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Entwicklung und stand der schiffbauforschung

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Lab.

y.

ScheapsboiwkuntL

ARCHIEF

Technische HogeschooI

Deift

(2)

ENTWICKLUNG UND STAND DER SCHIFFBAUFORSCHUNG

G. WEINBLUM

Entwicklung der Schiffstheorie

Sehr bekannt ist eine Geschichte Plutarchs,

der-zufolge im 3. Jahrhundert y. u. Z. ein angesehener

Bürger der Stadt Syrakus durch ein ungewöhnliches

Verhalten Aufsehen erregt hat. Er verließ splitter-nackt das öffentliche Bad seines Heimatorts und lief mit dem berühmten Ausruf Heureka, heureka in

seine Wohnung. Der Urheber dieser schockierenden

Szene war Archimedes, dem beim Baden das nach ihm benannte Gesetz vom statischen Auftrieb der Körper aufgegangen war. Wir können von diesem Vorfall das Entstehen einer neuen Wissenschaft -der Theorie des Schiffes - datieren.

Archimedes war einer der größten Mathematiker

aller Zeiten, ein großer Physiker und ein großer In-genieur. Wir Schiffbauer verdanken ihm nicht nur das eben erwähnte Gesetz, das die Grundlage für den Bau von Schwimmkörpern abgibt; er hat auch bahnbrechende Arbeiten auf dem Gebiet der Sta. bilität von Schwimmkörpern vollbracht.

Das Schiff ist eins der ältesten Verkehrsmittel. Kähne

sind schon zehntausend Jahre vor Archimedes ge-baut worden. Trotzdem müssen wir uns zunächst

die Frage vorlegen . ,, Was ist ein Schiff?"

Die Antwort hierauf war vor loo Jahren leichter zu

erteilen als etzt. Eine brauchbare Definition lautet:

Ein Schiff ist ein Fahrzeug, dessen Gewicht durch

vomWasserverursachteAuftriebsk röfte getragen wird.

Dies bedeutet mehr als ein schwimmendes

Fahr-zeug". Die Erfüllung der Auftriebsbedingung bildet das erste Grundproblem der Schiffstheorie.

Als Inhalt der Schiffstheorie sehen wir die

Anwen-dung der Sätze der Mechanik, insbesondere der

Strömungsphysik, auf die Lehre vom Gleichgewicht und auf die Bewegungen des Schiffes an. Aufgabe der Schiffslheorie ist es, Erkenntnisse über die vom

Standpunkt der Mechanik wesentlichen Eigenschaften

eines Schiffes zu gewinnen, die zur Verwirklichung guter Fahrzeuge, insbesondere guter Schiffsformen,

führen. Es handelt sich also um eine angewandte Wissenschaft, deren Bedeutung an ihren sichtbaren Früchten erkannt werden kann; es gilt für ns nicht

der Standpunkt jener sagenhaften Gelehrten, die

ein Hoch auf die nächste bedeutende Entdeckung

ausbringen und dabei der Hoffnung Ausdruck

geben, daß diese Entdeckung niemandem einen

praktischen Nutzen bringen möge.

Das Thema unseres Vortrages lautet Entwicklung und gegenwärtiger Stand der Schiffstheorie". Kurze

geschichtliche Hinweise erscheinen angebracht, wenn

man vor einem Auditorium spricht, das zum größten Teil nicht aus Angehörigen des engen Faches be-steht. Die historische Betrachtung gibt oft mittelbar einen leichteren Zugang zu den Grundlagen einer Disziplin als die direkte Behandlung.

Wir haben unser Thema auf die Schiffstheorie, die Behandlung des Schiffes vom Standpunkt der Me-chanik, beschränkt. Daneben gibt es maßgebliche

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wirtschaftliche, mflitörische und ästhetische

Bedin-gungen, mit denen wir uns nicht explizit abgeben wollen. Indirekt sprechen sie natürlich entscheidend

mit: das Prinzip der Okonomie der Mittel bei der

Erfüllung eines technischen Zwecks bildet einen inte-grierenden Teil des technischen Schaflens über-haupt. Die Berücksichtigung aller maßgeblichen Ge-sichtspunkte ist Gegenstand der Disziplinen Eat-werfen und Konstruktion von Schiffen, in welche die Ergebnisse der Schiffstheorie als Rohmaterial ein-gehen.

Welches sind die Grundeigenschaften, die vom Standpunkt der Mechanik ein Schiff ausmachen? Die

Antwort hierauf gibt uns gleichzeitig die

Haupt-gebiete der Schiffstheorie an. Auftrieb,

Stabilität,

Fähigkeit der Fortbewegung,

Widerstand und Antrieb,

gutes Verhalten im Seegang,

Manövrierfähigkeit,

Festigkeit,

Abwesenheit von Vibrationen.

Das Gebiet der Festigkeit des Schiffes ist so

umfang-reich und wichtig und nimmt auch prinzipiell eine

solche Sonderstellung ein, daß man es häufig als selbständige Disziplin außerhalb der Schiffstheorie behandelt. Wir wollen uns hier dieser Gepflogen-heit anschließen, obgleich es sich dabei nur um ein

Ordnungsprinzip handelt, das mehr und mehr durch-brochen werden wird, und auf die Festigkeitsprobleme nicht eingehen. Für die Schiffstheorie verbleibt somit

im wesentlichen der Bereich von Aufgaben, in dem man das Schiff als starren Körper betrachten kann, mit Ausnahme der Vibrationen, die man inkonse-quenterweise in die Schiffstheorie hereinnimmt. Die Frage nach der besten" Schiffsform ist das

wich-tigste Problem unserer Wissenschaft.

Unsere Ausführungen gliedern sich wie folgt: Zu-nächst behandeln wir gesondert das Problem des Auftriebs. Sodann besprechen wir kurz die Entwick-lung der Schiffstheorie im allgemeinen und sagen schließlich einiges über die gegenwärtigen Bestre-bungen auf unserem Fachgebiet unter besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse in den USA. Entwicklung der Technik ist nicht dasselbe wie die

Entwicklung der technischen Wissenschaft. Hierauf

muß nachdrücklich hingewiesen werden.

Was hat sich durch die Entdeckung des großen

Archi-medes in der Praxis geändert? Wir wissen nicht,

wieweit er selbst seinen Satz zur Berechnung seiner

bedeutenden Ingenieur-Konstruktionen benutzt hat. Soweit bekannt, hat erstmalig im XVII. Jahrhundert

ein englischer Reedereiinspektor Stevenson das

Vo-lumen und damit den Auftrieb eines Schiffes

nach-gerechnet. Der kluge und mutige Mann erregte durch

Folgendes Aufsehen; Die alten hölzernen Kriegs-schiffe hatten unter dem Oberdeck in den

Seiten-wänden große Offnungen - Geschützpforten

-,

die mit Mühe erst ausgesägt wurden, nachdem das Schiff im Wasser schwamm, da man nicht wußte, wie tief es eintauchen würde. Stevenson ermittelte die eingebauten Gewichte und das Volumen eines

Neubaus und ließ die Offnungen auf der Helling

einbauen. Sein Erfolg machte bald Schule und strafte

die Unker Lügen, die behaupteten, daß das Schiff beim Stapellauf versaufen würde.

Immerhin müssen wir eine zeitliche

Phasenverschie-hung von 2000 Jahren zwischen der

wissenschaft-lichen Erkenntnis und der praktischen Verwirklichung feststellen. Andererseits hat diePraxis vielleicht

Zehn-tausende von Jahren ohne jede Theorie prosperiert.

Ein wesentliches Kennzeichen des technischen

Fort-schritts ist nun, daß die Dauer dieses gegenseitigen Nachhinkens von Theorie und Praxis sich mehr und

mehr verkürzt. Auf dem Gebiet der Technik und

der Naturwissenschaften fürchten wir uns nicht, über

Fortschritt zu sprechen; es handelt sich hier um einen wohldefinierten Begriff, der durch einen Ge-dankentest geprüft werden kann, indem wir einen Großen unseres Fachs in die Gegenwart versetzen. Aber noch in den dreißiger Jahren des vorigen

Jahrhunderts lehnte ein hohes englisches Ministerium

ein Gesuch um Postsubventionen für ein neu

vor-geschlagenes Eisenschiff ab mit der Motivierung,

daß ein solches Gebilde ja nicht schwimmen könnte. Heutzutage ist die Berechnung des Schiffsvolumens (Auftriebs) eine Routineangelegenheit, über deren

Entstehung der Praktiker sich nicht den Kopf zerbricht.

Neben den ,,schwimmenden" Schiffen, deren

Auf-trieb durch hydrostatische Kräfte erfolgt und die

deswegen Verdrängungs- (Deplacement) oder Archi-medische Schiffe genannt werden, entstanden im letzten Jahrhundert Wasserfahrzeuge, die im

Be-triebszustand vorwiegend durch hydrodynamische Kräfte getragen werden. Sie sind Ergebnisse der

Bemühungen, die Geschwindigkeit des Schiffes

we-sentlich über das früher Mögliche zu steigern. Es sind dies erstens die wohlbekannten Gleitboote, die vorwiegend als Sportfahrzeuge beliebt sind und von sich reden machen, wenn Geschwindigkeitsrekorde

aufgestellt werden. Noch neueren Datums sind

Tragflügelboote. Wie der Name andeutet, kommt bei diesen der Auftrieb durch die Umströmung von unter der Wasseroberfläche befindlichen profilierten

Flügeln zustande. Sie bilden eine weitgehende

Analogie zum Flugzeug mit dem Unterschied, daß bei letzterem das Gewicht durch Luftkräfte getragen

wird. Gleitboote sowohl wie Tragflügelboote sind

Hochgeschwindigkeitsfahrzeuge.

Die Betrachtung des Auftriebs Führt uns zu einer grundlegenden Klassifizierung der Schiffe.

Wir unterscheiden:

Klasse I Verdrängungs- oder Archimedische Fahr-zeuge. Sie zerfallen wieder in zwei Arten,

Oberflächenschiffe, I, 1, die mit dem

zusammen-fallen, was man gemeinhin unter Schiff oder

Boot versteht; ihre praktische Bedeutung ist

gegenüber den anderen Schiffsarten überragend; Unterwasserfahrzeuge, I, 2, wie U-Boote,

Tor-pedos und dergleichen.

Klasse II Hydrodynamische" Fahrzeuge. Sie können

ebenfalls in zwei Arten unterteilt werden,

I. Gleitboole, II,

i - Fahrzeuge, bei denen der

Auftrieb an der Oberfläche entsteht;

2. Tragflügelfahrzeuge, il, 2, bei denen der

Auf-trieb hauptsächlich unter der Oberfläche erzeugt wird. Im Prinzip können alle Methoden, die zur

Erzeugung des Flugzeugauftriebs vorgeschlagen

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r

werden. Größere Aussicht auf Anwendung haben

jedoch z. Z. nur die Tragflügelboote, die dem

gemeinen Flugzeug entsprechen.

Der Vorzug einer solchen trockenen Systematik ist,

daß wir auf Grund derselben ohne weiteres

be-haupten können: Solange nicht physikalisch

neu-artige Effekte gefunden werden, sind weitere Klassen

von Schiffen undenkbar.

Beim Schematisieren darf man aber nicht vergessen,

daß unsere Unterteilung keine starren Rubriken

ein-führen soll. Zwischen den genannten Arten gibt

es zahlreiche, praktisch wichtige Ubergangsformen wie

z. B. schnelle Motorboote. Ebenso vereinigt das bis-herige U-Boot die Eigenschaften der Arten I, 1, und Il, 2. Weitere Kombinationen sind denkbar.

Schema-tismus trägt oft dazu bei, daß die technisch

opti-malen Lösungen erst auf Umwegen erreicht werden.

Man wird vielleicht erstaunt sein, daß wir die klas-sische Einteilung in Schiffe mit Ruder-, Segel- oder Motorantrieb nicht erwähnen. Diese Einteilung ist sicher richtig, und das Studium der Antriebsorgane selbst bildet ein großes Kapitel der Schiffstheorie;

sie geht aber nicht so tief in den Kern der Sache

wie die Einteilung nach dem Auftrieb.

Es zeigt sich, daß vieles, das jetzt als Gemeingut der Praxis angesehen wird, in zähem

wissenschaft-lichem Ringen erwachsen ist. Große Geister haben

die elementarsten Grundzüge geschaffen. Dabei

soll der maßgebliche Anteil der schöpferischen In-tuition in der Praxis nie vergessen werden. Bekannt ist der Ausspruch: Bis 1850 hat die Dampfmaschine mehr für die Physik geleistet als die Physik für die

Dampfmaschine. Dergleichen Behauptungen gehören

aber in den Bereich des schwierigen Problems, ob

das Ei vor der Henne war vice versa.

Hat man erreicht, daß das Schiff schwimmt, so er-hebt sich die Forderung, daß es, etwas salopp aus-gedrückt, aufrecht schwimmt. Mit dieser Aufgabe

befaßt sich die Stabilitätslehre. Grundlegende Er-kenntnisse des Archimedes auf diesem Gebiet sind praktisch ohne Auswirkung geblieben, Es gehörte

die Arbeit einer ganzen Reihe von prominenten

Gelehrten des XVIII. Jahrhunderts dazu, die Lösung des Problems zu erzwingen. Die besten mathema-tischen Köpfe, wie Euler, die Bernoullis und andere, widmeten sich damals Aufgaben der Schiffstheorie. Organisatorisch hervorragend ist die Leistung der Französischen Akademie der Wissenschaften, die u. a. durch zahlreiche Preisausschreiben den

Fort-schritt förderte.

Euler nimmt hinter Archimedes den zweiten Platz in unserer Wissenschaft ein. Neben

Stabilitötsproble-men hot er solche der Schiffsfestigkeit und des Wider-standes behandelt; eine Glanzleistung ist seine

Vor-hersage der Kavitationserscheinungen. Wie

Archi-medes war er seiner Zeit weit voraus; viele von

ihm gemachte Entdeckungen und entwickelte Me-thoden mußten später nochmals gefunden werden. Neben Euler bemühten sich auch andere große

Gelehrte des XVIII. Jahrhunderts, Klarheit über den Widerstand von Schiffen und ihr Verhcilten im See-gang zu gewinnen. Häufig griff die Französische Akademie ein, wenn auch nicht immer mit ermittel-barem Erfolg. Dieser blieb z. B. den Anstrengungen

versagt, die Gründe für die gelegentliche

außer-ordentliche Widerstandserhöhung von Kähnen in

Kanälen zu finden. Beliebt ist die Geschichte, der-zufolge ein pfiffiger Treidelgaul in der ersten Hälfte des XIX. Jahrhunderts mehr zur Klärung des Pro-blems beitrug, als der Scharfsinn der

Akademie-mitglieder: Während die meisten Pferde keuchend und schwitzend langsam ihre Boote den Kanal

ent-lang zogen, machte dieser kluge Hans gleich bei

der Anfahrt einen Satz und beförderte dann seinen Kahn mühelos schnell im Bereich der sogenannten

überkritischen Geschwindigkeit. Neuere Unter-suchungen scheinen jedoch den menschlichen Genius

zu rehabilitieren: Es steht jetzt fest, daß Benjamin Franklin schon um 1770 den maßgeblichen Effekt

gekannt hat. Ich nehme den amüsanten Vorfall zum

Anlaß, darauf hinzuweisen, daß an der TH

Han-nover vor Ausgang des vorigen Jahrhunderts wert-volle Beiträge zur Theorie der Binnenschiffahrt ge-liefert worden sind, und daß unsere neue Arbeits-gemeinschaft zwischen der 1H. Hannover und der Universität Hamburg es sich angelegen sein lassen wird, ebenso wie unsere Berliner Schwesteranstalt, die Probleme der Binnenschiffahrt in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die der Seeschiffahrt.

Bezeichnend für die weitere Entwicklung ist, daß neben analytischen Verfahren immer häufiger zum Experiment gegriffen wird.

Das Aufkommen des Dampfschiffes und der

Uber-gang zum Eisenbau haben einen tiefgreifenden Einfluß

auf die Schiffstheorie, den im einzelnen zu

ver-folgen die Zeit fehlt. Neue Probleme des Antriebs

treten auf und die des Widerstands gewinnen an

Bedeutung.

Um die Mitte des XIX. Jahrhunderts beginnt eine

entscheidende wissenschaftliche Entwicklung - die Anwendung der Ahnlichkeitstheorie auf Probleme des Schiffswiderstands. Nachdem Hemholtz die

Grundlagen der Modellwissenschaft mächtig geför-dert hatte, stellte Reech ìn Frankreich und nach ihm

W. Fraude in England das bekannte Gesetz der

korrespondierenden Geschwindigkeiten" in

Ab-hängigkeit vom Maßstabsverhältnis für Modell und

Schiff auf. Durch die Tätigkeit des letzteren und

die wesentlich auf ihn zurückgehende Einrichtung

der Schiffbauversuchsanstalten hat dieses ,,Froudesche

Gesetz" das Gesicht der Schiffbauforschung bis in die heutige Zeit geprägt.

Die von der Technik, insbesondere auch der Schiff-bautechnik, gestellten Probleme waren so

kompli-ziert, daß die aufstrebende theoretische Hydra-dynamik zu Beginn des XIX. Jahrhunderts nu selten

in der Lage war, sie befriedigend zu lösen. Es

ent-stand neben der Hydradynamik eine technische

Hy-draulik, die erst in diesem Jahrhundert wieder in

die wissenschaftliche Strömungslehre einmündet.

W. Froude hat die beiden z. Z. am meisten inter-essierenden Zweige unserer Wissenschaft - die Lehre vom Widerstand und Antrieb und von der

Seefähigkeit entscheidend gefördert. Die Versuchs-anstalten benutzen auch heute noch seine

prcik-tischen Methoden und sogar wichtige Zahlenwerte, die auf ihn zurückgehen.

Fraudes Wirken fällt in die Zeit der Gründung der Institution of Naval Architects in London, die in der zweiten Hälfte des XIX. Jahrhunderts Ahnliches für unser Fach leistete wie die französische Akademie etwa hundert Jahre vorher.

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Nach dem VorbId Froude s wurden bald

Schlepp-tanks ¡n der ganzen Well errichtet, in denen an

Modellen Widerstands- und Antriebseigenschaften von Schiffen dauernd verbessert wurden. Einen Höhepunkt erreichte die Wirksamkeit der Schiffbau-versuchsanstalten in den Arbeiten D. W. Taylor's in

Washington. Sein 1910 erschienenes Buch ..,, Speed

cind Power of Ships" ist auch heute noch die

wich-tigste Sammlung von systematischen Modellversuchs-ergebnissen.

Wir erwähnen jetzt ein interessantes Intermezzo.

Um die Jahrhundertwende errang Rußland dank A. Krylov die Führung in der Schiffstheorie. Als

Mitglied der Akademie in St. Petersburg hat Euler in der zweiten Hälfte des XVIII. Jahrhunderts eine Saat gesät, die durch Krylov mächtig aufging,

ob-gleich die Schiffbauindustrie in Rußlcind nie die

Blüte erreichte wie in den westlichen Staaten. Die

Schule rnachende Kraft bedeutender

Forscherpersön-lichkeiten - das gilt im gegebenen Falle sowohl für Euler wie für Krylov - erwies sich hier stärker

als wirtschaftliche Gegebenheiten.

Nach dem Vorbild der Institution of Naval

Archi-tects" entstanden um die Jcihrhundertwende weitere technisch-wissenschaftliche Gesellschaften, insbeson-dere wurde 1899 unsere Schiffbautechnische Gesell-schaff gegründet. Diese Institutionen übten eine

nachhaltige Wirkung auf unser Fachgebiet aus. Einen eingehenden Bericht über ihre Tätigkeit hat

Schnadel 1950 gegeben. Ebenso wichtig ist die Grün-dung von Schiffbauabteilungen an technischen Hoch-und Fachschulen.

Mit dem Aufkommen der Luftfahrt trat eine

Sta-gnation in der Entwicklung der Schiffbauwissenschaft

ein, hauptsächlich wohl, weil das neue Gebiet die aktivsten Kräfte anzog. Insbesondere wandten sich angewandte Mathematiker und theoretische

Phy-siker, die seinerzeit die Schiffstheorie bereichert

hatten (z. B. ouf dem Gebiei der Wasserwellen), der Aerodynamik zu. Die Arbeit zahlreicher Schlepp-anstalten begann in Routine zu erstarren. Kurz

nach dem ersten Weltkrieg herrschte in unserem

Fach ein erstaunliches Tief. Dann begann aber die junge Schwesterwissenschaft die Aerodynamik

-wieder, die Schiffstheorie zu befruchten. Dieses zeigt

sich besonders auf dem Gebiet der Entwicklung des

Schiffsruders und der Schiffsschrciube und, wenn wir

der Zeit vorauseilen, der Steuer- und

Manövrier-eigenschaften überhaupt. Die Grenzschichttheorie

Prandtl's ist ein unentbehrliches Werkzeug unserer Tätigkeit geworden.

In Hamburg förderte Kempf unsere Erkenntnisse

vom Reibungswiderstand durch großzügige Versuche.

Auch die klassische Hydrodynamik war inzwischen herangereift und zeigte sich nun imstande, wertvolle Beiträge zu liefern. Schon im Jahre 1898 hatte J. Michell eine wahrhaft geniale Studie über den

Wellenwiderstand von Schiffen veröffentlicht, die

aber erst nach etwa 25 Jahren durch Havelock und Wigley erschlossen wurde.

Die Rückbesinnung auf die wissenschaftlichen

Grund-lagen war dringend geworden. Der unbefriedigende

Nutzeffekt der rein empirischen Versuchstätigkeit

erhellt aus der Tatsache, daß wir durch sie in den grundsätzlichen Erkenntnissen nicht sehr weit

ge-kommen sind, obwohl man insgesamt mehr als

4.

50 000 Modelle geschleppt und damit viele wichtige Einzelaufgaben gelöst hat. Die alte Wahrheit be-stätigt sich hier wieder, daß eine Anhäufung von

Daten noch keine Wissenschaft hervorbringt.

Die Hydrodynamik hat gezeigt, warum die reine

Schlepptätigkeit nicht zum Ziele führt. Die Mannig-faltigkeit der Schiffsformen ist so groß und die

Ab-hängigkeit des Widerstands von Form und Ge-schwindigkeit so verwickelt, daß man ohne eine

klare wissenschaftliche Systematik nicht auskommt.

Ein Mann, der Engländer Sir Havelock, hat auf dem Gebiet des Wellenwiderstands und des Verhaltens von Schiffen im Seegang mehr fundamentale

Er-gebnisse gefunden, als alle Schiffbauversuchs-anstalten zusammengenommen in jahrzehntelangen Anstrengungen, mit alleiniger Ausnahme des Werkes

von D. W. Taylor.

Gegenwärtige Schiffbauforschung

Hiermit sind wir in der Gegenwart angelangt, mit

deren Nöten wir uns jetzt befassen wollen.

Der große Mathematiker und Philosoph Whitehaed

bezeichnet als die wichtigste Erfindung des XIX. Jahr-hunderts die der wissenschaftlichen Forschungs-methode. Ein Kennzeichen dieser Erfindung ist, daß

die Träger der Wissenschaft aus Amateuren zu

Professionalen wurden. Die alte statische

Konzep-tion der Wissenschaft als einer Sammlung von

Wahr-heiten wird mehr und mehr abgelöst durch den

dynamischen Begriff als eines wohldefinierten

Vor-habens Dieser Wandel in der Entwicklung der Wissenschaft hat sich besonders stürmisch im jetzigen

Säkulum vollzogen. Kennzeichnend dafür ist die

Vermehrung der Zahl der wissenschaftlichen Kräfte,

die Entwicklung großer Institute und die

Zusammen-fassung der Träger der Forschung durch besondere Organisationen, denen die Planung, Koordinierung und gegebenenfalls die Finanzierung obliegt. Als Träger der Forschung im Schiffbau erscheinen:

Besondere Institute wie die Schiffbauversuchs-anstalten.

Institute der Hochschulen, Universitäten und Fach-schulen.

Einrichtungen der Industrie. Marinebehörden.

Wissenschaftliche Gesellschaften. Einzelpersönlichkeiten.

Wir wollen uns etwas mit der Organisation der

Schiffbauforschung in einigen Ländern befassen. Gelegentlich ist schon auf die Bedeutung von

wissen-schaftlichen Körperschaften für die Entwicklung un-serer Wissenschaft hingewiesen worden. Die Fran-zösische Akademie konnte zeitweilig das Prädikat einer schiffbaulichen Forschungsorganisation

bean-spruchen, weil sie Probleme aufgestellt und ihre

Lösung aktiv gefördert hai. Planung ist ein

unent-behrliches Kennzeichen der Forschungsorganisation. Auf die technisch-wissenschaftlichen Gesellschaften

traf dieses Kriterium nicht oder wenigstens nicht in

gleichem Maße zu. In den dreißiger Jahren wurde bei uns das Fehlen der Planung als Mangel erkannt

und nach Abhilfe gesucht. Unsere Schiffbautechnische Gesellschaft hat mit der Einrichtung der Fach-ausschüsse vor dem Kriege vorbildlich gewirkt.

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Architects and Marine Engineers in New York vollzog

sich in ganz ähnlicher Weise. Die Förderung und

Koordinierung der Forschung ist statutenmößig als eine wichtige Aufgabe der Gesellschaft festgelegt. Zur Zeit hat sie eine Organisation geschaffen, die eine sinnvolle Steuerung der Forschung ermöglicht.

Die Engländer gingen trotz des Vorhandenseins von

3 wissenschaftlichen Schiffbaugesellschaften einen

anderen Weg. Eine private Wirtschaftsvereinigung

rief gemeinsam mit einer Behörde eine Forschungs-organisation, die British Shipbuilding Research Asso-ciation (BSRA), ins Leben. Sie stützt sich auf einen Stab besoldeter Mitarbeiter, deren Aufgabe es ist, Programme auszuarbeiten, verschiedene Vorhaben zu koordinieren und eigene Untersuchungen

durch-zuführen.

Als Aktivum kann die BSRA buchen, daß sie einer Reihe tüchtiger Fachleute ihres Stabes Gelegenheit gibt, wissenschaftlich zu arbeiten.

Besondere Beachtung verdienen die von der

Sowjet-union gemachten Anstrengungen. Die Akademie

der Wissenschaft, die eine zentrale Stellung nimmt, hat eine große technische Abteilung

ein-gerichtet, die eigene Institute unterhält. U. a. wird

auch die Schiffbauwissenschaft zielbewußt gefördert,

wie man aus einigen wertvollen Veröffentlichungen

schließen kann. Es ist bezeichnend, daß die

Aka-demie der UdSSR nicht in den törichten Dünkel einiger Schwesterorganisationen verfiel, die Technik nicht für

salonfähig zu halten.

Private wissenschaftliche Organisationen können die Forschung steuern, in der Regel aber nicht

finan-zieren. Ohne die Berücksichtigung der behördlichen Unterstützung der Forschung entsteht ein völlig

ver-kehrtes Bild. Insbesondere muß man berücksichtigen,

in wie hohem Maße die Marinen aller führenden

Staaten die Schiffbauforschung gefördert haben und

fördern. Einem Departement der Marine, dem Office of Naval Research, verdankt die amerikanische

Wissenschaft, nicht nur der Schiffbau, ciußerordent-lich Viel. Trotz größter ideologischer Gegensätze

entwckeln die USA und die UdSSR ähnlich ziel-bewußt und konsequent ihre Schiffbauforschung unter

Einsatz großer Mittel. Der Raum verbietet es, auf

die wertvollen Beiträge anderer Völker näher einzu-gehen. In Frankreich scheint sich eine Renaissance der Schiffstheorie anzubahnen; Japans Leistungen waren vor dem Kriege bemerkenswert und erreichen wieder

ein erstaunliches Niveau; die Tätigkeit der

skandi-navischen Staaten verdient besondere Beachtung. Wir wollen uns jetzt über einige geistige Strömungen

in unserem Fach unterhalten und, dem Wunsch der Veranstalter folgend, dabei besonders die USA

be-rücksichtigen.

Der Problemkreis ist durch die Grundgebiete der

Schiffstheorie, die wir zu Beginn herausgestellt haben, umrissen. Innerhalb dieses Kreises kann aber

die Betonung der einzelnen Aufgaben stark

wech-seln. Das Gebiet des Auftriebs und der Stabilität

gibt heutzutage, außer bei neuartigen Fahrzeugen, seltener Anlaß zu Forschungsaufgaben im

eigent-lichen Sinne, obgleich systematische Untersuchungen

über einige grundlegende Fragen wie die der Un-sinkbarkeit hierher gehören. Dagegen wird auf den

anderen Gebieten - Widerstand, Antrieb, Ver-halten im Seegang einschließlich Stabilisierung,

Steuerfähigkeit, Vibration - eifrig gearbeitet und

unser Wissen über zweckmäßige Schiffsformen

dauernd vermehrt. Hieran ist nichts neu. Wichtig aber ist die Anderung in der Bewertung und Hand-habung der Methoden, die zum technischen Erfolg

dem Bau besserer Schiffe - führen soll.

Man strebt möglichst allgemeine Resultate an, die auf grundlegende mechanische, speziell hydrodyna-mische Erkenntnisse zurückgeführt werden können.

Die Amerikaner haben eingesehen, daß man mit

rein experimentellen oder gar empirischen Methoden

nicht zum Ziel kommt. Deshalb bildet n den modern

gelenkten amerikanischen Schiffbauversuchsanstalten die Erlernung, zweckmäßigeAnwendung und

Weiter-entwicklung der Hydrodynamik das Fundament der

Tätigkeit.

Die größte dieser Anstalten Ist das David Taylor

Model Basin (abgekürzt 1MB) bei Washington D. C.

Es gehört der Kriegsmarine, befaßt sich aber in

gleicher Weise mit Problemen des Handels- und

Kriegsschiffbaus und steht privaten Interessenten

zur Verfügung.

Das Institut setzt sich aus einem hydromechanischen,

einem Festigkeits- und einem aerodynamischen La-boratorium zusammen, daneben besteht eine

Ab-teilung für Konstruktion und Entwicklung von

Ge-räten und die unvermeidlichen Verwaltungsressorts. Dem hydromechanischen Laboratorium stehen zwei

riesige Schleppkanäle, Umlauf- und Kavitationstanks

usw. zur Verfügung. Es zerfällt im wesentlichen in

zwei Abteilungen - eine

,,schiffbauliche" S und

eine hydrodynamische" H. Die schiffbauliche Ab-teilung S repräsentiert das, was man früher

gemein-hin unter einer Schiffbauversuchsanstalt verstand,

ihre Aufgaben bestehen vorwiegend in

Routine-arbeiten, wobei jedoch neben dem Modeilverfahren

auch der Großversuch - die Erprobung - eine

bedeutende Rolle spielt. Das Experimentieren am Schiff, das auf der Hochseemeßfahrt der San Fran-zisco" schöne Erfolge gebracht hat, bildet einen wichtigen Teil der modernen Forschungsarbeit.

Die Abteilung S bildete ursprünglich den Hauptteil des Laboratoriums des 1MB, während H aus einer kleinen Gruppe wissenschaftlich interessierter Mit-arbeiter bestand, denen die Lösung ausgefallener

und schwieriger Probleme oblag. Es ist nun

bezeich-iiend für die Entwicklung in Amerika, daß die hydro-dynamische Abteilung in kurzer Zeit zu einer For-schungsinstitution von Rang emporgewachsen Ist.

Sie besteht jetzt aus zwei Zweigen, von denen der eine sich mit allgemeinen strömungsphysikalischen Problemen und der andere sich vorwiegend mt der Untersuchung von Fahrteigenschaften von Schiffen und Schwimmkörpern aller Art befaßt.

Das Schwergewicht ihrer Arbeiten liegt auf theo-retischem Gebiet; daneben entfaltet die Abteilung auch eine rege Versuchstätigkeit. Ergebnisse der letzteren sollen soweit wie möglich theoretisch unter-mauert werden. Viele Versuche dienen dazu, die Anwendbarkeit theoretischer Resultate zu prüfen oder Zahlenwerte in analytisch ermittelten Zu-sammenhängen zu finden.

Die starke Bevorzugung der analytischen Verfahren in USA hat neben dem positiven erkenntnistheore-tischen Grund einen wirtschaftlichen, der sich nega-tiv auswirkt. Durch das erfreulich hohe Lohnniveau

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werden experimentefle Arbeiten teuer; was man

auf dem Papier am Schreibtisch erledigen kann, ist demgegenüber billig, obgleich die amerikanischen Wissenschaftler, mit Ausnahme der meisten

Pro-fessoren, nicht schlecht bezahlt werden.

Neben dem großen David Taylor Model Basin ge-deihen in USA eine ganze Reihe weiterer Anstalten,

deren Versuchskanäle so bescheidene Abmessungen

aufweisen, daß wir deren Wert vor dem Kriege in Zweifel gestellt hätten. Die moderne amerikanische Einstellung macht aber eine solche Skepsis gegen-standsios .,, Wir legen mehr Wert auf die Qualität

der Mitarbeiter als auf die Größe der Einrichtungen."

Nach diesem Prinzip hat z. B. der rege Professor Davidson vom Stevens Institute ein beachtliches Forschungszentrum für den Schiffbau,

Seeflugzeug-bau und verwandte Gebiete aufgeSeeflugzeug-baut. Verschie-dene Universitäten und technische Hochschulen

legen Laboratorien an, die zunächst für Unterrichts-zwecke, dann aber auch für Forschungsaufgaben

zur Verfügung stehen. Damit weitet sich der Kreis der mit der Schiffstheorie vertrauten Wissenschaftler.

Der temporäre Verfall der Schiffstheorie, von dem die USA nicht verschont blieb, äußerte sich z. B. im

Folgenden: Zu den Requisiten einer modernen

Schiff-bauversuchsanstalt gehören Vorrichtungen zur Er-zeugung von Wellen, mit deren Hilfe man die See-fähigkeit von Schiffen untersucht.

Eigentümlicher-weise sind solche in dem großen Kanal des 1MB

nicht zu finden. Das über 2 Jahrhunderte angehäufte

Gedankengut war so weit dem Blickfeld

entschwun-den, daß es nicht einmal zu experimentellen

Ar-beiten anregen konnte. Jetzt wird diese Fehlleitung

behoben.

Obgleich die Wissenschaft milieubedingt und damit der Mode unterworfen ist, sind Schiffsformen jetzt weitgehend Allgemeingut und unterscheiden sich nicht sonderlich nach Nationen. Die Arbeiten der Maierform haben z. B. zu einer allgemeinen

Ver-breitung des geneigten Vorstevens geführt. Eine

Eigentümlichkeit muß jedoch hervorgehoben werden:

Bei mitteischnellen und schnellen Ozeanfahrzeugen wendet der Amerikaner gern den Bugwulst an, wäh-rend der Engländer sich diesem ,,bulb" gegenüber

reserviert verhält. Amerikanische und britische

Schnelldampfer weisen hierdurch im Vorschiff deut-liche Unterschiede auf. Im ruhigen Wasser bringt

der Bugwulst außer bei extrem scharfen Schiffen in

der Regel eine Verbesserung der

Widerstandseigen-schaften in einem weiten Bereich von

Geschwindig-keiten. Seine Anwendung ist besonders vorteilhaft, wenn man aus irgendwelchen Gründen etwas völ-liger baut als nach Widerstandsgesichtspunkten

er-wünscht erscheint. Man kann etwas salopp

aus-drücken, daß die Anordnung eines Bugwulstes häufig

die Möglichkeit gibt, ungünstige Linien zu bessern.

Die Abneigung der Engländer gegen den Wuist

wird mit einer Verschlechterung des Verhaltens im

Seegang begründet. Die Berechtigung dieser An-schauung wird von den Amerikanern negiert. Die Kontroverse spielt sich auf der Ebene der Meinungen,

nicht der gesicherten Erkenntnisse ab - ein Zeichen dafür, wieviel in der Schiffstheorie zu tun bleibt.

Es ist die Meinung des Berichters, die sich auf einige

theoretische Uberlegungen und experimentelle

Er-gebnisse stützt, daß ein vernünftig ausgebildeter

Wuist keinerlei Nachteile vom Standpunkt der

See-fähigkeit aus nach sich zieht.

Ich möchte kurz auf ein wichtiges Detailproblem

der Versuchstechnik eingehen. Es handelt sich um Methoden, möglichst weitgehende Ahnlichkeit zwi-schen der Umströmung von Schiff und Modell zu

erzielen. Dieses Problem ist bei uns, angeregt durch

die Arbeiten Prandtls, etwa seit 1930 eingehend be-handelt worden und hat, wenn auch nicht zu einer erschöpfenden Klärung, so doch zu im allgemeinen

brauchbaren praktischen Richtlinien geführt. Der

Kern der Angelegenheit besteht darin, eine

turbu-lente Umströmung des Modells zu erzielen, die man

gegebenenfalls durch künstliche Mittel wie Stolper-drähte, Aufrauhung usw. erzwingt. Obgleich eine

europäische Gemeinschaftsarbeit auf diesem Gebiet dank den Bemühungen von John de Meo seit 1933 be-stand, hatten die Engländer und Amerikaner die Kon-sequenzen aus den kontinentalen Erfahrungen nicht gezogen. Das 1MB nahm anfänglich den Standpunkt ein, daß die Verwendung der von D. W. Taylor einge-führten großen Standardmodelle(Standardlänge2O' =

6,1 m) weitere Maßnahmen überflüssig mache. Der

verdiente langjährige Leiter der englischen Ver-suchsanstalt in Teddington strafte die ganze

An-gelegenheit mit Nichtachtung. Nach dem Kriege

ergab sich dann in Amerika und England die

un-erfreuliche Uberraschung, daß man bei Untersuchung der gleichen Modelle völliger Schiffe in verschiedenen

Anstalten (besonders im Bereich kleiner Geschwin-digkeiten) verschiedene Ergebnisse erzielte. Diese

Vorfälle erzeugten zunächst eine skeptische Einstel-lung zum Modellversuch überhaupt. Zahlreiche

Ver-öffentlichungen sind jetzt als wertlos erkannt. Man wird an die boshafte Bemerkung y. Kârmâns

erin-nert, der anläßlich ähnlicher früherer Untersuchungen an Luftschiffmodellen ausführte, die Resultate gäben interessante Aufschlüsse über die Eigentümlichkeiten

der Versuchseinrichtungen, aber leider keine über den Widerstand des Objektes.

In dieser Krisenstimmung zeigte sich nun der Nutzen der wissenschaftlichen Einstellung des 1MB. Mit

systematischer Gründlichkeit gingen die

amerika-nischen Gelehrten an die Klärung der Ursachen der

\Widersprüche. Sie holten dann auch schnell den

früheren Vorsprung der europäischen Anstalten auf und gelangten bald zu tieferen Einsichten, als wir

sie vorher besessen hatten.

Unter Preisgabe der früher üblichen

Geheimnis-krämerei hat die Society of Naval Architects in New York eine wertvolle Sammlung von

Modell-versuchsergebnissen veröffentlicht. Bis jetzt sind die

Resultate von Messungen an 150 Schiffsformen her-ausgegeben.

Wir müssen uns darüber klar werden, daß das

deutsche Primat in der Wissenschaft der

Vergangen-heit angehört. Nur eine zielbewußte Förderung

der Naturwissenschaften und technischen Wissen-schaften seitens der Allgemeinheit und hohes

Ver-antwortungsbewußtsein der Träger der Wissenschaft

könnte uns in die Lage versetzen, mit den jetzt

führenden Nationen, vor allem den Amerikanern

und Russen, einigermaßen mitzuhalten. Wir müssen

geeignete Kräfte heranbilden und, was noch

wich-tiger ist, ihnen Gelegenheit geben, sich dauernd nutzbringend auf ihrem Gebiet zu betätigen. Lassen

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wir uns nicht durch Phrasen täuschen. Es st nicht

nur das Plus des großen Menschenreservoirs und der Reichtum, die die Stärke der USA in der

For-schung ausmachen. Hinzu kommt die klare Erkenntnis,

daß die Wissenschaft zunehmend einen

integrie-renden Bestandteil unserer Kultur und unseres Wirt-schaftslebens bildet.

Fassen wir zusammen, was wir von den

gegen-wärtigen Bestrebungen erwarten. Die Forschung ist für uns nicht Selbstzweck, sondern ein Mittel, zu besseren Schiffen zu gelangen. Dies bedeutet

er-stens, daß die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur stetigen Verbesserung der bekannten Schiffstypen

herangezogen werden sollen. Es handelt sich hierbei

in der Regel um ein zähes Mühen, denn

die Praxis hat sich durch natürliche Zuchtwahl oft an gute Lösungen herangetastet,

die wissenschaftlichen Hilfsmittel, die angewandt werden müssen, sind größtenteils recht

kompli-ziert. Der Forscher muß sich in Geduld hüllen und Geduld beanspruchen. Man ist also in der

schwierigen Lage, daß man mit erheblichem

Auf-wand meist nur verhältnismäßig gering erschei-nende Erfolge erzielen kann.

Am Beispiel Versuchstäfigkeit haben wir jedoch

ge-sehen, welche Gefahren für eine große Disziplin

entstehen, wenn auch nur ein Teilgebiet in Routine

erstarrt.

Zweitens müssen wir bestrebt sein, neue

Möglich-keiten zu erschließen und neue Wege zu gehen,

wobei auch ausgefallene Ideen gründlich zu

durch-forschen sind, vorausgesetzt, daß sie auf gesunden physikalischen Grundsätzen beruhen. Auch hierbei sind Sensationen wie im Flugzeugbau nur selten zu erwarten. Den größten Fortschritt könnte vielleicht

eine drastische Reduktion des Reibungswiderstandes

bringen. Der Ubergang vom Nieten zum Schweißen hat z. B. eine wesentliche Verbesserung der Wider-standseigenschaften von Schiffen gezeitigt, die im

Mittel nicht viel geringer ist als die systematische

Verbesserung der eigentlichen Schiffsform.

Das Schiff ist heutzutage ein sicheres Fahrzeug. Es kann als einer der ungefährlichsten

Aufenthalts-orte auf der Erde gelten. Trotzdem passieren ge-legentlich Unglücksfälle, zu deren Ausmerzung die Forschung das Ihrige beitragen muß. Es stellen sich da faszinierende Probleme.

Kehren wir zum Anfang unserer Betrachtung

zu-rück. Die Zuverlässigkeit vieler Erzählungen, die die Geschichte der Wissenschaft schmücken, ist frag-würdig, sei es, daß es sich um heitere Dinge handelt,

wie im Falle des Archimedes, oder um ernste, wie beim berühmten Ausspruch Galileis Und sie bewegt sich doch". Warum halten sich solche Erzählungen? Sie drücken oft einen tiefen Gedanken aus: im Fall Galileis den Glauben, daß keine irgendwie geartete äußere Macht auf die Dauer n der Lage ist, den

wissenschaftlichen Fortschritt zu hemmen; im Falle des Archimedes, daß zur Weisheit des Schöpfer-tums, eines der wenigen wesentlichen geistigen

Er-rungenschaften der abendländischen Welt, die

Freude gehört, die der Forscher selbst empfindet, wenn ihn seine spröde Muse geküßt hat.

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