt werden dürfte — hier weichen wir von der katholischen Moralphilosophie ab. Daneben gibt ob nun noch eine ganze Reihe von Differenzpunkten; es sind die alten, be­

kannten, über denen wir uns nicht einigen werden. So wird es uns z. B. stets als eine Beeinträchtigung der Gnade erscheinen, was die katholische Moral von der Fähigkeit der „guten Werke“

festBtellt und was sie ihr zutraut. Gute Werke können uns nie in den Himmel helfen, das kann Gott allein. Dann wird für den Probabilismus nie bei uns Verständnis gefunden werden.

Wir werden immer das Gefühl behalten, dass durch Erweiterung des Erlaubten hier ein Spielraum hergestellt wird, innerhalb welches durch Distinktion und Interpretation die eigentliche Forderung Gottes hinausgespielt wird. Wenn endlich zwar dem alten Satz: „Der Zweck heiligt die Mittel“ hier die Form ge­

geben wird: „Der gute Zweck heiligt das gute oder wenigstens indifferente Mittel“, so muBs doch dazu gesagt werden, dass die Lehren der Intention, der Mentalreservation, der Amphibolie, wie sie auch diese Moralphilosophie vorträgt, zu einer robusten Anwendung jenes obigen Satzes immerhin eine gewisse Anleitung geben.

Im ganzen ist das Buch eine gute Orientierung über die katholische Moralphilosophie. Lic. Dr. Stier-Berlin.

Ja ts o h , Dr. JoBef (k. k. Universitätsprofessor und -prediger in Prag), Das E vangelium d e r W a h rh e it u n d die Zweifel d e r Zeit. Apologetische Vorträge zu dem Sonntags­

evangelium des Kirchenjahres. Zwei Bände. Freiburg im Breisgau 1918, Herdersche Verlagsbuchhandlung (VIII, 335 S. und IV, 311 S., gr. 8). Geb. 13 Mk.

Nur ein römischer Theologe kann den Satz schreiben: „Es gehört wahrhaftig nichts dazu, als die natürliche Vernunft, um Gottes Dasein zu erkennen“ (I, 4). Aus diesem Satze erklärt sich die intellektualistische Haltung dieser in Predigtform für jeden Sonntag des Kirchenjahres bestimmten Vorträge — wie aller römischen Apologetik. Sie appellieren mit je drei oder vier, oft unsystematisch nebeneinandergereihten Beweisen ledig­

lich an den gesunden Menschenverstand. Die Polemik gegen den Protestantismus zeugt, wie man zugunsten des Verf.s an­

nehmen muss, nur von Unkenntnis der angegriffenen Sache.

So ist dem Verf. hoffentlich Art. 10 der AugBburger Konfession unbekannt. Andernfalls würde sein Satz, daBS „alle anderen Kirchgemeinschaften“ ausser der römischen „höchstens eine

bildliche Gegenwart Christi im Abendmahlsbrote“ annehmen (I, 35), auf seine Wahrheitsliebe ein bedenkliches Licht werfen.

Auoh das Urteil, alle christlichen Gemeinschaften, die nur die Bibel als Lehrautorität anerkennen, seien „in ein Gestrüpp menBohlioher Meinungen geraten, aus dem sie bald keinen Ausweg mehr wissen“ (I, 117), legt die Frage nahe, wie weit wohl des Verf.s Kenntnis der protestantischen Theologie geht.

Wenn er das Geständnis eines Protestanten für besonders ein­

drucksvoll hält, der sich mit der Begründung zur Aufnahme in die römische Kirche gemeldet habe, dass „nur“ die römische Kirche geschmäht und verfolgt werde, wie es der Herr seinen Jüngern vorausgesagt habe, so wird der nichtrömische Leser das nicht ohne Heiterkeit lesen (I, 237f.).

Auf der anderen Seite sucht der Verf. das Papsttum z. B.

mit der Erinnerung zu verherrlichen, dass 77 Päpste in die Zahl der Heiligen aufgenommen seien (I, 125). Das könnte doch nur dann Eindruck machen, wenn irgend eine andere Instanz als das Papsttum selber die Funktion der Heilig­

sprechung ausübte. Wenn zur Rechtfertigung des äusBeren Prunkes der römischen Kirohe angeführt wird, dass die heid­

nischen Pommern gerade durch Entwickelung äusseren PrunkeB bekehrt worden seien (II, 165), so könnte mit derselben Be­

gründung alsdann auoh die Weise gerechtfertigt werden, in der die Konquistadoren in Amerika oder die Inquisitoren in allen Ländern, wo sie die Macht dazu hatten, „bekehrt“ haben, und die dem Verf. ja nioht unbekannt sein kann. Wie sich die Charakterisierung des päpstlichen Amtes als eines „Dienstes“

nur an den Seelen (I, 285) mit den tatsächlichen Ansprüchen und Handlungen der Päpste reimen soll, wird dem geschichts­

kundigen Leser unverständlich sein.

Der evangelische Kritiker bedauert, aus Mangel an Raum manches formell Gute und sachlich Richtige nicht loben zu können. Die Schuld trägt der römische Apologet, der die Aufgaben der Apologetik, die sioh an Niohtohristen wendet, und der Polemik, die ob mit andersgläubigen Christen zu tun hat, nicht auseinanderhalten kann. Wir sind hier nur,in der

Abwehr. Lic. Dr. Eiert*Breslau.

B olle, Dr. Hermann (Seminaroberlehrer in Bautzen), Die Be­

d e u tu n g S ch leierm ach ers für die Entwickelung der wissenschaftliohen Pädagogik. Zu seinem 150. Geburtstag.

(Pädagogisches Magazin. Heft 702.) Langensalza 1919, Beyer & Söhne (48 S. 8). 1. 60.

Schleiermaohers 150. Geburtstag (21. November 1768) ist durch die Novemberereignisse stark in den Hintergrund ge­

drängt worden. Um so lieber zeige ich diese Studie an, die den philosophisch geschulten Pädagogen nach seiner zeitgeschicht­

lichen Bedeutung und naoh seinem Einfluss auf den Gang der pädagogischen Theorie würdigt. Denn Fr. Schleiermacher ist der erste, der in einem wissenschaftlich angelegten System die Einseitigkeiten des pädagogischen Individualismus (Rousseau) und Sozialismus (Fichte, Hegel) überwunden hat durch eine beide überragende und versöhnende Synthese. Die eine doppel­

seitig sioh darstellende, aber dennooh unteilbare Aufgabe aller Erziehung ist die H erausbildung der persönlichen Eigentüm­

lichkeit und die H ineinbildung in die sittlichen Gemeinschaften.

Diese Einheit in der Doppelheit ergibt sich sowohl aus der Schleiermacherschen Psychologie des Charakters, naoh der alle Individualbildung erst durch die soziale Einstellung der Er­

ziehung ihre Vollendung findet, als auch aus der Theorie des

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Ethikers, der !in der !Güterlehre den Ausgleich zwischen der Bittlichen Selbständigkeit des einzelnen nnd zwischen seiner Vergesellschaftung findet. Die Sozialisierung der Erziehung geht aber nicht in einer Staatspädagogik auf, die oft recht einseitig gestaltet sein kann, sondern Staat un d Kirche, Wissens- gemeinaohaft un d freie Geselligkeit sind dem Sozialethiker die vier gleichberechtigten und zugleich eigengesetzlichen Gemein- schaftsformen, in die die nach wachsende Generation hineinzu­

bilden ist. Schon hier wird deutlich, wie zeitgemäss in unseren dem Impressionismus und dem Parteiregiment ausgelieferten Tagen daB Erziehungsdenken Schleiermachers ist, und wie sehr sein lauterer Gewissensernst die Reformbestrebungen regulieren könnte;

modern b t auch der Einheitszug, der durch daB Denken des Philosophen nnd durch die Schulorganisationspläne des Sozial­

pädagogen hindurchgeht. Schleiermacher hat keine pädago­

gische Schule begründet, aber gerade in dem Gedankengut der jüngsten Jahre und Jahrzehnte offenbart sich die nachhaltige Wirkung seiner Pädagogik. E b erh ard -G reiz.

Kurze Anzeigen.

Giesebrecht, D. Fr. (weil. ord. Univ.-Prof. in Königsberg), Die Grandzüge der israelitisohen Beligionsgesohichte. 3. Auflage von D. Alfr. Bertholet. (Aus Natur u. Geisteswelt, Bd. 52.) Leipzig 1919, Teubner (128 S. 8).

An 57a Spalten hat 1904 in Nr. 43 des Blattes Bulmering der Be­

sprechung der ersten Auflage gewidmet und u. a. die zu kurze Be­

handlung des exilischen und nachexilischen Zeitalters getadelt. Wird aber der Titel „israelitische Keligionsgeschichte“ im Wellhausenschen Sinne verstanden, so gehört die jüdische Gemeinde nicht dazu; was von ihr im Anschluss an die israelitischen Zeiten handelt, sind Aus­

blicke. Gleichwohl hat Bertholet dem Bedürfnis nach erweiterter Be­

handlung der exilisch-nachexilischen Zeit nachgegeben. Die Abschnitte hierüber waren freilich nicht die starke Seite des Büchleins. Schon der Stil führt Sorglosigkeiten mit, hinter denen sich mangelnde Klar­

heit der Anschauung verbirgt, so das viermalige „man“ S. 99, ferner Ungelenkheiten wie „der früher schon aufgenommene Kampf Jahwes“

ebenda, das „über“ S. 107, ZI. 16 v. u., und Unveiständlichkeiten für den Laien wie: „Das Mahlopfer bleibt intakt“ S. 113. Natürlich ist Deuterojesaja ein Einzelprophet und Israel sein Knecht Gottes — ob­

wohl S. 106 Zugeständnisse an die individuelle Auffassung dieser Ge- | etalt gemacht werden. Aber dasB man es jetzt oft umgekehrt liest: der Knecht im einzelnen, Deuterojesaia ein Kollektivum — ißt nicht ver­

merkt. Die Ablehnung der solidarischen Vergeltungslehre soll „sub- jektivistisch“ sein (S. 101). Welchen Wert hat der Satz: „Von der Behauptung einer wirklichen Körperlichkeit sei nirgends die Rede“?

Ebenda ist von „Geistlichkeit Gottes“ gesprochen, wozu man S. 123 den „geistlichen Charakter“ der makkabäischen Herrschaft lieber nicht vergleicht. Wer ist „es“ S. 123 (unterste Zeile)? Ich geselle mich nicht unter Kritiker, die sich ihr Armutszeugnis selbst ausstellen, indem Bie über Fachliteratur vom Standpunkt der Form und des Geschmacks urteilen. Die hier als symptomatisch verzeichneten Schönheitsfehler sind der Beweis dafür, dass die Bestimmung des Büchleins zwischen Einführung für Erforscher benachbarter Wissenszweige und für An­

fänger des eigenen Fachs, zwischen Wiederholung des hauptsächlichen Stoffs des Fachs für Augenblicksbedürfnisse von Examinanden und — Examinatoren, endlich auch Einführung Allgemeingebildeter, zumal der religiös Interessierten unter ihnen, ungeklärt schwankt, wie Versuche zeigen, den vorneutestamentlichen Tatbestand in ein geordnetes Ver­

hältnis zum neutestamentlichen Standpunkt, zum christlichen Durch- schnittsempfinden usw. zu bringen. Würden diese Zwecke an den Haupt- steilen des Verlaufs der israelitischen Keligionsgeschichte schrittweise durchgeführt, es hätte sich vielleicht ein Büchlein von nicht grösserem Umfang schaffen lassen; da aber ihre Verschiedenheit bei der Anlage des Büchleins nicht klar ins Auge gefasst war, entstand ein Vortragston, der mit der Beweisführung die persönliche Versicherung verwechselt, obwohl sich letztere natürlich auch auf Lieblingsmeinungen, auf Strittiges usw. erstreckt. Es gibt eine Zuversichtlichkeit, welche gerade in dem Fremdling oder Neuling den Eindruck der Unsicherheit hervor­

ruft. Ist der exilisch-nachexilische Teil unfertig, so sind andere Teile über Fertig bereits hinaus. Es wird Bertholet doch nichts übrig bleiben, als das Ganze — und wohl in zwei Teilbändchen — neu zu schreiben, wozu er ja hervorragend berufen ist. Giesebrechts Ver­

dienste sollen ungeschmälert in den Annalen des Fachs anerkannt bleiben und bedürfen nicht der Lebendigerhaltuog dieses Neben­

ergebnisses seiner Arbeit. W ilh elm Caspari-Breslau.

Frick, Carolus, S. J., Logioa in usum scholarum. Ed. V emendata.

(Cursus philosophicus. P. I.) Friburgi 1919, Herder (XII*

366 S. 8). 8.20.

Die enge Verbindung, die im katholischen System zwischen Theo­

logie und Philosophie besteht, so dass teils die Theologie durch die Philosophie („pharus theologiae“) bedingt, teils die Philosophie von der Theologie abhängig ist, macht es erklärlich, dass der jesuitische Schul- betrieb einen Cursus philosophicus erfordert, zu dessen Bearbeitung sich verschiedene Mitglieder der Kollegien in Valkenburg und Stony- hurst verbunden haben. Von den sechs Teilen, Logik, Metaphysik oder Ontologie, Naturphilosophie, Psychologie, natürliche Theologie und Moralphilosophie, hat Frick die beiden ersten übernommen. Ebenso wie die feststehende Auktorität deB Thomas von Aquino den Realismus (im Gegensatz zum Nominalismus) für die katholische Philosophie fest­

legt, ist selbstredend, dass eine jesuitische Logik die durch Aristoteles gebahnten Geleise innehält. Von einem Einfluss der mit Bacon ein­

setzenden neuzeitlichen Umwälzung der Logik ist bei Frick inhaltlich nichts zu spüren. Auf die Denker von Bacon bis Wundt wird fast nur in negativer Polemik Bücksicht genommen. Weder psychologische Ver­

tiefung noch erkenntnistheoretische Klärung wird daher für die Logik gewonnen. Deswegen läset sich natürlich Frick kein Vorwuif machen,, sondern das liegt am System. Die schlechthinnige Geltung eines kirch­

lichen Lehrsystems führt notwendig zu einer Ueberschätzung der for­

malen Denkmittel. Der Irrtum, der der Logik einen Wert für die Wahrheitserkenntnis zutraut, lässt sich nicht besser beleuchten, als durch Fricks 28. These: Ratiocinium tum deductivum tum inductivum est verus fons novae certaeque cognitionis. Lemme-Heidelberg.

Lehmann, Dr. Edv. (Dozent der Keligionsgeschichte an der Univer­

sität Kopenhagen), Mystik in Heidentum und Christentum. Vom Verf. durchges. Uebersetzung von Anna Grundtvig, geb. Quitten­

baum. 2. Auflage. (Aus Natur und Geisteswelt, 217. Bändchen.) Leipzig 1918, Teubner (144 S. 8). Geb. 1. 50.

Die zweite Auflage dieser kleinen Schrift ist, so viel ich sehe, ein unveränderter Abdruck der ersten Auflage, die 1908 erschien. Es sei deshalb nur kurz auf sie hingewiesen. Sehr treffend ist das Verhält­

nis des Christentums zur Mystik geschildert; die Partien über die deutsche Mystik sind freilich recht kurz und orientieren zu wenig. Wissenschaft- lieh fördern sie die Arbeit nicht, aber sie bieten einen guten und sehr lesbaren Ueberblick. Lic. Dr. Siedel-Dresden.

Heilmann, Dr. Alfons, Stunden der Stille. Sonntagsgedanken. Frei­

burg i. B. 1919, Herder (VIII, 238 S. 8). Geb. 5. 80.

Das Buch umschliesst 60 kurze Betrachtungen, die sich mit den verschiedensten Seiten seelischer Kultur beschäftigen. Sie gliedern Bich in sechs Abschnitte: Fernziele, Willensschule, Mensch unter Menschen, Wege zum Glück, Lebensführung und das Jahr der Seele.

Da sie nur selten zu den letzten Fragen der Seele hinunter steigen, so tritt das ausgesprochen Katholische in ihnen stark zurück und kommt höchstens gelegentlich bei dem Versuch, kultische Einrichtungen des Katholizismus zu den Problemen des modernen Lebens in Beziehungen zu setzen — ein Unternehmen, das übrigens gegenwärtig im deutschen Katholizismus sehr beliebt ist —, an den Tag, wie denn auch das Buch in eine Verherrlichung der eucharistischen Kongresse ausklingt. Nicht zuletzt wird der ökumenische Eindruck, den die Lektüre des Buches auch bei einem Protestanten hinterlässt, hervorgerufen durch ein starkes Betonen mystischer Gedanken. Lic. Stange-Leipzig.

Haokensohmidt, D. K. ( f Pfarrer an Jung St. Peter in Strassburg), Licht- und Schattenbilder aus dem Alten Testament. 2. Bändchen, 2. Aufl. Gütersloh 1918, Bertelsmann (160 S. 8). 2 Mk.

Das ist ein Buch, das man mit wachsendem Interesse liest. Ein feinsinniger Bibelforscher gibt uns zu etlichen Schriftstellen wertvolle Auslegungen und überraschende Anwendungen. Verf. hebt einzelnes aus Moses, Simsons, Elisas, Naemans und anderer alttestamentlicher Männer Leben heraus; weiss eB sehr deutlich und verständlich zu machen, so dasB man gleichsam ein Augenzeuge der betreffenden Ge­

schichte wird; dann werden Verbindungslinien mit dem eigenen'Herzen gezogen. Wie mancher Anstoss wird dadurch beseitigt, wie steht die Schrift gross und Ehrfurcht gebietend vor uns, so dass es nicht, schwer fällt, sich unterzuordnen. Aber mehr noch geschieht, das Schriftwort wird ein Samenkorn, das, dem Acker des einzelnen Herzens anvertraut, im Leben Frucht bringen will. Es ist in der Tat so, wie die Vorrede bemerkt, dass das Wort Hamanns bei den Ausführungen des Verf.s nachempfunden wird: „Jede biblische Geschichte birgt einen Leib, der Erde und Asche iBt, den sinnlichen Buchstaben, aber auch eine Seele, der Hauch Gottes, das Leben und das Licht, das im Dunkeln scheint und von der Dunkelheit nicht begriffen werden kann.“ PasBende Ueberschriften machen die Ausführungen fürs Gedächtnis leicht be-

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