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Annahme der Anzeige» sür die nächste Ausgabe der Zeitung bis 3 U hr nachmittags.
» L 1ZZ. Mittwoch den L9. Mai IM . XIX.Z«hrg.
F iir den M o n a t J u n i kostet die „ T h o rn e r Presse" m it dem J llu s tr ir te u S o n u ta g s b la tt durch die Post bezogen 6 7
P f . :i» den Ausgabestellen 6 0 P f.
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lichen Postämter, die Landbriefträger, unsere bekannten Ausgabestellen und w ir selbst.
Geschäftsstelle der „Thorner Presse",
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Die Rückkehr unserer Chinakämpfer.
D er Kaiser hat dem deutschen Volke eine angenehme Pfingsinberraschnng bereitet. G ra f Waldersee, das Panzergeschwader und ein T h e il des ostasiatischen Expeditionskorps sollen in Bälde nach der Heim at zurückkehren. Das offiziöse Wolff'sche Telegraphenbureau ver
breitete am Sonnabend Abend folgende M e l
dung:
„D e r Kaiser hat anf den A n tra g des Reichskanzlers den Befehl zur Rückkehr des Panzergeschwaders aus China gegeben nnd ferner befohlen, daß die Auflösung des deutschen Armee-Oberkommandos in Ostasien» sowie die Reduzirnng des ost
asiatischen
Expeditionskorpsvorbereitet Werden soll.-
D a m it stehen w ir vor dem Abschluß unserer sogenannten Chinaaktiou, die infolge des chinesischen Boxeraufstandes zur W ahrung unserer Interessen in China,
KNMSchutze unserer dort anwesenden LandSlente und der christlichen Missionen, sowie zur W ahrung
unserer nationalen Ehre vor Jahresfrist nothwendig
Wurde. ES erscheint angemessen,einen kurzen Rückblick anf die Entwickelung der Dinge in Ostasien zu werfen.
Am 12. J u n i w a r die vorjährige ReichS- tagSsession im Anschluß an die endgültige Annahme des FlottengesetzeS geschlossen worden.
Wenige Tage später, nnd zw ar am 16.
J u n i, gelangten aus China bennrnhigeude Nachrichten zu uns. Es verlautete, daß alle Gesandtschaften
in Pekingzerstört
undder deutsche
Gesandte ermordet worden sei. Des weiterenwurde
voneinem
Ausständeder Boxer, einer fanatisch religiös-nationalistischen Sekte, gemeldet, die m it Begünstigung der K aiserin-M utter nnd der chinesische» W ürden
träger und Arm eefiihrer alle» Weißen den
Tod geschworen und bereits alles niederge
metzelt hätten. Es vergingen Tage und Wochen qualvoller Ungewißheit, w e il die telegraphische Verbindung zwischen der Küste und Peking unterbrochen worden w a r nnd die chinesische Regierung selbst ein falsches S p ie l trieb. Die Li-Hung-Tschang und Ge- nassen steckten ein unschuldiges Gesicht auf, sie erklärten, an den Grenelthaten der Boxer keinen A n th e il zu haben, thaten aber nichts, sie zn unterdrücken. A m 23. J u n i theilte der chinesische Gesandte in B e rlin dem A u s w ärtigen Amte offiziell m it, daß der deutsche Gesandte in Peking in Sicherheit sei nnd sich wohl befinde. Diese M eldung erwies sich als eine anf Täuschung unserer Regierung berechnete Fälschung. Denn bereits am 2.
J u li tra f die offizielle Nachricht in B e rlin ei», daß der deutsche und japanische Gesandte ermordet worden seien, daß die übrigen Ge
sandtschaften von Aufständischen umzingelt wären, sich in der denkbar gefährdetsten Lage befänden und daß die chinesischen W ürdenträger die Boxer gewähren ließen.
Die in China betheiligten Staaten, Deutsch
land, England, Frankreich und Amerika, hatten dort allerdings bereits Streitkräste, bewiesen sich aber bald als zn schwach, um die Boxer niederzuwerfen. Eine internationale S treitm acht unter F ührung des englischen A d m ira ls Seym onr hatte sich am 10. J n n i von Tientsi» nach Peking zum Entsatz der belagerten Gesandtschaften aufgemacht, die Boxer versperrten ih r jedoch den Weg, und sie mußte wieder umkehren; erst eine neue E r- satzkolouu« brachte in dem Augenblick, als die N oth am größten w ar, H ilfe. Dieser wackeren Truppe gelang es, allerdings nnter großen Verlusten, mancher brave deutsche O ffi
zier und mancher wackere Matrose büßte dabei sein Leben ein, Peking zu besetzen. Nunmehr zeigte es sich, daß die chinesische Regierung ein falsches S p ie l trie b . W a r eS richtig, daß sie bisher den besten W illen, aber nicht die nöthige K ra ft gehabt habe, der Boxer H e rr zn werden, so brauchte sie sich jetzt ja nur der H ilfe der europäischen Truppen z» be
diene». D as
geschah nicht, der H of floh inS
In n e redes
Landes, ebenso verschwandendie Vizekönige, den Boxern das Feld über- lastend.
A lle diese Umstände nöthigten die be
theiligten Staate», neue Expeditionsheere
auszurüsten und sie nnter ein einheitliches Oberkommando unter dem Grasen Waldersee zn stellen, um m it oder gegen den W illen der chinesischen Machthaber das Land zu pazifiziren. Nachdem bereits zn verschiedenen Term inen während des M o n a ts J u li die einzelnen Truppeukörper auf Schiffen des Norddeutschen Lloyd die Ausreise angetreten hatten, tr a t G ra f Waldersee Ende August m it seinem Stäbe die Reise »ach Ostasien an, wo er im Oktober eintraf. Die kriegerische Aktion w a r bei seiner Ankunft in China be
reits beendet. Angesichts des Aufmarsches der europäischen Truppen verging den Chinesen die Lust zu weiteren Nichtswürdigkeiten. Sie baten um Frieden, dem Grafen Waldersee w a r es vorbehalten, durch den Ernst der W affen den Forderungen der Botschafter
konferenz größeren Nachdruck zu verleihen.
D as Chinaprogramm ist nunmehr im wesentliche» e rfü llt, der Aufstand ist nieder
geworfen, die chinesische Regierung hat die Sühne an den Hauptschuldigen vollzogen, weitere Akte der Buße werden folgen. Die Entschädigungsfrage ist gleichfalls in großen Zügen geregelt. A us diesem Grunde ergiebt sich die Rückkehr unseres Panzergeschwaders und die Auflösung des Oberkommandos von selbst. Größere Truppeukörper werden n a tü r
lich in China verbleiben müssen. Unsere wackeren Soldaten aber, die Deutschlands Ehre nnd Interessen im fernen Osten gewahrt haben, dürfen eines herzlichen Empfanges in der Heim at sicher sein.___________________
Eine Programmrede des Handelsministers.
B ei einem ihn, zu Ehren veranstalteten Festessen in Bielefeld h ie lt Handelsminister M ö l l e r eine Rede, w o rin er ausführte, wie er gleich BiSmarck die W andlung vom Freihandel zum gemäßigten Schutzzoll durch
gemacht habe. Ih m sei der Gedanke be
klemmend, daß er ein A m t antrete, welches ein Bismarck inne hatte. E r habe lebhafte
Beziehungenzu
Handel,In d u s trie und auch
Landwirthschaft unterhalte».Dennoch sei
die seiner harrende Aufgabe eine schwierige.D ie Schwierigkeit liegt in
dem
Konfliktder
verschiedenenErwerbSgrnppen. Es wäre aber ein Unding, eine P a rte i zu unterstützen, dam it die andere unterliege. „Ic h befinde mich in einer ungünstigen Lage, w e il ich in
den letzten M onaten ahnungslos, daß ich demnächst zum M in is te r ernannt werden könnte, meine Ansichten öffentlich ausgedrückt habe. Ich b in daher ein offenes Buch; die
lst jetzt ein großer Nachtheil f iir mich. Aber deshalb bin ich auch zn der Hoffnung be
rechtigt, daß weite Kreise m ir vertrauen werden, wie ja auch die Kundgebungen m ir beweisen. Daß die E rhaltung des Exports nothwendig ist, steht außer Zw eifel. Das verlangt das Interesse der Großindustrie, deren Entwickelung sich in Bielefeld wieder- spiegelt. H ie r hat sich o ft gezeigt, daß, wenn ein Industriezweig darniederliegt, ein anderer blüht, sodaß die einzelnen Zweige in der Entwickelung sich ergänzen. D a r ist aber n u r möglich, wo die Industrie möglichst spezialisirt ist.*
Politische Tagksschan.
Ueber l i b e r a l e K o n s e q u e n z schreibt die „A g ra r. K o rre sp .-: D as „B e rl. T agebl.- beschäftigte sich jüngst ansführlich m it den neuesten großen amerikanischen Trustbildungen anf dem Eisenmarkte, sowie m it dem E rw erb einer großen englischen Handelsflotte durch den Trustkönig M o rg a n . Das B la tt läß t seine Darlegungen in den M a h n ru f an»- klingen: D ie deutsche M ontanindustrie möge rechtzeitig die große Gefahr erkennen, die ih r hier droht, und sich dagegen wappnen!
„Große Gefahr dro h t? - Wieso denn? Nach den in den A grarfrage» so o ft uns ge
predigten volkSwirthschaftlichen Lehrsätzen des sehr geschätzten B la tte s ist «S ja doch ein w a h r e r S e g e n , wenn f r e m d e Länder den „ d e u t s c h e « K o n s u m e n t e n - di«
Produkte „b illig e r lie fe rn -, als sie „im Lande erzeugt werden können-. ES ist doch eine „volkswirthschaftliche Verschwendung-, irgend eine Sache „im eigenen Lande her
stellen zu w o lle n -, wenn da» Ausland sie
„uns b illig e r verkaufen w i l l - ! W ie sonach bei leistungsfähiger Konkurrenz des ameri
kanischen Farm ers der deutsche Bauer lieber B ro t nnd Fleisch kaufen und statt dessen m it Nutzen Kamillenthee und Cichorienwurzeln bauen kann, so können doch wahrlich auch die deutschen M ontanindnstriellen, zu ihrem Nutzen nnd allgemeinen Frommen, die Hoch
öfen ansblasen und künftig sich auf die F abrikation von Lnxnssachen fü r reich ge
wordene Schiffsrheder und Eisenimporteure
Aus eigener Kraft.
Roman von A d o lf S tre ck fu ß . --- «Nachdruck verboten.)