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Glückauf, Jg. 58, No. 48

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GLÜCKAUF

Berg- und H ü t t e n m ä n n i s c h e Zeitschrift

Nr. 48 2. D ezem ber 1922 58. Jahrg.

M echanische Kokslösch- und -verladeeinrichtungen.

Von Oberingerueur A. T h a t i , Gelsenkirchen.

(Mitteilung aus dem Kokereiausschuß.) (Fortsetzung.)

Vorrichtungen für Ofengruppen mit Flachrampen.

Lösch- und Verladevorrichtungen.

O bgleich K okereien m it flachen K oksram pen heute wohl nich t m ehr g eb au t w erden, k om m t den auf F lach­

rampen an g eo rd n eten Lösch- u n d V erladeeinrichtungeii doch solange eine erh ö h te B edeutung zu, als, w ie es g e g e n ­ wärtig d er Fall ist, die M ehrzahl aller u n serer O fe n g ru p p e n mit solchen R am pen au sgerüstet ist. In diesem Z u sam m en ­ hang haben sich die von d er Schalker E isenhütte, von Still, M eguin, S ch ö n d elin g u.a. hergestellten V o rric h tu n g e n 1, durch die d er K oks m it H ilfe eines A bräum ers von der Rampe ü b e r einen festen o d e r auf einem verfahrbaren W agen verlegten R ost gezogen w ird, se h r w eitgehend eingeführt. B em erkensw erte N eu eru n g en sind auf diesem Gebiet nich t zu verzeichnen. E n tsprechend einem bereits früher beschriebenen E n tw u rf der S chalker E ise n h ü tte 2 hat die M aschinenfabrik M eguin auf d e r Kokerei der Kruppschen F riedrich-A lfred-H ütte in R heinhausen eine A bräum ervorrichtung m it zurückziehbarem , frei tragendem Ausleger erbaut, um dem zw ischen den R am pen beid er O fengruppen stehenden Schornstein ausw eiclien u n d beide O fengruppen bedienen zu können.

D erartige H indernisse lassen sich jedoch nicht im m er auf so v erh ältn ism äß ig einfache W eise ü b erw in d e n un d stellen die E in fü h ru n g ein er m echanischen K oksverladung manchmal in Frage. So stand dem E inbau ein er m echa­

nischen V erlad ev o rrich tu n g auf d er K okerei d er Zeche Dorstfeld 2 /3 die K leinkoksaufbereitung im W ege, zu deren A bbruch u n d W iederaufbau m an sich d er hohen Kosten und em pfindlichen B etriebsstörung w egen nicht entschließen konnte. Die F irm a Still üb ern ah m die V er­

schiebung d er in E isenfachw erk ausgeführten A ufbereitung an eine geeignetere Stelle, Das G eb ä u d e w u rd e auf ein Gerüst gestellt u n d zunächst 100 ni in d er G leisrich tu n g mit Hilfe von K abelw inden und einer L okom otive fort­

gezogen. S odann m ußte das als U nterbau dienende Gerüst g eän d ert u n d das G eb ä u d e 5 m in der O fe n ­ richtung nach außen verschoben w erden. D ie V ersetzung ging oline Unfall in v erhältnism äßig kurzer Zeit v o r sich.

1 s . G lü ck a u f 1919, S. 769.

1 s. G lü c k a u f 1919, S. 795, A b b . IS.

A n l a g e v o n W a g n e r .

D ieser fü r eine m it F lachram pe ausgerüstete Kokerei O berschlesiens v orgesehene E ntw urf (s. A bb. 15) zeigt in bem erk en sw erterW eise, daß sich eine T a u c h lö sc h u n g auch bei v erhältnism äßig g erin g e r B auhöhe d er V o rric h tu n g o h n e

beso n d ere Schw ierigkeiten einrichten läßt. A u ß erd em ist die A n o rd n u n g so getroffen, daß die R am pe bei W a g e n ­ m angel o d e r B etriebsstörung d er L ö schvorrichtung als solche benutzt u n d nach B ehebung d e r S tö ru n g o h n e beso n d ern A ufw and an H an d arb eit z u r W ied erau fn ah m e des m echanischen L öschbetriebes freigem acht w erden kann.

Etw a 1 m von den O fen tü ren entfernt w ird die R am pe d er L änge nach auf 5 m Breite d u rch b ro ch en u n d auf dem B oden des so gebildeten E inschnitts ein N orm alspurgleis verlegt, das die L ö sch v o rrich tu n g aufnim m t. D iese besteht aus dem nach unten trichterartig v erjüngten L öschw asser­

behälter a u n d dem hineintauchenden K okskübel b. D er K übel ist an d er E ntladeseite um den Z apfen c d reh b a r u n d m it d e r an seinem B oden befestigten Z ugkette d an die W in d e e angeschlossen, d am it an B auhöhe gespart w ird. D er gelöschte K oks w ird an d er ortfesten Sieberei auf den R ollenrost / g e k i p p t , von dem e r ü b e r die R inne g

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1426 G l ü c k a u f Nr. 48

in die E isenbahnw agen o d e r d urch die R inne h in M ulden­

kipper o d e r andere zum Stapelplatz fü h re n d e F ö rd e rv o r­

rich tu n g en gelangt. D as d u rch den R o s t/f a lle n d e S iebgut gleitet ü b e r die Rinne i auf eine z u r K leinkoksaufbereitung Führende F ö rd e rv o rrich tu n g oder, w ie es A bb. 15 andeutet, ebenfalls in M uldenkippw agen. D er T u rm k ist als A uf­

z u g gedacht, dam it d er K oks entsprechend h och gestapelt w erden kann. D ie A usnutzungsm öglichkeit d er R am pe w ird durch den auf Säulen ruh en d en A nbau / erw eitert, unter dem die K oksw agen h indurchfahren. Beim E n tw u rf dieser A nlage ist nach den frü h er m it T auch lö sch v o rrich tu n g en gem achten u n g ü n stig en E rfahrungen b eso n d erer W e rt auf die R einigungsm öglichkeit des L öschw asserbehälters a g e ­ legt w orden, in dem sich der vom W asser aufgenom m ene K oksstaub als Schlam m absetzt. A ußer d er T richterform tragen diesem B estreben d e r H ah n m u n d d er S c h ie b e r«

R echnung, v o n denen d er H ah n das W asser in die zw ischen den Fahrgleisen zum Klärteich fü h re n d e Rinne u n d der au d er tiefsten Stelle an g eb rach te S chieber n den Schlam m abzulassen erlaubt.

Bei v o rü b erg eh en d em W agenm angel o d e r S törungen an d er L ö sch v o rrich tu n g soll der v on dieser befahrene Ram pen- einsch n itt durch fahrbare N otram pen ausgefüllt w erden (s. die A bb. 1 6 - I S ) . D iese R am penteile entsprechen im U nterbau N orm alsp u rw ag en m it Buffern, Die R am pen­

decke ru h t dabei auf je zwei halbkreisförm igen T rägern o, die m it Z ahnkränzen ver­

sehen sin d u n d m it den V orgelegen p in E ingriff stehen, so daß sie gek ip p t . . . , , w erden k önnen (s. A bb. 17),

Abb. 16. Notrampe in Steilung, , . , ’

Schnitt in Ofenrichtung. w obel d e r K oks u b er dle Rinne i in K leinbahnw agen

Abb. 17. Notrampe beim Abkippen des Koks.

Abb. 18. Schnitt durch die Notrampe in Gleisrichtung.

gleitet. Bei lä n g erer B en u tzu n g d er F lachram pe als so lch en kann natürlich auch vollständig auf den H a n d ­ betrieb zurückgegriffen u n d d er K oks m it G abeln u n d Karren verladen w erden. Als V o rz u g dieses V erfahrens ist die M öglichkeit zu betrachten, daß sich die N otram pen kippen u n d ausfahren lassen, so daß die L ö schvorrichtung o h n e zeitraubende V orbereitungen w ieder an ihre Stelle treten kann.

A n l a g e v o n S c f i ö n d e l i n g .

Die bereits eingehend b esp ro ch en e V o rric h tu n g von S ch ö n d e lin g 1 hat sich b ew ä h rt u n d verh ältn ism äß ig schnell eingeführt. Im Betriebe haben sich jed o ch einige V er­

besserungsm öglichkeiten in m echanischer H insicht ergeben, die in der in den A bb. 19 u n d 2 0 dargestellten neuen B auart berücksichtigt sind. D a bei d er V erla d u n g in der

1 s . G lü c k a u f 1919, S, S32.

alten A u sfü h ru n g die S iebw irkung des untergestellten Stab­

siebes je nach d er K oksbeschaffenheit zu w ünschen übrig läßt, ist die neue V o rric h tu n g m it d e r ortfesten Sieberei a v erbunden, die sich am E n d e d er O fe n g ru p p e oder bei m ehrern O fe n g ru p p e n in d e r Mitte zw ischen ihnen befindet und zugleich den H o ch b eh älter b für das Löschw asser mit dem die R am pe ü b ersp an n en d en gelochten V erteiluugsrohre trägt.

Am

E nde d er O fe n g ru p p e , d er Mitte der Sieberei genau gegen ü b er, liegt die ortfeste A usdrückm aschine d m it dem w agerecht liegenden A usdriickkopf e, deren elek­

trischer A ntrieb vom F ü hrerstand d er L öschvorrichtung aus betätigt w ird. Infolgedessen ist die bisher auf der Lösch­

pfanne an g eo rd n ete M itnehm erkette zum Herausschieben des K oks fortgefallen, die erheblich u n g ü n stig er als eine D ruckstange b ea n sp ru ch t w ird. A llerdings m uß dabei in Kauf g en o m m en w erden, daß sich nich t m ehr an jeder beliebigen Stelle d er R am pe verladen läßt.

Die an d er L ösch v o rrich tu n g selbst getroffenen Ände­

ru n g en sin d au s Abb. 20 ersichtlich. Die Löschpfanne besitzt jetzt anstatt des Z ahnkranzes einen fest verlegten, als Z a p fe n / ausgebildeten D re h p u n k t Diese A nordnung erm ö g lich t die A n w e n d u n g einer starren V erbindung zw ischen A ntriebsvorgelege u n d L öschpfanne durch Kurbel­

triebe m it Hilfe der beiden P leuelstangen g an Stelle der frü h e r angew andten, m e h r dem V erschleiß ausgesetzten O allschen Ketten. D urch die an geführten Ä nderungen hat m an das E igengew icht d er M aschine verringert, die A ntriebe vereinfacht u n d die H erstellungskosten der Vor­

ric h tu n g w esentlich erniedrigt. D azu kom m t noch der vom F ührerstand a u s zu betätigende R undschieberverschluß h an beiden E nden d er L öschpfanne (s. Abb. 19). ln der B etriebsw eise u n d allen sonstigen Einzelheiten stim m t die B auart m it d er frü h er beschriebenen überein.

Mechanische Koksschaufelvorriditangen.

Die auf den ersten Blick nächstliegende u n d scheinbar einfachste L ö su n g d e r K oksverladung von Flachram pen o d er vom Lagerplatz d urch m echanische N achahm ung der von M enschenhand betätigten Schaufelarbeit hat die Inge­

n ieure jah relan g beschäftigt, sich jedoch als eine wesent­

lich schw ierigere A ufgabe erw iesen, als bei oberflächlicher B etrachtung an g e n o m m e n w o rd en w ar. E rst in neuester Z eit hat diese A ufgabe eine praktische un d zufrieden­

stellende L ö su n g gefunden.

Bereits im Jahre 1907 w an d te m an auf der Kokerei d e r M a lton-G rube bei D urham in E n g la n d erstm alig einen E rd b a g g er an, dessen B lecheim er m an durch einen Eimer aus Stäben ersetzt hatte. D er V ersuch m ußte bald wieder aufgegeben w erden, weil die dam als m it Steinen ge­

pflasterte K oksram pe u n te r dem E influß des Stabeimers zu stark beschädigt w urde. A uch erw ies sich der Trocken­

b a g g e r an u n d für sich als eine für die V erladung der verhältnism äßig gerin g en jedesm al aufgenom m enen Koks­

m engen zu schw erfällige V o rrich tu n g .

T rotzdem ist im Jahre 1920 auf d er Kokerei der P em b e rto n -G ru b e in Y orkshire eine ä h n l i c h e V orrichtung m it gutem E rfo lg in Betrieb g en o m m en w orden, wobei inan den E im er d urch eine große, flache G abel ersetzt h a t1. D ie V o rric h tu n g w ird m it D am pf betrieben und ist d ah er m it einem Kessel ausgerüstet. Sie hat 2 0 1 Eigen­

1 s. Q a s W o rld 1920, C o k in g S e c tlo n , A p ril, S, 1-1.

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2. Dezember 1922 G l ü c k a u f

Abb. 19. Schnitt durch die neue Bauart der Vorrichtung von Schöndeling in Ofenrichtung.

Abb. 20. Schnitt in Qieisrichtung. Abb. 21.

gewicht, w ird von einem M ann bedient u n d verladet 5 t Koks in 1 0 - 1 5 m in. Bei lebhaftem Betrieb ü b ern im m t noch ein ju g e n d lic h er A rbeiter die W a rtu n g u n d Be­

heizung des D am pfkessels.

Auf fast dem selben W ege ist m an in A m erika v o r­

gegangen, w o m an jedoch b estrebt w ar, die B ew eg u n g der Schaufel der von H an d bew irkten g en au er nachzubilden.

So kam m an schließlich auf den E n tw u rf des in A bb. 21 w iedergegebenen zw eisträngigen K ipplöffels2. D er A us­

leger des B aggers hat h ie re in b eso n d eres G elenk erhalten und die S chaufel ist m it einem w eitern G elenk auf dem Ende des A rm es befestigt. D adurch b ildet sie bei der A ufnahm e des K oks von d er R am pe im V erhältnis zum A usleger einen w eiten un d beim V erladen einen erhabenen W inkel. Die B etätigung d er den Löffel beeinflussenden Seilstränge läßt sich ab e r nicht selbsttätig d u rchführen, so daß die L eistung des B aggers im m er m ehr o d er w eniger von dem W illen un d d er G eschicklichkeit des B aggerführers a b h ä n g ig bleibt,

s l Z . d . In g . 1921, S. 465.

S c h a u f e 1 v o r r i c h t u » g v o n T r i p p e u n d

S c h i l l i n g . In D eutschland hat m an ebenfalls die V o r­

züge ein er sich den E igentüm lichkeiten des K okereibetriebes leicht anpassenden, elektrisch angetriebenen Schaufel­

v o rric h tu n g schon vo r einer Reihe von Jahren erkannt. Die erste A n­

re g u n g z u r N ach ah m u n g d er H andschaufelarbeit d u rch eine auf gleicher G ru n d lag e arbeitende mecha n ¡sehe ■ Vo rri ch tu n g ist hier von dem v erstor­

benen D irektor der Z eche D orstfeld, B ergassessor T r i p p e , ausgegangen, nach dessen A ngaben der D irektor S c h i l l i n g der Schalker E isenhütte im Jahre 1910 die in den A bb. 22 und 23 w ied er­

g eg eb en e V o rric h tu n g entw orfen hat. Sie b e­

steht au s einem v o r den Ö ftri verfahrbaren R ah­

m en, d er von den beiden Schienen a, u n d zw ar am V erladeende von d er R am penschiene, an der O fenseite von der an den O fe n h in d e m auf­

g eh än g ten Laufschiene, u n te r V erm ittlung von S p u rräd ern getragen w ird. In dem R ahm en ist das in d er O fe n rich tu n g ver­

fahrbare, etw a 5 m breite F ö rd e rb a n d b an g e o rd n et, das d urch V orgelege v o n dem M o to r c A ntrieb erhält. An dem F ö rd erb an d rah m en ist v o rn e die au s starken Z inken fast rechtw inklig g eb o g e n e G abel d angebracht, die durch d en K urbelantrieb c betätigt w ird u n d so w o h l w agerecht als auch senkrecht hochgestellt w erd en kann. U m die A n p assu n g d er G abel an U nebenheiten des R am penbelags zu erzielen, sind die einzelnen Z inken m it dem nach oben nachgiebigen G elenk / versehen. Betätigt w ird die V or­

rich tu n g vom F ührerstand aus d u rch den W alzenschalter g un d den K u pplungshebel h, un d zw ar w ird die ganze M aschine zunächst ü b e r den zu verladenden K oksbrand gestellt. Das Band w ird an (las äußerste E n d e in dem F ahrrahm en geschoben, au s dem es noch ein S tück heraus- u n d ü b er die K oksw agen ragt, u n d d ann m it d er G abel in T ätigkeit gesetzt, w obei m an das Band ein kleines Stück vo rfäh rt u n d die Z inken u n te r den K oks schiebt.

In d er höchsten S tellung d e r Z inken fällt d e r K oks auf das Band, das ihn in den W ag en befördert. Ist der K oks Amerikanische Koksschaufel eines

Trockenbaggers.

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1428 G l ü c k a u f Nr. 48

Abb. 22. Längsschnitt.

Abb. 23. Grundriß.

Schaufelvorrichtung von Trippe und Schilling.

Abb. 22 und 23.

so w eit fo rtg e räu m t u n d das Band so w eit vorgefahren, u;>ß es den W agen nicht m e h r erreicht, so w ird es voll K oks geladen un d z u r A bgabe seiner L ad u n g ü b e r den W agen gefahren.

Diese B auart ist nie z u r A u sfü h ru n g gelangt, w a h r­

scheinlich auch deshalb nicht, weil zu dam aliger Zeit ein F ö rd e rb a n d m it den erforderlichen A bm essungen nicht zu beschaffen w ar.

S c h a u f e l v o r r i c h t u n g d e r S c h a l k e r E i s e n h ü t t e , e r s t e B a u a r t .

U m die bei d e r vorsteh en d beschriebenen V o rrich tu n g m it d e r A n w en d u n g des F ö rd e rb a n d es verb u n d en en

S chw ierigkeiten zu ü berw inden, fertigte Schilling im Jahre 1914 einen neuen E ntw urf (s. A bb. 24). Er sieht einen Kran vor, d e r an einem E nde als P ortal a ausgebildet u n d v o r den V erladegleisen auf d er stark untermauerten Schiene b m it zwei S p u rräderpaaren fah rb ar ist. Der B rückenträger c r uht an seinem freien E nde ebenfalls mit S p u rräd ern auf der S chiene d, die auf der Ofendecke verlegt ist. D o rt h än g t die S chieifleitung an den Masten e.

O b en auf dem B rückenträger c steht d er F ahrm otor /, d er m it H ilfe d er V orgelegew ellen g u n d h den ganzen Kran verfährt. An der Brücke c ist die aus Trägern zu- sam m engenietete Schaufelkatze (s. die A bb. 25 un d 26) auf­

g eh än g t, die von den v ier D o p pelspurlaufrollen i getragen

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Abb. 24. Schaufelvorrichtung der Schalker Eisenhütte, erste Bauart.

wird un d sich auf den S chienen j in d e r O fe n rich tu n g verfahren läßt. Q u erv erb än d e tragen den E lek tro m o to r k und m ehrere m it ihm in Eingriff stehende V orgelege /.

Der K atzenm otor erhält seinen S trom d urch die oben im B rückenträger c in O fe n ric h tu n g aufg eh än g te Schleif­

leitung m, die am O fen en d e m it d er H auptschleifleitung in V erb in d u n g steht. D ie die S ch ien en y h altenden T rä g er nehm en an ihrem u ntern Flansch je eine ihrer Länge entsprechende Z ahnstange n auf, in w elche die vier auf zwei d u rch g eh en d en , in

der Katze verlagerten A chsen aufgekeilten Rit­

zel o eingreifen. D urch Antrieb d e r die Ritzel o tragenden Achsen w ird die Katze in n erh alb des B rückenträgers c in der O fenrichtung fahrbar.

Die am un tern E nde der Katze h än g e n d e K oks­

schaufel b esteht au s ein er . , c , , . . . , , . , Abb. 2d. Grundriß der Schautel.

Reihe von fast rechtw ink­

lig geb o g en en Stäben p,

die an ihrem D re h p u n k t sta rr auf d er A chse q befestigt sind. D ie Scliaufelachse q träg t an beiden E nden je ein teilkreisförm iges, au ß e n gezahntes G u ß stü ck r, in w elche die Ritzel 5 einer V orgel ege w elle eingreifen u n d es so erm öglichen, d e r Schaufel jede g ew ü n sch te N eig u n g nach zwei R ichtungen vo n ihrem D re h p u n k t au s zu geben.

Schließlich ist au f d e r Katze n och d er F ü h re rstan d t v o r­

gesehen, au f dem säm tliche Schalter un d K upplungshebel nebst B rem se u n terg eb rach t sind.

Z um V erladen fährt m an die Katze an das V erlade­

ende u n d setzt den Kran ü b e r den zu verladenden K oks­

b ran d . D ie Schaufel w ird n u n so tief gestellt, daß die Stäbe auf dem R am penbelag gleiten. In dieser S tellung fährt m an m it der Katze auf die Ö fen zu. S obald die Schaufel gan z u nter den K oks gesch o b en ist (s. A bb. 24), w ird sie d urch die entsprechende D re h u n g d er W elle q in die w agerechte Lage gebracht, so daß sie die R am pe nicht m e h r berü h rt. In dieser w agerechten Schaufel­

stellung w ird die Katze ü b e r den K oksw agen gefahren u n d d o rt nach d er d er K oksaufnahm e entgegengesetzten

Abb. 26. Vorderansicht der Schaufel.

R ichtung um ihren D re h p u n k t gekippt, w o d u rc h d er K oks in die W agen gleitet. D ie V erladestellung von Katze u n d Schaufel ist in A bb. 24 g ep u n k tet angedeutet. Die Katze fährt so lange hin u n d her, b is d e r K oks voll­

stän d ig verladen ist, w obei K leinkoks u n d S taub auf der Ram pe liegen bleiben.

S c h a u f e l v o r r i c h t u n g d e r S c h a l k e r E i s e n h ü t t e , z w e i t e B a u a r t

ln ein er wreitern B auart (s. A bb. 27), die n u r so w eit berücksichtigt w erden soll, w ie sie sich v o n d er ersten 2. Dezember 1922

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1430 G l ü c k a u f

Abb. 30. Vorderansicht.

Abb. 28—30. Schaufelvorrichtung der

; Rheinischen Metallwaren- und ' ‘Maschinenfabrik, erste Bauart.

Abb. 27. Schaufelvorrichtung der Schalker Eisenhütte, zweite Bauart.

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2. Dezember 1922 G l ü c k a u f

unterscheidet, ist es d er Schalker E isenhütte gelungen, das E igengew icht un d dad u rch die K osten d er V o rrich tu n g wesentlich zu verringern. D er H auptunterschied besteht darin, daß das P ortalen d e des K ranes nicht m ehr vor, sondern auf d e r Ram pe fah rb ar ist. Die Katze m it der Schaufel kann d urch das P ortal hilldurchfahren un d w ird außerhalb von einem A usleger getragen, der sich in diesem Fall aufklappen läßt. Infolge dieser Ä n d e ru n g hat man die S pannw eite des o bern B rückenträgers w esentlich ver­

ringern, dah er die ganze Bauart viel leichter w ählen un d an G ew ic h t erheblich sparen können. In d e r A n o rd n u n g der A ntriebe so w ie in der Betriebsw eise stim m t die V o r­

rich tu n g vollständig m it d er vorbeschriebenen überein.

S c h a u f e i v o r r i c h t u n g d e r R h e i n i s c h e n M e t

a n ­

w a r e n - u n d M a s c h i n e n f a b r i k, e r s t e B a u a r t . Auch die in den A bb. 2 8 - 3 0 w iedergegebene Schaufel­

v o rric h tu n g ist auf d e r Zeche D orstfeld entstanden, von deren Kokereib’etriebsleiter K ü p p e r s b u s c h der E ntw urf stam m t. D as K ran g erü st a hält o b en in d er Mitte den w eit h erau srag en d en A usleger b, d er es d er Katze c er­

m öglicht, nach d er V erladeseite ziem lich w eit auszufahren.

Z um U nterschied von allen ä n d e rn V o rrich tu n g en dieser G attu n g sin d die S chaufelvorrichtungen d er R heinischen M etallw aren- u n d M aschinenfabrik an der R am penkante auf zwei Schienen d urch die drei R äderpaare d fahrbar gem acht. D adurch erhalten f ünf L aufräder zugleich A ntrieb, der von dem M o to r e d urch die V orgelege / auf zwei

Abb. 32. Grundriß.

Radsätze d e r Ram pe u n d d urch die W ellen g auf eines d er auf d er O fendecke laufenden Räder h ü bertragen w ird. Im B oden d er Katze c ist das d er R am penlänge entsprechende breite F ö rd e rb a n d / verlegt u n d ihm die

•eigentliche Schaufel k an der OFenseite vorgelagert. Beim Beginn des V erladens w ird die Katze c so w eit nach dem V erladeende ausgefahren, daß die Schaufel k am Rande des K oksbrandes zu schaufeln beginnt. Sie w irft den K oks auf das Band, das so d a n n ein en tsp rech en d es Stück nach dem O fen v o rg esch o b en w ird u n d sich zugleich so w eit in d er V erladerichtung dreht, daß eine w eitere Schaufelbeschickung P latz darauf findet. A uf diese W eise ist das Band ganz m it K oks bedeckt, w en n die Schaufel am O fenende anlangt. D as Band w ird, nachdem die g anze V o rric h tu n g richtig v o r den K oksw agen eingestellt ist, in B ew egung gesetzt u n d w irft den K oks zu n äch st auf den v o rgebauten, von dem M o to r e angetriebenen R ollen­

ro st /, u n te r dem sich d er K leinkoksbehälter m befindet.

V on dem R ollenrost gleitet der K oks ü b er die im rechten W inkel versetzte V erladerutsche n, die ein gleichm äßiges V erladen g eg e n ü b e r den geraden Rutschen gew ährleisten soll, in die W agen, w obei w en ig er K oks in die Bahn fä llt Die A ntriebe sind säm tlich u n a b h ä n g ig voneinander.

V on den M otoren beeinflußt o das B and, p die Katze u n d q die Schaufel. Die V o rric h tu n g w ird d u rch Schalter bedient, die in dem am linken P ortalpfeiler seitlich v o r­

gesehenen F ü h rerh au s r u n terg eb rach t sind.

Abb. 31. Seitenansicht,

Abb. 33. Vorderansicht.

Abb. 31—33, Schaufelvorrichtung der Rheinischen Metallwaren- und Maschinenfabrik, zweite Bauart.

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1432 G l ü c k a u f Nr. 48

S c h a u f e l v o r r i c h t u n g d e r R h e i n i s c h e n M e t a l l ­ w a r e n - u n d M a s c h i n e n f a b r i k , z w e i t e B a u a r t .

D ie Abb. 31 33 zeigen die vereinfachte B auart d er­

selben Firm a, die sich von d e r v o rh erg eh en d en h au p t­

sächlich d u rch d en Fortfall des F ö rd e rb a n d es unterscheidet. * In dem F ahrkran a, d er m it H ilfe des M otors b fahrbar ist, bew egt sich die Katze c au f den vier o bern Laufrollen d, w äh ren d die un tern e g ez ah n t sind, in die unterhalb d er Katzen laufschienen befestigten Z ahnstangen eingreifen un d so eine zw angläufige F a h rb e w e g u n g d er Katze erm öglichen. A uf d er Katze sind zw ei E lektro­

m otoren eingebaut, von denen / d i e Katze fah rb ar m acht, w äh ren d g zum A ntrieb d e r Schaufel h dient. Die Schaufel w ird an Zapfen, die m it Rollen versehen sind, in den senkrechten B ahnen i geführt. In d er zweiten, kürzer»

u n d oben au sg eb o g en en F ü h ru n g k bew egt sich das zw eite h och ü b er dem Rande d er Schaufel angebrachte R ollen­

p aar l. Die Schaufel w ird an zwei Seilen o d e r G lieder­

ketten h o ch g e zo g e n und, w äh ren d das E n d e der aus-

W ohnungsfrage und W ohn

Von Dr. K. v. M a n g o W a s für ein Z u sam m en h a n g besteht zw ischen den W o h n u n g sz u stä n d e n in einem B erliner H interhause un d den A rbeitsverhältm ssen im rheinisch-w estfälischen K ohlen­

g eb iet? A nscheinend g a r keiner. U n d d o c h : sieht m an n äh e r zu, so entdeckt m an so g a r recht starke Z u sam m en ­ hänge, D aß A rbeitskraft, A rbeitsleistung, Pflichtbew ußtsein un d das ganze V erhalten d er A rbeiterschaft in ihrer A rbeits­

tätigkeit vo n den W ohnu n g sv erh ältn issen stark beeinflußt w erden, ist ein selbstverständlicher G em einplatz. A ber k o m m t es hierbei n u r auf die V erhältnisse d e r gerad e in dem betreffenden Betriebe beschäftigten A rbeiterschaft o d er au ch auf die anderer, Weiterer Kreise a n ? ln d er A rbeiter­

u n d A ngestelltenschaft w o h l fast jedes W erkes herrscht ein g rö ß e re r o d er g e rin g e re r W ech sel; ebenso w o h n en seine A n gehörigen u n term ischt m it denen an d erer Betriebe u n d an d e rer Berufe. M ögen die W o h n u n g sv erh ältn isse bei dem betreffenden W erke selber die d en k b a r besten sein:

die geistige S tim m ung, die aus schlechten W o h n u n g s ­ un d S iedlungsverhältnissen d er ä n d e rn quillt, w ird auch auf die eigene A rbeiter- un d A ngestelltenschaft übergreifen.

O d e rw e ite r : d er nach dem rheinisch-w estfälischen K ohlen­

g ebiet ein w an d ern d e A rbeiter, d er vorher, etw a schon als K ind un d ju n g e r M ensch, dem herabziehenden Einflüsse d e r u n w ü rd ig en W o h n u n g sv erh ältn isse in dem ein g an g s erw ähnten B erliner H in terh au s ausgesetzt gew esen ist, w ird nicht auf einm al zum fro m m en Läm m chen w erden, auch w en n er n u n m e h r in eine recht g u te K o lo n ie w o h n u n g kom m t, u n d die bittere S tim m ung, in die etw a der Redak­

te u r eines A rbeiterblattes, g ep e in ig t d urch die Ö d e und d en n erv enzerrüttenden E influß d er M ietskaserne, versetzt w ird, in der zu w o h n en er v erdam m t ist, ist geeignet, die S tim m u n g gan zer w eiter Bezirke zu beeinflussen. E s zeigt sich eben, daß die sozialen V erhältnisse fern un d nah un d in V ergangenheit, G eg e n w a rt u n d Z u k u n ft m it u n zerreiß ­ baren Fäden Z usam m enhängen un d daß ein e verantw or-

g eb o g en en F ü h ru n g k den H u b begrenzt, in den senk­

rechten B ahnen i w eiter geh o b en , w o d u rc h sie eine so gen eig te Lage erhält, daß d er K oks herausgleitet. Da die Katze gleichzeitig m it d er b eladenen Schaufel an das V erladeende gefahren ist, stü rzt d e r K oks in den Verlade­

behälter rn, in dessen B oden sich ein ebenfalls von dein M o to r b angetrieb en er R ollenrost befindet. D er Koks fällt ü b e r die rechtw inklig versetzte Laderutsche n in die W a g en , d e r K leinkoks in den u n te r dem R ollenrost an­

gebrachten Behälter o, aus dem er in die den örtlichen V erhältnissen anzu passende F ö rd e rv o rrich tu n g p abgezogen w ird. Die V o rric h tu n g bietet den Vorteil, daß man mit m in d esten s zwei Schaufelbeschickungen seitlich verfahren kann, u n d zw ar d er einen auf der Schaufel selbst und d e r än d e rn im B ehälter m, w o d u rc h bei u n g ü n stig er Lage des K oks zu d en K oksw agen viel Kraft, Zeit un d Fahr­

b e w e g u n g ersp art w ird, im übrig en schließt sich die Bauart an die letztangeführte an. (Schluß f.)

jngspolitik seit Kriegsende.

d t , Berlin-Lichterfelde.

tu n g ssch w ere V erflechtung der D inge herrscht, die unter den S ünden d er einen alle leiden, aus den O pfern und L eistungen d er än d e rn a b e r auch alle G ew in n ziehen läßt.

U n ter diesem G esichtspunkte m a g es 'gerechtfertigt er­

scheinen, in dieser Zeitschrift im fo lgenden einen kurzen Ü berblick zu geben, nich t ü b e r die E ntw icklung der W o h m m g s- u n d S iedlungsverhältnisse d er Berg- und H ütten arb eiter im beso n d ern nach B e en d ig u n g des Krieges, so n d e rn ü b er die E n tw ic k lu n g von W o h n u n g sfra g e und W ohnungspolitik- in D eutschland im allgem einen seit diesem Z eitpunkte.

W ie stellte sich d i e L a g e auf diesem G ebiete nach A bschluß der K riegshandlungen d ar un d w elche Aufgaben ergaben sich aus ih r ? V or dem K riege w ar die q u a l i ­ t a t i v e V erbesserung d er W o h n u n g e n die H auptsache, in d e r N achkriegszeit a b e r galt es vo r allem , für W ohnungen ü b erh a u p t zu sorgen. D urch das Z urückbleiben der Bau­

tätigkeit im Kriege, das auch in d en seitdem abgelaufenen Jahren verhängnisvoll an g ed au ert hat, d u rch die H ochflut vo n E heschließungen, die sich nach K riegsbeendigung erg o ß , d u rch die vielen H u n d ertta u sen d e von Flüchtlingen vo n außerhalb d er n euen R eichsgrenzen, die Z uflucht bei u ns suchten, durch die A nsprüche d e r feindlichen Be­

satzu n g stru p p en u n d an d ere U m stän d e entstand eine un­

geh eu re W o h n u n g sn o t, die bis auf den heutigen Tag h errschend geblieben ist. In den B ergbaubezirken, in denen ja die Belegschaften stark verm eh rt w u rd en , hat sie viel­

fach n och einen ganz beso n d ers h o h en G ra d e r r e i c h t .

Sie zu bekäm pfen w ar u n d ist n u n m e h r die H auptaufgabe, daneben ist a b e r doch die N o tw en d ig k eit ein er tiefgreifen­

den qualitativen V erbesserung d er W o h n u n g e n nach wie v o r bestehen geblieben. Die G esam taufgabe hat sich also g eg e n ü b er d er Z e it v o r dem K riege gew isserm aßen ver­

doppelt, zugleich ab e r haben sich die Mittel, ihr g e r e c h t

zu w erden, in finanzieller u n d a n d e rer Beziehung, wie

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2. Dezember 1922 G l ü c k a u f 1433

auf der H an d liegt, ungem ein verringert, u n d dam it hat sich eine Lage von g an z außerg ew ö h n lich er, ja fast nicht zu b esiegender Schw ierigkeit ergeben. Man kann nicht behaupten, daß die R egierung dieser Lage g eg e n ü b er m ü ß ig geblieben w äre, im G egenteil, sie hat um fassend u n d nach­

drücklich eingegriffen, a b e r freilich sind g egen ihre Politik in w ichtigen B eziehungen auch recht erhebliche E in w en ­ d u n g en zu m achen.

W a s ist n u n t a t s ä c h l i c h g e s c h e h e n ? Eine erste g ro ß e G ru p p e von M aßregeln hat das M ietverhältnis in der g ro ß e n M asse d e r aus der Friedenszeit h e r v o rh a n ­ denen W o h n u n g e n betroffen. Schon in d e r Kriegszeit m ußte angesichts des außero rd en tlich en W o h n u n g sm an g e ls der G efah r einer A u sb eu tu n g d er Lage d urch ü bertriebene Mieten, sonstige d rückende M ietbedingungen, W illkürakte u. dgl. v o rg e b e u g t w erden, un d in d er N achkriegszeit bestand dies B edürfnis n och in verstärktem Maße. So kam es zu d e r bekannten M ieterschutzpolitik. Sie ist schon in d er zw eiten Hälfte des K rieges d urch einige tief eingreifende V e ro rd n u n g e n d er R eichsregierung in ihren G ru n d z ü g e n festgelegt u n d nach dem K riege auf­

rechterhalten u n d w eiter au sgebaut w orden, im beso n d ern durch die preußische H ö ch stm ie ten v e ro rd n u n g vom D e­

zem ber 1919. Das w esentliche E rg eb n is dieser ganzen G ese tz g eb u n g ist, daß in den in d er H auptsache in Be­

tracht k o m m en d en Fällen die R egelung des M ietverhält­

nisses dem freien Spiel d er Kräfte entzogen u n d in die H an d b e h ö rd lich er Stellen, näm lich d er M ieteinigungs­

äm ter, gelegt ist. D er V erm ieter k o n n te u n d kann dem M ieter g egen dessen W illen w ed e r w irksam kündigen noch w irksam die Miete erh ö h en . K o m m t keine E in i­

g u n g zustande, so n d e rn k om m t es zum Streite, so en t­

scheidet das M ieteinigungsam t so w o h l ü b e r die K ü n d ig u n g wie ü b e r die H ö h e d er Miete, ln denjenigen Bezirken, w o sich nach dem Erm essen d er L andeszentralbehörde ein b eso n d ers starker M angel an M ieträum en geltend m achte, greifen n o ch verschärfte V orschriften zum Schutze der M ieter Platz. U n ter der H errschaft dieser R egelung sind die M ieten im allgem einen verhältnism äßig sehr niedrig gehalten w orden. Im M ärz dieses Jahres w u rd e d an n das so g en an n te R e i c h s m i e t e n g e s e t z erlassen, das n u n m e h r in K raft getreten is t Es soll dem H au s­

besitzer w en ig sten s eine volle D eck u n g d e r U nkosten für das H au s verschaffen u n d w ird d aher zu ein er b e ­ deutenden E rh ö h u n g der M ieten führen.

E ine zw eite G ru p p e v o n M aßregeln hatte den Zweck, den v o rh an d e n en B estand an W o h n u n g e n u n d G ebäuden m öglichst au sg ed e h n t für die B ekäm pfung der W o h n u n g s ­ n o t n u tz b ar zu m achen. Es ist. dies die so g en an n te W o h n u n g s m a n g e l p o l i t i k . A uch diese M aßregeln w u rd en bereits in d e r K riegszeit eingeleitet, in d er N ach­

kriegszeit aber aufrecht erhalten u n d ausgebaut. H ier handelt es sich darum , durch behö rd lich es E ingreifen die V errin g eru n g des W o h n ra u m e s d urch A bbruche, U m ­ w a n d lu n g von W o h n u n g e n in G eschäftsräum e u. dgl.

zu v erhindern, u n b en u tzte W o h n - u n d andere Räum e auch w id er W illen des E igentüm ers zu W ohnzw ecken heranzuziehen, u n b en u tzte Fabrik- u n d L agerräum lich­

keiten nötigenfalls zw angsw eise .für die B e w o h n u n g h er­

zurichten u. dgl. m . V o r allem ab e r g eh ö re n hierh er drei tief in das tägliche Leben der B evölkerung ein­

sch n eid en d e u n d seh r b ek a n n tg e w o rd en e M aßregeln, näm lich die allgem eine B e s c h l a g n a h m e u n d R a t i o ­ n i e r u n g d er freiw erdenden W o h n u n g e n d urch die W o h n u n g säm ter, die z w a n g s w e i s e T e i l u n g ü b e r­

g ro ß e r W o h n u n g e n u n d die Z w a n g s e i n q u a r t i e r u n g . Diese M aßnahm en haben eine u ngem ein g ro ß e V erb rei­

tu n g un d erhebliche praktische W ichtigkeit erlangt, u n d g eg e n w ärtig dürfte w ohl d e r w eitaus g rö ß te Teil d er B evölkerung des Reiches in Bezirken leben, w o sie G eltu n g haben.

D as W ichtigste ab e r blieb natürlich d o ch die F ö rd e ­ ru n g d er N e u b a u t ä t i g k e i t , aber*hier ergaben sich nun freilich die allergrößten S chw ierigkeiten. W a s zunächst die freie private Bautätigkeit angeht, so stellten sich einer w irklich starken H erstellung n eu e r W o h n u n g e n v o n ihrer Seite schier unübersteig lich e H in d ern isse entg eg en . Z u ­ nächst einm al sc h o n d urch die u n g eh e u re V erteu eru n g des Bauens. D ie Baukosten fü r eine W o h n u n g w aren schon bis A nfang 1918 durchschnittlich um 2 —3 0 0 °/o gestiegen, E nde 1921 betru g en sie etw a das 2 7 fach e des F riedenspreises, u n d bereits im F rü h so m m er des laufenden Jahres w aren sie auf m e h r als das 9 0 fache g e s tie g e n ; bei d er seitdem eingetretenen g ru n d stü rze n d en w eitem E nt­

w ick lu n g unseres G eldw ertes ist g eg e n w ärtig d er Stand ein noch viel höherer. W a s das bedeutet bei einem G ute, bei dessen H erstellung n otw endigerw eise nicht n u r die B edürfnisse d er G egenw art, so n d e rn zugleich die d er Z ukunft auf w eit hinaus zu decken sind, liegt auf d er H and. H ierzu kam un d ko m m t a b e r die g ro ß e U n sich er­

heit, o b denn die u n g eh e u er h o h en M ieten, die u nter solchen U m ständen fü r neue W o h n u n g e n d e r freien p ri­

vaten B autätigkeit g en o m m en w erden m üssen, sich auch in ein er sp ätem Z u k u n ft w erd en aufrecht erhalten lassen, un d endlich die entscheidende Tatsache, daß d erartig g e­

w altige K apitalien auf dem H ypotheken m arkte auch nicht entfernt aufzutreiben w aren. U n ter solchen U m ständen hat die freie private B autätigkeit b ish er n u r einen m äßigen U m ­ fang g ew in n en können, u n d die A ufgabe, fü r die nötigen neuen W o h n u n g e n zu sorgen, fiel in erster Linie auf die öffentlichen K örperschaften.

A uf zwei H au p tw eg en haben diese ih r gerecht zu w erden g e s u c h t Einm al, indem sie die B autätigkeit ü b e r­

h au p t m itte lb a ra u f alle W eise zu erleichtern u n d zu fördern suchten. H ierh er g eh ö re n v o r allem verschiedene M aßregeln d er B odenpolitik, w ie E rw eiterungen des E n te ig n u n g s­

rechtes, B ereitstellung von B augelände d urch Reich, Länder, G em ein d en usw ., u n d d er A usbau o d e r die S chaffung neu er R echtsform en für das S iedlungsw esen w ie des E rbbaurechts u n d des H eim stättenrechts, ferner M aßregeln z u r H e ra b ­ d rü c k u n g d e r B aukosten, v o r allem planm äßige H e ra b ­ se tzu n g d e r oft rech t ü b ertriebenen baupolizeilichen und ähnlich en A n fo rd eru n g en an Bauten, S traßen u n d V er­

so rg u n g sn etze, E n tw ick lu n g u n d A n w e n d u n g n eu e r o d er w ieder ern eu ter billiger Bauw eisen, im b eso n d ern d er L ehm ­ bauw eise u n d d er M ithilfe d e r künftigen B ew o h n er beim Bau m it eigener H and, d e r so g en an n ten Selbsthilfe, w eiter verschiedene M aßregeln z u r V erb illig u n g d e r Baustoffpreise u n d schließlich F ö rd e ru n g ein er neuen, auf d e r G ru n d ­ lage d er Sozialisierung ru h en d e n Art von B aubetrieben, d e r B auproduktiv-G enossenschaften und »Sozialen Bau­

betriebe« o d e r »B auhütten«, die ein billigeres Bauen in

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1434 G l ü c k a u f Nr. 48

A ussicht stellten. Ein g ro ß e r Teil dieser M aßnahm en ist ü b rig en s sc h o n vo r dem K riege angew endet w o rd e n u n d n u r jetzt u nter dem D ruck der N o t zu b eso n d ers schneller E n tw icklung und A ufnahm e gekom m en.

Z um ändern aber haben die öffentlichen G ew alten um fassend unm ittelbar d urch O rg a n isie ru n g un d F in an ­ zieru n g eingegriffen. Es sind, zum Teil schon im letzten Jahre des Krieges, v o r allem ab e r in d er N achkriegszeit beso n d ere g ro ß e gem einnützige K apitalgesellschaften, die sogenannten W ohnun g sfü rso rg e-G esellsch aften , m it w eit­

g eh e n d er H ilfe des Staates u n d d e r än d e rn beteiligten öffentlichen u n d privaten Stellen g eg rü n d e t w orden, die jetzt fast ü b er gan z D eutschland verbreitet sind, und mit ihrer Hilfe w u rd e das Bauen d er gem ein n ü tzig en G e ­ nossenschaften u n d G esellschaften, d er G em einden, der A rbeitgeber u n d d er fü r ihren eigenen Bedarf bau en d en Privaten plan m äß ig organisiert. G leichzeitig w u rd en g ro ß e S um m en von Reich, Ländern u n d G em einden aufgebracht, um d u rch m e h r o d er m in d e r als verloren zu betrachtende Z uschüsse diese W o h n u n g sb au te n zu finanzieren u n d ihren P reis für die B ew ohner auf einen S tand zu senken, d e r m it der B elastung an W o h n u n g sau fw a n d iibereinstim m te, die m an d e r B evölkerung g laubte zu ­ m uten zu können. In d e r Regel dürfte schon in den Jahren 1 9 1 9 —21 der öffentliche Z u sch u ß für den einzelnen Bau die von den E rben bzw . den künftigen B ew ohnern au fzu b rin g en d en L eistungen, den so g en an n ten rentierlichen Teil, w eit übertroffen haben, g eg e n w ärtig ist das w ohl so g u t w ie ausnahm slos d er Fall. V on E n d e 1918 bis E nde d. J. w erden auf diese W eise, einschließlich der Z u schußsum m en bei d er B ergm anns-S iedelung, voraus­

sichtlich ü b e r 20 M illiarden J6 verw an d t sein. Diese Z u sch u ß su m m e n w erden ü b rig e n s n eu e rd in g s g an z ü b e r­

w iegend d urch eine besondere, auf die ja verhältnism äßig n o ch billigen von frü h e r h e r bestehenden W o h n u n g e n gelegte A bgabe, die W o h n u n g sab g a b e, unm ittelb ar o d er m ittelbar aufgebracht. N ach S chätzung eines R egierungs­

vertreters sin d auf G ru n d aller dieser A n stren g u n g en in den Jahren 1919 — 2 ! , einschließlich von etw a 7 0 0 0 0 N ot- u n d B ehelfsw ohnungen, rd. 3 1 5 0 0 0 neue W o h n u n g e n m it H ilfe öffentlicher Z uschüsse erstellt w orden, w ozu d urch die freie private B autätigkeit vielleicht n och etwa 105 0 0 0 k o m m e n ; d o ch sin d dies H öchstziffern, hin ter denen die W irklichkeit w ahrscheinlich nich t unerheblich zurückbleibt. Im m erhin ist z u r F ö rd e ru n g d er Bau­

tätigkeit d o ch so w o h l unm ittelbar w ie m ittelbar in d er N achkriegszeit an sich recht B eträchtliches geleistet w orden.

E ndlich sin d als bedeutsam e L eistungen unserer W o h n u n g sp o litik in d e r N achkriegszeit n och drei D inge zu nennen. Einm al der W iederaufbau in O s t p r e u ß e n , d er zw ar in erster Linie ein W erk d er allgem einen Landes­

kultur, daneben aber auch ein w ichtiges Stück W o h n u n g s­

politik darstellt, un d bei dem rd. 3 2 0 0 0 G eb ä u d e w ieder­

herzustellen w aren. S odann die d urch em sige T ätigkeit in diesen letzten Jahren se h r geförderte S chaffung und E ntw icklung einer um fassenden planm äßigen O rganisation h alb am tlichen, halb freien C harakters zu r L ö su n g d er A ufgaben auf dem G ebiete des W o h n u n g sw e sen s, un d schließlich das S treben auch nach qualitativer V erbesserung u n serer W o hnungsverhältnisse, D ies letztere zeigt sich

im b eso n d ern in dem Ü b erg an g zu einem bessern und g esiindern S iedlungssystem , näm lich in dem Übergänge vom M ietskasernenbau zum F lachbau m it G ärten, der sich in den letzten Jahren in w eitem U m fange vollzogen hat - eine E rrungenschaft, deren B edeutung für die Zukunft seh r hoch anzuschlagen i s t '

W a s i s t nun v o n d i e s e r ganzen W o h n u n g s ­ p o l i t i k der N achkriegszeit z u h a l t e n ?

U nstreitig hat sie die ihr gestellten g ro ß en Aufgaben richtig erkannt un d die erkannten A ufgaben m it Fleiß, U m sicht un d Tatkraft angepackt. Auch sind in vielen B eziehungen recht beträchtliche E rfolge erzielt worden, die m an u m so m ehr anerkennen m uß, w enn man die so ü b erau s schw ierigen G esam tverhältnisse Deutschlands, u n te r denen sie erru n g en w u rd en , in B etracht zieht. Ander­

seits sin d dieser P olitik ab e r d och auch g ar manche F ehler u n d M ängel m it u n tergelaufen; im besondern aber ist sie m it einem g ro ß e n F ehler behaftet gew esen, der sie um einen g ro ß en Teil des so n st m öglichen Erfolges ge­

b rach t hat, näm lich m it ein er au sgesprochenen S c h w ä c h e bei der B e h a n d l u n g der g r o ß e n M a s s e der W o h n ­ bev ö lk eru n g in den a l t e n W o h n u n g e n und ihrer H eran z ieh u n g zu den no tw en d ig en Lasten. Diese Schwäche dürfte in erster Linie n ich t auf M ängel der sachlichen E rkenntnis, so n d e rn auf politische U rsachen zurückgehen, auf die Scheu, den U nw illen d er g ro ß e n Massen der B evölkerung, des so einflußreichen W ählers, O rgani­

sationsm itgliedes u n d M annes d er Straße durch wesent­

liche S teigerung seiner W o h n u n g slasten zu erregen. Ihren praktischen A usdruck gefu n d en hat sie im wesentlichen in einer au ß ero rd en tlich en Ü b ertreib u n g des Mieterschutzes einschließlich d er b ish e r viel zu gerin g en B em essung der W o h n u n g sab g a b e. N o ch im F rü h ja h re 1921, w o die U nkosten d er H ausbesitzer sich offenbar sch o n a u f ein hohes V ielfaches d er F riedenssätze gesteigert hatten, scheinen die von den G e m e in d e b eh ö rd en zugelassenen H öchstzuschläge zu den M ieten für W o h n u n g e n sich selten ü b er 4 0 % erh o b e n zu haben, u n d auch bis z u r G eg en w art haben die M ieten in se h r g ro ß em U m fange, w enn nicht fast allgem ein, die U nkosten des H ausbesitzes nicht gedeckt.

D ieser Z u sta n d w ird ja n u n jetzt infolge des Reichs­

m ietengesetzes m ehr u n d m e h r au fhören, ab e r von einer A n g leich u n g d er M ieten ü b e r die U nkosten des H aus­

besitzers hinaus an den Stand d er allgem einen G eld­

en tw e rtu n g ist v o rd erh an d noch keine Rede, denn für die eigentliche M iete schließt sie das Reichsmietengesetz b e w u ß t u n d absichtlich aus, u n d die W o h n u n g s a b g a b e ,

die diesen U nterschied zu g u n sten d e r B eschaffung von Z u schußm itteln fü r N eubauten erfassen sollte, scheint b ish e r w enigstens im allgem einen n ich t ü b e r 100 °/o M ietzuschlag z u r Friedensm iete h inausgekom m en zu sein.

So hat d er M ieterschutz - das W o rt im w eitern Sinne gefaßt - die W o h n u n g u n d ihren P reis w ohl als so ziem lich einziges d e r g ro ß en w irtschaftlichen G ü ter von d er allgem einen P re isb ew e g u n g u n d d e r A npassung an den sinkenden G eld w e rt ausg en o m m en u n d auf einem Preisstande festgehalten, d er i n e i n e m g ro b en M i ß v e r h ä l t n i s

steht so w o h l zu den H erstellungskosten dieses G utes wie

z u dem Range, den es in d er B edürfnisbefriedigung des

M enschen u n d d er richtigen V erteilung des E i n k o m m e n s

auf die verschiedenen B edürfnisse einnim m t.

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2. Dezember 1922 G l ü c k a u f 1435

G ew iß w ar angesichts der dau ern d en gew altigen W o h n u n g sn o t d er M ieterschutz an sich auch in d er N ach­

kriegszeit eine N otw endigkeit, aber die M ieten w ie die.

W o h n u n g sab g a b e hätten trotzdem längst viel stärker g e­

steigert w erden m üssen. D aß eine solche viel stärkere Belastung der ohn ed ies ja w ahrlich schon g e n u g belasteten B evölkerung an u n d für sich gan z außero rd en tlich b edauer­

lich ist, soll selbstverständlich keinen A ugenblick in A brede gestellt w erden, aber die S chäden, die d u rch die Ü ber- treib u n g d esM ietersch u tzesd em V olksw ohl zugefügt w erden, sind anderseits so zahlreich u n d g ro ß , daß sie die Schäden einer zeitigem u n d au sg ieb ig em M ietsteigerung usw . w eit überw iegen. U in in dieser R ichtung n u r einiges heraus­

zugreifen, so ist zunächst einm al d urch die ü b ertriebene N ied righaltung d er M ieten eine ganz u n natürliche un d u n ­ gesunde V e r z e r r u n g in d e r V erteilung des E inkom m ens auf die verschiedenen B edürfnisse eingetreten. Das N atü r­

liche u n d G esu n d e ist, daß im A usgabehaushalt des V er­

brauchers das v o rh an d e n e u n d d er Fülle d er B edürfnisse geg en ü b er fast im m er rech t beschränkte E inkom m en auf die verschiedenen B edürfnisse ihrer W ichtigkeit u n d den H erstellungskosten der betreffenden G ü te r entsprechend verteilt w ird. D em gem äß nahm die W o h n u n g vo r dem Krieg in dem A usgabehaushalt im allgem einen eine ziem ­ lich hervorragende, ja teilw eise ü b ertriebene S tellung ein.

D avon ist sie n u n infolge des M ieterschutzes auf einen ganz unn atü rlich niedrigen S tand heru n terg esu n k en . F rü h e r beanspruchte die W o h n u n g sm ie te von dem Jahresarbeits­

verdienste eines verheirateten B erliner A rbeiters im allge­

m einen m indestens Vs, zuw eilen etw as w eniger, häufig aber auch etw as m ehr. D as w ar gew iß ein Satz v on drückender H öhe, dessen E rm äß ig u n g d rin g en d zu w ü n sch en w ar. N u n aber ist die Sache völlig in das G egenteil um geschlagen, denn legt m an etw a die V erhältnisse vom Juli des laufenden Jahres z u g ru n d e , so m achte diese Miete, selbst zuzüglich 50 % W o h n u n g sab g a b e, n u r n och etw a 1,8 % (!) dieses V erdienstes aus, u n d selbst w en n m an nach dem Reichsm ietengesetz u n d angesichts d er W o h n u n g sa b g a b e von diesem H erb st ab das Fünffache der F riedensm iete annim m t, so e rg ib t das im m er n o ch erst 3 ,1 % dieses Jahresarbeitsverdienstes — gem essen nach dem Stande vom Juli 1922. D ie Miete einschließlich W o h n u n g sa b g a b e ist also sch o n nach diesem längst ü b erh o lten S tande des E in­

kom m ens vom 5. auf den 55. b is 32. Teil desselben g e ­ sunken! N och deutlicher w ird die Sache beim V ergleich der Miete m it dem A ufw and für einzelne B edürfnisse, W enn eine vierköpfige B erliner A rbeiterfam ilie v o r dem Kriege etw a ein P fu n d B rot täglich auf den K opf o d e r rd.

15 Z en tn er im Jah r verbrauchte, so gab sie bei einem Brotpreis von 14 P fe n n ig fü r das P fu n d im Jahre 21 0 J i oder etw a die H älfte bis zwei D rittel ihres M ietbetrages für B rot aus. N ach den V erhältnissen etw a vom Juli des laufenden Jahres aber, bei einem B rotpreis selbst von n u r 4 Jb für das P fu n d , w an d te sie fü r den gleichen B rotbedarf das 5- bis 6 fache selbst einer seh r hoch gerechneten Miete auf, u n d nach den neuesten außero rd en tlich en B rotpreis­

e rh ö h u n g e n w ird d er A ufw and für B rot den fü r Miete voraussichtlich selbst nach den E rh ö h u n g e n d urch das Reichsm ietengesetz u n d die W o h n u n g sa b g a b e ebenfalls noch m eilenw eit h in te r sich lassen. A uch zu den A us­

gaben fü r K leid u n g u n d S chuhe dürfte die Miete in ein

ähnliches, w en n nicht noch schlim m eres M ißverhältnis geraten sein. D ie natürliche F olge ist aber, daß sich falsche un d irreführende V orstellungen ü b e r das, w as das h ohe G u t d er W o h n u n g herzustellen kostet u n d w as infolge­

dessen auch d afü r bezahlt w erden m uß, in d er Bevölke­

ru n g festsetzen un d als schw eres H in d ern is w irken, die fü r eine ausreichende P ro d u k tio n nötigen S um m en auf­

z ubringen. E benso w ird auch der gefährlichen V orstellung V orschub geleistet, daß die behö rd lich e G ew alt die w irt­

schaftlichen G ü ter beliebig b illig halten könne, w en n sie n u r ernstlich durchgreife.

Eine recht bedenkliche F o lg e d er Ü b ertre ib u n g des M ieterschutzes w ar ferner, w enigstens bisher, die V er­

sch ärfu n g des W o h n u n g s m a n g e l s . D adurch, daß die Miete infolge des M ieterschutzes einen so au ß e ro rd e n tlic h viel kleinem P ro zen tsatz des ja nom inell so ungem ein gestiegenen E inkom m ens in A nspruch n im m t als früher, w ird die B evölkerung stark angereizt, sich in der W o h n u n g nicht in dem M aße einzuschränken, w ie es an u n d fü r sich im Interesse der B ekäm pfung des W o lin u n g sm a n g els n o tw en d ig wäre, ja es liegen Z eugnisse dafür vor, daß in vielen Fällen die Billigkeit d er Miete so g a r dazu ver­

leitet hat, m ehr Raum als frü h er in A nspruch zu nehm en.

N och m e h r A nlaß zu B edenken g ib t ab e r d er schädliche E influß, den die Ü b ertreib u n g des M ieterschutzes auf den b a u l i c h e n Z u s t a n d d er H äu ser a u sg eü b t hat. W äh ren d des K rieges sind die n o tw en d ig en Instandsetzungsarbeiten an den H äusern u n d W o h n u n g e n aus erklärlichen G rü n d e n vielfach unterblieben. Nach dem K rieg ab e r ist das gleiche, w enn auch nicht ausschließlich, so doch groß en teils in ­ folge d e r ü b ertriebenen N ied rig h a ltu n g d er M ieten durch den M ieterschutz d er Fall gew esen. D ie F olge ist, daß jetzt ein b aulicher Verfall d er H äuser vielfach bereits ein ­ getreten ist u n d w eiterer schw erer Verfall droht, beides offenbar b eso n d ers in den G ro ß städ te n m it ihren g ro ß en M ietshäusern. Auf diese W eise hat die Ü b ertreib u n g des M ieterschutzes eines d er g rö ß ten u n d w ichtigsten Stücke unseres N ationalverm ögens in seinem B estände bereits erheblich unterg rab en . Eine B esserung w ird nu n hoffentlich das Reichsm ietengesetz m it seiner F ü r­

so rg e für g ro ß e u n d kleine Instandsetzungsarbeiten h e r­

beiführen.

A m schlim m sten ab e r sin d die W irk u n g e n d e r Ü b er­

tre ib u n g des M ieterschutzes auf die N e u b a u t ä t i g k e i t . W enn, w ie o ben dargelegt, die A ufgabe, die n ö tig e Zahl n eu e r W o h n u n g e n zu r E n tsteh u n g zu b ringen, u n te r den obw altenden V erhältnissen in erster Linie auf die öffent­

lichen K örperschaften fiel, so m u ß te es unsere W o h n u n g s ­ politik jedenfalls als einen ihrer m aßgebendsten G ru n d sätz e betrachten, jene K örperschaften nach aller M öglichkeit dieser g ro ß en A ufgabe finanziell gew achsen zu m achen. H ier hat sie sich ab e r den W e g durch die Ü b ertreib u n g des M ieterschutzes, u n te r d er w ir die viel zu g erin g e Be­

m essu n g d er W o h n u n g sa b g a b e m it begreifen, selber ver­

sperrt, u n d zw ar in d o p p elterW e ise . Einm al kon n te infolge dieser Ü b ertreib u n g natürlich auch derjenige T eil d er Kosten d er m it H ilfe öffentlicher B auzuschüsse erbauten W o h n u n g e n , d er von den künftigen M ietern bzw . E igen­

tü m ern aus ih rer T asche zu verzinsen un d zu am ortisieren ist, d e r schon erw ähnte so g e n an n te rentierliche Teil, n u r se h r viel n ie d rig er bem essen w erden, als das bei a 11 g e ­

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1436 G l ü c k a u f Nr. 48

m e i n se h r viel h ö h ern Mieten m öglich gew esen w äre. Es blieb also fü r die öffentlichen G ew alten um so m e h r d urch Z u sc h u ß zu decken. U nd sodann floß un d fließt die sch o n zurzeit u n d in Z ukunft w eitaus w ichtigste Finanzquelle für die Beschaffung der öffentlichen B aukostenzuschüsse, die W o h n u n g sab g a b e, infolge ih rer niedrigen B em essung se h r viel w-eniger reichlich, als au u n d fü r sich m öglich w äre. Die P olitik der übertriebenen finanziellen S c h o n u n g der alten W o h n u n g e n hat also gleichzeitig die A nforde­

ru n g en an den öffentlichen Säckel u ngem ein gesteigert un d die M öglichkeit, ihn zu füllen, in v erhängnisvoller W eise verringert. A ußerdem hat diese Ü b ertreib u n g des M ieterschutzes auch h em m en d auf die E ntfaltung der freien privaten, nicht öffentlich u nterstützten B autätigkeit gew irkt.

D en n es liegt auf der H and, daß diese um so m ehr in d er Lage w ar zu arbeiten, je g erin g e r der A bstand w ar zw ischen den F o rd e ru n g e n , die sie selber bei V erkauf o d er V erm ietung ihrer N eubauten stellen m ußte, u n d den Lasten, die von den alten W o h n u n g e n au fzu b rin g en w aren. D urch die Ü b ertreib u n g des M ieterschutzes w u rd e ab e r dieser A bstand v erg rö ß ert statt verringert. E ndlich ist d urch den­

selben U m stand auch die allm ähliche W ied e ra n n äh e ru n g an den doch d urch alle W irrn isse u n d W idrigkeiten der Z eit h in d u rch zu erstrebenden N orm alzu stan d vereitelt w o rd en , daß die n o tw en d ig e regelm äßige N eubautätigkeit sich finanziell selber träg t u n d o h n e öffentliche Z uschüsse erfolgen kann.

Es kann nicht w u n d ern eh m en , daß u n te r diesen V er­

hältnissen, w o w ed er die freie private n och die öffentlich organisierte u n d finanzierte B autätigkeit sich in w irklich g ro ß em U m fang entfalten konnte, die W o h n u n g s n o t n ic h t ab-, so n d e rn zu g en o m m en hat. S chon fü r Mitte 1921 hat m an die Zahl d e r W o h n u n g e n , die dam als fehlten, w en n m an den v o r dem K rieg g ew o h n te n G ra d d e r Be­

frie d ig u n g des W o h n u n g sb ed ü rfn isses z u g ru n d e legt, w o h l ziem lich zutreffend auf etw a eine M illion geschätzt.

D ie Z unahm e d er W o h n u n g s n o t w ird auch d u rch w ahrhaft erschreckende Berichte aus ein er A nzahl von O rten b e­

stätigt. D ie W o h n u n g s n o t ist so g ro ß , daß viele W o h n u n g s­

äm ter B rautleute auf ihren W o h n u n g sliste n ü b erh a u p t nicht vorm erken u n d daß N euverheiratete überw iegend eine Anzahl von M onaten, m eist so g a r ein Jahr, länger als an d ere B ew erber auf eine W o h n u n g zu w arten haben, ln M ünchen u n d A u g sb u rg sind, w ie 1921 b e ­ richtet w urde, auf den W o h n u n g sä m te rn Schilder a n g e ­ b racht m it den W o rte n : »N euverm ählte o d e r H eiratende können keine Fam ilien w o h n u n g erhalten «, u n d auf m anchem än d e rn W o h n u n g sa m t w ird es w o h l ähnlich sein. Man bedenke ab e r d o ch einm al, w as für ein e furchtbare M iß h an d lu n g unseres V o k skörpers derartige Z u stän d e b e­

deuten, n ich t n u r in rein gesun d h eitlich er B eziehung, so n d e rn nam entlich auch d u rch ihre W irk u n g e n auf die sittlichen u n d die B evölkerungsverhältnisse! Es handelt sich da w irklich geradezu um Leben u n d S terben unseres V olkes! D ie Schuld a b e r daran, daß es so w eit hat kom m en kön n en , liegt keinesw egs n u r an den unglückseligen V er­

hältnissen, so n d ern in recht erheblichem M aße eben doch auch an u n serer P olitik des ü b ertriebenen M ieterschutzes.

W ären die alten W o h n u n g e n in den M ieten u n d bei der W o h n u n g sa b g a b e rechtzeitig u n d ausreichend z u r M it­

tra g u n g d e r n o tw en d ig en Lasten heran g ezo g en w orden,

so stände sicher jetzt vieles besser u n d w ir könnten auch ru h ig e r in die Z ukunft blicken.

W elche W eg e w erden n u n iri Z u k u n f t einzu­

schlagen se in ?

V on vielen Seiten w ird als Heilmitte) die Rückkehr z u r f r e i e n W i r t s c h a f t em pfohlen, durch deren Anwen­

d u n g vo r allem eine viel stärkere W ohnungsproduktion zu erzielen sei. A ber dieser M e inung kann nicht bei­

gepflichtet w erden. Aus den bereits w eiter oben kurz dargelegten G rü n d e n m u ß es v o rd erh an d als ausgeschlossen gelten, daß die freie W irtschaft von sich allein aus die ih r entgegenstehenden gew altigen H indernisse besiegen u n d eine hinreichend g ro ß e Bautätigkeit entfalten könnte.

Einen w ichtigen Beitrag z u r L o su n g der Aufgabe mag sie liefern können, die g a n z e A ufgabe aber im wesent­

lichen auf ihre S chultern neh m en kann sie nicht. Die allgem einen V erhältnisse lassen vielm ehr v o rderhand die A ufrechterhaltung von M ieterschutz, Erfassungspolitik und w eitg eh en d er öffentlicher U n terstü tzu n g des W o h n u n g s­

baues, also d er G ru n d z ü g e u n serer bisherigen W o h n u n g s­

politik, als d u rch a u s g eboten un d richtig erscheinen. Aber die u n serer W o h n u n g sp o litik b is jetzt anhaftenden Fehler m üssen allerdings ausgem erzt w erden u n d baldm öglichst verschw inden. D eshalb kann, w ie bereits m ehrfach darge­

legt, die bisherige, freilich so an g en eh m e Billigkeit der von frü h e r h e r bestehenden W o h n u n g e n nicht länger aufrechterhalten w erden. Z um Teil w ird sie schon zu­

folge des Reichsm ietengesetzes jetzt m e h r un d m ehr ver­

schw inden. Z um än d e rn a b e r ist m it dem Gedanken, daß diese W o h n u n g e n die u n g eh e u ren K osten der not­

w endigen N eubauten m indestens zum g ro ß en Teil tragen, diese N eubauten also finanzieren m üssen, n u n endlich se h r viel stärker als b ish er E rn st zu m achen, und zu diesem Zw ecke ist es eben u num gänglich, die W oh­

n u n g sa b g ab e in viel g rö ß e re r H ö h e als b ish er zu erheben.

A uf diese W eise w ird die Miete, o d e r richtiger gesagt:

die G esam tbelastung des M ieters in den von früher her b estehenden W o h n u n g e n freilich nicht n u r ihre bisherige verhältnism äßige N iedrigkeit, so n d e rn auch ihre bisherige verhältnism äßige U nbew eg lich k eit ein b ü ß en u n d w ird viel stärker als bis jetzt in den Strudel d er allgem einen Preis­

b ew e g u n g gestürzt w erden. Das ist in vieler Beziehung ungem ein schm erzlich un d nachteilig, ab e r es ist nicht zu verm eiden in ein er Zeit, w elche die g rö ß te Preisrevolution d erW eltg e sc h ich te d urchm acht. A ußerdem m ag man sich zum T röste sagen, daß m it diesem Flüssigw erden der

»Miete« allm ählich auch die o ben angeführten üblen F olgen u nnatürlich n iedriger Mieten verschw inden werden u n d daß ein e allm ähliche A n n äh e ru n g an den normalen, Z ustand, bei dem das Bauen o h n e b eso n d ere öffentliche Z u sch ü sse erfolgen kann, h erb eig efü h rt w'ird. Endlich w ird es allerdings n o tw en d ig sein un d w ird sich auch erw arten lassen, daß die L ö h n e u n d G ehälter, w ie sie sich b ish er so vielem an g e p aß t haben, sich auch einer allge­

m einen w esentlichen E rh ö h u n g d er W o hnungslasten an­

passen w erden.

D as W ichtigste aber b leibt natürlich, daß die Bau­

tätigkeit viel stärker als b ish e r entfaltet w ird. Bei den u ngeheuerlichen Kosten des B auens jetzt ist das freilich, finanziell angesehen, eine w ahre Riesenaufgabe, und diese A ufgabe fällt v o rd erh an d zum allerg rö ß ten Teile aut. die

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