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Stahl und Eisen, Jg. 32, Nr. 17

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. Letter des wirtschaftlichen Teiles

Generalsekretär Dr. W. B e n in e r , Geschäftsführer der Kordwestlichen Gruppe des Vereins deutscher Elsen- und Stahl­

industrieller.

m E I S E N

ZEITSCHRIFT

leiter des technischen Teiles D r . - I n g . 0. P e t e r s e n ,

stellverlr. Geschaftsfuhr?r des Vereins deutsche.*

EisenhOttenleute.

F Ü R D A S D E U T S C H E E I S E N H Ü T T E N W E S E N .

Nr. 17. 25. April 1912. 32. Jahrgang.

A l f r e d K r u p p .

Zum hundertsten Geburtstage am 26. April 1912.

A m 21. Novem ber 1811 begründete der Kaufmann r- F r ie d r i c h K r u p p „eine Fabrik zur Ver­

fertigung des englischen Gußstahls und aller daraus resultierenden F ab rik ate“ unter der Firm a „Fried­

rich Krupp in E ssen “ . D ie Firm a Fried. Krupp A. G. konnte also bereits im vorigen Jahre ihr hundertjähriges B estehen feiern. D a aber auf den 26. April 1912 der hundertste Geburtstag Alfred Krupps, des eigentlichen Schöpfers der Kruppschen Gußstahlfabrik, fällt, so lag es nahe, die Hundert­

jahrfeier der F in n a m it der ihr zeitlich so bald fol­

genden Feier des 100. Geburtstags Alfred Krupps zu vereinigen. D iese D oppelfeier m ußte Umstände halber auf den A nfang d es.M o n a ts A ugust d. J.

hinausgeschoben werden. D a ist es eine Pflicht der Dankbarkeit, die wir dem genialen Techniker, dem warmherzigen Arbeiterfreund und dem edlen Menschen schuldig sind, seiner; Person an seinem 100. Geburtstage in Treue zu gedenken. D ie Dar­

stellung des .W erdeganges seiner Werke, die seine gewaltige Schaffenskraft entstehen ließ, und die noch heute zu uns sprechen, möge für die Hundert1 jahrfeier der Firm a auf Grund der dann zur A us­

gabe gelangenden Festschrift Vorbehalten bleiben. — Nach dem Kirchenbuch der reformierten Ge­

meinde in Essen erhielt Alfred Krupp in der Taufe den Namen „A lfried“ , der nunm ehr auf seinen am 13. A ugust 1907 geborenen Urenkel überge­

gangen ist. Nach seiner Rückkehr aus England im Jahre 1839 schrieb er selbst seinen N am en

„ A lfr e d “ und h at diese Schreibweise bis zu seinem Tode beibehalten.

Die bei seiner Geburt von den Eltern gehegte Hoffnung auf ein glückliches Gedeihen der Gußstahl­

fabrik erfüllte sich nich t; es folgten Jahre fruchtloser Arbeit, so daß N ot und Sorge in das E lteinhaus einkehrten. Dazu kam en Jahre schwerer Krankheit über den Vater, auf dessen W unsch Alfred im Früh­

jahr 1826, kaum 14 Jahre alt, die Quarta der Essener Lateinschule verließ, um die B eaufsichtigung der Fabrik zu übernehmen. Als am 8. Oktober 1826 der Vater gestorben war, erließ seine W itwe folgende

Geschäftsanzeige:

XVII.,,

„D en geschätzten Handlungsfreunden meines verstorbenen Gatten beehre ich mich die Anzeige zu machen, daß durch sein frühes Hinscheiden das Geheimnis der Bereitung des Gußstahls nicht verloren, sondern durch seine Vorsorge auf unsern ältesten Sohn, der unter seiner Leitung schon einige Zeit der Fabrik vorgestanden, überge­

gangen ist; daß ich m it demselben das Geschäft unter der früheren Firm a von Friedrich Krupp fortsetzen, und in H insicht der Güte des Gußstahls, sowie auch der in meiner Fabrik daraus gefertigten Waren, nichts zu wünschen übrig lassen werde.

— D ie Gegenstände, welche in meiner Fabrik verfertigt werden, sind folgende: Gußstahl in Stangen von beliebiger D icke, desgleichen in gewalzten P latten , auch in Stücken, genau nach Abzeichnungen oder Modellen geschm iedet, z. B.

M iinzstcmpel, Stanzen, Spindeln, Tuchscherblätter, W alzen u. dgl., sowie auch fertige Lohgärber- Werkzeuge.

W ittw e T herese K ru p p , geb. W ilhelm !.“

E in starker Wille und fester Charakter, getragen von dem Glauben an das Werk des Verstorbenen und das Vertrauen zu dem fachm ännischen Ge­

schick und der willensstarken T atkraft ihres dem .K nabenalter noch nicht entwachsenen Sohnes, gaben der bescheidenen Frau den Mut zu diesem en t­

sch lossen en Vorgehen. D as in ihn gesetzte Vertrauen .h a t Alfred glänzend gerechtfertigt. Er erwarb sich schnell die K enntnis von den Eigenschaften des zur H erstellung des Gußstahls dienenden Eisens und sorgte m it unnachsichtiger Strenge dafür, daß stets die besten Eisensorten Verwendung fanden.

Ebenso peinlich hielt er auf gute und gleichm äßige Beschaffenheit des Tons und Graphits zur An­

fertigung der Schm elztiegel, die er schon damals nach eigener Erfahrung nur einm al benutzte. Er war überzeugt, daß nur aus den besten Rohstoffen bester Stahl zu gew innen und aus diesem die besten Fabrikate herzustellen se<en, die allein ihm eine treue K undschaft sichern würden. D iesem in frühester Jugend aus Erfahrung geschöpften Grundsatz ist

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682 Stalil uiut Eisen. A l fr e d K r u p p . 32,'Jahrg. Nr. 17.

er bis an sein Lebensende treu geblieben. Ihn leitete unverkennbar eine angeboren hohe B egabung für technische D inge, die ihn ohne jede fachliche Vor­

bildung das R ichtige erkennen und finden ließ.

Er selbst schrieb später: „ S ta tt w ohl ausgebildet, war ich zur Zeit des E in tritts in die Fabrik ein recht dummer Junge.“ Nur eine außergewöhnliche technische Begabung konnte es ihm möglich machen, aus so kleinen Anfängen die spätere vielseitige T ätigkeit der Fabrik zu entw ickeln. D iese Begabung, die ihm die heute unentbehrlich erscheinende che­

mische A nalyse und das m echanische Probierver­

fahren ersetzen m ußte, beschränkte sieh nich t auf das m etallurgische Gebiet, auf dem er sich zunächst zu betätigen hatte, sie war ihm auch für die K on­

struktion von Maschinen in gleichem Maße gegeben.

E s sind noch Skizzen- und Tagebücher aus den Jahren von 1829 bis 1838 vorhanden, die einen überraschenden E inblick in die technische E ntw ick­

lung Krupps im A lter von 17 bis 26 Jahren gewähren.

Aus Sparsam keitsrücksichten baute er sieh die Werk­

zeugmaschinen für seinen Bedarf selbst unter Ver­

wendung der einfachsten M ittel. Das gab ihm Gelegenheit, sich im E ntw erfen von Maschinen und Werkzeugen zu üben und fortzubilden, wobei ihm sein schon in der Schule hervorgetretenes Zeichcn- talent zustatten kam. Er kannte schon die H obel­

m aschinen, auch die schwierige Arbeit des H ohl- bohrens, und baute sich damals schon Maschinen zum Fräsen von Zahnrädern, zum Mattieren von Goldwalzen, Schleif- und Drehbänke u. a, m ., die ihm zum Teil bis in die fünfziger Jahre gute Dienste leisteten. Schon in den dreißiger Jahren, ehe er nach England reiste, h atte er die Vorzüge des H art­

gusses und gewisser Stahllegierungen erkannt, und als er es für seine Zwecke nötig hielt, nahm er ohne Zögern den Messing- und Eisenguß auf. Aus alten Braukesseln goß er seine ersten Bronzelager, und m it einem Kupolofen von 18 Zentner Leistung in der Stunde begründete er 1854 die eigene Eisengießerei.

Eine fast übermenschliche A rbeit lastete auf dem jungen Fabrikherrn. N ich t nur die B eauf­

sichtigung und die Mitarbeit im Schmelzbau, der in der S tadt lag, w ie im Hammerwerk in A lten- essen, das die schw ache W asserkraft der Berne ausnutzte, nahm ihn in Anspruch, auch die Kor­

respondenz, das Reisen zum Einholen von A uf­

trägen und Abliefern der fertigen Stahlwaren, auch die für die Ausführung der Aufträge notw endigen Berechnungen, Entw ürfe, Zeichnungen usw. hatte er zu erledigen — des N achts in seiner kleinen Dachstube! Er schrieb später: „Von m einem 14.

Jahre an h atte ich die Sorgen eines Fam ilienvaters (er hatte für die Erziehung seiner beiden jüngeren Brüder zu sorgen) und die A rbeit bei Tage, des N achts grübeln, w ie die Schwierigkeiten zu über­

winden wären. Bei schwerer Arbeit, oft N ächte hindurch, lebte “ ich bloß von K artoffeln ,' Kaffee, B utter und Brot, ohne F leisch, m it dem Ernste eines bedrängten Fam ilienvaters, und 25 Jahre

lang habe ich ausgeharrt, bis ich endlich bei a ll­

mählich steigender Besserung der V erhältnisse eine leidliche E xistenz errang.“ E s ist begreiflich, daß sein hoch aufgeschossener, schlanker Körper unter diesem M ißverhältnis zwischen Ueberanstrengung und Schlaf, Arbeit und Ernährung litt. Brust­

schwäche, M agenleiden, anhaltende Kopfschmerzen waren die Folgen, m it denen er sein Leben lang zu kämpfen hatte, zum al seine unerschütterliche Pflicht­

treue zu fleißiger Arbeit ihn nach kaum i'iberstan- denen Leiden immer wieder an den Schreibtisch bannte, infolgedessen auch die Leiden immer wieder­

kehrten. Als bestes M ittel dagegen erkannte er das R eiten, das ihm bald unentbehrlich wurde und dem er bis in seine letzten Tage treu blieb. Seinem Fleiß dankte er nach eigenem Bekenntnis seine Erfolge.

„D en Fleiß habe ich von der Mutter geerbt, m it dem sie das ganze Haus rettete.“ Sein Pflichteifer ließ ihn überall eingreifen, wo es n ot ta t, er war „Pro­

kurist, Korrespondent, Kassierer, Schm ied, Schmel­

zer, Koksklopfer, N achtwächter beim Zementofen und sonst noch viel dergleichen m ehr“.

Die' Geschäftsreisen in die Um gegend dehnten sich nach und nach immer w eiter auch auf das Aus­

land aus; in der Zeit von 1838 bis 1843 hielt er sich in Frankreich, England und Oesterreich fast mehr auf als daheim. D iese Reisen trugen viel dazu bei, ihn als Geschäftsleiter wie als Mensch zur Reife zu bringen. Durch die Reisen gewann er die Sicherheit des Verkehrs und die U nbefangenheit im Umgang m it Personen aller Gesellschaftsklassen, die ihn später so vorteilhaft auszeichnete. Eine natürliche Würde, ein bei aller Bescheidenheit sicheres, vor­

nehmes Auftreten und eine fesselnde Liebenswürdig­

keit kam ihm dabei so zustatten, daß ein deutscher D iplom at, dem er in London nähertrat, über ihn schrieb: „W ir nannten ihn den Baron, er war ganz jung, sehr groß und schlank, sah sehr delikat, aber schön und interessant aus und war quite a gentle- m an .“ Schnell eignete er sich die im Auslände nötigen Spraehkenntnisse an, in Paris das Fran­

zösisch, in London das Englisch, das er bald so beherrschte w ie die eigene M uttersprache; und als er in späteren Jahren seiner Gesundheit wegen sieh häufig in Italien aufhielt, lernte er noch Italienisch.

Alfred Krupp h at für die Erziehung und Aus­

bildung seiner jüngeren Brüder Herm ann und Friedrich väterlich gesorgt. Seinem Bruder Her­

mann übertrug er die technische L eitung der im Jahre 1844 in Berndorf gegründeten Metallwaren­

fabrik, die bald zu einem bedeutenden Werk empor­

blühte, während Friedrich in der Essener Fabrik tätig blieb, aus der er erst austrat, als Alfred im Februar 1848 das Werk auf eigene R echnung über­

nahm.

Bis zum Jahre 1844 bewohnte Alfred Krupp das elterliche W ohnhaus, das heute noch 'inmitten der Fabrik stehende „Stam m haus“ , dann siedelte er in das neben diesem erbaute zw eistöckige W ohn­

haus über, das er auch nach seiner Verheiratung

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25. April 1912. A l fr e d K r u p p . Stahl und Eisen. 683

im Mai 1853 w eiter bew ohnte. Hier wurde am 17. F e­

bruar 1854 sein einziger Sohn Friedrich Alfred geboren.

In dieser bescheidenen W ohnung verlebte Krupp glückliche Tilge und vereinte die Freunde seiner Familie oft zu heiterer Geselligkeit um sich. Als der Aufschwung der F abrik in den fünfziger Jahren es ihm gestattete, seine überaus einfache Lebens­

führung freigiebiger zu gestalten , entstand 1860 innerhalb der Fabrik, aber um geben von freund­

lichen Anlagen, das Gartenhaus, in dem seine F a ­ milie ein behaglicheres H eim fand, und das ihm gleichzeitig die M öglichkeit einer würdigen R e­

präsentation gegenüber der wachsenden Zahl in- und ausländischer Besucher bot. D er Prinz von Preußen, der nachm alige Kaiser W ilhelm , besuchte die Fabrik zum ersten Male im* Juni 1853 und hat diesen Besuch noch oft wiederholt. Als das starke Anwachsen der W erkstattsgebäude in der Fabrik in den sechziger Jahren die W ohnlichkeit im Garten- hausc beeinträchtigte, erwarb Krupp im Jahre 1864 das ausgedehnte W aldgelände an der Ruhr, in dem heute die „V illa H ü gel“ hegt, w o damals ein ein­

faches Landhaus stand, das während der schönen Jahreszeit ihm m it seiner Fam ilie als „Som m er­

frische“ diente. D ort entstand seit 1870 der das Ruhrtal w eit beherrschende schöne Bau, der noch heute W ohnsitz der Fam ilie ist. In seiner Anlage tritt die großzügige A rt so recht zutage, die für alle Unternehmungen Alfred Krupps charakteristisch ist, denn das H auptgebäude genügt noch heute allen Bedürfnissen der Repräsentation auch bei fürstlichen Besuchen. Gesundheitliche R ücksichten nötigten ihn, im Laufe der Jahre im mer mehr von der persönlichen Leitung der Fabrik sich zurückzu­

ziehen und sie seiner Prokura zu überlassen, die er im Jahre 1862 einrichtete. Sie bestand anfänglich nur aus zwei Herren, aber die Zahl ihrer Mitglieder stieg allmählich m it der Ausdehnung des Geschäftes bis zu sieben beim Tode Alfred Krupps.

„Auf dem H ü gel“ hat Alfred Krupp den Abend seines Lebens zugebracht, gleichsam von hoher Warte aus sein W erk überwachend, das er m it zu­

nehmendem Alter im mer seltener besuchen konnte, aber die allmorgendlich in den Fabrik von ihm eintreffenden schriftlichen M itteilungen bezeugten, wie sein ganzes D enken und Sinnen von der Sorge um das Gedeihen und die Zukunft seiner Fabrik erfüllt war. Es ließ ihm keine Ruhe, solche A n­

ordnungen zu treffen, w elche den geregelten Fortbe­

stand seines Lebenswerkes auch ohne seine per­

sönliche Einwirkung sichern würden. Mitte der siebziger Jahre schrieb er: „Selbst grundsätzlich würde ich mich fern halten, um lebend mich noch zu überzeugen, daß ohne m ein Eingreifen in den Betrieb alles g u t geht. . ,. Ich verlange sehnlichst nach dem P rädikat: »A bköm m lich«. . . . Ich habe nur den einen W unsch, m ich so ersetzt zu sehen, daß ich jeden Tag zurücktreten kann.“ Er ver­

langte, daß jeder leitende B eam te für einen befä­

higten Stellvertreter sorgen m üsse, dam it „kein

F all von Erkrankung, Erholungsreise oder R eise ins Jenseits das Triebwerk der Fabrik störe“. So verlangte er die Zukunft der Fabrik in ähnlicher W eise sichergestellt zu sehen, w ie ein großes S taats­

wesen durch Verfassung und Gesetzgebung gegen Willkür geschützt ist. D iese Forderung führte im Jahre 1872 zu dem „G eneralregulativ“, durch w el­

ches er „für alle Zukunft die R echte und Pflichten innerhalb der Fabriktätigkeit festzulegen su ch te“ . Alfred Krupp war nicht nur ein genialer Techniker, er war auch ein Organisationsgenie; dafür ist das Generalregulativ ein überzeugendes D okum ent, es ist gleichzeitig eine Sam m lung von Aussprüchen der Lebensweisheit. In seinem an Erfahrungen so reichen Leben h atte er sich Grundsätze gleichsam als Regeln für den Erfolg gebildet, die er in dem R egulativ niederlegte, dessen erste Bestim m ung lautet: „Als oberster Grundsatz ist das Ziel im Auge zu behalten, daß die Firm a in der Fabrikation stets das A usgezeichnetste und m öglichst Vollkom menes zu leisten h at.“ D as war eine Erfahrung, die er im Kampfe m it der Konkurrenz gew onnen, in dem er nie die Geduld verlor, auch wenn sie ihm zeit­

w eilig starken Abbruch ta t, denn er vertraute auf den schheßlichen Sieg der Qualität. „Anfängen im K leinen, Ausharren in Schw ierigkeiten, Streben zum Großen“ , und „die Kraft schafft m it L u st“ , so schrieb er gelegentlich. In dem seit seiner Jugend wissentlich nie außer acht gelassenen Grundsatz, nur bestes Fabrikat zu liefern, konnten ihn auch die Anfeindungen der Konkurrenten nicht wankend machen: „W er reüssiert, h at Feinde; D um m heit und Neid reichen zur Feindschaft au s“ , oder „W as wir zum besten Zwecke offerieren, dringt niem als durch.

Eigensinn und D um m heit machen immer siegreiche Opposition“.

Besonders vorsichtig war er technischen N eue­

rungen gegenüber, deren Zweckm äßigkeit er erst durch Versuche erwiesen haben w ollte. Hierüber schrieb er noch kurz vor seinem Tode an die P ro­

kura: „Ich w ollte nur für alle Zeiten em pfehlen, bei E xperim enten jede Frage erst im Kleinen zu studieren, bevor man zur Ausführung im Großen schreitet. . . . An den Versuchen im Großen kann man sich ruinieren, ehe m an die Aufgabe gelöst hat; fängt man aber klein an, so erkennt man, was fehlt und n o ttu t, und geht erst dann gradatim w eiter, wenn man eine Zuversicht gewann betreffend Erfolg. Rastlose T ätigkeit ist bei dergleichen A uf­

gaben notw endig, besonders aber Vorsicht und Ueberlegen, m it Benutzung von Erfahrung Fiasko zu verhüten. Es wird dann auch Zeit gewonnen und man erfährt schon im K leinen in kürzester Frist, was der richtige W eg ist, bevor das Objekt im Großen vollendet ist. Solange m an im Zweifel isf, muß m an eine Sache im Großen nicht ausfübren, immer erst, wenn sie vom kleinen M aßstabe an steigend gelungen und verheißend ist. Ich m öchte diese R egel in goldener Schrift zur K enntnis Aller in jedem Bureau und Atelier aufgehängt wünschen

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684 Stahl und Eisen. U eber amerikanische G ie ß ere iv erh ä lln isse . 32. Jahrg. Nr. 17.

zur Beherzigung der Konstrukteure und maßgebenden Persönlichkeiten. Mit dieser Regel bin ich von klein auf durchgekommen, habe — ohne jegliche M ittel anfangend — die Versuche für die bedeutendsten Objekte durchgeführt, während mir eine Menge von Exem peln aus der V ergangenheit bekannt ist, wo die Unternehmer und K onstrukteure beim ersten Versuch (gleich im Großen) sich ruinierten.“

Krupp hatte im m er ein warmes Herz und eine offene Hand für die Sorgen der „kleinen L eute“ . D iese H ilfsbereitschaft fand ihren Ausdruck in der Ar­

beiterfürsorge, die er in den sechziger und siebziger Jahren zu einem System der W ohlfahrtseinrichtungen ausbaute. M it diesen dem Wob le der Werksange­

hörigen gew idm eten Einrichtungen hat er nicht nur seinem W erk einen w ichtigen Baustein ein­

gefügt und seinen Nachfolgern die Bahn gewiesen, sondern auch vorbildlich gew irkt für die gesam te Industrie und die spätere soziale Gesetzgebung.

Das wird ihm unvergessen bleiben.

In seinem T estam ent beschäftigt sich Alfred Krupp fast ausschließlich m it der Zukunft der F a­

brik. N icht der persönliche Erwerb des jeweiligen Inhabers dürfe das Maßgebende für die Fabrik

sein, sie müsse höheren Zwecken dienstbar bleiben und sei als Grundlage dauernder W ohlfahrt für alle W erksangehörige zu b etra ch ten ; er übergibt dann vo ll Zuversicht die Fabrik seinem Sohne m it den W orten: „Ich hege zu meinem Sohn und seinen Nachkommen das Vertrauen, daß sie in dem Geiste, der mich beseelt h at, forthandeln und sich werden angelegen sein lassen, nicht nur m eine Werke auf ihrem jetzt erreichten H öhepunkte zu erhalten, sondern auch dieselben durch Verwendung eines m öglichst erheblichen Teiles der Erträgnisse zu verbessern und, sow eit ein nachhaltiger Vorteil erwartet werden darf, zu erweitern.“ D ieses Ver­

trauen, m it dem er sein Werk in die Hand seines Sohnes legte, ist nicht getäuscht worden. Möge sein Geist auch fernerhin schützend über dem Werke schweben, dam it das schöne W ort, das er einst niederschrieb, hier stets Wahrheit bleibe:

„Der Zweck der Arbeit soll das Gemeinwohl sein, dann bringt Arbeit Segen, dann ist Arbeit

G ebet!“

N ach kurzer Krankheit schied Alfred Krupp am 14. Juli 1887 aus dem Leben, das in Mühe und Arbeit köstlich gewesen ist. J . Castner.

U e b e r a m e rik a n is c h e G ie ß e r e iv e r h ä ltn is s e .*

(Eine Reiseskizze.)

Von Ingenieur C. H u m p e r d i n c k .

(H ie rz u T a fe l 17.)

^ ^ / ¡ e ich bereits an dieser Stelle gelegentlich der ' V am 9. D ezem ber v. J. stattgefundenen Ver­

sam mlung, und zwar im Anschlüsse an den Vortrag des Herrn O r .^ u g . E. L e b e r , erwähnte, habe ich mich Ende verflossenen Jahres einige W ochen in den Vereinigten Staaten Nordamerikas aufgehaltcn, um aus eigener A nschauung das Land der Freiheit und unbegrenzten M öglichkeiten, insbesondere aber die amerikanische Eisenindustrie, näher kennen zu lernen.

Wer zum ersten Mal m it einem der riesigen Hamburger oder Lloyd-D am pfer den Ozean kreuzt, dem entw ickelt sich kurz vor der Landung im N ew Yorker H afen ein prächtiges B ild, und jeder N euanköm m ling wird au sich selbst und auch unter den Mitreisenden eine Erregung wahrnehmen. Mit Spannung nim m t jeder sein Fernglas zur H and, und vor allen sind die Amerikaner begeistert, wenn die Freiheitsstatue in Sicht ist. D ie Wolkenkratzer N ew Yorks geben dem m it Schiffen aller Art belebten Hafen eine wirksame Um rahm ung: der erste E in­

druck, den N ew Y ork auf einen N euling ausübt, ist ein gew altiger — m an verspürt etw as Gigantisches.

Ist m an jedoch einige Tage in New Y ork, so findet man insbesondere die gewaltigen Häuserkolosse als selbstverständlich und wundert sich, daß es in

* V ortrag , g e h alten auf d e r 17. V ersam m lung d e u t­

scher G ioßcreifachleute am 23. M ärz 1012 zu Düsseldorf.

der Stadt, die eine riesenhafte Entw icklung durch­

gem acht hat und noch durchmacht, noch Häuser von nur drei oder vier Stockwerken gibt. —

Bei objektiver Beurteilung wird man aber die Wahrnehmung machen, daß das Land der Freiheit diesen Namen nicht im vollen Um fange verdient hat. Es ist ja bekannt, wie stolz der Ameri­

kaner z. B. auf die in seinem Lande durch die Verfassung gew ährleistete Preßfreiheit ist — in W irklichkeit ist letztere hinfällig gem acht durch die als sehr streng anzusehenden Schadenersatz­

paragraphen und durch andere diesbezügliche gesetz­

liche Bestim m ungen. —

D ie in den Vereinigten Staaten vorhandene starke Ström ung, die Menschen durch Gesetze zu vollkom m enen Tugendmustern zu m achen, muten den Europäer eigentüm lich an. W as ist nicht alles verboten! Fährt man m it einem E xpreßzug längere Strecken, so m acht man bald die Wahrnehmung, daß in einigen Staaten der Genuß geistiger Getränke in den Eisenbahnzügen verboten ist und nicht etw a in den Zügen allein, sondern auch auf den Bahnhöfen. Als ich wieder in Europa w ar und auf den Bahnhöfen hörte, wie die Kellner ihr „W ein, Bier, Kognak gefällig“ ausriefen und sah, wie die angebotenen Getränke von manchen R eisenden begehrt wurden, und zwar ohne daß dadurch irgendein durch Augenschein sichtbarer Schaden entstand, mußte

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„STAHL UND EISEN“ 1912, Nr. 17. Tafel 17.

C. H u m p e r d i n c k : U e b e r amerikanische Gie ße rei ve rhält ni sse .

A bbildung 1. B o ttro p e r S and h a n d g estam p ft, getro ck n et.

A bbildung 2. B o ttro p e r Sand, naß m it 2 k g/qcm gepreßt.

Abbildung 3. B ottroper Sand, naß m it 2 kg/qcm gepreßt.

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A bbildung 4. Y2 B o ttro p e r S and, */„ a lte r Sand, etw as K ohlen stau b , g e rü ttelt, g etro ck n et.

A bbildung 5. N e an d crth aler Sand m it K ohlo g e rü tte lt, getrocknet.

Abbildung 6. B ottroper Sand, naß, gerüttelt.

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25. April 1912. U eber a T n erika n isch e Q ie ß e re iv zrh ä ltn isse. Stahl und Eisen. 685

ich mich unwillkürlich wieder fragen, weshalb wird Amerika eigentlich als das Land der Freiheit be­

zeichnet? Ich bemerke ausdrücklich, daß meine Schilderung keine Kritisierung der amerikanischen Freiheit sein soll, ich gebe ganz objektiv einen kleinen Teil meiner persönlichen Eindrücke wieder, und es ist mir nicht ganz klar, wie einerseits die Amerikaner einer so eigenartigen Lebensanschauung huldigen, während sie anderseits so Tüchtiges leisten und in der Kulturentwicklung und nam entlich in der E n t­

wicklung der Technik auch weiterhin eine bedeu­

tende Holle spielen werden. —

Es ist uns allen zur Genüge bekannt, welche 'gewaltigen Fortschritte Am erika auf technischem Gebiete gem acht hat, und man verfolgt m it Span­

nung alles, was über die amerikanische Industrie geschrieben und gesagt wird-. E s ist insbeson­

dere viel über die amerikanische Eisenindustrie veröffentlicht worden, und ich bin überzeugt, daß mancher Leser dieser A ufsätze von der gewaltigen Leistung und den in der Regel ausführlich geschilder­

ten Fahrikationsvcrfahren und Einrichtungen m it steigendem Erstaunen K enntnis genommen hat; bei manchem wird mehr oder minder stark der Wunsch aufgetreten sein, aus eigener Anschauung die ihn besonders interessierenden Industriezweige näher kennen zu lernen. Auch ich hatte seit Jahren vor, insbesondere die Bauart und die Einrichtungen am e­

rikanischer Gießereien, ferner die mir bisher nur durch die Literatur bekannten neueren amerikanischen Form­

verfahren in Amerika selbst zu besichtigen. Durch besondere U m stände wurde ich veranlaßt, meinen Entschluß im H erbst vorigen Jahres auszuführen. — Von den in den Vereinigten Staaten Nordamerikas befindlichen Gießereien (es sollen rd. 6800 vorhanden seinj besuchte ich m angels Zeit nur vierzig von B e­

deutung, und zwar diejenigen, welche neben einer großen Erzeugungsm öglichkeit die vollkom m ensten Einrichtungen besitzen. —

Um zunächst die B a u a r t u n d d ie g e s a m t e A n o r d n u n g d e r G i e ß e r e ie n in groben Umrissen zu skizzieren, bemerke ich, daß die in den letzten Jahren entstandenen amerikanischen Gießereien für schweren Guß fast ebenso gebaut sind, wie die neueren europäischen Gießereien. Man sieht fast überall ein H auptschiff m it zwei seitlichen Neben­

schiffen. In der H aupthalle sind an den beiden Seiten Konsolkrane und darüber Laufkrane m it großen Geschwindigkeiten vorhanden. D ie Seiten­

schiffe sind teilw eise ebenfalls m it Laufkranen ver­

sehen. Die neueren Gießereien für Massenguß unter­

scheiden sich in ihrer B auart und gesam ten Anord­

nung nicht wesentlich von unseren neuen Gießereien für Massenartikel.

Für die Z u fu h r d e r R o h s t o f f e und die Ab­

fuhr des fertigen Gusses sind je nach den örtlichen Verhältnissen gute Transportm ittel geschaffen; jeden­

falls findet m an, daß überall das Bestreben vor­

herrschend ist, den Transport aller zu bewegenden Rohstoffe und fertigen Fabrikate m öglichst zu be­

schränken. In den Gießereien für Massenguß sind in der Hauptsache Hängebahnen vorhanden, und ich muß gestehen, daß die Bahnen, m ittels deren das flüssige Eisen zu den Formen und der fertige Guß in die Putzerei befördert wird, in vielen Gießereien außerordentlich einfach, aber ebenso zw eckm äßig ausgeführt sind.

In den Gießereien für Massenfabrikation werden zum Heben der von H and nicht mehr zu bew ältigen­

den Form kasten auffallend viel Luftdruck-H ebe­

zeuge verw endet; einzeln sieht man auch H ebezeuge m it elektrischem Antrieb. Ich muß feststellen, daß m an im allgemeinen an derartigen Vorrichtungen nicht spart. In den Gießereien ist fast überall dafür gesorgt, daß kein Arbeiter auf den ändern wegen eines Hebezeuges zu warten bzw. R ücksicht zu nehmen hat. —

D ie in den amerikanischen Gießereien befindlichen K u p o lö f e n sind m it wenigen Ausnahm en nach einem Prinzip gebaut worden. Durch die Abbildungen und durch die Anzeigen in den amerikanischen Fachzeit­

schriften dürfte Ihnen die typische Form dieser Kupolöfen bekannt sein. Auffallend ist die durchweg geringe Schachthöhe der amerikanischen Kupolöfen.

U nter den vierzig Gießereien, die ich besuchte, fand ich nur in einer Kupolöfen m it Vorherden. In den meisten Gießereien sam m elt man jedoch das flüssige Eisen in kippbare Pfannen, die stationär vor den Kupolöfen angebracht sind. Ich war erstaunt, wenigstens in einer Gießerei Oefen m it Vorherden zu sehen. A uf m eine Frage, aus welchem Grunde die Oefen m it Vorherden ausgerüstet seien, antw ortete der „Superintendent“ (in Amerika haben die Be­

triebsleiter den schönen Titel „Superintendent“),

„die Vorherde mauern wir basisch aus und bewirken dadurch, daß der Phosphor aus dem flüssigen Eisen m it einem Teil des basischen Mauerwerkes sich ver­

bindet. Wir erhalten deshalb bei einem Ofen m it Vorherd einen phosphorärmeren Guß, als bei einem Kupolofen ohne Vorherd.“ — Ich hielt es, den U m ­ ständen entsprechend, tür angebracht, ob dieser Theorie zu schweigen. D er Vertreter dieser, wahr­

scheinlich auch in Amerika vereinzelt dastehenden Theorie erzählte weiterhin, daß er Versuche ange­

stellt habe, die Kupolöfen nicht rund, sondern länglich und zwar oval auszubauen. Bei diesem Quer­

schnitt habe er die besten Ergebnisse erzielt. D er­

selbe Betriebsleiter stellte auch D am pfzylinder m it Vioo % Vanadium her, um angeblich die Festigkeit um 10 bis 15 % ' zu erhöhen. D ie Art und W eise, wie das Vanadium dem E isen zugefügt wurde, ist insofern charakteristisch, als das M etall vor dem A bstich des Eisens in die A bstichrinne des Vor­

herdes gestreut wurde. D as flüssige, aus dom Ofen laufende E isen sollte also eine gleichm äßige Mischung bewirken. D ie Zylinder, die m it diesem E isen ge­

gossen wurden, erhielten die A ufschrift „Vanadium - Zylinder“ .

"Auf den K o k s v e r b r a u c h bei Kupolöfen sieht man’ in Amerika nicht so scharf. Wenn auch in den

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686 Stahl und Eisen. U eb er a m e r ik a n is c h e G ic ß c re iv e rh ä lln isse . 32. Jahrg. Nr. 17.

Gießereien darauf acht gegeben wird, in jeder H in­

sicht so w irtschaftlich wie nur möglich zu arbeiten, so betrachtet man einen Gesamtkoksverbrauch von 15 bis 16 % noch als normal; m an will eben möglichst heißes E isen haben. N ach meinen Beobachtungen scheint man teilw eise noch w esentlich mehr Koks zu brauchen, als angegeben wdrd. Interessant ist die Tatsache, daß vereinzelt m it Anthrazit sta tt m it Koks geschm olzen wird. Als Windversorger für die Kupolöfen dienen hauptsächlich Ventilatoren und Gebläse.

D ie G i c h t a u f z ü g e werden fast allgemein hydraulisch betätigt. Vereinzelt sind m echanische B e­

schickungsanlagen, und zwar nach dem Prinzip der Seilbahnen, m it Kippwagen vorhanden.

In den Gießereien für schweren Guß sind neben den Kupolöfen fast überall F la m m ö f e n vorgesehen.

D ie Beschickung dieser Oefen geschieht meistens m ittelst einer Krananlage unm ittelbar vom Hof, bzw. Materiallager aus. Ich m achte die Wahrnehmung, daß m an in einigen Gießereien die Flamm öfen lediglich deshalb gebaut hat, um größere Mengen auf einm al schm elzen zu können, während in anderen Gießereien die Flam m öfen zur Herstellung von Qualitätsguß in größeren Mengen gebraucht werden.

Auffallend niedrig erschien mir der fast überall gleichm äßig angegebene Kohlen verbrauch der Flam m ­ öfen, der etw a 35 % des Einsatzes betragen soll, ich glaube jedoch, daß er w esentlich höher ist.

In den besichtigten Tempergießereien sind fast allgemein Flam m öfen, weniger Martinöfen vorhanden, die ebenfalls m it Kohle beheizt werden. In einer großen Gießerei, die ebenfalls Stahl- und Temperguß erzeugt, werden die m it Erdgas befeuerten Martin­

öfen abwechselnd für die H erstellung von Stald- und Temperguß benutzt. In den neueren Gießereien sind die Flam m öfen so gruppiert, daß die Abgase der jew eils in Betrieb befindlichen Oefen eine Dam pfkesselanlage durchstreichen; diese Kessel­

anlagen erzeugen genügend D äm pf für die Kraft- zentrale der Werke.

D ie T e m p e r ö f e n unterscheiden sich von den in Europa gebräuchlichen nicht sehr w esentlich;

beheizt werden sie, je nachdem der Bezug von K ohlen, Oel oder Gas vorteilhafter ist, m it einem von diesen Brennstoffen. In einigen Tempergießereien wird das Temperverfahren ohne jegliches Temper- m aterial vollzogen.

D ie Beheizung der M a r t i n ö f e n in den Stah l­

gießereien geschieht m it Generatorgas, Erdgas oder Oel. Von den Gaserzeugern scheint das System

„Morgan“ das verbreitetste zu sein. Hervorragend wirkt die Zahl und Größe der M artinöfen in ver­

schiedenen Stahlwerken; so sah ich in einem Stahl­

werk 28 Martinöfen zu 8 0 1 und 14 zu 1 0 0 1 Fassung, in einem anderen Stahlwerk befinden sich 64 von 35 bis 80 t Fassung. D ie Beschickung der Martinöfen wird, abgesehen von einigen Ausnahmen, fast überall m it Maschinen vorgenomm en. E s hat sich besonders der Amerikaner W e ll m a n um die Einführung der B e­

schickmaschinen große Verdienste erworben. Neben­

bei sei erwähnt, daß die H ebem agnete in Amerika auf fast allen größeren Werken vorhanden sind und als ein unentbehrliches H ilfsm ittel zur E ntladung der Masseln aus Eisenbahm vagen und zur W eiterbe­

förderung des E isens angesehen werden.

D ie e l e k t r i s c h e n S c h m e l z ö f e n scheinen in amerikanischen Gießereien sich nicht recht eiubür- gern zu wollen, und die Werke, die derartige Oefen besitzen, haben keine günstigen Ergebnisse m it der elektrischen Schmelzung erreicht, weil der in diesen Oefen erzeugte Stahl zu teuer wurde.

In den M e t a l l g i e ß e r e i e n wird zum Schmelzen des Metalles fast ausschließlich Oel verwendet;

jedenfalls bildet ein M etallschmelzofen m it einer anderen Feuerungsart eine Ausnahme.

D ie T r o c k e n k a m m e r n in den Gießereien unterscheiden sich von den hierzulande gebräuch­

lichen kaum ; geheizt werden sie m it Erdgas, Gene­

ratorgas, Oel oder Koks. E s war mir sehr interessant, zu erfahren, daß einige Werke die H eizung derTrocken- kammern m it Oel oder Gas teils als unzweckmäßig, teils als nicht wirtschaftlich gefunden und die Feue­

rung für Koksheizung um gebaut haben. Dieselbe Wahrnehmung machte ich auch bei einem Temper- gußfabrikanten, der die Oelfeuerung für Temper­

öfen nicht für wirtschaftlich hielt.

Dr. M o ld e n k e , der bekannte amerikanische Gicßereimann, erwähnte bei seinem am 18. Februar 1910 in Berlin gehaltenen Vortrag,* daß wir in Deutschland m it der A u f b e r e i t u n g des F o r m ­ s a n d e s uns wesentlich mehr beschäftigt hätten, als die Amerikaner, und ich muß gestehen, daß die .wenigen Formsandaufbereitungen, die ich in Amerika sah, nicht so vollkommen sind, w ie die Anlagen, die in einer großen Anzahl deutscher Gießereien vorhanden sind. Wenn auch in letzter Zeit die Ameri­

kaner sich mehr m it der Aufbereitung des Formsan­

des beschäftigen, um günstigere Erträgnisse und auch ein besseres Aussehen des Gusses zu erzielen, so wird doch noch eine gewisse Spanne Zeit vergehen, bis die Sandaufbereitungsanlagen in den amerikanischen Gießereien sich so eingebürgert haben, wie in Europa und vornehmlich in Deutschland.

Einige amerikanische Gießereien haben in rich­

tiger Erkenntnis des U m standes, daß die Leistungs­

fähigkeit von Formmaschinen w esentlich höher ist, wenn der Formsand selbsttätig den Formmaschinen zugeführt wird, Sandtransportanlagen geschaffen, die den Sand mechanisch in die Formkasten der Formmaschinen und nach erfolgtem Ausleeren der Form kasten wieder zur Aufbereitung fördern.

D ie m it diesen Einrichtungen versehenen Gieße­

reien gießen fast den ganzen Tag und erreichen L eistungen, die als sehr hohe angesehen werden müssen. E s wird bei diesen Einrichtungen immer eine gewisse Anzahl K asten m aschinell geformt, abgegossen und ausgeleert, der Sand wird durch

* St. u. E. 1910, 6. April, S. 593; 27. A pril, S. 715.

(9)

2 5 . A p r i l 1 9 1 2 . U ib e r a m e r ik a n is c h e G ieß e.reivcrh ä iln isse. Stahl und Eisen. 687

die selbsttätige Sandaufbereitungsählage in zweck­

entsprechender B eschaffenheit in die Füllrümpfe, die über den Form m aschinen vorhanden sind, ge­

schafft. Es ist hierdurch jeder Zeitverlust ver­

mieden und also gewissermaßen ein ununterbrochener Kreislauf gewährleistet.

Ueber amerikanische F o r m m a s c h i n e n ist in letzter Zeit sehr v iel geschrieben worden; da ich ann'ehme, daß Sie über die in Am erika gebräuchlichen Typen unterrichtet sind, so unterlasse ich eine nähere Beschreibung derselben.*

Die hydraulischen Form m aschinen sind nicht so verbreitet, w ie in D eutschland, aber die ameri­

kanischen Gießereien, die den Sand hydraulisch verdichten, erzielen große L eistungen. D ie einfache Durchzug-Handformmaschine ist w ohl die ver­

breitetste, und es ist auffallend, w as die Amerikaner alles m it diesen Maschinen formen. In D eutschland würde man sehr viele Stücke, die die Amerikaner auf Durchzugmaschinen formen, m it einfachen Abhebemaschinen herstellen; ich habe die Wahr­

nehmung gem acht, daß die amerikanischen Gießerei­

leiter sehr konservativ sind. H at sich ein solcher einmal für eine K onstruktion entschlossen, so be­

nutzt er in der R egel diese Maschine für alle m ög­

lichen Gußstücke, unbeküm m ert darum, ob eine andere Maschine besser ist. E s werden Ihnen die eigenartigen amerikanischen Handformmaschinen- Typen aus Abbildungen her bekannt sein, und es ist nicht zu leugnen, daß viele dieser Maschinen einfach und doch zweckmäßig sind, aber das ist sicher, die hohen Leistungen, die m it diesen Maschinen erzielt werden, sind zum größten Teil auf H andfertigkeit der Leute und nich t auf die M aschine selbst zurück­

zuführen.

In Amerika haben sich die m eisten Maschinen­

fabriken infolge des großen A bsatzgebietes speziali­

sieren können; es wird also größtenteils Massenfabri­

kation getrieben und zwar so um fangreich, daß Leute monate- und auch jahrelang stets die gleichen Stücke zu machen haben. D ie Akkordsätze werden demzufolge für eine längere Zeit vereinbart, und es ist naturgemäß, daß unter solchen Umständen in den Gießereien große Leistungen erzielt werden.

Man ist in D eutschland leicht geneigt, die hohen Leistungen in den Gießereien in der Hauptsache auf die Einrichtung zurückzuführen; wenn auch in der Regel die E inrichtungen zweckentsprechend sind, so darf m an aber n ich t außer acht lassen, daß in Amerika ein Formmaschinenarbeiter, um einigermaßen leben zu können, w esentlich ange­

strengter arbeiten m uß, als in Europa, und daß die hohen Leistungen, w ie bereits bemerkt, zum größten Teil auf die H andfertigkeit zurückzuführen sind.

Insofern haben es die m eisten amerikanischen Gieße­

reien besser als die europäischen, als erstere infolge des großen A bsatzgebietes in der Lage sind, sieh

* Vgl. St. u. E. 1910, 12. O kt., S. 1750, 30. Nov., ö- 1957; Z . d. V. d. I. 1912, 20. Jan ., S. 87, 3. Febr.,

175, 10. Febr., S. 212.

spezialisieren und je nach dem Sonderzweig ein ­ richten zu können. Im allgem einen sind jedoch unsere europäischen Einrichtungen und Form m aschi­

nen für Massenartikel denjenigen der A m erikaner zum m indesten ebenbürtig, teilweise sogar über­

legen, darüber dürfte in eingew eihten Kreisen kaum ein Zweifel bestehen.

Wie Sie aus der Literatur erfahren haben w erden, befaßten sich einige Amerikaner bereits vor einer Reihe von Jahren m it den R ü 11 e 1 f o rm m a s c h i n e n.

Diese Maschinen sind in den letzten Jahren und nam entlich in letzter Zeit so verbessert worden, daß sie als zweckentsprechend und vor allen D ingen als wirtschaftlich arbeitend bezeichnet werden müssen.

Die Amerikaner sind, sow eit ich es erm itteln konnte, die ersten gewesen, welche das Prinzip der R ü ttel­

formmaschine festgelegt und diese Maschinen gebaut haben. Einige Amerikaner haben m it einer großen A us­

dauer, unter Aufwand bedeutender K osten jahrelang daran gearbeitet, diese Maschinen so zu gestalten , daß sie allen Anforderungen genügen. Man h a t jedoch auch in Deutschland seit längerer Zeit sich m it der Frage der R üttelform m aschinen befaßt, und die konstruktive Ausbildung der deutschen R ü ttel­

formmaschinen m uß als sehr g u t bezeichnet werden, jedenfalls ist bei der deutschen Maschine darauf W ert gelegt worden, daß eine geringe B auliche der Maschine und hieraus sich ergebend eine einfache und billige Fundam entierung, ferner ein stoßloses Arbeiten bei einer großen Leistungsfähigkeit erreicht wird. In bezug auf billige Fundam entierung und stoßfreies Arbeiten ist die deutsche R üttelform ­ m aschine der amerikanischen überlegen, und die Leistungsfähigkeit ist zum m indesten der der am eri­

kanischen R üttelform m aschine gleich.

Es ist naturgem äß, daß eine Verdichtung des Form- stoffcs durch. R üttelung gleichm äßiger vor sich geht, als bei Handstam pfung, und die große Verbreitung, welche die R üttelform m aschine in Amerika gefunden hat, ist darauf zurückzuführen, daß sie die Ver­

dichtung des Sandes, besonders bei größeren Stücken und Kernen, w esentlich schneller und billiger bewirkt, als Handstam pfung, und daß m an v iel gleichm äßigere Stücke erhält. Vornehmlich die Handformer fordern in Amerika hohe Löhne, und viele amerikanische Gießereien würden sofort n ich t mehr konkurrenz­

fähig werden, wenn sie nich t durch die R üttelform - m aschinen in die Lage g esetzt wären, die H and­

formerei bzw. Handstam pfung zum großen Teil zu umgehen.

Auffallend viele H o 1 z f o r m k a s t e n , und zwar f ür alle möglichen Zwecke, findet man in amerikanischen Gießereien vor; in den Gießereien für Massenfabri­

kation wird in der Hauptsache m it hölzernen A b­

schlagform kasten gearbeitet. D ie Amerikaner haben auch im allgemeinen durchweg für jeden M aschinen­

former mehr P latz vorgesehen, als es in D eutsch­

land üblich ist, und das A ufeinandersetzen mehrerer Form kasten wird in Amerika nur vereinzelt vor­

genomm en.

(10)

088 Stahl und Eisen. O eb er a m e r ik a n is c h e G ie ß e r e iv trh ä lln iss c . 32. Jahrg. Nr. 17.

W as nun die amerikanischen G u ß p u t z e r e i e n betrifft, so m achte ich die W ahrnehm ung, daß diese durchschnittlich nicht so vollkom m en eingerichtet s in d , wie die Putzereien deutscher Gießereien.

Zweckentsprechende Sandstrahlgebläse usw. sieht man in den amerikanischen Gießereien nur ganz vereinzelt.

D ie Eigenschaften der amerikanischen G i e ß e r e i ­ r o h e i s e n werden Ihnen ja zur Genüge bekannt sein.

In jeder amerikanischen Gießerei is t das Bestreben vorwiegend, den Guß so w eich w ie m öglich zu er­

halten, dam it die Bearbeitung der Stücke so schnell als eben angängig bewirkt werden kann. Man ver­

langt drüben vornehm lich w eichen Guß, während m an in Deutschland W ert darauf legt, die Stücke aus zw eckentsprechendem M aterial zu erhalten.

Letzterer Standpunkt scheint mir doch der richtigere zu sein. N ebenbei sei noch bemerkt, daß ich in einer bedeutenden Gießerei in der Pittsburger Gegend eine gerade fertiggestellte Brikettpresse nach dem System R o n a y vorfand. D iese Brikettpresse ist die erste, w elche m eines W issens in Amerika für Gießereizwecke aufgestellt worden ist. D ie Herren R onay und Dr. Moldenke waren gerade im Begriffe, umfangreiche Versuche m it Brikettschm elzungen an­

zustellen. W ie ich nachträglich gehört habe, sollen die Versuche g u t ausgefallen sein.

E ine andere Art, die G u ß s p ä n e für den K upol­

ofenbetrieb zu verwenden, ist einem amerikanischen Gießereileiter patentiert worden und besteht darin, daß man die Späne durch ein dünnes, schm ied­

eisernes Rohr von zweckentsprechendem Durch­

messer dem Kupolofen zuführt. Das Zuführungs­

rohr, das aus einzelnen, lose in einander gesteckten Stücken besteht, wird, wenn der K upolofen mit Füll koks versehen ist und bevor letzterer angezündet wird, bis auf den Füllkoks geführt und alsdann m it Spänen gefüllt. H ierauf wird der Ofen w ie üblich bedient, und m it dem Schmelzen der Gichten schm ilzt ein Teil des Rohres m it den darin befindlichen Spänen. D am it nun eine N achfüllung des Rohres m it Gußspänen möglich ist, wird das Rohr, das naturgem äß m it dem Sinken der Gichten kürzer wird, durch lose A ufsatzstücke verlängert. D am it die Beschickung der Späne nicht m it der übrigen Kupolofenbeschickung zusam m entrifft, ist neben der Gichtöffnung eine zw eite Oeffnung angebracht, in der vor Beginn der Schm elzung das Rohr in den Ofen eingebracht wird, und die beim Betriebe des Ofens als Gichtöffnung für die Späne anzusehen ist. D ie obere Mündung des Rohres ist also stets frei und kann bequem beschickt werden.

D iese A rt der Späneverwendung ist jedoch nur in einer, allerdings großen amerikanischen Gießerei in Anwendung. N ach A ussage der W erksleitung hat sich das Verfahren gu t bewährt.

Ich m achte die W ahrnehmung, daß man in den Gießereien Nordamerikas nicht so allgemein nach w i s s e n s c h a f t l i c h e n G r u n d s ä t z e n arbeitet, wie

man es in E uropa und besonders in Deutschland gew ohnt ist. Wenn auch einige größere amerikanische Gießereien dem Kupolofenbetrieb eine größere A uf­

m erksamkeit widmen und die Gattierungen nach vorliegenden Analysen der R ohstoffe durch geschulte Chemiker vornehmen lassen, so wird doch die größte Zahl der amerikanischen Gießereien durch Leute geleitet, die wohl gute Praktiker, m it der einschlägigen W issenschaft aber n ich t so genügend vertraut sind, um für alle Erscheinungen die richtige Ursache fest­

stellen und entsprechende Vorkehrungen treffen zu können. E s sind allerdings Bestrebungen im Gange, die dahin zielen, den Gießereileitern die nötige w issenschaftliche Ausbildung zu teil werden zu lassen.

Besondere Verdienste um das gesam te Gießereiwesen Nordamerikas hat sich zweifellos Herr Dr. M o l- d e n k e , der ja auch vielen deutschen Gießereifach­

leuten bekannt ist, erworben.

Fasse ich nun meine ganzen, in amerikanischen Gießereien gesam m elten Beobachtungen zusammen, so komme ich zu dem Ergebnis, daß wir in D eutsch­

land auf dem Gebiete des Gießereiwesens den Ameri­

kanern nicht nachstehen. Es wird vielfach behauptet, der Erfolg der amerikanischen Gießereien sei auf die vorzügliche Organisation des Verkaufswesens und der Betriebe, weiterhin auf die Einrichtung derselben zurückzuführen; ich neige jedoch der A nsicht zu, daß die Erfolge nicht vorhanden wären, wenn die Amerikaner nicht ein solch großes Absatzgebiet hätten.

Herr Dr. Moldenke erwähnte gelegentlich seines in Berlin gehaltenen Vortrages, in Amerika hätten sie das Glück, zum Teil sogenannte „schlafende K unden“ zu besitzen, die nicht w üßten, daß sieh die Gießereien technisch entw ickeln, und ruhig ihre hohen Preise weiterzahlen, anderseits führte auch er den Erfolg der amerikanischen Gießereien auf deren Organisation zurück. In D eutschland haben wir leider keine schlafenden Kunden. Jeder Käufer hat, und wenn es sich auch um eine noch so kleine Menge handelt, das B estreben, so billig wie nur möglich zu kaufen, und wenn trotzdem unsere Gießereien blühen, so ist das sicher ein Beweis dafür, daß wir infolge unserer Einrichtungen billig arbeiten können und auch hinsichtlich der Organi­

sation den Amerikanern nicht nachstehen.

Anerkennenswert ist es, daß die Amerikaner mit der größten Liebenswürdigkeit fremden Besuchern ihre Betriebe zeigen. M it der größten Bereitwillig­

keit gibt der Amerikaner A uskunft, sow eit er sie zu geben vermag. Der Amerikaner ist kein Ge­

heimniskrämer; eins versteht er aber besser als wir, das ist das Reklamewesen, und in dieser Beziehung sind uns die Amerikaner voraus.

Ich gab Ihnen in kurzen Zügen ein B ild der amerikanischen Gießereiverhältnisse. Sollten Sie über irgendeinen Punkt nähere A uskunft wünschen, so bitte ich Sie, entsprechende Fragen zu stellen, die ich gerne beantw orten werde.

(11)

25. April 1912. N e u e r u n g e n a n B o n v illa i n s c h z n F o r m m a s c h in e n . Stahl und Eisen. 089

An den V o rtrag schloß sich eine B esprechung a n , die wir im W o rtla u t n ach steh en d bringen:

Ziviling. 0 . L c y d e (B erlin): W ie es in den W ald h inein­

schallt, so schallt cs a u ch zu rü ck . M it H e rrn H um per- dinck tra f in A m erika H e rr B etriebsingenieur P l o u g e r von H. E. E c k e rt in B erlin-L ichtenberg zusam m en;

auf ihren W unsch h a tte ich d e n beiden H e rren E m pfeh­

lungen an H e rrn H r. M o ld e n k o m itgegeben. J e tz t d a n k t m ir m ein F re u n d M oldenke, d aß ich ihn m it so tüchtigen L eu ten („splendid good fellows“ ) b ek an n t gem acht habe, die d o rt ü b erall den gleichen E indruck hinterließen. H e rr Dr. M oldenke w iederholt, daß er meinen F reunden g ern d o rt fernerhin helfen wolle.

®r.*3ng. W c d e m e y e r (D uisburg-M eiderich): W ir haben einige S andproben gem ach t, von H a n d gestam p ft, gepreßt und g e rü tte lt. Sie sehen in den Abb. 1 bis 6 (Tafel 17) bei etw a fünfzigfacher V ergrößerung, daß Sand, der g e rü tte lt is t, sieh zackig ineinander hinein- gedrängt h a t, w ährend dies bei d e r P ressung n ich t der Fall ist. Sie sehen die einzelnen K ö rn er aufeinander s t a tt ineinander gepreßt.

B etriebsdirektor M e h r t o n s (C harlottenburg): In den interessanten A usführungen des H e rrn V ortragenden vermisse ich betreffs d e r K u p o l o f e n f r a g e noch einige Angaben über die A bm essungen der in A m erika sehr be­

liebten großen Oefen. Ic h m öchte H e rrn H um pordinck bitten, über die D urchm esser dieser Oefen noch einige Angaben zu m achen. N ach M itteilungen, die ich von betreffender Seite au s A m erika erh ielt, ergaben die großen Querschnitte der K upolöfen gegenüber unseren kleinen Oefen eine bed eu ten d u n günstigere Schmelzung. D er Gebläsewind k a n n bei dem großen O fenquerschnitt n ich t durch das ganze K o k s b e tt dringen, d a d u rch b ildet sich, begünstigt von schw achem W inddruck, aufsteigend von dem Boden des Ofens aus, in der M itte aus dem nieder­

fallenden K oks ein K egel, der n ic h t fo rtb ren n t. Die Höhe dieses Kegels is t noch n ich t festgestcllt worden, man kann ab er leich t verstehen, daß die d urch den Kegel gebildete ringförm ige Schm elzzone einen erh eb ­ lichen Einfluß auf die m eh r oder weniger schnelle Schmelzung a u sü b t u n d eine intensive V erbrennung herbeiführt.

Das von dem H e rrn V o rtrag en d en e rw ähnte P r i n c o - V o r f a h r e n zur d irek ten V erw endung von Eisenspänen im Kupolofen w urde meines W issens auch in E ngland erprobt, ohne jedoch E in fü h ru n g zu finden. In letzter Zeit sind d o rt aber V ersuche m it G u ßspänebriketts ge­

m acht worden, die sehr günstige R e su lta te ergaben. Ich selbst habe im A ufträge d er H o ch d ru ck b rik ettieru n g , Ges. m. b. H . in B erlin, d erartig e Schm elzversuchc in den Gießereien d er F irm a P l a tt Bros, in Oldham bei M an­

chester g eleitet; die Erfolge dieser B rikettschm elzungen w aren sehr zufriedenstellend.

Ing. H u m p e r d i n c k : D ie A m erikaner scheinen bei ihren K upolöfen zu große D urchm esser im V erh ältn is zur H öhe zu haben. Jed en falls sind die Abm essungen, wie sic in A m erika üblich sind, in D eu tsch lan d n ic h t gang u n d gäbe. Mir scheint das ein F ehler zu sein. Ic h glaube, daß viele am erikanische Gießereien m it dem K upolofen n ich t so günstig arb eiten wie wir.

Z iviling. 0 . L e y d e (B erlin): Bei den A ngaben ü b er ungewöhnliche W eiten m ancher K upolöfen in A m erika verm ißte ich positive Maße. D a m an bei uns se h r selten Oefen von 1% ni D urchm esser fin d et, die u n s hier sehr groß erscheinen, fehlen die bezgl. d o rtig en M aße zum V er­

stän d n is jen er V erhältnisse. D a w ird es von In teresse sein, wenn ich aus m einen E rinnerungen m itteilen k an n , daß ich öfters Oefen von 2 m D urchm esser fan d , einm al sogar einen Ofen von 3 m Durchm esser. Bei der Beschickung des letzteren sah ich ein kleines D re h b a n k b e tt von etw a l 1/ ; m L änge als B rucheisen unzerschlagen aufgeben.

Vorsitzender D irek to r S o r g e (M agdeburg): D as W ort wird nich t w eiter gew ünscht. Sie haben durch Ih ren Beifall gezeigt , wie in teressan t Ihnen der V o rtrag war. A uch d iejen i­

gen u n te r uns, die im Anfang der Periode der A m erikareisen vor etw a 25 bis 30 J a h re n d rü b en gewesen sind u n d seitdem n ich t m ehr, w erden m anches In te re ssa n te g e h ö rt, in s­

besondere gefunden haben, daß m an in der am e rik a ­ nischen E isenindustrie anscheinend h eu te noch auf die P u n k te , auf welche m an dam als besonderen W e rt legte, das H au p tau g en m erk zu richten pflegt.. Die B evorzugung der Q u a n titä t gegenüber der Q u alität, die M assenfabri­

k a tio n von S pezialitäten, die vorzügliche A usbildung der T ran sp o rtm ittel usw. scheinen noch im m er wuchtige F a k ­ to ren zu sein. W ir sind in dieser Z eit sehr stolz gew orden.

Soviel Anregungen als w ir dam als von A m erika g lau b ten zu bedürfen, brauchen w ir h eu te n ich t m ehr, denn wir haben u ns in der Zw ischenzeit aus eigener K r a f t eine hervorragende Stellung in der W elt der T echnik erw orben.

Es w ürde aber falsch sein, w enn w ir m it R ü ck sich t a u f den berechtigten Stolz auf eigene L eistung n ich t auch w eiter A nregungen aufnehm en w ollten, die u ns au s den In d u strien an d erer L än d er g eb rac h t werden. U eber eigenem Schaffen n ich t die L eistungen a n d ere r vergessen, sondern aus letzteren zu lernen, is t eine G rundbedingung fü r technischen F o rtsc h ritt, u n d w enn intelligente, scharf beobachtende Fachgenossen die R e su lta te erfolgreicher S tudienreisen uns in lichtvollen V orträgen, wie in dem eben G ehörten, m itteilen, so ist dies im Interesse unseres Gießereiwesens au ß ero rd en tlich zu begrüßen. Ic h spreche den D ank, den Sic bereits durch Ih re n Beifall bezeugt haben, dem H e rrn V ortrag en d en h ierm it noch offiziell a u s.

N e u e r u n g e n an B o n v illain sch en F o r m m a s c h in e n .*

Von S)ipl.«3n9- U . L o h s e ' in S tettin . I n den letzten Jahren haben sich die Form-

*■ inaschinen der S o c i é t é a n o n y m e d e s é t a ­ b li s s e m e n t s Ph. B o n v i l l a i n & E . K o n c e r a y , P a r is ,* * auch in deutschen Gießereien mehr und mehr eingeführt. Bereits im Jahre 1906 f wurde an dieser Stelle ausführlich über die verschiedenen Bauarten dieser Firm a, ihre W irkungsweise und das eigenartige M odellplattenherstellungsverfahren be­

* V ortrag , g e h alten a u f der 17. V ersam m lung d e u t­

scher G ießereifachleutc am 23. März 1912 zu D üsseldorf.

** L izenznehm erin für D e utschland u n d O esterreich- Ungarn ist die G ießercim asohincnfabrik L e n t z &

Z i m m e r m a n n , G. m. b. H. in D üsseldorf-R ath.

t St. u .E . 1906, 1. A ug., S. 939, 15. Aug., S. 1006.

X V II.,.

richtet, so daß die allgem eine K enntnis der B on vil­

lainschen Maschinen in Fachkreisen w ohl voraus­

gesetzt werden kann. D ie Grundform, deren Prinzip bei allen Typen der französischen Firm a zur A n­

wendung gelangt und ihnen ihr eigenartiges Gepräge verleiht, ist in Abb. 1 wiedergegeben.

Der zylindrische Unterbau a bildet einen aus rostartig eingelegten Stäben bestehenden runden Form tisch zur A ufnahm e von M odellplatten und Form kasten und trägt unten einen durch W asser­

druck betätigten Zylinder b, dessen K olben in die A bhebeplatte c endigt. Durch vier je nach der K astengröße in gegenseitiger Entfernung und Höhe einstellbare Abhebesäulchen d wird die fertig ge-

88

(12)

690 Stahl und Eisen. N e u e r u n g e n a n B o n v iü a in s c h e n F o r m m a s c h in e n . 32. Jahrg. Nr. 17.

Steuerung c/er Presse

Steuerung | ‘- e A dès di/teiezr/Z/naers

, M esser zu- Jp/uss

W Æ Æ M m m m Æ m m

-* 7SÛ--- ^ ZPusseraipZus^ ^P esserzup/uss

preßte Form der Eigenart der Modelle entsprechend entweder nach dem A bhebestiftverfahren oder bei A nwendung der bekannten Abstreifkämme nach dem Durchzugverfahren von der M odellplatte ge­

trennt. D ie K olbenplatte c nim m t gleichzeitig die Kerndrücker auf, senkrechte Säulchen, die beim H ochgehen des Kolbens die gleichzeitig m it der ändern Form gepreßten senkrechten Kerne zunächst von

A bbildung 1.

Bonvillainsche U niversal-F orm m aschine.

unten vorpressen und dann ausdrücken. Die M utter e d ien t zum E instellen der Kernpressung. An einem kräftigen P utzen des Form tisches ist eine senkrechte Hohlsäule f m ontiert, um die sich auf Kugellagern die ausschwenkbare Preßtraverse g dreht. Sie trägt die eigentliche Wasserdruck-Formpresse h m it R ückzugzylinder i, Preßkolben k und entsprechend der wechselnden Form kastenhöhe einstellbarer Preß- p latte 1. Um Biegungsbeanspruchungen der Säule zu verm eiden, wird die Traverse beim Pressen m it dem Formtisch durch einen H aken in verbunden,

während beim Sandauffüllen und Forniabnehmen durch das Zurscitcdrehen des Preßhauptes der Formtisch freigelegt werden kann.

Um den Wünschen zahlreicher deutscher Ab­

nehmer gerecht zu werden, die gerne die Vorteile der beschriebenen Maschine ausnutzen m öchten, dabei aber m it ihrem vorhandenen kostspieligen M odellplattenlager rechnen m üssen, oder aus be­

sonderen Gründen lieber m it int Inlande verbreiteten gew öhn­

lichen W endeplatten arbeiten, h at die deutsche Lizenznehmerin die in Abb. 2 a u n d b wieder­

gegebene Zusatzeinrichtung ge­

schaffen.

Eine gewöhnliche doppelseitige W endeplatte a ist auf den beiden seitlichen Säulen b drehbar ge­

lagert. D ie Handräder c dienen zum F eststellen von a in w age­

rechter Lage. In ihrem unteren Teile besitzen diese Säulen An­

sätze d, an welche die P latte e des Abhebekolbens beim Hoch­

gehen anstößt. Dadurch werden die Seitensäulen b, die bei f in langen Führungen stecken, angc- hobeh. D ie letzteren sind in das Fundam ent hinein verlängert (in den Abbildungen nich t gezeich­

net), um ein m öglichst gleich­

mäßiges Anheben bei geringem Verschleiß zu sichern.

D ie Z usatzteile können m it L eichtigkeit an- und abmontiert werden, so daß man je nach B e­

darf oder W unsch m it den be­

kannten Bonvillainschen Modell­

platten oder m it gewöhnlichen W endeplatten arbeiten kann. D er Form vorgang ist im zw eiten F all folgender: Zunächst wird ein Formkasten auf der W endeplattea, befestigt, darauf die W endeplatte gedreht, der zw eite Kasten auf­

g esetzt und m it Sand gefüllt..

Nunmehr senkt m an die P la tte , so daß der unten hängende Kasten auf dem Form tisch g auf­

liegt, und preßt den oberen Kasten (vgl. Abb. 2 a)..

N ach Anheben und Wenden wird der andere Kasten ebenfalls gepreßt. Man löst jetzt die Verbindung zwischen dem auf dem Form tisch stehenden Kasten und hebt die W endeplatte an, indem man D ruck- w asser unter den A bhebckolben treten läßt, wodurch die Modelle aus dem Sande gehen und die im rechten Bilde erkennbare Stellung der Teile zuein­

ander erfolgt. N ach Fortsetzen des fertigen Kastens h wird wieder gew endet, ein neuer K asten befestigt, m it Sand gefüllt, gepreßt usw.

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