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Bank-Archiv. Zeitschrift für Bank- und Börsenwesen, 1910.07.01 nr 19

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für Bank- und Börsenwesen.

Herausgegeben von Geh. Jüstizrat P ro l. D f . R x e s s c r » B e rlin , unter M itw irkung von:

Bankdirektor Geh. Justizrat D.r. A. Braun, Berlin; Geh. Regierungsrat Professor Dr. Gustav Cohn, Göttingen; Ludwig Delbrück,M .d.H., B e rlin ; Handelskammersyndikus Geh. Justizrat Heinrich Dove, M. d. R , Berlin; W irkl. Legationsrat Professor Dr.

Helfferich, Berlin; W irkl.G eh.R atD r. Franz Klein, Justizministera.D..W ien; W irkt. Geh.

Rat Dr. R. Kooh, vorm. Präsident des Reichsbank-Direktoriums, B e rlin ; Professor Dr. lulius Landeeberger, Wien; Geh. Oberregierungsrat Professor Dr. Lexis, Göttingen;

Geh. Oberfinanzrat Dr. von Lumm, M itglied des Reichsbank-Direktoriums, Berlin;

Reichsgerichtsrat Dr. Neukamp, Leipzig; Staatsminister a. D. ihr. Roohussen, .Haag;

Staatsminister a. D. Professor Dr. Soharling, Kopenhagen; Max Sohinokel, Hamburg;

Dr. Ernst Sohuster, barrister-at-law, London; Professor Dr. Heinrloh Waentlg, lokyo .

Verantwortlicher Redakteur: ______ ______

. - Rechtsanwalt M a x W i t t n e r , Geschäftsführer des Centralverbands O des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes, Berlin NW 7, Dorotheenstr. 3.

Verlag von J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung, G. m. b. H., Berlin W 35, Ltttzowstrasse 107/108.

/A,

M a n u skrip te sind an die R e d a ktio n (B e r lin N W , D orotheenstr. 3, I I ) ein­

zusenden.

In s e ra te : vierg espa ltene P e titz e iie 40 P f.

A n fra g e n u. A u fträ g e be­

liebe man g e fä llig s t an die G eschäftsstelle des B la t­

tes, B e rlin W 35, L ü tz o w -

•trasse 107/8 zu ric h te n .

E rs c h e in t am 1. und 16.

jedes Monats.

P r e i s 15 M . fü r d e nJahr- gang von 24 H eften.

Z u beziehen d u rc h a lle B u ch h a n d lu n g e n u n d die

V erlagshandlung.

IX . Ja h rg a n g . B e rlin , 1. J u li 1910. N um m er 19.

Inhalts-Verzeichnis.

Die Rheinschiffahrtsabgaben und das Völkerrecht.

Von Geh. und Oberbergrat Professor Dr. A d o lf A r n d t , Königsberg i. Pr.

Die Errichtung einer Reichsabrechnungsstelle.

Ein Vorschlag von Dr. S ie g f r ie d B u f f , München.

Z u r Geschichte der Handlungsbücher in Deutschland. II.

Von H ofrat Prof. Dr. A. L u s c h in vo n E b e n g re u th , Graz.

Bücherbesprechungen.

Gerichtliche Entscheidungen.

Niederlassung deutscher Firmen in den Vereinigten Staaten von Amerika.

Von Rechtsanwalt Dr. P a u l M arcu.se, Berlin.

D ie R h e in s c h iffa h rts a b g a b e n u n d das V ö lk e rre c h t.

Von Geh. u.Öberbergrat Professor Dr. Adolf Arndt, Königsberg i. Pr.

Die Schiffahrtsabgaben dürften für das gesamte Wirtschaftsleben, auch für die Leser des Bank-Archivs, Interesse haben. Sie bedeuten zunächst eine Erschwerung des Verkehrs und der Wareneinfuhr, sie verringern den sog. Aktionsradius der Schiffahrt. Dienen sie jedoch lediglich zur teilweisen Deckung von Stromverbesserungen, die sonst unterbleiben müssten, so können sie gerade die umgekehrte Bedeutung gewinnen. Auch kann es infolge solcher Abgaben eintreten, dass Handels- und Bankplätze, z B. Mannheim, ihre Stelle ganz oder teilweise an andere (Strassburg, Basel, Heilbronn u. a.) abgehen, dass die badischen und königlich sächsischen Staatsbahnen einen grossen Teil des Verkehrs au die Schiffahrt abgeben und in ihren Erträgen zurückgehen usw.

Durch den ßundesratsbeschluss vom 2. Februar u. J.

ist die Schiffahrtsabgabenfrage in ein anderes Stadium getreten. Der Beschluss ist mit eiuer so grossen Mehr­

heit (46 : 12 Stimmen) gefasst, dass er genügen würde, selbst wenn — was streitig — eine Aenderung der Reichs­

verfassung vorliegen würde. An der Zustimmung des Reichstags, dessen einfache Mehrheit in jedem Falle ge­

nügt ist nicht zu zweifeln. Der Bundesratsbeschluss interpretiert bzw. der vom Bundesrat beschlossene und dem Reichstage nunmehr vorgelegte Gesetz­

entwurf interpretiert die Vorschrift in Art. 54 der Reichsverfassung, wonach auf natürlichen Wasserstrassen Abgaben nur für die Benutzung besonderer Anstalten erhoben werden dürfen, nicht entsprechend der ursprüng­

lichen Ansicht der preussischen Staatsregierung dahin, dass a lle von Menschenhand am Stromlaufe _ vorge­

nommenen Arbeiten abgabefähig seien, auch nicht mit L a b a n d , 0. M a y e r, P ilo t y , N e tte r (Vorsteheramt der Berliner Kaufmannschaft) u. a. dahin, dass Abgaben nur von solchen Anstalten zulässig seien, welche eine vom Stromlauf absonderbare Existenz führen, wie WageD, Krane, Werfthallen, allenfalls Schleusen, nicht aber von noch so umfangreichen Regulierungen, Coupierungen, Vertiefungen, Talsperren usw. Die Interpretation „lehnt sich“ an die vom Unterzeichneten gegebene Auslegung au, wonach besondere Anstalten den Gegensatz zu der (nicht abgabefähigen) re g e lm ä s s ig e n In s ta n d h a ltu n g und V e r b e s s e r u n g bilden und das Erfordernis des Besondern nicht an das räumlich Absonderbare, sondern an das aussergewöhnlich Kostspielige und Wirksame, an das die regelmässige Instandhaltung wesentlich an Kosten und Nutzen Uebersteigende geknüpft wird. Abgabefatng sollen demgemäss nach dem vom Buudesrat angenommenen Gesetzentwurf solche Werke, Einrichtungen und sonstigen Anstalten sein, welche den Verkehr wesentlich erleichtern (ohne Rücksicht darauf, ob dies durch vom Stromlauf absonderbare Anstalten oder nicht, ob durci ein Sjstem von Schleusen oder durch Regulierungen und dergleichen geschieht) wie sicher, der Reichstag sich dem auch anschliesst, so sind damit doch nur die innerstaatlichen Bedenken und Hindernisse gehoben. Offen bleibt, und zwar gerade für die beiden leistungsfähigsten und be­

deutendsten Ströme, den Rhein und die Elbe, noch die

Frage, ob mit Rücksicht auf internationale Verträge und das

Völkerrecht das Ausland sich der Einführung von Schiff-

fahrtsabgabeu widersetzen kann. Es scheint sehr stark

(2)

so, als ob die interessierten Staaten, vor allem die Niederlande und Oesterreich, energisch Einspruch erheben werden. Die Niederlande haben sich bereits im Jahre 1904 in diesem Sinne vernehmen lassen. Oesterreich und die Elbe wollen w ir vorerst beiseite lassen.

Wichtiger ist der Rhein, an dem und an dessen Neben­

flüssen grossartige Korrektionen geplant sind, die nur unter der Voraussetzung der Abgabenfähigkeit erfolgen können. Man w ill den Rhein bis Strassburg, von da bis Basel, von da bis zum Bodensee schiffbar machen, der­

gestalt, dass Bregenz in Vorarlberg für Westösterreich werden soll, was Triest im Süden ist. Der Main soll bis Aschaffenburg, der Neckar bis Heilbronn und Kann- stadt eine fahrbare Schiffahrtsstrasse werden, so dass Bayern und Württemberg dem Rheinhandel und der Rheinschiffahrt erschlossen werden. Dies hat u. a. Prinz Ludwig von Bayern ausgeführt.

Was sagen die Niederlande dazu?

Man sollte meinen, dass Rotterdam, dessen Verkehr in etwa 20 Jahren von noch nicht 2 auf Uber 14 Millionen Tonnen gestiegen ist, sich freuen sollte, aber nein. In der zweiten Niederländischen Kammer hat man am 12. Dezember 1904 die Rheinschiffahrtsabgaben bekämpft als ein „Ueberbleibsel aus der Zeit der Raubritter, nicht nur verderblich für Handel und Schiffahrt sondern gleich­

zeitig ein zum Himmel schreiendes Unrecht, eine Zoll­

erhebung in Streit mit den Geiste der Traktate“ . Merk­

würdig ist, dass man dabei auf die Wiener Kongress­

akte Bezug nimmt, trotzdem die Niederlande im Gegen­

sätze zu dieser die Schelde bis 1839 gesperrt hielten (Antwerpen zugunsten von Rotterdam) und die Schiffahrt auf dieser erst 1839 nur gegen eine Abfindung von etwa 40 Millionen Francs freigaben!

„Das Verhältnis der Niederlande zur deutschen Schiffahrtsabgabenpolitik“ wird daher namentlich am Rhein viel erörtert. Es handelt sich, wie in der Schweiz gesagt ist, dabei um eine Weltwirtschaftsfrage ersten Ranges. Deshalb ist dieses Verhältnis zum Gegenstände einer im Aufträge der Handelskammer zu Köln von deren Syndikus Professor Dr. A. W i r m i n g h a u s verfassten Abhandlung gemacht, die namentlich die einschlägigen wirtschaftlichen Fragen einer Prüfung unter dem (abgaben­

freundlichen) Gesichtspunkte unterzieht, „dass es gelingen möge, die Niederlande in deren Interesse und dem der Rheinschiffahrt zu einer Verständigung mit dem Deutschen Reiche auf dem Boden gemeinsamer Verkehrsinteressen zu bewegen“ . Die Rechtsfrage ist gleichfalls behandelt, indes zu kurz gekommen. Der Verfasser schliesst sich einerseits den bekannten Petersschen Auslegungen an, andererseits nimmt er aber an, dass die Rheinschiff­

fahrtsakte von 1868, solange sie besteht, und sie ist unkündbar, jeder Schiffahrtsabgabenerhebung in Wege steht.

Ob dies der Fall, und wie sich das Völkerrecht überhaupt zu dieser Frage stellt, soll im nachstehenden kurz geprüft werden, wobei ich Bezug nehme auf meine ausführliche Abhandlung in der Kohlerschen Zeitung für Völkerrecht und Bundesstaatsrecht 1910 S. 208.

Zunächst muss konstatiert werden, dass völkerrecht­

liche Verträge zu halten sind, also weder gebrochen, noch, wenn sie unkündbar, gekündigt werden können, gleichviel ob es sich dabei um politische oder um w irt­

schaftliche Dinge (z. B. Meistbegünstigungsklausel des Frankfurter Friedens von 1871) handeln mag. Was aber besagt die von den Rheinuferstaaten abgeschlossene revidierte Rheinschiffahrtsakte vom 17. Oktober 1868 (Preuss. GS. 1869 S. 798) Art. 3? „A u f dem Rheine — darf eine Abgabe, w e l ch e sich l e d i g l i c h a u f die Tat sache d e r B e s c h i f f u n g s t ü t z t (basö uniquement sur le fait de la navigation), weder von den Schiffen

oder deren Ladung, noch von den Flössen erhoben werden.“

Es handelt sich also zunächst um die Auslegung der Worte „base uniquement sur le fait de la navigation“ . Preussen, das damals sehr freihändlerisch war, wollte diese gestrichen haben, Frankreich hielt sie aufrecht. Die Worte fanden sich schon früher, u. a. in Art. 15 des Pariser Friedens vertrag es vom 30. März 1856 (Preuss.

GS. 1857 S. 537) und sie kommen vor in Art. 14 der Kongo-Schiffahrtsakte und in der Niger-Schiffahrts­

akte von 1885 (ReichsgesBl. S. 215). Auf der in Berlin unter Vorsitz des Fürsten B i s m a r c k stattgefundenen, am 15. November 1884 eröffneten Kongokonferenz sind die Fragen des internationalen Schiffahrtsrechts erörtert und in der Kongo-Schiffahrts- und in der Niger-Schiffahrts- akte festgelegt worden „als künftig einen Bestandteil des internationalen Rechts bildend“ ; nämlich dahin, dass blosse Befahrungsabgaben, Abgaben ohne der Schiffahrt geleistete besondere Dienste (basés uniquements sur le fait de la navigation) unstatthaft, dagegen als G eg enl ei s t un g f ü r besondere der S c h i f f a h r t g e l e i s t e t e D i e ns t e n i c ht ausgeschl ossen sein sollen. Die Verhandlun­

gen liefern zugleich die denkbar authentischste Inter­

pretation der Wiener Kongressakte, die Fürst B i s m a r c k unter a l l s e i t i g e r und a u s d r ü c k l i c h e r Zustimmung a l l e r Konferenzmächte mit folgenden Worten gab (Staats­

archiv Bd. 45 S. 51):

„Le Congrès de Vienne, en proclamant la liberté de la navigation sur les fleuves qui parcourent le territoire de plusieurs états, a voulu empêcher la séquestration des avantages intérens à un cours d’eau.

Le principe a passé dans le droit public, en Europe et en Amérique.“

Dieses aus Art. 108 bis 116 der Wiener Kongress­

akte, Art. 15, 16 und 19 des Pariser Friedens von 1856 und der Donau-Schiffahrtsakte von 1857 gebildete „p rin ­ cipe fondamental“ gibt B i s m a r c k dahin an: „d ’assurer pleine et entière liberté de navigation à tous les pavillons et la f r a n c h i se de tous aut res t axes que cel l es prél evées dans un but de r é t r i b u t i o n pou r des t r a ­ v a u x nécessités p a r les besoins de l a n a v i g a t i o n même “ .

In der Zustimmungserklärung zur Berufung der Konferenz definierte die französische Regierung ihren Be­

griff von der liberté du commerce als libre accès pour tous les pavillons, l ’interdiction de tout monopole ou traitement différentiel, fügte aber hinzu: „mais nous a dm et t ons l ’ é t a b li ss e me nt de taxes qui p o u r r o n t être perçues comme c o mpensati ons de dépenses uti les pou r le comme rc e “ .

In dem Berichte der von der Konferenz eingesetzten Kommission (Staatsarchiv Bd. 45 S. 118) heisst es: „tout péage fluvial fut interdit (im Pariser Frieden, der die Worte basé uniquement sur le fait de la navigation hat) à moins q*u’ i l n ’ eût le c a r a c t è r e d ’ une c o nt r e p re - s t a t i o n “ . Demgemäss empfiehlt die Kommission trotz der Wendung basé uniquement sur le fait de la navigation Taxen, aber nur solche, die „strictement compensateurs“ . Ebenso w ill Grossbritannien (Staatsarchiv Bd. 45 S. 151) zulassen: „des taxes ou droits qui auront le caractère de rétributions pour services rendus à la navigation même“ . Im Bericht des englischen Botschafters an das Foreign Office (das. S. 243) heisst es: ,,no tolls or duties being exacted, based on the sole fact of navigation, except such as may be n ec essar y to p r o v i d e f o r p a y m e n t f or servi ces render ed to n a v i g a t i o n . “ Sonach ver­

bieten die Kongo- wie die Niger-Schiffahrtsakte Abgaben,

die sich einzig auf die Tatsache der Befahrung stützen,

wohl aber lassen sie u. a. Gebühren zur Bestreitung

der technischen und Verwaltungsausgaben zu, die im all-

(3)

gemeinem Interesse der Schiffahrt gemacht sind, ein­

schliesslich der Gebühren für Leuchttürme, Leuchtfeuer und Baken.

Ebenso klar sind Inhalt und Absicht des Pariser Briedens von 1856 Art. 15: die Schiffahrtauf der Donau kann keiner Beschränkung oder Abgabe unterworfen werden, „die sich einzig und allein auf die Tatsache der Beschiffung des Flusses (Donau) stützt (basé uniquement sur le fait de la navigation)“ . „Dans le but“ fährt Art. 16 fort, „de réaliser les dispositions“ des vorher­

gehenden Artikels wird eine (internationale) Kommission mit der Bezeichnung und Ausführung der Arbeiten be­

auftragt, die notwendig sind, um die Mündung der Donau von dem die Passage hindernden Sand und anderen Hindernissen zu befreien. ,,Um die Kosten dieser A r ­ bei ten und der die S i c h e r h e i t und E r l e i c h t e r u n g d er S c h i f f a h r t an den Do nau mü n d u n ge n be­

z w e ck end en Et ab l is s e me n ts zu decken, sol l en

— A b g a b e n erhoben wer den. “ Demgemäss hat die Kommission Abgaben für die Erbauung zweier Dämme an der Sulinamündung, für Korrektions- nnd Baggerungs­

arbeiten, Entfernung von Wrackstücken, Erbauung eines Leuchtturmes, eines Marinehospitals usw., also für An­

stalten, die die donaubefahrenden Schiffe benutzen, ohne dass sie vom Stromlauf abgesondert werden, also indem sie und trotzdem sie nur ruhig weiterfahren. Ebenso hat Ungarn und zwar einseitig und unter Begünstigung der ungarischen Schiffahrt für die Regulierung der Donau beim Eisernen Tor Schiffahrtsabgaben ein- und durch­

geführt, obwohl auch hier keine vom Stromlauf absonder­

baren Anstalten benutzt werden.

Es steht also nicht im Widerspruch zu dem Satze, dass Abgaben „basés u n i q u e m e n t sur le fait de la navigation“ unstatthaft sind, sondern wird im Pariser Frieden als dessen Realisierung bezeichnet, wenn Ab­

gaben auf die Korrektion der Donau gelegt werden. Der Art. 3 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte steht also ebensowenig wie Art. 15 des Pariser Friedens den Abgaben für wesentliche Stromkorrektionen entgegen. Wichtiger ist schon Art. 28 der Rheinschiffahrtsakte, wonach die Rheinuferstaaten „comme pour le passé“ (aber eben doch nicht weiter) die Fahrbahn en bon état zu setzen und zu halten haben — und zwar, wie anzunehmen, ohne dafür Abgaben erheben zu dürfen. Wie ist es aber, wenn sie Uber das comme pour le passé, Uber die r e g e l ­ mässige Instandsetzung und Verbesserung, hinausgehenV Man kann sagen, dies brauchen sie nicht, sie sind dazu berechtigt wenn sie es aber tun, so ist es geschenkt.

In Betracht kommt hierbei das Schlussprotokoll zu Art. 3:

11 a été reconnu à l ’unamité que les stipulations du ï eI alinea de cet article ne s’appliquent pas aux rétribu­

tions ni aux droits à percevoir pour l ’usage des voies navigables artificielles ou de t r a v a u x d art, tels q u ’ éc l us es “ . Also für Schleusen sind Abgaben zulässig, also auch, wenn man Oberrhein, Lahn, Neckar, Main durch ein Schleusensystem schiffbar macht. Danach sollte man meinen, dass dies erst recht statthaft ist, wenn man das Schleusensystem durch ein über dieses System durch Kosten und Nutzen hinausgehendes, es wirtschaftlich verbesserndes System ersetzt! Und diese Meinung ist richtig. Die Worte „travaux d’art“ finden sich u. a. in Art. 23 du traité de commerce et de navi­

gation entre les États de l ’Association de douanes et de commerce allemande et les Pays-Bas du 31 déc. 1851 (Preuss. GS. 1852, S. 116) und sind im deutschen Texte mit „künstliche Arbeiten“ wiedergegeben. Die Worte finden sich ferner in Art. 4 der Donauschitfahrtsakte von 1865 und bezeichnen dort die Korrektionsarbeiten an der Sulinamündung und werden im deutschen 1 ext mit .„Korrektionen“ wiedergegeben; sie haben zum Gegen­

stande ebenso wie diese Worte im Vertrage m it Holland von 1851 „de r e c t i f i e r le cours et a p p r o f o n d i r le chenal de m a n i è r e à assur er a u t a n t que se peut f a i r e “ . Der Sinn der Rheinschiffahrtsakte ist hiernach (der wie Art. 54 Abs. 4 der Reichsverfassung):

Für die blosse Befahrung, ferner für die blosse Aufrecht­

erhaltung des comme pour le passé, für die regelmässige und laufende Verbesserung und Instandhaltung des Stroms sind Abgaben unzulässig; nicht verboten sind sie für kostspielige, die Schiffahrt Uber den bisherigen Stand wesentlich und besonders hebende „Kunstwerke“ , also z. B.

für Arbeiten wie die, die der Regulierung der Donau beim Eisernen Tor oder an der Sulinamündung ähnlich sind, z. B. wenn man durch ein kostspieliges und künstliches System von Schleusen oder ohne solche durch Talsperren, Koupierungen, Begradigungen, Felssprengungen usw. die fehlende Schiffbarkeit schafft oder die vorhandene wesent­

lich verbessert.

Dass solches in der Tat die Absicht des Vertrages und der Standpunkt des Völkerrechts ist, bezeugt der als Staatsmann wie Gelehrter gleichmässig höchstangesehene Verfasser des Werks: Du régime conventionel des fleuves internationaux, Paris 1879, Ed. E n g e l h a r d t , der sich für A b g a b e n f r e i h e i t erklärt, indes S. 216 hinzufügt:

„Une seule réserve paraîtrait justifiée dans des c o n d i ti o ns n o u ve ll es , c’est celle qui aurait pour objet le remboursement effectif des capitaux employés à l ’exécution de t r a v a u x d a r t dune importance exceptionelle et de longue durée.

Qui n’admetterait pas — lalégitimité des taxes prélevés pour couvrir les frais d’entreprises telles que l ’ouverture permanente de la passe de Sulina ou celle des Portes de Fer? La navigation et le commerce se prêteraient d’autant plus volontiers à ces impositions — qu’elles corresponderaient à un bénéfice direct, absolument certain — .“

Ueber die wirtschaftliche Seite und insbesondere Uber die Mittel und Wege die Niederlande zu veranlassen, sich den Rheinschiffahrtsabgaben gegenüber nicht grundsätz­

lich ablehnend zu verhalten, habe ich mich nicht zu äussern.

Vom Rechtsstandpunkte habe ich noch hervorzuheben, dass, da die Rheinuferstaaten den „bon état“ , „comme pour le passé“ zu gewähren haben, jedenfalls die der V e r g a n g e n h e i t angehörenden travaux d’art z. B. die kolossalen Felssprengungen und Arbeiten im Binger Loch nicht abgabenfähig sind, noch in Zukunft zum Substrat der Abgabenerhebung gemacht werden können, dass ferner die laufende Instandhaltung und regelmässige Ver­

besserung des Rheinstroms bei der Abgabenbemessung

ausser Ansatz bleiben muss, dass sodann die kleinen

(namentlich holländischen) Schiffe, welche jetzt schon den

Rhein befahren, auch in Zukunft abgabenfrei bleiben

weil sie die Verbesserungen nicht „benutzen“ , dass

endlich Holland, wenn es auf seinem Gebiet den Rhein

wesentlich vertieft von 3 bis 4,5 m, von den Schiffen,

die ohne diese Vertiefungsarbeiten den Rhein nicht

passieren könnten, zur Ausgleichung für deren Kosten

Abgaben erheben darf. Nach den Ausführungen in der

Wi rmi nghausschen Denkschrift hat Holland fast das

grösste Interesse an der Ausführung der preussisch-

bayerischen Schiffahrtspläne. Es ist aber zu klug, dies

zu bekennen und rechnet aut Kompensationen, vielleicht

gar auf den Verzicht auf den Rhein-Emskanal, oder auf

Differentialeisenbahntarife zugunsten des Rheins und der

Rheinhäfen und zuungunsten der Ems- und Weserhäfen.

(4)

D ie E r r ic h tu n g e in e r R e ich sa b re ch n u n g sste lle .

Ein Vorschlag von Dr. Siegfried Buff, München.

In Nr. 17 dieser Zeitschrift vom 1. Juni 1910 waren die Bestimmungen der neuen Berliner Seheckaustausch­

stelle, die am 1. Juni ins Leben trat, abgedruckt. Die wichtigsten Neuerungen dieser Einrichtung bestehen darin, " dass Schecks auf a u s w ä r t i g e Banken oder Bankiers, welche bei einem M itglied der Berliner A b ­ rechnungsstelle oder bei einem Berliner Privatbankier (für den ein Mitglied der Berliner Abrechnungsstelle das „Clearen“ der Schecks übernommen hat) eine Z a h l ­ s t el l e besitzen, in der Berliner Scheckaustauschstelle u n m i t t e l b a r zwischen den beteiligten Zahlstellen kostenfrei ausgetauscht werden. Mitglieder der Berliner Scheckaustauschstelle können nur solche Firmen sein, welche gleichzeitig Mitglieder der Berliner Abrechnungs­

stelle sind. Erhält z. B. die Deutsche Bank in Berlin einen Scheck auf einen Münchener Privatbankier, für welchen die Dresdner Bank in Berlin als Zahlstelle fungiert, so tauscht die Deutsche Bank in der Scheck­

austauschstelle diesen Scheck mit , der Dresdner Bank aus. Die Zusammenkunft der Mitglieder findet täglich einmal statt. Die Einreichung der Schecks erfolgt hier technisch- ähnlich wie bei den Abrechnungsstellen. Da­

gegen findet die d e f i n i t i v e A b r e c h n u n g v i e r Tage s p ät er statt (damit die Schecks inzwischen zur Prüfung an den Bezogenen gelangen können) und zwar bei der ersten Zusammenkunft in der B e r l i n e r A b r e c h n u n g s ­ stelle. Ohne Zweifel bedeutet die neue Einrichtung für Berlin einen Fortschritt gegen früher1), wenngleich sich die Frage aufdrängt, ob es nicht einfacher wäre, wenn auch die E i n r e i c h u n g der Schecks in der Ber­

liner A b r e c h n u n g s s t e l l e bei der letzten Zusammen­

kunft erfolgen würde. Betrachtet man die neue Scheck­

austauschstelle nur als Durchgangsstufe zur Reichs­

abrechnungsstelle, so wird man sie in allen Fällen zu begrüssen haben2). Jedenfalls hat der längst gehegte Wunsch nach E rrichtung einer Reiehsabrechnungsstellc heute mehr Aussicht auf Verwirklichung denn je.

L e s s i n g 3) und ganz besonders der ehemalige Reichs- bankpräsident K o c h 4) haben sich soeben mit dieser Frage beschäftigt. Sie ist keineswegs neu So viel ist sicher, dass bereits im Jahre 1907 in Berliner Bank­

kreisen die Errichtung einer Reichsabrechnungsstelle ernsthaft erwogen wurde. Infolge verschiedener dabei auftauchender Schwierigkeiten kam das damalige Projekt nicht zur Verwirklichung»). Vorschläge in gleicher R ich­

tung wurden in der Sitzung der .Bankenquete-Kommission vom 17. Oktober 1908 von Ri.esser gemacht und ein­

gehend begründet.5a) Ich w ill versuchen, in folgenden Zeilen ein Projekt zur Diskussion zu stellen, das vielleicht zur Lösung der Frage beitragen dürfte. Gleich jetzt möchte ich jedoch hervorheben, dass keineswegs beab­

sichtigt wird, eine Umgestaltung der Dinge vorzuschlagen.

Das Projekt w ill vielmehr nur die bestellenden Abrech­

nungsstellen gleichmässig ausbauen und miteinander in Verbindung bringen. Es weicht vom englischen Country- Ciearing ab, dessen Einrichtungen auf die deutschen Verhältnisse keineswegs in allen Punkten anwendbar sind, was K o c h (a. a. 0. S. 348) mit Recht hervorhebt.

') Für München ist die Sache keineswegs neu. D ort werden in der Abrechnungsstelle unter den Mitgliedern der­

selben schon seit längerer Zeit auf Grund freiw illiger Ueber- einkuDft der Beteiligten solche Schecks ausgetauscht und ab­

gerechnet. Ob dies auch bei den übrigen deutschen Abrech­

nungsstellen geschieht, weiss ich nicht.

2) Auf die einzelnen Vorzüge und Mängel der neuen Ein­

richtung näher einzugehen, w ird iii folgenden Zeilen nicht beabsichtigt. Es sei daher auf die eingehenden Ausführungen L e s s in g s in Nr. 18 dieser Zeitschrift verwiesen.

3) Vgl. S. 280 ff. dieser Zeitschrift v. J. 1910.

4) Vgl. seinen Aufsatz: „Fortschritte im deutschen Olearing­

wesen“ im Juni-H eft der Deutschen Revue v. 1910 S. 343 ff.

») Den Aussenstehenden wurde das Projekt leider nicht bekanntgegeben.

sa) Vgl. Bankenquete 1908, Sten. Berichte zu I —V des Fragebogens S. 218.

Die Reichsabrechnungsstelle ist als Abrechnungs­

stelle aller übrigen deutschen Abrechnungsstellen gedacht und bat ihren Sitz in Berlin. Sie könnte ev. mit der Seheckaustäuschstelle Vereinigt werden, geht aber weiter als diese. Während die Scheckaustauschstelle nur Schecks, welche ausserhalb Berlins zahlbar sind (also in Berlin Vorkommen), verrechnet, sollen in der ge­

dachten Reichsabrechnungsstelle a ll e S c h e c k s (ev.

auch fällige Wechsel), die bei M i t g l i e d e r n s ä m t ­ l i c h e r A b r e c h n u n g s s t e l l e n (einschliesslich der Ber­

liner Abrechnungsstelle) auf Mitglieder vo n a u s ­ w ä r t i g e n A b r e c h n u n g s s t e l l e n V o r k o m m e n — und nur a u s w ä r t i g e M i t g l i e d e r kämen bei meinem V or­

schlag in Betracht — reguliert werden. Die Reichs- abreohnungsstelle würde somit a l l e S c h e c k s (ev. auch Wechsel), welche an j e d e m Abrechnungsplatz ver­

kommen, also a u s s e r h a l b des betr. P l a t z e s z a h l ­ b a r s i n d , zu „clearen“ haben, vorausgesetzt, dass diese Schecks auf ein Mitglied i r g e n d e i n e r A b ­ r e c h n u n g s s t e l l e lauten bzw- bei einem Mitglied einer Abrechnungsstelle eino Z a h l s t e l l e besi tzen"). Die Durchführung dieses Projekts wäre ausserordentlich einfach. Es wäre nur nötig, dass die Mitglieder irgend­

einer Abrechnungsstelle ihre Schecks (Wechsel usw.) auf Mitglieder einer auswärtigen Abrechnungsstelle d i r e k t i n der A b r e c h n u n g s s t e l l e des botr. Platzes einreichen, was ja bereits bisher in München7) aul Grund freiw illiger Vereinbarung mit solchen Schecks geschieht, die auf die Zentrale oder auf eine auswärtige Filiale eines Mitgliedes der Münchener Abrechnungs­

stelle (kurz auf Banken, die wieder Mitglieder^ der A b ­ rechnungsstelle ihres Patzes sind) gezogen sind. Hat also z. B. die Deutsche Bank Filiale München Schecks auf die Dresdner Bank in Berlin, in Dresden auf die Darmstädter Bank in Berlin usw., so schickt sie diese Schecks nicht nach Berlin oder nach Dresden an ihre Zentrale oder Filialen, woselbst die Schecks dann in der Abrechnungsstelle mit den botr. Banken aus­

getauscht werden, sondern die Deutsche Bank Filiale München t a u s c h t diese Schecks bereits in d e r M ü n c h n e r A b r e c h n u n g s s t e l l e mit der Dresdner Bank Filiale München und mit der Münchner Filiale der Darmstädter Bank aus und belastet diese Institute mit Vorbehalt. Die empfangenden beiden Banken schicken dann die Schecks zur Abrechnung d i r e k t nach Berlin resp. Dresden an ihre bezogenen Niederlassungen.

Dieses Verfahren bedeutet immerhin eine Vereinfachung im Zahlungsverkehr. Die Deutsche Bank Filiale München hat derartige Schecks nicht abzuschicken, sondern bürdet diese Arbeit den e m p f a n g e n d e n B a n k e n auf, welche wiederum d i r e k t mit ihren Nieder­

lassungen abreolmen. leb konnte leider nicht erfahren, ob die Mitglieder a l l e r deutschen Abrechnungstellen in solchen Fällen ähnlich verfahren wie München. Ich glaube es nicht Trotzdem das geschilderte Verfahren immerhin eine gewisse Vereinfachung im Zahlungswesen bedeutet, verursacht es den empfangenden Banken immer noch b e t r ä c h t l i c h e P o r t o a u s l a g o u B) und eine l a nge

o) Würde auf einem Scheck, der auf eiaen Berliner Bankier lautet, eine Münchner Bank als Zahlstelle angegeben sein, so würde ein solcher Scheck, wenn er in der Münchener A b­

rechnungsstelle vorkommt, durch die Reichsabrechnungsstelle gehen. Würde aber ein Scheck auf einen Bankier in der Nähe Münchens gezogen sein, der in München vorkommt und aul dem eino Münchener Zahlstelle angegeben ist, so wäre es aller­

dings unpraktisch, einen solchen Scheck durch die Reichs­

abrechnungsstelle gehen zu lassen. Ein solcher Scheck würde eben nur in der Abrechnungsstelle München zu verrechnen sein. Man w ird also bei Schecks, welche auf Banken und Bankiers von Plätzen ohne Abrechnungsstellen lauten, aber an einem Platze Vorkommen, der eine solche Einrichtung besitzt, zu prüfen haben, ob der Scheck durch die Reichsabrechnungs­

stelle, oder (wenn die Entfernung der betr. Abrechnungsstelle von dem bezogenen Bankier nur gering ist und sich somit die Absendung nach der entfernten Reichsabrechnungsstelle nicht verlohnen würde) nur durch die Abrechnungsstelle des betr.

Platzes gehen soll.

7) Vgl. auch Anm. 1.

s) Denn z. B. die Dresdner Bank, Filiale München, bekennt nicht nur Schecks auf ih re Berliner Zentrale, an die sie wohl täglich Sendungen abgehen lässt, sondern sie erhält auch

(5)

S c h r e ib a r b e it mit den auswärtigen Niederlassungen.

Zudem haben die genannten Institute, um bei meinem Beispiel zu bleiben, in der Münchener Abrechnungs­

stelle die Schecks g e g e n s e itig zu verrechnen, was bereits hervorgehoben wurde. Mein Vorschlag bezweckt hier weitere Vereinfachungen. Die Mitglieder , einer Ab­

rechnungsstelle würden nämlich Schecks auf Mitglieder einer auswärtigen Abrechnungsstelle w e d e r an die betreffende Niederlassung (zur Verrechnung in der a u s w ä r t i g e n Abrechnungsstelle) zu schicken noch sofort am Ort des Vorkommens in der Abrechnungs­

stelle g e g e n s e i t i g zu verrechnen haben (wie es in München geschieht), sondern j e d e s M i t g l i e d der A b­

rechnungsstelle würde a ll e Schecks auf Mitglieder einer auswärtigen Abrechnungsstelle d i r e k t in der Abrech­

nungsstelle seines Platzes n u r m it d e r R e i c h s b a n k zu "verrechnen haben. Die Deutsche Bank Filiale München würde also für ihre Schecks usw. auf die Dresdner Bank in Berlin, Dresden, auf die Darmstädter Bank in Berlin usw. nicht die Münchener Niederlassungen dieser Banken, sondern n u r die R e i C h sb a n k M iin e b e n (unter Vorbehalt) bel ast en. Sie hätte es dann nur m it dieser zu tun. Die Reichsbank München würde alle Schecks auf Abrechnungsstellen zur Roichsabrechnungs- stelle nach Berlin zu senden haben und n u r m it d i e s e r abr ec hnen. Die Reichsabrechnungsstelle würde dann die Schecks an die j e w e i l i g e n A b r e c h n u n g s ­ s t e l l e n s c h i c k e n und diese wiederum unter Vorbehalt b el a st e n. Würde künftig die Versendung aller Schecks auf Mitglieder einer auswärtigen Abrechnungsstelle durch die Reichsbank der betreffenden Plätze in e i n e r S e n d u n g n ac h B e r l i n erfolgen, so würden dadurch - die Versendungsspesen auf ein Minimum reduziert werden. Denn jede Reichsbankstelle, besonders an Plätzen mit Abrechnungsstellen, hat bereits jetzt schon täglich Sendungen an die Reichshauptbank nach Berlin, während die Berliner Zentrale hinwiederum mit diesen Plätzen täglich korrespondiert. Durch meinen Vorschlag würden somit den Reichsbankstellen nicht mehr Aus­

lagen erwachsen als bisher"). Allerdings würden dann die Schecks (ev. auch fälligen Wechsel), welche nicht .auf Berlin lauten, doch den U m w o g über Berlin machen müssen10 * * 1 3 1 4 ), was natürlich die d e f i n i t i v e A b r e c h n u n g an den jeweiligen Plätzen mit Abrechnungsstellen v e r ­ z ö g e r n würde, aber im Interesse der Konzentration nicht zu umgehen sein dürfte"). Um V e r w e c h s l u n g e n bei der Versendung von Schecks in d er R e i c h s ­ a b r e c h n u n g s s t e l l e zu vermeiden, könnte jede _ ab­

sendende Abrechnungsstelle auf derartige Schecks einen V e r m e r k mit Gummistempel links oben (oder anders wohin) anbringen, z. B. Abrechnungsstelle München, Leipzig oder Dresden usw. Die Verrechnung von Schecks auf Mitglieder auswärtiger Abrechnungsstellen würde nach dem bisher Gesagten also ungefähr fol- gendermassen bei jeder Abrechnungsstelle technisch kurz vor sich gehen: Jedes Mitglied reicht mit einem Verzeichnis, das die Stückzahl der Schecks, die einzelnen Beträge, den Abrechnungsort des bezogenen Bank­

hauses sowie die Endsumme enthalt, die Schocks in n a t u r a in die A b r e c h n u n g s s t e l l e ei n und b e l a s t e t für die Gesamtsumme die b e t r e f f e n d e R e i c h s b a n k ­ s t el l eun ter Vorbehalt. DieEinreichung dieser Schecks hat bei der f e t z t e n Z u s a m m e n k u n f t der Mitglieder zu erfolgen, damit möglichst viele Schecks noch am gleichen Tage nach Berlin gesandt werden können. Für die defi­

nitive Abrechnung könnte eine einheitliche Frist vo n v i e r T a g e n festgesetzt werden'*). Nachdem also j e d e

Schecks auf ihre Dresdner Niederlassung usw., kurz auf Plätze, in it denen sie wohl nicht jeden Tag korrespondieren dürfte.

Vgl. dazu K o c h a. a. 0. S. 349

10) Eventuell könnten ja Schecks auf sehr grosse Beträge aus diesem Grunde vom Reichsclearing ausgeschlossen bleiben und vom Inhaber direkt an den Bezogenen gesandt werden.

"1 Ich °iaube, dass es für die Reichsbankstellen zu um­

ständlich sein würde, die Schecks d ir e k t an jede Abrechnungs­

stelle zu schicken und m it diesen dann e in z e ln abzurechnen.

i2) Die Behandlung der Retourposten kann auf verschiedene A rt erfolgen. Betont sei hier nur, dass technisch ein mög-

A b r e c h n u n g s s t e l l e die Schecks auf Mitglieder aus­

wärtiger Abrechnungsstellen mit dem Verzeichnis er­

halten hat und dieses geprüft wurde, o r d n e t sie diese Schecks nach den einzelnen Plätzen und t r ä g t sie i n ein G e s a m t v e r z e i c h n i s nach Ort, Stückzahl, Einzel­

betrag und Endsumme ein. F ür die Gesamtsumme b e ­ l a s t e t sie di e R e i c h s a b r e c h n u n g s s t e l l e , da sie mit den übrigen Abrechnungsstellen n i c h t d i r e k t ab­

rechnet. Die Reichsabrechnungsstelle, hinwiederum e r ­ k e n n t jede Abrechnungsstelle für alle an sie g e s a n d ­ t en Schecks und b e l a s t e t jede Abrechnungsstelle für Schecks, w e l c h e sie (die Reichsabrechnungsstelle) an die betr. Abrechnungsstelle schickt. Jede Abrechnungs­

stelle ü b e r g i b t dann den b e z o g e n e n M i t g l i e d e r n u n t e r B e l a s t u n g die von der Reichsabrechnungs­

stelle empfangenen Schecks. In der Reichsabrech- nungsstelle ist jede einzelne Abrechnungsstelle (ein­

schliesslich der Berliner Abrechnungsstelle, welche ihre Schecks usw. nicht an die Reichsabrechnungsstelle per P o s t v e r s e n d e n muss, sondern dieser einfach ü b e r ­ g e b e n kann) ähnlich zu behandeln wie die Mitglieder der einzelnen Abrechnungsstelle von dieser. Es ist also restzustellen, wieviel jede Abrechnungsstelle im ganzen zu fordern resp. zu vergüten hat. Der jeweilige Saldo kann dann eventuell sofort dem in Berlin geführten Konto den betr. Bankstellen zu- oder abgeschrieben werden. Eine Gesamtabrechnung zwischen der Reichs- abrechnungsstelle und den einzelnen Abrechnungsstellen könnte vielleicht halbmonatlich oder monatlich getührt

werden. , . , . , ,

Soweit das Projekt, das übrigens keineswegs deu Anspruch auf Vollkommenheit erhebt. Man sieht, es stellt sich umfassendere Aufgaben als die Berliner Scheekaustauschstelle tut. Denn diese kommt nur tur Berlin in Betracht, während nach Errichtung der Reiotis- abrechnungsstelle s ä m t l i c h e S che ck s „ ge ol ea rP w e r d e n k ö n n e n , di e bei e i n e r A b r e c h n u n g s s t e l l e e i n g e r e i c h t w e r d e n u n d a u f M i t g l i e d e r a u s ­ w ä r t i g e r A b r e c h n u n g s s t e l l e n lauten. Eine be­

trächtliche P o r t o e r s p a r n is und eine wesentliche V er- ei n f a c h u n g d e r K o r r e s p o n d e n z der einzelnen Banken wäre die Folge, da diese Arbeit von der Reichsbank abgenommen würde. Den einzelnen Reichsbankstellen an Abreclmungsplätzen würde allerdings eine grössere Mehrarbeit erwachsen, die aber durch eine bedeutende Zunahme unverzinslicher Guthaben seitens der einzelnen Mitglieder (die ja die ihnen auf diese Weise gutkommen­

den Beträge nicht immer sofort abheben werden) bei den Reichsbankstellen wohl kompensiert werden durlte.

Soll die gedachte Einrichtung eine möglichst ausge­

dehnte Tätigkeit entfalten können, so wäre dringend zu wünschen, dass die bestehenden Abrechnungsstellen noch um eine A n z a h l v e r m e h r t werden. Dieser Wunsch ist berechtigt, selbst dann, _ wenn die vorgescldagene Einrichtung nicht verw irklicht wird.

Damit soll ja nicht gesagt sein, dass bei j e d e r Reichsbankstelle in Deutschland eine Abrechnungsstelle errichtet werden soll'*). Sodann käme noch dazu dass an jedem Platze, an dem sich eine Abrechnungsstelle befindet, irgend ein Mitglied der Abrechnungsstelle als Agent für die besseren Bankiers, die am direkten Ab rechnungsverkehr nicht teilnehmen können, das „oiea- ren“ besorgen müsste, was ja m B e r l i n , se£ J J Kassenvereins, in München seitens der Kgi- Fd ank geschieht. Dann könnten auch Schecks aut solche Bankiers (selbst für den Fall, dass auf der Rückseite ihres Schecks k e i n e Zahlstelle angegeben ist) durch -i.,. L > n n (TaKt.ßllG . £?6llGll ^ j-

liehst einfaches Verfahren zu wünschen wäre Vielleicht könnten Retourposten d ir e k t von den Beteiligten geregelt werden was im Interesse der Vereinfachung der Abrechnung

’ ...___ ira V0-1 nhri.Q*ens auch Lpissino* a a. O.

13) Ein solcher Wunsch wäre allerdings undurchführbar und utopisch, wie K o c h (a. a. O. S. 349) m it Recht hervoihebt,

14) Allerdings würde dann die Herstellung eines (eventl.

jew eilig zu ergänzenden) Verzeichnisses nicht nur der M it-

<üieder°der Abrechnungsstellen (was ja bereits je tz t schon ge­

schieht), sondern auch der Untermitglieder (Bankiers) nötig

(6)

Würden die hier gemachten Vorschläge, wenn auch nur annähernd, verw irklicht werden (was ja um so eher möglich wäre, da es sich um keine Abweichungen von der bisher geübten Praxis handelt), so würden nicht nur Berlin, sondern alle übrigen Reichsbankplätze mit Abrechnungsstellen bedeutend gewinnen. Es würde aber auch die A b n e i g u n g des deutschen Publikums gegen die E r r i c h t u n g e i n e r R e i c h s a b r e c h n u n g s ­ s t e l l e i n B e r l i n insofern s c h w i n d e n , als die ge­

dachte Einrichtung g l e i c h m ä s s i g allen Plätzen mit Abrechnungsstellen zugute käme, eine einseitige Bevor­

zugung Berlins zum Nachteil der anderen Plätze mithin vö llig ausgeschlossen wäre15). Ich brauche nicht beson­

ders zu betonen, dass es dann völlig gleichgültig wäre, ob man für die gedachte Einrichtung den Namen

„Reichsabrechnungsstelle“ oder eine andere Bezeich­

nung wählt.

Zum Schlüsse möchte ich noch betonen, dass der Gedanke des „Clearing“ in Deutschland noch lange nicht die Popularität erlangt hat, die er verdient. So erfolgt die Effektenablieferung an manchen deutschen Börsen­

plätzen noch auf ziemlich umständliche und bar­

geldverschwendende Weise. Ich erinnere z. B. an München, woselbst die Errichtung einer unabhängigen Effektenabrechnungsstelle (welche nicht nur die Effekton- ablieferungen der Banken1«), sondern auch der besseren B a n k i e r s „cleart“ ) möglich wäre. Trotzdem eine der­

artige Einrichtung seitens einer Bank unentgeltlich ge­

schaffen würde und auch sonst weitgehendes Entgegen­

kommen gewährt würde, scheint sie nicht zustande zu kommen und zwar hauptsächlich infolge mangelnden Interesses unter den Beteiligten selbst. Aber auch sonst, besonders im b e h ö r d l i c h e n Z a h l u n g s v e r k e h r ganz D e u t s c h l a n d s , könnte sich der Abrechnungs­

gedanke noch mehr einbürgern. Für die weitere Aus­

gestaltung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs wäre dies von grösster Bedeutung.

Z u r G esch ichte der H a n d lu n g s b ü c h e r in D e u ts c h la n d .

Von Hofrat Prof. Dr. A. Luschin von Ebengreuth, Graz.

IL

Deutsche Haudelsbiicher im 16. und 17. Jah rh u n dert.')

Die Führung von Handelsbüchern war, wie w ir sehen, unter deutschen Kaufleuten im 15. Jahrhundert so ge­

wöhnlich geworden, dass sich schon einige Rechtssätze Uber ihre Beweiskraft gegenüber dritten ausgebildet hatten.

Sicherlich hat die Eingehung von Gesellschaften für einzelne Geschäfte oder eine Anzahl Jahre, die damals bei deutschen Kaufleuten sehr beliebt war, das Bedürfnis nach Aufzeichnungen wachgerufen, um Schuld und Forde­

rung bei den häufigen Abrechnungen trennen zu können.

Leider sind aber die Proben mittelalterlicher Handels- bücher zu vereinzelt, um ein abschliessendes U rteil zu gestatten, nur so viel ist gewiss, dass auch die sorg­

fältigsten von ihnen weit hinter unseren heutigen Anforde­

rungen Zurückbleiben.

Der Umschwung in der Buchführung, der im 16. Jahrhundert eintrat, kam aus Italien. Hier lassen sich die Anfänge der Kontenbildung und auch andere Einrichtungen der doppelten Buchhaltung, wie es neuestens S i e v e k i n g in seinen Untersuchungen Uber die Handels­

bücher von Venedig, Florenz und Genua nachgewiesen hat, bis ins 13. Jahrhundert hinauf verfolgen. So konnte

werden, da sonst m itunter die Feststellung, ob ein Bankier — wenn auch nur indirekt — am Abrechnungsverkehr beteiligt ist, zu schwierig würde.

,s) Vgl. dazu K o c h a. a. 0. S. 348, L e s s in g a. a. S. 281., '«) Dies besagt zwar die Abrechnungsstelle der Reichsbank, doch ist das Verfahren umständlich.

’ ) Vgl. den früheren Aufsatz in Nr. 13 des laufenden Jahrgangs dieser Zeitschrift.

sich, durch die Arbeit und die Erfahrungen von Jahr­

hunderten vorbereitet, die Theorie der doppelten Buch­

haltung entwickeln, welche F ra L u c a P a c i o l i in seiner zu Venedig verfassten und hier auch 1494 zum ersten­

mal gedruckten „Summa de Arithmetica“ allgemein be­

kannt machte. Es ist nun in hohem Grade beachtens­

wert, wie rasch die deutschen Kaufleute, die sich eben anschickten, in den Welthandel unmittelbar einzugreifen, und die ein Menschenalter darnach den Italienern selbst den Geldhandel streitig machen konnten, die Vorteile dieser neuen Buchhaltungsform erfassten und sich an- zueignen suchten. Allerdings konnte man dies damals nur erreichen, wenn man die neue Buchführung dort, wo sie entstanden war, auch lernte, doch das war kein grosses Hindernis. Italien und vor allem Venedig war schon lange die hohe Schule der Kaufmannschaft, an welcher die Söhne der süddeutschen Kaufherren ihre Ausbildung suchten. Den gleichen Weg schlugen Männer ein, die sich erst in vorgerückteren Jahren dem Handel zuwandten, beispielsweise Jacob F u g g e r , der nachmals so berühmte Kaufherr. Als sich dieser 1473 auf Bitten seines kinderlosen Bruders U l r i c h zum Verzicht auf seine Domherrenpfründe entschlossen hatte, ging er zu­

erst nach Venedig, um dort in die Faktorei seines Hauses einzutreten. Diesen Lehrjahren und einigen zu näherer Erkundung der Handelsverhältnisse unternommenen Reisen verdankte er dann jenen Grad kaufmännischer Bildung, durch die er sein Haus weltberühmt gemacht hat.

Einen unmittelbaren Einblick in die Zeit des Ueber- ganges verschafft uns das Gedenkbuch des Lucas Rem, das B. G r e i f t im 26. Jahresbericht des historischen Kreisvereins von Schwaben und Neuburg im Jahre 1861 herausgegeben hat. Diese treuherzigen Aufzeichnungen schildern die Ausbildung und den Werdegang eines deutschen Kaufmanns aus der ersten Hälfte des 16. Jahr­

hunderts mit vielen köstlichen Einzelheiten, hier sei daraus nur jenes mitgeteilt, was zeigt, wie rasch die Einbürge­

rung der italienischen Buchhaltung im deutschen Gross­

handel vor sich gegangen sein muss.

Lucas Rem entstammt einer alten Kaufmannsfamilie.

Wie er erzählt, hatte schon sein Urahn, Hans Rem (geh.

1340, f 1396) schwunghaften Handel mit Venedig ge­

trieben und sein anfängliches Vermögen von 500 Gold­

gulden durch glückliche Geschäfte nahezu auf das Fünfzig­

fache vermehrt, wiewohl er laut seiner italienisch niedergeschriebenen Aufzeichnungen in den ersten zehn Jahren durch Wegelagerei und böse Schuldner 7200 Gold­

gulden eingebüsst hatte. L uc a s selbst, am 14. Dezember 1481 geboren, kam mit 12 Jahren zu einem schwäbischen Pfarrer, um Latein, Lesen und Schreiben zu lernen und schon mit 14 Jahren nach Venedig, wo er der Obhut des Hans S t e b e h a b e r und des Hans L a u g i n g e r , zweier Faktoren der Wel ser, anvertraut wurde. Diese taten ihn zunächst in Kost und Wohnung bei venezia­

nischen Familien, damit Rem durch den Umgang italienisch lerne, dann kam er zu einem in Venedig ansässigen Augsburger U l r i c h E h i n g e r , „da lernet ich rechnen in 5 7 a Monet gar aus, und darnach ging ich auf ain Schuol da man Biecherhalten lernt, das in 3 Monet aus, schrib Jornal und Schuldbuch Fol(ien).u Es scheint, dass diese Ausbildung seinen Eltern zu kostspielig war und dass sie ihren Sohn nach Hause nehmen wollten, Lucas wandte sich darum an seinen Vetter Ant on W e ls e r und bat ihn um Anstellung in We ls ersehen Diensten, die er auch erhielt. Rem wurde nun längere Zeit zur Buchführung verwendet und kam zuerst (Februar 1498) nach Mailand in der Compagnia Haus zu Anton Lau­

ginger. Der was in seyner Rechnung verirt, daraus ich

ihm half unds Icrecht fandt, des m ir zuo f l Glück und

Füdrung halff. Von Mailand wurde er Anfang Mai nach

Lyon zu N a r c i s L a u g i n g e r geschickt, der bedorft mein

(7)

und behuolt mich in der Welser Gesellschaft Gescheit bey im bis adj 27 Junio. Schrieb im Capus und die Lioner Rechnung aus und zu ariderm vil braucht. Rem lernte hier Französisch und beim Mtlnzmeister Jean R i s c h i e r Münzberechnungen, war aber zwischenhinein (z. B. vom

1 9

.— 29. Juli 1499) wieder für die W e l s e r tätig. Er hatte sich offenbar schon den Namen eines Rechnungs­

verständigen erworben, denn am 13. November 1499 er- öffnete N a r c i s L a u g i n g e r dem nun Achtzehnjährigen dass er zur Aufstellung der Bilanz der Gesellschaft An to n W e l s e r und K o n r a d V ö h l i n nach Augsburg berufen sei, wie er schreibt auf Antonio Welser Dyscrizion und der Compagnia Cost und Claidung, drei Jahr on Belohnung, also ohne Gehalt. Lucas blieb dann volle 18 Jahre in Diensten der W e l s e r , und wurde verwendet, wo es verwirrte Rechnungen aufzuklären gab. 1503 übernahm er die Leitung der gesellschaftlichen Faktorei zu Lissa­

bon, wo er bis 1508 blieb und wie er selbst erzählt, ,.grossen namhaften Handel“ mit den verschiedensten Waren trieb und oft 3, 4 und selbst 6 Gehilfen unter sich hatte. Als er am 19. März 1509 seinen Vertrag er­

neuerte, wurde ihm zugesagt, dass er nicht mehr nach Portugal geschickt werden solle, allein schon am 1. Juni d. J. ereilten ihn heftig brief, ich sollte per mare oder per terra gen Lixbona, Madera, Rahna raisen, was wohl gegen die Verabredung war und wogegen sich Rem nach Kräften aber vergeblich wehrte, da schliesslich der Auf­

trag mit Berufung auf den der Gesellschaft geschworenen Gehorsamseid wiederholt wurde. So kam Rem zur Ordnung verwickelter Verhältnisse nach Madeira und den kanarischen Inseln, wo der W e l s e r Faktor Egel h o f f auf Palma ..das verfluocht Land Tazza Cortl( der Gesell­

schaft gekauft hatte. »Da solt ich lang pliben sein, gros und v il gut Ordnung tan haben . . . Zuöm Wasser leiten, Sand bauen etlich J a r gehöret, die ich n it pleiben wolt, gleich eylett bei Tag das Land, Leit, lie h , die gante Nacht Rechnongen und Biecher besuch, on al ruo. Eylet on mas um den Winter aus den Inseln zuo kommen.“

Auch in den folgenden Jahren finden w ir Rem vornehmlich mit der Ueberprüfung von Rechnungen be­

schäftigt, so musste er im Juni 1512 zur Faktorei, welche die W e l s e r zu Freiburg in der Schweiz hatten, da h alf ich i r Rechnmg beschliessen darin si gar ver­

w irrt wassen, plib 4 Tag dar, Tag und Nacht in Werk.

Im Monat darauf übernahm er die Rechnungsführung von Hans V ö h l i n zu Lyon und endlich die Faktorei zu Antwerpen, wo er nur fünf Jahre blieb. Bei Erneuerung seines Vertrags im Jahre 1514 war er zum stimm­

berechtigten Teilhaber vorgerückt, er schied aber dem- ungeachtet 1517 mit Unwillen von der Gesellschaft, welcher er geradezu den Vorwurf falscher Rechnungs­

legung machte. Die kräftigen Worte, mit welchen er die von A n t o n i o W e i s e r und Gesellschaft hinter seinem Rücken aufgestellte Bilanz bekämpfte — man hatte al ding ring angeschlagen und den Schuldnern durchaus 10 pro cento a Kapo abrochen, f l gut bös gmacht, schent- Uch Hendel darin geipt — , wollen im Gedenkbuch selbst nachgelesen werden.

Deutsche Handelsbücher aus dem Anfang des 16. Jahr­

hunderts nach den Grundsätzen der doppelten Buchhal­

tung eingerichtet, sind bisher nicht bekannt geworden, wohl aber finden sich Beispiele an einem Orte, wo man sie nicht suchen würde, d. i. im Archiv des k. u. k.

Reichsfinanzministeriums zu Wien.

Kaiser Maximilian I., der allerdings sein ganzes Leben lang in Geldverlegenheiten war, hatte dem Staat*

liehen Rechnungswesen seit Beginn seiner Regierung grosse Aufmerksamkeit zugewandt. Ein „ Puechhalttr“

wurde von ihm schon 1491 den neu eingesetzten Rait- anwälten in Innsbruck beigegeben, doch sind w ir über die Art seiner Geschäftsführung nicht näher unterrichtet.

Als dann G eo rg G o s s e n s br o t aus Augsburg nach einem am 3. Jänner 1502 m it Maximilian abgeschlossenen Vertrag die Einkünfte der 5 niederösterreichischen Lande gegen eine festgesetzte Pachtsumme übernahm, wurde auch die königliche Buchhaltung „verändert und auf der Kaufleut Form zu halten durch Jacob V i l l i n g e r als Puechhalter angefangen“ , wie uns der gleichzeitige Ein­

trag in einem dieser Bücher meldet. Am 1. Jänner 1515 erfloss dann eine eigene Buchhaltungsordnung, in welcher für das Curialpuech, ein Personalkonto, schon die Grund­

sätze der doppelten Buchhaltung vorgeschrieben wurden:

jede Partei erhielt ihre Doppelseite als Folium, zur

„linken Randwerts“ war, was der betreffende Beamte von unsern wegen empfangen hat, auch was er uns jetzu- zelten in seiner Raitung per Rest heraus schuldig als Sol l, zu der rechten Handwertz ebenso die Ausgaben so er von unsern wegen gethan hat, oder das so w ir ime schuldig waren al s' Haben gebucht werden. Doch war dies nicht etwa eine neue Einrichtung, da schon das Ge­

denkbuch L L (jetzt mit XV bezeichnet) für das Jahr 1505 die gleiche Eiurichtung hatte.

Die Buchhaltung des Kaisers, für die Finauzverwal- tung eines Reichs bestimmt, war vielfach gegliedeit und verlangte die I ührung von achterlei verschiedenen Büchern, die „ Capital, Comunial, Extraordinary oder Vagantpuech, Curialpuech, Memorialpuech, haymlieh Me- morialpuech und Consilia!puech Messen und zum 1 eil ge­

sondert für die Erblande und das Reich angelegt waren.

Die Buchführung der Kaufleute war einfacher, durch das ganze 16. Jahrhundert galten Schuldbuch, Journal und Kapus, die schon Lucas Rem im Jahre 1498 schrieb, als die Bücher, m it welchen der Kaufmann insgemein sein Auslangen fand. Proben dieser Bücher, die auf dem Titelblatt die Erklärung ihres Inhalts haben: J o r n a l darinnen wird stan alles, was ich meins Herren wegen Handel, cs sei Einnahmen oder Ausgaben, Schulden, Wexcl und baaren Gelds Empfahcn, Wegsenden, auch Kaufen und Verkaufen der Güter nichts ausgenommen.

Sc h u l d bu ch , darinnen wird stan alles Einnehmen und Ausgehen baaren Geldes auch alle und jede Schulden in Dehito et Credito.

Cappus, darinnen wurdet stan alles Empfahcn, Weg­

senden, Kaufen und Verkaufen sambt dem überbliebenen Rest der Güter, auch was man an einer jeden Ware be­

sonders gewonnen und verloren hat

haben sich vom Jahre 1552, wie B. G r e i f f meldet, in der kgl. Kreis- und Stadtbibliothek zu Augsburg erhalten.

Wie sehr verbreitet die doppelte Buchhaltung in Deutschland gegen Ende des 16. Jahrhunderts schon war, lehren die Denkverse, mit welchen Jost A mma n deu grossen Holzschnitt seiner Verherrlichung des deutschen Handels umgeben hat. W ir blicken hier in die Geheim­

stube, wo drei Kaufherren Uber Handelspläne beraten:

Hie w irt beratschlagt an dem End, Was ghaim und wichtig Sachen send, So das Banckwerck anlangen thuet Und kummt der Kauffmannschaft zu gut

lautet die Ueberschrift. Unterhalb erblicken w ir die Schreibstube, in welcher die mit der lUihrung der er­

wähnten Bücher beschäftigten Beamten sitzen, zu oberst der Jüngste von den dreien als Schreiber des Journals:

In Zornal schreib ich alle Tag Was sich im Gwerb begeben mag, Nach längs mit Beschaid und Underricht Das dient gar wol zu gutem Bricht

meldet die Erklärung. Unter ihm schreibt der schon im Dienst ergraute Oberbeamte das Kassenbuch:

Cassier ambt ich verrichten soll

Mit Ein- und Aussgeben gar wol

Die Cassa ich offt Überschlag

Und den Rest fleissig bei m ir trag.

(8)

Diesen beiden gegenüber sieht man den Kassentisch, an dem Geld gezahlt wird, und oberhalb den Tisch, an dem der Schreiber des Kapus arbeitet:

aus dem Zornal ins Schuldbuch fein darzu ins Capus trag ich ein zur linken Hand den Debitor zur rechten ghört der Creditor heisst es hier.

Vollends eine gemeinfassliche Lehre der doppelten Buchhaltung hat Jost A mman seiner figurenreichen Zeichnung als Rahmen beigegeben. Da wird das Wesen des Kassabuchs e rk lä rt:

Das Buch so man daryber heit Ist allain auf das Gelt gestellt Den Titel so man darzu firt Zur Linken der da gschriben w irt Cassa s ol l uns mit Worten schlecht,

Cassa s o ll n w i r kumbt auf die recht . . . Darumb gib acht, fleissig auf sich

Debitor ist die L in k Seyt gut Wie das Buch vor dir liegen thut Creditor ist dir auch jetzt klar . . . So da das Buch sichst offen gar . . .

ln einem Abschnitt mit der Ueberschrift: „W ie es mit dem Einschreiben in das Cassabuch soll gehalten werden“ wird die Einrichtung des Kassabuchs beschrieben:

„zwo Seyten wern dir für gestellt und also für ein Blatt gezelt, desgleichen auch sein numerirt“ hier seien alle Eingänge und Ausgaben mit dem Datum zu buchen:

Dann wie du es einschreibst zumal Melts der Buchhalter im Zornal

Mit mehr Umstand nachdem es wichtig . . . Von dannen es auch weiter wird

Ins Schuldbuch oder Capus gfirt.

Sorgfalt in der Buchführung wird empfohlen, weil ja der Gegner eine Vergleichung der Bücher verlangen

könnte und der Rat erteilt

Bist aber schuldig Gelt zu geben So magstu ein urkhund darneben, begern, wie dann der Brauch jetzund

und diese sei zur gehörigen Post ins Kassabuch einzu­

legen, Sache des Buchhalters sei es, bei Uebertragung der Post ins Journal auch den Rechnungsbeleg zu versorgen;

dann folgt die Anweisung, wie Rechnung per Saldo ab- zuschliessen sei usw.

M it der Ausbreitung der Buchführung a la Veneziana drang auch die in Italien ausgebildete Lehre von der Beweiskraft der Handelsbücher in Deutschland ein. Sie fand um so leichter Eingang, als man hier — wie er­

wähnt — durch die Bedürfnisse des Handels gedrängt, schon im Mittelalter mitunter zu ähnlichen Ergebnissen gelangt war. Die von den Glossatoren eingeleitete Lehre knüpfte an die Rechtsvermutung an, dass das eigene Interesse den Kaufmann zur gewissenhaften Führung seiner Bücher bestimmen müsse und sprach diesen unter gewissen Voraussetzungen so weit Glaubenswürdigkeit zu, dass ihre Angaben durch den Eid des Kaufmanns zum vollen Beweise ergänzt werden konnten. Seit der Re­

zeption der fremden Rechte hielt man sich in Deutsch­

land gleichfalls an diese in Italien entwickelten Grund­

sätze, so dass in der Frage Uber die Beweiskraft von Handelsbüchern — Abweichungen im einzelnen abgerechnet

— im ganzen Uebereinstimmung herrschte. Es dürfte daher diesmal genügen, wrenn ich mich darauf beschränke, den Gang der Entwicklung in Oesterreich darzustellen.

Hier galt der gute Ruf des Kaufmanns als subjek­

tives Erfordernis, als objektive hingegen wurden V oll­

ständigkeit des Eintrags und Sorgfalt der Buchführung verlangt. In diesem Sinne wurde beispielsweise zu Wien schon 1572 in Kridafällen entschieden und 1592

durch den Wiener Professor Johann B a p t . j S e h w a r z e n - t h a l e r mit Berufung auf die Glossatoren und Duarenus die Lehre verkündet, dass man mit ordentlich geführten Kaufmannsbüchern einen halben Beweis erbringen könne.

Erst hundert Jahre später erfolgte in Oesterreich die gesetzliche Regelung dieser Frage durch ein im Codex Austriacus (I, 454) gedrucktes Patent K. L eo pol ds 1. vom 19. Mai 1693 und zwar, weil sich der Missbrauch herausgebildet hatte, dass „dasjenige, was durch die Rechtsgelehrten von denen Handelsbüchern statuirt, nemblichen, dass dieselben semiplenam'" probationem machen und der Handelsmann ad juramentum zugelassen zu werden pflegtet, indistincte auf aller Kramer Bücher, ja sogar der Handwerksleut Ausziigl extendiert wurde"

obwohl die Einklagung der angeblichen Forderungen oft erst nach Jahren erfolge. Es sei aber „ein grosses Ab­

surdum . . dass der gleichen privatis amiotationibus eben der Glauben beigemessen werden solle“ wie einem recht­

mässigen Handelsbuch, das allen von den Rechtsgelehrten aufgestellten Anforderungen entspricht. Daher sollen vom kommenden 1. Juli an nur Bücher von Grosshänd­

lern und Wechslern semiplenam probationem machen, sofern 1. der Handelsmann einen guten Ruf besitze, 2. die Posten aus dem Strazzabuch und Journal „in das Handbuch entweder mit seiner eigenen! Hand oder durch einen absonderlichen hierzu gehaltenen Complemen- tarium, Buchhalter oder andere hierzu erwählte Personen eingetragen und das Handelsbuch nicht von unterschied­

lichen Händen zu einer Zeit geschrieben seye, 3. die data et accepta und in simili, 4. diem et annum in sich halte und die Personen denen und durch welche credi- tiert worden, specifiziere. 5. dass die in dasselbig ein­

getragene Post ein zur Haudlung, und in ein dergleichen Handelsbuch gehörige Sach, und nichts was zur Hand­

lung nicht gehörig in ein solches Buch eingeschrieben seye“ . Den Büchern der Kleinkaufleute und Handwerker wurde die Beweiskraft aberkannt, dagegen sollten ihre Rechnungsauszüge über geborgte Ware oder Arbeit, wenn sie die Unterschrift des Schuldners, hatten bei Gericht

„pro liquido gehalten und auf Anrufen des Creditoris darüber die Execution erteilt werden“ , lasse jedoch der Gläubiger Jahr und Tag von Zeit der geborgten Ware oder gemachten Arbeit verstreichen, ohne die Unter­

schrift des Schuldners einzuholen, so ,,solle auf der­

gleichen Auszug der Kläger nicht ad juramentum supple- torium gelassen, sondern auf Widersprechen des Debitoris zur rechtlichen Prob seiner Klag angewiesen werden“ . Weigere sich hingegen der Schuldner den ihm rechtzeitig vorgelegten Auszug zu unterschreiben, so sei der Gläu­

biger, wenn er gehörigen Orts und binnen Jahr und Tag von der Entstehung der Schuld die Klage einbringe,

„Uber seinen Auszug ad juramentum calumniae oder suppletorium zuzulassen. Deine z*ifolge auch schlüss- lichen in dergleichen Fällen die juramenta in animam defuncti abgestellet sein sollen“ .

Diese im Patent vom 19. Mai 1693 über die Be­

weiskraft der Handelsbücher und Buchauszüge ausge­

sprochenen Grundsätze blieben in Oesterreich bis zu den grossen Kodifikationsarbeiten in der 2. Hälfte des 18. Jahr­

hunderts in Kraft, nur wurde von der Kaiserin Maria Theresia 1758 in der „neuverfassten Handlungs- und Fallitenordnung“ der Vorbehalt zugunsten der Gross- händler und Wechsler fallen gelassen und in Art. V der Grundsatz verkündet: „Die Handlungsbücher, sie mögen von im Grossen oder Kleinen handelnden Kauf­

leuten gehalten werden,' machen favore commercii auch

für die Handlung eine halbstündige Probe, welche wenn

sie bey Gericht im Falle eines Widerspruchs vollkommen

zu machen ist, ihre Vollkommenheit von dem Erfüllungs-

eide des Kaufmanns erhalten muss.

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fügenden Teile, aber, wie die Entscheidungsgrü nde, die zur Erläuterung herangezogen werden können, ergeben, dem Sinne nach abgewiesen worden.. siechem Bank gemäß §

Während also das Fallen der V a lu ta fü r die verschuldete deutsche Volksw irtschaft als Ganzes ohne direkten Nachteil ist, g ilt dies nicht auch fü r Privatschuldner,

geliefert, und über das durch die Einlieferung geschaffene Giroguthaben w ird sofort wieder verfügt. Die abgehobenen Beträge werden möglichst schnell nutzbar

klagte wendet Ueberschreitung des Auftrags ein, weil der Kläger einen zu hohen Kurs bew illigt und gesperrte sta tt freier A ktien gekauft habe. Allein in

bare Konsols in geringen Beträgen und beschränkter M arktfähigkeit. Da also fast die ganze marktfähige Schuld in einem einzigen Fonds vereinigt ist und Angeboc

hindern. Umgekehrt aber kann man sich nicht verhehlen, dass diese Erfolge angesichts des gewaltigen Wachstums unserer Volkswirtschaft nicht genügen. „B e i Beurteilung

buchs zu verschaffen (BayObLG. 703) bestimmte rückwirkende K ra ft kommt ihr aus dem vom Beschwerdegericht angegebenen Grunde nicht zu statten. Die beantragte

tende Kredite an industrielle Unternehmungen, die zeitweilig last die Höhe des Grundkapitals erreicht haben. Diese Kredite sind erst in der Krisis so stark